Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 25. Jan. 2017 - AN 11 K 15.01504

bei uns veröffentlicht am25.01.2017

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.

3. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1. Die Beteiligten streiten um die Höhe der beim Kläger bestehenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) infolge eines Dienstunfalls und den ihm zustehenden Unfallausgleich.

2. Der am …1965 geborene Kläger ist Beamter des Bundeseisenbahnvermögens und war als Lokführer tätig. Mit Ablauf des 30. Juni 2014 wurde er wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt gemäß § 44 Abs. 1 BBG.

Am 8. Februar 2013 erfasste der Kläger während seiner Tätigkeit mit dem Zug eine Person tödlich, die sich in suizidalen Absichten auf das von ihm befahrene Gleis begeben hatte. Dieses Unfallereignis wurde von dem Beklagten mit Bescheid vom 13. Februar 2013 und dem Körperschaden „akute Belastungsreaktion“ als Dienstunfall nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) anerkannt. Ergänzend hierzu wurde mit Bescheid vom 10. Dezember 2014 eine „posttraumatische Belastungsstörung“ als weitere Folge des Dienstunfalls anerkannt (Bl. 123-124 Behördenakte (BA)). Mit Bescheid vom 15. Dezember 2014 wurde die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) beim Kläger auf 40 v. H. festgesetzt und ein entsprechender Unfallausgleich ab dem 8. Februar 2013 bis 30. Juni 2014 von 174,00 EUR und ab 1. Juli 2014 von 177,00 EUR monatlich gewährt (Bl. 128 BA). Mit weiterem Bescheid vom 24. Juni 2015 wurde mit Ablauf des Monats Juni 2015 die Zahlung des Unfallausgleichs in Höhe von 177,00 EUR auf 132,00 EUR gemindert, weil von da an nur noch eine MdE von 30 v. H. von der Beklagten beim Kläger anerkannt wurde (Bl. 206 ff. BA).

3. Dem Bescheid vom 15. Dezember 2014, in dem gegenüber dem Kläger in Folge des Dienstunfalls eine MdE von 40 v. H. festgesetzt wurde, lagen folgende ärztliche Gutachten und Stellungnahmen zugrunde:

Am 17. Februar 2014 erstellte Dr. med. …, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, im Auftrag des Beklagten ein nervenärztliches Gutachten, das aus Sicht des nervenärztlichen Fachgebietes dazu Stellung nehmen sollte, ob beim Kläger als Folge eines Überrollungsunfalls vom 8. Februar 2013 Unfallfolgen zurückgeblieben seien, die eine MdE begründeten und in welcher Höhe diese einzustufen seien (Bl. 64-75 BA). Der Gutachter gelangt in seinem Gutachten insgesamt zu dem Ergebnis, dass durch den Unfall vom 8. Februar 2013 eine Gesamt-MdE von 50 v. H. begründet sei (Bl. 74 BA). Diese bedinge sich aus 40 v. H. der aktuellen posttraumatischen Belastungsstörung und einer kognitiven Beeinträchtigung von 10 v. H. Auf die Ausführungen im Gutachten wird im Übrigen Bezug genommen (Bl. 64-75 BA).

Mit Schreiben vom 28. März 2014 nahm der stellvertretende leitende Arzt der Dienststelle …des Bundeseisenbahnvermögens, Dr. med. …, Arbeits-, Sozial-, und Sportmedizin zu dem Gutachten Stellung (Bl. 78, 79 BA). Dieser führte aus, dass das Gutachten hinsichtlich der Bewertung und Schlussfolgerung weitgehend plausibel sei, jedoch nur eine MdE von 40 v. H. angesetzt werden könne. Es sei nicht möglich, die MdE von 10 v. H. für die leichte kognitive Beeinträchtigung auf die PTBSbedingte MdE von 40 v. H. zu addieren und damit eine Gesamt-MdE von 50 v. H. zu begründen. Grundsätzlich seien bei der Anwendung der Grundsätze zur Versorgungmedizinverordnung die Einzel-MdE nicht zu addieren, weshalb im vorliegenden Fall nur eine MdE von 40 v. H. für das Schadensereignis vom 8. Februar 2013 angesetzt werden könne.

Mit Schreiben vom 7. Mai 2014 wurde Dr. med. … um Stellungnahme zur Stellungnahme von Dr. med. … gebeten. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2014 führte jener unter anderem aus: „Im Falle von Herrn … scheint mir die vorliegende Gedächtnisstörung ein Ausmaß zu haben, dass ich sie als zusätzliches Risiko und natürlich auch als zusätzliche Beeinträchtigung auffasse. Um diesen Sachverhalt gegenüber von ähnlich schweren Fällen mit posttraumatischer Belastungsstörung abzugrenzen, habe ich eine MdE von 50 Prozent vorgeschlagen. Letztlich scheint mir aber eine Argumentation, die darauf hinweist, dass die diagnostizierte leichte kognitive Beeinträchtigung als Symptom der posttraumatischen Belastungsstörung aufzufassen ist, durchaus zugänglich. In diesem Falle würde man die MdE auf 40 Prozent festlegen, und ich würde dem als Gutachter nicht unbedingt widersprechen. Allerdings glaube ich, dass der Fall von Herrn … von anderen posttraumatischen Belastungsstörung, die mit einer MdE von 40 Prozent gewichtet werden, durch das Ausmaß einer Gedächtnisstörung abweicht, was ich in meinem Gutachten zum Ausdruck bringen wollte.“ (Bl. 117, 118 BA).

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2014 nahm Dr. med. … nochmals Stellung zum nervenärztlichen Gutachten von Dr. med. … vom 2. Oktober 2014 und erläuterte nochmals, dass die leichte kognitive Beeinträchtigung mit einer MdE von 10 v. H. die für die PTBS angesetzte MdE von 40% nicht auf eine Gesamt-MdE von 50 v. H. erhöhe (Bl. 121 BA).

Gegen diesen Bescheid vom 15. Dezember 2014 ließ der Kläger Widerspruch mit Schreiben vom 12. Januar 2015 erheben, mit dem Ziel einer Festsetzung der MdE von 50 v. H. und einer entsprechenden Zahlung eines Unfallausgleichs. Zur Begründung wurde auf das Gutachten von Dr. med. … vom 17. Februar 2014 Bezug genommen, der eine Gesamt-MdE von 50 v. H. festgestellt habe und der in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 2. Oktober 2014 nochmals ausgeführt habe, weshalb er von einer MdE von 50 v. H. ausgehe (Bl. 134-136 BA).

Der Beklagte holte daraufhin vom leitenden Arzt der Dienststelle …Dr. med. … eine Stellungnahme ein. Dieser führte am 15. Januar 2015 aus, dass nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen für eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gedächtnisfähigkeit ein MdE-Grad von 30-40 angemessen sei. Insofern erscheine ihm im vorliegenden Fall der MdE-Grad von 40 v. H. aufgrund der Ausprägung des Krankheitsbildes angemessen (Bl. 150 BA).

Zudem holte der Beklagte ein Zweitgutachten von Dr. med. …, Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, ein (Bl. 177 - 194 BA). Diese kommt in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 22. Mai 2015, für das sie auch den Kläger am 19. März 2015 untersucht hatte, zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass in der Gesamtschau der Befunde die neurologische Minderung der Erwerbsfähigkeit auf 30 v. H. geschätzt werde (Bl. 193 BA). Sie schlug rückblickend folgende Minderung der Erwerbsfähigkeit am Unfalltag vor: vom 08.02. 2013 bis 18.03.2015: 40 v. H., ab dem 19. März: 30 v. H.

In der dazu eingeholten Stellungnahme des leitenden Arztes der Dienststelle …, Dr. med. …, vom 22. Juni 2015 heißt es dazu, das Gutachten von Frau Dr. med. … sei plausibel und nachvollziehbar. Er stimme dem Gutachten in allen Punkten zu (Bl. 198 BA).

Daraufhin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2015, zugestellt am 5. August 2015, den Widerspruch gegen den Bescheid vom 15. Dezember 2014 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der im Gutachten von Dr. med. … festgestellten Gesamt-MdE von 50 v. H. vom stellvertretenden leitenden Arzt der Dienststellen … und … des Bundeseisenbahnvermögens, Bahnarzt Dr. med. …, in seiner Stellungnahme vom 28. März 2014 nicht habe gefolgt werden können. Dieser habe ausgeführt, dass nach den Grundsätzen der Versorgungsmedizinverordnung festgestellte Einzel-MdE-Grade nicht einfach addiert werden könnten. Hier könne nur eine dienstunfallbedingte MdE von 40 v. H. angesetzt werden. In der darauffolgenden Stellungnahme des Dr. med. … vom 2. Oktober 2014 habe dieser unter Bezugnahme auf die Stellungnahme von Dr. med. … ausgeführt, ihm sei die Argumentation, dass die diagnostizierte leichte kognitive Beeinträchtigung als Symptom der posttraumatischen Belastungsstörung aufzufassen sei, durchaus zugänglich und dass man die MdE in diesem Falle auf 40 v. H. festlegen würde. Er habe in seinem Gutachten nur zum Ausdruck bringen wollen, dass die beim Kläger festgestellte posttraumatische Belastungsstörung, die mit einer MdE von 40 v. H. bewertet worden sei, durch das Ausmaß seiner leichten kognitiven Beeinträchtigung in Form einer Gedächtnisstörung abweiche. Dr. med. … habe in seiner Stellungnahme vom 28. Oktober 2014 nochmals auf die Vorgaben zur Feststellung einer Gesamt-MdE in der Versorgungsmedizinverordnung hingewiesen und zur Stellungnahme von Dr. med. … abschließend ausgeführt, dieser sei mit der MdE-Bewertung von 40 v. H. offensichtlich einverstanden.

Zur Widerspruchsbegründung im Schreiben vom 14. Januar 2015 habe der leitende Arzt Dienststelle … des Bundeseisenbahnvermögens in …, Oberbahnarzt Dr. med. …, in seiner Stellungnahme vom 15. Januar 2015 ausgeführt, ihm erscheine im vorliegenden Fall ein MdE-Grad von 40 v. H. aufgrund der Ausprägung des Krankheitsbildes als angemessen, er empfehle jedoch eine Zweitbegutachtung.

Nach dem hierzu eingeholten nervenärztlichen Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, Dr. med. …, vom 22. Mai 2015 sei am Tag der Untersuchung des Klägers am 19. März 2015 nur noch ein dienstunfallbedingter Grad der MdE von 30 v. H. festgestellt worden. Retroperspektiv habe die Gutachterin einen Grad der MdE von 40 v. H. ab Unfalldatum eingeschätzt.

Der Oberbahnarzt Dr. med. … habe in seiner Stellungnahme vom 22. Juni 2015 ausgeführt, das Gutachten von Frau Dr. med. …vom 22. Juni 2015 sei plausibel und nachvollziehbar. Er stimme in allen Punkten zu.

Im Widerspruchsbescheid heißt es weiter, dass der Kläger nach alledem keinen Anspruch auf Festsetzung eines Grades von 50 v. H. infolge des Dienstunfalls vom 8. Februar 2013 mit entsprechender Gewährung von Unfallausgleich habe. Soweit in der Widerspruchsbegründung ausgeführt werde, dass Dr. med. … im nervenärztlichen Erstgutachten vom 17. Februar 2014 eine Gesamt-MdE von 50 v. H. infolge des Dienstunfalls vom 8. Februar 2013 festgestellt habe, werde auf die Vorgaben zur Festsetzung einer Gesamt-MdE in der Versorgungsmedizin-Verordnung hingewiesen. Auch habe Dr. med. … in seiner Stellungnahme vom 2. Oktober 2014 die Beurteilung des ärztlichen Dienstes des Bundeseisenbahnvermögens für nachvollziehbar gehalten.

4. Mit Bescheid vom 24. Juni 2015, dem Kläger zugestellt am 27. Juni 2015, erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger einen weiteren Bescheid, wonach mit Ablauf des Monats Juni 2015 die Zahlung des Unfallausgleichs in Höhe von 177,00 EUR auf 132,00 EUR gemindert werde (Bl. 41-43 GA). Zur Begründung ist ausgeführt, dass nach dem fachärztlichen Gutachten von Frau Dr. med. …vom 22. Mai 2015 die unfallbedingte MdE seit dem Untersuchungstag (19. März 2015) noch 30 v. H. betrage. Dieser Auffassung habe sich auch der ärztliche Dienst des Bundeseisenbahnvermögens, Herr Dr. med. …, …, in seiner Stellungnahme vom 22. Juni 2015 angeschlossen.

Mit Schreiben vom 6. Juli 2015 ließ der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. Juni 2015 einlegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger nach wie vor unter schweren posttraumatischen Belastungsstörungen als Folge des Dienstunfalls leide. Ein Befundbericht vom 28. Januar 2015 von Dr. med. …, Facharzt für psychotherapeutische Medizin, bei dem sich der Kläger seit dem Unfall in Behandlung befindet, wurde vorgelegt. Darin ist unter anderem ausgeführt: „Der bisherige Behandlungsverlauf war dabei insgesamt sehr wechselhaft und schwankend. Trotz wöchentlich durchgeführter Therapiesitzungen kam es (beim Kläger) bisher noch nicht zu einer durchgreifenden Besserung der schweren posttraumatischen Belastungsstörung.“ (Bl. 223 BA)

Die daraufhin von dem Beklagten eingeholte Stellungnahme vom 15. Juli 2015 von Dr. med. …, bei dem er dazu Stellung nahm, ob die Ausführungen des klägerischen Anwalts eine weiterhin bestehende MdE von 40 v. H. aufgrund von Dienstunfallfolgen begründeten, ergab, dass sich eine andere Beurteilung seiner Ansicht nach nicht begründen ließe (Bl. 234 BA).

Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2015, zugestellt am 6. August 2015, wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. Juni 2015 zurück. Er führte aus, zu dem vom Kläger vorgelegten fachärztlichen Befundbericht eine Stellungnahme des leitenden Arztes der Dienststelle … des Bundeseisenbahnvermögens, Oberbahnarzt Dr. med. …, eingeholt zu haben. Dieser habe in seinen Ausführungen vom 15. Juli 2015 festgestellt, das Vorbringen vom 6. Juli 2015 sei nicht geeignet, weiter eine MdE von 40 v. H. Zu begründen. Das Gutachten von Dr. med. … vom 22. Mai 2015 sei ausführlich und durch die dokumentierte Befunderhebung einschließlich Testuntersuchungen gut begründet. Die gutachterlichen Bewertungen, insbesondere auch bezüglich der MdE seien schlüssig. Neue medizinische Aspekte ergäben sich aus den eingereichten Unterlagen nicht. Der Beklagte kommt daher zum Ergebnis, der Kläger habe daher keinen Anspruch auf Festsetzung eines höheren Grades der MdE als 30%. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen (Bl. 44-48 GA).

5. Mit Schriftsatz vom 7. September 2015, bei Gericht per Telefax eingegangen am selben Tag, ließ der Kläger Klage erheben mit den in der mündlichen Verhandlung konkretisierten Anträgen:

I. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Unfallausgleich aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 v. H. unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 15. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2015 zu gewähren.

II.

Der Bescheid des Beklagten vom 24. Juni 2015 im Verfahren Az. … in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2015 wird aufgehoben.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass beim Kläger aufgrund des Unfallereignisses vom 8. Februar 2013 wegen der unfallbedingten posttraumatischen Belastungsstörungen eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit von durchgehend bis auf Weiteres 50 v. H. vorliege. So sei der von dem Beklagten beauftragte Gutachter Dr. med. … in seinem Gutachten vom 17. Februar 2014 zu dem Ergebnis gelangt, beim Kläger liege aufgrund des Unfallereignisses eine Gesamt-MdE von 50 v. H. vor. Der Beklagte habe sich über dessen Beurteilung hinweggesetzt. Dies sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger befinde sich in permanenter Behandlung bei dem Facharzt Dr. med. …, der ebenfalls aufgrund seiner vielen Behandlungen zu dem Ergebnis gekommen sei, es sei von mindestens einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 v. H. auszugehen. Der Beklagte habe, nachdem er offenkundig das Ergebnis ihres eigenen Gutachters Dr. med. … nicht habe akzeptieren wollen, Frau Dr. med. …mit einer Begutachtung beauftragt, welche in nicht nachvollziehbarer Weise zu dem Ergebnis gelangt sei, beim Kläger liege vom 8. Februar 2013 bis 18. März 2015 eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 v. H. und ab 19. März 2015 und weiterhin von nur 30 v. H. vor. Diese Beurteilung sei gänzlich unschlüssig, da Frau Dr. med. … ihre Ansicht darauf stütze, dass der Kläger am Untersuchungstag von … nach … mit dem Auto gefahren sei und angegeben habe, einen Kriminalroman gelesen zu haben. Auf die weiteren Ausführungen wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 25. September 2015 beantragte der Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung werden im Wesentlichen die in den Widerspruchsbescheiden gemachten Ausführungen wiederholt. Ergänzend wird unter anderem ausgeführt, nach Auffassung des Beklagten wiesen die fachärztlichen Beurteilungen im Gutachten von Dr. med. … vom 17. Februar 2014 mit ergänzender Stellungnahme vom 2. Oktober 2014 und dem Gutachten von Dr. med. … vom 22. Mai 2015 keine erkennbaren Mängel auf, sie seien sachverständig und plausibel. Die Einholung eines weiteren Gutachtens sei daher entbehrlich.

6. Mit Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales, Regierung Mittelfranken, Versorgungsamt …, vom 12. August 2015 wurde gegenüber dem Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt. In der Begründung heißt es „Der GdB wurde nach der versorgungsärztlichen Auswertung aller dokumentierten medizinischen Befunde beurteilt. Die Beurteilung richtet sich nach den ‘Versorgungsmedizinischen Grundsätzen‘ (…) Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen liegen der versorgungsärztlichen Beurteilung nachstehende Gesundheitsstörungen vor:

1. Posttraumatische Belastungsstörung mit kognitiver Beeinträchtigung, depressive Verstimmung (Einzel-GdB: 50)

2. Bluthochdruck (Einzel-GdB: 10)

3. Funktion Behinderung der Wirbelsäule (Einzel-GdB: 10)

4. Diese Gesundheitsstörungen bedingen einen Gesamt-GdB von 50.“

Aus den beigezogenen Unterlagen des Zentrums Bayern Familie und Soziales ergibt sich, dass die ärztliche Stellungnahme nach Aktenlage erfolgte (Bl. 34 ZBFS-Akte). Aus den Unterlagen ergibt sich zudem, dass folgende Unterlagen vom Kläger vorgelegt worden sind: Der ärztliche Entlassungsbericht der Rehabilitationseinrichtung …Kliniken GmbH vom 20. August 2013, ein Befundbericht von Dr. med. … vom 30. April 2015, ein Bericht von Dr. … vom 3. Juni 2015 sowie das nervenärztliche Gutachten von Dr. med. … vom 17. Februar 2014. Aus den beigezogenen Unterlagen wird die Vorlage weiterer Stellungnahmen nicht ersichtlich.

7. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 ließ der Kläger erwidern, er habe das Unfallereignis bis zum heutigen Tage nicht verarbeitet. Er leide noch ganz erheblich unter den posttraumatischen Belastungsstörungen. Er sei einmal wöchentlich in Behandlung bei dem Facharzt Dr. med. … Auch dieser sei der Ansicht, dass beim Kläger weiterhin von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 v. H. auszugehen sei. Dr. med. … habe sich in seiner Stellungnahme vom 26. September 2015 auch mit dem Gutachten von Frau Dr. med. … auseinandergesetzt und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass deren Ausführungen fehlerhaft seien. Herr Dr. med. … habe höherrangige Erkenntnisse, da er den Kläger allwöchentlich behandle und demzufolge das Krankheitsbild wesentlich besser einschätzen könne als Frau Dr. med. … Es sei daher unerlässlich, dass seitens des Gerichts ein neutrales Gutachten zum Beweis dafür eingeholt werde, dass beim Kläger unfallbedingt auf Dauer eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 v. H. vorliege. Dieser Beweisantrag werde ausdrücklich gestellt. Auf die beiliegende fachärztliche Stellungnahme vom 26. September 2015 wird Bezug genommen (Bl. 65 GA). Ergänzend wurde ein Bescheid des Versorgungsamtes vom 12. August 2015 vorgelegt. Aus diesem ergebe sich, dass beim Kläger die unfallbedingten posttraumatischen Belastungsstörungen schon zu einem Einzel-GdB von 50 geführt hätten. Auch aus diesem Bescheid werde deutlich, dass der Kläger massiv unter der unfallbedingten Belastungsstörung leide.

Mit Schriftsatz vom 1. März 2016 trug der Kläger weiter vor, dass sich der Zustand des Klägers in keiner Weise verbessere. Er leide nach wie vor infolge des Dienstunfalls unter nahezu unveränderten schweren posttraumatischen Belastungsstörungen. Auf den beigefügten fachärztlichen Befundbericht vom 26. Februar 2016 von Dr. med. … wird Bezug genommen (B. 80 GA). Zudem ließ der Kläger mitteilen, er habe sich nunmehr auf eigene Kosten zur Behandlung in eine Naturheilpraxis in … begeben. Die dortige Behandlungsdauer dauere schon seit ca. einem Jahr an, habe jedoch keine Besserung gebracht.

Mit Schreiben vom 3. Januar 2017 teilte der Klägervertreter mit, der Kläger sei aufgrund der unfallbedingten schweren posttraumatischen Belastungsstörungen nicht in der Lage den Gerichtstermin am 25. Januar 2017 persönlich wahrzunehmen. Dabei verwies er auf das beigefügte Attest des Facharztes für psychotherapeutische Medizin, Dr. med. … vom 2. Januar 2017. Darin heißt es, der Kläger befinde sich seit dem 27. Februar 2013 fortlaufend in seiner psychotherapeutischen Behandlung. Bei dem Kläger bestehe als Folge des Dienstunfalls vom 8. Februar 2013 weiterhin eine schwere posttraumatische Belastungsstörung. Er sei durch diese schwere seelische Krankheit psychisch massiv beeinträchtigt und in „keinster“ Weise belastbar. Es sei ihm aus diesem Grund auch nicht möglich, an der angesetzten Gerichtsverhandlung teilzunehmen, da ihn diese psychisch viel zu sehr belasten würde und zu einer völligen psychischen Dekompensation führen könnte. Auf das entsprechende Attest wird Bezug genommen (Bl. 87 BA). Der Klägervertreter führt aus, durch die Einvernahme des behandelnden Arztes bzw. ein neutrales gerichtliches Gutachten könne der Nachweis geführt werden, dass der Kläger unfallbedingt erwerbsgemindert sei, ausgehend von einem Grade vom mindestens 50 v. H. Die Einholung eines neutralen gerichtlichen Gutachtens sei für das Verfahren unerlässlich.

In der mündlichen Verhandlung stellt der Klägervertreter folgenden Hilfsbeweisantrag:

Zum Beweis der Tatsache, dass beim Kläger unfallbedingt seit dem Unfallereignis ein Grad der Erwerbsminderung von 50 vorliegt, wird beantragt die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie nach Auswahl des Gerichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtssowie beigezogenen Behördenakten und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die Klagen sind zulässig, aber unbegründet.

1. Der Klageantrag Nummer I. ist als Verpflichtungsklage zulässig, der Klageantrag Nummer II. als Anfechtungsklage. In beiden Fällen wurde das nach § 126 Abs. 2 Bundesbeamtengesetz (BBG) erforderliche Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Der Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2015 wurde am 5. August 2015, der Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2015 am 6. August 2015 zugestellt. Mit Klageeingang am 7. September 2015 wurde die Klagefrist gewahrt, da der 5. bzw. 6. September 2015 auf ein Wochenende fielen und sich daher die Klagefrist bis zum 7. September 2015 verlängerte, § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 193 BGB.

2. Die Klagen sind jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Unfallausgleich nach § 35 Abs. 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) in Höhe von 50 v. H. Die Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung eines Unfallausgleichs aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 v. H. ist unbegründet, da dem Kläger ein Anspruch in dieser Höhe nicht zusteht und er durch die Ablehnung des Verwaltungsaktes daher nicht in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO (a). Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 24. Juni 2015 ist ebenfalls unbegründet, da der Bescheid rechtmäßig ist und der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (b).

a) Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erhält ein Beamter, der infolge eines Dienstunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25% gemindert ist, einen Unfallausgleich, solange dieser Zustand andauert. Dabei bestimmt sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben, § 35 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG.

Beim Kläger wurde mit Bescheid vom 13. Februar 2013 das Überfahren einer Suizidantin im Rahmen seiner Tätigkeit als Triebfahrzeugführer als Dienstunfall anerkannt. Es ist unstrittig, dass der Kläger durch diesen Dienstunfall in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert ist. Zwischen den Beteiligten ist jedoch streitig, in welcher Höhe der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Der Beklagte ist nach Einholung verschiedener Gutachten zur Auffassung gelangt, dass die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit 40 v. H. vom Ereignis des Dienstunfalls an bis Ende Juni 2015 beträgt. Der Kläger ist hingegen aufgrund der Aussagen des Gutachtens von Dr. med. … vom 17. Februar 2014, des Bescheides des Zentrums Bayern Familie und Soziales sowie Berichten seines Facharztes für psychotherapeutische Medizin, Dr. med. …, der Auffassung, dass die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit 50 v. H. beträgt. Das Gericht ist nach Prüfung der Gutachten zu der Überzeugung gelangt, dass die Bemessung der Höhe des Unfallausgleichs an einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 v. H. ab Eintritt des Dienstunfalls bis zum Erlass des Bescheides am 24. Juni 2015 rechtmäßig ist. Das Gericht legt hierbei die Feststellungen in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen als Orientierungsmaßstab zugrunde. Diese werden auf Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze evidenzbasierter Medizin erstellt und fortentwickelt, vgl. Einleitung der Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV). Die Verordnung regelt die Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen und dient als Anhaltspunkt sowie antizipiertes Sachverständigengutachten auch für den Begriff der Minderung der Erwerbsfähigkeit, soweit sie damit im Einklang stehen (BayVGH, B.v. 1.2.2013 - 3 ZB 11.1166; BayVGH, B. v. 22.10.2015 - 3 ZB 13.1258).

In dem Gutachten von Dr. med. …, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, vom 17. Februar 2014 kommt dieser zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine mittelschwere posttraumatische Persönlichkeitsveränderung vorliegt, die aus Sicht des nervenärztlichen Fachgebietes eine MdE von 40% begründet (Bl. 73, 74 BA). Zudem erkennt er eine leichte kognitive Beeinträchtigung beim Kläger mit einer zusätzlichen MdE von 10% an, die er den 40% zuschlägt, so dass er zu einer Gesamt-MdE von 50% kommt. In Anbetracht dessen, dass nach Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 - versorgungsmedizinische Grundsätzen - in Teil A Ziff. 3 a festgehalten ist, dass bei Ermittlung des Gesamt-GdS durch alle Funktionsbeeinträchtigungen die einzelnen Werte nicht addiert werden dürfen, sondern die Auswirkungen der Einzelfunktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehung zueinander für die Bestimmung der Gesamt-GdS maßgebend sind, erkannte der stellvertretende leitende Arzt der Dienststellen …, Dr. med. … …, dem Kläger nur eine MdE von 40 v . H. zu, ohne inhaltliche Bedenken gegen das Gutachten von Dr. med. … zu haben (Bl. 78 BA). Dieser erläuterte in einer Stellungnahme vom 2. Oktober 2014, dass er die vorliegende Gedächtnisstörung des Klägers als zusätzliches Risiko und daher als zusätzliche Beeinträchtigung auffasse, er jedoch der Argumentation, dass die diagnostizierte leichte kognitive Beeinträchtigung als Symptom der posttraumatischen Belastungsstörung aufzufassen sei, durchaus zugänglich ist. In diesem Fall würde er der Festlegung der MdE auf 40% nicht widersprechen (Bl. 17 f. BA). Auch aus der Stellungnahme des leitenden Arztes der Dienststelle … Dr. med. … geht hervor, dass dieser eine MdE von 40% für angemessen hält. Schließlich gelangt auch Frau Dr. med. … in ihrem ausführlichen Gutachten vom 30. Januar 2015 zu der Auffassung, dass beim Kläger ursprünglich eine MdE von 40% vorlag (Bl. 177 - 194 BA). Ihr Gutachten wurde dabei neben einer eigenen Untersuchung auf Grund der vorliegenden Aktenlage unter Berücksichtigung der fremden Stellungnahmen getroffen. Die Gutachten sind schlüssig und nachvollziehbar. Auch das Gutachten von Dr. med. … … vom 17. Februar 2014 ist seinem Inhalt nach nachvollziehbar. Der Schlussfolgerung hingegen, eine MdE von 50 v. H. anzunehmen, folgt das Gericht nicht. Dabei ist dem Gericht bewusst, dass Teil A Ziff. 3 a Anlage zu § 2 VersMedV im Rahmen der Gesamtbildung des Grads der Schädigungsfolgen eine reine Addition der Einzelgrade zwar verbietet, in Ziff. 3 d jedoch ausdrücklich klarstellt, dass die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander unterschiedlich sein können. Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können sowohl voneinander unabhängig sein (Ziff. 3 d aa) als auch sich überschneiden (Ziff. 3 d cc). Die konkrete Bewertung muss dabei stets auf die Besonderheiten der MdE des betroffenen Beamten abstellen (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2013 - 3 ZB 11.1166; BayVGH, B.v. 22.10.2015 - 3 ZB 13.1258).

Aus den Gutachten, auch aus dem Gutachten von Dr. med. … …, lassen sich keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die kognitive Beeinträchtigung von derartiger Schwere ist, dass sie die MdE erhöht. So kommt auch letzteres Gutachten zu dem Ergebnis, dass eine mittelschwere posttraumatische Belastungsstörung vorliegt. Eine MdE bzw. GdS von mind. 50 v. H. ist nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen, Teil B Nr. 3.7 Anlage zu § 2 VersMedV, jedoch erst bei schweren Störungen wie z.B. schweren Zwangskrankheiten vorgesehen. Hierzu führt das besagte Gutachten jedoch nichts aus, so dass bei Zugrundelegung der in dem Gutachten festgestellten Symptome eine MdE von 40 v. H. nachvollziehbar ist, nicht jedoch eine darüber hinausgehende Erwerbsfähigkeitsminderung. Dieses Ergebnis entspricht auch dem in Teil A Ziff. 3 d ee Anlage zu § 2 VersMedV enthaltenen Grundsatz, dass zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdS von 10 bedingen, - von Ausnahmefällen abgesehen - nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen. Auch Herr Dr. med. … geht in seinem Gutachten von einer leichter kognitiven Beeinträchtigung aus. Ein Ausnahmefall ist weder dargelegt, noch ersichtlich.

An der Schlüssigkeit der Gutachten, die nach Überzeugung des Gerichts eine MdE von 40 v. H. begründen, ändert der Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 12. August 2015 nichts. Für die Erstellung des Bescheides hat die Behörde den Kläger nicht nochmals untersuchen lassen. Vielmehr hat sie den Grad der Behinderung nur nach den dokumentierten medizinischen Befunden beurteilt. Aus den beigezogenen Behördenakten ergibt sich, dass dem Zentrum Bayern Familie und Soziales das Gutachten von Dr. med. … … vom 17. Februar 2014, der ärztliche Entlassungsbericht vom 20. August 2013, ein Bericht von Dr. med. … und von Dr. med. …, Facharzt für Allgemeinmedizin zugrunde lag. Dem Zentrum Bayern Familie und Soziales lagen zur Beurteilung hingegen nicht vor die zweite Stellungnahme von Dr. med. … vom 2. Oktober 2014, die Stellungnahmen von Dr. med. … vom 28. März 2014 und vom 28. Oktober 2014, ebensowenig wie das Zweitgutachten von Dr. med. …vom 22. Mai 2015, so dass bereits die weniger ausführlichen Befundgrundlagen das - weniger fundierte - Ergebnis des Zentrums Bayern Familie und Soziales begründen. Aufgrund der geringeren Fundiertheit ist es schon nicht geeignet, die MdE von 40 v. H. in Frage zu stellen. Auch die Befundberichte von Dr. med. … sind nicht geeignet, die obigen Gutachten in Frage zu stellen und eine MdE von 50 v. H. zu Grunde zu legen. Diese Befundberichte setzen sich nicht mit den von der Beklagten eingeholten Gutachten auseinander. Sie stellen nur eine andere These auf, ohne sich dabei mit den Ausführungen in den o.g. Gutachten detailliert auseinanderzusetzen oder objektiv überprüfbare Maßstäbe zu benennen, an denen die Diagnose und vor allem der Schweregrad der MdE festgemacht werden. Wie Dr. med. … in seinem Gutachten vom 26. September 2015 zu der Einschätzung gelangt, dass beim Kläger weiterhin eine MdE von 50 v. H. vorliege, ist nicht nachvollziehbar dargelegt; so findet beispielsweise schon keine vertiefte Auseinandersetzung mit den Beschwerden des Klägers statt.

Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag war bereits deswegen nicht stattzugeben, da es sich hierbei nicht um einen Beweisantrag im Sinne von § 86 Abs. 2 VwGO handelte. Ein solcher Beweisantrag ist nur ein Antrag, der zum Beweis bestimmter Tatsachen bestimmte Beweismittel benennt, §§ 98 VwGO, 403 ZPO. Die Frage, ob beim Kläger unfallbedingt seit dem Unfallereignis ein Grad der Erwerbsminderung von 50 vorliegt, stellt jedoch keine Tatsache, sondern eine rechtliche Bewertung dar. Mangels einer unter Beweis gestellten Beweistatsache ist der Antrag daher untauglich und war schon aus diesem Grunde abzulehnen. Der Beweisantrag war aber auch deswegen abzulehnen, da über Art und Anzahl der einzuholenden Sachverständigengutachten das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet, § 98 VwGO, § 412 ZPO. Nachdem die bereits von der Beklagtenseite eingeholten Gutachten keine erkennbaren Mängel aufweisen oder sonstiger Anlass zu Zweifeln besteht (vgl. Darlegungen oben), kann sich das Gericht auf die bereits von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten und deren Ausführungen stützen. Dabei ist zu beachten, dass die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässige Beweismittel darstellen, da sie vorliegend inhaltlich und nach der Person des Sachverständigen den Anforderungen entsprechen, die an ein gerichtliches Gutachten zu stellen sind. Die von der Verwaltungsbehörde bestellten Gutachter sind damit grundsätzlich als objektiv urteilende Gehilfen der das öffentliche Interesse wahrenden Verwaltungsbehörde und nicht als parteiische Sachverständige anzusehen, BVerwG, U.v. 15.4.1964 - VI C 45.61.

b) Der Bescheid vom 24. Juni 2015 ist ebenfalls rechtmäßig und der Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist. Dem Kläger steht mit Ablauf des Monats Juni 2015 die Zahlung eines Unfallausgleichs nur noch aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 30. v. H. zu.

Die Voraussetzungen für die Neufeststellung des Unfallausgleichs liegen vor. Nach § 35 Abs. 3 BeamtVG wird der Unfallausgleich neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung liegt vor, wenn eine Minderung oder Erhöhung des Grades der Erwerbsfähigkeit um mindestens 10 v. H. voraussichtlich länger als sechs Monate anhalten wird (BeamtVGVwV I. Allgemeine Verwaltungsvorschrift, Tz.35.3.1 Satz 4). Dies setzt voraus, dass sich der durch den Dienstunfall eingetretene Gesundheitszustand tatsächlich auch geändert hat, nicht lediglich dessen ärztliche Beurteilung, (BVerwG, B.v. 16.9.1980 - 6 B 44.80; BayVGH U.v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426; BayVGH B.v. 7.1.2015 - 3 ZB 12.1391). Nach Ziff. 35.3.4 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz tritt die Minderung des Unfallausgleichs mit Ablauf des Monats ein, in dem der Änderungsbescheid zugestellt wird.

In ihrem Gutachten vom 22. Mai 2015 kommt die Gutachterin Dr. med. … zu dem Ergebnis, dass im Vergleich zu den bisherigen Beurteilungen eine Änderung bei den Unfallfolgen eingetreten ist. Danach hat sich der psychische Befund des Klägers gebessert. Eine in deutlicher Rückbildung befindliche posttraumatische Belastungsstörung wurde diagnostiziert. Die von der Gutachterin erzielten Untersuchungsbefunde erlauben keine MdE von mehr als 30 v. H. Die von der Beklagten hierzu eingeholte Stellungnahme von Dr. med. … hält das Gutachten für plausibel und nachvollziehbar. Das Gericht folgt den überzeugenden und in sich schlüssigen Ausführungen des Gutachtens. Es ist nachvollziehbar und weist keine offen erkennbaren Mängel auf. Der Gutachterin lagen die bis dahin erhobenen Atteste und Gutachten vor, die sie ihrer Untersuchung auch zu Grunde gelegt hat. Aufgrund einer persönlichen Untersuchung des Klägers hat die Gutachterin zudem einen umfassenden Untersuchungsbefund erstellt. Die Folgerungen beruhen auf eigenen medizinischen Erkenntnissen sowie auf Befunden, die nachvollziehbar im Gutachten angegeben sind. Weder die Arztberichte von Dr. med. … (dazu bereits oben unter 2. a) noch die Behauptungen des klägerischen Anwalts können das Gutachten durchgreifend in Frage stellen. So sind gerade auch die vom klägerischen Anwalt bemängelten Folgerungen nachvollziehbar. Es ist einsichtig, dass es gegen eine schwere posttraumatische Belastungsstörung spricht, wenn der Kläger in seiner Freizeit Krimis liest und sich dadurch freiwillig emotionalen Belastungen aussetzt anstatt die Konfrontation mit negativen Lebensereignissen zu vermeiden. Ebenso ist die Schlussfolgerung einleuchtend, dass ein Autofahrer keine relevante kognitive Störung hat, weil zum Autofahren ein gewisses Reaktionsvermögen unerlässlich ist, da andernfalls Unfälle die zwingende Folge wären. Darüber hinaus entspricht eine Verbesserung der psychischen Folgen auch dem Regelverlauf der posttraumatischen Belastungsstörung. So nehmen die Beschwerden grundsätzlich im zeitlichen Verlauf und unter Therapie an Intensität ab, vgl. Schneider/Nugel in NJW 2014, 2977 (2981). Auch hält Dr. med. … bereits in seinem (Erst-)Gutachten vom 17. Februar 2014 fest, dass posttraumatische Belastungsstörungen im Rahmen weiterer therapeutischer Bemühungen auch einen natürlicherweise günstigen Verlauf nehmen können. Ebenso hält Dr. med. … in ihrem Gutachten fest, dass psychoreaktive Erkrankungen in der Regel einen Decrescendoeffekt haben, also ein weiterer Rückgang der Symptomatik zu erwarten ist. Auch vor diesem Hintergrund ist das von Dr. med. …gefundene Ergebnis, dass im Vergleich zu den bisherigen Beurteilungen eine Änderung eingetreten ist und nur noch eine MdE von 30 v. H. vorliegt, nachvollziehbar und schlüssig. Auch hier erübrigt sich daher die Einholung eines weiteren Gutachtens. Die hierzu oben unter 2.a) gemachten Ausführungen sind übertragbar.

Da der Bescheid dem Kläger am 27. Juni 2015 zugestellt wurde, war die Minderung des Unfallausgleichs - wie vorliegend geschehen - mit Ablauf des Monats Juni 2015 anzusetzen.

Nach alledem sind die Klagen unbegründet und abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 74


(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erho

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Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 412 Neues Gutachten


(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet. (2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 193 Sonn- und Feiertag; Sonnabend


Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerk

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 44 Dienstunfähigkeit


(1) Die Beamtin auf Lebenszeit oder der Beamte auf Lebenszeit ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist

Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV | § 2 Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“


Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung#F1_771649als deren Bestandteil festgelegt.

Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG | § 35 Unfallausgleich


(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt ei

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(1) Die Beamtin auf Lebenszeit oder der Beamte auf Lebenszeit ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist.

(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn ein anderes Amt, auch einer anderen Laufbahn, übertragen werden kann. Die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung ist zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass die Beamtin oder der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügt.

(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann einer Beamtin oder einem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.

(4) Zur Vermeidung einer Versetzung in den Ruhestand kann die Beamtin oder der Beamte nach dem Erwerb der Befähigung für eine neue Laufbahn auch ohne Zustimmung in ein Amt dieser Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt versetzt werden, wenn eine dem bisherigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist. Das neue Amt muss derselben Laufbahngruppe zugeordnet sein wie das derzeitige Amt. Für die Übertragung bedarf es keiner Ernennung.

(5) Die Beamtin oder der Beamte, die oder der nicht die Befähigung für eine andere Laufbahn besitzt, ist verpflichtet, an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.

(6) Bestehen Zweifel über die Dienstunfähigkeit, besteht die Verpflichtung, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen und, falls dies aus amtsärztlicher Sicht für erforderlich gehalten wird, auch beobachten zu lassen.

(7) Gesetzliche Vorschriften, die für einzelne Gruppen von Beamtinnen und Beamten andere Voraussetzungen für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit bestimmen, bleiben unberührt.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich. Dieser wird in Höhe der Grundrente nach § 31 Absatz 1 bis 3 in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz des Bundesversorgungsgesetzes gewährt. Wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Feststellung gestaffelt eingeschätzt, ist der Unfallausgleich in Höhe desjenigen Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu zahlen, der wenigstens sechs Monate Bestand hat.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im Allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Hat bei Eintritt des Dienstunfalles eine abschätzbare Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bestanden, so ist für die Berechnung des Unfallausgleichs von der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten, die unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalles bestand, auszugehen und zu ermitteln, welcher Teil dieser individuellen Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall gemindert wurde. Beruht die frühere Erwerbsminderung auf einem Dienstunfall, so kann ein einheitlicher Unfallausgleich festgesetzt werden.

(3) Der Unfallausgleich wird neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Zu diesem Zweck ist der Beamte verpflichtet, sich auf Anordnung der obersten Dienstbehörde durch einen von ihr bestimmten Arzt untersuchen zu lassen; die oberste Dienstbehörde kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen.

(4) Der Unfallausgleich wird auch während einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge gewährt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 23.786,88 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere rechtliche Schwierigkeiten) und des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide den Beklagten zur Gewährung eines erhöhten Ruhegehalts in gesetzlicher Höhe gem. Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG verpflichtet.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546 - juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - DVBl. 2004, 838 - juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

1.1. Der Kläger hat Anspruch auf die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts gemäß Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG (Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz vom 5. August 2010 - GVBl. S. 410, S. 528, berichtigt S. 764 - zuletzt geändert durch Art. 11 Haushaltsgesetz 2015/2016 vom 17.12.2014 - GVBl. S. 511).

Gemäß Art. 100 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG steht für die am 31. Dezember 2010 vorhandenen Unfallfürsorgeberechtigten ein vor dem 1. Januar 2011 erlittener Dienstunfall im Sinn des Beamtenversorgungsgesetzes in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung dem Dienstunfall im Sinne dieses Gesetzes gleich. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der am 12. Mai 2007 erlittene Dienstunfall des Klägers mit Bescheid des Beklagten vom 14. November 2007 gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG anerkannt wurde.

Gemäß Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG sind bei der Bemessung des Unfallruhegehalts nach Art. 53 BayBeamtVG 80 v. H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der übernächsten Besoldungsgruppe zugrunde zu legen, wenn ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung, mit der eine besondere Lebensgefahr verbunden ist, infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall erleidet und wenn er infolge dieses Dienstunfalls dauernd dienstunfähig ist und bei Versetzung in den Ruhestand infolge des Dienstunfalls in der Erwerbstätigkeit um mindestens 50 v. H. beschränkt ist. Dies gilt auch, wenn der Beamte in Ausübung des Dienstes durch einen tätlichen rechtswidrigen Angriff einen Dienstunfall mit den genannten Folgen erleidet.

Voraussetzung für die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts gem. Art. 54 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ist ein Grad von mindestens 50 Prozent Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bei Eintritt in den Ruhestand. Maßgeblich sind hierbei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu dem Zeitpunkt, zu dem der Beamte in den Ruhestand versetzt werden soll (Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, § 37 Rn. 53/Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 37 Rn. 70).

Soweit das Verwaltungsgericht aufgrund der in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Sachverständigen zu der Überzeugung gelangt ist, dass beim Kläger infolge des Dienstunfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Gesamt-MdE von mindestens 50 v. H. bestanden hat, da sich die Funktionsbeeinträchtigungen auf verschiedenen medizinischen Gebieten nicht überschnitten, sondern gegenseitig verstärkten, ist das rechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht ging das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Beurteilung für die Beeinträchtigung auf neurochirurgischem Fachgebiet von einer Einzel-MdE von 25 v. H. ab 12. Mai 2008 aus. Unstreitig zwischen den Parteien war auch die Feststellung einer Einzel-MdE von 40 v. H. auf psychiatrischem Fachgebiet wegen der als weitere Dienstunfallfolge mit Bescheid vom 22. November 2011 zwischenzeitlich anerkannten posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Da sich die beim Kläger gutachterlich festgestellten Grade der Einzel-MdE auf Beeinträchtigungen verschiedener medizinischer Fachgebiete bezogen, war ein Grad der Gesamt-MdE zu bestimmen. Danach war im vorliegenden Fall von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-MdE-Grad bedingt (hier: 40 v. H. auf psychiatrischem Fachgebiet) und dann zu prüfen, inwieweit sich diese im Hinblick auf die weitere Funktionsbeeinträchtigung (hier: 25 v. H. auf neurochirurgischem Fachgebiet) erhöht (vgl. Teil A Ziffer 3 c der versorgungsmedizinischen Grundsätze - VmG - nach der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 - Anlage zum BGBl. I Nr. 57 v. 15.12.2008 - Anlage zum BGBl. I Nr. 57 v. 15.12.2008; BayVGH, U.v.11.1.2000 - 3 B 96.707 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 19.1.2011 - OVG - 4 B 32.10 - juris).

Im Rahmen seiner Entscheidung hat sich das Gericht ausführlich und nachvollziehbar mit den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. W., Dr. B. und Dr. S. in der mündlichen Verhandlung auseinander gesetzt, die auf der Grundlage der jeweils gefertigten Gutachten erfolgten. Es schloss sich insofern den schlüssigen Erläuterungen des Sachverständigen Prof. Dr. W. an, der ausgeführt hatte, dass sich die unmittelbaren Funktionsbeeinträchtigungen nicht überlappen würden, sondern klar unterschieden werden könnten. Der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen sei beim Kläger eher auf einer kausalen Ebene angesiedelt, da dieser durch seine körperlichen Beschwerden ständig an das Unfallereignis erinnert werde, was wiederum die psychische Komponente verstärke. Auf dieser Grundlage kam der Sachverständige Prof. Dr. W. zu einer Einschätzung der Gesamt-MdE von knapp über 50 v. H. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das Gericht auch dargelegt, warum bei genauerer Betrachtungsweise ein Widerspruch zu den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. gerade nicht besteht. Eine Schnittfläche bzw. Schnittmenge der Funktionsbeeinträchtigungen auf den verschiedenen medizinischen Fachgebieten - wie von Dr. S. festgestellt - sei insofern nicht zu verneinen, als sich körperliche Beschwerden, zumal wenn sie dauerhafter Natur sind, selbstverständlich auf das seelische Wohlbefinden auswirken und in diesem Sinne eine vorhandene psychische Erkrankung oder Störung verstärken könnten. Umgekehrt sei auch nachvollziehbar, dass eine psychische Erkrankung dazu führen könne, dass körperliche Beschwerden je nach der psychischen Konstitution des Betroffenen stärker empfunden würden. Das Gericht folgte insoweit zwar den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. W. und Dr. B., wonach sich die Funktionsbeeinträchtigungen beim Kläger nicht überschnitten, sondern gegenseitig verstärkten, es legte seiner Einschätzung aber keine reine Addition der Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde, wie sie letztlich vom Sachverständigen Dr. B. vorgenommen wurde. Dieser ging nämlich von einer Gesamt-MdE von 65 v. H. aus.

Das Verwaltungsgericht stellte - der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. W. folgend - eine Gesamt MdE von knapp über 50 v. H. zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung fest. Insofern kann auch der Einwand des Beklagten, das Gericht würde mit seiner Schlussfolgerung gegen sozialmedizinische Grundsätze verstoßen, nicht durchgreifen. Ziff. 3 a Anlage zu § 2 VersMedV verbietet zwar im Rahmen der Gesamtbildung des Grads der Schädigungsfolgen eine reine Addition der Einzelgrade, stellt aber in Ziff. 3 d ausdrücklich klar, dass die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander unterschiedlich sein können. Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können sowohl voneinander unabhängig sein (Ziff. 3 d aa) als auch sich überschneiden (Ziff. 3 d cc). Die konkrete Bewertung muss dabei stets auf die Besonderheiten der MdE des betroffenen Beamten abstellen (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2013 - 3 ZB 11.1166 - juris Rn. 13). Der Grad der MdE ist aufgrund eines ärztlichen Gutachtens festzustellen (vgl. Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG Erl. 7.1. zu § 35). Dabei bilden allgemeine Erfahrungssätze, in Tabellen und Empfehlungen enthaltene Richtwerte, also antizipierte Sachverständigengutachten, in der Regel die Basis für die Bewertung der MdE durch den Sachverständigen. Bei allen Richtwerten handelt es sich um Orientierungshilfen (vgl. Plog/Wiedow, BeamtVG, Rn. 10 c und 10 d zu § 35). Der Sachverständige kann bei der Einschätzung der MdE die Anlage zu § 2 der VersMedV zur Orientierung oder als Richtwert heranziehen, er muss es aber schon deshalb nicht, weil der Katalog der VersMedV nicht die MdE des BeamtVG als Maßstab zugrunde legt (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2013 a. a. O. Rn. 15).

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, in derer Einschätzung der Gesamt-MdE grundsätzlich den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. W. und Dr. B. zu folgen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist diesen Ausführungen auch nicht substantiiert entgegengetreten. Unstreitig gehen beide Parteien vom Vorliegen einer Einzel-MdE von 25 v. H. auf neurochirurgischem Fachgebiet aus. Diese hatte der Sachverständige Dr. S. selbst im Gutachten des Klinikums I. vom 4. Dezember 2009 bestätigt. Auf den Einwand des Beklagten, bei der Verletzung des Klägers (Teilläsur der Ligamenta alaria dentis) handele es sich - wie vom Sachverständigen Dr. S. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - um eine einer Verstauchung vergleichbaren Verletzung, die sich innerhalb von drei Wochen bis sechs Monaten bei entsprechender Therapie wieder normalisiere, kann es deshalb im Hinblick auf die Bildung einer Gesamt-MdE nicht ankommen. Auch dem Vortrag des Sachverständigen Dr. S., dass sich nach der Fachliteratur die Beschwerden verlängerten, je länger das Entschädigungsverfahren dauere, es komme in der Regel auf die Motivation des Betroffenen an, musste sich das Verwaltungsgericht nicht anschließen. Der Sachverständigen Prof. Dr. W. erläuterte ausführlich im Rahmen der mündlichen Verhandlung (S. 4, 5 der Sitzungsniederschrift), welche verschiedenen Verfahren bei der Gutachtenerstellung durch verschiedene Personen angewandt würden, wobei sich die Plausibilität durch die Übereinstimmung der Symptomatik ergebe. Er kam insofern nachvollziehbar zu dem Schluss, dass es abwegig sei, dass der Kläger zur Erlangung sozialrechtlicher Vorteile derartige Symptome vorspiegle.

1.2. Der Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von erhöhtem Unfallruhegehalt steht auch nicht der Bescheid des Beklagten vom 2. Juli 2010 über die Gewährung von Unfallausgleich entgegen. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht verneint, dass von der dort in den Gründen enthaltenen Feststellung eines Gesamt-MdE von 30 v. H. eine Bindungswirkung für die streitgegenständliche Entscheidung über die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts ausgeht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen auf dieser Grundlage nicht.

1.2.1 Soweit der Beklagte auf die Bindungswirkung verweist, die sich aus der zwischenzeitlich eingetretenen rechtskräftigen Feststellung der Unanfechtbarkeit des Bescheids vom 2. Juli 2010 gem. § 121 Nr. 1 VwGO im erstinstanzlichen Urteil ergibt, so verkennt er, dass rechtskräftige Urteile nach dem Wortlaut der Vorschrift nur insoweit binden, als auch über den Streitgegenstand in der Sache entschieden worden ist. Dies ist nur dann der Fall, soweit das getroffene Urteil über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der behaupteten Anspruchsnorm reicht (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 121 Rn. 31 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Ob dem Kläger unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheids vom 2. Juli 2010 auf der Grundlage einer höheren Gesamt-MdE ein weiterer Unfallausgleich gemäß Art. 52 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG zugestanden hätte, wurde jedoch im vorliegenden erstinstanzlichen Urteil nicht entschieden. Die diesbezügliche Klage wurde als unzulässig abgewiesen, da der Bescheid vom 2. Juli 2010 bereits mangels Einhaltung der Klagefrist unanfechtbar war. Bei einem Prozessurteil erwächst nur die Entscheidung, dass dem prozessualen Anspruch das für die Klageabweisung maßgebliche prozessuale Hindernis (Nichteinhaltung der Klagefrist) entgegensteht, in Rechtskraft (vgl. Kopp, VwGO, 21. Auflage 2015, § 121 Rn. 19). Dies hat zur Folge, dass der Bescheid vom 2. Juli 2010 formell bestandskräftig geworden ist.

1.2.2 Im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass der bestandskräftige Bescheid vom 2. Juli 2010, der für die Festsetzung des Unfallausgleichs eine Gesamt - MdE von 30 v. H. zugrunde legt, dem Anspruch des Klägers auf erhöhtes Ruhegehalt gem. Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG, der eine Gesamt - MdE von mindestens 50 v. H. voraussetzt, nicht entgegensteht.

Mit Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 2. Juli 2010 wurde festgestellt, dass dem Kläger Unfallausgleich gemäß § 35 BeamtVG (ab 1.1.2011: Art. 52 BayBeamtVG) gewährt wird und zwar ab 12. Mai 2007 in Höhe von monatlich 118,- Euro, ab 1. Juli 2007 in Höhe von 119,- Euro, ab 1. Juli 2008 in Höhe von 120,- Euro und ab 1. Juli 2009 in Höhe von 123,- Euro. Die Gesamt-MdE wurde lediglich in den Gründen unter Bezugnahme der gutachterlichen Stellungnahme des Klinikums I. vom 30.6.2010 dargelegt. Als Grundlage hierfür waren die zu diesem Zeitpunkt festgestellten dienstunfallbedingten Körperschäden genannt, welche auch eine Anpassungsstörung des Klägers mit längerer depressiver Reaktion umfassten. Die Dienstunfallfolge der Anpassungsstörung, festgestellt mit Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 17. Oktober 2008, wurde mit Bescheid vom 22. November 2011 in die Dienstunfallfolge der posttraumatischen Belastungsstörung geändert und anerkannt, nachdem der Kläger gegen die ursprüngliche Festsetzung lediglich einer Anpassungsstörung Klage erhoben hatte. Der ursprüngliche Bescheid vom 17. Oktober 2008 wurde in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 12. März 2010 aufgehoben und als weitere Folge des Dienstunfalls eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt. Damit beruht der Bescheid vom 2. Juli 2010 noch auf der aufgehobenen Feststellung einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion mit einem Einzelgrad der MdE von 20 v. H. Im bestandskräftigen Bescheid vom 2. Juli 2010 erfolgte keine konkrete Festsetzung der Gesamt-MdE im Entscheidungssatz, so dass von einer entsprechenden Bindungswirkung auch nicht auszugehen ist. Die Bindung bezieht sich grundsätzlich nur auf den Entscheidungssatz, nicht auf die wesentlichen Gründe des VA, ebenso wenig auf Vorfragen und präjudizielle Rechtsverhältnisse, sofern diese nicht ausnahmsweise von einer gesetzlich angeordneten Feststellungswirkung erfasst werden (vgl. OVG NRW, U.v. 24.1.2011 - 1 A 2316/08 - juris Rn. 39). Die Feststellungswirkung tritt nur dann und nur insoweit ein, als dies durch die besonderen Rechtsvorschriften bestimmt ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2014, § 43 Rn. 31 und 26, 27). Eine solche gesetzliche Regelung (wie z. B in § 69 Abs. 2 SGB IX, wonach Feststellungen über den Grad der Behinderung nicht zu treffen sind, wenn eine Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung und den Grad einer auf ihr beruhenden Erwerbsminderung schon in einem Rentenbescheid, einer entsprechenden Verwaltungs- und Gerichtsentscheidung oder der für diese Entscheidungen zuständigen Dienststellen getroffen worden ist) findet sich jedoch in Art. 54 BayBeamtVG nicht. Vielmehr kam es für die Frage der Gesamt-MdE vorliegend auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung an. Hiervon geht auch der Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 13. Juli 2010 aus, der zwar feststellt, dass zum Zeitpunkt der Ruhestandversetzung lediglich eine MdE von 30 v. H. vorliegt, im Hinblick auf diese Feststellung aber nicht auf den Bescheid vom 2. Juli 2010 verweist. Das Verwaltungsgericht ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 2. Juli 2010 im Hinblick auf den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit für den Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung keine Bindungswirkung entfaltet.

1.3 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich auch nicht daraus, dass das Gericht lediglich eine Gesamt-MdE von mindestens 50 v. H. zugrunde gelegt hat ohne sich auf einen genauen Wert der Minderung der Erwerbsfähigkeit festzulegen. Für den verbliebenen Streitgegenstand (Anspruch auf erhöhtes Unfallruhegehalt gem. Art. 54 Abs. 1 BayBeamtVG) reicht die Feststellung des Vorliegens einer Gesamt-MdE von mind. 50 v. H. aus. Eine solche Feststellung entspricht auch dem Wortlaut des Gesetzes. Eine einmalige Unfallentschädigung nach Art. 62 BayBeamtVG, bei der es im Hinblick auf die Staffelung in Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG auf die genaue MdE ankommt, ist nicht Gegenstand des Verfahrens.

2. Besondere rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegen nicht vor. Soweit der Kläger hier auf seine Begründung zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung verweist, liegen diese aufgrund der Ausführungen unter Nr. 1 nicht vor.

3. Es besteht auch keine Divergenz gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 2012 (Az. 2 C 41/11 - juris) und zum Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. September 2008 (Az. 3 ZB 07.3125 - juris). Im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wurde zwar ausdrücklich klargestellt, dass die Rechtskraft des Urteils gem. § 121 Nr. 1 VwGO auch bindet, wenn und soweit sich die im Urteil entschiedene Frage (Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen des Unfallausgleichs) in einem späteren Verfahren mit anderem Streitgegenstand als Vorfrage stellt (Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen des erhöhten Unfallruhegehalts), vorliegend ist jedoch gerade nicht in der Sache (Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt) entschieden worden, vielmehr wurde die Klage auf höheren Unfallausgleich als unzulässig abgewiesen, worauf sich die Bindungswirkung gemäß § 121 Nr. 1 VwGO beschränkt. Gleiches gilt für den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. September 2008, in dem festgestellt wurde, dass die bereits rechtskräftig entschiedene Frage, ob ein Anspruch auf erhöhtes Unfallruhegehalt gem. § 37 BeamtVG vorliegt, Bindungswirkung für ein Verfahren auf Festsetzung der Versorgungsbezüge entfaltet. Auch dort war bereits in der Sache entschieden worden, während eine solche rechtskräftige Entscheidung im vorliegenden Verfahren gerade fehlt.

4. Der Zulassungsantrag war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 23.786,88 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere rechtliche Schwierigkeiten) und des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide den Beklagten zur Gewährung eines erhöhten Ruhegehalts in gesetzlicher Höhe gem. Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG verpflichtet.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546 - juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - DVBl. 2004, 838 - juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

1.1. Der Kläger hat Anspruch auf die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts gemäß Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG (Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz vom 5. August 2010 - GVBl. S. 410, S. 528, berichtigt S. 764 - zuletzt geändert durch Art. 11 Haushaltsgesetz 2015/2016 vom 17.12.2014 - GVBl. S. 511).

Gemäß Art. 100 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG steht für die am 31. Dezember 2010 vorhandenen Unfallfürsorgeberechtigten ein vor dem 1. Januar 2011 erlittener Dienstunfall im Sinn des Beamtenversorgungsgesetzes in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung dem Dienstunfall im Sinne dieses Gesetzes gleich. Diese Voraussetzungen liegen vor, weil der am 12. Mai 2007 erlittene Dienstunfall des Klägers mit Bescheid des Beklagten vom 14. November 2007 gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG anerkannt wurde.

Gemäß Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG sind bei der Bemessung des Unfallruhegehalts nach Art. 53 BayBeamtVG 80 v. H. der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der übernächsten Besoldungsgruppe zugrunde zu legen, wenn ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung, mit der eine besondere Lebensgefahr verbunden ist, infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall erleidet und wenn er infolge dieses Dienstunfalls dauernd dienstunfähig ist und bei Versetzung in den Ruhestand infolge des Dienstunfalls in der Erwerbstätigkeit um mindestens 50 v. H. beschränkt ist. Dies gilt auch, wenn der Beamte in Ausübung des Dienstes durch einen tätlichen rechtswidrigen Angriff einen Dienstunfall mit den genannten Folgen erleidet.

Voraussetzung für die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts gem. Art. 54 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ist ein Grad von mindestens 50 Prozent Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bei Eintritt in den Ruhestand. Maßgeblich sind hierbei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu dem Zeitpunkt, zu dem der Beamte in den Ruhestand versetzt werden soll (Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, § 37 Rn. 53/Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 37 Rn. 70).

Soweit das Verwaltungsgericht aufgrund der in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Sachverständigen zu der Überzeugung gelangt ist, dass beim Kläger infolge des Dienstunfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Gesamt-MdE von mindestens 50 v. H. bestanden hat, da sich die Funktionsbeeinträchtigungen auf verschiedenen medizinischen Gebieten nicht überschnitten, sondern gegenseitig verstärkten, ist das rechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht ging das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Beurteilung für die Beeinträchtigung auf neurochirurgischem Fachgebiet von einer Einzel-MdE von 25 v. H. ab 12. Mai 2008 aus. Unstreitig zwischen den Parteien war auch die Feststellung einer Einzel-MdE von 40 v. H. auf psychiatrischem Fachgebiet wegen der als weitere Dienstunfallfolge mit Bescheid vom 22. November 2011 zwischenzeitlich anerkannten posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Da sich die beim Kläger gutachterlich festgestellten Grade der Einzel-MdE auf Beeinträchtigungen verschiedener medizinischer Fachgebiete bezogen, war ein Grad der Gesamt-MdE zu bestimmen. Danach war im vorliegenden Fall von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-MdE-Grad bedingt (hier: 40 v. H. auf psychiatrischem Fachgebiet) und dann zu prüfen, inwieweit sich diese im Hinblick auf die weitere Funktionsbeeinträchtigung (hier: 25 v. H. auf neurochirurgischem Fachgebiet) erhöht (vgl. Teil A Ziffer 3 c der versorgungsmedizinischen Grundsätze - VmG - nach der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 - Anlage zum BGBl. I Nr. 57 v. 15.12.2008 - Anlage zum BGBl. I Nr. 57 v. 15.12.2008; BayVGH, U.v.11.1.2000 - 3 B 96.707 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 19.1.2011 - OVG - 4 B 32.10 - juris).

Im Rahmen seiner Entscheidung hat sich das Gericht ausführlich und nachvollziehbar mit den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. W., Dr. B. und Dr. S. in der mündlichen Verhandlung auseinander gesetzt, die auf der Grundlage der jeweils gefertigten Gutachten erfolgten. Es schloss sich insofern den schlüssigen Erläuterungen des Sachverständigen Prof. Dr. W. an, der ausgeführt hatte, dass sich die unmittelbaren Funktionsbeeinträchtigungen nicht überlappen würden, sondern klar unterschieden werden könnten. Der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen sei beim Kläger eher auf einer kausalen Ebene angesiedelt, da dieser durch seine körperlichen Beschwerden ständig an das Unfallereignis erinnert werde, was wiederum die psychische Komponente verstärke. Auf dieser Grundlage kam der Sachverständige Prof. Dr. W. zu einer Einschätzung der Gesamt-MdE von knapp über 50 v. H. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das Gericht auch dargelegt, warum bei genauerer Betrachtungsweise ein Widerspruch zu den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. gerade nicht besteht. Eine Schnittfläche bzw. Schnittmenge der Funktionsbeeinträchtigungen auf den verschiedenen medizinischen Fachgebieten - wie von Dr. S. festgestellt - sei insofern nicht zu verneinen, als sich körperliche Beschwerden, zumal wenn sie dauerhafter Natur sind, selbstverständlich auf das seelische Wohlbefinden auswirken und in diesem Sinne eine vorhandene psychische Erkrankung oder Störung verstärken könnten. Umgekehrt sei auch nachvollziehbar, dass eine psychische Erkrankung dazu führen könne, dass körperliche Beschwerden je nach der psychischen Konstitution des Betroffenen stärker empfunden würden. Das Gericht folgte insoweit zwar den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. W. und Dr. B., wonach sich die Funktionsbeeinträchtigungen beim Kläger nicht überschnitten, sondern gegenseitig verstärkten, es legte seiner Einschätzung aber keine reine Addition der Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde, wie sie letztlich vom Sachverständigen Dr. B. vorgenommen wurde. Dieser ging nämlich von einer Gesamt-MdE von 65 v. H. aus.

Das Verwaltungsgericht stellte - der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. W. folgend - eine Gesamt MdE von knapp über 50 v. H. zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung fest. Insofern kann auch der Einwand des Beklagten, das Gericht würde mit seiner Schlussfolgerung gegen sozialmedizinische Grundsätze verstoßen, nicht durchgreifen. Ziff. 3 a Anlage zu § 2 VersMedV verbietet zwar im Rahmen der Gesamtbildung des Grads der Schädigungsfolgen eine reine Addition der Einzelgrade, stellt aber in Ziff. 3 d ausdrücklich klar, dass die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander unterschiedlich sein können. Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können sowohl voneinander unabhängig sein (Ziff. 3 d aa) als auch sich überschneiden (Ziff. 3 d cc). Die konkrete Bewertung muss dabei stets auf die Besonderheiten der MdE des betroffenen Beamten abstellen (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2013 - 3 ZB 11.1166 - juris Rn. 13). Der Grad der MdE ist aufgrund eines ärztlichen Gutachtens festzustellen (vgl. Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG Erl. 7.1. zu § 35). Dabei bilden allgemeine Erfahrungssätze, in Tabellen und Empfehlungen enthaltene Richtwerte, also antizipierte Sachverständigengutachten, in der Regel die Basis für die Bewertung der MdE durch den Sachverständigen. Bei allen Richtwerten handelt es sich um Orientierungshilfen (vgl. Plog/Wiedow, BeamtVG, Rn. 10 c und 10 d zu § 35). Der Sachverständige kann bei der Einschätzung der MdE die Anlage zu § 2 der VersMedV zur Orientierung oder als Richtwert heranziehen, er muss es aber schon deshalb nicht, weil der Katalog der VersMedV nicht die MdE des BeamtVG als Maßstab zugrunde legt (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2013 a. a. O. Rn. 15).

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, in derer Einschätzung der Gesamt-MdE grundsätzlich den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. W. und Dr. B. zu folgen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist diesen Ausführungen auch nicht substantiiert entgegengetreten. Unstreitig gehen beide Parteien vom Vorliegen einer Einzel-MdE von 25 v. H. auf neurochirurgischem Fachgebiet aus. Diese hatte der Sachverständige Dr. S. selbst im Gutachten des Klinikums I. vom 4. Dezember 2009 bestätigt. Auf den Einwand des Beklagten, bei der Verletzung des Klägers (Teilläsur der Ligamenta alaria dentis) handele es sich - wie vom Sachverständigen Dr. S. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - um eine einer Verstauchung vergleichbaren Verletzung, die sich innerhalb von drei Wochen bis sechs Monaten bei entsprechender Therapie wieder normalisiere, kann es deshalb im Hinblick auf die Bildung einer Gesamt-MdE nicht ankommen. Auch dem Vortrag des Sachverständigen Dr. S., dass sich nach der Fachliteratur die Beschwerden verlängerten, je länger das Entschädigungsverfahren dauere, es komme in der Regel auf die Motivation des Betroffenen an, musste sich das Verwaltungsgericht nicht anschließen. Der Sachverständigen Prof. Dr. W. erläuterte ausführlich im Rahmen der mündlichen Verhandlung (S. 4, 5 der Sitzungsniederschrift), welche verschiedenen Verfahren bei der Gutachtenerstellung durch verschiedene Personen angewandt würden, wobei sich die Plausibilität durch die Übereinstimmung der Symptomatik ergebe. Er kam insofern nachvollziehbar zu dem Schluss, dass es abwegig sei, dass der Kläger zur Erlangung sozialrechtlicher Vorteile derartige Symptome vorspiegle.

1.2. Der Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von erhöhtem Unfallruhegehalt steht auch nicht der Bescheid des Beklagten vom 2. Juli 2010 über die Gewährung von Unfallausgleich entgegen. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht verneint, dass von der dort in den Gründen enthaltenen Feststellung eines Gesamt-MdE von 30 v. H. eine Bindungswirkung für die streitgegenständliche Entscheidung über die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts ausgeht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen auf dieser Grundlage nicht.

1.2.1 Soweit der Beklagte auf die Bindungswirkung verweist, die sich aus der zwischenzeitlich eingetretenen rechtskräftigen Feststellung der Unanfechtbarkeit des Bescheids vom 2. Juli 2010 gem. § 121 Nr. 1 VwGO im erstinstanzlichen Urteil ergibt, so verkennt er, dass rechtskräftige Urteile nach dem Wortlaut der Vorschrift nur insoweit binden, als auch über den Streitgegenstand in der Sache entschieden worden ist. Dies ist nur dann der Fall, soweit das getroffene Urteil über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der behaupteten Anspruchsnorm reicht (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 121 Rn. 31 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Ob dem Kläger unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheids vom 2. Juli 2010 auf der Grundlage einer höheren Gesamt-MdE ein weiterer Unfallausgleich gemäß Art. 52 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG zugestanden hätte, wurde jedoch im vorliegenden erstinstanzlichen Urteil nicht entschieden. Die diesbezügliche Klage wurde als unzulässig abgewiesen, da der Bescheid vom 2. Juli 2010 bereits mangels Einhaltung der Klagefrist unanfechtbar war. Bei einem Prozessurteil erwächst nur die Entscheidung, dass dem prozessualen Anspruch das für die Klageabweisung maßgebliche prozessuale Hindernis (Nichteinhaltung der Klagefrist) entgegensteht, in Rechtskraft (vgl. Kopp, VwGO, 21. Auflage 2015, § 121 Rn. 19). Dies hat zur Folge, dass der Bescheid vom 2. Juli 2010 formell bestandskräftig geworden ist.

1.2.2 Im Ergebnis zu Recht ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass der bestandskräftige Bescheid vom 2. Juli 2010, der für die Festsetzung des Unfallausgleichs eine Gesamt - MdE von 30 v. H. zugrunde legt, dem Anspruch des Klägers auf erhöhtes Ruhegehalt gem. Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG, der eine Gesamt - MdE von mindestens 50 v. H. voraussetzt, nicht entgegensteht.

Mit Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 2. Juli 2010 wurde festgestellt, dass dem Kläger Unfallausgleich gemäß § 35 BeamtVG (ab 1.1.2011: Art. 52 BayBeamtVG) gewährt wird und zwar ab 12. Mai 2007 in Höhe von monatlich 118,- Euro, ab 1. Juli 2007 in Höhe von 119,- Euro, ab 1. Juli 2008 in Höhe von 120,- Euro und ab 1. Juli 2009 in Höhe von 123,- Euro. Die Gesamt-MdE wurde lediglich in den Gründen unter Bezugnahme der gutachterlichen Stellungnahme des Klinikums I. vom 30.6.2010 dargelegt. Als Grundlage hierfür waren die zu diesem Zeitpunkt festgestellten dienstunfallbedingten Körperschäden genannt, welche auch eine Anpassungsstörung des Klägers mit längerer depressiver Reaktion umfassten. Die Dienstunfallfolge der Anpassungsstörung, festgestellt mit Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 17. Oktober 2008, wurde mit Bescheid vom 22. November 2011 in die Dienstunfallfolge der posttraumatischen Belastungsstörung geändert und anerkannt, nachdem der Kläger gegen die ursprüngliche Festsetzung lediglich einer Anpassungsstörung Klage erhoben hatte. Der ursprüngliche Bescheid vom 17. Oktober 2008 wurde in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 12. März 2010 aufgehoben und als weitere Folge des Dienstunfalls eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt. Damit beruht der Bescheid vom 2. Juli 2010 noch auf der aufgehobenen Feststellung einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion mit einem Einzelgrad der MdE von 20 v. H. Im bestandskräftigen Bescheid vom 2. Juli 2010 erfolgte keine konkrete Festsetzung der Gesamt-MdE im Entscheidungssatz, so dass von einer entsprechenden Bindungswirkung auch nicht auszugehen ist. Die Bindung bezieht sich grundsätzlich nur auf den Entscheidungssatz, nicht auf die wesentlichen Gründe des VA, ebenso wenig auf Vorfragen und präjudizielle Rechtsverhältnisse, sofern diese nicht ausnahmsweise von einer gesetzlich angeordneten Feststellungswirkung erfasst werden (vgl. OVG NRW, U.v. 24.1.2011 - 1 A 2316/08 - juris Rn. 39). Die Feststellungswirkung tritt nur dann und nur insoweit ein, als dies durch die besonderen Rechtsvorschriften bestimmt ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2014, § 43 Rn. 31 und 26, 27). Eine solche gesetzliche Regelung (wie z. B in § 69 Abs. 2 SGB IX, wonach Feststellungen über den Grad der Behinderung nicht zu treffen sind, wenn eine Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung und den Grad einer auf ihr beruhenden Erwerbsminderung schon in einem Rentenbescheid, einer entsprechenden Verwaltungs- und Gerichtsentscheidung oder der für diese Entscheidungen zuständigen Dienststellen getroffen worden ist) findet sich jedoch in Art. 54 BayBeamtVG nicht. Vielmehr kam es für die Frage der Gesamt-MdE vorliegend auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung an. Hiervon geht auch der Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 13. Juli 2010 aus, der zwar feststellt, dass zum Zeitpunkt der Ruhestandversetzung lediglich eine MdE von 30 v. H. vorliegt, im Hinblick auf diese Feststellung aber nicht auf den Bescheid vom 2. Juli 2010 verweist. Das Verwaltungsgericht ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 2. Juli 2010 im Hinblick auf den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit für den Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung keine Bindungswirkung entfaltet.

1.3 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich auch nicht daraus, dass das Gericht lediglich eine Gesamt-MdE von mindestens 50 v. H. zugrunde gelegt hat ohne sich auf einen genauen Wert der Minderung der Erwerbsfähigkeit festzulegen. Für den verbliebenen Streitgegenstand (Anspruch auf erhöhtes Unfallruhegehalt gem. Art. 54 Abs. 1 BayBeamtVG) reicht die Feststellung des Vorliegens einer Gesamt-MdE von mind. 50 v. H. aus. Eine solche Feststellung entspricht auch dem Wortlaut des Gesetzes. Eine einmalige Unfallentschädigung nach Art. 62 BayBeamtVG, bei der es im Hinblick auf die Staffelung in Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG auf die genaue MdE ankommt, ist nicht Gegenstand des Verfahrens.

2. Besondere rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegen nicht vor. Soweit der Kläger hier auf seine Begründung zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung verweist, liegen diese aufgrund der Ausführungen unter Nr. 1 nicht vor.

3. Es besteht auch keine Divergenz gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 2012 (Az. 2 C 41/11 - juris) und zum Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. September 2008 (Az. 3 ZB 07.3125 - juris). Im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wurde zwar ausdrücklich klargestellt, dass die Rechtskraft des Urteils gem. § 121 Nr. 1 VwGO auch bindet, wenn und soweit sich die im Urteil entschiedene Frage (Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen des Unfallausgleichs) in einem späteren Verfahren mit anderem Streitgegenstand als Vorfrage stellt (Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen des erhöhten Unfallruhegehalts), vorliegend ist jedoch gerade nicht in der Sache (Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt) entschieden worden, vielmehr wurde die Klage auf höheren Unfallausgleich als unzulässig abgewiesen, worauf sich die Bindungswirkung gemäß § 121 Nr. 1 VwGO beschränkt. Gleiches gilt für den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. September 2008, in dem festgestellt wurde, dass die bereits rechtskräftig entschiedene Frage, ob ein Anspruch auf erhöhtes Unfallruhegehalt gem. § 37 BeamtVG vorliegt, Bindungswirkung für ein Verfahren auf Festsetzung der Versorgungsbezüge entfaltet. Auch dort war bereits in der Sache entschieden worden, während eine solche rechtskräftige Entscheidung im vorliegenden Verfahren gerade fehlt.

4. Der Zulassungsantrag war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

(1) Ist der Verletzte infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 Prozent gemindert, so erhält er, solange dieser Zustand andauert, neben den Dienstbezügen, den Anwärterbezügen oder dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich. Dieser wird in Höhe der Grundrente nach § 31 Absatz 1 bis 3 in Verbindung mit § 30 Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz des Bundesversorgungsgesetzes gewährt. Wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Feststellung gestaffelt eingeschätzt, ist der Unfallausgleich in Höhe desjenigen Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu zahlen, der wenigstens sechs Monate Bestand hat.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im Allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Hat bei Eintritt des Dienstunfalles eine abschätzbare Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bestanden, so ist für die Berechnung des Unfallausgleichs von der individuellen Erwerbsfähigkeit des Verletzten, die unmittelbar vor dem Eintritt des Dienstunfalles bestand, auszugehen und zu ermitteln, welcher Teil dieser individuellen Erwerbsfähigkeit durch den Dienstunfall gemindert wurde. Beruht die frühere Erwerbsminderung auf einem Dienstunfall, so kann ein einheitlicher Unfallausgleich festgesetzt werden.

(3) Der Unfallausgleich wird neu festgestellt, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Zu diesem Zweck ist der Beamte verpflichtet, sich auf Anordnung der obersten Dienstbehörde durch einen von ihr bestimmten Arzt untersuchen zu lassen; die oberste Dienstbehörde kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen.

(4) Der Unfallausgleich wird auch während einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge gewährt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 1.080,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) und § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BVR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl. 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BVR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung des ursprünglichen Bescheids der Bezirksfinanzdirektion vom 16. März 1999, in dem zugunsten der Klägerin ein Unfallausgleich unter Zugrundelegung einer unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 40 v. H. festgesetzt worden war, durch den Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 23. Juni 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2010. Hierin wurde für die Klägerin ab dem Zeitraum ab 1. Juli 2010 der Unfallausgleich unter Zugrundelegung einer unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 25 v. H. neu festgesetzt.

1.1 Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Bescheid vom 23. Juni 2010, mit dem der Unfallausgleich neu geregelt wurde, und der Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2010 im Ergebnis rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Da es im Rahmen einer Anfechtungsklage um die Aufhebung des Bescheids vom 23. Juni 2010 und des Widerspruchsbescheids vom 29. Dezember 2010 geht, findet das Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung Anwendung (§ 108 Abs. 1 BeamtVG).

Gemäß § 35 Abs. 1 BeamtVG erhält derjenige Beamte einen Unfallausgleich, der infolge eines Dienstunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt ist. Eine wesentliche Beschränkung der Erwerbsfähigkeit ist erst ab einer Minderung von 25 v. H. anzunehmen. Dies folgt aus der Übereinstimmung des Begriffs „wesentliche Beschränkung der Erwerbsfähigkeit“ mit der Regelung in § 31 Abs. 1 und 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG), wonach der für die Gewährung einer Grundrente erforderliche Mindestsatz der Erwerbsfähigkeit 25 v. H. beträgt. Wie sich aus § 35 Abs. 1 BeamtVG ferner ergibt, hängt die Weitergewährung des Unfallausgleichs davon ab, ob und wie lange die festgestellte wesentliche Minderung der Erwerbsfähigkeit über den gesetzlich festgelegten Mindestzeitraum von sechs Monaten hinaus andauert. Dabei sollen nur vorübergehende Schwankungen noch nicht zu einer Neufeststellung führen. Vielmehr bedarf es einer solchen gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG erst dann, wenn in den Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung in diesem Sinne ist nach Tz 35.3.1 Satz 4 BeamtVGVwV dann gegeben, wenn sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit ununterbrochen für mehr als sechs Monate um mindestens 10 v. H. ändert oder wenn durch die Änderung die Mindestgrenze von 25 v. H. erreicht oder unterschritten wird (vgl. Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BBG, § 35 BeamtVG, Rn. 15b, 69 m. w. N.). Dies setzt jedoch voraus, dass sich der durch den Dienstunfall eingetretene Gesundheitszustand tatsächlich auch geändert hat, nicht lediglich dessen ärztliche Beurteilung (BVerwG, B. v 16.9.1980 - 6 B 44.80 - juris; BayVGH, U. v. 3.8.2005 - 3 B 00.3426 - juris).

1.1.1 Nachdem die Klägerin im Jahr 2009 im Rahmen der Heilfürsorge ärztliche Aufwendungen für eine posttraumatische Belastungsstörung geltend machte, wurde vom Dienstherr um eine amtsärztliche Untersuchung und Stellungnahme im Hinblick auf die Frage gebeten, ob die bisher im Bescheid vom 20. September 1995 anerkannten und im Bescheid der Finanzdirektion Regensburg vom 16. März 1999 als Grundlage für den Unfallausgleich festgesetzten dienstunfallbedingten Körperschäden (offene Patellafraktur, Thoraxprellung und HWS-Schleudertrauma) als Unfallfolge zu erweitern seien, welche Heilbehandlungsmaßnahme noch notwendig und angemessen und wie hoch die Minderung der Erwerbsfähigkeit nun einzustufen sei. Infolgedessen wurde eine Stellungnahme des Landratsamts (Gesundheitsamt) P. ... vom 15. Juli 2009 unter Einbeziehung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. B. H. vom 08. Juli 2009 eingeholt, wonach die dienstunfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin aus somatischer Sicht 20 v. H., auf psychischem Gebiet ebenfalls 20 v. H., insgesamt nun 30 v. H. betrage. Da für das Landesamt für Finanzen die Frage der Kausalität der nunmehr festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit im psychischen Bereich trotz Gutachten noch nicht ausreichend geklärt schien, holte es hinsichtlich der Entwicklung der Dienstunfallfolgen noch ein freies fachärztlichchirurgisches Gutachten der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. (BUM) vom 10. November 2009 durch Prof. Dr. med. A. W und ein nervenärztliches Zusatzgutachten vom 13. April 2010 vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie (Dr. med. A. N.) der BUM ein.

Im Rahmen des fachärztlichchirurgischen Gutachtens wurde unter anderem festgestellt, dass aufgrund der Einschränkungen durch die zwischenzeitlich verheilte Patellafraktur ab 1. April 1995 bis 15. September 1995 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 100 v. H. und ab 16. September 1995 durchgehend weiter andauernd eine solche in Höhe von 20 v. H. bei der Klägerin vorgelegen habe. Diese Einschätzung wurde durch den Sachverständigen Prof. Dr. A. W. im Rahmen der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 20. März 2012 nochmals bestätigt (Niederschrift S. 4). Das vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie erstellte nervenärztliche Zusatzgutachten vom 13. April 2010 kommt zu dem Ergebnis, dass eine zwischenzeitlich bei der Klägerin aufgetretene Anpassungsstörung als Dienstunfallfolge anzuerkennen sei. Hieraus ergebe sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 v. H. In Abänderung einer ursprünglich ohne Begründung mitgeteilten Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit von insgesamt 30 v. H. wurde mit Schreiben vom 17. Mai 2010 durch die BUM mitgeteilt, dass die bei der Klägerin vorliegende Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit richtigerweise mit 25 v. H. eingeschätzt werde.

Infolge dieser Gutachten wurde mit Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 17. Juni 2010 als weitere Folge des Dienstunfalls vom 1. April 1995 eine Anpassungsstörung bei der Klägerin festgestellt. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 23. Juni 2010 wurde der Unfallausgleich ab dem 1. Juli 2010 unter Heranziehung der Einschätzung der BUM vom 17. Mai 2010 auf der Grundlage einer dienstunfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit von nunmehr 25 v. H. neu festgestellt und ab dem 1. Juli 2010 der zu zahlende Unfallausgleich auf 123,- Euro (vorher 168,- Euro) festgesetzt. Als Begründung wurde im Hinblick auf die oben genannten Gutachten eine wesentliche Änderung der für die Feststellung des Unfallausgleichs maßgebenden Verhältnisse im Sinne des § 35 Abs. 3 BeamtVG i. V. m. Tz. 35.3.1 BeamtVGVwV angeführt. Im Rahmen des Widerspruchsbescheids wurde die Neufestsetzung des Unfallausgleichs unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 BeamtVG auch auf Art. 48 BayVwVfG (Teilrücknahme des Bewilligungsbescheids vom 16. März 1999) gestützt. Hierzu war die Klägerin zuvor mit Schreiben des Landesamts für Finanzen vom 19. November 2010 angehört worden.

1.1.2 § 35 Abs. 3 BeamtVG ist als lex specialis zu Art. 48 BayVwVfG anzusehen, wenn nachträglich eine wesentliche Änderung in den für die Feststellung des Unfallausgleichs maßgeblichen Verhältnissen eintritt. Dagegen ist nicht § 35 Abs. 3 BeamtVG, sondern Art. 48 BayVwVfG als Rechtsgrundlage heranzuziehen, wenn nachträglich festgestellt wird, dass der Unfallausgleich von Anfang an rechtswidrig gewesen ist (BayVGH, U. v. 3.8.2005 - B 00.3426 - juris Rn. 54; Plog/Wiedow/Beck/Lemhöfer, BBG, § 35 BeamtVG, Rn. 15 und 15a; Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Erläuterung 8. 2.1. zu § 35). § 35 Abs. 3 BeamtVG trifft demnach keine Bestimmung darüber, wie zu verfahren ist, wenn der Unfallausgleich von Anfang an zu Unrecht oder in der Höhe zu Unrecht gewährt worden ist bzw. wenn sich im Rahmen einer Überprüfung der Änderung der maßgeblichen Verhältnisse (auch) ergibt, dass eine ursprünglich für den Unfallausgleich erfolgte Einschätzung zu hoch gegriffen war.

Aufgrund der geltend gemachten Aufwendungen im Rahmen der Heilfürsorge durfte die Dienstbehörde Ermittlungen aufnehmen, ob die Voraussetzungen des § 35 Abs. 3 BeamtVG für eine Neufestsetzung des Unfallausgleichs vorliegen. Aufwendungen, die auf eine posttraumatische Belastungsstörung schließen lassen, stellen zumindest gewichtige Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung im Sinne von § 35 Abs. 3 BeamtVG dar, da dieses Krankheitsbild nicht als Dienstunfallfolge im Ausgangsbescheid festgestellt war. Die Gewährung von Unfallausgleich steht in gesteigertem Maße unter dem Vorbehalt einer Überprüfung, so dass Untersuchungen, die aus diesem Grund auch routinemäßig angeordnet werden, nicht nur eine wesentliche Änderung, sondern auch eine Fehleinschätzung zu Tage fördern können, die für die vorausgegangene Feststellung des Anspruchs auf Unfallausgleich maßgebend war (s. OVG Lüneburg, B. v. 24.10.2007 - 5 ME 267/07- juris Rn. 18; Plog/Wiedow, BBG, § 35 BeamtVG, Rn. 71).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist im Hinblick auf die im Bescheid vom 17. Juni 2010 als Dienstunfallfolge neu festgesetzte Anpassungsstörung eine wesentliche Änderung der maßgeblichen Verhältnisse im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG als Grundlage für die im Bescheid vom 23. Juni 2010 des Landesamtes für Finanzen vorgenommene Neufestsetzung des Unfallausgleichs in Höhe von 25 v. H. anzunehmen mit der Befugnis, den Bescheid vom 16. März 1999 abzuändern. Das vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. A. N. erstellte nervenärztliche Zusatzgutachten vom 13. April 2010 kommt insoweit zu dem Ergebnis, dass eine zwischenzeitlich bei der Klägerin aufgetretene Anpassungsstörung als Dienstunfallfolge anzuerkennen ist.

Auch wenn bereits im März 1999 aufgrund des Schlussgutachtens feststand, dass bei der Klägerin eine Anpassungsstörung vorlag (s. Schreiben des Landratsamtes P. .../Gesundheitsamt vom 9. März 1999), wurde diese nicht förmlich als Unfallfolge festgestellt und war auch nicht Grundlage für die Festsetzung des Unfallausgleichs in Höhe von 40 v. H. im Bescheid vom 16. März 1999. Die psychiatrische Behandlung galt als abgeschlossen, mit weiteren Heilbehandlungskosten wurde nicht gerechnet, so dass von der Erweiterung der Dienstunfallfolgen abgesehen wurde. Erst im Jahr 2006 - also sieben Jahre später - begab sich die Klägerin wieder in psychiatrische Behandlung.

Das Verwaltungsgericht lässt es für eine wesentliche Änderung der für die Festsetzung des Unfallausgleichs maßgeblichen Verhältnisse im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG insgesamt ausreichen, dass in Erweiterung der ursprünglichen Unfallfolgen mit Anerkennung einer Anpassungsstörung im Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 17. Juni 2010 eine weitere Unfallfolge anerkannt wurde, welche insgesamt eine Neuberechnung des Unfallausgleichs und damit auch eine aktuelle Bewertung der aufgrund der Dienstunfallfolgen im fachlichchirurgischen Bereich festzusetzenden Minderung der Erwerbstätigkeit erforderte. Die Neubewertung führte zu der Einschätzung, dass zum Zeitpunkt der anlässlich der Begutachtung erfolgten Untersuchung die infolge der offenen Patellafraktur noch bestehenden Dienstunfallfolgen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. bewertet wurden (s. Gutachten von Prof. Dr. A. W. vom 10. November 2009, S. 14; s. auch Schreiben des Landratsamts P. .../Gesundheitsamt vom 15. Juli 2009, nachdem anlässlich einer dortigen Untersuchung am 3. Juni 2009 ebenfalls für das rechte Knie eine dienstunfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. in Übereinstimmung einer Beurteilung des Zentrums für Familie und Soziales, Region Oberbayern, Versorgungsamt vom 26. Januar 2009 Nr. 14/42/1 665 217/3 festgestellt worden war).

Allerdings führte die anlässlich der Ermittlung weiterer Unfallfolgen angeordnete Nachuntersuchung im fachlichchirurgischen Bereich - isoliert betrachtet - bei im Wesentlichen gleich gebliebener Befundlage zu einer geänderten medizinischen Bewertung der bereits im Bescheid vom 16. März 1999 festgestellten Körperschäden. Im Hinblick auf diese allein haben sich die maßgeblichen Verhältnisse seit dem Zeitpunkt der ursprünglichen Festsetzung des Unfallausgleichs mit Bescheid vom 16. März 1999 nicht wesentlich geändert. Das Vorbringen der Beklagtenseite, dass sich die Beurteilungen auf ganz verschiedene Zeitpunkte bezogen und gerade im Hinblick auf Knieendprothesen, welche der Gutachter bei der Beurteilung als Vergleich heranzog, Art. 1 Nr. 2 Buchstabe c der Dritten Verordnung zur Änderung der VersMedV insoweit Änderungen in VersMedV Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“, Teil B: GdS-Tabelle Nr. 18.12 „Endoprothesen“ brachte, weshalb die Werte stärker gestaffelt und niedriger angesetzt wurden, kann nichts daran ändern, dass sich hier - isoliert betrachtet - lediglich die Bewertungskriterien und nicht die Verhältnisse maßgeblich geändert haben. Eine zu hohe Bewertung im Hinblick auf die Minderung der Erwerbsfähigkeit im ursprünglichen Bescheid vom 16. März 1999 erscheint zumindest möglich (s. hierzu auch ausdrücklich die Feststellung im Gutachten von Prof. A. W. vom 9. November 2009, S. 15 und die Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht (Niederschrift, S. 4). Eine nunmehr aufgrund der auf neuen Gutachten resultierenden abweichenden Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit im fachärztlichchirurgischen Bereich und die allein darauf fußende Neuberechnung des Unfallausgleichs lässt sich nur im Wege des Art. 48 BayVwVfG durch eine Teilrücknahme vornehmen bzw. korrigieren. Soweit deshalb die Neufestsetzung des Unfallausgleichs im Hinblick auf die Neubewertung des Grads der Minderung der Erwerbsfähigkeit im fachärztlichchirurgischen Bereich im Rahmen des Widerspruchsbescheids des Landesamtes für Finanzen unter Abwägung der Vertrauensgesichtspunkte auch auf Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG gestützt wurde, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Zur diesbezüglich beabsichtigten Teilrücknahme wurde die Klägerin mit Schreiben des Landesamtes für Finanzen vom 19. November 2010 angehört.

1.2 Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Erstgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung werden nicht aufgezeigt. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B. v. 18.2.2014 - 14 ZB 11.452 - juris Rn. 8 m. w. N.; B. v. 20.11.2013 - 10 ZB 13.827 - juris Rn. 4 m. w. N.).

Die Ausführungen der Klägerin im Hinblick auf die dem Bescheid vom 23. Juni 2010 zugrunde gelegten Fachgutachten in Bezug auf Inhalt und Neutralität sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darzulegen. Zu Recht stützte sich das Verwaltungsgericht auf die nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen der Gutachter Prof. Dr. A. W. und Dr. A. N.. Es hat diese in der mündlichen Verhandlung als sachverständige Zeugen geladen und eingehend zu ihren schriftlichen Ausführungen befragt. Beide Gutachter haben ihr Gutachten auf der Grundlage einer eigenen Untersuchung der Klägerin gefertigt und dabei auch sonstige, ihnen überlassene ärztliche Stellungnahmen miteinbezogen. Entgegen dem klägerischen Vortrag fanden hierbei die depressive Symptomatik, die medikamentöse Behandlung und die wiederkehrenden Albträume der Klägerin Berücksichtigung (s. S 30 ff. des nervenärztlichen Zusatz-Gutachtens vom 13. April 2010). Mit der bloßen Behauptung, der Gutachter würde fälschlicherweise davon ausgehen, die psychischen Beeinträchtigungen würden mit dem orthopädischen Beschwerdebild einhergehen, kann die Klägerin nicht durchdringen. Zu Recht kam das Verwaltungsgericht zur Auffassung, dass die Ausführungen des sachverständigen Zeugen Dr. A. N. im Hinblick auf die nur geringgradige Einstufung der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 10 v. H. gemessen an der geschilderten Funktionsbeeinträchtigung plausibel und nachvollziehbar erscheinen und der von der Klägerseite vorgelegten Stellungnahme der behandelnden Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. U. B. vom 28. Februar 2011 nichts Gegenteiliges zu entnehmen ist. Gleiches gilt für die Ausführungen zum fachärztlichorthopädischen Bereich. Auch hier konnten von der Klägerseite keine Mängel im Hinblick auf die gutachterliche Einstufung der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 20 v. H. infolge der Verletzung der rechten Kniescheibe der Klägerin bei isolierter Betrachtung dargetan werden. Die im Klageverfahren vorgelegte Stellungnahme des Orthopäden Dr. B. vom 24. März 2011 war mangels detaillierter Ausführungen zur Bewertung der bei der Klägerin vorliegenden Funktionsbeeinträchtigung des rechten Knies nicht geeignet, die Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. A. W. in Frage zu stellen.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen des behaupteten Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

2.1. Mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe seine in § 86 Abs. 1 VwGO wurzelnde Pflicht zur umfassenden Sachaufklärung dadurch verletzt, dass es sich zu Unrecht lediglich auf die Einschätzung der Gutachter der Gegenseite stützt, kann die Klägerin nicht durchdringen.

Über Art und Anzahl der einzuholenden Sachverständigengutachten bestimmt ein Tatsachengericht nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 98 VwGO, § 412 ZPO). Es kann sich dabei ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auch auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen, die von einer Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt wurden, stützen (BVerwG, B. v. 10.3.2011 - 2 B 37/10 - juris).

Eine Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht ist in der Nichteinholung eines weiteren Gutachtens in aller Regel nur dann zu sehen, wenn das bereits vorliegende Gutachten auch für den nicht Sachkundigen erkennbare Mängel aufweist, insbesondere von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare Widersprüche aufweist, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen besteht, wenn ein anderer Sachverständiger über bessere Forschungsmittel verfügt oder wenn es sich um besonders schwierige (medizinische) Fragen handelt, die umstritten sind oder zu denen einander widersprechende Gutachten vorliegen (vgl. BVerwG, U. v. 6.2.1985 - BVerwG 8 C 15.84, B. v. 26.2.2008 - 2 B 122.07, B. v. 10.3.2011 - 2 B 37/10 - jeweils juris).

Das Verwaltungsgericht konnte hier zu Recht den Ausführungen der Gutachter Prof. Dr. A. W. und Dr. A. N. folgen. Es hat die jeweiligen Gutachter in der mündlichen Verhandlung als sachverständige Zeugen geladen und eingehend zu ihren schriftlichen Ausführungen befragt. Das Zulassungsvorbringen hat keinen Mangel dargelegt, der die Einholung eines weiteren Gutachtens erforderlich gemacht hätte oder geeignet erscheint, die Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. A. W. in Frage zu stellen (s. hierzu oben unter Ziff. 1.2). Aus diesen Gründen war auch eine Ladung der behandelnden Ärzte der Klägerin zum Termin nicht angezeigt. Eine solche war von Klägerseite auch nicht gem. § 86 Abs. 2 VwGO förmlich beantragt, ebenso wenig wie die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens. Von der Verletzung der Aufklärungspflicht ist grundsätzlich dann nicht auszugehen, wenn das Gericht von einer Beweiserhebung absieht, die eine durch Rechtsanwalt vertretene Partei nicht förmlich beantragt hat (BVerwG, U. v. 22.2.1988 - 7 B 28/88; BayVGH, B. v. 16.1.2012 - 3 ZB 09.028; B. v. 22.12.2011 - 3 ZB 09.114 - jeweils in juris). Lediglich schriftlich angekündigte Beweisanträge oder Beweisangebote genügen hierfür nicht. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Stellen von Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. hierzu insgesamt Kopp, Kommentar zur VwGO, 20. Auflage 2014, § 124a Rn. 56 m. w. N.). Im Übrigen musste sich eine Beweiserhebung im Sinne einer Befragung der behandelnden Ärzte oder die Einholung eines weiteren Gutachtens vorliegend dem Verwaltungsgericht auch nicht aufdrängen, da der Sachverhalt ausreichend geklärt war und auch die von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen der behandelnden Ärzte eine weitere Aufklärung nicht notwendig erscheinen ließen.

2.2 Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 und 3 GKG sowie Nr. 10.4 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (168,-Euro - 123,- Euro) x 24 Monate.

Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.