Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 27. Aug. 2013 - 2 K 1476/11
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. Juli 2011 verpflichtet, der Klägerin eine Investitionskostenpauschale für das Jahr 2011 nach dem Landespflegegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen in Höhe von 18.835,20 € zu gewähren.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Investitionskostenpauschale nach § 10 des Landespflegegesetzes Nordrhein-Westfalen (PfG NRW) für das Jahr 2011. Sie war bis Ende September 2012 Trägerin des Mobilen Sozialen Dienstes (N. ) B. in X. , der schwerpunktmäßig Unterstützung im hauswirtschaftlichen Bereich sowie in der Haushaltsführung, persönliche Betreuung und Hilfestellung bei der Körperpflege anbot. Der Mobile Soziale Dienst wurde seit ca. 25 Jahren betrieben, und zwar zunächst unter der Trägerschaft der L. Kirchengemeinde T. in X. und seit 2007 im Wege der Betriebsübernahme durch die neu gegründete Klägerin. Bereits seit 1995 erfolgte auf Grund eines (ersten) Kooperationsvertrages eine Zusammenarbeit mit der D. -Pflegestation (D1. ) X. /I. . Träger dieser D. -Pflegestation ist der D2. für die Regionen B1. -Stadt und B1. -Land e.V. (hier: D2. Region B1. ), dessen korporatives Mitglied die Klägerin ist.
3Für das Land Nordrhein-Westfalen gilt seit dem 1. Juli 1995 der Rahmenvertrag über die ambulante pflegerische Versorgung gemäß § 75 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs, 11. Buch (SGB XI), der u. a. zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, dem auch der D2. für das C. B1. e.V. angehört, und der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Sozialhilfeträger NRW und den Landesverbänden der Pflegekassen in NRW geschlossen worden ist.
4Dieser Rahmenvertrag enthält u.a. folgende Regelung:
5„ § 10 Leistungsfähigkeit
6(1) Innerhalb ihres Einzugsbereiches sind die Pflegedienste im Rahmen ihrer personellen Möglichkeiten verpflichtet, die Pflegebedürftigen zu versorgen, die die Pflegeleistungen dieser Einrichtungen in Anspruch nehmen wollen. Im Rahmen des Versorgungsauftrages hat jeder Pflegedienst die individuelle Versorgung der Pflegebedürftigen mit Pflegeleistungen zu jeder Zeit, bei Tag und Nacht, einschließlich an Sonn- und Feiertagen, zu gewährleisten. Pflegerische Leistungen können in Kooperation mit andern zugelassenen Pflegediensten erbracht werden; andere Formen der Kooperation bedürfen der vorherigen Zustimmung aller Landesverbände der Pflegekassen. Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung sind Kooperationen mit anderen Einrichtungen möglich.
7(2) Pflegedienste, die Leistungen nach diesem Vertrag in Kooperation mit anderen Einrichtungen erbringen, zeigen dies den Landesverbänden der Pflegekassen unverzüglich an.
8(3) Die fachliche Verantwortung für die Leistungserbringung des Kooperationspartners trägt gegenüber den Pflegebedürftigen und den Pflegekassen der ursprünglich beauftragte Pflegedienst. Dieser rechnet auch die vom Kooperationspartner erbrachten Pflegeleistungen mit den Pflegekassen ab.“
9Zwischen dem D2. Region B1. als Träger der D1. T1. wurde im Jahr 1996 mit Landesverbänden der Pflegekassen für das Land Nordrhein-Westfalen ein Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI über ambulante Pflegeleistungen geschlossen.
10Dieser Versorgungsvertrag enthält u.a. folgende Regelung:
11„§ 5 Versorgungsauftrag
12..........
13(4) Im Rahmen seiner Versorgungspflicht hat der Pflegedienst die individuelle Versorgung der Pflegebedürftigen mit Pflegeleistungen zu jeder Zeit, bei Tag und Nacht, einschließlich an Sonn- und Feiertagen, zu gewährleisten. Dies kann in Kooperation mit anderen Einrichtungen oder durch die Beteiligung an regionalen Kooperationen geschehen. Näheres regelt der Rahmenvertrag nach § 75 SGB XI.“
14Zwischen den genannten Vertragsparteien wurde des Weiteren im Jahr 2009 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 eine Vereinbarung gemäß § 89 SGB XI (sog. Vergütungsvereinbarung) über die Vergütung ambulanter Pflegeleistungen im Rheinland geschlossen.
15Die Klägerin schloss mit dem D2. Region B1. als Träger der D1. X. /I. im April 2008 einen zweiten Kooperationsvertrag über ambulante Pflegeleistungen nach dem SGB XI. Gegenstand des Vertrages (§ 1) ist die Sicherstellung einer im Einzelfall erforderlichen regelmäßigen hauswirtschaftlichen und pflegerischen Versorgung von als pflegebedürftig anerkannten Personen durch die Mitarbeiterinnen des Mobilen Sozialen Dienstes. Die Inhalte der Leistungen (§ 2) richten sich nach § 2 des Rahmenvertrages gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI. Im Bereich der Körperpflege können u. a. nach zeitnaher Abstimmung mit der D1. pflegerische Leistungen bei Patienten im Bereich der anerkannten Pflegestufe 1 durch den Mobilen Sozialen Dienst erbracht werden. Der Kooperationsvertrag enthält darüber hinaus u.a. folgende Vereinbarungen:
16„§ 3 Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen
17Gemäß § 10 Abs. 2 des Rahmenvertrages nach § 75 Abs. 1 SGB XI wird der Kooperationsvertrag vom Träger der D1. den Pflegekassen angezeigt.
18Der D2. für die Regionen B1. -Stadt und B1. -Land e.V. als Träger der D. -Pflegestation hat einen Versorgungsvertrag nach § 72 XI mit den Pflegekassen für den Einzugsbereich Stadt und Kreis B1. abgeschlossen. Die D. -Pflegestationen sind berechtigt, Pflegesachleistungen mit den Pflegekassen und Sozialhilfeträgern abzurechnen. Eventuelle Änderungen des Versorgungsvertrages teilt der regionale D2. unverzüglich mit.
19§ 7 Vergütung:
20Die Leistungen des N. werden gegen Entgelt erbracht. Die Vergütungsvereinbarung gemäß § 89 SGB XI ist Bestandteil des Vertrages und Grundlage für die Vergütung der vom N. erbrachten Leistungen. Die Abrechnung der Leistungen mit den Kostenträgern Pflegekasse und Sozialhilfeträger erfolgt allein durch die D. -Pflegestation.
21Die Kostenregelung mit den öffentlichen Kostenträgern und den Krankenkassen bzw. Pflegekassen trifft der regionale D2. als Träger der D. -Pflegestation.
22Die Entgelte der Pflegekassen für die von der D. -Pflegestation an den N. übertragenen Aufgaben werden nach Erhalt an diesen zeitnah weitergeleitet. .........“
23.
24Seit Bestehen der ersten Kooperation erfolgte die Abrechnung der von der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin erbrachten Leistungen mit den Kostenträgern durch die D. -Pflegestation. In den vorausgegangenen Jahren gewährten zunächst der Kreis B1. bis zum Jahre 2009 und die Beklagte als dessen Rechtsnachfolgerin im Jahr 2010 eine Investitionskostenförderung gemäß § 10 PfG NRW für die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin. Die Bewilligung dieser Investitionskostenförderung erfolgte nach den dem Gericht in den Parallelverfahren (2 K 1469/11 und 2 K 1488/11) vorgelegten Unterlagen für die Jahre 2008 bis 2010 im Rahmen der von dem D2. Region B1. für die jeweilige D. -Pflegestation bewilligten Investitionskostenpauschale, die jeweils die Förderung für die Mobilen Sozialen Dienste mit erfasste.
25Die Klägerin beantragte unter dem 11. Februar 2011 – wie in den vorausgegangenen Jahren - die Gewährung einer Investitionskostenpauschale für das Jahr 2011. Sie erklärte in ihrem Antrag, dem D2. Region B1. als Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege anzugehören und die Voraussetzungen des § 9 PfG NRW (Versorgungsvertrag und Vergütungsvereinbarung) zu erfüllen. Sie legte ein sog. alternatives Testat des D1. für das C. B1. e.V. vom 18. April 2011 für den Mobilen Sozialen Dienst T. in X. vor, wonach bestätigt wird, dass dieser in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2010 zu Lasten der Pflegekassen Leistungen in Höhe von 231.454,61 € abgerechnet hat. Die von der Klägerin vorgenommene Umrechnung der abgerechneten Leistungen auf der Grundlage der Punktwerte nach der Vergütungsvereinbarung ergab eine Investitionskostenpauschale in Höhe der in diesem Verfahren streitbefangenen 18.835,20 €.
26Mit Bescheid vom 21. Juli 2011 lehnte die Beklagte den Antrag für das Jahr 2011 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 PfG NRW seien nicht erfüllt. Bei der Klägerin handele es sich nicht um eine Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 und Abs. 2 PfG NRW. Dort würden Mobile Soziale Dienste nicht ausdrücklich genannt. Ferner seien auch die Voraussetzungen für die Förderung gemäß § 9 Abs. 2 PfG NRW nicht erfüllt, da die Klägerin weder einen Versorgungsvertrag nach § 72 Abs. 1 SGB XI noch eine Vergütungsvereinbarung nach § 89 SGB XI abgeschlossen habe.
27Die Klägerin hat am 16. August 2011 Klage erhoben und ausgeführt, dass sie als Mobiler Sozialer Dienst eine ambulante Pflegeeinrichtung im Sinne des § 8 Abs. 2 PfG NRW sei. Sie sei eine selbstständig wirtschaftende Einrichtung, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegekraft Leistungen in der hauswirtschaftlichen Versorgung und Pflege von Pflegebedürftigen erbringe. Auch wenn § 8 Abs. 1 PfG NRW den Mobilen Sozialen Dienst nicht ausdrücklich erwähne, so werde er doch von der abstrakten Umschreibung des Begriffs der ambulanten Pflegeeinrichtung umfasst. Zudem sei die Aufzählung in Abs. 1 nicht als abschließend anzusehen. Darüber hinaus sei sie als zugelassene Pflegeeinrichtung im Sinne des § 72 Abs. 1 SGB XI anzusehen, auch wenn ein Versorgungsvertrag nicht unmittelbar zwischen ihr und den Trägern der Pflegekassen bestehe. Sowohl nach § 10 Abs. 1 des Rahmenvertrages gemäß § 75 SGB XI als auch gemäß § 5 Abs. 4 des Versorgungsvertrages nach § 72 SGB XI sei eine Kooperation mit anderen Einrichtungen möglich. Diese bedürfe teilweise der Zustimmung der Pflegekassen. Eine derartige Kooperation habe sie mit dem D2. für die Region B1. -Stadt und B1. -Land e.V. abgeschlossen.
28Die Beklagte könne sich auch nicht auf eine fehlende Zustimmung der Landesverbände der Pflegekassen berufen. Dieses Erfordernis beziehe sich nur "auf andere Formen der Kooperationen". Im Übrigen sei der Beklagten eine Berufung auf die angebliche fehlende Zustimmung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben versagt. Sie - die Klägerin – bzw. ihre Rechtsvorgängerin würden die Leistungen seit Jahren erbringen; diese seien stets vergütet und die streitgegenständliche Investitionskostenpauschale sei bewilligt worden. Die Zusammenarbeit mit den Sozialleistungsträgern werde bereits seit Jahrzehnten praktiziert. Bereits unter der Geltung des § 132 SGB V a.F. seien von ihrer Rechtsvorgängerin hauswirtschaftliche Leistungen erbracht worden und es habe ein Vertrag nach § 132 Abs. 1 SGB V mit den Krankenkassen bestanden, dem ihre Rechtsvorgängerin beigetreten sei. Zudem habe schon damals eine Kooperation mit dem D2. bestanden. Der damalige Kooperationsvertrag aus dem Jahr 1995 sei allerdings ab dem Zeitpunkt 2001 dahingehend geändert worden, dass unmittelbar mit den Pflegekassen abgerechnet worden sei. Der derzeit gültige Kooperationsvertrag aus dem Jahr 2008 habe diesen alten Kooperationsvertrag ersetzt. Im Übrigen seien die Leistungen für das Jahr 2011 ebenfalls bereits erbracht worden. Ohne irgendeinen erkennbaren Grund habe die Beklagte ihre bisher geübte Praxis aufgegeben.
29Die Klägerin beantragt,
30die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. Juli 2011 zu verpflichten, der Klägerin eine Investitionskostenpauschale für das Jahr 2011 nach dem Landespflegegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen in Höhe von 18.835,20 € zu gewähren.
31Die Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Sie führt unter Bezugnahme auf den streitgegenständlichen Bescheid ergänzend aus, dass in der Vorschrift des § 8 PfG NRW explizit eine nummerische Aufzählung von vier Einrichtungen benannt werde, die als Pflegeeinrichtungen im Sinne des Landespflegegesetzes zu verstehen seien. Weitere Hinweise ergäben sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung. Die Klägerin sei auch nicht durch den Kooperationsvertrag über ambulante Pflegeleistungen einer zugelassenen Pflegeeinrichtung gleichgestellt, da auch in § 9 PfG NRW die Voraussetzungen zur Förderung abschließend geregelt seien. Unerheblich sei, welche Leistungen von der Klägerin angeboten bzw. tatsächlich erbracht würden. Zu prüfen sei lediglich, ob ein Anspruch nach dem Landespflegegesetz bestehe. Da Mobile Soziale Dienste jedoch weder in § 8 PfG NRW genannt würden noch die Voraussetzungen des § 9 PfG NRW erfüllt seien, bestehe kein Anspruch auf Förderung. Für die rechtliche Beantwortung der Frage des Förderanspruchs sei es unerheblich, dass nach § 10 des Rahmenvertrages nach § 75 Abs. 1 SGB XI pflegerische Leistungen in Kooperation mit anderen zugelassenen Pflegediensten erbracht werden könnten. Andere Formen der Kooperation bedürften der vorherigen Zustimmung aller Landesverbände der Pflegekassen. Eine solche Zustimmung aller Landesverbände der Pflegekassen liege nicht vor.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten in diesem Verfahren sowie zu den Verfahren 2 K 1469/11 und 2 K 1488/11 vorgelegten Verwaltungsvorgänge.
35Entscheidungsgründe
36Die Klage ist zulässig und begründet.
37Der Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Gewährung einer Investitionskostenpauschale nach dem Landespflegegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2011 in Höhe von 18.835,20 € zu.
38Anspruchsgrundlage ist § 10 Abs. 1 und 2 PfG NRW i.V.m. §§ 1 - 3 der Verordnung über die Förderung ambulanter Pflegeeinrichtungen nach dem Landespflegegesetz (AmbPFFV). Danach fördert der örtliche Träger der Sozialhilfe die durchschnittlichen betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen ambulanter Pflegeeinrichtungen, die durch das Sozialgesetzbuches 11. Buch (SGB XI) bedingt sind, durch angemessene Pauschalen.
39Bei dem Mobilen Sozialen Dienst (N. ) der Klägerin handelte es sich zunächst um eine ambulante Pflegeeinrichtung i.S. des § 8 Abs. 2 PfG NRW. Dies sind nach der gesetzlichen Definition selbstständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen. Diese Legaldefinition entspricht der gleichlautenden Vorschrift im Recht der Sozialen Pflegeversicherung nach § 71 Abs. 1 SGB XI (Einführung mit dem Pflegeversicherungsgesetz vom 26. Mai 1994, BGBl I, 1014) und dient zunächst der Abgrenzung zur stationären Pflegeeinrichtung. Maßgeblich ist insoweit, ob die Einrichtung der Klägerin die genannten gesetzlichen Voraussetzungen einer ambulanten Pflegeeinrichtung erfüllt - nicht jedoch, ob Mobile Soziale Dienste ausdrücklich in § 8 Abs. 1 und Abs. 2 PfG NRW genannt werden. Der Begriff der ambulanten Pflegeeinrichtung (sog. Pflegedienste) ist nach dem Willen des Gesetzgebers zum Pflegeversicherungsgesetz von 1994 zudem bewusst weit und flexibel gefasst worden und sollte nicht nur die herkömmlichen Sozialstationen in freigemeinnütziger oder kommunaler Trägerschaft, sondern auch z.B. private Hauspflegedienste erfassen,
40vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/5262 S. 133, 134 zu § 80 (jetzt § 71) SGB XI; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand: Dezember 2012, § 71 SGB XI Rz. 2ff; Leitherer in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht – Bd. 2, Stand: Oktober 2012, § 71 SGB XI Rz. 5 ff; Groth in Hauck/Noftz, SGB XI, Stand: Juni 2013, § 71 Rz. 9 ff; Schütze in Udsching/Schütze/Behrend/Bassen, SGB XI, 3. Aufl. 2010, § 71 Rz.4 ff, Plantholz/Pöld-Krämer in Klie/Krahmer, LPK-SGB XI, 3. Aufl. 2009, § 71 Rz. 6 ff.
41Wesentlich für den Begriff des Pflegedienstes ist die Erfüllung der Kernelemente, d.h. es muss sich um eine auf Dauer angelegte organisatorische Zusammenfassung von Personen und Sachmitteln handeln, die unabhängig vom Bestand ihrer Mitarbeiter in der Lage ist, eine ausreichende und konstante pflegerische Versorgung von Pflegebedürftigen in ihrer Wohnung zu gewährleisten. Die häusliche Pflege i.S. des § 36 Abs.1 und 2 i.V.m. § 14 Abs. 4 SGB XI umfasst dabei die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung der Pflegbedürftigen. Daraus folgt, dass Einrichtungen, die lediglich die Wohnung reinigen oder ausschließlich Mahlzeiten ins Haus bringen (z.B. Reinigungsunternehmen oder Essen auf Rädern), keine Pflegedienste i.S. des § 71 Abs. 1 SGB XI sind. Nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen und dem vorgelegten Kooperationsvertrag mit dem D2. Region B1. als Träger der D1. erbrachte der N. der Klägerin schwerpunktmäßig Leistungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung. Das Angebot des N. umfasste darüber hinaus aber auch Leistungen der Grundpflege im Bereich der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden), der Mobilität (An- und Ausziehen) oder der Ernährung (Zubereitung von Mahlzeiten) im Rahmen der Pflegestufe 1.
42Die Klägerin erfüllt allerdings nicht die weiteren Fördervoraussetzungen nach § 9 Abs. 2 Satz 1 PfG NRW und § 2 Nr. 1 AmbPFFV, wonach der Abschluss eines Versorgungsvertrages nach § 72 Abs. 1 SGB XI und einer vertraglichen Regelung nach § 85 oder § 89 SGB XI (sog. Vergütungsvereinbarung) erforderlich sind. Derartige Verträge hat die Klägerin unstreitig nicht für den N. abgeschlossen. Die Klägerin kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass der D2. der Region B1. mit den Landesverbänden der Pflegekassen derartige Vereinbarungen abgeschlossen hat und sie auf Grund der bestehenden Kooperation mit dem D2. Region B1. diesem gleichgestellt werden müsse. Dem steht entgegen, dass der Versorgungsvertrag nach seiner gesetzlichen Konzeption die Zulassung der jeweiligen Pflegeeinrichtung zur pflegerischen Versorgung regelt und für die jeweiligen Pflegeeinrichtungen eine statusbegründende Funktion hat. Erst mit dem Abschluss eines Versorgungsvertrages erlangen der Pflegedienst oder das Pflegeheim den Status einer zugelassen Pflegeeinrichtung mit der generellen Berechtigung und Verpflichtung, während der Dauer des Vertrages Pflegebedürftige zu Lasten der Pflegekassen zu versorgen,
43vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/5262 S. 135 zu § 81 (jetzt § 72) SGB XI.
44Die Versorgungsverträge stellen nach der gesetzlichen Regelung Individualverträge dar, die einrichtungsbezogen mit einem konkreten Versorgungsauftrag zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung und den Landesverbänden der Pflegekassen abgeschlossen werden. Dementsprechend hat der D2. der Region B1. jeweils als Träger der örtlichen D1. mit den Landesverbänden der Pflegekassen einen Versorgungsvertrag abgeschlossen. Die in dem Versorgungs- und auch im Rahmenvertrag für das Land Nordrhein-Westfalen vorgesehene Kooperationsmöglichkeit der jeweiligen Pflegeeinrichtung mit anderen Einrichtungen führt nicht dazu, dass der Versorgungsvertrag auch auf die „Kooperationseinrichtung“ erstreckt wird. Der Abschluss eines individuellen Versorgungsvertrages kann durch einen Kooperationsvertrag nicht ersetzt werden. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass gemäß § 71 Abs. 3 Satz 1 SGB XI Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen geschlossen werden, die die in Satz 1 Nr. 1-3 aufgeführten Voraussetzungen erfüllen, d.h. u.a. den Voraussetzungen des § 71 SGB XI entsprechen und Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten. Die Pflegeeinrichtungen durchlaufen vor Abschluss eines Versorgungsvertrages ein öffentlich-rechtliches Zulassungssystem und werden mit Abschluss des Vertrages in das öffentlich-rechtliche Sozialleistungssystem eingeordnet,
45vgl. dazu insgesamt auch Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/5262 S.136 zu § 81 (jetzt § 72) SGB XI; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand: Dezember 2012, § 72 SGB XI Rz. 14 ff,18 ff; Leitherer in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht – Bd.2, Stand: Oktober 2012, § 72 SGB XI Rz. 7,17 ff; Groth in Hauck/Noftz, SGB XI, Stand: Juni 2013, § 72 Rz. 11 ff, 32, 36 ff, 44; Schütze in Udsching/Schütze/Behrend/Bassen, SGB XI, 3. Aufl. 2010, § 72 Rz. 3, 4 ff, Plantholz/Pöld-Krämer in Klie/Krahmer, LPK-SGB XI, 3. Aufl. 2009, § 72 Rz. 2, 14 ff.
46Mit dem Erfordernis eines Versorgungsvertrages nach § 9 Abs. 2 PfG NRW und § 2 Nr. 1 AmbPFFV als Voraussetzung für eine Investitionsförderung wollte der Gesetzgeber gewährleisten, dass nur Pflegeeinrichtungen staatlich gefördert werden, die in der Lage sind, die notwendige Qualität und den erforderlichen Umfang zu gewährleisten, und sich zur Pflege auch vertraglich verpflichtet haben,
47vgl. dazu auch Gesetzesbegründung zur Vorgängervorschrift des § 8 Abs. 2 PfG NRW a.F. in LT-Drs. 12/194 S.41 und zu § 9 Abs. 2 PfG NRW in LT-Drs. 13/3498 S. 34.
48Durch die Vorlage eines Versorgungsvertrages sollte der für die Förderungsentscheidung zuständige Träger gerade von der Prüfung der Voraussetzungen der § 71 ff SGB XI entbunden werden, da die Prüfung dieser Voraussetzungen in erster Linie den Landesverbänden der Pflegekassen obliegt.
49Der Beklagten ist es jedoch nach Auffassung der Kammer für das Bewilligungsjahr 2011 in Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben verwehrt, der Klägerin den fehlendenden Abschluss eines Versorgungsvertrages sowie einer Vergütungsvereinbarung entgegenzuhalten.
50Der Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht als allgemeiner Rechtsgedanke das gesamte Rechtsleben und gilt entsprechend auch im Verwaltungsrecht. Er wird aus § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) abgeleitet, der über seinen Wortlaut hinaus das allgemeine Gebot der Beachtung von Treu und Glauben im rechtlichen Verkehr als allgemeinen Maßstab enthält, unter dem das gesamte private und öffentliche Recht steht. Dieser Grundsatz bedarf wegen seiner Allgemeinheit der Konkretisierung, welche durch Typisierung anhand von Fallgruppen erfolgt, wobei im öffentlichen Recht vornehmlich die unzulässige Ausübung von Rechten eine Rolle spielt,
51vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 11. Oktober 2012 – 5 C 22/11 -, juris, Rz. 25 m.w. Nw. zur Rspr. und Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. 2012, § 242 Rz. 1, 5 f., 38, 42 ff.
52In diesem Rahmen wurde von der Rechtsprechung u.a. die Fallgruppe des widersprüchlichen Verhaltens entwickelt, wonach die Berufung auf ein Recht, einen Umstand oder wie hier auf ein Tatbestandsmerkmal einer Anspruchsnorm treuwidrig ist, wenn ein Beteiligter einer Rechtsbeziehung auf Grund seines bisherigen Verhaltens bei der Gegenseite den Eindruck erweckt hat, dass es auf den betreffenden Umstand (hier: Tatbestandsmerkmal) nicht ankommt, und dadurch bei dem anderen Beteiligten ein schutzwürdiges Vertrauen begründet hat. Dies ist nach Auffassung der Kammer vorliegend der Fall.
53Die Kammer stellt insoweit die jahrelang geübte Praxis des Rechtsvorgängers der Beklagten und in der Folge der Beklagten selbst – für das Jahr 2010 – in Rechnung, von der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin auf Grund der bestehenden Kooperation mit dem D2. der Region B1. und den jeweiligen D1. im Rahmen der Investitionsförderung keinen gesonderten Nachweis eines eigenen Versorgungsvertrages für den N. zu fordern. Nach dieser zuvor geübten Praxis erfuhr der N. der Klägerin insoweit auf Grund der für die D1. abgeschlossenen Versorgungs- bzw. Vergütungsverträge eine Gleichbehandlung mit den jeweiligen D1. . Ausweislich der vorliegenden Verwaltungsvorgänge – insbesondere in den Verfahren 2 K 1469/11 und 2 K 1488/11 - erfolgte die Bewilligung der Investitionsförderung für die jeweiligen N. zusammen mit der Bewilligung für die D1. des D1. Region B1. , wobei der D2. für die jeweiligen D1. einen Förderungsantrag unter Berufung auf den vorliegenden Versorgungsvertrag stellte und daneben auch die jeweiligen N. eigene Anträge stellten und den Abschluss eines Versorgungsvertrages bestätigten. Das Bewilligungsverfahren wurde – auf Grund der bestehenden Kooperationen - für die jeweiligen D1. und N. zusammen durchgeführt; die für diese Einrichtungen beantragte Investitionsförderung wurde zusammen an den D2. Region B1. bewilligt.
54Von dieser Praxis ist auch die Beklagte im Jahr 2010 nicht abgewichen.
55Für die Klägerin war insoweit bei der Antragstellung im Februar 2011 nicht ersichtlich, dass die Beklagte künftig - entsprechend den gesetzlichen Vorschriften - den Nachweis über den Abschluss eines eigenen Versorgungsvertrages erwartete und die bestehende Kooperation mit dem D2. nicht mehr als ausreichend ansehen würde. Den Verwaltungsvorgängen lässt sich auch kein Hinweis an die Klägerin auf die fehlenden Anspruchsvoraussetzungen und die nicht mehr mögliche Berücksichtigung des N. im Rahmen der Kooperationen entnehmen. Insoweit ist der Hinweis der Beklagten, dass dem D2. die Unrechtmäßigkeit der bisherigen Investitionsförderung hätte bekannt sein müssen, weil nach ihrer Kenntnis in den Kreisen I1. , T2. und auch in der Stadt B1. keine Förderung der N. erfolgt sei, nicht ausreichend. Ungeachtet der Frage, inwieweit sich die Klägerin etwaige Kenntnisse des D1. zurechnen lassen müsste, erfolgte ausweislich der vorliegenden Verwaltungsvorgänge und nach dem Vorbringen der Klägerin die Änderung der Bewilligungspraxis durch die Beklagte für diese „überraschend“.
56Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung hat die Kammer neben dem hier bestehenden öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Bewilligung und Verwendung öffentlicher Fördergelder auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin sowohl die dem Bewilligungsantrag zu Grunde liegenden abgerechneten Leistungen im Jahr 2010 als auch bereits für das Jahr 2011 weiterhin Leistungen in vollem Umfang erbracht hatte. In die Abwägung eingestellt hat die Kammer ferner, dass die Bewilligungspraxis schon über viele Jahre erfolgte, den Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zufolge offenbar schon seit 1996. Die Klägerin hat darüber hinaus auf die ihr nunmehr mit Ablehnungsbescheid bekannt gewordene Rechtslage und das zukünftige Ausbleiben einer Förderung reagiert und den N. zum 30. September 2012 eingestellt. Nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides kann sich die Klägerin zudem nicht mehr auf einen Vertrauenstatbestand berufen.
57Hinsichtlich der Höhe der für das Jahr 2011 beantragten - und letztmalig zu bewilligenden - Investitionsförderung wurden seitens der Beklagten im Übrigen keine Einwendungen geltend gemacht.
58Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
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(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4) festzulegen, die von der Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten zu erbringen sind (Versorgungsauftrag).
(2) Der Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung oder einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger und den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe im Land abgeschlossen, soweit nicht nach Landesrecht der örtliche Träger für die Pflegeeinrichtung zuständig ist; für mehrere oder alle selbständig wirtschaftenden Einrichtungen (§ 71 Abs. 1 und 2) einschließlich für einzelne, eingestreute Pflegeplätze eines Pflegeeinrichtungsträgers, die vor Ort organisatorisch miteinander verbunden sind, kann, insbesondere zur Sicherstellung einer quartiersnahen Unterstützung zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen, ein einheitlicher Versorgungsvertrag (Gesamtversorgungsvertrag) geschlossen werden. Er ist für die Pflegeeinrichtung und für alle Pflegekassen im Inland unmittelbar verbindlich. Bei Betreuungsdiensten nach § 71 Absatz 1a sind bereits vorliegende Vereinbarungen aus der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste zu beachten.
(3) Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die
- 1.
den Anforderungen des § 71 genügen, - 2.
die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten und die Vorgaben des Absatzes 3a oder Absatzes 3b erfüllen, - 3.
sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln, - 4.
sich verpflichten, die ordnungsgemäße Durchführung von Qualitätsprüfungen zu ermöglichen, - 5.
sich verpflichten, an dem Verfahren zur Übermittlung von Daten nach § 35 Absatz 6 des Infektionsschutzgesetzes teilzunehmen, sofern es sich bei ihnen um stationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 71 Absatz 2 handelt;
(3a) Ab dem 1. September 2022 dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, Gehälter zahlen, die in Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbart ist, an die die jeweiligen Pflegeeinrichtungen gebunden sind.
(3b) Mit Pflegeeinrichtungen, die nicht an Tarifverträge oder kirchliche Arbeitsrechtsregelungen für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, gebunden sind, dürfen Versorgungsverträge ab dem 1. September 2022 nur abgeschlossen werden, wenn diese Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, eine Entlohnung zahlen, die
- 1.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen räumlicher, zeitlicher, fachlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, - 2.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen fachlicher Geltungsbereich mindestens eine andere Pflegeeinrichtung in der Region erfasst, in der die Pflegeeinrichtung betrieben wird, und dessen zeitlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, - 3.
die Höhe der Entlohnung von Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht unterschreitet oder - 4.
hinsichtlich der Entlohnungsbestandteile nach Satz 2 Nummer 1 bis 5, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der in § 82c Absatz 2 Satz 4 genannten Qualifikationsgruppen jeweils im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der jeweiligen regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und hinsichtlich der pflegetypischen Zuschläge nach Satz 2 Nummer 6, die den in Satz 1 genannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, jeweils in der nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten Höhe, nicht unterschreitet.
- 1.
der Grundlohn, - 2.
regelmäßige Jahressonderzahlungen, - 3.
vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers, - 4.
pflegetypische Zulagen, - 5.
der Lohn für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sowie - 6.
pflegetypische Zuschläge.
- 1.
Nachtzuschläge für eine Tätigkeit in der Nacht, mindestens im Zeitraum zwischen 23 und 6 Uhr, - 2.
Sonntagszuschläge für eine Tätigkeit an Sonntagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr, - 3.
Feiertagszuschläge für eine Tätigkeit an gesetzlichen Feiertagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr.
(3c) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt in Richtlinien, erstmals bis zum Ablauf des 30. September 2021, das Nähere insbesondere zu den Verfahrens- und Prüfgrundsätzen für die Einhaltung der Vorgaben der Absätze 3a und 3b sowie zu den nach Absatz 3e Satz 1 Nummer 2 erforderlichen Angaben fest. In den Richtlinien ist auch festzulegen, welche Folgen eintreten, wenn eine Pflegeeinrichtung ihre Mitteilungspflicht nach Absatz 3d Satz 2 oder Absatz 3e nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Die in den Richtlinien vorgesehenen Folgen müssen verhältnismäßig sein und im Einzelfall durch den jeweiligen Landesverband der Pflegekassen gegenüber der Pflegeeinrichtung verhältnismäßig angewendet werden. Bei der Festlegung hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe zu beteiligen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmigt. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. Die Richtlinien sind für die Pflegekassen und ihre Verbände sowie für die Pflegeeinrichtungen verbindlich.
(3d) Pflegeeinrichtungen haben den Landesverbänden der Pflegekassen zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b mitzuteilen,
- 1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind, - 2.
welcher Tarifvertrag oder welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in den Fällen des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 1 bis 3 für sie maßgebend ist oder sind oder - 3.
ob im Fall des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 4 die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 für sie maßgebend sind.
(3e) Pflegeeinrichtungen, die im Sinne von Absatz 3a an Tarifverträge oder an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebunden sind, haben dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen bis zum Ablauf des 31. August jeden Jahres Folgendes mitzuteilen:
- 1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind, - 2.
Angaben über die sich aus diesen Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ergebende am 1. August des Jahres gezahlte Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, soweit diese Angaben zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach den Absätzen 3a und 3b oder zur Ermittlung des oder der regional üblichen Entlohnungsniveaus sowie der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 erforderlich sind.
(3f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 die Wirkungen der Regelungen der Absätze 3a und 3b und des § 82c.
(3g) Versorgungsverträge, die mit Pflegeeinrichtungen vor dem 1. September 2022 abgeschlossen wurden, sind spätestens bis zum Ablauf des 31. August 2022 mit Wirkung ab dem 1. September 2022 an die Vorgaben des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b anzupassen.
(4) Mit Abschluß des Versorgungsvertrages wird die Pflegeeinrichtung für die Dauer des Vertrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten zugelassen. Die zugelassene Pflegeeinrichtung ist im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten verpflichtet; dazu gehört bei ambulanten Pflegediensten auch die Durchführung von Beratungseinsätzen nach § 37 Absatz 3 auf Anforderung des Pflegebedürftigen. Die Pflegekassen sind verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung nach Maßgabe des Achten Kapitels zu vergüten.
(5) (aufgehoben)
(1) Die Landesverbände der Pflegekassen schließen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. im Land mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im Land gemeinsam und einheitlich Rahmenverträge mit dem Ziel, eine wirksame und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Für Pflegeeinrichtungen, die einer Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenverträge auch von der Kirche oder Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Pflegeeinrichtung angehört. Bei Rahmenverträgen über ambulante Pflege sind die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe oder anderer nach Landesrecht für die Sozialhilfe zuständigen Träger, bei Rahmenverträgen über stationäre Pflege die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe als Vertragspartei am Vertragsschluß zu beteiligen. Die Rahmenverträge sind für die Pflegekassen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Inland unmittelbar verbindlich. Sie sind von den Landesverbänden der Pflegekassen zu veröffentlichen.
(2) Die Verträge regeln insbesondere:
- 1.
den Inhalt der Pflegeleistungen einschließlich der Sterbebegleitung sowie bei stationärer Pflege die Abgrenzung zwischen den allgemeinen Pflegeleistungen, den Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und den Zusatzleistungen, - 1a.
bei häuslicher Pflege den Inhalt der ergänzenden Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen, - 2.
die allgemeinen Bedingungen der Pflege einschließlich der Vertragsvoraussetzungen und der Vertragserfüllung für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung, der Kostenübernahme, der Abrechnung der Entgelte und der hierzu erforderlichen Bescheinigungen und Berichte, - 3.
Maßstäbe und Grundsätze für eine wirtschaftliche und leistungsbezogene, am Versorgungsauftrag orientierte personelle und sächliche Ausstattung der Pflegeeinrichtungen, - 4.
die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Pflege, - 5.
Abschläge von der Pflegevergütung bei vorübergehender Abwesenheit (Krankenhausaufenthalt, Beurlaubung) des Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim, - 6.
den Zugang des Medizinischen Dienstes und sonstiger von den Pflegekassen beauftragter Prüfer zu den Pflegeeinrichtungen, - 7.
die Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfungen, - 8.
die Grundsätze zur Festlegung der örtlichen oder regionalen Einzugsbereiche der Pflegeeinrichtungen, um Pflegeleistungen ohne lange Wege möglichst orts- und bürgernah anzubieten, - 9.
die Möglichkeiten, unter denen sich Mitglieder von Selbsthilfegruppen, ehrenamtliche Pflegepersonen und sonstige zum bürgerschaftlichen Engagement bereite Personen und Organisationen in der häuslichen Pflege sowie in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an der Betreuung Pflegebedürftiger beteiligen können, - 10.
die Anforderungen an die nach § 85 Absatz 3 geeigneten Nachweise zur Darlegung der prospektiven Sach- und Personalaufwendungen einschließlich der Aufwendungen für die Personalbeschaffung sowie geeigneter Qualitätsnachweise für die Anwerbung von Pflegepersonal aus Drittstaaten bei den Vergütungsverhandlungen, soweit nicht von den Richtlinien gemäß § 82c Absatz 4 umfasst.
(3) Als Teil der Verträge nach Absatz 2 Nr. 3 sind entweder
- 1.
landesweite Verfahren zur Ermittlung des Personalbedarfs oder zur Bemessung der Pflegezeiten oder - 2.
landesweite Personalrichtwerte
- 1.
das Verhältnis zwischen der Zahl der Heimbewohner und der Zahl der Pflege- und Betreuungskräfte (in Vollzeitkräfte umgerechnet), unterteilt nach Pflegegrad (Personalanhaltszahlen), sowie - 2.
im Bereich der Pflege, der Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege zusätzlich den Anteil der ausgebildeten Fachkräfte am Pflege- und Betreuungspersonal.
(4) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 innerhalb von sechs Monaten ganz oder teilweise nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Vertragsverhandlungen aufgefordert hat, wird sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Schiedsstelle nach § 76 festgesetzt. Satz 1 gilt auch für Verträge, mit denen bestehende Rahmenverträge geändert oder durch neue Verträge abgelöst werden sollen.
(5) Die Verträge nach Absatz 1 können von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Jahr ganz oder teilweise gekündigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die von der Schiedsstelle nach Absatz 4 getroffenen Regelungen. Diese können auch ohne Kündigung jederzeit durch einen Vertrag nach Absatz 1 ersetzt werden.
(6) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sollen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. sowie unabhängiger Sachverständiger gemeinsam mit der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe Empfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben. Sie arbeiten dabei mit den Verbänden der Pflegeberufe sowie den Verbänden der Behinderten und der Pflegebedürftigen eng zusammen.
(7) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene vereinbaren gemeinsam und einheitlich Grundsätze ordnungsgemäßer Pflegebuchführung für die ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. Die Vereinbarung nach Satz 1 tritt unmittelbar nach Aufhebung der gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erlassenen Rechtsverordnung in Kraft und ist den im Land tätigen zugelassenen Pflegeeinrichtungen von den Landesverbänden der Pflegekassen unverzüglich bekannt zu geben. Sie ist für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.
(1) Die Vergütung der ambulanten Leistungen der häuslichen Pflegehilfe und der ergänzenden Unterstützungsleistungen bei der Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen wird, soweit nicht die Gebührenordnung nach § 90 Anwendung findet, zwischen dem Träger des Pflegedienstes und den Leistungsträgern nach Absatz 2 für alle Pflegebedürftigen nach einheitlichen Grundsätzen vereinbart. Sie muß leistungsgerecht sein. Die Vergütung muss einem Pflegedienst bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seine Aufwendungen zu finanzieren und seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen unter Berücksichtigung einer angemessenen Vergütung ihres Unternehmerrisikos. Eine Differenzierung in der Vergütung nach Kostenträgern ist unzulässig.
(2) Vertragsparteien der Vergütungsvereinbarung sind die Träger des Pflegedienstes sowie
- 1.
die Pflegekassen oder sonstige Sozialversicherungsträger, - 2.
die Träger der Sozialhilfe, die für die durch den Pflegedienst versorgten Pflegebedürftigen zuständig sind, sowie - 3.
die Arbeitsgemeinschaften der unter Nummer 1 und 2 genannten Träger,
(3) Die Vergütungen können, je nach Art und Umfang der Pflegeleistung, nach dem dafür erforderlichen Zeitaufwand oder unabhängig vom Zeitaufwand nach dem Leistungsinhalt des jeweiligen Pflegeeinsatzes, nach Komplexleistungen oder in Ausnahmefällen auch nach Einzelleistungen bemessen werden; sonstige Leistungen wie hauswirtschaftliche Versorgung, Behördengänge oder Fahrkosten können auch mit Pauschalen vergütet werden. Die Vergütungen haben zu berücksichtigen, dass Leistungen von mehreren Pflegebedürftigen gemeinsam abgerufen und in Anspruch genommen werden können; die sich aus einer gemeinsamen Leistungsinanspruchnahme ergebenden Zeit- und Kostenersparnisse kommen den Pflegebedürftigen zugute. Bei der Vereinbarung der Vergütung sind die Grundsätze für die Vergütung von längeren Wegezeiten, insbesondere in ländlichen Räumen, die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 5 des Fünften Buches vorzusehen sind, zu berücksichtigen; die in den Rahmenempfehlungen geregelten Verfahren zum Vorweis der voraussichtlichen Personalkosten im Sinne von § 85 Absatz 3 Satz 5 können berücksichtigt werden. § 84 Absatz 4 Satz 2 und Absatz 7, § 85 Absatz 3 bis 7 und § 86 gelten entsprechend.
(1) Die Landesverbände der Pflegekassen schließen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. im Land mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im Land gemeinsam und einheitlich Rahmenverträge mit dem Ziel, eine wirksame und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Für Pflegeeinrichtungen, die einer Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenverträge auch von der Kirche oder Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Pflegeeinrichtung angehört. Bei Rahmenverträgen über ambulante Pflege sind die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe oder anderer nach Landesrecht für die Sozialhilfe zuständigen Träger, bei Rahmenverträgen über stationäre Pflege die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe als Vertragspartei am Vertragsschluß zu beteiligen. Die Rahmenverträge sind für die Pflegekassen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Inland unmittelbar verbindlich. Sie sind von den Landesverbänden der Pflegekassen zu veröffentlichen.
(2) Die Verträge regeln insbesondere:
- 1.
den Inhalt der Pflegeleistungen einschließlich der Sterbebegleitung sowie bei stationärer Pflege die Abgrenzung zwischen den allgemeinen Pflegeleistungen, den Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und den Zusatzleistungen, - 1a.
bei häuslicher Pflege den Inhalt der ergänzenden Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen, - 2.
die allgemeinen Bedingungen der Pflege einschließlich der Vertragsvoraussetzungen und der Vertragserfüllung für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung, der Kostenübernahme, der Abrechnung der Entgelte und der hierzu erforderlichen Bescheinigungen und Berichte, - 3.
Maßstäbe und Grundsätze für eine wirtschaftliche und leistungsbezogene, am Versorgungsauftrag orientierte personelle und sächliche Ausstattung der Pflegeeinrichtungen, - 4.
die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Pflege, - 5.
Abschläge von der Pflegevergütung bei vorübergehender Abwesenheit (Krankenhausaufenthalt, Beurlaubung) des Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim, - 6.
den Zugang des Medizinischen Dienstes und sonstiger von den Pflegekassen beauftragter Prüfer zu den Pflegeeinrichtungen, - 7.
die Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfungen, - 8.
die Grundsätze zur Festlegung der örtlichen oder regionalen Einzugsbereiche der Pflegeeinrichtungen, um Pflegeleistungen ohne lange Wege möglichst orts- und bürgernah anzubieten, - 9.
die Möglichkeiten, unter denen sich Mitglieder von Selbsthilfegruppen, ehrenamtliche Pflegepersonen und sonstige zum bürgerschaftlichen Engagement bereite Personen und Organisationen in der häuslichen Pflege sowie in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an der Betreuung Pflegebedürftiger beteiligen können, - 10.
die Anforderungen an die nach § 85 Absatz 3 geeigneten Nachweise zur Darlegung der prospektiven Sach- und Personalaufwendungen einschließlich der Aufwendungen für die Personalbeschaffung sowie geeigneter Qualitätsnachweise für die Anwerbung von Pflegepersonal aus Drittstaaten bei den Vergütungsverhandlungen, soweit nicht von den Richtlinien gemäß § 82c Absatz 4 umfasst.
(3) Als Teil der Verträge nach Absatz 2 Nr. 3 sind entweder
- 1.
landesweite Verfahren zur Ermittlung des Personalbedarfs oder zur Bemessung der Pflegezeiten oder - 2.
landesweite Personalrichtwerte
- 1.
das Verhältnis zwischen der Zahl der Heimbewohner und der Zahl der Pflege- und Betreuungskräfte (in Vollzeitkräfte umgerechnet), unterteilt nach Pflegegrad (Personalanhaltszahlen), sowie - 2.
im Bereich der Pflege, der Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege zusätzlich den Anteil der ausgebildeten Fachkräfte am Pflege- und Betreuungspersonal.
(4) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 innerhalb von sechs Monaten ganz oder teilweise nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Vertragsverhandlungen aufgefordert hat, wird sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Schiedsstelle nach § 76 festgesetzt. Satz 1 gilt auch für Verträge, mit denen bestehende Rahmenverträge geändert oder durch neue Verträge abgelöst werden sollen.
(5) Die Verträge nach Absatz 1 können von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Jahr ganz oder teilweise gekündigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die von der Schiedsstelle nach Absatz 4 getroffenen Regelungen. Diese können auch ohne Kündigung jederzeit durch einen Vertrag nach Absatz 1 ersetzt werden.
(6) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sollen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. sowie unabhängiger Sachverständiger gemeinsam mit der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe Empfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben. Sie arbeiten dabei mit den Verbänden der Pflegeberufe sowie den Verbänden der Behinderten und der Pflegebedürftigen eng zusammen.
(7) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene vereinbaren gemeinsam und einheitlich Grundsätze ordnungsgemäßer Pflegebuchführung für die ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. Die Vereinbarung nach Satz 1 tritt unmittelbar nach Aufhebung der gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erlassenen Rechtsverordnung in Kraft und ist den im Land tätigen zugelassenen Pflegeeinrichtungen von den Landesverbänden der Pflegekassen unverzüglich bekannt zu geben. Sie ist für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.
(1) Die Vergütung der ambulanten Leistungen der häuslichen Pflegehilfe und der ergänzenden Unterstützungsleistungen bei der Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen wird, soweit nicht die Gebührenordnung nach § 90 Anwendung findet, zwischen dem Träger des Pflegedienstes und den Leistungsträgern nach Absatz 2 für alle Pflegebedürftigen nach einheitlichen Grundsätzen vereinbart. Sie muß leistungsgerecht sein. Die Vergütung muss einem Pflegedienst bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seine Aufwendungen zu finanzieren und seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen unter Berücksichtigung einer angemessenen Vergütung ihres Unternehmerrisikos. Eine Differenzierung in der Vergütung nach Kostenträgern ist unzulässig.
(2) Vertragsparteien der Vergütungsvereinbarung sind die Träger des Pflegedienstes sowie
- 1.
die Pflegekassen oder sonstige Sozialversicherungsträger, - 2.
die Träger der Sozialhilfe, die für die durch den Pflegedienst versorgten Pflegebedürftigen zuständig sind, sowie - 3.
die Arbeitsgemeinschaften der unter Nummer 1 und 2 genannten Träger,
(3) Die Vergütungen können, je nach Art und Umfang der Pflegeleistung, nach dem dafür erforderlichen Zeitaufwand oder unabhängig vom Zeitaufwand nach dem Leistungsinhalt des jeweiligen Pflegeeinsatzes, nach Komplexleistungen oder in Ausnahmefällen auch nach Einzelleistungen bemessen werden; sonstige Leistungen wie hauswirtschaftliche Versorgung, Behördengänge oder Fahrkosten können auch mit Pauschalen vergütet werden. Die Vergütungen haben zu berücksichtigen, dass Leistungen von mehreren Pflegebedürftigen gemeinsam abgerufen und in Anspruch genommen werden können; die sich aus einer gemeinsamen Leistungsinanspruchnahme ergebenden Zeit- und Kostenersparnisse kommen den Pflegebedürftigen zugute. Bei der Vereinbarung der Vergütung sind die Grundsätze für die Vergütung von längeren Wegezeiten, insbesondere in ländlichen Räumen, die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 5 des Fünften Buches vorzusehen sind, zu berücksichtigen; die in den Rahmenempfehlungen geregelten Verfahren zum Vorweis der voraussichtlichen Personalkosten im Sinne von § 85 Absatz 3 Satz 5 können berücksichtigt werden. § 84 Absatz 4 Satz 2 und Absatz 7, § 85 Absatz 3 bis 7 und § 86 gelten entsprechend.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. Juli 2011 verpflichtet, der Klägerin eine Investitionskostenpauschale für das Jahr 2011 nach dem Landespflegegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen in Höhe von 8.747,32 € zu gewähren.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin erstrebt mit der vorliegenden Klage die Bewilligung einer Investitionskostenpauschale nach § 10 des Gesetzes zur Umsetzung des Pflegeversicherungsgesetzes (Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen PfG NW) i.V.m. § 3 der Verordnung über die Förderung ambulanter Pflegeeinrichtungen nach dem Landespflegegesetz (AmbPfFV) für das Jahr 2011 (nach den Antragsunterlagen in Höhe von 8.747,32 €)
3Die Klägerin ist Trägerin des Mobilen Sozialen Dienstes W. . Dieser Mobile Soziale Dienst erbringt Hilfen für Pflegebedürftige in den Bereichen Hausarbeit, Besorgung, Betreuung, Körperpflege, Begleiten, Service und Beraten. Die Leistungen werden von der Klägerin in Kooperation mit der Caritas Pflegestation erbracht, deren Träger der Caritas Verband für die Regionen B. -Stadt und B. -Land ist.
4Die ambulante Pflegeeinrichtung der Klägerin hat ihre Tätigkeit im November 1987 aufgenommen. Sie arbeitet bereits seit 1995 auf Grund eines Kooperationsvertrages mit der Caritas-Pflegestation (CPS) T. "Am C. Krankenhaus" zusammen, der durch eine zweite Vereinbarung aus dem Jahr 2008 ersetzt wurde. Träger dieser Caritas-Pflegestation ist der Caritasverband für die Regionen B. -Stadt und B. -Land e.V. (hier: Caritasverband B. ), dessen korporatives Mitglied die Klägerin ist.
5Für das Land Nordrhein-Westfalen gilt seit dem 1. Juli 1995 der Rahmenvertrag über die ambulante pflegerische Versorgung gemäß § 75 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs, 11. Buch (SGB XI), der u. a. zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, dem auch der Caritasverband für das Bistum B. e.V. angehört, und der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Sozialhilfeträger NRW und den Landesverbänden der Pflegekassen in NRW abgeschlossen worden ist.
6Dieser Rahmenvertrag enthält u.a. folgende Regelung:
7„ § 10 Leistungsfähigkeit
8(1) Innerhalb ihres Einzugsbereiches sind die Pflegedienste im Rahmen ihrer personellen Möglichkeiten verpflichtet, die Pflegebedürftigen zu versorgen, die die Pflegeleistungen dieser Einrichtungen in Anspruch nehmen wollen. Im Rahmen des Versorgungsauftrages hat jeder Pflegedienst die individuelle Versorgung der Pflegebedürftigen mit Pflegeleistungen zu jeder Zeit, bei Tag und Nacht, einschließlich an Sonn- und Feiertagen, zu gewährleisten. Pflegerische Leistungen können in Kooperation mit andern zugelassenen Pflegediensten erbracht werden; andere Formen der Kooperation bedürfen der vorherigen Zustimmung aller Landesverbände der Pflegekassen. Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung sind Kooperationen mit anderen Einrichtungen möglich.
9(2) Pflegedienste, die Leistungen nach diesem Vertrag in Kooperation mit anderen Einrichtungen erbringen, zeigen dies den Landesverbänden der Pflegekassen unverzüglich an.
10(3) Die fachliche Verantwortung für die Leistungserbringung des Kooperationspartners trägt gegenüber den Pflegebedürftigen und den Pflegekassen der ursprünglich beauftragte Pflegedienst. Dieser rechnet auch die vom Kooperationspartner erbrachten Pflegeleistungen mit den Pflegekassen ab.“
11Zwischen dem Caritasverband B. als Träger der CPS T. wurde im Jahr 1996 mit Landesverbänden der Pflegekassen für das Land Nordrhein-Westfalen ein Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI über ambulante Pflegeleistungen geschlossen.
12Dieser Versorgungsvertrag enthält u.a. folgende Regelung:
13„§ 5 Versorgungsauftrag
14..........
15(4) Im Rahmen seiner Versorgungspflicht hat der Pflegedienst die individuelle Versorgung der Pflegebedürftigen mit Pflegeleistungen zu jeder Zeit, bei Tag und Nacht, einschließlich an Sonn- und Feiertagen, zu gewährleisten. Dies kann in Kooperation mit anderen Einrichtungen oder durch die Beteiligung an regionalen Kooperationen geschehen. Näheres regelt der Rahmenvertrag nach § 75 SGB XI.“
16Zwischen den genannten Vertragsparteien wurde des Weiteren im Jahr 2009 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 eine Vereinbarung gemäß § 89 SGB XI (sog. Vergütungsvereinbarung) über die Vergütung ambulanter Pflegeleistungen im Rheinland geschlossen.
17Die Klägerin schloss mit dem Caritasverband Region B. als Träger der CPS X. im April 2008 einen zweiten Kooperationsvertrag über ambulante Pflegeleistungen nach dem SGB XI. Gegenstand des Vertrages (§ 1) ist die Sicherstellung einer im Einzelfall erforderlichen regelmäßigen hauswirtschaftlichen und pflegerischen Versorgung von als pflegebedürftig anerkannten Personen durch die Mitarbeiterinnen des Mobilen Sozialen Dienstes. Die Inhalte der Leistungen (§ 2) richten sich nach § 2 des Rahmenvertrages gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI. Im Bereich der Körperpflege können u. a. nach zeitnaher Abstimmung mit der CPS pflegerische Leistungen bei Patienten im Bereich der anerkannten Pflegestufe 1 durch den Mobilen Sozialen Dienst erbracht werden. Der Kooperationsvertrag enthält darüber hinaus u.a. folgende Vereinbarungen:
18„§ 3 Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen
19Gemäß § 10 Abs. 2 des Rahmenvertrages nach § 75 Abs. 1 SGB XI wird der Kooperationsvertrag vom Träger der CPS den Pflegekassen angezeigt.
20Der Caritasverband für die Regionen B. -Stadt und B. -Land e.V. als Träger der Caritas-Pflegestation hat einen Versorgungsvertrag nach § 72 XI mit den Pflegekassen für den Einzugsbereich Stadt und Kreis B. abgeschlossen. Die Caritas-Pflegestationen sind berechtigt, Pflegesachleistungen mit den Pflegekassen und Sozialhilfeträgern abzurechnen. Eventuelle Änderungen des Versorgungsvertrages teilt der regionale Caritasverband unverzüglich mit.
21§ 7 Vergütung
22Die Leistungen des MSD werden gegen Entgelt erbracht. Die Vergütungsvereinbarung gemäß § 89 SGB XI ist Bestandteil des Vertrages und Grundlage für die Vergütung der vom MSD erbrachten Leistungen. Die Abrechnung der Leistungen mit den Kostenträgern Pflegekasse und Sozialhilfeträger erfolgt allein durch die Caritas-Pflegestation.
23Die Kostenregelung mit den öffentlichen Kostenträgern und den Krankenkassen bzw. Pflegekassen trifft der regionale Caritasverband als Träger der Caritas-Pflegestation.
24Die Entgelte der Pflegekassen für die von der Caritas-Pflegestation an den MSD übertragenen Aufgaben werden nach Erhalt an diesen zeitnah weitergeleitet. .........“.
25.
26Seit Bestehen der ersten Kooperation erfolgte die Abrechnung der von der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin erbrachten Leistungen mit den Kostenträgern durch die Caritas-Pflegestation. In den vorausgegangenen Jahren gewährten zunächst der Kreis B. bis zum Jahre 2009 und die Beklagte als dessen Rechtsnachfolgerin im Jahr 2010 eine Investitionskostenförderung gemäß § 10 PfG NRW für die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin. Die Bewilligung dieser Investitionskostenförderung erfolgte nach den dem Gericht im vorliegenden und dem Parallelverfahren (2 K 1469/11) vorgelegten Unterlagen für die Jahre 2008 bis 2010 im Rahmen der von dem Caritasverband Region B. für die jeweilige Caritas-Pflegestation bewilligten Investitionskostenpauschale, die jeweils die Förderung für die Mobilen Sozialen Dienste mit erfasste.
27Die Klägerin beantragte unter dem 22. Januar 2011 – wie in den vorausgegangenen Jahren - die Gewährung einer Investitionskostenpauschale für das Jahr 2011. Sie erklärte in ihrem Antrag, dem Caritasverband Region B. als Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege anzugehören und die Voraussetzungen des § 9 PfG NRW (Versorgungsvertrag und Vergütungsvereinbarung) zu erfüllen. Sie legte ein sog. alternatives Testat des Caritasverbandes für das Bistum B. e.V. vom 18. April 2011 für den Mobilen Sozialen Dienst T. -W. vor, wonach bestätigt wird, dass dieser in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2010 zu Lasten der Pflegekassen Leistungen in Höhe von 106.188,43. € abgerechnet hat. Die von der Klägerin vorgenommene Umrechnung der abgerechneten Leistungen auf der Grundlage der Punktwerte nach der Vergütungsvereinbarung ergab eine Investitionskostenpauschale in Höhe der in diesem Verfahren streitbefangenen 8.747,32 €.
28Mit Bescheid vom 21. Juli 2011 lehnte die Beklagte den Antrag für das Jahr 2011 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 PfG NRW seien nicht erfüllt. Bei der Klägerin handele es sich nicht um eine Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 und Abs. 2 PfG NRW. Dort würden Mobile Soziale Dienste nicht ausdrücklich genannt. Ferner seien auch die Voraussetzungen für die Förderung gemäß § 9 Abs. 2 PfG NRW nicht erfüllt, da die Klägerin weder einen Versorgungsvertrag nach § 72 Abs. 1 SGB XI noch eine Vergütungsvereinbarung nach § 89 SGB XI abgeschlossen habe.
29Die Klägerin hat am 18. August 2011 Klage erhoben und ausgeführt, dass sie als Mobiler Sozialer Dienst eine ambulante Pflegeeinrichtung im Sinne des § 8 Abs. 2 PfG NRW sei. Sie sei eine selbstständig wirtschaftende Einrichtung, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegekraft Leistungen in der hauswirtschaftlichen Versorgung und Pflege von Pflegebedürftigen erbringe. Auch wenn § 8 Abs. 1 PfG NRW den Mobilen Sozialen Dienst nicht ausdrücklich erwähne, so werde er doch von der abstrakten Umschreibung des Begriffs der ambulanten Pflegeeinrichtung umfasst. Zudem sei die Aufzählung in Abs. 1 nicht als abschließend anzusehen. Darüber hinaus sei sie als zugelassene Pflegeeinrichtung im Sinne des § 72 Abs. 1 SGB XI anzusehen, auch wenn ein Versorgungsvertrag nicht unmittelbar zwischen ihr und den Trägern der Pflegekassen bestehe. Sowohl nach § 10 Abs. 1 des Rahmenvertrages gemäß § 75 SGB XI als auch gemäß § 5 Abs. 4 des Versorgungsvertrages nach § 72 SGB XI sei eine Kooperation mit anderen Einrichtungen möglich. Diese bedürfe teilweise der Zustimmung der Pflegekassen. Eine derartige Kooperation habe sie mit dem Caritasverband für die Region B. -Stadt und B. -Land e.V. abgeschlossen.
30Die Beklagte könne sich auch nicht auf eine fehlende Zustimmung der Landesverbände der Pflegekassen berufen. Dieses Erfordernis beziehe sich nur "auf andere Formen der Kooperationen". Im Übrigen sei der Beklagten eine Berufung auf die angeblich fehlende Zustimmung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben versagt. Sie - die Klägerin – bzw. ihre Rechtsvorgängerin würden die Leistungen seit Jahren erbringen; diese seien stets vergütet und die streitgegenständliche Investitionskostenpauschale sei bewilligt worden. Die Zusammenarbeit mit den Sozialleistungsträgern werde bereits seit Jahrzehnten praktiziert. Bereits unter der Geltung des § 132 SGB V a.F. seien von ihrer Rechtsvorgängerin hauswirtschaftliche Leistungen erbracht worden und es habe ein Vertrag nach § 132 Abs. 1 SGB V mit den Krankenkassen bestanden, dem ihre Rechtsvorgängerin beigetreten sei. Zudem habe schon damals eine Kooperation mit dem Caritasverband bestanden. Der damalige Kooperationsvertrag aus dem Jahr 1995 sei allerdings ab dem Zeitpunkt 2001 dahingehend geändert worden, dass unmittelbar mit den Pflegekassen abgerechnet worden sei. Der derzeit gültige Kooperationsvertrag aus dem Jahr 2008 habe diesen alten Kooperationsvertrag ersetzt. Im Übrigen seien die Leistungen für das Jahr 2011 ebenfalls bereits erbracht worden. Ohne irgendeinen erkennbaren Grund habe die Beklagte ihre bisher geübte Praxis aufgegeben.
31Die Klägerin beantragt,
32die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. Juli 2011 zu verpflichten, der Klägerin eine Investitionskostenpauschale für das Jahr 2011 nach dem Landespflegegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen in Höhe von 8.747,32 € zu gewähren.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie führt unter Bezugnahme auf den streitgegenständlichen Bescheid ergänzend aus, dass in der Vorschrift des § 8 PfG NRW explizit eine nummerische Aufzählung von vier Einrichtungen benannt werde, die als Pflegeeinrichtungen im Sinne des Landespflegegesetzes zu verstehen seien. Weitere Hinweise ergäben sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung. Die Klägerin sei auch nicht durch den Kooperationsvertrag über ambulante Pflegeleistungen einer zugelassenen Pflegeeinrichtung gleichgestellt, da auch in § 9 PfG NRW die Voraussetzungen zur Förderung abschließend geregelt seien. Unerheblich sei, welche Leistungen von der Klägerin angeboten bzw. tatsächlich erbracht würden. Zu prüfen sei lediglich, ob ein Anspruch nach dem Landespflegegesetz bestehe. Da Mobile Soziale Dienste jedoch weder in § 8 PfG NRW genannt würden noch die Voraussetzungen des § 9 PfG NRW erfüllt seien, bestehe kein Anspruch auf Förderung. Für die rechtliche Beantwortung der Frage des Förderanspruchs sei es unerheblich, dass nach § 10 des Rahmenvertrages nach § 75 Abs. 1 SGB XI pflegerische Leistungen in Kooperation mit anderen zugelassenen Pflegediensten erbracht werden könnten. Andere Formen der Kooperation bedürften der vorherigen Zustimmung aller Landesverbände der Pflegekassen. Eine solche Zustimmung aller Landesverbände der Pflegekassen liege nicht vor.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten in diesem Verfahren sowie zu den Verfahren 2 K 1469/11 und 2 K 1476/11 vorgelegten Verwaltungsvorgänge.
37Entscheidungsgründe
38Die Klage ist zulässig und begründet.
39Der Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Gewährung einer Investitionskostenpauschale nach dem Landespflegegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2011 in Höhe von 8.747,32 € zu.
40Anspruchsgrundlage ist § 10 Abs. 1 und 2 PfG NRW i.V.m. §§ 1 - 3 der Verordnung über die Förderung ambulanter Pflegeeinrichtungen nach dem Landespflegegesetz (AmbPFFV). Danach fördert der örtliche Träger der Sozialhilfe die durchschnittlichen betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen ambulanter Pflegeeinrichtungen, die durch das Sozialgesetzbuches 11. Buch (SGB XI) bedingt sind, durch angemessene Pauschalen.
41Bei dem Mobilen Sozialen Dienst (MSD) der Klägerin handelte es sich zunächst um eine ambulante Pflegeeinrichtung i.S. des § 8 Abs. 2 PfG NRW. Dies sind nach der gesetzlichen Definition selbstständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen. Diese Legaldefinition entspricht der gleichlautenden Vorschrift im Recht der Sozialen Pflegeversicherung nach § 71 Abs. 1 SGB XI (Einführung mit dem Pflegeversicherungsgesetz vom 26. Mai 1994, BGBl I, 1014) und dient zunächst der Abgrenzung zur stationären Pflegeeinrichtung. Maßgeblich ist insoweit, ob die Einrichtung der Klägerin die genannten gesetzlichen Voraussetzungen einer ambulanten Pflegeeinrichtung erfüllt - nicht jedoch, ob Mobile Soziale Dienste ausdrücklich in § 8 Abs. 1 und Abs. 2 PfG NRW genannt werden. Der Begriff der ambulanten Pflegeeinrichtung (sog. Pflegedienste) ist nach dem Willen des Gesetzgebers zum Pflegeversicherungsgesetz von 1994 zudem bewusst weit und flexibel gefasst worden und sollte nicht nur die herkömmlichen Sozialstationen in freigemeinnütziger oder kommunaler Trägerschaft, sondern auch z.B. private Hauspflegedienste erfassen,
42vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/5262 S. 133, 134 zu § 80 (jetzt § 71) SGB XI; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand: Dezember 2012, § 71 SGB XI Rz. 2ff; Leitherer in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht – Bd. 2, Stand: Oktober 2012, § 71 SGB XI Rz. 5 ff; Groth in Hauck/Noftz, SGB XI, Stand: Juni 2013, § 71 Rz. 9 ff; Schütze in Udsching/Schütze/Behrend/Bassen, SGB XI, 3. Aufl. 2010, § 71 Rz.4 ff, Plantholz/Pöld-Krämer in Klie/Krahmer, LPK-SGB XI, 3. Aufl. 2009, § 71 Rz. 6 ff.
43Wesentlich für den Begriff des Pflegedienstes ist die Erfüllung der Kernelemente, d.h. es muss sich um eine auf Dauer angelegte organisatorische Zusammenfassung von Personen und Sachmitteln handeln, die unabhängig vom Bestand ihrer Mitarbeiter in der Lage ist, eine ausreichende und konstante pflegerische Versorgung von Pflegebedürftigen in ihrer Wohnung zu gewährleisten. Die häusliche Pflege i.S. des § 36 Abs.1 und 2 i.V.m. § 14 Abs. 4 SGB XI umfasst dabei die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung der Pflegbedürftigen. Daraus folgt, dass Einrichtungen, die lediglich die Wohnung reinigen oder ausschließlich Mahlzeiten ins Haus bringen (z.B. Reinigungsunternehmen oder Essen auf Rädern), keine Pflegedienste i.S. des § 71 Abs. 1 SGB XI sind. Nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen und dem vorgelegten Kooperationsvertrag mit dem Caritasverband Region B. als Träger der CPS erbrachte der MSD der Klägerin schwerpunktmäßig Leistungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung. Das Angebot des MSD umfasste darüber hinaus aber auch Leistungen der Grundpflege im Bereich der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden), der Mobilität (An- und Ausziehen) oder der Ernährung (Zubereitung von Mahlzeiten) im Rahmen der Pflegestufe 1.
44Die Klägerin erfüllt allerdings nicht die weiteren Fördervoraussetzungen nach § 9 Abs. 2 Satz 1 PfG NRW und § 2 Nr. 1 AmbPFFV, wonach der Abschluss eines Versorgungsvertrages nach § 72 Abs. 1 SGB XI und einer vertraglichen Regelung nach § 85 oder § 89 SGB XI (sog. Vergütungsvereinbarung) erforderlich sind. Derartige Verträge hat die Klägerin unstreitig nicht für den MSD abgeschlossen. Die Klägerin kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass der Caritasverband der Region B. mit den Landesverbänden der Pflegekassen derartige Vereinbarungen abgeschlossen hat und sie auf Grund der bestehenden Kooperation mit dem Caritasverband Region B. diesem gleichgestellt werden müsse. Dem steht entgegen, dass der Versorgungsvertrag nach seiner gesetzlichen Konzeption die Zulassung der jeweiligen Pflegeeinrichtung zur pflegerischen Versorgung regelt und für die jeweiligen Pflegeeinrichtungen eine statusbegründende Funktion hat. Erst mit dem Abschluss eines Versorgungsvertrages erlangen der Pflegedienst oder das Pflegeheim den Status einer zugelassen Pflegeeinrichtung mit der generellen Berechtigung und Verpflichtung, während der Dauer des Vertrages Pflegebedürftige zu Lasten der Pflegekassen zu versorgen,
45vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/5262 S. 135 zu § 81 (jetzt § 72) SGB XI.
46Die Versorgungsverträge stellen nach der gesetzlichen Regelung Individualverträge dar, die einrichtungsbezogen mit einem konkreten Versorgungsauftrag zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung und den Landesverbänden der Pflegekassen abgeschlossen werden. Dementsprechend hat der Caritasverband der Region B. jeweils als Träger der örtlichen CPS mit den Landesverbänden der Pflegekassen einen Versorgungsvertrag abgeschlossen. Die in dem Versorgungs- und auch im Rahmenvertrag für das Land Nordrhein-Westfalen vorgesehene Kooperationsmöglichkeit der jeweiligen Pflegeeinrichtung mit anderen Einrichtungen führt nicht dazu, dass der Versorgungsvertrag auch auf die „Kooperationseinrichtung“ erstreckt wird. Der Abschluss eines individuellen Versorgungsvertrages kann durch einen Kooperationsvertrag nicht ersetzt werden. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass gemäß § 71 Abs. 3 Satz 1 SGB XI Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen geschlossen werden, die die in Satz 1 Nr. 1-3 aufgeführten Voraussetzungen erfüllen, d.h. u.a. den Voraussetzungen des § 71 SGB XI entsprechen und Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten. Die Pflegeeinrichtungen durchlaufen vor Abschluss eines Versorgungsvertrages ein öffentlich-rechtliches Zulassungssystem und werden mit Abschluss des Vertrages in das öffentlich-rechtliche Sozialleistungssystem eingeordnet,
47vgl. dazu insgesamt auch Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/5262 S.136 zu § 81 (jetzt § 72) SGB XI; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand: Dezember 2012, § 72 SGB XI Rz. 14 ff,18 ff; Leitherer in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht – Bd.2, Stand: Oktober 2012, § 72 SGB XI Rz. 7,17 ff; Groth in Hauck/Noftz, SGB XI, Stand: Juni 2013, § 72 Rz. 11 ff, 32, 36 ff, 44; Schütze in Udsching/Schütze/Behrend/Bassen, SGB XI, 3. Aufl. 2010, § 72 Rz. 3, 4 ff, Plantholz/Pöld-Krämer in Klie/Krahmer, LPK-SGB XI, 3. Aufl. 2009, § 72 Rz. 2, 14 ff.
48Mit dem Erfordernis eines Versorgungsvertrages nach § 9 Abs. 2 PfG NRW und § 2 Nr. 1 AmbPFFV als Voraussetzung für eine Investitionsförderung wollte der Gesetzgeber gewährleisten, dass nur Pflegeeinrichtungen staatlich gefördert werden, die in der Lage sind, die notwendige Qualität und den erforderlichen Umfang zu gewährleisten, und sich zur Pflege auch vertraglich verpflichtet haben,
49vgl. dazu auch Gesetzesbegründung zur Vorgängervorschrift des § 8 Abs. 2 PfG NRW a.F. in LT-Drs. 12/194 S.41 und zu § 9 Abs. 2 PfG NRW in LT-Drs. 13/3498 S. 34.
50Durch die Vorlage eines Versorgungsvertrages sollte der für die Förderungsentscheidung zuständige Träger gerade von der Prüfung der Voraussetzungen der § 71 ff SGB XI entbunden werden, da die Prüfung dieser Voraussetzungen in erster Linie den Landesverbänden der Pflegekassen obliegt.
51Der Beklagten ist es jedoch nach Auffassung der Kammer für das Bewilligungsjahr 2011 in Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben verwehrt, der Klägerin den fehlendenden Abschluss eines Versorgungsvertrages sowie einer Vergütungsvereinbarung entgegenzuhalten.
52Der Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht als allgemeiner Rechtsgedanke das gesamte Rechtsleben und gilt entsprechend auch im Verwaltungsrecht. Er wird aus § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) abgeleitet, der über seinen Wortlaut hinaus das allgemeine Gebot der Beachtung von Treu und Glauben im rechtlichen Verkehr als allgemeinen Maßstab enthält, unter dem das gesamte private und öffentliche Recht steht. Dieser Grundsatz bedarf wegen seiner Allgemeinheit der Konkretisierung, welche durch Typisierung anhand von Fallgruppen erfolgt, wobei im öffentlichen Recht vornehmlich die unzulässige Ausübung von Rechten eine Rolle spielt,
53vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 11. Oktober 2012 – 5 C 22/11 -, juris, Rz. 25 m.w. Nw. zur Rspr. und Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. 2012, § 242 Rz. 1, 5 f., 38, 42 ff.
54In diesem Rahmen wurde von der Rechtsprechung u.a. die Fallgruppe des widersprüchlichen Verhaltens entwickelt, wonach die Berufung auf ein Recht, einen Umstand oder wie hier auf ein Tatbestandsmerkmal einer Anspruchsnorm treuwidrig ist, wenn ein Beteiligter einer Rechtsbeziehung auf Grund seines bisherigen Verhaltens bei der Gegenseite den Eindruck erweckt hat, dass es auf den betreffenden Umstand (hier: Tatbestandsmerkmal) nicht ankommt, und dadurch bei dem anderen Beteiligten ein schutzwürdiges Vertrauen begründet hat. Dies ist nach Auffassung der Kammer vorliegend der Fall.
55Die Kammer stellt insoweit die jahrelang geübte Praxis des Rechtsvorgängers der Beklagten und in der Folge der Beklagten selbst – für das Jahr 2010 – in Rechnung, von der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin auf Grund der bestehenden Kooperation mit dem Caritasverband der Region B. und den jeweiligen CPS im Rahmen der Investitionsförderung keinen gesonderten Nachweis eines eigenen Versorgungsvertrages für den MSD zu fordern. Nach dieser zuvor geübten Praxis erfuhr der MSD der Klägerin insoweit auf Grund der für die CPS abgeschlossenen Versorgungs- bzw. Vergütungsverträge eine Gleichbehandlung mit den jeweiligen CPS. Ausweislich der vorliegenden Verwaltungsvorgänge erfolgte die Bewilligung der Investitionsförderung für die jeweiligen MSD zusammen mit der Bewilligung für die CPS des Caritasverbandes Region B. , wobei der Caritasverband für die jeweiligen CPS einen Förderungsantrag unter Berufung auf den vorliegenden Versorgungsvertrag stellte und daneben auch die jeweiligen MSD eigene Anträge stellten und den Abschluss eines Versorgungsvertrages bestätigten. Das Bewilligungsverfahren wurde – auf Grund der bestehenden Kooperationen - für die jeweiligen CPS und MSD zusammen durchgeführt; die für diese Einrichtungen beantragte Investitionsförderung wurde zusammen an den Caritasverband Region B. bewilligt. Von dieser Praxis ist auch die Beklagte im Jahr 2010 nicht abgewichen.
56Für die Klägerin war insoweit bei der Antragstellung im Februar 2011 nicht ersichtlich, dass die Beklagte künftig - entsprechend den gesetzlichen Vorschriften - den Nachweis über den Abschluss eines eigenen Versorgungsvertrages erwartete und die bestehende Kooperation mit dem Caritasverband nicht mehr als ausreichend ansehen würde. Den Verwaltungsvorgängen lässt sich auch kein Hinweis an die Klägerin auf die fehlenden Anspruchsvoraussetzungen und die nicht mehr mögliche Berücksichtigung des MSD im Rahmen der Kooperationen entnehmen. Insoweit ist der Hinweis der Beklagten, dass dem Caritasverband die Unrechtmäßigkeit der bisherigen Investitionsförderung hätte bekannt sein müssen, weil nach ihrer Kenntnis in den Kreisen I. , T1. und auch in der Stadt B. keine Förderung der MSD erfolgt sei, nicht ausreichend. Ungeachtet der Frage, inwieweit sich die Klägerin etwaige Kenntnisse des Caritasverbandes zurechnen lassen müsste, erfolgte ausweislich der vorliegenden Verwaltungsvorgänge und nach dem Vorbringen der Klägerin die Änderung der Bewilligungspraxis durch die Beklagte für diese „überraschend“.
57Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung hat die Kammer neben dem hier bestehenden öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Bewilligung und Verwendung öffentlicher Fördergelder auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin sowohl die dem Bewilligungsantrag zu Grunde liegenden abgerechneten Leistungen im Jahr 2010 als auch bereits für das Jahr 2011 weiterhin Leistungen in vollem Umfang erbracht hatte. In die Abwägung eingestellt hat die Kammer ferner, dass die Bewilligungspraxis schon über viele Jahre erfolgte, den Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zufolge offenbar schon seit 1995. Die Klägerin hat darüber hinaus auf die ihr nunmehr mit Ablehnungsbescheid bekannt gewordene Rechtslage und das zukünftige Ausbleiben einer Förderung reagiert. So hat sie die Leistungen im Jahr 2012 in Kooperation mit dem Caritas-Verband erbracht und zum 1. Januar 2013 eine gGmbH, die den Betrieb fortführt. Nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides kann sich die Klägerin zudem nicht mehr auf einen Vertrauenstatbestand berufen.
58Hinsichtlich der Höhe der für das Jahr 2011 beantragten - und letztmalig zu bewilligenden - Investitionsförderung wurden seitens der Beklagten im Übrigen keine Einwendungen geltend gemacht.
59Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4) festzulegen, die von der Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten zu erbringen sind (Versorgungsauftrag).
(2) Der Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung oder einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger und den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe im Land abgeschlossen, soweit nicht nach Landesrecht der örtliche Träger für die Pflegeeinrichtung zuständig ist; für mehrere oder alle selbständig wirtschaftenden Einrichtungen (§ 71 Abs. 1 und 2) einschließlich für einzelne, eingestreute Pflegeplätze eines Pflegeeinrichtungsträgers, die vor Ort organisatorisch miteinander verbunden sind, kann, insbesondere zur Sicherstellung einer quartiersnahen Unterstützung zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen, ein einheitlicher Versorgungsvertrag (Gesamtversorgungsvertrag) geschlossen werden. Er ist für die Pflegeeinrichtung und für alle Pflegekassen im Inland unmittelbar verbindlich. Bei Betreuungsdiensten nach § 71 Absatz 1a sind bereits vorliegende Vereinbarungen aus der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste zu beachten.
(3) Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die
- 1.
den Anforderungen des § 71 genügen, - 2.
die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten und die Vorgaben des Absatzes 3a oder Absatzes 3b erfüllen, - 3.
sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln, - 4.
sich verpflichten, die ordnungsgemäße Durchführung von Qualitätsprüfungen zu ermöglichen, - 5.
sich verpflichten, an dem Verfahren zur Übermittlung von Daten nach § 35 Absatz 6 des Infektionsschutzgesetzes teilzunehmen, sofern es sich bei ihnen um stationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 71 Absatz 2 handelt;
(3a) Ab dem 1. September 2022 dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, Gehälter zahlen, die in Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbart ist, an die die jeweiligen Pflegeeinrichtungen gebunden sind.
(3b) Mit Pflegeeinrichtungen, die nicht an Tarifverträge oder kirchliche Arbeitsrechtsregelungen für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, gebunden sind, dürfen Versorgungsverträge ab dem 1. September 2022 nur abgeschlossen werden, wenn diese Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, eine Entlohnung zahlen, die
- 1.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen räumlicher, zeitlicher, fachlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, - 2.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen fachlicher Geltungsbereich mindestens eine andere Pflegeeinrichtung in der Region erfasst, in der die Pflegeeinrichtung betrieben wird, und dessen zeitlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, - 3.
die Höhe der Entlohnung von Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht unterschreitet oder - 4.
hinsichtlich der Entlohnungsbestandteile nach Satz 2 Nummer 1 bis 5, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der in § 82c Absatz 2 Satz 4 genannten Qualifikationsgruppen jeweils im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der jeweiligen regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und hinsichtlich der pflegetypischen Zuschläge nach Satz 2 Nummer 6, die den in Satz 1 genannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, jeweils in der nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten Höhe, nicht unterschreitet.
- 1.
der Grundlohn, - 2.
regelmäßige Jahressonderzahlungen, - 3.
vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers, - 4.
pflegetypische Zulagen, - 5.
der Lohn für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sowie - 6.
pflegetypische Zuschläge.
- 1.
Nachtzuschläge für eine Tätigkeit in der Nacht, mindestens im Zeitraum zwischen 23 und 6 Uhr, - 2.
Sonntagszuschläge für eine Tätigkeit an Sonntagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr, - 3.
Feiertagszuschläge für eine Tätigkeit an gesetzlichen Feiertagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr.
(3c) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt in Richtlinien, erstmals bis zum Ablauf des 30. September 2021, das Nähere insbesondere zu den Verfahrens- und Prüfgrundsätzen für die Einhaltung der Vorgaben der Absätze 3a und 3b sowie zu den nach Absatz 3e Satz 1 Nummer 2 erforderlichen Angaben fest. In den Richtlinien ist auch festzulegen, welche Folgen eintreten, wenn eine Pflegeeinrichtung ihre Mitteilungspflicht nach Absatz 3d Satz 2 oder Absatz 3e nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Die in den Richtlinien vorgesehenen Folgen müssen verhältnismäßig sein und im Einzelfall durch den jeweiligen Landesverband der Pflegekassen gegenüber der Pflegeeinrichtung verhältnismäßig angewendet werden. Bei der Festlegung hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe zu beteiligen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmigt. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. Die Richtlinien sind für die Pflegekassen und ihre Verbände sowie für die Pflegeeinrichtungen verbindlich.
(3d) Pflegeeinrichtungen haben den Landesverbänden der Pflegekassen zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b mitzuteilen,
- 1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind, - 2.
welcher Tarifvertrag oder welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in den Fällen des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 1 bis 3 für sie maßgebend ist oder sind oder - 3.
ob im Fall des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 4 die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 für sie maßgebend sind.
(3e) Pflegeeinrichtungen, die im Sinne von Absatz 3a an Tarifverträge oder an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebunden sind, haben dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen bis zum Ablauf des 31. August jeden Jahres Folgendes mitzuteilen:
- 1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind, - 2.
Angaben über die sich aus diesen Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ergebende am 1. August des Jahres gezahlte Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, soweit diese Angaben zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach den Absätzen 3a und 3b oder zur Ermittlung des oder der regional üblichen Entlohnungsniveaus sowie der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 erforderlich sind.
(3f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 die Wirkungen der Regelungen der Absätze 3a und 3b und des § 82c.
(3g) Versorgungsverträge, die mit Pflegeeinrichtungen vor dem 1. September 2022 abgeschlossen wurden, sind spätestens bis zum Ablauf des 31. August 2022 mit Wirkung ab dem 1. September 2022 an die Vorgaben des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b anzupassen.
(4) Mit Abschluß des Versorgungsvertrages wird die Pflegeeinrichtung für die Dauer des Vertrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten zugelassen. Die zugelassene Pflegeeinrichtung ist im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten verpflichtet; dazu gehört bei ambulanten Pflegediensten auch die Durchführung von Beratungseinsätzen nach § 37 Absatz 3 auf Anforderung des Pflegebedürftigen. Die Pflegekassen sind verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung nach Maßgabe des Achten Kapitels zu vergüten.
(5) (aufgehoben)
(1) Die Vergütung der ambulanten Leistungen der häuslichen Pflegehilfe und der ergänzenden Unterstützungsleistungen bei der Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen wird, soweit nicht die Gebührenordnung nach § 90 Anwendung findet, zwischen dem Träger des Pflegedienstes und den Leistungsträgern nach Absatz 2 für alle Pflegebedürftigen nach einheitlichen Grundsätzen vereinbart. Sie muß leistungsgerecht sein. Die Vergütung muss einem Pflegedienst bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seine Aufwendungen zu finanzieren und seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen unter Berücksichtigung einer angemessenen Vergütung ihres Unternehmerrisikos. Eine Differenzierung in der Vergütung nach Kostenträgern ist unzulässig.
(2) Vertragsparteien der Vergütungsvereinbarung sind die Träger des Pflegedienstes sowie
- 1.
die Pflegekassen oder sonstige Sozialversicherungsträger, - 2.
die Träger der Sozialhilfe, die für die durch den Pflegedienst versorgten Pflegebedürftigen zuständig sind, sowie - 3.
die Arbeitsgemeinschaften der unter Nummer 1 und 2 genannten Träger,
(3) Die Vergütungen können, je nach Art und Umfang der Pflegeleistung, nach dem dafür erforderlichen Zeitaufwand oder unabhängig vom Zeitaufwand nach dem Leistungsinhalt des jeweiligen Pflegeeinsatzes, nach Komplexleistungen oder in Ausnahmefällen auch nach Einzelleistungen bemessen werden; sonstige Leistungen wie hauswirtschaftliche Versorgung, Behördengänge oder Fahrkosten können auch mit Pauschalen vergütet werden. Die Vergütungen haben zu berücksichtigen, dass Leistungen von mehreren Pflegebedürftigen gemeinsam abgerufen und in Anspruch genommen werden können; die sich aus einer gemeinsamen Leistungsinanspruchnahme ergebenden Zeit- und Kostenersparnisse kommen den Pflegebedürftigen zugute. Bei der Vereinbarung der Vergütung sind die Grundsätze für die Vergütung von längeren Wegezeiten, insbesondere in ländlichen Räumen, die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 5 des Fünften Buches vorzusehen sind, zu berücksichtigen; die in den Rahmenempfehlungen geregelten Verfahren zum Vorweis der voraussichtlichen Personalkosten im Sinne von § 85 Absatz 3 Satz 5 können berücksichtigt werden. § 84 Absatz 4 Satz 2 und Absatz 7, § 85 Absatz 3 bis 7 und § 86 gelten entsprechend.
(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4) festzulegen, die von der Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten zu erbringen sind (Versorgungsauftrag).
(2) Der Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung oder einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger und den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe im Land abgeschlossen, soweit nicht nach Landesrecht der örtliche Träger für die Pflegeeinrichtung zuständig ist; für mehrere oder alle selbständig wirtschaftenden Einrichtungen (§ 71 Abs. 1 und 2) einschließlich für einzelne, eingestreute Pflegeplätze eines Pflegeeinrichtungsträgers, die vor Ort organisatorisch miteinander verbunden sind, kann, insbesondere zur Sicherstellung einer quartiersnahen Unterstützung zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen, ein einheitlicher Versorgungsvertrag (Gesamtversorgungsvertrag) geschlossen werden. Er ist für die Pflegeeinrichtung und für alle Pflegekassen im Inland unmittelbar verbindlich. Bei Betreuungsdiensten nach § 71 Absatz 1a sind bereits vorliegende Vereinbarungen aus der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste zu beachten.
(3) Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die
- 1.
den Anforderungen des § 71 genügen, - 2.
die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten und die Vorgaben des Absatzes 3a oder Absatzes 3b erfüllen, - 3.
sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln, - 4.
sich verpflichten, die ordnungsgemäße Durchführung von Qualitätsprüfungen zu ermöglichen, - 5.
sich verpflichten, an dem Verfahren zur Übermittlung von Daten nach § 35 Absatz 6 des Infektionsschutzgesetzes teilzunehmen, sofern es sich bei ihnen um stationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 71 Absatz 2 handelt;
(3a) Ab dem 1. September 2022 dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, Gehälter zahlen, die in Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbart ist, an die die jeweiligen Pflegeeinrichtungen gebunden sind.
(3b) Mit Pflegeeinrichtungen, die nicht an Tarifverträge oder kirchliche Arbeitsrechtsregelungen für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, gebunden sind, dürfen Versorgungsverträge ab dem 1. September 2022 nur abgeschlossen werden, wenn diese Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, eine Entlohnung zahlen, die
- 1.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen räumlicher, zeitlicher, fachlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, - 2.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen fachlicher Geltungsbereich mindestens eine andere Pflegeeinrichtung in der Region erfasst, in der die Pflegeeinrichtung betrieben wird, und dessen zeitlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, - 3.
die Höhe der Entlohnung von Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht unterschreitet oder - 4.
hinsichtlich der Entlohnungsbestandteile nach Satz 2 Nummer 1 bis 5, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der in § 82c Absatz 2 Satz 4 genannten Qualifikationsgruppen jeweils im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der jeweiligen regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und hinsichtlich der pflegetypischen Zuschläge nach Satz 2 Nummer 6, die den in Satz 1 genannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, jeweils in der nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten Höhe, nicht unterschreitet.
- 1.
der Grundlohn, - 2.
regelmäßige Jahressonderzahlungen, - 3.
vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers, - 4.
pflegetypische Zulagen, - 5.
der Lohn für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sowie - 6.
pflegetypische Zuschläge.
- 1.
Nachtzuschläge für eine Tätigkeit in der Nacht, mindestens im Zeitraum zwischen 23 und 6 Uhr, - 2.
Sonntagszuschläge für eine Tätigkeit an Sonntagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr, - 3.
Feiertagszuschläge für eine Tätigkeit an gesetzlichen Feiertagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr.
(3c) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt in Richtlinien, erstmals bis zum Ablauf des 30. September 2021, das Nähere insbesondere zu den Verfahrens- und Prüfgrundsätzen für die Einhaltung der Vorgaben der Absätze 3a und 3b sowie zu den nach Absatz 3e Satz 1 Nummer 2 erforderlichen Angaben fest. In den Richtlinien ist auch festzulegen, welche Folgen eintreten, wenn eine Pflegeeinrichtung ihre Mitteilungspflicht nach Absatz 3d Satz 2 oder Absatz 3e nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Die in den Richtlinien vorgesehenen Folgen müssen verhältnismäßig sein und im Einzelfall durch den jeweiligen Landesverband der Pflegekassen gegenüber der Pflegeeinrichtung verhältnismäßig angewendet werden. Bei der Festlegung hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe zu beteiligen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmigt. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. Die Richtlinien sind für die Pflegekassen und ihre Verbände sowie für die Pflegeeinrichtungen verbindlich.
(3d) Pflegeeinrichtungen haben den Landesverbänden der Pflegekassen zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b mitzuteilen,
- 1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind, - 2.
welcher Tarifvertrag oder welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in den Fällen des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 1 bis 3 für sie maßgebend ist oder sind oder - 3.
ob im Fall des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 4 die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 für sie maßgebend sind.
(3e) Pflegeeinrichtungen, die im Sinne von Absatz 3a an Tarifverträge oder an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebunden sind, haben dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen bis zum Ablauf des 31. August jeden Jahres Folgendes mitzuteilen:
- 1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind, - 2.
Angaben über die sich aus diesen Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ergebende am 1. August des Jahres gezahlte Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, soweit diese Angaben zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach den Absätzen 3a und 3b oder zur Ermittlung des oder der regional üblichen Entlohnungsniveaus sowie der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 erforderlich sind.
(3f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 die Wirkungen der Regelungen der Absätze 3a und 3b und des § 82c.
(3g) Versorgungsverträge, die mit Pflegeeinrichtungen vor dem 1. September 2022 abgeschlossen wurden, sind spätestens bis zum Ablauf des 31. August 2022 mit Wirkung ab dem 1. September 2022 an die Vorgaben des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b anzupassen.
(4) Mit Abschluß des Versorgungsvertrages wird die Pflegeeinrichtung für die Dauer des Vertrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten zugelassen. Die zugelassene Pflegeeinrichtung ist im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten verpflichtet; dazu gehört bei ambulanten Pflegediensten auch die Durchführung von Beratungseinsätzen nach § 37 Absatz 3 auf Anforderung des Pflegebedürftigen. Die Pflegekassen sind verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung nach Maßgabe des Achten Kapitels zu vergüten.
(5) (aufgehoben)
(1) Die Landesverbände der Pflegekassen schließen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. im Land mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im Land gemeinsam und einheitlich Rahmenverträge mit dem Ziel, eine wirksame und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Für Pflegeeinrichtungen, die einer Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenverträge auch von der Kirche oder Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Pflegeeinrichtung angehört. Bei Rahmenverträgen über ambulante Pflege sind die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe oder anderer nach Landesrecht für die Sozialhilfe zuständigen Träger, bei Rahmenverträgen über stationäre Pflege die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe als Vertragspartei am Vertragsschluß zu beteiligen. Die Rahmenverträge sind für die Pflegekassen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Inland unmittelbar verbindlich. Sie sind von den Landesverbänden der Pflegekassen zu veröffentlichen.
(2) Die Verträge regeln insbesondere:
- 1.
den Inhalt der Pflegeleistungen einschließlich der Sterbebegleitung sowie bei stationärer Pflege die Abgrenzung zwischen den allgemeinen Pflegeleistungen, den Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und den Zusatzleistungen, - 1a.
bei häuslicher Pflege den Inhalt der ergänzenden Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen, - 2.
die allgemeinen Bedingungen der Pflege einschließlich der Vertragsvoraussetzungen und der Vertragserfüllung für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung, der Kostenübernahme, der Abrechnung der Entgelte und der hierzu erforderlichen Bescheinigungen und Berichte, - 3.
Maßstäbe und Grundsätze für eine wirtschaftliche und leistungsbezogene, am Versorgungsauftrag orientierte personelle und sächliche Ausstattung der Pflegeeinrichtungen, - 4.
die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Pflege, - 5.
Abschläge von der Pflegevergütung bei vorübergehender Abwesenheit (Krankenhausaufenthalt, Beurlaubung) des Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim, - 6.
den Zugang des Medizinischen Dienstes und sonstiger von den Pflegekassen beauftragter Prüfer zu den Pflegeeinrichtungen, - 7.
die Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfungen, - 8.
die Grundsätze zur Festlegung der örtlichen oder regionalen Einzugsbereiche der Pflegeeinrichtungen, um Pflegeleistungen ohne lange Wege möglichst orts- und bürgernah anzubieten, - 9.
die Möglichkeiten, unter denen sich Mitglieder von Selbsthilfegruppen, ehrenamtliche Pflegepersonen und sonstige zum bürgerschaftlichen Engagement bereite Personen und Organisationen in der häuslichen Pflege sowie in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an der Betreuung Pflegebedürftiger beteiligen können, - 10.
die Anforderungen an die nach § 85 Absatz 3 geeigneten Nachweise zur Darlegung der prospektiven Sach- und Personalaufwendungen einschließlich der Aufwendungen für die Personalbeschaffung sowie geeigneter Qualitätsnachweise für die Anwerbung von Pflegepersonal aus Drittstaaten bei den Vergütungsverhandlungen, soweit nicht von den Richtlinien gemäß § 82c Absatz 4 umfasst.
(3) Als Teil der Verträge nach Absatz 2 Nr. 3 sind entweder
- 1.
landesweite Verfahren zur Ermittlung des Personalbedarfs oder zur Bemessung der Pflegezeiten oder - 2.
landesweite Personalrichtwerte
- 1.
das Verhältnis zwischen der Zahl der Heimbewohner und der Zahl der Pflege- und Betreuungskräfte (in Vollzeitkräfte umgerechnet), unterteilt nach Pflegegrad (Personalanhaltszahlen), sowie - 2.
im Bereich der Pflege, der Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege zusätzlich den Anteil der ausgebildeten Fachkräfte am Pflege- und Betreuungspersonal.
(4) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 innerhalb von sechs Monaten ganz oder teilweise nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Vertragsverhandlungen aufgefordert hat, wird sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Schiedsstelle nach § 76 festgesetzt. Satz 1 gilt auch für Verträge, mit denen bestehende Rahmenverträge geändert oder durch neue Verträge abgelöst werden sollen.
(5) Die Verträge nach Absatz 1 können von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Jahr ganz oder teilweise gekündigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die von der Schiedsstelle nach Absatz 4 getroffenen Regelungen. Diese können auch ohne Kündigung jederzeit durch einen Vertrag nach Absatz 1 ersetzt werden.
(6) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sollen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. sowie unabhängiger Sachverständiger gemeinsam mit der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe Empfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben. Sie arbeiten dabei mit den Verbänden der Pflegeberufe sowie den Verbänden der Behinderten und der Pflegebedürftigen eng zusammen.
(7) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene vereinbaren gemeinsam und einheitlich Grundsätze ordnungsgemäßer Pflegebuchführung für die ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. Die Vereinbarung nach Satz 1 tritt unmittelbar nach Aufhebung der gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erlassenen Rechtsverordnung in Kraft und ist den im Land tätigen zugelassenen Pflegeeinrichtungen von den Landesverbänden der Pflegekassen unverzüglich bekannt zu geben. Sie ist für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.
(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4) festzulegen, die von der Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten zu erbringen sind (Versorgungsauftrag).
(2) Der Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung oder einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger und den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe im Land abgeschlossen, soweit nicht nach Landesrecht der örtliche Träger für die Pflegeeinrichtung zuständig ist; für mehrere oder alle selbständig wirtschaftenden Einrichtungen (§ 71 Abs. 1 und 2) einschließlich für einzelne, eingestreute Pflegeplätze eines Pflegeeinrichtungsträgers, die vor Ort organisatorisch miteinander verbunden sind, kann, insbesondere zur Sicherstellung einer quartiersnahen Unterstützung zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen, ein einheitlicher Versorgungsvertrag (Gesamtversorgungsvertrag) geschlossen werden. Er ist für die Pflegeeinrichtung und für alle Pflegekassen im Inland unmittelbar verbindlich. Bei Betreuungsdiensten nach § 71 Absatz 1a sind bereits vorliegende Vereinbarungen aus der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste zu beachten.
(3) Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die
- 1.
den Anforderungen des § 71 genügen, - 2.
die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten und die Vorgaben des Absatzes 3a oder Absatzes 3b erfüllen, - 3.
sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln, - 4.
sich verpflichten, die ordnungsgemäße Durchführung von Qualitätsprüfungen zu ermöglichen, - 5.
sich verpflichten, an dem Verfahren zur Übermittlung von Daten nach § 35 Absatz 6 des Infektionsschutzgesetzes teilzunehmen, sofern es sich bei ihnen um stationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 71 Absatz 2 handelt;
(3a) Ab dem 1. September 2022 dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, Gehälter zahlen, die in Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbart ist, an die die jeweiligen Pflegeeinrichtungen gebunden sind.
(3b) Mit Pflegeeinrichtungen, die nicht an Tarifverträge oder kirchliche Arbeitsrechtsregelungen für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, gebunden sind, dürfen Versorgungsverträge ab dem 1. September 2022 nur abgeschlossen werden, wenn diese Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, eine Entlohnung zahlen, die
- 1.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen räumlicher, zeitlicher, fachlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, - 2.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen fachlicher Geltungsbereich mindestens eine andere Pflegeeinrichtung in der Region erfasst, in der die Pflegeeinrichtung betrieben wird, und dessen zeitlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, - 3.
die Höhe der Entlohnung von Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht unterschreitet oder - 4.
hinsichtlich der Entlohnungsbestandteile nach Satz 2 Nummer 1 bis 5, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der in § 82c Absatz 2 Satz 4 genannten Qualifikationsgruppen jeweils im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der jeweiligen regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und hinsichtlich der pflegetypischen Zuschläge nach Satz 2 Nummer 6, die den in Satz 1 genannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, jeweils in der nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten Höhe, nicht unterschreitet.
- 1.
der Grundlohn, - 2.
regelmäßige Jahressonderzahlungen, - 3.
vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers, - 4.
pflegetypische Zulagen, - 5.
der Lohn für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sowie - 6.
pflegetypische Zuschläge.
- 1.
Nachtzuschläge für eine Tätigkeit in der Nacht, mindestens im Zeitraum zwischen 23 und 6 Uhr, - 2.
Sonntagszuschläge für eine Tätigkeit an Sonntagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr, - 3.
Feiertagszuschläge für eine Tätigkeit an gesetzlichen Feiertagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr.
(3c) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt in Richtlinien, erstmals bis zum Ablauf des 30. September 2021, das Nähere insbesondere zu den Verfahrens- und Prüfgrundsätzen für die Einhaltung der Vorgaben der Absätze 3a und 3b sowie zu den nach Absatz 3e Satz 1 Nummer 2 erforderlichen Angaben fest. In den Richtlinien ist auch festzulegen, welche Folgen eintreten, wenn eine Pflegeeinrichtung ihre Mitteilungspflicht nach Absatz 3d Satz 2 oder Absatz 3e nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Die in den Richtlinien vorgesehenen Folgen müssen verhältnismäßig sein und im Einzelfall durch den jeweiligen Landesverband der Pflegekassen gegenüber der Pflegeeinrichtung verhältnismäßig angewendet werden. Bei der Festlegung hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe zu beteiligen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmigt. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. Die Richtlinien sind für die Pflegekassen und ihre Verbände sowie für die Pflegeeinrichtungen verbindlich.
(3d) Pflegeeinrichtungen haben den Landesverbänden der Pflegekassen zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b mitzuteilen,
- 1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind, - 2.
welcher Tarifvertrag oder welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in den Fällen des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 1 bis 3 für sie maßgebend ist oder sind oder - 3.
ob im Fall des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 4 die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 für sie maßgebend sind.
(3e) Pflegeeinrichtungen, die im Sinne von Absatz 3a an Tarifverträge oder an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebunden sind, haben dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen bis zum Ablauf des 31. August jeden Jahres Folgendes mitzuteilen:
- 1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind, - 2.
Angaben über die sich aus diesen Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ergebende am 1. August des Jahres gezahlte Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, soweit diese Angaben zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach den Absätzen 3a und 3b oder zur Ermittlung des oder der regional üblichen Entlohnungsniveaus sowie der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 erforderlich sind.
(3f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 die Wirkungen der Regelungen der Absätze 3a und 3b und des § 82c.
(3g) Versorgungsverträge, die mit Pflegeeinrichtungen vor dem 1. September 2022 abgeschlossen wurden, sind spätestens bis zum Ablauf des 31. August 2022 mit Wirkung ab dem 1. September 2022 an die Vorgaben des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b anzupassen.
(4) Mit Abschluß des Versorgungsvertrages wird die Pflegeeinrichtung für die Dauer des Vertrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten zugelassen. Die zugelassene Pflegeeinrichtung ist im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten verpflichtet; dazu gehört bei ambulanten Pflegediensten auch die Durchführung von Beratungseinsätzen nach § 37 Absatz 3 auf Anforderung des Pflegebedürftigen. Die Pflegekassen sind verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung nach Maßgabe des Achten Kapitels zu vergüten.
(5) (aufgehoben)
(1) Über Inhalt, Umfang, Vergütung sowie Prüfung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Dienstleistungen zur Versorgung mit Haushaltshilfe schließen die Krankenkassen Verträge mit geeigneten Personen, Einrichtungen oder Unternehmen. Die Bezahlung von Gehältern bis zur Höhe tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen kann dabei nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden; insoweit gilt § 71 nicht. Der Leistungserbringer ist verpflichtet, die entsprechende Bezahlung der Beschäftigten nach Satz 2 jederzeit einzuhalten und sie auf Verlangen einer Vertragspartei nachzuweisen. Im Fall der Nichteinigung wird der Vertragsinhalt durch eine von den Vertragspartnern zu bestimmende unabhängige Schiedsperson festgelegt. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese von der für die Vertrag schließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde bestimmt. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragsparteien zu gleichen Teilen. Abweichend von Satz 1 kann die Krankenkasse zur Gewährung von Haushaltshilfe auch geeignete Personen anstellen.
(2) Die Krankenkasse hat darauf zu achten, daß die Leistungen wirtschaftlich und preisgünstig erbracht werden. Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihrer Vielfalt, insbesondere der Bedeutung der freien Wohlfahrtspflege, Rechnung zu tragen.
(1) Die Landesverbände der Pflegekassen schließen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. im Land mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im Land gemeinsam und einheitlich Rahmenverträge mit dem Ziel, eine wirksame und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Für Pflegeeinrichtungen, die einer Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenverträge auch von der Kirche oder Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Pflegeeinrichtung angehört. Bei Rahmenverträgen über ambulante Pflege sind die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe oder anderer nach Landesrecht für die Sozialhilfe zuständigen Träger, bei Rahmenverträgen über stationäre Pflege die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe als Vertragspartei am Vertragsschluß zu beteiligen. Die Rahmenverträge sind für die Pflegekassen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Inland unmittelbar verbindlich. Sie sind von den Landesverbänden der Pflegekassen zu veröffentlichen.
(2) Die Verträge regeln insbesondere:
- 1.
den Inhalt der Pflegeleistungen einschließlich der Sterbebegleitung sowie bei stationärer Pflege die Abgrenzung zwischen den allgemeinen Pflegeleistungen, den Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und den Zusatzleistungen, - 1a.
bei häuslicher Pflege den Inhalt der ergänzenden Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen, - 2.
die allgemeinen Bedingungen der Pflege einschließlich der Vertragsvoraussetzungen und der Vertragserfüllung für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung, der Kostenübernahme, der Abrechnung der Entgelte und der hierzu erforderlichen Bescheinigungen und Berichte, - 3.
Maßstäbe und Grundsätze für eine wirtschaftliche und leistungsbezogene, am Versorgungsauftrag orientierte personelle und sächliche Ausstattung der Pflegeeinrichtungen, - 4.
die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Pflege, - 5.
Abschläge von der Pflegevergütung bei vorübergehender Abwesenheit (Krankenhausaufenthalt, Beurlaubung) des Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim, - 6.
den Zugang des Medizinischen Dienstes und sonstiger von den Pflegekassen beauftragter Prüfer zu den Pflegeeinrichtungen, - 7.
die Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfungen, - 8.
die Grundsätze zur Festlegung der örtlichen oder regionalen Einzugsbereiche der Pflegeeinrichtungen, um Pflegeleistungen ohne lange Wege möglichst orts- und bürgernah anzubieten, - 9.
die Möglichkeiten, unter denen sich Mitglieder von Selbsthilfegruppen, ehrenamtliche Pflegepersonen und sonstige zum bürgerschaftlichen Engagement bereite Personen und Organisationen in der häuslichen Pflege sowie in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an der Betreuung Pflegebedürftiger beteiligen können, - 10.
die Anforderungen an die nach § 85 Absatz 3 geeigneten Nachweise zur Darlegung der prospektiven Sach- und Personalaufwendungen einschließlich der Aufwendungen für die Personalbeschaffung sowie geeigneter Qualitätsnachweise für die Anwerbung von Pflegepersonal aus Drittstaaten bei den Vergütungsverhandlungen, soweit nicht von den Richtlinien gemäß § 82c Absatz 4 umfasst.
(3) Als Teil der Verträge nach Absatz 2 Nr. 3 sind entweder
- 1.
landesweite Verfahren zur Ermittlung des Personalbedarfs oder zur Bemessung der Pflegezeiten oder - 2.
landesweite Personalrichtwerte
- 1.
das Verhältnis zwischen der Zahl der Heimbewohner und der Zahl der Pflege- und Betreuungskräfte (in Vollzeitkräfte umgerechnet), unterteilt nach Pflegegrad (Personalanhaltszahlen), sowie - 2.
im Bereich der Pflege, der Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege zusätzlich den Anteil der ausgebildeten Fachkräfte am Pflege- und Betreuungspersonal.
(4) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 innerhalb von sechs Monaten ganz oder teilweise nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Vertragsverhandlungen aufgefordert hat, wird sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Schiedsstelle nach § 76 festgesetzt. Satz 1 gilt auch für Verträge, mit denen bestehende Rahmenverträge geändert oder durch neue Verträge abgelöst werden sollen.
(5) Die Verträge nach Absatz 1 können von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Jahr ganz oder teilweise gekündigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die von der Schiedsstelle nach Absatz 4 getroffenen Regelungen. Diese können auch ohne Kündigung jederzeit durch einen Vertrag nach Absatz 1 ersetzt werden.
(6) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sollen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. sowie unabhängiger Sachverständiger gemeinsam mit der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe Empfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben. Sie arbeiten dabei mit den Verbänden der Pflegeberufe sowie den Verbänden der Behinderten und der Pflegebedürftigen eng zusammen.
(7) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene vereinbaren gemeinsam und einheitlich Grundsätze ordnungsgemäßer Pflegebuchführung für die ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. Die Vereinbarung nach Satz 1 tritt unmittelbar nach Aufhebung der gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erlassenen Rechtsverordnung in Kraft und ist den im Land tätigen zugelassenen Pflegeeinrichtungen von den Landesverbänden der Pflegekassen unverzüglich bekannt zu geben. Sie ist für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. Juli 2011 verpflichtet, der Klägerin eine Investitionskostenpauschale für das Jahr 2011 nach dem Landespflegegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen in Höhe von 8.747,32 € zu gewähren.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin erstrebt mit der vorliegenden Klage die Bewilligung einer Investitionskostenpauschale nach § 10 des Gesetzes zur Umsetzung des Pflegeversicherungsgesetzes (Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen PfG NW) i.V.m. § 3 der Verordnung über die Förderung ambulanter Pflegeeinrichtungen nach dem Landespflegegesetz (AmbPfFV) für das Jahr 2011 (nach den Antragsunterlagen in Höhe von 8.747,32 €)
3Die Klägerin ist Trägerin des Mobilen Sozialen Dienstes W. . Dieser Mobile Soziale Dienst erbringt Hilfen für Pflegebedürftige in den Bereichen Hausarbeit, Besorgung, Betreuung, Körperpflege, Begleiten, Service und Beraten. Die Leistungen werden von der Klägerin in Kooperation mit der Caritas Pflegestation erbracht, deren Träger der Caritas Verband für die Regionen B. -Stadt und B. -Land ist.
4Die ambulante Pflegeeinrichtung der Klägerin hat ihre Tätigkeit im November 1987 aufgenommen. Sie arbeitet bereits seit 1995 auf Grund eines Kooperationsvertrages mit der Caritas-Pflegestation (CPS) T. "Am C. Krankenhaus" zusammen, der durch eine zweite Vereinbarung aus dem Jahr 2008 ersetzt wurde. Träger dieser Caritas-Pflegestation ist der Caritasverband für die Regionen B. -Stadt und B. -Land e.V. (hier: Caritasverband B. ), dessen korporatives Mitglied die Klägerin ist.
5Für das Land Nordrhein-Westfalen gilt seit dem 1. Juli 1995 der Rahmenvertrag über die ambulante pflegerische Versorgung gemäß § 75 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs, 11. Buch (SGB XI), der u. a. zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, dem auch der Caritasverband für das Bistum B. e.V. angehört, und der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Sozialhilfeträger NRW und den Landesverbänden der Pflegekassen in NRW abgeschlossen worden ist.
6Dieser Rahmenvertrag enthält u.a. folgende Regelung:
7„ § 10 Leistungsfähigkeit
8(1) Innerhalb ihres Einzugsbereiches sind die Pflegedienste im Rahmen ihrer personellen Möglichkeiten verpflichtet, die Pflegebedürftigen zu versorgen, die die Pflegeleistungen dieser Einrichtungen in Anspruch nehmen wollen. Im Rahmen des Versorgungsauftrages hat jeder Pflegedienst die individuelle Versorgung der Pflegebedürftigen mit Pflegeleistungen zu jeder Zeit, bei Tag und Nacht, einschließlich an Sonn- und Feiertagen, zu gewährleisten. Pflegerische Leistungen können in Kooperation mit andern zugelassenen Pflegediensten erbracht werden; andere Formen der Kooperation bedürfen der vorherigen Zustimmung aller Landesverbände der Pflegekassen. Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung sind Kooperationen mit anderen Einrichtungen möglich.
9(2) Pflegedienste, die Leistungen nach diesem Vertrag in Kooperation mit anderen Einrichtungen erbringen, zeigen dies den Landesverbänden der Pflegekassen unverzüglich an.
10(3) Die fachliche Verantwortung für die Leistungserbringung des Kooperationspartners trägt gegenüber den Pflegebedürftigen und den Pflegekassen der ursprünglich beauftragte Pflegedienst. Dieser rechnet auch die vom Kooperationspartner erbrachten Pflegeleistungen mit den Pflegekassen ab.“
11Zwischen dem Caritasverband B. als Träger der CPS T. wurde im Jahr 1996 mit Landesverbänden der Pflegekassen für das Land Nordrhein-Westfalen ein Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI über ambulante Pflegeleistungen geschlossen.
12Dieser Versorgungsvertrag enthält u.a. folgende Regelung:
13„§ 5 Versorgungsauftrag
14..........
15(4) Im Rahmen seiner Versorgungspflicht hat der Pflegedienst die individuelle Versorgung der Pflegebedürftigen mit Pflegeleistungen zu jeder Zeit, bei Tag und Nacht, einschließlich an Sonn- und Feiertagen, zu gewährleisten. Dies kann in Kooperation mit anderen Einrichtungen oder durch die Beteiligung an regionalen Kooperationen geschehen. Näheres regelt der Rahmenvertrag nach § 75 SGB XI.“
16Zwischen den genannten Vertragsparteien wurde des Weiteren im Jahr 2009 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 eine Vereinbarung gemäß § 89 SGB XI (sog. Vergütungsvereinbarung) über die Vergütung ambulanter Pflegeleistungen im Rheinland geschlossen.
17Die Klägerin schloss mit dem Caritasverband Region B. als Träger der CPS X. im April 2008 einen zweiten Kooperationsvertrag über ambulante Pflegeleistungen nach dem SGB XI. Gegenstand des Vertrages (§ 1) ist die Sicherstellung einer im Einzelfall erforderlichen regelmäßigen hauswirtschaftlichen und pflegerischen Versorgung von als pflegebedürftig anerkannten Personen durch die Mitarbeiterinnen des Mobilen Sozialen Dienstes. Die Inhalte der Leistungen (§ 2) richten sich nach § 2 des Rahmenvertrages gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI. Im Bereich der Körperpflege können u. a. nach zeitnaher Abstimmung mit der CPS pflegerische Leistungen bei Patienten im Bereich der anerkannten Pflegestufe 1 durch den Mobilen Sozialen Dienst erbracht werden. Der Kooperationsvertrag enthält darüber hinaus u.a. folgende Vereinbarungen:
18„§ 3 Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen
19Gemäß § 10 Abs. 2 des Rahmenvertrages nach § 75 Abs. 1 SGB XI wird der Kooperationsvertrag vom Träger der CPS den Pflegekassen angezeigt.
20Der Caritasverband für die Regionen B. -Stadt und B. -Land e.V. als Träger der Caritas-Pflegestation hat einen Versorgungsvertrag nach § 72 XI mit den Pflegekassen für den Einzugsbereich Stadt und Kreis B. abgeschlossen. Die Caritas-Pflegestationen sind berechtigt, Pflegesachleistungen mit den Pflegekassen und Sozialhilfeträgern abzurechnen. Eventuelle Änderungen des Versorgungsvertrages teilt der regionale Caritasverband unverzüglich mit.
21§ 7 Vergütung
22Die Leistungen des MSD werden gegen Entgelt erbracht. Die Vergütungsvereinbarung gemäß § 89 SGB XI ist Bestandteil des Vertrages und Grundlage für die Vergütung der vom MSD erbrachten Leistungen. Die Abrechnung der Leistungen mit den Kostenträgern Pflegekasse und Sozialhilfeträger erfolgt allein durch die Caritas-Pflegestation.
23Die Kostenregelung mit den öffentlichen Kostenträgern und den Krankenkassen bzw. Pflegekassen trifft der regionale Caritasverband als Träger der Caritas-Pflegestation.
24Die Entgelte der Pflegekassen für die von der Caritas-Pflegestation an den MSD übertragenen Aufgaben werden nach Erhalt an diesen zeitnah weitergeleitet. .........“.
25.
26Seit Bestehen der ersten Kooperation erfolgte die Abrechnung der von der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin erbrachten Leistungen mit den Kostenträgern durch die Caritas-Pflegestation. In den vorausgegangenen Jahren gewährten zunächst der Kreis B. bis zum Jahre 2009 und die Beklagte als dessen Rechtsnachfolgerin im Jahr 2010 eine Investitionskostenförderung gemäß § 10 PfG NRW für die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin. Die Bewilligung dieser Investitionskostenförderung erfolgte nach den dem Gericht im vorliegenden und dem Parallelverfahren (2 K 1469/11) vorgelegten Unterlagen für die Jahre 2008 bis 2010 im Rahmen der von dem Caritasverband Region B. für die jeweilige Caritas-Pflegestation bewilligten Investitionskostenpauschale, die jeweils die Förderung für die Mobilen Sozialen Dienste mit erfasste.
27Die Klägerin beantragte unter dem 22. Januar 2011 – wie in den vorausgegangenen Jahren - die Gewährung einer Investitionskostenpauschale für das Jahr 2011. Sie erklärte in ihrem Antrag, dem Caritasverband Region B. als Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege anzugehören und die Voraussetzungen des § 9 PfG NRW (Versorgungsvertrag und Vergütungsvereinbarung) zu erfüllen. Sie legte ein sog. alternatives Testat des Caritasverbandes für das Bistum B. e.V. vom 18. April 2011 für den Mobilen Sozialen Dienst T. -W. vor, wonach bestätigt wird, dass dieser in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2010 zu Lasten der Pflegekassen Leistungen in Höhe von 106.188,43. € abgerechnet hat. Die von der Klägerin vorgenommene Umrechnung der abgerechneten Leistungen auf der Grundlage der Punktwerte nach der Vergütungsvereinbarung ergab eine Investitionskostenpauschale in Höhe der in diesem Verfahren streitbefangenen 8.747,32 €.
28Mit Bescheid vom 21. Juli 2011 lehnte die Beklagte den Antrag für das Jahr 2011 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 PfG NRW seien nicht erfüllt. Bei der Klägerin handele es sich nicht um eine Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 und Abs. 2 PfG NRW. Dort würden Mobile Soziale Dienste nicht ausdrücklich genannt. Ferner seien auch die Voraussetzungen für die Förderung gemäß § 9 Abs. 2 PfG NRW nicht erfüllt, da die Klägerin weder einen Versorgungsvertrag nach § 72 Abs. 1 SGB XI noch eine Vergütungsvereinbarung nach § 89 SGB XI abgeschlossen habe.
29Die Klägerin hat am 18. August 2011 Klage erhoben und ausgeführt, dass sie als Mobiler Sozialer Dienst eine ambulante Pflegeeinrichtung im Sinne des § 8 Abs. 2 PfG NRW sei. Sie sei eine selbstständig wirtschaftende Einrichtung, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegekraft Leistungen in der hauswirtschaftlichen Versorgung und Pflege von Pflegebedürftigen erbringe. Auch wenn § 8 Abs. 1 PfG NRW den Mobilen Sozialen Dienst nicht ausdrücklich erwähne, so werde er doch von der abstrakten Umschreibung des Begriffs der ambulanten Pflegeeinrichtung umfasst. Zudem sei die Aufzählung in Abs. 1 nicht als abschließend anzusehen. Darüber hinaus sei sie als zugelassene Pflegeeinrichtung im Sinne des § 72 Abs. 1 SGB XI anzusehen, auch wenn ein Versorgungsvertrag nicht unmittelbar zwischen ihr und den Trägern der Pflegekassen bestehe. Sowohl nach § 10 Abs. 1 des Rahmenvertrages gemäß § 75 SGB XI als auch gemäß § 5 Abs. 4 des Versorgungsvertrages nach § 72 SGB XI sei eine Kooperation mit anderen Einrichtungen möglich. Diese bedürfe teilweise der Zustimmung der Pflegekassen. Eine derartige Kooperation habe sie mit dem Caritasverband für die Region B. -Stadt und B. -Land e.V. abgeschlossen.
30Die Beklagte könne sich auch nicht auf eine fehlende Zustimmung der Landesverbände der Pflegekassen berufen. Dieses Erfordernis beziehe sich nur "auf andere Formen der Kooperationen". Im Übrigen sei der Beklagten eine Berufung auf die angeblich fehlende Zustimmung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben versagt. Sie - die Klägerin – bzw. ihre Rechtsvorgängerin würden die Leistungen seit Jahren erbringen; diese seien stets vergütet und die streitgegenständliche Investitionskostenpauschale sei bewilligt worden. Die Zusammenarbeit mit den Sozialleistungsträgern werde bereits seit Jahrzehnten praktiziert. Bereits unter der Geltung des § 132 SGB V a.F. seien von ihrer Rechtsvorgängerin hauswirtschaftliche Leistungen erbracht worden und es habe ein Vertrag nach § 132 Abs. 1 SGB V mit den Krankenkassen bestanden, dem ihre Rechtsvorgängerin beigetreten sei. Zudem habe schon damals eine Kooperation mit dem Caritasverband bestanden. Der damalige Kooperationsvertrag aus dem Jahr 1995 sei allerdings ab dem Zeitpunkt 2001 dahingehend geändert worden, dass unmittelbar mit den Pflegekassen abgerechnet worden sei. Der derzeit gültige Kooperationsvertrag aus dem Jahr 2008 habe diesen alten Kooperationsvertrag ersetzt. Im Übrigen seien die Leistungen für das Jahr 2011 ebenfalls bereits erbracht worden. Ohne irgendeinen erkennbaren Grund habe die Beklagte ihre bisher geübte Praxis aufgegeben.
31Die Klägerin beantragt,
32die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. Juli 2011 zu verpflichten, der Klägerin eine Investitionskostenpauschale für das Jahr 2011 nach dem Landespflegegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen in Höhe von 8.747,32 € zu gewähren.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie führt unter Bezugnahme auf den streitgegenständlichen Bescheid ergänzend aus, dass in der Vorschrift des § 8 PfG NRW explizit eine nummerische Aufzählung von vier Einrichtungen benannt werde, die als Pflegeeinrichtungen im Sinne des Landespflegegesetzes zu verstehen seien. Weitere Hinweise ergäben sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung. Die Klägerin sei auch nicht durch den Kooperationsvertrag über ambulante Pflegeleistungen einer zugelassenen Pflegeeinrichtung gleichgestellt, da auch in § 9 PfG NRW die Voraussetzungen zur Förderung abschließend geregelt seien. Unerheblich sei, welche Leistungen von der Klägerin angeboten bzw. tatsächlich erbracht würden. Zu prüfen sei lediglich, ob ein Anspruch nach dem Landespflegegesetz bestehe. Da Mobile Soziale Dienste jedoch weder in § 8 PfG NRW genannt würden noch die Voraussetzungen des § 9 PfG NRW erfüllt seien, bestehe kein Anspruch auf Förderung. Für die rechtliche Beantwortung der Frage des Förderanspruchs sei es unerheblich, dass nach § 10 des Rahmenvertrages nach § 75 Abs. 1 SGB XI pflegerische Leistungen in Kooperation mit anderen zugelassenen Pflegediensten erbracht werden könnten. Andere Formen der Kooperation bedürften der vorherigen Zustimmung aller Landesverbände der Pflegekassen. Eine solche Zustimmung aller Landesverbände der Pflegekassen liege nicht vor.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten in diesem Verfahren sowie zu den Verfahren 2 K 1469/11 und 2 K 1476/11 vorgelegten Verwaltungsvorgänge.
37Entscheidungsgründe
38Die Klage ist zulässig und begründet.
39Der Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Gewährung einer Investitionskostenpauschale nach dem Landespflegegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2011 in Höhe von 8.747,32 € zu.
40Anspruchsgrundlage ist § 10 Abs. 1 und 2 PfG NRW i.V.m. §§ 1 - 3 der Verordnung über die Förderung ambulanter Pflegeeinrichtungen nach dem Landespflegegesetz (AmbPFFV). Danach fördert der örtliche Träger der Sozialhilfe die durchschnittlichen betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen ambulanter Pflegeeinrichtungen, die durch das Sozialgesetzbuches 11. Buch (SGB XI) bedingt sind, durch angemessene Pauschalen.
41Bei dem Mobilen Sozialen Dienst (MSD) der Klägerin handelte es sich zunächst um eine ambulante Pflegeeinrichtung i.S. des § 8 Abs. 2 PfG NRW. Dies sind nach der gesetzlichen Definition selbstständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen. Diese Legaldefinition entspricht der gleichlautenden Vorschrift im Recht der Sozialen Pflegeversicherung nach § 71 Abs. 1 SGB XI (Einführung mit dem Pflegeversicherungsgesetz vom 26. Mai 1994, BGBl I, 1014) und dient zunächst der Abgrenzung zur stationären Pflegeeinrichtung. Maßgeblich ist insoweit, ob die Einrichtung der Klägerin die genannten gesetzlichen Voraussetzungen einer ambulanten Pflegeeinrichtung erfüllt - nicht jedoch, ob Mobile Soziale Dienste ausdrücklich in § 8 Abs. 1 und Abs. 2 PfG NRW genannt werden. Der Begriff der ambulanten Pflegeeinrichtung (sog. Pflegedienste) ist nach dem Willen des Gesetzgebers zum Pflegeversicherungsgesetz von 1994 zudem bewusst weit und flexibel gefasst worden und sollte nicht nur die herkömmlichen Sozialstationen in freigemeinnütziger oder kommunaler Trägerschaft, sondern auch z.B. private Hauspflegedienste erfassen,
42vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/5262 S. 133, 134 zu § 80 (jetzt § 71) SGB XI; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand: Dezember 2012, § 71 SGB XI Rz. 2ff; Leitherer in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht – Bd. 2, Stand: Oktober 2012, § 71 SGB XI Rz. 5 ff; Groth in Hauck/Noftz, SGB XI, Stand: Juni 2013, § 71 Rz. 9 ff; Schütze in Udsching/Schütze/Behrend/Bassen, SGB XI, 3. Aufl. 2010, § 71 Rz.4 ff, Plantholz/Pöld-Krämer in Klie/Krahmer, LPK-SGB XI, 3. Aufl. 2009, § 71 Rz. 6 ff.
43Wesentlich für den Begriff des Pflegedienstes ist die Erfüllung der Kernelemente, d.h. es muss sich um eine auf Dauer angelegte organisatorische Zusammenfassung von Personen und Sachmitteln handeln, die unabhängig vom Bestand ihrer Mitarbeiter in der Lage ist, eine ausreichende und konstante pflegerische Versorgung von Pflegebedürftigen in ihrer Wohnung zu gewährleisten. Die häusliche Pflege i.S. des § 36 Abs.1 und 2 i.V.m. § 14 Abs. 4 SGB XI umfasst dabei die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung der Pflegbedürftigen. Daraus folgt, dass Einrichtungen, die lediglich die Wohnung reinigen oder ausschließlich Mahlzeiten ins Haus bringen (z.B. Reinigungsunternehmen oder Essen auf Rädern), keine Pflegedienste i.S. des § 71 Abs. 1 SGB XI sind. Nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen und dem vorgelegten Kooperationsvertrag mit dem Caritasverband Region B. als Träger der CPS erbrachte der MSD der Klägerin schwerpunktmäßig Leistungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung. Das Angebot des MSD umfasste darüber hinaus aber auch Leistungen der Grundpflege im Bereich der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden), der Mobilität (An- und Ausziehen) oder der Ernährung (Zubereitung von Mahlzeiten) im Rahmen der Pflegestufe 1.
44Die Klägerin erfüllt allerdings nicht die weiteren Fördervoraussetzungen nach § 9 Abs. 2 Satz 1 PfG NRW und § 2 Nr. 1 AmbPFFV, wonach der Abschluss eines Versorgungsvertrages nach § 72 Abs. 1 SGB XI und einer vertraglichen Regelung nach § 85 oder § 89 SGB XI (sog. Vergütungsvereinbarung) erforderlich sind. Derartige Verträge hat die Klägerin unstreitig nicht für den MSD abgeschlossen. Die Klägerin kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass der Caritasverband der Region B. mit den Landesverbänden der Pflegekassen derartige Vereinbarungen abgeschlossen hat und sie auf Grund der bestehenden Kooperation mit dem Caritasverband Region B. diesem gleichgestellt werden müsse. Dem steht entgegen, dass der Versorgungsvertrag nach seiner gesetzlichen Konzeption die Zulassung der jeweiligen Pflegeeinrichtung zur pflegerischen Versorgung regelt und für die jeweiligen Pflegeeinrichtungen eine statusbegründende Funktion hat. Erst mit dem Abschluss eines Versorgungsvertrages erlangen der Pflegedienst oder das Pflegeheim den Status einer zugelassen Pflegeeinrichtung mit der generellen Berechtigung und Verpflichtung, während der Dauer des Vertrages Pflegebedürftige zu Lasten der Pflegekassen zu versorgen,
45vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/5262 S. 135 zu § 81 (jetzt § 72) SGB XI.
46Die Versorgungsverträge stellen nach der gesetzlichen Regelung Individualverträge dar, die einrichtungsbezogen mit einem konkreten Versorgungsauftrag zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung und den Landesverbänden der Pflegekassen abgeschlossen werden. Dementsprechend hat der Caritasverband der Region B. jeweils als Träger der örtlichen CPS mit den Landesverbänden der Pflegekassen einen Versorgungsvertrag abgeschlossen. Die in dem Versorgungs- und auch im Rahmenvertrag für das Land Nordrhein-Westfalen vorgesehene Kooperationsmöglichkeit der jeweiligen Pflegeeinrichtung mit anderen Einrichtungen führt nicht dazu, dass der Versorgungsvertrag auch auf die „Kooperationseinrichtung“ erstreckt wird. Der Abschluss eines individuellen Versorgungsvertrages kann durch einen Kooperationsvertrag nicht ersetzt werden. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass gemäß § 71 Abs. 3 Satz 1 SGB XI Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen geschlossen werden, die die in Satz 1 Nr. 1-3 aufgeführten Voraussetzungen erfüllen, d.h. u.a. den Voraussetzungen des § 71 SGB XI entsprechen und Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten. Die Pflegeeinrichtungen durchlaufen vor Abschluss eines Versorgungsvertrages ein öffentlich-rechtliches Zulassungssystem und werden mit Abschluss des Vertrages in das öffentlich-rechtliche Sozialleistungssystem eingeordnet,
47vgl. dazu insgesamt auch Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/5262 S.136 zu § 81 (jetzt § 72) SGB XI; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand: Dezember 2012, § 72 SGB XI Rz. 14 ff,18 ff; Leitherer in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht – Bd.2, Stand: Oktober 2012, § 72 SGB XI Rz. 7,17 ff; Groth in Hauck/Noftz, SGB XI, Stand: Juni 2013, § 72 Rz. 11 ff, 32, 36 ff, 44; Schütze in Udsching/Schütze/Behrend/Bassen, SGB XI, 3. Aufl. 2010, § 72 Rz. 3, 4 ff, Plantholz/Pöld-Krämer in Klie/Krahmer, LPK-SGB XI, 3. Aufl. 2009, § 72 Rz. 2, 14 ff.
48Mit dem Erfordernis eines Versorgungsvertrages nach § 9 Abs. 2 PfG NRW und § 2 Nr. 1 AmbPFFV als Voraussetzung für eine Investitionsförderung wollte der Gesetzgeber gewährleisten, dass nur Pflegeeinrichtungen staatlich gefördert werden, die in der Lage sind, die notwendige Qualität und den erforderlichen Umfang zu gewährleisten, und sich zur Pflege auch vertraglich verpflichtet haben,
49vgl. dazu auch Gesetzesbegründung zur Vorgängervorschrift des § 8 Abs. 2 PfG NRW a.F. in LT-Drs. 12/194 S.41 und zu § 9 Abs. 2 PfG NRW in LT-Drs. 13/3498 S. 34.
50Durch die Vorlage eines Versorgungsvertrages sollte der für die Förderungsentscheidung zuständige Träger gerade von der Prüfung der Voraussetzungen der § 71 ff SGB XI entbunden werden, da die Prüfung dieser Voraussetzungen in erster Linie den Landesverbänden der Pflegekassen obliegt.
51Der Beklagten ist es jedoch nach Auffassung der Kammer für das Bewilligungsjahr 2011 in Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben verwehrt, der Klägerin den fehlendenden Abschluss eines Versorgungsvertrages sowie einer Vergütungsvereinbarung entgegenzuhalten.
52Der Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht als allgemeiner Rechtsgedanke das gesamte Rechtsleben und gilt entsprechend auch im Verwaltungsrecht. Er wird aus § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) abgeleitet, der über seinen Wortlaut hinaus das allgemeine Gebot der Beachtung von Treu und Glauben im rechtlichen Verkehr als allgemeinen Maßstab enthält, unter dem das gesamte private und öffentliche Recht steht. Dieser Grundsatz bedarf wegen seiner Allgemeinheit der Konkretisierung, welche durch Typisierung anhand von Fallgruppen erfolgt, wobei im öffentlichen Recht vornehmlich die unzulässige Ausübung von Rechten eine Rolle spielt,
53vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 11. Oktober 2012 – 5 C 22/11 -, juris, Rz. 25 m.w. Nw. zur Rspr. und Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. 2012, § 242 Rz. 1, 5 f., 38, 42 ff.
54In diesem Rahmen wurde von der Rechtsprechung u.a. die Fallgruppe des widersprüchlichen Verhaltens entwickelt, wonach die Berufung auf ein Recht, einen Umstand oder wie hier auf ein Tatbestandsmerkmal einer Anspruchsnorm treuwidrig ist, wenn ein Beteiligter einer Rechtsbeziehung auf Grund seines bisherigen Verhaltens bei der Gegenseite den Eindruck erweckt hat, dass es auf den betreffenden Umstand (hier: Tatbestandsmerkmal) nicht ankommt, und dadurch bei dem anderen Beteiligten ein schutzwürdiges Vertrauen begründet hat. Dies ist nach Auffassung der Kammer vorliegend der Fall.
55Die Kammer stellt insoweit die jahrelang geübte Praxis des Rechtsvorgängers der Beklagten und in der Folge der Beklagten selbst – für das Jahr 2010 – in Rechnung, von der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin auf Grund der bestehenden Kooperation mit dem Caritasverband der Region B. und den jeweiligen CPS im Rahmen der Investitionsförderung keinen gesonderten Nachweis eines eigenen Versorgungsvertrages für den MSD zu fordern. Nach dieser zuvor geübten Praxis erfuhr der MSD der Klägerin insoweit auf Grund der für die CPS abgeschlossenen Versorgungs- bzw. Vergütungsverträge eine Gleichbehandlung mit den jeweiligen CPS. Ausweislich der vorliegenden Verwaltungsvorgänge erfolgte die Bewilligung der Investitionsförderung für die jeweiligen MSD zusammen mit der Bewilligung für die CPS des Caritasverbandes Region B. , wobei der Caritasverband für die jeweiligen CPS einen Förderungsantrag unter Berufung auf den vorliegenden Versorgungsvertrag stellte und daneben auch die jeweiligen MSD eigene Anträge stellten und den Abschluss eines Versorgungsvertrages bestätigten. Das Bewilligungsverfahren wurde – auf Grund der bestehenden Kooperationen - für die jeweiligen CPS und MSD zusammen durchgeführt; die für diese Einrichtungen beantragte Investitionsförderung wurde zusammen an den Caritasverband Region B. bewilligt. Von dieser Praxis ist auch die Beklagte im Jahr 2010 nicht abgewichen.
56Für die Klägerin war insoweit bei der Antragstellung im Februar 2011 nicht ersichtlich, dass die Beklagte künftig - entsprechend den gesetzlichen Vorschriften - den Nachweis über den Abschluss eines eigenen Versorgungsvertrages erwartete und die bestehende Kooperation mit dem Caritasverband nicht mehr als ausreichend ansehen würde. Den Verwaltungsvorgängen lässt sich auch kein Hinweis an die Klägerin auf die fehlenden Anspruchsvoraussetzungen und die nicht mehr mögliche Berücksichtigung des MSD im Rahmen der Kooperationen entnehmen. Insoweit ist der Hinweis der Beklagten, dass dem Caritasverband die Unrechtmäßigkeit der bisherigen Investitionsförderung hätte bekannt sein müssen, weil nach ihrer Kenntnis in den Kreisen I. , T1. und auch in der Stadt B. keine Förderung der MSD erfolgt sei, nicht ausreichend. Ungeachtet der Frage, inwieweit sich die Klägerin etwaige Kenntnisse des Caritasverbandes zurechnen lassen müsste, erfolgte ausweislich der vorliegenden Verwaltungsvorgänge und nach dem Vorbringen der Klägerin die Änderung der Bewilligungspraxis durch die Beklagte für diese „überraschend“.
57Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung hat die Kammer neben dem hier bestehenden öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Bewilligung und Verwendung öffentlicher Fördergelder auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin sowohl die dem Bewilligungsantrag zu Grunde liegenden abgerechneten Leistungen im Jahr 2010 als auch bereits für das Jahr 2011 weiterhin Leistungen in vollem Umfang erbracht hatte. In die Abwägung eingestellt hat die Kammer ferner, dass die Bewilligungspraxis schon über viele Jahre erfolgte, den Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zufolge offenbar schon seit 1995. Die Klägerin hat darüber hinaus auf die ihr nunmehr mit Ablehnungsbescheid bekannt gewordene Rechtslage und das zukünftige Ausbleiben einer Förderung reagiert. So hat sie die Leistungen im Jahr 2012 in Kooperation mit dem Caritas-Verband erbracht und zum 1. Januar 2013 eine gGmbH, die den Betrieb fortführt. Nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides kann sich die Klägerin zudem nicht mehr auf einen Vertrauenstatbestand berufen.
58Hinsichtlich der Höhe der für das Jahr 2011 beantragten - und letztmalig zu bewilligenden - Investitionsförderung wurden seitens der Beklagten im Übrigen keine Einwendungen geltend gemacht.
59Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung mit Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 versorgen.
(1a) Auf ambulante Betreuungseinrichtungen, die für Pflegebedürftige dauerhaft pflegerische Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung erbringen (Betreuungsdienste), sind die Vorschriften dieses Buches, die für Pflegedienste gelten, entsprechend anzuwenden, soweit keine davon abweichende Regelung bestimmt ist.
(2) Stationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige:
- 1.
unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft gepflegt werden, - 2.
ganztägig (vollstationär) oder tagsüber oder nachts (teilstationär) untergebracht und verpflegt werden können.
(3) Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne der Absätze 1 und 2 ist neben dem Abschluss einer Ausbildung als
- 1.
Pflegefachfrau oder Pflegefachmann, - 2.
Gesundheits- und Krankenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpfleger, - 3.
Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder - 4.
Altenpflegerin oder Altenpfleger
(4) Keine Pflegeeinrichtungen im Sinne des Absatzes 2 sind
- 1.
stationäre Einrichtungen, in denen die Leistungen zur medizinischen Vorsorge, zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, zur Teilhabe an Bildung oder zur sozialen Teilhabe, die schulische Ausbildung oder die Erziehung kranker Menschen oder von Menschen mit Behinderungen im Vordergrund des Zweckes der Einrichtung stehen, - 2.
Krankenhäuser sowie - 3.
Räumlichkeiten, - a)
in denen der Zweck des Wohnens von Menschen mit Behinderungen und der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für diese im Vordergrund steht, - b)
auf deren Überlassung das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet und - c)
in denen der Umfang der Gesamtversorgung der dort wohnenden Menschen mit Behinderungen durch Leistungserbringer regelmäßig einen Umfang erreicht, der weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht; bei einer Versorgung der Menschen mit Behinderungen sowohl in Räumlichkeiten im Sinne der Buchstaben a und b als auch in Einrichtungen im Sinne der Nummer 1 ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen, ob der Umfang der Versorgung durch Leistungserbringer weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht.
(5) Mit dem Ziel, eine einheitliche Rechtsanwendung zu fördern, erlässt der Spitzenverband Bund der Pflegekassen spätestens bis zum 1. Juli 2019 Richtlinien zur näheren Abgrenzung, wann die in Absatz 4 Nummer 3 Buchstabe c in der ab dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung genannten Merkmale vorliegen und welche Kriterien bei der Prüfung dieser Merkmale mindestens heranzuziehen sind. Die Richtlinien nach Satz 1 sind im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V., der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene zu beschließen; die Länder, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege sowie die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sind zu beteiligen. Für die Richtlinien nach Satz 1 gilt § 17 Absatz 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass das Bundesministerium für Gesundheit die Genehmigung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erteilt und die Genehmigung als erteilt gilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden.
(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.
(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:
- 1.
Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen; - 2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch; - 3.
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen; - 4.
Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen; - 5.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: - a)
in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel, - b)
in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung, - c)
in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie - d)
in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften;
- 6.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.
(3) Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, die dazu führen, dass die Haushaltsführung nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden kann, werden bei den Kriterien der in Absatz 2 genannten Bereiche berücksichtigt.
(1) Ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung mit Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 versorgen.
(1a) Auf ambulante Betreuungseinrichtungen, die für Pflegebedürftige dauerhaft pflegerische Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung erbringen (Betreuungsdienste), sind die Vorschriften dieses Buches, die für Pflegedienste gelten, entsprechend anzuwenden, soweit keine davon abweichende Regelung bestimmt ist.
(2) Stationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige:
- 1.
unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft gepflegt werden, - 2.
ganztägig (vollstationär) oder tagsüber oder nachts (teilstationär) untergebracht und verpflegt werden können.
(3) Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne der Absätze 1 und 2 ist neben dem Abschluss einer Ausbildung als
- 1.
Pflegefachfrau oder Pflegefachmann, - 2.
Gesundheits- und Krankenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpfleger, - 3.
Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder - 4.
Altenpflegerin oder Altenpfleger
(4) Keine Pflegeeinrichtungen im Sinne des Absatzes 2 sind
- 1.
stationäre Einrichtungen, in denen die Leistungen zur medizinischen Vorsorge, zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, zur Teilhabe an Bildung oder zur sozialen Teilhabe, die schulische Ausbildung oder die Erziehung kranker Menschen oder von Menschen mit Behinderungen im Vordergrund des Zweckes der Einrichtung stehen, - 2.
Krankenhäuser sowie - 3.
Räumlichkeiten, - a)
in denen der Zweck des Wohnens von Menschen mit Behinderungen und der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für diese im Vordergrund steht, - b)
auf deren Überlassung das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet und - c)
in denen der Umfang der Gesamtversorgung der dort wohnenden Menschen mit Behinderungen durch Leistungserbringer regelmäßig einen Umfang erreicht, der weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht; bei einer Versorgung der Menschen mit Behinderungen sowohl in Räumlichkeiten im Sinne der Buchstaben a und b als auch in Einrichtungen im Sinne der Nummer 1 ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen, ob der Umfang der Versorgung durch Leistungserbringer weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht.
(5) Mit dem Ziel, eine einheitliche Rechtsanwendung zu fördern, erlässt der Spitzenverband Bund der Pflegekassen spätestens bis zum 1. Juli 2019 Richtlinien zur näheren Abgrenzung, wann die in Absatz 4 Nummer 3 Buchstabe c in der ab dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung genannten Merkmale vorliegen und welche Kriterien bei der Prüfung dieser Merkmale mindestens heranzuziehen sind. Die Richtlinien nach Satz 1 sind im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V., der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene zu beschließen; die Länder, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege sowie die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sind zu beteiligen. Für die Richtlinien nach Satz 1 gilt § 17 Absatz 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass das Bundesministerium für Gesundheit die Genehmigung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erteilt und die Genehmigung als erteilt gilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden.
(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4) festzulegen, die von der Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten zu erbringen sind (Versorgungsauftrag).
(2) Der Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung oder einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger und den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe im Land abgeschlossen, soweit nicht nach Landesrecht der örtliche Träger für die Pflegeeinrichtung zuständig ist; für mehrere oder alle selbständig wirtschaftenden Einrichtungen (§ 71 Abs. 1 und 2) einschließlich für einzelne, eingestreute Pflegeplätze eines Pflegeeinrichtungsträgers, die vor Ort organisatorisch miteinander verbunden sind, kann, insbesondere zur Sicherstellung einer quartiersnahen Unterstützung zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen, ein einheitlicher Versorgungsvertrag (Gesamtversorgungsvertrag) geschlossen werden. Er ist für die Pflegeeinrichtung und für alle Pflegekassen im Inland unmittelbar verbindlich. Bei Betreuungsdiensten nach § 71 Absatz 1a sind bereits vorliegende Vereinbarungen aus der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste zu beachten.
(3) Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die
- 1.
den Anforderungen des § 71 genügen, - 2.
die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten und die Vorgaben des Absatzes 3a oder Absatzes 3b erfüllen, - 3.
sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln, - 4.
sich verpflichten, die ordnungsgemäße Durchführung von Qualitätsprüfungen zu ermöglichen, - 5.
sich verpflichten, an dem Verfahren zur Übermittlung von Daten nach § 35 Absatz 6 des Infektionsschutzgesetzes teilzunehmen, sofern es sich bei ihnen um stationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 71 Absatz 2 handelt;
(3a) Ab dem 1. September 2022 dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, Gehälter zahlen, die in Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbart ist, an die die jeweiligen Pflegeeinrichtungen gebunden sind.
(3b) Mit Pflegeeinrichtungen, die nicht an Tarifverträge oder kirchliche Arbeitsrechtsregelungen für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, gebunden sind, dürfen Versorgungsverträge ab dem 1. September 2022 nur abgeschlossen werden, wenn diese Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, eine Entlohnung zahlen, die
- 1.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen räumlicher, zeitlicher, fachlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, - 2.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen fachlicher Geltungsbereich mindestens eine andere Pflegeeinrichtung in der Region erfasst, in der die Pflegeeinrichtung betrieben wird, und dessen zeitlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, - 3.
die Höhe der Entlohnung von Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht unterschreitet oder - 4.
hinsichtlich der Entlohnungsbestandteile nach Satz 2 Nummer 1 bis 5, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der in § 82c Absatz 2 Satz 4 genannten Qualifikationsgruppen jeweils im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der jeweiligen regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und hinsichtlich der pflegetypischen Zuschläge nach Satz 2 Nummer 6, die den in Satz 1 genannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, jeweils in der nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten Höhe, nicht unterschreitet.
- 1.
der Grundlohn, - 2.
regelmäßige Jahressonderzahlungen, - 3.
vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers, - 4.
pflegetypische Zulagen, - 5.
der Lohn für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sowie - 6.
pflegetypische Zuschläge.
- 1.
Nachtzuschläge für eine Tätigkeit in der Nacht, mindestens im Zeitraum zwischen 23 und 6 Uhr, - 2.
Sonntagszuschläge für eine Tätigkeit an Sonntagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr, - 3.
Feiertagszuschläge für eine Tätigkeit an gesetzlichen Feiertagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr.
(3c) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt in Richtlinien, erstmals bis zum Ablauf des 30. September 2021, das Nähere insbesondere zu den Verfahrens- und Prüfgrundsätzen für die Einhaltung der Vorgaben der Absätze 3a und 3b sowie zu den nach Absatz 3e Satz 1 Nummer 2 erforderlichen Angaben fest. In den Richtlinien ist auch festzulegen, welche Folgen eintreten, wenn eine Pflegeeinrichtung ihre Mitteilungspflicht nach Absatz 3d Satz 2 oder Absatz 3e nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Die in den Richtlinien vorgesehenen Folgen müssen verhältnismäßig sein und im Einzelfall durch den jeweiligen Landesverband der Pflegekassen gegenüber der Pflegeeinrichtung verhältnismäßig angewendet werden. Bei der Festlegung hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe zu beteiligen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmigt. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. Die Richtlinien sind für die Pflegekassen und ihre Verbände sowie für die Pflegeeinrichtungen verbindlich.
(3d) Pflegeeinrichtungen haben den Landesverbänden der Pflegekassen zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b mitzuteilen,
- 1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind, - 2.
welcher Tarifvertrag oder welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in den Fällen des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 1 bis 3 für sie maßgebend ist oder sind oder - 3.
ob im Fall des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 4 die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 für sie maßgebend sind.
(3e) Pflegeeinrichtungen, die im Sinne von Absatz 3a an Tarifverträge oder an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebunden sind, haben dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen bis zum Ablauf des 31. August jeden Jahres Folgendes mitzuteilen:
- 1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind, - 2.
Angaben über die sich aus diesen Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ergebende am 1. August des Jahres gezahlte Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, soweit diese Angaben zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach den Absätzen 3a und 3b oder zur Ermittlung des oder der regional üblichen Entlohnungsniveaus sowie der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 erforderlich sind.
(3f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 die Wirkungen der Regelungen der Absätze 3a und 3b und des § 82c.
(3g) Versorgungsverträge, die mit Pflegeeinrichtungen vor dem 1. September 2022 abgeschlossen wurden, sind spätestens bis zum Ablauf des 31. August 2022 mit Wirkung ab dem 1. September 2022 an die Vorgaben des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b anzupassen.
(4) Mit Abschluß des Versorgungsvertrages wird die Pflegeeinrichtung für die Dauer des Vertrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten zugelassen. Die zugelassene Pflegeeinrichtung ist im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten verpflichtet; dazu gehört bei ambulanten Pflegediensten auch die Durchführung von Beratungseinsätzen nach § 37 Absatz 3 auf Anforderung des Pflegebedürftigen. Die Pflegekassen sind verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung nach Maßgabe des Achten Kapitels zu vergüten.
(5) (aufgehoben)
(1) Art, Höhe und Laufzeit der Pflegesätze werden zwischen dem Träger des Pflegeheimes und den Leistungsträgern nach Absatz 2 vereinbart.
(2) Parteien der Pflegesatzvereinbarung (Vertragsparteien) sind der Träger des einzelnen zugelassenen Pflegeheimes sowie
- 1.
die Pflegekassen oder sonstige Sozialversicherungsträger, - 2.
die für die Bewohner des Pflegeheimes zuständigen Träger der Sozialhilfe sowie - 3.
die Arbeitsgemeinschaften der unter Nummer 1 und 2 genannten Träger,
(3) Die Pflegesatzvereinbarung ist im voraus, vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode des Pflegeheimes, für einen zukünftigen Zeitraum (Pflegesatzzeitraum) zu treffen. Das Pflegeheim hat Art, Inhalt, Umfang und Kosten der Leistungen, für die es eine Vergütung beansprucht, durch Pflegedokumentationen und andere geeignete Nachweise rechtzeitig vor Beginn der Pflegesatzverhandlungen darzulegen; es hat außerdem die schriftliche Stellungnahme der nach heimrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Interessenvertretung der Bewohnerinnen und Bewohner beizufügen. Soweit dies zur Beurteilung seiner Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit im Einzelfall erforderlich ist, hat das Pflegeheim auf Verlangen einer Vertragspartei zusätzliche Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Hierzu gehören auch pflegesatzerhebliche Angaben zum Jahresabschluß entsprechend den Grundsätzen ordnungsgemäßer Pflegebuchführung, zur personellen und sachlichen Ausstattung des Pflegeheims einschließlich der Kosten sowie zur tatsächlichen Stellenbesetzung und Eingruppierung. Dabei sind insbesondere die in der Pflegesatzverhandlung geltend gemachten, voraussichtlichen Personalkosten einschließlich entsprechender Erhöhungen im Vergleich zum bisherigen Pflegesatzzeitraum vorzuweisen. Personenbezogene Daten sind zu anonymisieren.
(4) Die Pflegesatzvereinbarung kommt durch Einigung zwischen dem Träger des Pflegeheimes und der Mehrheit der Kostenträger nach Absatz 2 Satz 1 zustande, die an der Pflegesatzverhandlung teilgenommen haben. Sie ist schriftlich abzuschließen. Soweit Vertragsparteien sich bei den Pflegesatzverhandlungen durch Dritte vertreten lassen, haben diese vor Verhandlungsbeginn den übrigen Vertragsparteien eine schriftliche Verhandlungs- und Abschlußvollmacht vorzulegen.
(5) Kommt eine Pflegesatzvereinbarung innerhalb von sechs Wochen nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Pflegesatzverhandlungen aufgefordert hat, setzt die Schiedsstelle nach § 76 auf Antrag einer Vertragspartei die Pflegesätze unverzüglich, in der Regel binnen drei Monaten, fest. Satz 1 gilt auch, soweit der nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 zuständige Träger der Sozialhilfe der Pflegesatzvereinbarung innerhalb von zwei Wochen nach Vertragsschluß widerspricht; der Träger der Sozialhilfe kann im voraus verlangen, daß an Stelle der gesamten Schiedsstelle nur der Vorsitzende und die beiden weiteren unparteiischen Mitglieder oder nur der Vorsitzende allein entscheiden. Gegen die Festsetzung ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. Ein Vorverfahren findet nicht statt; die Klage hat keine aufschiebende Wirkung.
(6) Pflegesatzvereinbarungen sowie Schiedsstellenentscheidungen nach Absatz 5 Satz 1 oder 2 treten zu dem darin unter angemessener Berücksichtigung der Interessen der Pflegeheimbewohner bestimmten Zeitpunkt in Kraft; sie sind für das Pflegeheim sowie für die in dem Heim versorgten Pflegebedürftigen und deren Kostenträger unmittelbar verbindlich. Ein rückwirkendes Inkrafttreten von Pflegesätzen ist nicht zulässig. Nach Ablauf des Pflegesatzzeitraums gelten die vereinbarten oder festgesetzten Pflegesätze bis zum Inkrafttreten neuer Pflegesätze weiter.
(7) Bei unvorhersehbaren wesentlichen Veränderungen der Annahmen, die der Vereinbarung oder Festsetzung der Pflegesätze zugrunde lagen, sind die Pflegesätze auf Verlangen einer Vertragspartei für den laufenden Pflegesatzzeitraum neu zu verhandeln. Unvorhersehbare wesentliche Veränderungen der Annahmen im Sinne des Satzes 1 liegen insbesondere bei einer erheblichen Abweichung der tatsächlichen Bewohnerstruktur sowie bei einer erheblichen Änderung der Energieaufwendungen vor. Die Absätze 3 bis 6 gelten entsprechend. Abweichend von Satz 3 in Verbindung mit Absatz 5 Satz 1 kann eine Festsetzung der Pflegesätze durch die Schiedsstelle bereits nach einem Monat beantragt werden, die binnen eines Monats erfolgen soll.
(8) Die Vereinbarung des Vergütungszuschlags nach § 84 Absatz 8 erfolgt auf der Grundlage, dass
- 1.
die stationäre Pflegeeinrichtung für die zusätzliche Betreuung und Aktivierung der Pflegebedürftigen über zusätzliches Betreuungspersonal, in vollstationären Pflegeeinrichtungen in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung verfügt und die Aufwendungen für dieses Personal weder bei der Bemessung der Pflegesätze noch bei den Zusatzleistungen nach § 88 berücksichtigt werden, - 2.
in der Regel für jeden Pflegebedürftigen 5 Prozent der Personalaufwendungen für eine zusätzliche Vollzeitkraft finanziert wird und - 3.
die Vertragsparteien Einvernehmen erzielt haben, dass der vereinbarte Vergütungszuschlag nicht berechnet werden darf, soweit die zusätzliche Betreuung und Aktivierung für Pflegebedürftige nicht erbracht wird.
(9) Die Vereinbarung des Vergütungszuschlags nach § 84 Absatz 9 Satz 1 durch die Vertragsparteien nach Absatz 2 erfolgt auf der Grundlage, dass
- 1.
die vollstationäre Pflegeeinrichtung über zusätzliches Pflegehilfskraftpersonal verfügt, - a)
das über eine abgeschlossene, landesrechtlich geregelte Assistenz- oder Helferausbildung in der Pflege mit einer Ausbildungsdauer von mindestens einem Jahr verfügt, oder - b)
das berufsbegleitend eine Ausbildung im Sinne von Buchstabe a begonnen hat oder - c)
für das die vollstationäre Pflegeeinrichtung sicherstellt, dass es spätestens bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Vereinbarung des Vergütungszuschlages nach § 84 Absatz 9 Satz 1 oder nach der Mitteilung nach Absatz 11 Satz 1 eine berufsbegleitende, landesrechtlich geregelte Assistenz- oder Helferausbildung in der Pflege beginnen wird, die die von der Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2012 und von der Gesundheitsministerkonferenz 2013 als Mindestanforderungen beschlossenen „Eckpunkte für die in Länderzuständigkeit liegenden Ausbildungen zu Assistenz- und Helferberufen in der Pflege“ (BAnz AT 17.02.2016 B3) erfüllt, es sei denn, dass der Beginn oder die Durchführung dieser Ausbildung aus Gründen, die die Einrichtung nicht zu vertreten hat, unmöglich ist,
- 2.
zusätzliche Stellenanteile im Umfang von bis zu 0,016 Vollzeitäquivalenten je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 1 oder 2, 0,025 Vollzeitäquivalenten je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 3, 0,032 Vollzeitäquivalenten je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 4 und 0,036 Vollzeitäquivalenten je Pflegebedürftigen des Pflegegrades 5, mindestens aber 0,5 Vollzeitäquivalenten, für den Pflegesatzzeitraum finanziert werden, - 3.
notwendige Ausbildungsaufwendungen für das zusätzliche Pflegehilfskraftpersonal, das eine Ausbildung im Sinne von Nummer 1 Buchstabe b oder c durchläuft, finanziert werden, soweit diese Aufwendungen nicht von einer anderen Stelle finanziert werden, - 4.
die Aufwendungen für das zusätzliche Pflegehilfskraftpersonal weder bei der Bemessung der Pflegesätze noch bei den Zusatzleistungen nach § 88 berücksichtigt werden und - 5.
die Vertragsparteien Einvernehmen erzielt haben, dass der vereinbarte Vergütungszuschlag nicht berechnet werden darf, soweit die vollstationäre Pflegeeinrichtung nicht über zusätzliches Pflegehilfskraftpersonal verfügt, das über das nach der Pflegesatzvereinbarung gemäß § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 vorzuhaltende Personal hinausgeht.
(10) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit erstmals zum 30. Juni 2021 und anschließend vierteljährlich über die Zahl des durch den Vergütungszuschlag nach § 84 Absatz 9 Satz 1 finanzierten Pflegehilfskraftpersonals, die Personalstruktur, den Stellenzuwachs und die Ausgabenentwicklung. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V., der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und den Bundesvereinigungen der Träger stationärer Pflegeeinrichtungen das Nähere für das Vereinbarungsverfahren nach Absatz 9 in Verbindung mit § 84 Absatz 9, für die notwendigen Ausbildungsaufwendungen nach Absatz 9 Satz 1 Nummer 3 sowie für seinen Bericht nach Satz 1 fest. Die Festlegungen nach Satz 2 bedürfen der Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
(11) Der Träger der vollstationären Pflegeeinrichtung kann bis zum Abschluss einer Vereinbarung nach § 84 Absatz 9 Satz 1 einen Vergütungszuschlag für zusätzliches Pflegehilfskraftpersonal nach § 84 Absatz 9 Satz 2 berechnen, wenn er vor Beginn der Leistungserbringung durch das zusätzliche Pflegehilfskraftpersonal den nach Absatz 2 als Parteien der Pflegesatzvereinbarung beteiligten Kostenträgern den von ihm entsprechend Absatz 9 ermittelten Vergütungszuschlag zusammen mit folgenden Angaben mitteilt:
- 1.
die Anzahl der zum Zeitpunkt der Mitteilung versorgten Pflegebedürftigen nach Pflegegraden, - 2.
die zusätzlichen Stellenanteile, die entsprechend Absatz 9 Satz 1 Nummer 2 auf der Grundlage der versorgten Pflegebedürftigen nach Pflegegraden nach Nummer 1 berechnet werden, - 3.
die Qualifikation, die Entlohnung und die weiteren Personalaufwendungen für das zusätzliche Pflegehilfskraftpersonal, - 4.
die mit einer berufsbegleitenden Ausbildung nach Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und c verbundenen notwendigen, nicht anderweitig finanzierten Aufwendungen und - 5.
die Erklärung, dass das zusätzliche Pflegehilfskraftpersonal über das Personal hinausgeht, das die vollstationäre Pflegeeinrichtung nach der Pflegesatzvereinbarung gemäß § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 vorzuhalten hat.
(1) Die Vergütung der ambulanten Leistungen der häuslichen Pflegehilfe und der ergänzenden Unterstützungsleistungen bei der Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen wird, soweit nicht die Gebührenordnung nach § 90 Anwendung findet, zwischen dem Träger des Pflegedienstes und den Leistungsträgern nach Absatz 2 für alle Pflegebedürftigen nach einheitlichen Grundsätzen vereinbart. Sie muß leistungsgerecht sein. Die Vergütung muss einem Pflegedienst bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seine Aufwendungen zu finanzieren und seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen unter Berücksichtigung einer angemessenen Vergütung ihres Unternehmerrisikos. Eine Differenzierung in der Vergütung nach Kostenträgern ist unzulässig.
(2) Vertragsparteien der Vergütungsvereinbarung sind die Träger des Pflegedienstes sowie
- 1.
die Pflegekassen oder sonstige Sozialversicherungsträger, - 2.
die Träger der Sozialhilfe, die für die durch den Pflegedienst versorgten Pflegebedürftigen zuständig sind, sowie - 3.
die Arbeitsgemeinschaften der unter Nummer 1 und 2 genannten Träger,
(3) Die Vergütungen können, je nach Art und Umfang der Pflegeleistung, nach dem dafür erforderlichen Zeitaufwand oder unabhängig vom Zeitaufwand nach dem Leistungsinhalt des jeweiligen Pflegeeinsatzes, nach Komplexleistungen oder in Ausnahmefällen auch nach Einzelleistungen bemessen werden; sonstige Leistungen wie hauswirtschaftliche Versorgung, Behördengänge oder Fahrkosten können auch mit Pauschalen vergütet werden. Die Vergütungen haben zu berücksichtigen, dass Leistungen von mehreren Pflegebedürftigen gemeinsam abgerufen und in Anspruch genommen werden können; die sich aus einer gemeinsamen Leistungsinanspruchnahme ergebenden Zeit- und Kostenersparnisse kommen den Pflegebedürftigen zugute. Bei der Vereinbarung der Vergütung sind die Grundsätze für die Vergütung von längeren Wegezeiten, insbesondere in ländlichen Räumen, die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 5 des Fünften Buches vorzusehen sind, zu berücksichtigen; die in den Rahmenempfehlungen geregelten Verfahren zum Vorweis der voraussichtlichen Personalkosten im Sinne von § 85 Absatz 3 Satz 5 können berücksichtigt werden. § 84 Absatz 4 Satz 2 und Absatz 7, § 85 Absatz 3 bis 7 und § 86 gelten entsprechend.
(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4) festzulegen, die von der Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten zu erbringen sind (Versorgungsauftrag).
(2) Der Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung oder einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger und den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe im Land abgeschlossen, soweit nicht nach Landesrecht der örtliche Träger für die Pflegeeinrichtung zuständig ist; für mehrere oder alle selbständig wirtschaftenden Einrichtungen (§ 71 Abs. 1 und 2) einschließlich für einzelne, eingestreute Pflegeplätze eines Pflegeeinrichtungsträgers, die vor Ort organisatorisch miteinander verbunden sind, kann, insbesondere zur Sicherstellung einer quartiersnahen Unterstützung zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen, ein einheitlicher Versorgungsvertrag (Gesamtversorgungsvertrag) geschlossen werden. Er ist für die Pflegeeinrichtung und für alle Pflegekassen im Inland unmittelbar verbindlich. Bei Betreuungsdiensten nach § 71 Absatz 1a sind bereits vorliegende Vereinbarungen aus der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste zu beachten.
(3) Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die
- 1.
den Anforderungen des § 71 genügen, - 2.
die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten und die Vorgaben des Absatzes 3a oder Absatzes 3b erfüllen, - 3.
sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln, - 4.
sich verpflichten, die ordnungsgemäße Durchführung von Qualitätsprüfungen zu ermöglichen, - 5.
sich verpflichten, an dem Verfahren zur Übermittlung von Daten nach § 35 Absatz 6 des Infektionsschutzgesetzes teilzunehmen, sofern es sich bei ihnen um stationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 71 Absatz 2 handelt;
(3a) Ab dem 1. September 2022 dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, Gehälter zahlen, die in Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbart ist, an die die jeweiligen Pflegeeinrichtungen gebunden sind.
(3b) Mit Pflegeeinrichtungen, die nicht an Tarifverträge oder kirchliche Arbeitsrechtsregelungen für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, gebunden sind, dürfen Versorgungsverträge ab dem 1. September 2022 nur abgeschlossen werden, wenn diese Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, eine Entlohnung zahlen, die
- 1.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen räumlicher, zeitlicher, fachlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, - 2.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen fachlicher Geltungsbereich mindestens eine andere Pflegeeinrichtung in der Region erfasst, in der die Pflegeeinrichtung betrieben wird, und dessen zeitlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, - 3.
die Höhe der Entlohnung von Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht unterschreitet oder - 4.
hinsichtlich der Entlohnungsbestandteile nach Satz 2 Nummer 1 bis 5, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der in § 82c Absatz 2 Satz 4 genannten Qualifikationsgruppen jeweils im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der jeweiligen regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und hinsichtlich der pflegetypischen Zuschläge nach Satz 2 Nummer 6, die den in Satz 1 genannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, jeweils in der nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten Höhe, nicht unterschreitet.
- 1.
der Grundlohn, - 2.
regelmäßige Jahressonderzahlungen, - 3.
vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers, - 4.
pflegetypische Zulagen, - 5.
der Lohn für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sowie - 6.
pflegetypische Zuschläge.
- 1.
Nachtzuschläge für eine Tätigkeit in der Nacht, mindestens im Zeitraum zwischen 23 und 6 Uhr, - 2.
Sonntagszuschläge für eine Tätigkeit an Sonntagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr, - 3.
Feiertagszuschläge für eine Tätigkeit an gesetzlichen Feiertagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr.
(3c) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt in Richtlinien, erstmals bis zum Ablauf des 30. September 2021, das Nähere insbesondere zu den Verfahrens- und Prüfgrundsätzen für die Einhaltung der Vorgaben der Absätze 3a und 3b sowie zu den nach Absatz 3e Satz 1 Nummer 2 erforderlichen Angaben fest. In den Richtlinien ist auch festzulegen, welche Folgen eintreten, wenn eine Pflegeeinrichtung ihre Mitteilungspflicht nach Absatz 3d Satz 2 oder Absatz 3e nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Die in den Richtlinien vorgesehenen Folgen müssen verhältnismäßig sein und im Einzelfall durch den jeweiligen Landesverband der Pflegekassen gegenüber der Pflegeeinrichtung verhältnismäßig angewendet werden. Bei der Festlegung hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe zu beteiligen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmigt. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. Die Richtlinien sind für die Pflegekassen und ihre Verbände sowie für die Pflegeeinrichtungen verbindlich.
(3d) Pflegeeinrichtungen haben den Landesverbänden der Pflegekassen zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b mitzuteilen,
- 1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind, - 2.
welcher Tarifvertrag oder welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in den Fällen des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 1 bis 3 für sie maßgebend ist oder sind oder - 3.
ob im Fall des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 4 die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 für sie maßgebend sind.
(3e) Pflegeeinrichtungen, die im Sinne von Absatz 3a an Tarifverträge oder an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebunden sind, haben dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen bis zum Ablauf des 31. August jeden Jahres Folgendes mitzuteilen:
- 1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind, - 2.
Angaben über die sich aus diesen Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ergebende am 1. August des Jahres gezahlte Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, soweit diese Angaben zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach den Absätzen 3a und 3b oder zur Ermittlung des oder der regional üblichen Entlohnungsniveaus sowie der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 erforderlich sind.
(3f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 die Wirkungen der Regelungen der Absätze 3a und 3b und des § 82c.
(3g) Versorgungsverträge, die mit Pflegeeinrichtungen vor dem 1. September 2022 abgeschlossen wurden, sind spätestens bis zum Ablauf des 31. August 2022 mit Wirkung ab dem 1. September 2022 an die Vorgaben des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b anzupassen.
(4) Mit Abschluß des Versorgungsvertrages wird die Pflegeeinrichtung für die Dauer des Vertrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten zugelassen. Die zugelassene Pflegeeinrichtung ist im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten verpflichtet; dazu gehört bei ambulanten Pflegediensten auch die Durchführung von Beratungseinsätzen nach § 37 Absatz 3 auf Anforderung des Pflegebedürftigen. Die Pflegekassen sind verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung nach Maßgabe des Achten Kapitels zu vergüten.
(5) (aufgehoben)
(1) Ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung mit Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 versorgen.
(1a) Auf ambulante Betreuungseinrichtungen, die für Pflegebedürftige dauerhaft pflegerische Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung erbringen (Betreuungsdienste), sind die Vorschriften dieses Buches, die für Pflegedienste gelten, entsprechend anzuwenden, soweit keine davon abweichende Regelung bestimmt ist.
(2) Stationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige:
- 1.
unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft gepflegt werden, - 2.
ganztägig (vollstationär) oder tagsüber oder nachts (teilstationär) untergebracht und verpflegt werden können.
(3) Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne der Absätze 1 und 2 ist neben dem Abschluss einer Ausbildung als
- 1.
Pflegefachfrau oder Pflegefachmann, - 2.
Gesundheits- und Krankenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpfleger, - 3.
Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder - 4.
Altenpflegerin oder Altenpfleger
(4) Keine Pflegeeinrichtungen im Sinne des Absatzes 2 sind
- 1.
stationäre Einrichtungen, in denen die Leistungen zur medizinischen Vorsorge, zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, zur Teilhabe an Bildung oder zur sozialen Teilhabe, die schulische Ausbildung oder die Erziehung kranker Menschen oder von Menschen mit Behinderungen im Vordergrund des Zweckes der Einrichtung stehen, - 2.
Krankenhäuser sowie - 3.
Räumlichkeiten, - a)
in denen der Zweck des Wohnens von Menschen mit Behinderungen und der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für diese im Vordergrund steht, - b)
auf deren Überlassung das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet und - c)
in denen der Umfang der Gesamtversorgung der dort wohnenden Menschen mit Behinderungen durch Leistungserbringer regelmäßig einen Umfang erreicht, der weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht; bei einer Versorgung der Menschen mit Behinderungen sowohl in Räumlichkeiten im Sinne der Buchstaben a und b als auch in Einrichtungen im Sinne der Nummer 1 ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen, ob der Umfang der Versorgung durch Leistungserbringer weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht.
(5) Mit dem Ziel, eine einheitliche Rechtsanwendung zu fördern, erlässt der Spitzenverband Bund der Pflegekassen spätestens bis zum 1. Juli 2019 Richtlinien zur näheren Abgrenzung, wann die in Absatz 4 Nummer 3 Buchstabe c in der ab dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung genannten Merkmale vorliegen und welche Kriterien bei der Prüfung dieser Merkmale mindestens heranzuziehen sind. Die Richtlinien nach Satz 1 sind im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V., der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene zu beschließen; die Länder, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege sowie die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sind zu beteiligen. Für die Richtlinien nach Satz 1 gilt § 17 Absatz 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass das Bundesministerium für Gesundheit die Genehmigung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erteilt und die Genehmigung als erteilt gilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden.
(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4) festzulegen, die von der Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten zu erbringen sind (Versorgungsauftrag).
(2) Der Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung oder einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger und den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe im Land abgeschlossen, soweit nicht nach Landesrecht der örtliche Träger für die Pflegeeinrichtung zuständig ist; für mehrere oder alle selbständig wirtschaftenden Einrichtungen (§ 71 Abs. 1 und 2) einschließlich für einzelne, eingestreute Pflegeplätze eines Pflegeeinrichtungsträgers, die vor Ort organisatorisch miteinander verbunden sind, kann, insbesondere zur Sicherstellung einer quartiersnahen Unterstützung zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen, ein einheitlicher Versorgungsvertrag (Gesamtversorgungsvertrag) geschlossen werden. Er ist für die Pflegeeinrichtung und für alle Pflegekassen im Inland unmittelbar verbindlich. Bei Betreuungsdiensten nach § 71 Absatz 1a sind bereits vorliegende Vereinbarungen aus der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste zu beachten.
(3) Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die
- 1.
den Anforderungen des § 71 genügen, - 2.
die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten und die Vorgaben des Absatzes 3a oder Absatzes 3b erfüllen, - 3.
sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln, - 4.
sich verpflichten, die ordnungsgemäße Durchführung von Qualitätsprüfungen zu ermöglichen, - 5.
sich verpflichten, an dem Verfahren zur Übermittlung von Daten nach § 35 Absatz 6 des Infektionsschutzgesetzes teilzunehmen, sofern es sich bei ihnen um stationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 71 Absatz 2 handelt;
(3a) Ab dem 1. September 2022 dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, Gehälter zahlen, die in Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbart ist, an die die jeweiligen Pflegeeinrichtungen gebunden sind.
(3b) Mit Pflegeeinrichtungen, die nicht an Tarifverträge oder kirchliche Arbeitsrechtsregelungen für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, gebunden sind, dürfen Versorgungsverträge ab dem 1. September 2022 nur abgeschlossen werden, wenn diese Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, eine Entlohnung zahlen, die
- 1.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen räumlicher, zeitlicher, fachlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, - 2.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen fachlicher Geltungsbereich mindestens eine andere Pflegeeinrichtung in der Region erfasst, in der die Pflegeeinrichtung betrieben wird, und dessen zeitlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist, - 3.
die Höhe der Entlohnung von Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht unterschreitet oder - 4.
hinsichtlich der Entlohnungsbestandteile nach Satz 2 Nummer 1 bis 5, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der in § 82c Absatz 2 Satz 4 genannten Qualifikationsgruppen jeweils im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der jeweiligen regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und hinsichtlich der pflegetypischen Zuschläge nach Satz 2 Nummer 6, die den in Satz 1 genannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, jeweils in der nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten Höhe, nicht unterschreitet.
- 1.
der Grundlohn, - 2.
regelmäßige Jahressonderzahlungen, - 3.
vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers, - 4.
pflegetypische Zulagen, - 5.
der Lohn für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sowie - 6.
pflegetypische Zuschläge.
- 1.
Nachtzuschläge für eine Tätigkeit in der Nacht, mindestens im Zeitraum zwischen 23 und 6 Uhr, - 2.
Sonntagszuschläge für eine Tätigkeit an Sonntagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr, - 3.
Feiertagszuschläge für eine Tätigkeit an gesetzlichen Feiertagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr.
(3c) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt in Richtlinien, erstmals bis zum Ablauf des 30. September 2021, das Nähere insbesondere zu den Verfahrens- und Prüfgrundsätzen für die Einhaltung der Vorgaben der Absätze 3a und 3b sowie zu den nach Absatz 3e Satz 1 Nummer 2 erforderlichen Angaben fest. In den Richtlinien ist auch festzulegen, welche Folgen eintreten, wenn eine Pflegeeinrichtung ihre Mitteilungspflicht nach Absatz 3d Satz 2 oder Absatz 3e nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Die in den Richtlinien vorgesehenen Folgen müssen verhältnismäßig sein und im Einzelfall durch den jeweiligen Landesverband der Pflegekassen gegenüber der Pflegeeinrichtung verhältnismäßig angewendet werden. Bei der Festlegung hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe zu beteiligen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmigt. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. Die Richtlinien sind für die Pflegekassen und ihre Verbände sowie für die Pflegeeinrichtungen verbindlich.
(3d) Pflegeeinrichtungen haben den Landesverbänden der Pflegekassen zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b mitzuteilen,
- 1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind, - 2.
welcher Tarifvertrag oder welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in den Fällen des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 1 bis 3 für sie maßgebend ist oder sind oder - 3.
ob im Fall des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 4 die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 für sie maßgebend sind.
(3e) Pflegeeinrichtungen, die im Sinne von Absatz 3a an Tarifverträge oder an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebunden sind, haben dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen bis zum Ablauf des 31. August jeden Jahres Folgendes mitzuteilen:
- 1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind, - 2.
Angaben über die sich aus diesen Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ergebende am 1. August des Jahres gezahlte Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, soweit diese Angaben zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach den Absätzen 3a und 3b oder zur Ermittlung des oder der regional üblichen Entlohnungsniveaus sowie der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 erforderlich sind.
(3f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 die Wirkungen der Regelungen der Absätze 3a und 3b und des § 82c.
(3g) Versorgungsverträge, die mit Pflegeeinrichtungen vor dem 1. September 2022 abgeschlossen wurden, sind spätestens bis zum Ablauf des 31. August 2022 mit Wirkung ab dem 1. September 2022 an die Vorgaben des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b anzupassen.
(4) Mit Abschluß des Versorgungsvertrages wird die Pflegeeinrichtung für die Dauer des Vertrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten zugelassen. Die zugelassene Pflegeeinrichtung ist im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten verpflichtet; dazu gehört bei ambulanten Pflegediensten auch die Durchführung von Beratungseinsätzen nach § 37 Absatz 3 auf Anforderung des Pflegebedürftigen. Die Pflegekassen sind verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung nach Maßgabe des Achten Kapitels zu vergüten.
(5) (aufgehoben)
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag für den Zeitraum von Juni 2008 bis Januar 2009.
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Der im Jahre 1993 geborene Sohn des Klägers wuchs in dessen Haushalt auf und musste am 26. Januar 2008 aufgrund einer seelischen Behinderung vollstationär in einer speziellen Jugendhilfeeinrichtung untergebracht werden (mtl. Kosten etwa 6 500 €). Mit Schreiben vom 29. Februar 2008 informierte die beklagte Jugendhilfeträgerin den Kläger über den Beginn der jugendhilferechtlichen Maßnahme, über die Sicherstellung des Lebensunterhalts des Jugendlichen durch öffentliche Leistungen und über die Möglichkeit der Heranziehung zu einem Kostenbeitrag. Mit Bescheid vom 16. April 2008 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger einen monatlichen Kostenbeitrag in Höhe von 635 € fest. Bei der Ermittlung des hierfür maßgeblichen Einkommens des bei einem Versicherungsunternehmen angestellten Klägers legte die Beklagte das durchschnittliche Nettoeinkommen der Monate März 2007 bis Februar 2008 zugrunde. In diesen Monaten waren der Kläger in die Steuerklasse III und seine freiberuflich als Steuerberaterin tätige Ehefrau in die Steuerklasse V eingestuft. Seine Ehefrau wurde aufgrund ihrer geringen Einkünfte nicht zu einem Kostenbeitrag herangezogen.
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Mit Schreiben vom 1. Juli 2008 beantragte der Kläger eine Reduzierung des Kostenbeitrags unter Berufung auf seine Einkommensabrechnung für den Monat Juni 2008. Daraus ergab sich ein um etwa 900 € niedrigeres Nettoeinkommen, während das Bruttoeinkommen um etwa 150 € höher war als das von der Beklagten ermittelte Durchschnittseinkommen. Die Verringerung des Nettoeinkommens beruhte darauf, dass der Kläger zwischenzeitlich in die Steuerklasse V und seine Ehefrau in die Steuerklasse III gewechselt waren. Der Kläger begründete den Steuerklassenwechsel damit, dass dadurch die von seiner Ehefrau zu leistenden Einkommensteuervorauszahlungen von vierteljährlich 448 € entfielen und dass seine Ehefrau versuche, eventuell eine zusätzliche berufliche Tätigkeit aufzunehmen. Mit Bescheid vom 5. August 2008 lehnte die Beklagte den Herabsetzungsantrag des Klägers ab, weil der Steuerklassenwechsel nur zum Zweck der Kostenbeitragsminderung erfolgt sei.
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Die auf Reduzierung des Kostenbeitrags gerichtete Klage wurde ursprünglich auch darauf gestützt, dass der Sohn des Klägers in den Ferien und an den Wochenenden weiterhin zu Hause wohne. Im Klageverfahren räumte die Beklagte ein, dass der Kläger wegen der Ferienaufenthalte in den Monaten Juni bis August und Dezember 2008 einen geringeren Kostenbeitrag leisten müsse. Der Kläger nahm die Klage zurück, soweit sie die Wochenendaufenthalte betraf. Das Verwaltungsgericht wies mit Urteil vom 23. April 2009 die Klage im Übrigen ab. Zwar sei das für den Kostenbeitrag maßgebliche Nettoeinkommen grundsätzlich unter Abzug der tatsächlich anfallenden Steuern zu ermitteln. Der Steuerklassenwechsel des Klägers sei jedoch rechtsmissbräuchlich, weil er lediglich zur Senkung der jugendhilferechtlichen Kostenbeitragspflicht durchgeführt worden sei. Die vom Kläger ansonsten angeführten Gründe seien wirtschaftlich nicht nachvollziehbar.
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Das Oberverwaltungsgericht gab der Berufung statt und verpflichtete die Beklagte, den Kostenbeitragsbescheid vom 16. April 2008 für den Zeitraum von Juni 2008 bis Januar 2009 aufzuheben. Bei der Berechnung des Einkommens komme es unter Heranziehung sozialhilferechtlicher Grundsätze nicht auf das durchschnittliche Einkommen, sondern auf die tatsächliche monatliche Leistungsfähigkeit des Betroffenen an. Dabei sei auch die tatsächliche einkommensteuerrechtliche Belastung zu berücksichtigen. Die vom Kläger getroffene Wahl der Steuerklasse sei nicht an unterhaltsrechtlichen Grundsätzen zu messen und stelle sich auch nicht als Rechtsmissbrauch dar. Ungeachtet der Frage, ob die vom Kläger für die Wechsel der Steuerklassen angeführten Gründe zuträfen und in wirtschaftlicher Hinsicht nachvollziehbar oder schutzwürdig seien, fehle es an einem grob unbilligen und mit der Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnis. Über die einkommensbedingte Reduzierung des Kostenbeitrags hinaus könne der Kläger mangels ausreichender Belehrung für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum eine Herabsetzung des Kostenbeitrags auf 0 € verlangen. Der Kläger sei nicht hinreichend über die Folgen der Jugendhilfemaßnahme für seine Unterhaltspflicht aufgeklärt worden. Der Hinweis darauf, dass nunmehr der Unterhalt des Jugendlichen aus öffentlichen Mitteln sichergestellt werde, genüge nicht.
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Mit ihrer Revision erhebt die Beklagte drei Sach- und eine Verfahrensrügen. Das Oberverwaltungsgericht habe an den Umfang der behördlichen Aufklärungspflicht zu strenge Maßstäbe angelegt. Es habe ferner zu Unrecht nur das tatsächlich im jeweiligen Monat erzielte Monatseinkommen berücksichtigt, weil vom durchschnittlichen Monatseinkommen des Elternteils auszugehen sei. Gegen Bundesrecht verstoße auch die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, dass stets der tatsächlich erhobene Steuerabzug zu berücksichtigen sei. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs greife ein, wenn der Verpflichtete in zumutbarer Weise erzielbare Steuervorteile nicht nutze oder unnötig hohe gesetzliche Abzüge zulasse. Insoweit sei die vom Bundesgerichtshof und vom Bundesarbeitsgericht entwickelte Rechtsprechung zur Rechtsmissbräuchlichkeit des Steuerklassenwechsels bei Gläubigerschädigung heranzuziehen. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht dem Kläger unter Verletzung des Antragsprinzips mehr zugesprochen, als von ihm beantragt worden sei.
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Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht, weil sie die Anforderungen an die Informationspflicht nach § 92 Abs. 3 Satz 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VIII - (1.), die bei der Einkommensberechnung nach § 93 Abs. 1 SGB VIII maßgeblichen Grundsätze (2.) und die sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben für das jugendhilferechtliche Kostenbeitragsrecht ergebenden Folgerungen (3.) verkennt. Da für die Prüfung der Frage des Rechtsmissbrauchs notwendige tatrichterliche Feststellungen fehlen, ist der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (4.).
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1. Das Oberverwaltungsgericht hat die Anforderungen an die in § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII enthaltene Aufklärungspflicht überspannt, soweit es die Folgen der Unterbringung für die Unterhaltspflicht betrifft. Nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII kann ein Kostenbeitrag u.a. für eine vollstationäre Unterbringung eines seelisch behinderten Jugendlichen im Rahmen der Eingliederungshilfe - wie hier - bei Eltern, Ehegatten und Lebenspartnern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Dem hat der Beklagte Rechnung getragen.
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Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Aufklärungspflicht grundsätzlich sowohl gegenüber bar- als auch gegenüber naturalunterhaltspflichtigen Elternteilen besteht. In der Gesetzesbegründung wird zwar zur Erläuterung der Aufklärungspflicht nur ausgeführt, barunterhaltspflichtige Elternteile, die von dem Kind getrennt lebten, sollten davor bewahrt werden, mangels Kenntnis von der Jugendhilfemaßnahme oder von deren unterhaltsrechtlichen Auswirkungen den Barunterhalt weiterzuzahlen und zusätzlich für denselben Zeitraum einen Kostenbeitrag leisten zu müssen (BTDrucks 15/3676 S. 41). Dies bedeutet jedoch nicht, dass Elternteile, die zuvor mit dem Kind zusammengelebt und Naturalunterhalt gewährt haben, nicht nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII belehrt werden müssen. Denn der Wortlaut der Vorschrift enthält insoweit keine Einschränkungen. Auch ist auszuschließen, dass der Gesetzgeber die relativ große Personengruppe Naturalunterhalt gewährender Eltern, Ehegatten und Lebenspartner schlicht übersehen hätte.
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Die Gesetzessystematik weist deutlich in die entgegengesetzte Richtung. Da § 92 Abs. 3 Satz 2 Satz SGB VIII eine ausdrückliche Ausnahme von der Mitteilungspflicht für eine hier nicht vorliegende Fallgestaltung vorsieht, ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber für Naturalunterhalt leistende Elternteile einen nicht im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck kommende Einschränkung von der Pflicht zulassen wollte.
- 12
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Dies wird vom Zweck des § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII bestätigt. Die Bestimmung verfolgt auch das Ziel, demjenigen, der zu einem Kostenbeitrag herangezogen werden könnte, die Möglichkeit zu Vermögensdispositionen im Hinblick auf die drohende Beitragspflicht zu eröffnen. Daraus folgt zum einen, dass die Bestimmung nicht nur eine Mitteilung über die Gewährung der Leistung (§ 92 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 SGB VIII) und eine Aufklärung über die Folgen für die Unterhaltspflicht (§ 92 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII) gebietet, sondern auch einen deutlichen Hinweis auf die mögliche Kostenbeitragspflicht. Zum anderen ergibt sich aus diesem Zweck, dass sich die Mitteilungspflicht auch auf Naturalunterhaltspflichtige erstreckt. Auch Eltern, die - wie hier - mit dem nunmehr in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebrachten Kind zusammengelebt haben, müssen im Hinblick auf eine drohende Kostenbeitragspflicht vermögensrechtliche Dispositionen treffen, z.B. mit den durch die auswärtige Unterbringung des jungen Menschen einhergehenden Ersparnissen Rücklagen für die Beitragszahlung bilden. Sollten sie Sozialleistungen beziehen, müssen sie ggf. Ersatz für das durch den Kostenbeitrag nach § 94 Abs. 3 SGB VIII beanspruchte Kindergeld beantragen (vgl. VG Aachen, Urteil vom 3. Juni 2008 - 2 K 599/07 - juris Rn. 29).
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Der Umfang der Informationspflicht im Einzelfall hat sich entsprechend diesem Schutzzweck der Norm an den jeweiligen wirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeiten der Kostenbeitragspflichtigen zu orientieren. Da Barunterhaltspflichtige durch Kürzungen des Barunterhalts Vorsorge für die Kostenbeitragszahlung treffen können, steht bei ihnen die Belehrung über die Folgen der Jugendhilfemaßnahme für die Unterhaltspflicht im Vordergrund. Bei Naturalunterhaltspflichtigen, die aus ersparten Aufwendungen Rücklagen bilden können, hat die Information über das zeitliche Einsetzen der Kostenbeitragspflicht besondere Bedeutung. Bei Empfängern von Sozialleistungen ist der Hinweis über die Beanspruchung des Kindergeldes für deren Belange besonders wichtig, weil sie durch eine geänderte Antragstellung reagieren müssen.
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§ 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII gebietet jedoch nicht, dass die Bar- und Naturalunterhaltspflichtigen in gleich intensiver Weise über alle anzusprechenden Fragen rechtlich aufgeklärt werden. Vielmehr müssen den Betroffenen in erster Linie die in ihrem Fall für sie relevanten Informationen vermittelt werden, um vermögensrechtliche Fehldispositionen im Zusammenhang mit dem Entstehen der Kostenbeitragspflicht zu vermeiden. Da der naturalunterhaltspflichtige Elternteil in Bezug auf den Unterhaltsanspruch keine besonderen vermögensrechtlichen Dispositionen treffen muss, kann sich bei ihm die unterhaltsrechtliche Aufklärung entsprechend dem Wortlaut des § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII darauf beschränken, dass die Jugendhilfeleistung unterhaltsrechtlich entlastende Auswirkungen hat. Besondere Bedeutung erlangt hingegen bei ihm der Hinweis auf das Entstehen der Kostenbeitragspflicht.
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Hier hat die Beklagte nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts den Kläger über den Beginn der jugendhilferechtlichen Maßnahme und über die Möglichkeit der Heranziehung zu einem Kostenbeitrag in Kenntnis gesetzt sowie darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Jugendhilfemaßnahme der Unterhalt des Jugendlichen aus öffentlichen Mitteln sichergestellt wird. Diese Information genügt, um den zuvor naturalunterhaltspflichtigen Kläger vor vermögensrechtlichen Fehldispositionen zu schützen. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass ein Kind naturalunterhaltspflichtiger Eltern theoretisch nach der Unterbringung durch einen Jugendhilfeträger Barunterhalt von den Eltern fordern könnte. Denn die Informationspflicht des § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII soll die Eltern nur vor Fehldispositionen schützen, die bei Beginn der Maßnahme konkret drohen. Sie dient nicht dem Schutz vor einer lediglich abstrakt-theoretisch drohenden Inanspruchnahme.
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2. Das Berufungsgericht hat auch die bei der Einkommensermittlung anzulegenden Maßstäbe teilweise verkannt. Es ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger grundsätzlich kostenbeitragspflichtig ist. Da sein Sohn aufgrund einer seelischen Behinderung vollstationär in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht worden ist, sind nach § 91 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII Kostenbeiträge zu erheben. Die Eltern werden hierbei getrennt entsprechend ihrem Einkommen unter Berücksichtigung ihrer Belastungen und ihrer sonstigen Unterhaltspflichten durch Leistungsbescheid zu einem Kostenbeitrag herangezogen (vgl. §§ 92 bis 94 SGB VIII).
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Das Oberverwaltungsgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass § 93 Abs. 1 SGB VIII von einem eigenständigen jugendhilferechtlichen Einkommensbegriff ausgeht (vgl. BTDrucks 16/9299 S.19). Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach oder entsprechend dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Diese Definition des Einkommens ist zwar erkennbar der Einkommensdefinition des Sozialhilferechts nachgebildet (vgl. § 76 Abs. 1 BSHG 2002, § 82 Abs. 1 SGB XII und § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Der Gesetzgeber hat jedoch eine eigenständige Regelung getroffen, die insbesondere durch den pauschalen Abzug von Aufwendungen nach § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII eine schnellere und einfachere Berechnung des bereinigten Einkommens ermöglichen soll (BTDrucks 15/3676 S. 41 f.).
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Soweit das Jugendhilferecht keine speziellen Regelungen zur Einkommensberechnung enthält, ist es grundsätzlich Aufgabe der Rechtspraxis und Rechtsprechung, die anzuwendenden Berechnungsmethoden unter Berücksichtigung der systematischen Zusammenhänge des Gesetzes näher zu konkretisieren. Der Senat hat im Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 5 C 10.09 - (BVerwGE 137, 357 Rn. 27) die Frage offengelassen, ob bei der jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsermittlung (damals bei der Frage der Fahrtkostenberechnung) zur Lückenschließung sozialhilferechtliche, unterhaltsrechtliche oder steuerrechtliche Grundsätze entsprechend anzuwenden sind. Angesichts der vom Gesetzgeber gezogenen deutlichen Parallelen zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch liegt es jedoch nahe, zur Lückenschließung auf die Berechnungsmethoden des Sozialhilferechts zurückzugreifen. Zwar scheidet eine pauschale Übernahme der gesamten sozialhilferechtlichen Berechnungsvorschriften aus, weil der Gesetzgeber im Achten Buch Sozialgesetzbuch eine eigenständige Regelung geschaffen hat und insbesondere auch den ursprünglich im Gesetzgebungsverfahren vorgeschlagenen Verweis auf die sozialhilferechtliche Einkommensberechnungsverordnung (vgl. § 93 Abs. 2 des Regierungsentwurfs - BTDrucks 15/3676 S. 16) nicht übernommen hat (vgl. BTDrucks 15/5616 S.13, 27 f.). Jedoch können die im Sozialhilferecht geltenden Einkommensberechnungsregeln sinngemäß Anwendung finden, wenn sie dem gesetzgeberischen Ziel einer einfachen und schnellen Einkommensberechnung Rechnung tragen und wenn sie mit den sonstigen Besonderheiten des jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsrechts in Einklang stehen.
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Nach diesen Maßstäben begegnet es keinen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Ermittlung des Einkommens im Sinne des § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII auf die zum Sozialhilferecht entwickelte Zuflusstheorie (vgl. Urteil vom 18. Februar 1999 - BVerwG 5 C 35.97 - BVerwGE 108, 296 <299 f.>) zurückgegriffen und das vom Kläger bezogene Arbeitsentgelt in voller Höhe als Einkommen angesehen hat. Es handelt sich bei dem von einem Arbeitnehmer bezogenen Grundgehalt, Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld um "Einkünfte in Geld", die klassischer Weise zum Einkommen gezählt werden. Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht für die Kostenbeitragsberechnung auf das Monatseinkommen abgestellt. Dies ergibt sich bereits aus der zu § 94 Abs. 5 SGB VIII erlassenen Kostenbeitragsverordnung, deren Anlage auf das bereinigte Monatseinkommen abstellt. Ferner entspricht es der realen Einkommenssituation der Betroffenen und der Abrechnungspraxis der Leistungsträger, an das im jeweiligen Bedarfskalendermonat zur Verfügung stehende bereinigte Nettoeinkommen anzuknüpfen (vgl. Urteil vom 22. April 2004 - BVerwGE 5 C 68.03 - BVerwGE 120, 339 <340>).
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Soweit das Oberverwaltungsgericht hingegen auf der Grundlage der Zuflusstheorie eine streng an den jeweiligen Monatsbezügen ausgerichtete Einzelberechnung gefordert hat, ist dem nicht zu folgen. Eine entsprechende Verpflichtung widerspräche bereits dem im Jugendhilferecht geltenden Grundsatz der einfachen und schnellen Einkommensberechnung. Sie spiegelte auch die Praxis der sozialhilferechtlichen Einkommensberechnung nicht wider, weil das Sozialhilferecht normative Abweichungen vom Prinzip des tatsächlichen Zuflusses zulässt und speziell in § 3 Abs. 3 VO zu § 82 SGB XII eine Verteilzeitberechnung bei einmaligen Einnahmen vorsieht. Auch trägt die geforderte monatliche Neuberechnung des Kostenbeitrags nicht dem in § 94 Abs. 5 SGB VIII zum Ausdruck kommenden Anliegen des Gesetzgebers Rechnung, für bestimmte Einkommensgruppen gleichbleibende monatliche Pauschalbeiträge festzusetzen.
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Besteht bei einer nichtselbständigen Erwerbstätigkeit die berechtigte Erwartung, dass der Pflichtige hieraus im Leistungszeitraum im Wesentlichen gleichbleibende monatliche Einkünfte erzielt, ist die Behörde berechtigt, aus dem Gesamteinkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zu ermitteln und dieses der Berechnung des monatlichen Kostenbeitrags zugrunde zu legen. Allerdings setzt eine entsprechende Mittelung voraus, dass sich in der Durchschnittswertbildung die im Festsetzungszeitraum zu erwartende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Pflichtigen widerspiegelt. Die Anpassung der Vorschriften über die Heranziehung der unterhaltspflichtigen Personen zu den Kosten der Leistungen durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz diente insbesondere der Stärkung des Nachrangs der Kinder- und Jugendhilfe. Dieser Nachrang sollte sich dem Willen des Gesetzgebers entsprechend in einer "stärker an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" der Pflichtigen "orientierte(n) Gestaltung der Kostenbeteiligung" (BTDrucks 15/5616 S. 17) zeigen. Die Erreichung dieses Ziels bedingt, dass die Durchschnittsbildung auf der Grundlage einer validen, aktuelle Einkommensnachweise einbeziehenden Prognose vorgenommen wird. Daran gemessen ist es nicht zu beanstanden, wenn aus dem vor dem Leistungszeitraum über eine längere Zeit erzielten Einkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen ermittelt und dieses zur Grundlage der Berechnung des monatlichen Kostenbeitrags gemacht wird.
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Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, abschließend zu den rechtmäßigen Berechnungs- und Festsetzungsmethoden Stellung zu nehmen. Denn jedenfalls im vorliegenden Fall bildete die von der Beklagten zu Beginn der Kostenbeitragserhebung anhand der letzten zwölf Monate durchgeführte Jahresdurchschnittsberechnung eine aussagekräftige Prognosegrundlage für das zu erwartende monatliche Durchschnittseinkommen des Klägers im Beitragszeitraum. Dem Kläger stand es jederzeit offen, bei einer Verschlechterung seines Nettoeinkommens eine Neuberechnung und Abänderung des Kostenbeitrags nach § 48 SGB X zu beantragen.
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3. Das Oberverwaltungsgericht hat schließlich die kostenbeitragsrechtlichen Auswirkungen des vom Kläger vorgenommenen Steuerklassenwechsels teilweise fehlerhaft bewertet. Es ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Ermittlung des für die Beitragserhebung maßgeblichen bereinigten Einkommens nach dem Wortlaut des § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII alle "auf das Einkommen gezahlte Steuern" vom Bruttogehalt abzuziehen sind. Nach dem in dieser Bestimmung enthaltenen Tatsächlichkeitsprinzip (vgl. dazu OVG Koblenz, Beschluss vom 25. November 2008 - 7 A 10710/08 - FEVS 60, 469) sind die entrichteten einkommensbezogenen Steuern grundsätzlich in der tatsächlich geleisteten Höhe anrechnungsfähig. Für einen Abzug in vollem Zahlungsumfang spricht neben dem Wortlaut der Vorschrift insbesondere der Vergleich mit § 93 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII, weil in § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII anders als in § 93 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII keine Limitierung der Anrechnungshöhe vorgesehen ist.
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Unter den Begriff der auf das Einkommen gezahlten Steuern können nach dem Zweck des § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII auch tatsächlich geleistete Einkommenssteuervorauszahlungen eines Elternteils fallen. Da die Elternteile im Kostenbeitragsrecht gemäß § 92 Abs. 2 Halbs. 2 SGB VIII getrennt zu Beiträgen herangezogen werden, kann jeder Elternteil im Rahmen des Steuerabzugs nach § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII aber nur die auf sein Einkommen gezahlten Steuern abziehen, so dass das Oberverwaltungsgericht zu Recht den Abzug von Einkommensteuervorauszahlungen für die freiberufliche Tätigkeit der Ehefrau des Klägers abgelehnt hat.
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Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts schließt das Gebot des vollen Abzugs gezahlter Steuern es nicht aus, dass die Berufung des Kostenbeitragsschuldners auf eine erhöhte Steuerlast im Einzelfall treuwidrig sein kann. Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt als allgemeiner Rechtsgedanke auch im Verwaltungsrecht. Er wird aus § 242 BGB abgeleitet, der über seinen Wortlaut hinaus das allgemeine Gebot der Beachtung von Treu und Glauben im rechtlichen Verkehr als allgemeinen Maßstab enthält, unter dem das gesamte private und öffentliche Recht steht. Der genannte Grundsatz bedarf wegen seiner Allgemeinheit der Konkretisierung. Diese erfolgt durch Typisierung anhand von Fallgruppen (vgl. Urteil vom 23. November 1993 - BVerwG 1 C 21.92 - BVerwGE 94, 294 <298> = Buchholz 451.64 BBankG Nr. 3; Beschluss vom 30. April 2008 - BVerwG 6 B 16.08 - juris Rn. 7). Im Öffentlichen Recht spielt vornehmlich die unzulässige Ausübung von Rechten eine Rolle, die dann gegeben ist, wenn eine atypische Situation vorliegt, die die Geltendmachung eines an sich vorgesehenen Rechtes als missbräuchlich erscheinen lässt. Dabei ist für den Rechtsmissbrauch die Herbeiführung eines grob unbilligen Ergebnisses typisch (vgl. Urteil vom 23. November 1993 a.a.O. S. 299).
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Eine unzulässige Rechtsausübung kann insbesondere gegeben sein, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen eines (vertraglichen oder gesetzlichen) Anspruchs in missbilligenswerter Weise begründet worden sind. Der Anwendungsfall, dass in einer manipulativen Schaffung von Anspruchsvoraussetzungen der Grund für die Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung liegt, findet einen gesetzlichen Ausdruck in § 162 Abs. 2 BGB und ist in der Rechtsprechung anerkannt (Urteil vom 23. November 1993 a.a.O. S. 299 m.w.N.). Unter diese Fallgruppe kann auch ein Steuerklassenwechsel fallen, wenn er in missbilligenswerter Weise der Herbeiführung der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine jugendhilferechtliche Kostenbeitragsreduzierung dient. Die Ausübung des dem Bürger generell zustehenden Steuerklassenwahlrechts ist im Einzelfall nach dem Grundsatz von Treu und Glauben rechtsmissbräuchlich, wenn dafür keine schutzwürdigen Gründe vorliegen und deshalb anzunehmen ist, dass der Steuerklassenwechsel zumindest vorwiegend zur Schmälerung des dem Jugendhilfeträger zustehenden Kostenbeitrags erfolgt ist.
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Soweit der Kläger darauf verweist, dass er und seine Ehefrau mit dem Steuerklassenwechsel nur von einer nach § 39b EStG legal zustehenden Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht hätten, steht dies der Annahme eines Rechtsmissbrauchs nicht entgegen. Vielmehr setzt der Rechtsmissbrauch schon begrifflich das Vorhandensein einer Rechtsposition voraus und verlangt die Prüfung, ob die Ausübung des grundsätzlich zustehenden Rechts in einer bestimmten Situation missbilligenswert, d.h. rechtlich nicht schützenswert, ist. Bei dieser Prüfung fällt im vorliegenden Fall ins Gewicht, dass es das Ziel des § 93 SGB VIII ist, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Kostenbeitragspflichtigen auf einfache und realitätsnahe Weise zu ermitteln. Demgegenüber führt ein Steuerklassenwechsel, der zwar das monatliche Nettoeinkommen verringert, aber hohe Steuererstattungsansprüche begründet, zu einer unrealistischen Verzerrung der tatsächlich in einem Monat gegebenen finanziellen Belastbarkeit. Soweit ein Steuerklassenwechsel keine anderen wirtschaftlich nachvollziehbaren und schützenswerten Gründe hat, ist anzunehmen, dass er vorwiegend einer der Zielsetzung des § 93 SGB VIII widersprechenden Verschleierung der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dient und damit den Zweck der jugendhilferechtlichen Kostenbeitragspflicht konterkariert, die Eltern entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an den Kosten einer ihrem Kind zugute kommenden Jugendhilfemaßnahme zu beteiligen.
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Dass ein primär der jugendhilferechtlichen Kostenbeitragssenkung dienender Steuerklassenwechsel von der Rechtsordnung nicht gebilligt wird, legt auch ein Vergleich mit dem zivilrechtlichen Unterhaltsrecht nahe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsschuldners grundsätzlich von dem um die tatsächlich entrichtete Lohnsteuer bereinigten Einkommen auszugehen. Hiervon ist jedoch ein Abschlag zu machen, wenn der Unterhaltsschuldner zumutbare Steuervorteile nicht nutzt oder - wie hier - durch Wahl einer wirtschaftlich ungünstigen Steuerklasse - unnötig hohe Steuerabzüge bewusst in Kauf nimmt (BGH, Urteile vom 25. Juni 1980 - IVb ZR 530/80 - FamRZ 1980, 984 <985> und vom 14. Januar 2004 - XII ZR 69/01 - NJW 2004, 769). Wenn es aber Eltern unterhaltsrechtlich im unmittelbaren Eltern-Kind-Verhältnis nicht gestattet wird, die Unterhaltsansprüche ihrer Kinder durch Wahl einer ungünstigen Steuerklasse zu schmälern, dann spricht dies dafür, dass es den Eltern auch im mittelbaren Verhältnis - bei Zwischenschaltung eines den Unterhalt abdeckenden öffentlichen Jugendhilfeträgers - nicht gestattet sein kann, sich auf diese Weise ihren Leistungspflichten zu entziehen.
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Diese Erwägung kann auch nicht - wie das Oberverwaltungsgericht meint - mit dem Argument entkräftet werden, dass die Unterhaltspflicht das Eltern-Kind-Verhältnis und die Kostenbeitragspflicht das Bürger-Staat-Verhältnis betrifft. Denn die jugendhilferechtliche Kostenbeitragspflicht wurzelt in der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht der Eltern. Die Kostenbeitragspflicht entsteht gerade deswegen, weil der Staat die Eltern bei der Erziehung ihres Kindes unterstützt und deren Unterhaltspflicht mit befreiender Wirkung übernimmt. Die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung der Kostenbeitragspflicht ist nur aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung an die Stelle der früheren Legalzession des Unterhaltsanspruchs getreten. Der Gesetzgeber wollte mit der Entflechtung der Regelungen keine materiell-rechtlichen Wertungswidersprüche zum Unterhaltsrecht auslösen und Besserverdienende angemessen zu den Kosten der Jugendhilfemaßnahmen heranziehen (BTDrucks 15/3676 S. 28). Dies spricht dagegen, besserverdienenden Elternteilen nunmehr Gestaltungsmöglichkeiten zur Senkung der Kostenbeitragspflicht zu eröffnen, die im früher geltenden Unterhaltsrecht nicht akzeptiert worden sind.
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Gegen die Annahme einer missbräuchlichen Rechtsausübung streitet nicht, dass ein zumindest vorwiegend der Minderung des Kostenbeitrags dienender Steuerklassenwechsel in der Regel dazu führt, dass zunächst eine gemessen an der tatsächlichen Steuerschuld zu hohe Steuerzahlung geleistet wird, was eine nachträgliche Steuererstattung auslöst. Eine erfolgte Erstattung stellt Einkommen dar und kann deshalb bei fortdauernder Beitragspflicht die Erhöhung des Kostenbeitrags rechtfertigen. Der Umstand, dass bei Berücksichtigung einer Steuererstattung der durch den Wechsel der Steuerklasse erlangte Vorteil im Ergebnis zumindest teilweise rückgängig gemacht werden kann, ändert aber nichts daran, dass der hier in Rede stehende Steuerklassenwechsel eine Minderung des monatlichen Nettoeinkommens bewirkte, deren Berücksichtigung zu einer Reduzierung des Kostenbeitrags führte. Hinzu kommt, dass die Steuererstattung nur für den Fall berücksichtigt werden kann, dass die beitragspflichtige Leistung noch gewährt wird. Mithin ist keineswegs gewiss, dass die Erstattung im Rahmen des Kostenbeitrags in Ansatz gebracht werden kann.
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Soweit sich das Oberverwaltungsgericht für seine gegenteilige Auffassung auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 25. Juni 2009 - B 10 EG 3/08 R - (BSGE 103, 284) zur Zulässigkeit des Steuerklassenwechsels vor einer Elterngeldgewährung berufen hat, ist diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Zum einen betrifft der vorliegende Fall keine Sozialleistung, sondern eine Erstattungspflicht. Zum anderen beruht das in Bezug genommene Urteil des Bundessozialgerichts insbesondere auf der Erwägung, der Gesetzgeber habe bereits bei den parlamentarischen Beratungen die Möglichkeit des elterngelderhöhenden Steuerklassenwechsels gesehen und gleichwohl keine Ausschlussregelung erlassen (BSG a.a.O. Rn. 31 - 33). Ein derartiger Sachverhalt liegt hier nicht vor. Hingegen hat die Beklagte mit Recht darauf hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof (Beschlüsse vom 4. Oktober 2005 - VII ZB 26/05 - WM 2005, 2324 und vom 3. Juli 2008 - IX ZB 65/07 - WM 2008, 1791) und das Bundesarbeitsgericht (Urteile vom 18. September 1991 - 5 AZR 581/90 - BB 1992, 353 und vom 23. April 2008 - 10 AZR 168/07 - NJW 2008, 2606) auch in anderen Fällen einen Steuerklassenwechsel mit dem Ziel der Gläubigerbenachteiligung als missbräuchlich ansehen oder aus dem nahekommenden Erwägungen unberücksichtigt lassen. Dies gilt auch, wenn es um die Benachteiligung der Staatskasse geht (BGH vom 3. Juli 2008 a.a.O.). Auch dies stützt die Annahme, dass ein vorwiegend der Benachteiligung des Jugendhilfeträgers als Kostenbeitragsgläubiger dienender Steuerklassenwechsel rechtlich nicht schützenswert und nach dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 2 BGB bei der Bemessung des Kostenbeitrags zu vernachlässigen ist.
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4. Ob der Kläger und seine Ehefrau im vorliegenden Fall für den Steuerklassenwechsel wirtschaftlich nachvollziehbare und schutzwürdige Gründe gehabt haben, ist zwischen den Parteien umstritten und vom Oberverwaltungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - offengelassen worden. Der Rechtsstreit ist daher zur Klärung dieser Frage nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen. Da im Rahmen der erneuten Verhandlung und Entscheidung der Streitsache nur noch unzweifelhaft vom Antrag des Klägers umfasste Fragen zu prüfen sind, kommt es auf die von der Beklagten erhobene Verfahrensrüge der Verletzung des § 88 VwGO nicht mehr an.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. Juli 2011 verpflichtet, der Klägerin eine Investitionskostenpauschale für das Jahr 2011 nach dem Landespflegegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen in Höhe von 8.747,32 € zu gewähren.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin erstrebt mit der vorliegenden Klage die Bewilligung einer Investitionskostenpauschale nach § 10 des Gesetzes zur Umsetzung des Pflegeversicherungsgesetzes (Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen PfG NW) i.V.m. § 3 der Verordnung über die Förderung ambulanter Pflegeeinrichtungen nach dem Landespflegegesetz (AmbPfFV) für das Jahr 2011 (nach den Antragsunterlagen in Höhe von 8.747,32 €)
3Die Klägerin ist Trägerin des Mobilen Sozialen Dienstes W. . Dieser Mobile Soziale Dienst erbringt Hilfen für Pflegebedürftige in den Bereichen Hausarbeit, Besorgung, Betreuung, Körperpflege, Begleiten, Service und Beraten. Die Leistungen werden von der Klägerin in Kooperation mit der Caritas Pflegestation erbracht, deren Träger der Caritas Verband für die Regionen B. -Stadt und B. -Land ist.
4Die ambulante Pflegeeinrichtung der Klägerin hat ihre Tätigkeit im November 1987 aufgenommen. Sie arbeitet bereits seit 1995 auf Grund eines Kooperationsvertrages mit der Caritas-Pflegestation (CPS) T. "Am C. Krankenhaus" zusammen, der durch eine zweite Vereinbarung aus dem Jahr 2008 ersetzt wurde. Träger dieser Caritas-Pflegestation ist der Caritasverband für die Regionen B. -Stadt und B. -Land e.V. (hier: Caritasverband B. ), dessen korporatives Mitglied die Klägerin ist.
5Für das Land Nordrhein-Westfalen gilt seit dem 1. Juli 1995 der Rahmenvertrag über die ambulante pflegerische Versorgung gemäß § 75 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs, 11. Buch (SGB XI), der u. a. zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, dem auch der Caritasverband für das Bistum B. e.V. angehört, und der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Sozialhilfeträger NRW und den Landesverbänden der Pflegekassen in NRW abgeschlossen worden ist.
6Dieser Rahmenvertrag enthält u.a. folgende Regelung:
7„ § 10 Leistungsfähigkeit
8(1) Innerhalb ihres Einzugsbereiches sind die Pflegedienste im Rahmen ihrer personellen Möglichkeiten verpflichtet, die Pflegebedürftigen zu versorgen, die die Pflegeleistungen dieser Einrichtungen in Anspruch nehmen wollen. Im Rahmen des Versorgungsauftrages hat jeder Pflegedienst die individuelle Versorgung der Pflegebedürftigen mit Pflegeleistungen zu jeder Zeit, bei Tag und Nacht, einschließlich an Sonn- und Feiertagen, zu gewährleisten. Pflegerische Leistungen können in Kooperation mit andern zugelassenen Pflegediensten erbracht werden; andere Formen der Kooperation bedürfen der vorherigen Zustimmung aller Landesverbände der Pflegekassen. Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung sind Kooperationen mit anderen Einrichtungen möglich.
9(2) Pflegedienste, die Leistungen nach diesem Vertrag in Kooperation mit anderen Einrichtungen erbringen, zeigen dies den Landesverbänden der Pflegekassen unverzüglich an.
10(3) Die fachliche Verantwortung für die Leistungserbringung des Kooperationspartners trägt gegenüber den Pflegebedürftigen und den Pflegekassen der ursprünglich beauftragte Pflegedienst. Dieser rechnet auch die vom Kooperationspartner erbrachten Pflegeleistungen mit den Pflegekassen ab.“
11Zwischen dem Caritasverband B. als Träger der CPS T. wurde im Jahr 1996 mit Landesverbänden der Pflegekassen für das Land Nordrhein-Westfalen ein Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI über ambulante Pflegeleistungen geschlossen.
12Dieser Versorgungsvertrag enthält u.a. folgende Regelung:
13„§ 5 Versorgungsauftrag
14..........
15(4) Im Rahmen seiner Versorgungspflicht hat der Pflegedienst die individuelle Versorgung der Pflegebedürftigen mit Pflegeleistungen zu jeder Zeit, bei Tag und Nacht, einschließlich an Sonn- und Feiertagen, zu gewährleisten. Dies kann in Kooperation mit anderen Einrichtungen oder durch die Beteiligung an regionalen Kooperationen geschehen. Näheres regelt der Rahmenvertrag nach § 75 SGB XI.“
16Zwischen den genannten Vertragsparteien wurde des Weiteren im Jahr 2009 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 eine Vereinbarung gemäß § 89 SGB XI (sog. Vergütungsvereinbarung) über die Vergütung ambulanter Pflegeleistungen im Rheinland geschlossen.
17Die Klägerin schloss mit dem Caritasverband Region B. als Träger der CPS X. im April 2008 einen zweiten Kooperationsvertrag über ambulante Pflegeleistungen nach dem SGB XI. Gegenstand des Vertrages (§ 1) ist die Sicherstellung einer im Einzelfall erforderlichen regelmäßigen hauswirtschaftlichen und pflegerischen Versorgung von als pflegebedürftig anerkannten Personen durch die Mitarbeiterinnen des Mobilen Sozialen Dienstes. Die Inhalte der Leistungen (§ 2) richten sich nach § 2 des Rahmenvertrages gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI. Im Bereich der Körperpflege können u. a. nach zeitnaher Abstimmung mit der CPS pflegerische Leistungen bei Patienten im Bereich der anerkannten Pflegestufe 1 durch den Mobilen Sozialen Dienst erbracht werden. Der Kooperationsvertrag enthält darüber hinaus u.a. folgende Vereinbarungen:
18„§ 3 Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen
19Gemäß § 10 Abs. 2 des Rahmenvertrages nach § 75 Abs. 1 SGB XI wird der Kooperationsvertrag vom Träger der CPS den Pflegekassen angezeigt.
20Der Caritasverband für die Regionen B. -Stadt und B. -Land e.V. als Träger der Caritas-Pflegestation hat einen Versorgungsvertrag nach § 72 XI mit den Pflegekassen für den Einzugsbereich Stadt und Kreis B. abgeschlossen. Die Caritas-Pflegestationen sind berechtigt, Pflegesachleistungen mit den Pflegekassen und Sozialhilfeträgern abzurechnen. Eventuelle Änderungen des Versorgungsvertrages teilt der regionale Caritasverband unverzüglich mit.
21§ 7 Vergütung
22Die Leistungen des MSD werden gegen Entgelt erbracht. Die Vergütungsvereinbarung gemäß § 89 SGB XI ist Bestandteil des Vertrages und Grundlage für die Vergütung der vom MSD erbrachten Leistungen. Die Abrechnung der Leistungen mit den Kostenträgern Pflegekasse und Sozialhilfeträger erfolgt allein durch die Caritas-Pflegestation.
23Die Kostenregelung mit den öffentlichen Kostenträgern und den Krankenkassen bzw. Pflegekassen trifft der regionale Caritasverband als Träger der Caritas-Pflegestation.
24Die Entgelte der Pflegekassen für die von der Caritas-Pflegestation an den MSD übertragenen Aufgaben werden nach Erhalt an diesen zeitnah weitergeleitet. .........“.
25.
26Seit Bestehen der ersten Kooperation erfolgte die Abrechnung der von der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin erbrachten Leistungen mit den Kostenträgern durch die Caritas-Pflegestation. In den vorausgegangenen Jahren gewährten zunächst der Kreis B. bis zum Jahre 2009 und die Beklagte als dessen Rechtsnachfolgerin im Jahr 2010 eine Investitionskostenförderung gemäß § 10 PfG NRW für die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin. Die Bewilligung dieser Investitionskostenförderung erfolgte nach den dem Gericht im vorliegenden und dem Parallelverfahren (2 K 1469/11) vorgelegten Unterlagen für die Jahre 2008 bis 2010 im Rahmen der von dem Caritasverband Region B. für die jeweilige Caritas-Pflegestation bewilligten Investitionskostenpauschale, die jeweils die Förderung für die Mobilen Sozialen Dienste mit erfasste.
27Die Klägerin beantragte unter dem 22. Januar 2011 – wie in den vorausgegangenen Jahren - die Gewährung einer Investitionskostenpauschale für das Jahr 2011. Sie erklärte in ihrem Antrag, dem Caritasverband Region B. als Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege anzugehören und die Voraussetzungen des § 9 PfG NRW (Versorgungsvertrag und Vergütungsvereinbarung) zu erfüllen. Sie legte ein sog. alternatives Testat des Caritasverbandes für das Bistum B. e.V. vom 18. April 2011 für den Mobilen Sozialen Dienst T. -W. vor, wonach bestätigt wird, dass dieser in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2010 zu Lasten der Pflegekassen Leistungen in Höhe von 106.188,43. € abgerechnet hat. Die von der Klägerin vorgenommene Umrechnung der abgerechneten Leistungen auf der Grundlage der Punktwerte nach der Vergütungsvereinbarung ergab eine Investitionskostenpauschale in Höhe der in diesem Verfahren streitbefangenen 8.747,32 €.
28Mit Bescheid vom 21. Juli 2011 lehnte die Beklagte den Antrag für das Jahr 2011 mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 PfG NRW seien nicht erfüllt. Bei der Klägerin handele es sich nicht um eine Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 1 und Abs. 2 PfG NRW. Dort würden Mobile Soziale Dienste nicht ausdrücklich genannt. Ferner seien auch die Voraussetzungen für die Förderung gemäß § 9 Abs. 2 PfG NRW nicht erfüllt, da die Klägerin weder einen Versorgungsvertrag nach § 72 Abs. 1 SGB XI noch eine Vergütungsvereinbarung nach § 89 SGB XI abgeschlossen habe.
29Die Klägerin hat am 18. August 2011 Klage erhoben und ausgeführt, dass sie als Mobiler Sozialer Dienst eine ambulante Pflegeeinrichtung im Sinne des § 8 Abs. 2 PfG NRW sei. Sie sei eine selbstständig wirtschaftende Einrichtung, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegekraft Leistungen in der hauswirtschaftlichen Versorgung und Pflege von Pflegebedürftigen erbringe. Auch wenn § 8 Abs. 1 PfG NRW den Mobilen Sozialen Dienst nicht ausdrücklich erwähne, so werde er doch von der abstrakten Umschreibung des Begriffs der ambulanten Pflegeeinrichtung umfasst. Zudem sei die Aufzählung in Abs. 1 nicht als abschließend anzusehen. Darüber hinaus sei sie als zugelassene Pflegeeinrichtung im Sinne des § 72 Abs. 1 SGB XI anzusehen, auch wenn ein Versorgungsvertrag nicht unmittelbar zwischen ihr und den Trägern der Pflegekassen bestehe. Sowohl nach § 10 Abs. 1 des Rahmenvertrages gemäß § 75 SGB XI als auch gemäß § 5 Abs. 4 des Versorgungsvertrages nach § 72 SGB XI sei eine Kooperation mit anderen Einrichtungen möglich. Diese bedürfe teilweise der Zustimmung der Pflegekassen. Eine derartige Kooperation habe sie mit dem Caritasverband für die Region B. -Stadt und B. -Land e.V. abgeschlossen.
30Die Beklagte könne sich auch nicht auf eine fehlende Zustimmung der Landesverbände der Pflegekassen berufen. Dieses Erfordernis beziehe sich nur "auf andere Formen der Kooperationen". Im Übrigen sei der Beklagten eine Berufung auf die angeblich fehlende Zustimmung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben versagt. Sie - die Klägerin – bzw. ihre Rechtsvorgängerin würden die Leistungen seit Jahren erbringen; diese seien stets vergütet und die streitgegenständliche Investitionskostenpauschale sei bewilligt worden. Die Zusammenarbeit mit den Sozialleistungsträgern werde bereits seit Jahrzehnten praktiziert. Bereits unter der Geltung des § 132 SGB V a.F. seien von ihrer Rechtsvorgängerin hauswirtschaftliche Leistungen erbracht worden und es habe ein Vertrag nach § 132 Abs. 1 SGB V mit den Krankenkassen bestanden, dem ihre Rechtsvorgängerin beigetreten sei. Zudem habe schon damals eine Kooperation mit dem Caritasverband bestanden. Der damalige Kooperationsvertrag aus dem Jahr 1995 sei allerdings ab dem Zeitpunkt 2001 dahingehend geändert worden, dass unmittelbar mit den Pflegekassen abgerechnet worden sei. Der derzeit gültige Kooperationsvertrag aus dem Jahr 2008 habe diesen alten Kooperationsvertrag ersetzt. Im Übrigen seien die Leistungen für das Jahr 2011 ebenfalls bereits erbracht worden. Ohne irgendeinen erkennbaren Grund habe die Beklagte ihre bisher geübte Praxis aufgegeben.
31Die Klägerin beantragt,
32die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. Juli 2011 zu verpflichten, der Klägerin eine Investitionskostenpauschale für das Jahr 2011 nach dem Landespflegegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen in Höhe von 8.747,32 € zu gewähren.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie führt unter Bezugnahme auf den streitgegenständlichen Bescheid ergänzend aus, dass in der Vorschrift des § 8 PfG NRW explizit eine nummerische Aufzählung von vier Einrichtungen benannt werde, die als Pflegeeinrichtungen im Sinne des Landespflegegesetzes zu verstehen seien. Weitere Hinweise ergäben sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung. Die Klägerin sei auch nicht durch den Kooperationsvertrag über ambulante Pflegeleistungen einer zugelassenen Pflegeeinrichtung gleichgestellt, da auch in § 9 PfG NRW die Voraussetzungen zur Förderung abschließend geregelt seien. Unerheblich sei, welche Leistungen von der Klägerin angeboten bzw. tatsächlich erbracht würden. Zu prüfen sei lediglich, ob ein Anspruch nach dem Landespflegegesetz bestehe. Da Mobile Soziale Dienste jedoch weder in § 8 PfG NRW genannt würden noch die Voraussetzungen des § 9 PfG NRW erfüllt seien, bestehe kein Anspruch auf Förderung. Für die rechtliche Beantwortung der Frage des Förderanspruchs sei es unerheblich, dass nach § 10 des Rahmenvertrages nach § 75 Abs. 1 SGB XI pflegerische Leistungen in Kooperation mit anderen zugelassenen Pflegediensten erbracht werden könnten. Andere Formen der Kooperation bedürften der vorherigen Zustimmung aller Landesverbände der Pflegekassen. Eine solche Zustimmung aller Landesverbände der Pflegekassen liege nicht vor.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten in diesem Verfahren sowie zu den Verfahren 2 K 1469/11 und 2 K 1476/11 vorgelegten Verwaltungsvorgänge.
37Entscheidungsgründe
38Die Klage ist zulässig und begründet.
39Der Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Gewährung einer Investitionskostenpauschale nach dem Landespflegegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2011 in Höhe von 8.747,32 € zu.
40Anspruchsgrundlage ist § 10 Abs. 1 und 2 PfG NRW i.V.m. §§ 1 - 3 der Verordnung über die Förderung ambulanter Pflegeeinrichtungen nach dem Landespflegegesetz (AmbPFFV). Danach fördert der örtliche Träger der Sozialhilfe die durchschnittlichen betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen ambulanter Pflegeeinrichtungen, die durch das Sozialgesetzbuches 11. Buch (SGB XI) bedingt sind, durch angemessene Pauschalen.
41Bei dem Mobilen Sozialen Dienst (MSD) der Klägerin handelte es sich zunächst um eine ambulante Pflegeeinrichtung i.S. des § 8 Abs. 2 PfG NRW. Dies sind nach der gesetzlichen Definition selbstständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen. Diese Legaldefinition entspricht der gleichlautenden Vorschrift im Recht der Sozialen Pflegeversicherung nach § 71 Abs. 1 SGB XI (Einführung mit dem Pflegeversicherungsgesetz vom 26. Mai 1994, BGBl I, 1014) und dient zunächst der Abgrenzung zur stationären Pflegeeinrichtung. Maßgeblich ist insoweit, ob die Einrichtung der Klägerin die genannten gesetzlichen Voraussetzungen einer ambulanten Pflegeeinrichtung erfüllt - nicht jedoch, ob Mobile Soziale Dienste ausdrücklich in § 8 Abs. 1 und Abs. 2 PfG NRW genannt werden. Der Begriff der ambulanten Pflegeeinrichtung (sog. Pflegedienste) ist nach dem Willen des Gesetzgebers zum Pflegeversicherungsgesetz von 1994 zudem bewusst weit und flexibel gefasst worden und sollte nicht nur die herkömmlichen Sozialstationen in freigemeinnütziger oder kommunaler Trägerschaft, sondern auch z.B. private Hauspflegedienste erfassen,
42vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/5262 S. 133, 134 zu § 80 (jetzt § 71) SGB XI; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand: Dezember 2012, § 71 SGB XI Rz. 2ff; Leitherer in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht – Bd. 2, Stand: Oktober 2012, § 71 SGB XI Rz. 5 ff; Groth in Hauck/Noftz, SGB XI, Stand: Juni 2013, § 71 Rz. 9 ff; Schütze in Udsching/Schütze/Behrend/Bassen, SGB XI, 3. Aufl. 2010, § 71 Rz.4 ff, Plantholz/Pöld-Krämer in Klie/Krahmer, LPK-SGB XI, 3. Aufl. 2009, § 71 Rz. 6 ff.
43Wesentlich für den Begriff des Pflegedienstes ist die Erfüllung der Kernelemente, d.h. es muss sich um eine auf Dauer angelegte organisatorische Zusammenfassung von Personen und Sachmitteln handeln, die unabhängig vom Bestand ihrer Mitarbeiter in der Lage ist, eine ausreichende und konstante pflegerische Versorgung von Pflegebedürftigen in ihrer Wohnung zu gewährleisten. Die häusliche Pflege i.S. des § 36 Abs.1 und 2 i.V.m. § 14 Abs. 4 SGB XI umfasst dabei die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung der Pflegbedürftigen. Daraus folgt, dass Einrichtungen, die lediglich die Wohnung reinigen oder ausschließlich Mahlzeiten ins Haus bringen (z.B. Reinigungsunternehmen oder Essen auf Rädern), keine Pflegedienste i.S. des § 71 Abs. 1 SGB XI sind. Nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen und dem vorgelegten Kooperationsvertrag mit dem Caritasverband Region B. als Träger der CPS erbrachte der MSD der Klägerin schwerpunktmäßig Leistungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung. Das Angebot des MSD umfasste darüber hinaus aber auch Leistungen der Grundpflege im Bereich der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden), der Mobilität (An- und Ausziehen) oder der Ernährung (Zubereitung von Mahlzeiten) im Rahmen der Pflegestufe 1.
44Die Klägerin erfüllt allerdings nicht die weiteren Fördervoraussetzungen nach § 9 Abs. 2 Satz 1 PfG NRW und § 2 Nr. 1 AmbPFFV, wonach der Abschluss eines Versorgungsvertrages nach § 72 Abs. 1 SGB XI und einer vertraglichen Regelung nach § 85 oder § 89 SGB XI (sog. Vergütungsvereinbarung) erforderlich sind. Derartige Verträge hat die Klägerin unstreitig nicht für den MSD abgeschlossen. Die Klägerin kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass der Caritasverband der Region B. mit den Landesverbänden der Pflegekassen derartige Vereinbarungen abgeschlossen hat und sie auf Grund der bestehenden Kooperation mit dem Caritasverband Region B. diesem gleichgestellt werden müsse. Dem steht entgegen, dass der Versorgungsvertrag nach seiner gesetzlichen Konzeption die Zulassung der jeweiligen Pflegeeinrichtung zur pflegerischen Versorgung regelt und für die jeweiligen Pflegeeinrichtungen eine statusbegründende Funktion hat. Erst mit dem Abschluss eines Versorgungsvertrages erlangen der Pflegedienst oder das Pflegeheim den Status einer zugelassen Pflegeeinrichtung mit der generellen Berechtigung und Verpflichtung, während der Dauer des Vertrages Pflegebedürftige zu Lasten der Pflegekassen zu versorgen,
45vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/5262 S. 135 zu § 81 (jetzt § 72) SGB XI.
46Die Versorgungsverträge stellen nach der gesetzlichen Regelung Individualverträge dar, die einrichtungsbezogen mit einem konkreten Versorgungsauftrag zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung und den Landesverbänden der Pflegekassen abgeschlossen werden. Dementsprechend hat der Caritasverband der Region B. jeweils als Träger der örtlichen CPS mit den Landesverbänden der Pflegekassen einen Versorgungsvertrag abgeschlossen. Die in dem Versorgungs- und auch im Rahmenvertrag für das Land Nordrhein-Westfalen vorgesehene Kooperationsmöglichkeit der jeweiligen Pflegeeinrichtung mit anderen Einrichtungen führt nicht dazu, dass der Versorgungsvertrag auch auf die „Kooperationseinrichtung“ erstreckt wird. Der Abschluss eines individuellen Versorgungsvertrages kann durch einen Kooperationsvertrag nicht ersetzt werden. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass gemäß § 71 Abs. 3 Satz 1 SGB XI Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen geschlossen werden, die die in Satz 1 Nr. 1-3 aufgeführten Voraussetzungen erfüllen, d.h. u.a. den Voraussetzungen des § 71 SGB XI entsprechen und Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten. Die Pflegeeinrichtungen durchlaufen vor Abschluss eines Versorgungsvertrages ein öffentlich-rechtliches Zulassungssystem und werden mit Abschluss des Vertrages in das öffentlich-rechtliche Sozialleistungssystem eingeordnet,
47vgl. dazu insgesamt auch Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/5262 S.136 zu § 81 (jetzt § 72) SGB XI; Knittel in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand: Dezember 2012, § 72 SGB XI Rz. 14 ff,18 ff; Leitherer in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht – Bd.2, Stand: Oktober 2012, § 72 SGB XI Rz. 7,17 ff; Groth in Hauck/Noftz, SGB XI, Stand: Juni 2013, § 72 Rz. 11 ff, 32, 36 ff, 44; Schütze in Udsching/Schütze/Behrend/Bassen, SGB XI, 3. Aufl. 2010, § 72 Rz. 3, 4 ff, Plantholz/Pöld-Krämer in Klie/Krahmer, LPK-SGB XI, 3. Aufl. 2009, § 72 Rz. 2, 14 ff.
48Mit dem Erfordernis eines Versorgungsvertrages nach § 9 Abs. 2 PfG NRW und § 2 Nr. 1 AmbPFFV als Voraussetzung für eine Investitionsförderung wollte der Gesetzgeber gewährleisten, dass nur Pflegeeinrichtungen staatlich gefördert werden, die in der Lage sind, die notwendige Qualität und den erforderlichen Umfang zu gewährleisten, und sich zur Pflege auch vertraglich verpflichtet haben,
49vgl. dazu auch Gesetzesbegründung zur Vorgängervorschrift des § 8 Abs. 2 PfG NRW a.F. in LT-Drs. 12/194 S.41 und zu § 9 Abs. 2 PfG NRW in LT-Drs. 13/3498 S. 34.
50Durch die Vorlage eines Versorgungsvertrages sollte der für die Förderungsentscheidung zuständige Träger gerade von der Prüfung der Voraussetzungen der § 71 ff SGB XI entbunden werden, da die Prüfung dieser Voraussetzungen in erster Linie den Landesverbänden der Pflegekassen obliegt.
51Der Beklagten ist es jedoch nach Auffassung der Kammer für das Bewilligungsjahr 2011 in Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben verwehrt, der Klägerin den fehlendenden Abschluss eines Versorgungsvertrages sowie einer Vergütungsvereinbarung entgegenzuhalten.
52Der Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht als allgemeiner Rechtsgedanke das gesamte Rechtsleben und gilt entsprechend auch im Verwaltungsrecht. Er wird aus § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) abgeleitet, der über seinen Wortlaut hinaus das allgemeine Gebot der Beachtung von Treu und Glauben im rechtlichen Verkehr als allgemeinen Maßstab enthält, unter dem das gesamte private und öffentliche Recht steht. Dieser Grundsatz bedarf wegen seiner Allgemeinheit der Konkretisierung, welche durch Typisierung anhand von Fallgruppen erfolgt, wobei im öffentlichen Recht vornehmlich die unzulässige Ausübung von Rechten eine Rolle spielt,
53vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 11. Oktober 2012 – 5 C 22/11 -, juris, Rz. 25 m.w. Nw. zur Rspr. und Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. 2012, § 242 Rz. 1, 5 f., 38, 42 ff.
54In diesem Rahmen wurde von der Rechtsprechung u.a. die Fallgruppe des widersprüchlichen Verhaltens entwickelt, wonach die Berufung auf ein Recht, einen Umstand oder wie hier auf ein Tatbestandsmerkmal einer Anspruchsnorm treuwidrig ist, wenn ein Beteiligter einer Rechtsbeziehung auf Grund seines bisherigen Verhaltens bei der Gegenseite den Eindruck erweckt hat, dass es auf den betreffenden Umstand (hier: Tatbestandsmerkmal) nicht ankommt, und dadurch bei dem anderen Beteiligten ein schutzwürdiges Vertrauen begründet hat. Dies ist nach Auffassung der Kammer vorliegend der Fall.
55Die Kammer stellt insoweit die jahrelang geübte Praxis des Rechtsvorgängers der Beklagten und in der Folge der Beklagten selbst – für das Jahr 2010 – in Rechnung, von der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin auf Grund der bestehenden Kooperation mit dem Caritasverband der Region B. und den jeweiligen CPS im Rahmen der Investitionsförderung keinen gesonderten Nachweis eines eigenen Versorgungsvertrages für den MSD zu fordern. Nach dieser zuvor geübten Praxis erfuhr der MSD der Klägerin insoweit auf Grund der für die CPS abgeschlossenen Versorgungs- bzw. Vergütungsverträge eine Gleichbehandlung mit den jeweiligen CPS. Ausweislich der vorliegenden Verwaltungsvorgänge erfolgte die Bewilligung der Investitionsförderung für die jeweiligen MSD zusammen mit der Bewilligung für die CPS des Caritasverbandes Region B. , wobei der Caritasverband für die jeweiligen CPS einen Förderungsantrag unter Berufung auf den vorliegenden Versorgungsvertrag stellte und daneben auch die jeweiligen MSD eigene Anträge stellten und den Abschluss eines Versorgungsvertrages bestätigten. Das Bewilligungsverfahren wurde – auf Grund der bestehenden Kooperationen - für die jeweiligen CPS und MSD zusammen durchgeführt; die für diese Einrichtungen beantragte Investitionsförderung wurde zusammen an den Caritasverband Region B. bewilligt. Von dieser Praxis ist auch die Beklagte im Jahr 2010 nicht abgewichen.
56Für die Klägerin war insoweit bei der Antragstellung im Februar 2011 nicht ersichtlich, dass die Beklagte künftig - entsprechend den gesetzlichen Vorschriften - den Nachweis über den Abschluss eines eigenen Versorgungsvertrages erwartete und die bestehende Kooperation mit dem Caritasverband nicht mehr als ausreichend ansehen würde. Den Verwaltungsvorgängen lässt sich auch kein Hinweis an die Klägerin auf die fehlenden Anspruchsvoraussetzungen und die nicht mehr mögliche Berücksichtigung des MSD im Rahmen der Kooperationen entnehmen. Insoweit ist der Hinweis der Beklagten, dass dem Caritasverband die Unrechtmäßigkeit der bisherigen Investitionsförderung hätte bekannt sein müssen, weil nach ihrer Kenntnis in den Kreisen I. , T1. und auch in der Stadt B. keine Förderung der MSD erfolgt sei, nicht ausreichend. Ungeachtet der Frage, inwieweit sich die Klägerin etwaige Kenntnisse des Caritasverbandes zurechnen lassen müsste, erfolgte ausweislich der vorliegenden Verwaltungsvorgänge und nach dem Vorbringen der Klägerin die Änderung der Bewilligungspraxis durch die Beklagte für diese „überraschend“.
57Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung hat die Kammer neben dem hier bestehenden öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Bewilligung und Verwendung öffentlicher Fördergelder auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin sowohl die dem Bewilligungsantrag zu Grunde liegenden abgerechneten Leistungen im Jahr 2010 als auch bereits für das Jahr 2011 weiterhin Leistungen in vollem Umfang erbracht hatte. In die Abwägung eingestellt hat die Kammer ferner, dass die Bewilligungspraxis schon über viele Jahre erfolgte, den Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zufolge offenbar schon seit 1995. Die Klägerin hat darüber hinaus auf die ihr nunmehr mit Ablehnungsbescheid bekannt gewordene Rechtslage und das zukünftige Ausbleiben einer Förderung reagiert. So hat sie die Leistungen im Jahr 2012 in Kooperation mit dem Caritas-Verband erbracht und zum 1. Januar 2013 eine gGmbH, die den Betrieb fortführt. Nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheides kann sich die Klägerin zudem nicht mehr auf einen Vertrauenstatbestand berufen.
58Hinsichtlich der Höhe der für das Jahr 2011 beantragten - und letztmalig zu bewilligenden - Investitionsförderung wurden seitens der Beklagten im Übrigen keine Einwendungen geltend gemacht.
59Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.