Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 03. Aug. 2016 - AN 4 K 16.00882

bei uns veröffentlicht am03.08.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Überführung der Urne ihrer verstorbenen Mutter Frau ... aus einer Urnennische des Friedhofes ... auf den ...-friedhof in ...

Die Klägerin ist im Dezember 1988 aus der damaligen DDR in die Bundesrepublik umgesiedelt und ist zunächst in ... und später in ... ansässig geworden. Im Mai 1989 holte die Klägerin ihre Mutter von ... nach ... und später ... nach.

Frau ... wurde am ...1912 in ... geboren und ist am ... 2010 in ... verstorben. Die Urne mit ihrer Asche wurde am 27. September 2010 auf dem Friedhof ... in ...beigesetzt. Die Ruhefrist endet am 26. September 2020.

Am 14. März 2016 stellte die Klägerin einen Antrag auf Überlassung einer Grabstätte der Grabart Urnenwahlgrab auf dem ...-friedhof ... zur Beisetzung von Frau ...

Mit Schreiben vom 23. März 2016 beantragte die Klägerin bei der Friedhofsverwaltung ... die Umbettung der Urne ihrer verstorbenen Mutter vom Friedhof... in ... zum ...-friedhof in ... Sie sei im Dezember 2015 mit ihrem Ehemann aus Altergründen nach ... verzogen. Es sei ihr ein Herzensbedürfnis, auch die Asche ihrer Mutter auf dem ...-friedhof bestatten zu lassen, um dort das Grab pflegen zu können.

Mit Bescheid vom 12. Mai 2016 lehnte die Beklagte die beantragte „Urnen-Umbettung“ entsprechend der einstimmigen Beschlussfassung des Friedhofsausschusses der Evang.-Luth. Gesamtkirchengemeinde ... vom 12. Mai 2016 ab. Nach der religiösen und sittlichen Anschauung des Volkes und nach allgemeinem Pietätsempfinden dürfe ein Toter, der einmal beigesetzt worden ist, in seiner Ruhe nicht mehr gestört werden, es sei denn, dass ganz besondere Gründe gegeben seien, hinter denen selbst die Achtung der Totenruhe zurückzutreten habe. Ein solcher Grund sei vorliegend nicht ersichtlich. Nach der Rechtsprechung stelle die spätere Veränderung der Lebensumstände durch einen Umzug des Nutzungsberechtigten oder eines mit der Grabpflege beauftragten Angehörigen keinen ausreichenden Grund für eine Umbettung dar.

Mit beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach am 24. Mai 2016 eingegangenem Schriftsatz vom 21. Mai 2016 erhob die Klägerin Klage und ließ zuletzt durch ihre Bevollmächtigten beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 12. Mai 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Umbettung der Urne der verstorbenen Frau ... vom ... zum ...-friedhof in ... zuzustimmen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, dass die Urne in einer offenen Nische stehe. Von einer Umbettung könne daher keine Rede sein, da sie nicht ausgegraben werden müsse. Als sich die Klägerin vor dem Umzug nach ... bei der Friedhofsverwaltung erkundigt habe, sei ihr von der Verwaltungsangestellten Frau ... gesagt worden, dass es keine Probleme diesbezüglich gebe und lediglich in ... eine Grabstelle nachgewiesen werden solle sowie der Antrag zur Überführung vom Friedhof ... erfolgen müsse. Aufgrund der Entfernung zwischen ... und ... und der Tatsache, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage sei, einen PKW selbst zu führen, könne die Klägerin der Totenfürsorge nicht mehr ausreichend nachkommen. Der Wegzug zurück nach ... sei aus altersbedingten, gesundheitlichen Gründen und aufgrund der Tatsache, dass der Sohn der Klägerin sich in ... um die Klägerin kümmern könne, erfolgt. Wichtiger sei jedoch, dass die Überführung der Urne dem tatsächlichen Willen der Verstorbenen, der Totenfürsorgeberechtigten und aller anderen nahen Angehörigen entspreche. Es sei der Wunsch der Mutter gewesen, dass die Asche - im Falle eines Rückzugs in ihre Heimat - nach ... mitgenommen werde. Die Verstorbene habe gewollt, dass in diesem Fall in ... ein gemeinsames Familiengrab bestehen solle. Dies habe die Verstorbene auch noch zu Lebzeiten gegenüber ihren Angehörigen geäußert. Dieser Wunsch sei angesichts der besonderen Umstände, die vor der politischen Wende zu der Ausreise aus der damaligen DDR geführt hätten, auch nachvollziehbar.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigen vom 9. Juni 2016,

die Klage abzuweisen.

Da kein wichtiger Grund vorliege, der ausnahmsweise die durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Totenruhe überwiege, habe die Klägerin keinen Anspruch auf Zustimmung zur Umbettung der Urne. Es seien keine Tatsachen oder Umstände vorgetragen oder erkennbar, aus denen sich ein Wille der Verstorbenen ergeben würde, die letzte Ruhestätte in ... zu finden. Ein Umzug Hinterbliebener aufgrund veränderter Lebensumstände stelle nach ständiger Rechtsprechung keinen wichtigen Grund für eine Umbettung dar. Auch eine eingeschränkte Totenfürsorge, die aufgrund der geringen Entfernung durchaus zumutbar sei, rechtfertige nicht die Störung der Totenruhe.

Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2016 reichten die Klägerbevollmächtigten drei schriftliche Erklärungen von Angehörigen der Verstorbenen ein, die deren Wunsch bestätigen sollen, dass ihre Urne für den eventuell anstehenden Rückzug der Familie nach ... dorthin überführt werden solle.

Hierauf erwiderte die Beklagtenseite, dass ein wichtiger Grund für eine Urnenumbettung auch nach den ergänzenden Ausführungen nicht vorliege. Der angebotene Zeugenbeweis könne nicht genügen, um den mutmaßlichen Willen der Verstorbenen zu belegen. Die Totenruhe und damit einhergehende Würde des Verstorbenen bestehe auch unabhängig von der Bestattungsart. Nach Ablauf der Ruhefrist im Jahre 2020 könne über den Antrag auf Urnenumbettung erneut, voraussichtlich positiv, entschieden werden.

Mit bei Gericht am 2. August 2016 eingegangenem Schreiben übersandten die Angehörigen der Verstorbenen, Herr ... und Frau ..., eine mit den bereits von Angehörigenseite eingereichten Erklärungen wortgleiche Bestätigung des behaupteten Willens der Verstorbenen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung am 3. August 2016 wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Gründe

Die auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtete Klage, der Umbettung der Urne der verstorbenen Frau ... vom ... zum ...-friedhof in ... zuzustimmen, ist zulässig, jedoch in der Sache unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 12. Mai 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, da ihr kein Anspruch auf die begehrte Zustimmung zur Überführung der Urne ihrer verstorbenen Mutter zusteht (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Da der Friedhofsträger den die Totenruhe sichernden Gewahrsam an einer Leiche, Leichtenteilen bzw. den Aschenresten Verstorbener im Sinne von § 168 StGB ausübt, schließt das Grabnutzungsrecht der Hinterbliebenen einen Anspruch auf Umbettung bzw. Überführung einer Leiche oder einer Urne an einen anderen Bestattungsort nicht vorbehaltlos ein. Vielmehr bedarf es für die Umbettung der ausdrücklichen Erlaubnis des Friedhofsträgers, vorliegend der Beklagten. Dies gilt auch dann, wenn in der Friedhofs- und Bestattungssatzung - wie vorliegend - ein solcher Erlaubnisvorbehalt nicht ausdrücklich vorgesehen ist (vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 10. Auflage 2010, Kapitel 6 Rn. 4; Klingshirn, Drescher, Thimet, Bestattungsrecht in Bayern, Lieferung 27 2013, Kapitel B 10 Rn. 14). Die Zustimmung des Friedhofsträgers ist auch bei einer begehrten Umsetzung einer Aschenurne erforderlich, und zwar unabhängig davon, ob die Urne in einem Urnengrab unter oder über der Erde, in einem Urnenhain oder einer Urnenhalle beigesetzt ist (vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 10. Auflage 2010, Kapitel 6 Rn. 7).

Bei der Entscheidung der Frage, ob der Anspruch auf Umbettung gerechtfertigt und somit die Zustimmung zu erteilen ist, ist durch Abwägung der jeweiligen Umstände ein gerechter Ausgleich zwischen dem Gebot der Totenruhe einerseits und dem Bedürfnis der Angehörigen im Hinblick auf die Totenfürsorge andererseits zu suchen.

Der Grundsatz der Totenruhe, deren Schutz strafbewehrt ist (§ 168 StGB), ist Ausfluss der durch Art. 1 Abs. 1 GG gewährten unantastbaren Würde des Menschen, die über dessen Tod hinauswirkt (vgl. Klingshirn, Drescher, Thimet, Bestattungsrecht in Bayern, Lieferung 27 2013, Kapitel B 10 Rn. 1 m. w. N.). Dieser Schutz der Totenruhe genießt angesichts des Art. 79 Abs. 3 GG nicht nur höchsten Verfassungsrang, sondern entspricht darüber hinaus allgemeinem Sittlichkeits- und Pietätsempfinden. Gerät er in Konflikt mit dem Totenfürsorgerecht, das als Recht der hinterbliebenen Angehörigen verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 101 BV wurzelt und somit von vorneherein unter dem Vorbehalt des Sittengesetzes und der Schranken der verfassungsmäßigen Gesetze steht, so genießt der Schutz der Totenruhe regelmäßig Vorrang.

Aufgrund dieses grundsätzlichen Rangverhältnisses zwischen dem Schutz der Totenruhe und dem Recht auf Totenfürsorge ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Umbettung einer einmal beigesetzten Leiche vor Ablauf der Ruhefrist nur aus ganz besonderen Gründen beansprucht werden kann (vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 10. Auflage 2010, Kapitel 6 Rn. 2; Klingshirn, Drescher, Thimet, Bestattungsrecht in Bayern, Lieferung 27 2013, Kapitel B 10 Rn. 15 ff.).

Die mit der Umbettung verbundene Störung der Totenruhe kann nach den von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen erstens gerechtfertigt sein, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten sein ausdrückliches Einverständnis mit der Umbettung erklärt hat. Fehlt ein solches, kann zweitens auch ein entsprechender mutmaßlicher Wille beachtlich sein. Die Anerkennung setzt insoweit voraus, dass zumindest Tatsachen und Umstände gegeben sind, aus denen der diesbezügliche Wille des Verstorbenen mit hinreichender Sicherheit gefolgert werden kann. Lässt sich ein Einverständnis des Verstorbenen mit der Umbettung nicht feststellen, kommt es drittens unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Einzelfalls drauf an, ob das Interesse des Totenfürsorgeberechtigten an der Umbettung nach allgemeiner Verkehrsauffassung schutzwürdig ist und seine Gründe so gewichtig sind, dass die Achtung der Totenruhe zurücktreten muss. Ein wichtiger Grund kann demnach im Einzelfall auch vorliegen, wenn das Recht auf Totenfürsorge in unzumutbarer Weise erschwert oder gar unmöglich gemacht wird. Denn in diesem Fall kann auch die Würde des Verstorbenen, die sich auch auf die Totenfürsorge, wie Grabpflege und Totengedenken, bezieht, nicht hinreichend zu Geltung kommen (vgl. zu den von der Rspr. entwickelten Fallgruppen: OVG NRW, B. v. 29.4.2008 - 19 A 2896/07, juris, Rn. 27 ff.).

Da das Bestattungsgesetz eine Unterscheidung hinsichtlich der Wahrung der Totenruhe bezüglich der Bestattungsarten nicht vorsieht, hat sich auch die Überführung einer Urne an den Grundsätzen des Vorliegens eines wichtigen Grundes messen zu lassen (vgl. BayVGH, B. v. 27.7.2005 - 4 ZB 04.2986, juris, Rn. 8; VG Berlin, U. v. 2.11.2010 - 21 K 294.10; VG Minden, U. v. 21.9.2015 - 11 K 103/15, juris, Rn. 30; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 10. Auflage 2010, Kapitel 6 Rn. 2).

In Anwendung dieser Grundsätze ist ein wichtiger Grund für das Umbettungsbegehren der Klägerin nicht gegeben. Weder liegt ein tatsächliches oder mutmaßliches Einverständnis der verstorbenen Frau ... mit einer Umbettung vor (1.) noch ist es der Klägerin unzumutbar, ihr Recht auf Totenfürsorge am Urnengrab ihrer verstorbenen Mutter auf dem ... in ... wahrzunehmen (2.).

1.

Es kann zunächst nicht davon ausgegangen werden, dass die verstorbene Mutter der Klägerin mit der Überführung ihrer sterblichen Überreste aus der von ihr selbst gewählten Urnennische auf dem Friedhof ... in ein Urnengrab auf dem ...-friedhof in ... tatsächlich oder mutmaßlich einverstanden war und die Umbettung ihre Würde deshalb besser wahren würde.

Dass sich die verstorbene Frau ... zu Lebzeiten in diesem Sinne ausdrücklich geäußert hat, hat die Klägerin zuletzt nicht mehr behauptet und ist auch aus dem Zusammenhang ihres Vorbringens in der mündlichen Verhandlung nicht ersichtlich. Die Klägerin führte zwar zunächst noch aus, sie könne ganz sicher sagen, dass ihre verstorbene Mutter nicht nur die Einäscherung, sondern auch die Umbettung der Urne nach ... gewünscht habe. Auf gerichtliche Nachfrage räumte sie jedoch ein, dass über die Frage, was mit der Urne im Falle eines Umzugs der Familie geschehen solle, nie konkret gesprochen worden sei. Auch bei den Verhandlungen mit dem Bestattungsinstitut in ... sei nicht über die Frage gesprochen worden, ob die Urne zu einem späteren Zeitpunkt umgebettet werden solle. Die Zeugin Frau ..., die die Verstorbene Frau ... rund zehn Jahre lang seelsorgerisch begleitet hat, gab auf Befragung ebenfalls an, mit der Verstorbenen über die Frage einer etwaigen Umbettung der Urne nicht ausdrücklich gesprochen zu haben. Nach Auffassung des Gerichts spricht daher Überwiegendes dafür, dass sich die Mutter der Klägerin zu der Frage, ob im Falle eines Umzugs ihrer Tochter eine Umbettung ihrer sterblichen Überreste in Betracht kommt, keinen tatsächlichen Willen gebildet, sie hat einen solchen jedenfalls nicht erkennbar geäußert.

Das Gericht vermag auch das mutmaßliche Einverständnis der Verstorbenen Frau ... mit einer Umbettung ihrer sterblichen Überreste im Falle des Umzugs ihrer Tochter, der Klägerin, nicht mit der gebotenen hinreichenden Sicherheit festzustellen. Welche Einstellung die Verstorbene zu der Frage einer Umbettung hatte, lässt sich aus den von der Klägerin angeführten Umständen nicht verlässlich ableiten. Tatsachen und Umstände, aus denen der diesbezügliche Wille der Verstorbenen mit hinreichender Sicherheit gefolgert werden kann, hat sie nicht aufgezeigt. Es ist zwar nachvollziehbar und glaubhaft, wenn die Klägerin angibt, ihre verstorbene Mutter habe, wenn es um einen etwaigen Wegzug aus ... gegangen sei, immer gesagt: „Ihr nehmt mich doch dann mit.“. Jedoch folgt hieraus noch nicht - jedenfalls nicht mit der erforderlichen hinreichenden Sicherheit -, dass die Verstorbene auch nach ihrem Ableben die Nähe zu ihren Angehörigen unbedingt gewünscht und deshalb gewollt hätte, dass ihre Urne unter Störung ihrer Totenruhe umgebettet würde. Ebenso gut kann die Bitte der Verstorbenen Frau ... als Wunsch dahingehend verstanden werden, ihre Angehörigen sollten sie zu Lebzeiten bei einem etwaigen Umzug mitnehmen. Daran vermag auch der Vortrag der Klägerin, wonach es in ihrer Familie selbstverständlich gewesen wäre, dass man seine Mutter im Falle eines Umzugs mitnimmt, nichts zu ändern, da das wiederholte Bitten der Verstorbenen auch auf eine unbegründete Angst zurückzuführen sein kann. Da in den im Laufe des Verfahrens vorgelegten Erklärungen der Angehörigen der Überführungswunsch der verstorbenen Mutter der Klägerin nur rein pauschal behauptet wurde, die Erklärungen inhaltsgleich von dem Sohn der Klägerin vorformuliert wurden und die Klägerin überdies im Rahmen der mündlichen Verhandlung angab, ihre Mutter habe über Fragen ihrer Bestattung ausschließlich und alleine mit ihr gesprochen, drängte sich eine weitere Beweisaufnahme durch Einvernahme der Angehörigen als Zeugen nicht auf, sie wurde von Klägerseite auch nicht in der mündlichen Verhandlung beantragt. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass ihre Mutter in Kenntnis der veränderten Lebensumstände infolge ihres Umzugs nach ... der Umbettung ihrer Urne zugestimmt hätte, damit die Grabpflege durch die Klägerin persönlich gewährleistet ist. Nach dem derzeitigen Pietätsempfinden darf nicht davon ausgegangen werden, dass der Verstorbene vermutlich mit der Umbettung seiner Urne einverstanden wäre, wenn dem mit der Grabpflege betrauten Angehörigen aufgrund einer Ortsveränderung der Weg zur bisherigen Ruhestätte zu weit wird (vgl. VG Karlsruhe, U. v. 15.11.2005 - 11 K 1007/05, juris, Rn. 22 f.). Mit der Achtung des über den Tod hinaus fortwirkenden Grundrechts der Menschenwürde wäre es unvereinbar, einen hypothetischen Willen der Verstorbenen für den Fall der Veränderung der Lebensumstände der Angehörigen zu ermitteln und diesem hypothetischen Willen gegenüber der einmal mit Sicherheit getroffenen Grabwahl in einer bestimmten Urnennische in ... Vorrang einzuräumen.

2.

Auch der von der Klägerin im Rahmen der Klagebegründung geltend gemachte Umstand, ihr Recht auf Totenfürsorge sei durch ihren Umzug in das ca. 270 km entfernte ... erheblich eingeschränkt, begründet keinen wichtigen Grund, welcher der durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Totenruhe ihrer verstorbenen Mutter vorgehen würde.

Dass die Klägerin aufgrund ihres Umzugs das Grab ihrer verstorbenen Mutter nicht in einer ihren Bedürfnissen und Wünschen entsprechenden Weise besuchen und pflegen kann, stellt einen für sie gewichtigen und nachvollziehbaren Aspekt dar, der sich jedoch gegenüber dem Schutz der Totenruhe nicht durchsetzen kann. Ein Umzug aufgrund veränderter Lebensumstände - wie altersbedingter Gesundheitsverschlechterungen oder des verständlichen Wunsches, den Lebensabend bei den Kindern zu verbringen - stellt für sich genommen regelmäßig keinen wichtigen Grund für die Umbettung vorverstorbener Angehöriger dar (vgl. OVG NRW, U. v. 29.4.2008 - 19 A 2896/07, juris Rn. 36; VG Berlin, U. v. 2.11.2010 - 21 K 194.10, juris, Rn. 17). Anderenfalls liefe der grundsätzlich und im Regelfall gebotene Schutz der Totenruhe weitgehend leer. Denn es stellt sich nicht etwa als Ausnahmefall, sondern als typisches Phänomen dar, dass ältere Menschen, die nicht mehr willens oder im Stande sind alleine zu leben, ihren bisherigen Wohnsitz aufgeben und entweder in die Nähe ihrer Kinder oder sonstiger naher Verwandten ziehen oder sich in eine (vom bisherigen Wohnort ggf. weit entfernt liegende) Seniorenunterkunft begeben (müssen).

Auch im vorliegenden Einzelfall begründet der Umzug der Klägerin nach ... keinen wichtigen Grund im Sinne der o.g. Rechtsprechung. Denn ihr Recht auf Totenfürsorge wird ohne Überführung der Urne ihrer verstorbenen Mutter nur in einem Maße eingeschränkt, welches ihr noch zumutbar ist (vgl. zu einer Entfernung von ca. 250 km: OVG NRW, B. v. 29.4.2008 - 19 A 2896/07, juris, Rn. 35 ff.). Dass die Entfernung zwischen ihrem jetzigen Wohnort ... und dem Grab ihrer Mutter in ... die Grabbesuche und die Grabpflege gänzlich ausschließt, hat sie weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass sie altersbedingt oder aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, eine solche Reise von wenigen Stunden Dauer zu bewältigen. Selbst wenn es ihr nicht mehr möglich sein sollte, alleine nach ... zum Urnengrab ihrer verstorbenen Mutter zu reisen, ist ihr zumutbar, den Grabbesuch in Begleitung z. B. ihres Sohnes durchzuführen. Entsprechendes gilt für die Grabpflege, wobei sich die Klägerin hierfür zusätzlich der (Mit-)Hilfe Dritter (etwa einer Friedhofsgärtnerei) bedienen kann (vgl. OVG NRW B. v. 29.4.2008 - 19 A 2896/07, juris, Rn. 38). Der verständliche und durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Wunsch der Klägerin, das Grab ihrer Mutter selbst pflegen und möglichst oft besuchen zu können, muss daher gegenüber der Totenruhe der Verstorbenen Frau... aus Art. 1 Abs. 1 GG zurückstehen.

3.

Es kann schließlich dahingestellt bleiben, ob der Klägerin von der Kirchenverwaltung in ... telefonisch die problemlose Möglichkeit der Überführung der Urne ihrer verstorbenen Mutter auf einen anderen Friedhof in Aussicht gestellt wurde. Mangels Rechtsverbindlichkeit kann ein Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten auf Erteilung der Zustimmung zur begehrten Umbettung hieraus jedenfalls nicht abgeleitet werden (vgl. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG).

Nach alledem war die Klage somit mit der auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO beruhenden Kostenfolge abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Ziffer 15.2 des Streitwertkatalogs 2013.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten den Körper oder Teile des Körpers eines verstorbenen Menschen, eine tote Leibesfrucht, Teile einer solchen oder die Asche eines verstorbenen Menschen wegnimmt oder wer daran beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Aufbahrungsstätte, Beisetzungsstätte oder öffentliche Totengedenkstätte zerstört oder beschädigt oder wer dort beschimpfenden Unfug verübt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt. Bei völkerrechtlichen Verträgen, die eine Friedensregelung, die Vorbereitung einer Friedensregelung oder den Abbau einer besatzungsrechtlichen Ordnung zum Gegenstand haben oder der Verteidigung der Bundesrepublik zu dienen bestimmt sind, genügt zur Klarstellung, daß die Bestimmungen des Grundgesetzes dem Abschluß und dem Inkraftsetzen der Verträge nicht entgegenstehen, eine Ergänzung des Wortlautes des Grundgesetzes, die sich auf diese Klarstellung beschränkt.

(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.

(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Umbettung der Urnen ihrer verstorbenen Eltern und eines Onkels vom Friedhof F. auf den in I..
Am 17.01.2005 beantragte sie die Umbettung der Urnen ihres 1983 verstorbenen Vaters (...), ihrer 1993 beigesetzten Mutter (...) und die ihres 1991 im gleichen Urnenwahlgrab unter der Erde beigesetzten Onkels (...) vom Friedhof F. auf den Friedhof I.. Die am 16.01.2005 verstorbene und bis dahin in I. wohnhaft gewesene Ehefrau des Onkels (...) wurde auf dem Friedhof in I. beigesetzt. Zur Begründung gab die Klägerin an, sie wohne mittlerweile im Haus ihrer Tante in I. und habe nur drei Gehminuten zum Friedhof, und sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, das Grab auf dem Friedhof F. zu pflegen.
Der Antrag für die Umbettung ihrer Mutter und ihres Onkels wurde mit Bescheid der Friedhöfe M. vom 03.03.2005 abgelehnt. Darin ist im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 41 BestattG könne der Ausgrabung der Urnen des am 27.07.1991 verstorbenen Herrn ... und der am 03.02.1993 verstorbenen ... aus der Urnenwahlgrabstätte auf dem Friedhof F. und dem Versand der Urne zur Wiederbeisetzung an das Bürgermeisteramt I. nicht zugestimmt werden, da die Umsetzung der Urnen mit dem Gebot der Totenruhe nicht zu vereinbaren sei. Eine Umsetzung der Urne des am 30.09.1983 verstorbenen Herrn ... sei unproblematisch, die Mindestruhezeit von 15 Jahren sei abgelaufen. Dagegen legte die Klägerin am 11.03.2005 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie die weite Entfernung und ihren Wunsch auf Familienzusammenführung anführte.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Friedhöfe M. vom 22.04.2005 als unbegründet abgewiesen. Darin ist im Wesentlichen ausgeführt. Private Gründe könnten eine Ausgrabung der Urnen entgegen § 41 BestattG nur rechtfertigen, wenn eine Prüfung des Einzelfalles die vorgebrachten Gründe für besonders dringlich erachte, also eine Störung der Totenruhe vor Ablauf der Ruhezeit rechtfertige. Solche Gründe lägen, wie bereits im Schreiben vom 29.03.2005 ausgeführt, nicht vor. Der Widerspruchsbescheid wurde am 27.04.2005 gegen Rückschein zugestellt.
Am 12.05.2005 hat die Klägerin Klage erhoben; sie beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 03.03.2005 und deren Widerspruchsbescheid vom 22.04.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Ausgrabung der Urnen von ... und ... aus der Urnenwahlgrabstätte ... auf dem Friedhof F. und dem Versand der Urnen nach I. Friedhof ... zur Wiederbeisetzung zuzustimmen.
Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Die Familie solle in I. zusammengeführt werden. Da ihre Tante und die Ehefrau des ... in I. bestattet worden seien, sollten alle Angehörigen dort ruhen. Sie wohne jetzt in I. und habe nur zwei Gehminuten zum Friedhof .... Einen Führerschein habe sie nicht. Der Friedhof F. sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht bzw. nur unzureichend zu erreichen. Dass sie das Haus der in I. wohnhaft gewesenen Tante erbe, habe sich erst kurz vor deren Ableben ergeben, weshalb die Tante sich für eine Bestattung in I. entschlossen habe. Bei deren Tod habe die Friedhofsverwaltung in I. keine Bedenken gegen eine Umbettung der Urnen ihrer Verwandten gesehen. Auf anderen Stadtfriedhöfen werde die Umbettung großzügig gehandhabt. Es entspreche dem mutmaßlichen Willen ihrer Eltern und ihres Onkels, dass sie im Falle ihres Wegzugs mit einer Umbettung ihrer Urnen einverstanden gewesen wären, wenn sie es gewusst hätten, weil ihr die Grabpflege obliege und ihre Eltern auf eine ordentliche Grabpflege Wert legten; dies könne nur an ihrem Wohnsitz gewährleistet werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Sie ist der Ansicht, die Bescheide seien rechtmäßig. Gemäß § 12 Abs. 2 S. 2 Friedhofs- und Bestattungsordnung (FBO) könne die Zustimmung der Gemeinde als Friedhofsträger zu einer Umbettung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes erteilt werden. Nach der religiösen und sittlichen Anschauung der Bevölkerung und nach allgemeinem Empfinden dürfe ein Toter, der einmal beigesetzt worden sei, jedenfalls bis zum Ablauf der Ruhezeit in seiner Ruhe nicht mehr gestört werden, es sei denn, dass ganz besondere, ebenfalls auf sittlichem Gebiet liegende Gründe gegeben seien, hinter denen selbst die Achtung vor der - auch strafrechtlich geschützten (§ 68 StGB) - Totenruhe zurückzutreten habe. Dieser Grundsatz gelte auch für die Umbettung von Aschenurnen, insbesondere dann, wenn die Urne unter der Erde beigesetzt sei. Von der Wohnung der Klägerin könne man nach dem Fahrplan mit der häufig verkehrenden Buslinie ... in nur sieben Minuten Fahrzeit zur Haltestelle ... gelangen, von wo aus der Friedhof in F. in wenigen Minuten zu Fuß erreichbar sei. Letztlich könne die Dauer des Weges dahingestellt bleiben. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass der Wunsch der Angehörigen nach einer Umbettung kein wichtiger Grund sei, wenn er damit begründet werde, dass eine Umbettung ihnen bessere Besuchs- und Pflegemöglichkeiten eröffne. Denn andernfalls wäre die Totenruhe wegen der Möglichkeit eines mehrmaligen Wohnsitzwechsels auf Dauer in Frage gestellt. Auch der Hinweis auf eine Familienzusammenführung rechtfertige die Umsetzung nicht. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Mutter der Klägerin am 03.10.1983 anlässlich des Todes ihres Ehemannes (...) ein Urnenwahlgrab mit einem 30-jährigen Nutzungsrecht (§ 16 Abs. 1b i.V.m. Abs. 3 FBO) erworben habe und dass im Jahr 1991 sodann mit Zustimmung der Mutter, damals vertreten durch die Klägerin, auch die Asche ihres Schwagers ... in diesem Urnenwahlgrab in F. beigesetzt worden sei. Aufgrund dessen sei davon auszugehen, dass die Mutter der Klägerin diese Grabstätte als Familiengrabstätte vorgesehen habe und auch selbst dort beigesetzt habe werden wollen. Da das Totensorgerecht auf dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen beruhe, sei für seine Durchführung und Ausgestaltung in erster Linie der Wille des Verstorbenen maßgebend. Eine Umbettung widerspräche dem mutmaßlichen Willen der Verstorbenen, der Mutter der Klägerin.
11 
Die Trennung der beiden Grabstätten, nämlich die Beisetzung der Tante der Klägerin auf dem Friedhof ...-F., sei auf ihren eigenen Wunsch hin erfolgt. Es sei rechtsmissbräuchlich, aus Gründen der Familienzusammenführung eine Umbettung zu begehren.
12 
Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten der Beklagten (1 Heft) vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf deren Inhalt und den der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
14 
Der Bescheid der Beklagten vom 03.03.2005 und deren Widerspruchsbescheid vom 22.04.2005 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch darauf, die Beklagte zu verpflichten, der Ausgrabung der Urnen ihrer Verwandten auf dem Friedhof F. und dem Versand der Urne nach I. Friedhof ... zur Wiederbeisetzung zuzustimmen (§ 113 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 5 S. 1 VwGO).
15 
Nach § 41 BestattG BW dürfen Leichen nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde ausgegraben werden. Diese hat die zum Schutze der Gesundheit notwendigen Maßnahmen anzuordnen. Die Ruhezeit auf Friedhöfen ist im Benehmen mit dem Gesundheitsamt festzulegen, sie beträgt für Erwachsene mindestens 15 Jahre (§ 6 S. 3 BestattG). Die Mindestruhezeiten sind auch für Aschen Verstorbener einzuhalten (§ 6 S. 4 BestattG). Die BestattVO vom 15.09.2000 (GBl. S. 669), geändert durch ÄndVO vom 14.02.2002 (GBl. S. 127) regelt in § 30 die „Ausgrabung von Leichen“. Danach ist die Erlaubnis zur Ausgrabung einer Leiche im Benehmen mit dem Gesundheitsamt zu erteilen. Ihre Erteilung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller das Einverständnis des Trägers des Bestattungsplatzes mit der Ausgrabung nachweist. Auf der Grundlage dieser Vorschriften hat die Beklagte in ihrer Friedhofs- und Bestattungsordnung - FBO - vom 22.10.2002, geändert mit Beschluss vom 30.11.2004 in § 11 die Ruhezeit für Tote und Urnen Verstorbener auf 15 Jahre festgesetzt. § 12 Abs. 1 FBO sieht vor, die Ruhe der Toten darf grundsätzlich nicht gestört werden. Unabhängig von sonstigen gesetzlichen Vorschriften zur Ausgrabung bedarf die Umbettung von Toten und Urnen der vorherigen Zustimmung der Friedhöfe M.. Die Zustimmung kann nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes erteilt werden (§ 12 Abs. 2 FBO).
16 
Rechtsgrundlage des Zustimmungserfordernisses in § 12 Abs. 1 und 2 FBO sind die §§ 41 i.V.m. § 6 S. 3 u. 4 BestattG. § 41 BestattG erfasst seinem Wortlaut nach zwar nur „Leichen“, nicht auch Urnen. Auch § 30 S. 1 BestattVO spricht im Zusammenhang mit der Erlaubnis zur „Ausgrabung“ nur “von Leichen“, nicht auch von Urnen. Im Unterschied dazu sind die Mindestruhezeiten einheitlich für Leichen und Aschen von Verstorbenen geregelt (§ 6 S. 4 BestattG). Die Umbettung von Leichen und Urnen innerhalb der Mindestruhezeit von 15 Jahren beurteilt sich deshalb nach den gleichen Grundsätzen, für beide gelten die Mindestruhezeiten, die eine Umbettung nicht vorsehen (vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 6. Aufl., S. 221). Das BestattG und die BestattVO regeln zwar nicht unter welchen Voraussetzungen die Zustimmung zur Umbettung erteilt werden darf. Die Zustimmung muss jedenfalls mit höherrangigem Recht vereinbar sein. Der Satzungsgeber der Beklagten hat mit der Forderung „eines wichtigen Grundes“ für eine Zustimmung zu einer Umbettung von Toten und Urnen der verfassungsrechtlich nach Art. 1 Abs. 1 GG geforderten Totenruhe Rechnung getragen (BGH, Urt. v. 26. 02.1992 - XII ZR 58/91 -, NJW-RR 1992, 834 ff; BGH, Urt. v. 26.11.1977, FamRZ 1987, 15 ff. = MDR 1978, 299; BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001, NJW 2001, 2957 ff. m.w.N.). Es muss ein Grund vorliegen, der so gewichtig ist, dass selbst die Achtung vor der Totenruhe dahinter zurückzustehen hat (OVG Brandenburg, Beschl. v. 25.09.2002 - 1 A 196/00.Z - m.w.N. ; vgl. Gaedke, a.a.O., S. 220 f.).
17 
Das Recht der Totenruhe beruht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts auf dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen. Der rechtliche Schutz der Persönlichkeit gemäß Art. 1 Abs. 1 GG endet nicht mit dem Tode. Vielmehr besteht der allgemeine Wert- und Achtungsanspruch fort, so dass das fortwirkende Lebensbild eines Verstorbenen weiterhin gegen schwerwiegende Entstellungen geschützt wird (vgl. BGHZ 107, 384 ff. u. BGHZ 50, 133, 136 ff. - Mephisto; BGH, Urt. v. 04.06.1974 - VI ZR 68/73 -, GRUR 1974, 797, 798 - Fiete Schulze; BGH, Urt. v. 17.5.1984 - I ZR 73/82 -, GRUR 1984, 907, 908 - Frischzellenkosmetik; auch BVerfGE 30, 173, 194 f. - Mephisto; vgl. auch BVerfGE 54, 148, 154 - Eppler: für das Unterschieben nicht getaner Äußerungen; BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001, a.a.O.,). Die mit Art. 1 Abs. 1 GG der staatlichen Gewalt auferlegte Verpflichtung, alle Menschen gegen Angriffe auf die Menschenwürde wie Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung und dergleichen zu schützen sowie davor zu bewahren, dass sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise ausgegrenzt, verächtlich gemacht, verspottet oder sonst wie herabgewürdigt werden (BVerfGE 1, 97<104>; BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001, a.a.O.,), endet nicht mit dem Tod (vgl. BVerfGE 30, 173 <194>). Demgegenüber besteht kein Schutz des Verstorbenen durch das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG, weil Träger dieses Grundrechts nur die lebende Person ist (vgl. BVerfGE 30, 173 <194>). Dementsprechend ist der aus Art. 1 Abs. 1 GG resultierende Schutz des postmortalen Persönlichkeitsrechts nicht identisch mit den Schutzwirkungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht betont in ständiger Rechtsprechung Unterschiede zwischen der Menschenwürde und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Ein Unterschied zeigt sich etwa daran, dass die Menschenwürde im Konflikt mit der Meinungsfreiheit nicht abwägungsfähig ist, während es bei einem Konflikt der Meinungsfreiheit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht regelmäßig zu einer Abwägung kommt (BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001, a.a.O.; vgl. BVerfGE 93, 266 <293 f.>). Beeinträchtigungen können dementsprechend nicht durch die grundrechtliche Gewährleistung kollidierender Freiheitsrechte gerechtfertigt werden (vgl. BVerfGE 75, 369 <380>). Da aber nicht nur einzelne, sondern sämtliche Grundrechte Konkretisierungen des Prinzips der Menschenwürde sind, hat das Bundesverfassungsgericht weiter entwickelt, es bedürfte stets einer sorgfältigen Begründung, wenn angenommen werde, dass der Gebrauch eines Grundrechts auf die unantastbare Menschenwürde durchschlägt (vgl. BVerfGE 93, 266 <293>). Dafür genügt ein Berühren der Menschenwürde nicht. Vorausgesetzt ist eine sie treffende Verletzung (BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001, a.a.O.,).
18 
Geschützt ist bei Verstorbenen der allgemeine Achtungsanspruch, der dem Menschen kraft seines Personseins zusteht. Dieser Schutz bewahrt den Verstorbenen insbesondere davor, herabgewürdigt oder erniedrigt zu werden (vgl. BVerfGE 30, 173 <194>). Schutz genießt aber auch der sittliche, personale und soziale Geltungswert, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat (BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001, a.a.O.,).
19 
Was die Grabwahl und -gestaltung angeht, so entscheidet über die Art und den Ort einer Bestattung in erster Linie der Wille des Verstorbenen. Der Verstorbene hat allerdings das Recht, die so genannte Totenfürsorge, insbesondere den Ort der letzten Ruhestätte zu bestimmen oder für die Bestattung an dem von ihm bestimmten Ort zu sorgen und seinen Leichnam erforderlichenfalls dorthin umzubetten, oder auch jemandem zu übertragen, der nicht zum Kreis der an sich dazu berufenen Angehörigen zählt. Beherrschender Grundsatz des Totensorgerechts ist aber die Maßgeblichkeit des Willens des Verstorbenen (BGH, Urt. v. 26. 02.1992 - XII ZR 58/91 -, NJW-RR 1992, 834 ff; BGH, Urt. v. 26.11.1977, FamRZ 1987, 15 ff. = MDR 1978, 299; Bamberger/Roth, BGB, 1. Aufl. 2003, § 823 Rdnr. 24 ff.). Der Wille des Verstorbenen ist auch maßgebend für die Frage der Berechtigung einer Umbettung. Lediglich wenn und soweit ein Wille des Verstorbenen nicht erkennbar ist, sind nach gewohnheitsrechtlichem Grundsatz die nächsten Angehörigen des Verstorbenen berechtigt und verpflichtet, über den Leichnam zu bestimmen und über die Art der Bestattung sowie die letzte Ruhestätte zu entscheiden (BGH, Urt. v. 26.10.1977, a.a.O., m.w.N..; RGZ 154, 269, 270 f; OVG Brandenburg, Beschl. v. 25.09.2002, FamRZ 2003, 1563 m.w.N. ).
20 
Der Wille des Verstorbenen braucht nicht ausdrücklich geäußert werden. Es genügen Tatsachen und Umstände, aus denen der Wille des Verstorbenen hinsichtlich der Fragen für seine Bestattung mit Sicherheit gefolgert werden kann (OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.04.1988, MDR 1990, 434 ff; BGH, Urt. v. 26.11.1977, a.a.O.,). Solche sind hier, wie die Beklagte zu Recht ausgeführt hat, zugunsten der Grabstätte in F. gegeben, nicht aber für den Fall eines Umzugs der Klägerin nach I.. Die verstorbene Mutter der Klägerin und ihr Onkel, deren Umbettung die Klägerin beantragt, entschieden sich für eine Beisetzung auf dem Friedhof in F.. Die Mutter der Klägerin wählte beim Tod ihres Ehemannes 1983 ein Urnenwahlgrab mit 30-jähriger Nutzungszeit, in der ihr Ehemann beigesetzt wurde. Dies war auch für sie persönlich bestimmt. Wie aus den Akten hervorgeht, wurde auf den Wunsch der Mutter der Klägerin, mit ihrer Schwester gemeinsam beigesetzt zu werden, auch der 1991 verstorbene - in I. mit seiner Frau wohnhaft gewesene - Onkel der Klägerin dort beigesetzt, und zwar vor dem Hintergrund, dass auch dessen Ehefrau dort ihre letzte Ruhe finden sollte. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Verstorbenen überhaupt Gedanken über eine Umbettung ihrer Urnen im Falle eines Umzugs ihrer mit der Grabpflege betrauten Tochter bzw. Nichte gemacht haben, sind nicht gegeben. Hierfür bestand keine Veranlassung, weil eine Ortsveränderung der mit der Grabpflege beauftragten Klägerin damals nicht im Gespräch und nicht absehbar war, sie ergab sich erst nach dem Erbfall beim Tod ihrer in I. wohnhaft gewesenen Tante, durch den ihr das Haus der Tante in I. zufiel. Wie der Ehemann der Klägerin in der mündlichen Verhandlung berichtete, dachte niemand an eine solche Entwicklung. Die Entscheidung der Klägerin von F. weg- und in das Haus der Tante nach I. umzuziehen entwickelte sich nach dessen Erklärungen erst kurz vor dem Tod der Tante, als sie sich entschloss, seiner Frau ihr Haus in I. zu vererben. Daraufhin beschloss die Klägerin, dort einzuziehen. Ein Wegzug der Klägerin nach I. konnte von der Mutter der Klägerin und deren Onkel bei der Wahl ihrer Grabstätte in F. nicht miteinbezogen werden, dieser Gesichtspunkt und die weitere Entwicklung, dass sich die Tante in I. beerdigen ließ, waren damals nicht bekannt und nicht voraussehbar. Aufgrund dieser Sachlage kann ein Wille der Verstorbenen, im Falle des Umzugs der mit der Grabpflege betrauten Klägerin, an deren neuen Wohnort umgebettet zu werden, nicht mit Sicherheit angenommen werden.
21 
Die Totenruhe wäre im Falle einer Umbettung der Urnen Mutter und des Onkels der Klägerin verletzt, weil deren eindeutiger Wille dem entgegensteht und es der Klägerin nicht unzumutbar ist, das Grab in F. zu besuchen und die Grabpflege gegebenenfalls zu übertragen. Die Klägerin kann demgegenüber nicht mit Erfolg geltend machen, ihr sei die Wegstrecke zum Friedhof F. zu beschwerlich und ihre in F. beerdigten Angehörigen hätten bei Kenntnis der veränderten Lebensumstände, ihres Umzugs nach I. nach dem Tod der in I. wohnhaft gewesenen und seit Januar 2005 dort beerdigten Tante, der Umbettung ihrer Urnen zugestimmt, damit die Grabpflege durch sie, die Klägerin, persönlich gewährleistet sei. Eine solche Schlussfolgerung verbietet sich, weil eine eindeutige Grabwahl des Verstorbenen nicht durch einen vermuteten geänderten Willen in Frage gestellt werden kann und nach derzeitigem Pietätsempfinden nicht davon ausgegangen werden darf, der Verstorbene sei damit einverstanden, seine unter der Erde beerdigte Urne umzubetten, wenn dem mit der Grabpflege betrauten Angehörigen aufgrund einer Ortsveränderung der Weg zur bisherigen Ruhestätte zu weit sei.
22 
Mit der Achtung des fortwirkenden Grundrechts der Menschenwürde der Verstorbenen ist es bereits unvereinbar, einen hypothetischen Willen des Verstorbenen für den Fall der Veränderung der Lebensumstände der Angehörigen zu ermitteln und als deren geänderter Wille zu unterstellen. Da der Tote zu der veränderten Situation seinen Willen nicht bekunden konnte und nicht befragt werden kann, wäre ein wie auch immer zu erforschender hypothetischer Wille immer mit Unsicherheiten verbunden. Er darf nicht an die Stelle der einmal mit Sicherheit getroffenen Grabwahl treten, auch wenn die Angehörigen der Meinung sind, der Tote wäre mit ihrer Entscheidung einverstanden gewesen. Ein hypothetischer Wille stünde mit der einmal gewählten Totenruhe während der Mindestruhezeit in krassem Widerspruch.
23 
Die derzeit herrschenden sittlichen gesellschaftlichen Wertvorstellungen über die Totenruhe lassen schließlich nicht die Annahme zu, im Falle des Umzugs der mit der Grabpflege betrauten Person sei der Verstorbene mit der Umbettung seiner Urne an den neuen Wohnort grundsätzlich einverstanden. Nach der mehrheitlich vertretenen religiösen und sittlichen Anschauung und nach allgemeinem Pietätsempfinden darf ein Toter, der einmal beigesetzt worden ist, in seiner Ruhe nicht mehr gestört werden, es sei denn, dass ganz besondere, ebenfalls auf sittlichem Gebiet liegende Gründe gegeben sind, hinter denen selbst die Achtung vor der Totenruhe zurückzutreten hat. Dieser von der Rechtsprechung herausgestellte Grundsatz gilt in gleicher Weise auch für die Umbettung von Aschenurnen, insbesondere dann, wenn die Urne unter der Erde beigesetzt ist (Gaedke, a.a.O., S. 218 m.w.N.). Nach herrschender sittlicher Wertvorstellung über die Totenruhe und Grabpflege ist es nicht alltäglich und nicht üblich, die Urnen verstorbener Angehöriger im Falle eines Umzugs der nächsten Angehörigen umzubetten, um einen möglichst kurzen Weg zum Grab zu haben, und um die Grabpflege zeitsparend und höchst persönlich gestalten zu können. Die Umbettung stellt die Ausnahme dar; es entspricht den sittlichen Wertvorstellungen, das von dem Verstorbenen - meist an seinem Wohnsitz - gewählte Grab im Falle der Veränderung der Lebensumstände seiner überlebenden Angehörigen zu belassen. Die Totenruhe wird in breiten Kreisen der Gesellschaft im Bundesgebiet so verstanden, dass eine mindestens 15-jährige, wenn nicht längere Ruhezeit in dem einmal gewählten Grab der Regelfall ist. Bei großen Entfernungen zum Grab eines Angehörigen ist es üblich, die Grabpflege einem Dritten, meist einer Gärtnerei, zu übertragen. Soweit die Friedhofsordnung dies vorsieht, kann das Problem der Grabpflege bei großen Entfernungen der Angehörigen zum Grab ihrer Angehörigen in der Form gelöst werden, dass ein nicht pflegebedürftiges Urnengrab bestellt wird, beispielsweise in Form einer in eine Mauer eingelassenen Grabplatte mit der Inschrift des Verstorbenen. In städtischen Bereichen entwickelt sich diese Grabform in zunehmendem Maße, sie trägt den Bedürfnissen der Zeit Rechnung und ist mit den sittlichen Vorstellungen über die Totenruhe vereinbar. Es ist heutzutage nicht selten, dass der Arbeitsplatz nicht am Ort der verstorbenen Angehörigen ist oder im Laufe des Berufslebens aus unvorhersehbaren Gründen öfters gewechselt wird. Wenn, wie hier, die Grabgestaltung eines Urnengrabes eine Grabpflege notwendig macht, lässt der verständliche Gesichtspunkt, die Verstorbenen wünschten, ihr Grab werde regelmäßig gepflegt und besucht, nicht darauf schließen, im Falle eines Wegzugs des mit der Grabpflege Beauftragten seien die Verstorbenen mit der Umbettung ihrer Urnen gewissermaßen unausgesprochen einverstanden. In der heutigen Zeit würde dies unter Umständen im Hinblick auf die in vielen Berufen geforderte örtliche Flexibilität am Arbeitsplatz zu vielen und im Einzelfall mehreren Umbettungen während der Mindestruhezeit führen. Damit verbunden wären erhebliche Veränderungen auf Friedhöfen in zeitlich kurzen Abständen, ohne dass hierfür eine Notwendigkeit bestünde, weil die Grabpflege anderweitig zur Zufriedenheit der Verstorbenen gestaltet werden kann. Mit der sittlichen Wertvorstellung der Totenruhe sind solche kurzfristigen Änderungen unvereinbar.
24 
Der vorliegende Fall zeigt keine außergewöhnlichen Besonderheiten, aufgrund deren das Einverständnis der Verstorbenen unterstellt werden könnte, wegen der veränderten Lebensgestaltung des nächsten Angehörigen und des mit der Grabpflege Beauftragten umgebettet zu werden. Dass die Tante sich in I. beerdigen ließ, beruht auf einer veränderten Entwicklung ihrer Lebensumstände und der Bereitschaft der Klägerin nach I. umzuziehen. Die Tante der Klägerin wich mit ihrer Wahl der Grabstätte in I. von ihrer Vereinbarung mit ihrer Schwester bezüglich der gemeinsamen Grabstätte in F. ab, ohne dass dies den einmal gefassten Willen der Mutter der Klägerin und den ihres Onkels, in F. beerdigt zu werden, berührt oder gar in rechtserheblicher Weise zu verändern vermag. Dem kurz vor ihrem Tod offenbar geäußerten Wunsch der Tante, die Urnen ihres Mannes und ihrer Schwester mit deren Mann nach I. umbetten zu lassen, ist deren Recht auf Totenruhe aus Art. 1 Abs. 1 GG entgegen zu halten. Ihr Wunsch muss demgegenüber zurückstehen. Selbst wenn es zuträfe, dass die Gemeinde I. keine Bedenken gegen die Umbettung gesehen habe, und die Tante sich im Vertrauen darauf in I. habe beerdigen lassen, könnte die Klägerin für die Umbettung ihrer in F. beerdigten Angehörigen keine Rechtsvorteile ableiten. Eine die Beklagte bindende schriftliche Zusicherung der zuständigen Behörde (§ 38 Abs. 1 S. 1 VwVfG) liegt diesbezüglich nicht vor.
25 
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Wahrnehmung ihres Rechts der Totenfürsorge aus Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.1977 - VII B 188.76 -) berufen. Das Recht auf Totenfürsorge aus Art. 2 Abs. 1 GG ist gegenüber der durch Art. 1 Abs. 1 GG geforderten Totenruhe grundsätzlich nachrangig (OVG NW, Beschl. v. 28.11.1991 ; OVG NW, Beschl. v. 10.11.1998, NVwZ 2000, 217 ff.; Hess. VGH, Urt. v. 07.09.1993, NVwZ-RR 1994, 335 ff.; OVG Brandenburg, Beschl. v. 25.09.2002, FamRZ 2003, 1563; vgl. Gaedke, a.a.O., S. 219 ff., 221). Das Recht der Totenfürsorge der Klägerin beschränkt sich hier auf die Grabpflege der von den Verstorbenen gewählten Grabstätten. Der Wunsch der Klägerin, die Familie auf dem Friedhof I. zusammenzuführen und das Familiengrab in ihrer Nähe zu haben, damit sie es oft besuchen und unter erleichterten Bedingungen pflegen kann, muss gegenüber dem Willen der Verstorbenen zurückstehen. Das Umbettungsverlangen eines Angehörigen unter Hinweis auf die räumliche Entfernung, kann allenfalls dann Erfolg haben, wenn dem Antragsteller der Besuch der bisherigen Grabstätte unter keinem Umständen mehr zugemutet werden kann (Gaedke, a.a.O., S. 219 unter Hinweis auf VG Braunschweig DFK 1988/112) und sittliche Gründe die Umbettung rechtfertigen. Beides ist hier nicht der Fall. Der Vortrag der Beklagten, der Friedhof F. sei vom Wohnort der Klägerin mit öffentlichen Bussen in sieben Minuten Fahrzeit und wenigen Minuten zu Fuß erreichbar, blieb in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen. Unzumutbar ist dies nicht. Der verständliche und durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Wunsch der Klägerin, das Grab ihrer Angehörigen selbst pflegen und möglichst oft besuchen zu können, ist sittlich beachtlich und gewichtig, er muss aber gegenüber der Totenruhe aus Art. 1 Abs. 1 GG zurückstehen, wenn, wie hier, die Verstorbenen sich für eine Grabstätte entschieden haben.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124a Abs. 1 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
13 
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
14 
Der Bescheid der Beklagten vom 03.03.2005 und deren Widerspruchsbescheid vom 22.04.2005 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch darauf, die Beklagte zu verpflichten, der Ausgrabung der Urnen ihrer Verwandten auf dem Friedhof F. und dem Versand der Urne nach I. Friedhof ... zur Wiederbeisetzung zuzustimmen (§ 113 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 5 S. 1 VwGO).
15 
Nach § 41 BestattG BW dürfen Leichen nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde ausgegraben werden. Diese hat die zum Schutze der Gesundheit notwendigen Maßnahmen anzuordnen. Die Ruhezeit auf Friedhöfen ist im Benehmen mit dem Gesundheitsamt festzulegen, sie beträgt für Erwachsene mindestens 15 Jahre (§ 6 S. 3 BestattG). Die Mindestruhezeiten sind auch für Aschen Verstorbener einzuhalten (§ 6 S. 4 BestattG). Die BestattVO vom 15.09.2000 (GBl. S. 669), geändert durch ÄndVO vom 14.02.2002 (GBl. S. 127) regelt in § 30 die „Ausgrabung von Leichen“. Danach ist die Erlaubnis zur Ausgrabung einer Leiche im Benehmen mit dem Gesundheitsamt zu erteilen. Ihre Erteilung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller das Einverständnis des Trägers des Bestattungsplatzes mit der Ausgrabung nachweist. Auf der Grundlage dieser Vorschriften hat die Beklagte in ihrer Friedhofs- und Bestattungsordnung - FBO - vom 22.10.2002, geändert mit Beschluss vom 30.11.2004 in § 11 die Ruhezeit für Tote und Urnen Verstorbener auf 15 Jahre festgesetzt. § 12 Abs. 1 FBO sieht vor, die Ruhe der Toten darf grundsätzlich nicht gestört werden. Unabhängig von sonstigen gesetzlichen Vorschriften zur Ausgrabung bedarf die Umbettung von Toten und Urnen der vorherigen Zustimmung der Friedhöfe M.. Die Zustimmung kann nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes erteilt werden (§ 12 Abs. 2 FBO).
16 
Rechtsgrundlage des Zustimmungserfordernisses in § 12 Abs. 1 und 2 FBO sind die §§ 41 i.V.m. § 6 S. 3 u. 4 BestattG. § 41 BestattG erfasst seinem Wortlaut nach zwar nur „Leichen“, nicht auch Urnen. Auch § 30 S. 1 BestattVO spricht im Zusammenhang mit der Erlaubnis zur „Ausgrabung“ nur “von Leichen“, nicht auch von Urnen. Im Unterschied dazu sind die Mindestruhezeiten einheitlich für Leichen und Aschen von Verstorbenen geregelt (§ 6 S. 4 BestattG). Die Umbettung von Leichen und Urnen innerhalb der Mindestruhezeit von 15 Jahren beurteilt sich deshalb nach den gleichen Grundsätzen, für beide gelten die Mindestruhezeiten, die eine Umbettung nicht vorsehen (vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 6. Aufl., S. 221). Das BestattG und die BestattVO regeln zwar nicht unter welchen Voraussetzungen die Zustimmung zur Umbettung erteilt werden darf. Die Zustimmung muss jedenfalls mit höherrangigem Recht vereinbar sein. Der Satzungsgeber der Beklagten hat mit der Forderung „eines wichtigen Grundes“ für eine Zustimmung zu einer Umbettung von Toten und Urnen der verfassungsrechtlich nach Art. 1 Abs. 1 GG geforderten Totenruhe Rechnung getragen (BGH, Urt. v. 26. 02.1992 - XII ZR 58/91 -, NJW-RR 1992, 834 ff; BGH, Urt. v. 26.11.1977, FamRZ 1987, 15 ff. = MDR 1978, 299; BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001, NJW 2001, 2957 ff. m.w.N.). Es muss ein Grund vorliegen, der so gewichtig ist, dass selbst die Achtung vor der Totenruhe dahinter zurückzustehen hat (OVG Brandenburg, Beschl. v. 25.09.2002 - 1 A 196/00.Z - m.w.N. ; vgl. Gaedke, a.a.O., S. 220 f.).
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Das Recht der Totenruhe beruht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts auf dem fortwirkenden Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen. Der rechtliche Schutz der Persönlichkeit gemäß Art. 1 Abs. 1 GG endet nicht mit dem Tode. Vielmehr besteht der allgemeine Wert- und Achtungsanspruch fort, so dass das fortwirkende Lebensbild eines Verstorbenen weiterhin gegen schwerwiegende Entstellungen geschützt wird (vgl. BGHZ 107, 384 ff. u. BGHZ 50, 133, 136 ff. - Mephisto; BGH, Urt. v. 04.06.1974 - VI ZR 68/73 -, GRUR 1974, 797, 798 - Fiete Schulze; BGH, Urt. v. 17.5.1984 - I ZR 73/82 -, GRUR 1984, 907, 908 - Frischzellenkosmetik; auch BVerfGE 30, 173, 194 f. - Mephisto; vgl. auch BVerfGE 54, 148, 154 - Eppler: für das Unterschieben nicht getaner Äußerungen; BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001, a.a.O.,). Die mit Art. 1 Abs. 1 GG der staatlichen Gewalt auferlegte Verpflichtung, alle Menschen gegen Angriffe auf die Menschenwürde wie Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung und dergleichen zu schützen sowie davor zu bewahren, dass sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise ausgegrenzt, verächtlich gemacht, verspottet oder sonst wie herabgewürdigt werden (BVerfGE 1, 97<104>; BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001, a.a.O.,), endet nicht mit dem Tod (vgl. BVerfGE 30, 173 <194>). Demgegenüber besteht kein Schutz des Verstorbenen durch das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG, weil Träger dieses Grundrechts nur die lebende Person ist (vgl. BVerfGE 30, 173 <194>). Dementsprechend ist der aus Art. 1 Abs. 1 GG resultierende Schutz des postmortalen Persönlichkeitsrechts nicht identisch mit den Schutzwirkungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht betont in ständiger Rechtsprechung Unterschiede zwischen der Menschenwürde und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Ein Unterschied zeigt sich etwa daran, dass die Menschenwürde im Konflikt mit der Meinungsfreiheit nicht abwägungsfähig ist, während es bei einem Konflikt der Meinungsfreiheit mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht regelmäßig zu einer Abwägung kommt (BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001, a.a.O.; vgl. BVerfGE 93, 266 <293 f.>). Beeinträchtigungen können dementsprechend nicht durch die grundrechtliche Gewährleistung kollidierender Freiheitsrechte gerechtfertigt werden (vgl. BVerfGE 75, 369 <380>). Da aber nicht nur einzelne, sondern sämtliche Grundrechte Konkretisierungen des Prinzips der Menschenwürde sind, hat das Bundesverfassungsgericht weiter entwickelt, es bedürfte stets einer sorgfältigen Begründung, wenn angenommen werde, dass der Gebrauch eines Grundrechts auf die unantastbare Menschenwürde durchschlägt (vgl. BVerfGE 93, 266 <293>). Dafür genügt ein Berühren der Menschenwürde nicht. Vorausgesetzt ist eine sie treffende Verletzung (BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001, a.a.O.,).
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Geschützt ist bei Verstorbenen der allgemeine Achtungsanspruch, der dem Menschen kraft seines Personseins zusteht. Dieser Schutz bewahrt den Verstorbenen insbesondere davor, herabgewürdigt oder erniedrigt zu werden (vgl. BVerfGE 30, 173 <194>). Schutz genießt aber auch der sittliche, personale und soziale Geltungswert, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat (BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001, a.a.O.,).
19 
Was die Grabwahl und -gestaltung angeht, so entscheidet über die Art und den Ort einer Bestattung in erster Linie der Wille des Verstorbenen. Der Verstorbene hat allerdings das Recht, die so genannte Totenfürsorge, insbesondere den Ort der letzten Ruhestätte zu bestimmen oder für die Bestattung an dem von ihm bestimmten Ort zu sorgen und seinen Leichnam erforderlichenfalls dorthin umzubetten, oder auch jemandem zu übertragen, der nicht zum Kreis der an sich dazu berufenen Angehörigen zählt. Beherrschender Grundsatz des Totensorgerechts ist aber die Maßgeblichkeit des Willens des Verstorbenen (BGH, Urt. v. 26. 02.1992 - XII ZR 58/91 -, NJW-RR 1992, 834 ff; BGH, Urt. v. 26.11.1977, FamRZ 1987, 15 ff. = MDR 1978, 299; Bamberger/Roth, BGB, 1. Aufl. 2003, § 823 Rdnr. 24 ff.). Der Wille des Verstorbenen ist auch maßgebend für die Frage der Berechtigung einer Umbettung. Lediglich wenn und soweit ein Wille des Verstorbenen nicht erkennbar ist, sind nach gewohnheitsrechtlichem Grundsatz die nächsten Angehörigen des Verstorbenen berechtigt und verpflichtet, über den Leichnam zu bestimmen und über die Art der Bestattung sowie die letzte Ruhestätte zu entscheiden (BGH, Urt. v. 26.10.1977, a.a.O., m.w.N..; RGZ 154, 269, 270 f; OVG Brandenburg, Beschl. v. 25.09.2002, FamRZ 2003, 1563 m.w.N. ).
20 
Der Wille des Verstorbenen braucht nicht ausdrücklich geäußert werden. Es genügen Tatsachen und Umstände, aus denen der Wille des Verstorbenen hinsichtlich der Fragen für seine Bestattung mit Sicherheit gefolgert werden kann (OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.04.1988, MDR 1990, 434 ff; BGH, Urt. v. 26.11.1977, a.a.O.,). Solche sind hier, wie die Beklagte zu Recht ausgeführt hat, zugunsten der Grabstätte in F. gegeben, nicht aber für den Fall eines Umzugs der Klägerin nach I.. Die verstorbene Mutter der Klägerin und ihr Onkel, deren Umbettung die Klägerin beantragt, entschieden sich für eine Beisetzung auf dem Friedhof in F.. Die Mutter der Klägerin wählte beim Tod ihres Ehemannes 1983 ein Urnenwahlgrab mit 30-jähriger Nutzungszeit, in der ihr Ehemann beigesetzt wurde. Dies war auch für sie persönlich bestimmt. Wie aus den Akten hervorgeht, wurde auf den Wunsch der Mutter der Klägerin, mit ihrer Schwester gemeinsam beigesetzt zu werden, auch der 1991 verstorbene - in I. mit seiner Frau wohnhaft gewesene - Onkel der Klägerin dort beigesetzt, und zwar vor dem Hintergrund, dass auch dessen Ehefrau dort ihre letzte Ruhe finden sollte. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Verstorbenen überhaupt Gedanken über eine Umbettung ihrer Urnen im Falle eines Umzugs ihrer mit der Grabpflege betrauten Tochter bzw. Nichte gemacht haben, sind nicht gegeben. Hierfür bestand keine Veranlassung, weil eine Ortsveränderung der mit der Grabpflege beauftragten Klägerin damals nicht im Gespräch und nicht absehbar war, sie ergab sich erst nach dem Erbfall beim Tod ihrer in I. wohnhaft gewesenen Tante, durch den ihr das Haus der Tante in I. zufiel. Wie der Ehemann der Klägerin in der mündlichen Verhandlung berichtete, dachte niemand an eine solche Entwicklung. Die Entscheidung der Klägerin von F. weg- und in das Haus der Tante nach I. umzuziehen entwickelte sich nach dessen Erklärungen erst kurz vor dem Tod der Tante, als sie sich entschloss, seiner Frau ihr Haus in I. zu vererben. Daraufhin beschloss die Klägerin, dort einzuziehen. Ein Wegzug der Klägerin nach I. konnte von der Mutter der Klägerin und deren Onkel bei der Wahl ihrer Grabstätte in F. nicht miteinbezogen werden, dieser Gesichtspunkt und die weitere Entwicklung, dass sich die Tante in I. beerdigen ließ, waren damals nicht bekannt und nicht voraussehbar. Aufgrund dieser Sachlage kann ein Wille der Verstorbenen, im Falle des Umzugs der mit der Grabpflege betrauten Klägerin, an deren neuen Wohnort umgebettet zu werden, nicht mit Sicherheit angenommen werden.
21 
Die Totenruhe wäre im Falle einer Umbettung der Urnen Mutter und des Onkels der Klägerin verletzt, weil deren eindeutiger Wille dem entgegensteht und es der Klägerin nicht unzumutbar ist, das Grab in F. zu besuchen und die Grabpflege gegebenenfalls zu übertragen. Die Klägerin kann demgegenüber nicht mit Erfolg geltend machen, ihr sei die Wegstrecke zum Friedhof F. zu beschwerlich und ihre in F. beerdigten Angehörigen hätten bei Kenntnis der veränderten Lebensumstände, ihres Umzugs nach I. nach dem Tod der in I. wohnhaft gewesenen und seit Januar 2005 dort beerdigten Tante, der Umbettung ihrer Urnen zugestimmt, damit die Grabpflege durch sie, die Klägerin, persönlich gewährleistet sei. Eine solche Schlussfolgerung verbietet sich, weil eine eindeutige Grabwahl des Verstorbenen nicht durch einen vermuteten geänderten Willen in Frage gestellt werden kann und nach derzeitigem Pietätsempfinden nicht davon ausgegangen werden darf, der Verstorbene sei damit einverstanden, seine unter der Erde beerdigte Urne umzubetten, wenn dem mit der Grabpflege betrauten Angehörigen aufgrund einer Ortsveränderung der Weg zur bisherigen Ruhestätte zu weit sei.
22 
Mit der Achtung des fortwirkenden Grundrechts der Menschenwürde der Verstorbenen ist es bereits unvereinbar, einen hypothetischen Willen des Verstorbenen für den Fall der Veränderung der Lebensumstände der Angehörigen zu ermitteln und als deren geänderter Wille zu unterstellen. Da der Tote zu der veränderten Situation seinen Willen nicht bekunden konnte und nicht befragt werden kann, wäre ein wie auch immer zu erforschender hypothetischer Wille immer mit Unsicherheiten verbunden. Er darf nicht an die Stelle der einmal mit Sicherheit getroffenen Grabwahl treten, auch wenn die Angehörigen der Meinung sind, der Tote wäre mit ihrer Entscheidung einverstanden gewesen. Ein hypothetischer Wille stünde mit der einmal gewählten Totenruhe während der Mindestruhezeit in krassem Widerspruch.
23 
Die derzeit herrschenden sittlichen gesellschaftlichen Wertvorstellungen über die Totenruhe lassen schließlich nicht die Annahme zu, im Falle des Umzugs der mit der Grabpflege betrauten Person sei der Verstorbene mit der Umbettung seiner Urne an den neuen Wohnort grundsätzlich einverstanden. Nach der mehrheitlich vertretenen religiösen und sittlichen Anschauung und nach allgemeinem Pietätsempfinden darf ein Toter, der einmal beigesetzt worden ist, in seiner Ruhe nicht mehr gestört werden, es sei denn, dass ganz besondere, ebenfalls auf sittlichem Gebiet liegende Gründe gegeben sind, hinter denen selbst die Achtung vor der Totenruhe zurückzutreten hat. Dieser von der Rechtsprechung herausgestellte Grundsatz gilt in gleicher Weise auch für die Umbettung von Aschenurnen, insbesondere dann, wenn die Urne unter der Erde beigesetzt ist (Gaedke, a.a.O., S. 218 m.w.N.). Nach herrschender sittlicher Wertvorstellung über die Totenruhe und Grabpflege ist es nicht alltäglich und nicht üblich, die Urnen verstorbener Angehöriger im Falle eines Umzugs der nächsten Angehörigen umzubetten, um einen möglichst kurzen Weg zum Grab zu haben, und um die Grabpflege zeitsparend und höchst persönlich gestalten zu können. Die Umbettung stellt die Ausnahme dar; es entspricht den sittlichen Wertvorstellungen, das von dem Verstorbenen - meist an seinem Wohnsitz - gewählte Grab im Falle der Veränderung der Lebensumstände seiner überlebenden Angehörigen zu belassen. Die Totenruhe wird in breiten Kreisen der Gesellschaft im Bundesgebiet so verstanden, dass eine mindestens 15-jährige, wenn nicht längere Ruhezeit in dem einmal gewählten Grab der Regelfall ist. Bei großen Entfernungen zum Grab eines Angehörigen ist es üblich, die Grabpflege einem Dritten, meist einer Gärtnerei, zu übertragen. Soweit die Friedhofsordnung dies vorsieht, kann das Problem der Grabpflege bei großen Entfernungen der Angehörigen zum Grab ihrer Angehörigen in der Form gelöst werden, dass ein nicht pflegebedürftiges Urnengrab bestellt wird, beispielsweise in Form einer in eine Mauer eingelassenen Grabplatte mit der Inschrift des Verstorbenen. In städtischen Bereichen entwickelt sich diese Grabform in zunehmendem Maße, sie trägt den Bedürfnissen der Zeit Rechnung und ist mit den sittlichen Vorstellungen über die Totenruhe vereinbar. Es ist heutzutage nicht selten, dass der Arbeitsplatz nicht am Ort der verstorbenen Angehörigen ist oder im Laufe des Berufslebens aus unvorhersehbaren Gründen öfters gewechselt wird. Wenn, wie hier, die Grabgestaltung eines Urnengrabes eine Grabpflege notwendig macht, lässt der verständliche Gesichtspunkt, die Verstorbenen wünschten, ihr Grab werde regelmäßig gepflegt und besucht, nicht darauf schließen, im Falle eines Wegzugs des mit der Grabpflege Beauftragten seien die Verstorbenen mit der Umbettung ihrer Urnen gewissermaßen unausgesprochen einverstanden. In der heutigen Zeit würde dies unter Umständen im Hinblick auf die in vielen Berufen geforderte örtliche Flexibilität am Arbeitsplatz zu vielen und im Einzelfall mehreren Umbettungen während der Mindestruhezeit führen. Damit verbunden wären erhebliche Veränderungen auf Friedhöfen in zeitlich kurzen Abständen, ohne dass hierfür eine Notwendigkeit bestünde, weil die Grabpflege anderweitig zur Zufriedenheit der Verstorbenen gestaltet werden kann. Mit der sittlichen Wertvorstellung der Totenruhe sind solche kurzfristigen Änderungen unvereinbar.
24 
Der vorliegende Fall zeigt keine außergewöhnlichen Besonderheiten, aufgrund deren das Einverständnis der Verstorbenen unterstellt werden könnte, wegen der veränderten Lebensgestaltung des nächsten Angehörigen und des mit der Grabpflege Beauftragten umgebettet zu werden. Dass die Tante sich in I. beerdigen ließ, beruht auf einer veränderten Entwicklung ihrer Lebensumstände und der Bereitschaft der Klägerin nach I. umzuziehen. Die Tante der Klägerin wich mit ihrer Wahl der Grabstätte in I. von ihrer Vereinbarung mit ihrer Schwester bezüglich der gemeinsamen Grabstätte in F. ab, ohne dass dies den einmal gefassten Willen der Mutter der Klägerin und den ihres Onkels, in F. beerdigt zu werden, berührt oder gar in rechtserheblicher Weise zu verändern vermag. Dem kurz vor ihrem Tod offenbar geäußerten Wunsch der Tante, die Urnen ihres Mannes und ihrer Schwester mit deren Mann nach I. umbetten zu lassen, ist deren Recht auf Totenruhe aus Art. 1 Abs. 1 GG entgegen zu halten. Ihr Wunsch muss demgegenüber zurückstehen. Selbst wenn es zuträfe, dass die Gemeinde I. keine Bedenken gegen die Umbettung gesehen habe, und die Tante sich im Vertrauen darauf in I. habe beerdigen lassen, könnte die Klägerin für die Umbettung ihrer in F. beerdigten Angehörigen keine Rechtsvorteile ableiten. Eine die Beklagte bindende schriftliche Zusicherung der zuständigen Behörde (§ 38 Abs. 1 S. 1 VwVfG) liegt diesbezüglich nicht vor.
25 
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Wahrnehmung ihres Rechts der Totenfürsorge aus Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.1977 - VII B 188.76 -) berufen. Das Recht auf Totenfürsorge aus Art. 2 Abs. 1 GG ist gegenüber der durch Art. 1 Abs. 1 GG geforderten Totenruhe grundsätzlich nachrangig (OVG NW, Beschl. v. 28.11.1991 ; OVG NW, Beschl. v. 10.11.1998, NVwZ 2000, 217 ff.; Hess. VGH, Urt. v. 07.09.1993, NVwZ-RR 1994, 335 ff.; OVG Brandenburg, Beschl. v. 25.09.2002, FamRZ 2003, 1563; vgl. Gaedke, a.a.O., S. 219 ff., 221). Das Recht der Totenfürsorge der Klägerin beschränkt sich hier auf die Grabpflege der von den Verstorbenen gewählten Grabstätten. Der Wunsch der Klägerin, die Familie auf dem Friedhof I. zusammenzuführen und das Familiengrab in ihrer Nähe zu haben, damit sie es oft besuchen und unter erleichterten Bedingungen pflegen kann, muss gegenüber dem Willen der Verstorbenen zurückstehen. Das Umbettungsverlangen eines Angehörigen unter Hinweis auf die räumliche Entfernung, kann allenfalls dann Erfolg haben, wenn dem Antragsteller der Besuch der bisherigen Grabstätte unter keinem Umständen mehr zugemutet werden kann (Gaedke, a.a.O., S. 219 unter Hinweis auf VG Braunschweig DFK 1988/112) und sittliche Gründe die Umbettung rechtfertigen. Beides ist hier nicht der Fall. Der Vortrag der Beklagten, der Friedhof F. sei vom Wohnort der Klägerin mit öffentlichen Bussen in sieben Minuten Fahrzeit und wenigen Minuten zu Fuß erreichbar, blieb in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen. Unzumutbar ist dies nicht. Der verständliche und durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Wunsch der Klägerin, das Grab ihrer Angehörigen selbst pflegen und möglichst oft besuchen zu können, ist sittlich beachtlich und gewichtig, er muss aber gegenüber der Totenruhe aus Art. 1 Abs. 1 GG zurückstehen, wenn, wie hier, die Verstorbenen sich für eine Grabstätte entschieden haben.
26 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124a Abs. 1 VwGO gegeben ist.

Sonstige Literatur

 
27 
Rechtsmittelbelehrung:
28 
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, Postfach 11 14 51, 76064 Karlsruhe, oder Nördliche Hildapromenade 1, 76133 Karlsruhe, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu stellen.
29 
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim, oder Postfach 103264, 68032 Mannheim, einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
30 
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
31 
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
32 
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
33 
4. das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
34 
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
35 
Bei der Beantragung der Zulassung der Berufung muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen.
36 
Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
37 
In Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten des Sozialhilferechts sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte von Verbänden im Sinne des § 14 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes und von Gewerkschaften zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozessvertretung befugt sind.
38 
In Abgabenangelegenheiten sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen.
39 
In Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis betreffen und Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich Prüfungsangelegenheiten, sind vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigte auch Mitglieder und Angestellte von Gewerkschaften zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind.
40 
Lässt der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim, oder Postfach 103264, 68032 Mannheim, einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).
41 
Beschluss:
42 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000,-- festgesetzt.
43 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.