Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Juni 2015 - VGH N 18/14

ECLI: ECLI:DE:VERFGRP:2015:0608.VGHN18.14.0A
published on 08/06/2015 00:00
Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Juni 2015 - VGH N 18/14
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Tenor

1. Das Landesgesetz über die Eingliederung der Verbandsgemeinde Maikammer in die Verbandsgemeinde Edenkoben vom 20. Dezember 2013 (GVBl. S. 541) ist mit Artikel 49 Absatz 1 bis 3 der Verfassung für Rheinland-Pfalz unvereinbar und daher nichtig.

2. Gemäß § 20 Abs. 3 des Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshof wird angeordnet:

a) Die Antragstellerin wird bis zu einer Neuwahl ihres Verbandsgemeinderates von dem aufgrund der Wahl vom 7. Juni 2009 gewählten Rat verwaltet. Eine Neuwahl des Verbandsgemeinderates ist bis spätestens zum 31. Januar 2016 durchzuführen.

b) Die Wirksamkeit der in der Zeit vom 1. Juli 2014 bis zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils ergangenen Rechtshandlungen der Verbandsgemeinde Edenkoben betreffend die Antragstellerin wird von der Nichtigkeit des Landesgesetzes über die Eingliederung der Verbandsgemeinde Maikammer in die Verbandsgemeinde Edenkoben nicht berührt. Sie gelten, soweit die Antragstellerin zuständig gewesen wäre, als für diese ergangen.

3. Das Land Rheinland-Pfalz hat der Antragstellerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.

1

Mit ihrem Antrag wendet sich die Antragstellerin, die Verbandsgemeinde Maikammer, gegen ihre Auflösung und Eingliederung in die Verbandsgemeinde Edenkoben im Rahmen einer Kommunal- und Verwaltungsreform.

I.

2

Die letzte große kommunale Funktions- und Gebietsreform fand in Rheinland-Pfalz Ende der 1960er Jahre/ Anfang der 1970er Jahre statt. Sie diente der Anpassung der kommunalen Strukturen an die gewachsenen Ansprüche im modernen Sozial- und Rechtsstaat. Ziel war es, Kommunen angemessener Größe zu schaffen, um eine effiziente Aufgabenwahrnehmung zu ermöglichen und dadurch die kommunale Selbstverwaltung zu stärken (vgl. hierzu LT-Drucks. 6/17, S. 18 ff., LT-Drucks. 6/698, S. 28 ff.; ferner Stamm, in: Brocker/Droege/Jutzi [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 49 Rn. 6 m.w.N.; vertiefend Steinbicker, in: Junkernheinrich/Lorig [Hrsg.], Kommunalreformen in Deutschland, 2013, S. 213 ff.).

3

Mehr als 40 Jahre später hat der Landtag Rheinland-Pfalz beschlossen, eine weitere Kommunal- und Verwaltungsreform durchzuführen. Diese beinhaltet neben der Änderung zahlreicher Zuständigkeiten (vgl. hierzu das Zweite Landesgesetz zur Kommunal- und Verwaltungsreform vom 28. September 2010, GVBl. S. 280) auf einer ersten Stufe insbesondere eine Gebietsreform auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden. Hierdurch sollen die Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft dieser kommunalen Gebietskörperschaften gestärkt werden. Anlässe für die Änderung der Gebietsstrukturen seien, so der Gesetzgeber, im Wesentlichen demografische Veränderungen, die Situation der öffentlichen Finanzen, technische und soziale Entwicklungen sowie eine Änderung des Aufgabenspektrums der Verwaltungen (so LT-Drucks. 15/4488, S. 1, 21). Auf einer zweiten Stufe der Reform sollen bis zum Jahr 2019 die Strukturen der Landkreise und kreisfreien Städte optimiert werden (vgl. hierzu auch LT-Drucks. 15/4488, S. 32, LT-Drucks. 16/1081).

II.

4

Am 8. September 2010 beschloss der Landtag das Erste Landesgesetz zur Kommunal- und Verwaltungsreform, das am 5. Oktober 2010 im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet wurde (GVBl. 272). Artikel 1 dieses Gesetzes beinhaltet das Landesgesetz über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform – KomVwRGrG – (im Folgenden: Grundsätzegesetz), das unter anderem die Kriterien für eine Änderung der Gebietsstrukturen festlegt.

5

§ 1 bis § 3 KomVwRGrG lauten wie folgt:

6

§ 1
Ziele

7

(1) Ein Ziel der Kommunal- und Verwaltungsreform sind kommunale Gebietskörperschaften, die unter besonderer Berücksichtigung der demografischen Entwicklungen und des Einsatzes neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, insbesondere im Rahmen von E-Government, in der Lage sind, langfristig die eigenen und die übertragenen Aufgaben in fachlich hoher Qualität, wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah wahrzunehmen. Zu diesem Zweck sollen Aufgabenzuständigkeiten verändert und die Leistungsfähigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit und die Verwaltungskraft der verbandsfreien Gemeinden und der Verbandsgemeinden im Interesse einer bestmöglichen Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger durch Gebietsänderungen verbessert werden. Der Freiwilligkeit gebietlicher Veränderungen wird hierbei der Vorrang eingeräumt.

8

(2) Darüber hinaus ist zur Verbesserung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung eine Erweiterung der gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben und der gemeinsamen Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen durch öffentliche und private Stellen angestrebt; dies gilt insbesondere für eine Zusammenarbeit kommunaler Gebietskörperschaften, die ihren Sitz in derselben Gemeinde haben. Mit Dienstleistungsangeboten der kommunalen Gebietskörperschaften sollen die Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger zur schnellen, qualitativ hochwertigen und kostengünstigen Abwicklung ihrer Verwaltungsangelegenheiten und die Unterstützung der Ortsgemeinden und der Ortsbezirke in Verwaltungsangelegenheiten verbessert werden. Ein Ziel der Kommunal- und Verwaltungsreform ist auch eine stärkere direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in kommunalen Selbstverwaltungsangelegenheiten, um das Potenzial des in Rheinland-Pfalz sehr ausgeprägten bürgerschaftlichen Engagements zur Verwirklichung des Gemeinwohlziels verstärkt nutzen zu können. Dazu sollen notwendige Voraussetzungen geschaffen und erweitert werden.

9

§ 2
Grundsätze der Verbesserung kommunaler Gebietsstrukturen

10

(1) Zur Stärkung der Leistungsfähigkeit, der Wettbewerbsfähigkeit und der Verwaltungskraft der verbandsfreien Gemeinden und der Verbandsgemeinden werden die vorhandenen Gebietsstrukturen dieser kommunalen Gebietskörperschaften bis zum Tag der allgemeinen Kommunalwahlen im Jahr 2014 verbessert.

11

(2) Eine ausreichende Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft haben in der Regel

12

1. verbandsfreie Gemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern und

13

2. Verbandsgemeinden mit mindestens 12 000 Einwohnerinnen und Einwohnern.

14

Maßgebend ist die vom Statistischen Landesamt Rheinland-Pfalz zum 30. Juni 2009 festgestellte amtliche Zahl der Personen, die mit alleiniger Wohnung oder, sofern eine Person mehrere Wohnungen hat, mit ihrer Hauptwohnung in der verbandsfreien Gemeinde oder der Verbandsgemeinde gemeldet sind.

15

(3) Unterschreitungen der Mindestgröße nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 sind in der Regel unbeachtlich bei Verbandsgemeinden mit mindestens 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die eine Fläche von mehr als 100 Quadratkilometern und mehr als 15 Ortsgemeinden haben. Aus besonderen Gründen können Unterschreitungen der Mindestgrößen nach Absatz 2 Satz 1 unbeachtlich sein, wenn die verbandsfreien Gemeinden und die Verbandsgemeinden die Gewähr dafür bieten, langfristig die eigenen und übertragenen Aufgaben in fachlich hoher Qualität, wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah wahrzunehmen. Besondere Gründe sind vor allem landschaftliche und topografische Gegebenheiten, die geografische Lage einer kommunalen Gebietskörperschaft unmittelbar an der Grenze zu einem Nachbarstaat oder einem Nachbarland, die Wirtschafts- und Finanzkraft, die Erfordernisse der Raumordnung sowie die Zahl der nicht kasernierten Soldatinnen und Soldaten, Zivilangehörigen und Familienangehörigen der ausländischen Stationierungsstreitkräfte, soweit diese nicht den deutschen Meldevorschriften unterliegen.

16

(4) Verbandsfreie Gemeinden und Verbandsgemeinden sollen mit benachbarten verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden desselben Landkreises zusammengeschlossen werden. Eine Ausnahme von Satz 1 kann zugelassen werden, vor allem wenn innerhalb desselben Landkreises ein Zusammenschluss zu einer verbandsfreien Gemeinde oder Verbandsgemeinde mit einer ausreichenden Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft nicht möglich ist. Ferner können im Ausnahmefall die Ortsgemeinden einer Verbandsgemeinde in mehrere andere Verbandsgemeinden eingegliedert, die Ortsgemeinden einer Verbandsgemeinde und die Ortsgemeinden mehrerer anderer Verbandsgemeinden zu neuen Verbandsgemeinden zusammengeschlossen sowie eine Ortsgemeinde aus einer Verbandsgemeinde ausgegliedert und in eine andere Verbandsgemeinde eingegliedert werden.

17

(5) Bei dem Zusammenschluss kommunaler Gebietskörperschaften sind vor allem die Erfordernisse der Raumordnung, landschaftliche und topografische Gegebenheiten, die öffentliche Verkehrsinfrastruktur, die Wirtschaftsstruktur und historische und religiöse Bindungen und Beziehungen zu berücksichtigen.

18

§ 3
Freiwillige Gebietsänderungen

19

(1) Im Falle der freiwilligen Eingliederung einer verbandsfreien Gemeinde oder einer Verbandsgemeinde in eine Verbandsgemeinde sind Beschlüsse des Gemeinderates der bisherigen verbandsfreien Gemeinde, der Verbandsgemeinderäte der bisherigen und der aufnehmenden Verbandsgemeinde sowie der Ortsgemeinderäte der Ortsgemeinden der bisherigen und der aufnehmenden Verbandsgemeinde erforderlich, mit denen übereinstimmend der Wille zu dieser freiwilligen Gebietsänderung erklärt wird. Im Falle der freiwilligen Eingliederung der Ortsgemeinden einer Verbandsgemeinde in mehrere andere Verbandsgemeinden sind Beschlüsse nach Satz 1 des Verbandsgemeinderates der bisherigen Verbandsgemeinde und der Ortsgemeinderäte ihrer Ortsgemeinden sowie der Verbandsgemeinderäte der aufnehmenden Verbandsgemeinden und der Ortsgemeinderäte ihrer Ortsgemeinden erforderlich. Im Falle der freiwilligen Umgliederung einer Ortsgemeinde aus einer Verbandsgemeinde in eine andere Verbandsgemeinde sind Beschlüsse nach Satz 1 der Ortsgemeinderäte und der Verbandsgemeinderäte dieser kommunalen Gebietskörperschaften erforderlich. Die Zustimmung der Ortsgemeinden nach den Sätzen 1 bis 3 gilt als erteilt, wenn jeweils mehr als die Hälfte der Ortsgemeinden der bisherigen und der aufnehmenden Verbandsgemeinde zugestimmt hat und in diesen Ortsgemeinden jeweils mehr als die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner der bisherigen und der aufnehmenden Verbandsgemeinde wohnt.

20

(2) Im Falle der freiwilligen Bildung einer neuen verbandsfreien Gemeinde oder Verbandsgemeinde aus verbandsfreien Gemeinden oder Verbandsgemeinden sind Beschlüsse nach Absatz 1 Satz 1 der Gemeinderäte der bisherigen verbandsfreien Gemeinden oder der Verbandsgemeinderäte der bisherigen Verbandsgemeinden und der Ortsgemeinderäte ihrer Ortsgemeinden erforderlich. Im Falle des freiwilligen Zusammenschlusses der Ortsgemeinden einer Verbandsgemeinde mit den Ortsgemeinden mehrerer anderer Verbandsgemeinden zu neuen Verbandsgemeinden sind Beschlüsse nach Absatz 1 Satz 1 der Verbandsgemeinderäte der bisherigen Verbandsgemeinden und der Ortsgemeinderäte ihrer Ortsgemeinden erforderlich. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

21

(3) Im Hinblick auf eine freiwillige Änderung des Gebiets kommunaler Gebietskörperschaften, die verschiedenen Landkreisen angehören, sind die betroffenen Landkreise vorher zu hören.

22

(4) Die Beschlussfassung und die Anhörung nach den Absätzen 1 bis 3 müssen bis zum 30. Juni 2012 erfolgen.

23

(5) Eine Gebietsänderung, die aus Gründen des Gemeinwohls erforderlich ist und nicht freiwillig erfolgt, wird nach vorheriger Anhörung der beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften ohne deren Zustimmung durch Gesetz geregelt.

24

§ 4
Wahl der Organe und Rechtsstellung der hauptamtlichen Wahlbeamtinnen und Wahlbeamten auf Zeit

25

(…)

26

(5) Eine Wahl für die frei werdende Stelle der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters einer verbandsfreien Gemeinde mit weniger als 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern oder einer Verbandsgemeinde mit weniger als 12 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, abgesehen von einer Verbandsgemeinde mit mindestens 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die eine Fläche von mehr als 100 Quadratkilometern und mehr als 15 Ortsgemeinden hat, bedarf vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an bis zum Tag der allgemeinen Kommunalwahlen im Jahr 2014 einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde; § 2 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Genehmigung darf für einen Zeitraum von längstens einem Jahr ab dem Freiwerden der Stelle versagt werden. Für diesen Zeitraum kann die Aufsichtsbehörde die bisherige Bürgermeisterin oder den bisherigen Bürgermeister als beauftragte Person der verbandsfreien Gemeinde oder Verbandsgemeinde bestellen. Die beauftragte Person nimmt die Aufgaben der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters auf Kosten der verbandsfreien Gemeinde oder Verbandsgemeinde wahr.
(…)

(…)

III.

27

Zur Vorbereitung der Gebietsreform hatte im Auftrag des Ministeriums des Innern und für Sport Prof. Dr. Junkernheinrich eine „begleitende Gesetzesfolgenabschätzung zu den Entwürfen des Ersten und Zweiten Landesgesetzes zur Kommunal- und Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz“ (Stand: 13. April 2010) – im Folgenden: begleitende Gesetzesfolgenabschätzung – durchgeführt. Darin kommt er zu dem Ergebnis, dass in fiskalischer Hinsicht kleine Gemeinden im Durchschnitt deutlich schlechter dastehen als einwohnerstarke Gemeinden. Dies spiegele sich zum einen in ihren überwiegend negativen Haushaltsergebnissen und darüber hinaus auch in der Höhe ihrer Kassenkreditverbindlichkeiten wider. Beide Indikatoren korrespondierten deutlich mit der Gemeindegröße. Die fiskalischen Unterschiede gingen wesentlich auf ortsgrößenbedingte Kostendifferenzen zurück. Zwar stelle die Einwohnerzahl nicht die einzige Bestimmungsgröße für die Höhe des administrativen Ressourcenverbrauchs dar, doch insbesondere im fiskalisch besonders bedeutsamen Bereich der allgemeinen Verwaltung (Einzelplan 0) habe sie einen deutlich spürbaren Einfluss. Im Verbandsgemeindebereich ergäben sich im Hinblick auf eine künftige Mindestortsgröße zwei methodisch begründbare Wirtschaftlichkeitsgrenzen. Die erste liege bei einer Einwohnerzahl von 10.700, die zweite bei etwa 13.000 Einwohnern.

IV.

28

Unter dem 1. August 2012 legte Prof. Dr. Junkernheinrich im Auftrag des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur ein Gutachten mit dem Titel „Fusion von Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden in Rheinland-Pfalz – Teil A – Prüfung der Ausnahmegründe von der Fusionspflicht im Rahmen der territorialen Neugliederung rheinland-pfälzischer Verbandsgemeinden und verbandsfreier Gemeinden“ (im Folgenden: Gutachten Junkernheinrich Teil A) vor. Darin untersuchte er, welche verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden die primären Ausnahmegründe nach § 2 Abs. 3 Satz 1 KomVwRGrG bzw. die besonderen Ausnahmegründe nach § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG erfüllten. Der besondere Grund der Wirtschafts- und Finanzkraft im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 3 KomVwRGrG wurde dabei anhand der Steuerkraft ermittelt. Er soll bei denjenigen verbandsfreien Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden vorliegen, deren Steuerkraft in Euro je Einwohner in den Jahren 2001 bis 2009 im Mehrjahresdurchschnitt positiv vom jeweiligen Gebietstyp abgewichen ist. Für die Annahme, dass die verbandsfreie Gemeinde bzw. Verbandsgemeinde die Gewähr einer langfristigen, wirtschaftlichen sowie bürger-, sach- und ortsnahen Wahrnehmung der Aufgaben in fachlich hoher Qualität im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG biete, mussten zwei Kriterien erfüllt sein: Das erste Kriterium erforderte einen im Neunjahresdurchschnitt ausgeglichenen Finanzierungssaldo. Das zweite Kriterium verlangte, dass die jeweilige verbandsfreie Gemeinde oder Verbandsgemeinde seit dem Jahr 2007 maximal ein Jahr mit negativem Finanzierungssaldo aufwies. Dabei gelangte der Gutachter zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin zwar den Ausnahmegrund der besonderen Wirtschafts- und Finanzkraft erfülle. Sie sei jedoch nicht dauerhaft leistungsfähig, da sie zwar im Zeitraum 2007 bis 2009 maximal ein Defizitjahr aufweise, allerdings über keinen ausgeglichenen Finanzierungssaldo im Durchschnitt der Jahre 2001 bis 2009 verfüge.

V.

29

1. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 an den Bürgermeister der Antragstellerin sowie den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Edenkoben teilte das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur mit, dass für die Antragstellerin nach Maßgabe des Landesgesetzes über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform ein gemeindeimmanenter Gebietsänderungsbedarf gesehen und unter Zugrundelegung der Empfehlungen von Prof. Dr. Junkernheinrich erwogen werde, einen Zusammenschluss mit der Verbandsgemeinde Edenkoben herbeizuführen. Der Antragstellerin wurde hierzu die Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt, wovon sie mit Schreiben vom 10. Januar 2013 Gebrauch machte.

30

Mit Schreiben vom 3. Mai 2013 informierte das Ministerium die betroffenen verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden, darunter auch die Antragstellerin darüber, dass Gesetzesentwürfe zu Gebietsänderungen vorbereitet würden. Die Landesregierung sei allerdings bereit, im Gesetzesentwurf die Gebietsänderung für einen späteren Zeitpunkt, spätestens aber zum 1. Juli 2019 vorzusehen, sofern die betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften der jeweilig vorgesehenen Gebietsänderung zustimmten.

31

2. Nachdem die Antragstellerin von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hatte, gab ihr das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur mit Schreiben vom 17. Juni 2013 zum Entwurf eines Landesgesetzes über die Eingliederung der Verbandsgemeinde Maikammer in die Verbandsgemeinde Edenkoben Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20. August 2013. Daraufhin beantragte die Antragstellerin unter dem 12. Juli 2013 eine Fristverlängerung bis zum 15. September 2013, deren Notwendigkeit sie vor allem damit begründete, dass sich der Zeitraum für die Einreichung einer Stellungnahme im Wesentlichen auf die rheinland-pfälzischen Sommerferien beschränke. Ferner beantragte sie, ihr Einsicht in sämtliche Verfahrensakten zu dem Gesetzesentwurf zu gewähren und ihr sämtliche dem Gutachten von Prof. Dr. Junkernheinrich zugrunde liegenden statistischen Daten zur Verfügung zu stellen. Nachdem das Ministerium die Anträge abgelehnt hatte, nahm die Antragstellerin unter dem 23. August 2013 zu dem geplanten Gesetz Stellung. Zusätzlich fand am 5. November 2013 vor dem Innenausschuss des Landtages ein Anhörungsverfahren zu dem Gesetzesentwurf statt, zu dem unter anderem der Bürgermeister der Antragstellerin und der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Edenkoben geladen worden waren.

VI.

32

1. Am 13. Dezember 2013 beschloss der Landtag das Landesgesetz über die Eingliederung der Verbandsgemeinde Maikammer in die Verbandsgemeinde Edenkoben (im Folgenden: Eingliederungsgesetz Maikammer bzw. MaikammerEinglG) in der Fassung des Gesetzesentwurfs der Landesregierung (LT-Drucks. 16/2794). Das Gesetz wurde am 30. Dezember 2013 im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet (GVBl. S. 541). Es lautet auszugsweise wie folgt:

33

§ 1

Die Verbandsgemeinde Maikammer wird am 1. Juli 2014 in die Verbandsgemeinde Edenkoben eingegliedert.

34

§ 2

Die Verbandsgemeinde Edenkoben führt ihren Namen unverändert fort. Ihr Sitz bleibt die Stadt Edenkoben.

35

§ 3

36

(1) Der Verbandsgemeinderat und die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister der umgebildeten Verbandsgemeinde Edenkoben werden am Tage der allgemeinen Kommunalwahlen im Jahr 2014 neu gewählt. Eine etwaige Stichwahl zur Wahl der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters der umgebildeten Verbandsgemeinde findet am 14. Tag nach der ersten Wahl statt. Für die Vorbereitung und die Durchführung der Wahlen ist das gemeinsame Gebiet der Verbandsgemeinden Maikammer und Edenkoben maßgeblich. Die Wahlzeit des neuen Verbandsgemeinderates Edenkoben beginnt am 1. Juli 2014. Die Wahlzeiten der bisherigen Verbandsgemeinderäte der Verbandsgemeinden Maikammer und Edenkoben und die Amtszeiten ihrer jeweils am 30. Juni 2014 amtierenden Bürgermeister enden mit Ablauf des 30. Juni 2014.

37

(2) Die am 30. Juni 2014 amtierenden Bürgermeister der Verbandsgemeinden Maikammer und Edenkoben haben für den Rest der Amtszeiten, für die sie ernannt worden sind, einen Anspruch auf Verwendung als hauptamtliche Beigeordnete der umgebildeten Verbandsgemeinde Edenkoben. Eine Verpflichtung zur Übernahme eines gleich oder geringer zu bewertenden Amtes im Sinne des § 27 Abs. 3 des Landesbeamtengesetzes (LBG) in Verbindung mit § 18 Abs. 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010) in der jeweils geltenden Fassung besteht nicht. Bei einer Versetzung in den einstweiligen Ruhestand findet § 83 Abs. 8 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes vom 18. Juni 2013 (GVBl. S. 157, BS 2032-2) entsprechende Anwendung.

38

(3) Wird der am 30. Juni 2014 amtierende Bürgermeister der Verbandsgemeinde Maikammer oder Bürgermeister der Verbandsgemeinde Edenkoben in das Amt des Bürgermeisters oder für den Rest seiner Amtszeit, für die er ernannt worden ist, als hauptamtlicher Beigeordneter der umgebildeten Verbandsgemeinde Edenkoben berufen, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen.

39

§ 4

40

(1) Die Rechtsstellung der Beamtinnen und Beamten sowie Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger richtet sich nach § 27 Abs. 3 LBG in Verbindung mit den §§ 16 bis 19 BeamtStG und § 40 LBG.

41

(2) … .

(…)

42

§ 13

43

Soweit in diesem Gesetz nichts Abweichendes geregelt ist, gilt ergänzend das Landesgesetz über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform.

44

2. In der Begründung zum Gesetzesentwurf vom 24. September 2013 (LT-Drucks. 16/2794) wird von einem Gebietsänderungsbedarf der Antragstellerin ausgegangen. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, auch bei Zugrundelegung des Bevölkerungsstandes vom 30. Juni 2012 werde die erforderliche Mindesteinwohnerzahl von 12.000 Einwohnern mit 8.025 Einwohnern deutlich unterschritten. Die Antragstellerin weise zwar eine überdurchschnittliche Wirtschafts- und Finanzkraft auf. Auch sei im Hinblick auf die demografische Entwicklung ein leicht positiver Trend erkennbar. Es lägen dennoch keine besonderen Voraussetzungen vor, die eine Unterschreitung der Mindesteinwohnerzahlen ausnahmsweise rechtfertigten. Trotz der im Landesvergleich relativ guten Werte bei der Wirtschafts- und Finanzkraft und der demografischen Entwicklung seien diese dennoch nicht ausreichend, um ein Unterschreiten der Mindesteinwohnerzahl ausnahmsweise zuzulassen. Die Antragstellerin nehme weder in der Region Rheinpfalz noch im Landkreis Südliche Weinstraße eine demografische oder finanzielle Sonderstellung ein. Zwar sei bei der Antragstellerin die Voraussetzung der Gewährleistung einer dauerhaften Leistungsfähigkeit nach § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG gegeben. Allerdings müsse bei der Beurteilung, ob der besondere Ausnahmegrund der Wirtschafts- und Finanzkraft mit einer entsprechenden dauerhaften Leistungsfähigkeit nach § 2 Abs. 3 KomVwRGrG ausreiche, um ein Unterschreiten der Mindestgröße zuzulassen, berücksichtigt werden, dass die Antragstellerin mit 7.958 Einwohnern zum 30. Juni 2009, einer Gesamtfläche von 39,73 qkm und drei Ortsgemeinden deutlich hinter der grundsätzlich geforderten Zahl von 12.000 Einwohnern und den durchschnittlichen territorialen Größenverhältnissen für Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz, aber auch im regionalen Vergleich zurückbleibe. Wie in der begleitenden Gesetzesfolgenabschätzung dargelegt, ließen sich die dauerhafte Handlungs- und Tragfähigkeit kleiner Kommunen nicht gewährleisten, und zwar selbst für den Fall nicht, dass diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch vergleichsweise wirtschaftlich arbeiteten. Auch unter Berücksichtigung der guten Wirtschafts- und Finanzkraft, der deutlich unterdurchschnittlichen Verschuldung und der voraussichtlich nicht erheblich abnehmenden bzw. gegebenenfalls sogar leicht ansteigenden Bevölkerungszahl hebe sich die Antragstellerin nicht in einer solchen Weise von den durchschnittlichen Werten der Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz bzw. in ihrer Region ab, die eine Ausnahme von der Fusionspflicht rechtfertigen könnten. Eine überdurchschnittliche Wirtschafts- und Finanzkraft müsse mit einer den gesetzgeberisch angestrebten Größenverhältnissen zumindest annähernd entsprechenden Größe von kommunalen Gebietskörperschaften einhergehen, um ein Unterschreiten der Mindesteinwohnerzahl ausnahmsweise zuzulassen. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb bei der Beurteilung der Frage, ob ein Unterschreiten der Mindesteinwohnerzahl ausnahmsweise zugelassen werden solle, nicht auch ein regionaler Vergleich herangezogen werden könne.

B.

45

Mit ihrem Antrag vom 21. Februar 2014 macht die Antragstellerin geltend, durch das Gesetz über ihre Eingliederung in die Verbandsgemeinde Edenkoben in ihrer kommunalen Selbstverwaltungsgarantie verletzt zu sein. Sie sei im Gesetzgebungsverfahren nur unzureichend angehört worden. Weder die Landesregierung noch der Gesetzgeber hätten sich ernsthaft bemüht, ein authentisches Meinungsbild der Bevölkerung vor Ort einzuholen. Sie sei ferner daran gehindert gewesen, zu der Gesetzesbegründung umfassend Stellung und Einfluss auf das Ergebnis nehmen zu können, da ihre Anträge auf Einsichtnahme in die Verfahrensakten des federführenden Ministeriums abgelehnt und ihr die dem Gutachten Junkernheinrich zugrunde liegenden statistischen Daten nicht überlassen worden seien. Wie sich nachträglich herausgestellt habe, sei es durch die Übermittlung unrichtiger Zahlen für das Jahr 2009 infolge eines Verbuchungsfehlers zu falschen Feststellungen des Gutachters bezüglich des Finanzierungssaldos in den Jahren 2001 bis 2009 gekommen. Sie sei zudem in ihrem Anhörungsrecht durch die Weigerung des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur, die Frist zur Stellungnahme zu verlängern, verletzt worden. Schließlich ergebe sich aus den Äußerungen verschiedener Mitglieder der damaligen Landesregierung und dem Ablauf des Anhörungsverfahrens, insbesondere aus der interessensgeleiteten (parteipolitischen) Auswahl der anzuhörenden Personen, dass es sich um eine nicht ergebnisoffene Anhörung gehandelt habe.

46

Darüber hinaus seien Leitbild und Leitlinien der Kommunal- und Verwaltungsreform, wie sie im inzident zu prüfenden Grundsätzegesetz normiert seien, verfassungswidrig. Es fehle an einer nachvollziehbaren Begründung für die Bestimmung der gesetzlichen Mindesteinwohnerzahl in § 2 Abs. 2 KomVwRGrG. Die Festlegung der Mindestgröße von 12.000 Einwohnern weiche zudem deutlich von der Praxis in anderen Bundesländern ab. Sie liege für Verbandsgemeinden und Ämter regelmäßig unterhalb der 10.000 Einwohnergrenze. Die vom Gesetzgeber bei der Bestimmung der Mindesteinwohnerzahlen vorgenommene Differenzierung zwischen verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden sei widersprüchlich. Vor dem Hintergrund, dass verbandsfreie Gemeinden grundsätzlich mehr Aufgaben wahrnähmen als Verbandsgemeinden, müsse von den verbandsfreien Gemeinden grundsätzlich eine höhere Leistungsfähigkeit eingefordert werden als von den Verbandsgemeinden. Bemesse sich die Leistungsfähigkeit nach Auffassung des Gesetzgebers aber im Wesentlichen anhand der Größe der Gebietskörperschaft, dann sei es nicht schlüssig, wenn – wie hier geschehen – der Gesetzgeber die Mindestgröße einer verbandsfreien Gemeinde niedriger festsetze als die Mindestgröße einer Verbandsgemeinde. Systemwidrig sei es zudem, dass die Neugliederungsmaßnahmen gemäß § 2 Abs. 4 KomVwRGrG grundsätzlich nur innerhalb der bestehenden Kreisgrenzen erfolgen könnten, diese aber durch den Gesetzgeber als revisionsbedürftig erachtet würden. Denn zum einen schränke die Bindung an die Kreisgrenzen die Suche nach sinnvollen Lösungen ein. Zum anderen führe § 2 Abs. 4 KomVwRGrG zu einer Gebietsreform mit Verfallsdatum, wenn sich der Gesetzgeber auf der zweiten Reformstufe nicht seiner Handlungsmöglichkeiten berauben wolle. Unverhältnismäßig sei es zudem, dass eine Verbandsgemeinde, welche die Zielsetzung des § 1 Abs. 1 KomVwRGrG und damit zugleich das Tatbestandskriterium der Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 3 KomVwRGrG erfülle, gleichwohl zum Gegenstand einer Neugliederungsmaßnahme gemacht werden könne. § 2 Abs. 3 Satz 2 und 3 KomVwRGrG müssten daher verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass der Gesetzgeber bei verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden, die den Nachweis der dauerhaften Leistungsfähigkeit erbringen könnten und für die auch das Vorliegen besonderer Gründe festgestellt werden könne, von Neugliederungsmaßnahmen Abstand nehmen müsse.

47

Das Eingliederungsgesetz sei zudem verfassungswidrig, weil es nicht durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sei. Der Gesetzgeber habe den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht umfassend ermittelt. Bei seiner Entscheidung, sie, die Antragstellerin, in die Verbandsgemeinde Edenkoben einzugliedern, habe er sich im Ergebnis auf einzelne ausgewählte statistische Daten eines einzelnen Haushaltsjahres gestützt, die jedoch nicht geeignet seien, verlässliche Bewertungen für die Wirtschafts-, Finanz- und Leistungskraft abzuleiten. Er habe außerdem nicht, wie geschehen, auf die Bruttoausgaben/Sachkosten der Verbandsgemeinde einschließlich der ihr angehörenden Ortsgemeinden abstellen dürfen. Auch sei die Höhe der Ausgaben nicht aussagekräftig, weil der Gesetzgeber grundsätzlich die Wirtschafts- und Finanzkraft einer Verbandsgemeinde sowie deren Leistungsfähigkeit an die Einnahmenseite knüpfe. Den Gutachten, auf denen das Eingliederungsgesetz beruhe, lägen außerdem bloße Planzahlen bzw. fehlerhafte Daten zugrunde. Nach ihren eigenen Berechnungen auf der Grundlage der jeweiligen Haushaltsergebnisse der Jahre 2001 bis 2009 sei der Finanzierungssaldo für diesen Zeitraum im Durchschnitt positiv. Der vom Statistischen Landesamt ermittelte negative Haushaltssaldo für das Jahr 2009 basiere außerdem auf einem Verbuchungsfehler. Der Gesetzgeber habe ferner – abweichend von seiner Praxis – das Einsparpotenzial bezogen auf die Eingliederung der Antragstellerin nicht überschlägig ermittelt. Hier sei jedenfalls eine Plausibilitätsprüfung erforderlich gewesen, zumal nach dem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten von Dr. Röske (im Folgenden: Gutachten Röske) von einem negativen Fusionseffekt von mindestens 60.000,00 € jährlich auszugehen sei und auch vergangene Gebietsreformen gezeigt hätten, dass sich das erwartete Einsparpotenzial nicht regelmäßig realisieren lasse.

48

Die Leitbilder des Grundsätzegesetzes seien zudem nicht systemgerecht umgesetzt worden. Die willkürliche Stückelung von Eingliederungsmaßnahmen, die lediglich zehn Gebietskörperschaften zum 1. Juli 2014 betreffe, sei mit der Ausrichtung des Grundsätzegesetzes auf eine systematisch abgestimmte, flächendeckende Reform bis zum Tag der allgemeinen Kommunalwahl im Jahre 2014 nicht in Einklang zu bringen. Für ein derartiges Vorgehen bestünden keine sachlichen Gründe. Die Begründung des Gesetzgebers, wonach die Verschonung einiger Gebietskörperschaften zum Teil darauf zurückzuführen sei, dass für die übrigen Gebietskörperschaften eine Neugliederung über Kreisgrenzen hinaus für sinnvoll erachtet werde, widerspreche § 2 Abs. 4 KomVwRGrG. Schließlich habe das Innenministerium durch sein Angebot, die Gebietsänderung erst bis zum Jahr 2019 zu vollziehen, sofern der Gebietsänderung verbindlich zugestimmt werde, die Regelungssystematik vollständig ausgehöhlt.

49

Der Gesetzgeber verstoße außerdem insofern gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit, als er die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs. 3 KomVwRGrG willkürlich anwende. So würden einerseits Ausnahmen gewährt, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen, andererseits werde dort von Ausnahmen abgesehen, wo die Voraussetzungen für eine Ausnahme erfüllt seien. Ihre Auflösung, d.h. die Auflösung der Antragstellerin, sei evident systemwidrig, da sie den Nachweis erbracht habe, dauerhaft leistungsfähig zu sein. Dies werde ihr mittlerweile auch durch den Gesetzgeber attestiert.

50

Die Abwägung der Vor- und Nachteile einer Eingliederung sei unvollständig und evident fehlerhaft. So habe der Gesetzgeber das Einsparpotenzial nicht ermittelt, sondern stattdessen das vorgelegte Gutachten Röske ausgeblendet, wonach die erwarteten Einspareffekte von 15 bis 20 % sich nicht realisieren ließen. Die erzwungene und übereilte Auflösung und Eingliederung würden, wie sich aus dem Gutachten ergebe, weder kurzfristig noch mittel- und langfristig spürbare Kosteneinsparungen zur Folge haben. Es seien vielmehr Mehrkosten durch die Vernetzung der beiden Verwaltungsstandorte zu erwarten, die auch mittel- und langfristig nicht durch die Eingliederung eingespart werden könnten. Die erheblich nachteiligen steuerlichen Auswirkungen des Übergangs der Wasserwerke und Kanalwerke Maikammer sowie der „Energieprojekte und Kalmitbad Maikammer“ AöR seien zudem nicht berücksichtigt worden.

51

Der Gesetzgeber habe zudem nicht hinreichend in Rechnung gestellt, dass die Fusion zu einer Schwächung des bürgerschaftlichen Engagements und zu einem Verlust an Teilhabemöglichkeiten führe. Er habe außerdem die Vergleichsmaßstäbe in unzulässiger Weise verengt, wenn er sie, die Antragstellerin, nur mit den durchweg leistungsstarken Verbandsgemeinden des Landkreises Südliche Weinstraße vergleiche. Der Begriff der Leistungsfähigkeit könne nicht regional unterschiedlich ausgelegt werden. Der Gesetzgeber betreibe zudem ein „Rosinenpicken“, wenn er sich gezielt auf bestimmte statistische Kennziffern beschränke und den Bewertungsmaßstab willkürlich ändere, je nachdem, welches Ergebnis für die jeweilige Argumentation benötigt werde. Einer Verbandsgemeinde, die, wie die Antragstellerin, wachse, während Land, Region und Kreis schrumpften, deren Steuerkraft dauerhaft um knapp 10 % die durchschnittliche Steuerkraft einer Verbandsgemeinde in Rheinland-Pfalz übersteige, die im Gegensatz zur Mehrheit der Verbandsgemeinden im Land nicht auf Kassenkredite zurückgreifen müsse, deren Schuldenstand um rund 50 % unterhalb der Schulden einer durchschnittlichen Verbandsgemeinde in Rheinland-Pfalz liege und auch landkreisweit durchschnittlich sei, könne nicht unterstellt werden, dass sie nicht deutlich von den durchschnittlichen rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinden abweiche. Die fusionierte Verbandsgemeinde entspreche zudem im Hinblick auf ihre Größe, Anzahl der Ortsgemeinden und Einwohnerzahl nicht dem gesetzgeberischen Leitbild.

52

Schließlich sei das Eingliederungsgesetz auch unverhältnismäßig. Ihre Auflösung und Eingliederung seien zur Erreichung der gesetzgeberischen Zwecke nicht geeignet. Sie führten weder zu einer Verbesserung der fiskalischen Situation noch der demografischen Entwicklung. Das Eingliederungsgesetz bewirke auch keinen Disparitätenausgleich. Denn es mache aus einer kleinen und einer normalgroßen Verbandsgemeinde eine deutlich zu große Verbandsgemeinde. Das angestrebte Ziel gleichförmiger territorialer Größenverhältnisse ohne Stärkung der vorhandenen Leistungsfähigkeit werde auf diese Weise zum Selbstzweck. Die Zwangsfusion sei auch nicht erforderlich, da durch eine Ausweitung der interkommunalen Kooperation mit den Nachbargemeinden das Ziel der Schaffung und Stärkung leistungsfähiger Verbandsgemeinden mindestens in gleicher Weise hätte erreicht werden können. Ferner sei ihr, der Antragstellerin, eine Auflösung und Eingliederung binnen weniger Wochen und Monate nicht zumutbar.

53

Das angefochtene Gesetz verstoße zudem gegen den Grundsatz der interkommunalen Gleichbehandlung. Sie, die Antragstellerin, werde als eine von nur wenigen Gebietskörperschaften, welche die gesetzliche Mindesteinwohnerzahl unterschritten, aufgelöst. Die Mehrzahl der Verbandsgemeinden mit weniger als 12.000 Einwohnern werde hingegen über den 1. Juli 2014 hinaus in ihrem Bestand unverändert belassen. Hierfür fehlten sachliche Gründe. Sofern der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang auf die anstehende Landkreisreform verweise, überzeuge dies nicht, da die Kommunalreform nach den Leitlinien innerhalb der bestehenden Landkreise erfolgen solle. Die Ungleichbehandlung folge ferner aus der willkürlichen Anwendung bzw. Nichtanwendung der Ausnahmegründe nach § 2 Abs. 3 KomVwRGrG sowie aus der „zeitlichen Ungleichbehandlung“, die das Grundsätzegesetz nicht vorsehe.

C.

54

Der Verfassungsgerichtshof hat dem Landtag und der Landesregierung Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

I.

55

Der Landtag hält den Antrag für unbegründet. Die Eingliederung werde den prozeduralen und materiellen Anforderungen gerecht. Dem Anhörungsgebot sei ausreichend Genüge getan worden. Es sei nicht ersichtlich, dass die regierungsseitig bemessene Frist von zwei Monaten zur Stellungnahme nicht genügt habe, zumal die Antragstellerin bereits am 17. Oktober 2012 über die beabsichtigte Eingliederung in die Verbandsgemeinde Edenkoben informiert worden sei. Es sei für die Antragstellerin auch nicht unzumutbar gewesen, innerhalb der Sommerferien eine Sitzung des Verbandsgemeinderates einzuberufen. Ungeachtet dessen sei die Antragstellerin, wie ihre Einlassung vom 23. August 2013 belege, offenbar in der Lage gewesen, ihre Bedenken gegen die Eingliederung umfassend vortragen zu können. Neben der schriftlichen Anhörung sei die Antragstellerin zudem durch den Innenausschuss des Landtages mündlich angehört worden. Der Vorwurf mangelnder Ergebnisoffenheit des Gesetzgebungsverfahrens sei haltlos. Hinsichtlich des Kreises der Anzuhörenden sei der Innenausschuss übereingekommen, zu den Gesetzesentwürfen jeweils fünf Auskunftspersonen anzuhören. Deren Benennung richte sich gemäß der Geschäftsordnung des Landtages nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen. Es liege in der Natur des parlamentarischen Beratungsprozesses begründet, dass die dort zu treffenden Entscheidungen von den Akteuren nach grundsätzlich eigenen parlamentspolitischen Maßstäben getroffen würden. Verfassungsrechtlich vorgegeben sei lediglich die Anhörung der von der Maßnahme betroffenen Körperschaften. Diese sei hier erfolgt. Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur habe auch der Antragstellerin nicht zu Unrecht die Einsichtnahme in die Verfahrensakten und den Zugang zu relevantem Datenmaterial versagt. Dieser Einwand ziele schon nicht auf das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren und hätte gegenüber der Landesregierung gerichtlich geltend gemacht werden müssen. Der Sachverhalt sei auch nicht mit Blick auf die zugrunde liegende Datenbasis unrichtig oder falsch ermittelt worden. Bei der Prüfung des Gebietsänderungsbedarfs sei das aktuellste vom Statistischen Landesamt zur Verfügung gestellte Datenmaterial verwendet worden. Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen nicht verpflichtet gewesen, auf die Steuerkraft der Antragstellerin ab dem Jahr 2010 abzustellen, zumal hierfür lediglich Planzahlen vorgelegen hätten.

56

Die Eingliederung der Antragstellerin in die Verbandsgemeinde Edenkoben sei gemeinwohlorientiert. Mit der Reform verfolge der Gesetzgeber das legitime Ziel, die Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft der kommunalen Selbstverwaltung effizient und nachhaltig zu steigern. Er habe sich vor allem aufgrund der zu erwartenden demografischen Entwicklung und der Verschuldungssituation der kommunalen Haushalte zur Veränderung kommunaler Gebietsstrukturen veranlasst sehen dürfen. Ohne Gegenmaßnahmen sei eine Beeinträchtigung der aktuellen und langfristigen Aufgabenwahrnehmung zu befürchten. Die im Grundsätzegesetz festgelegten Leitlinien seien geeignet, den Gemeinwohlbegriff in verfassungskonformer Weise zu konkretisieren. Die im Rahmen einer begleitenden Gesetzesfolgenabschätzung mittels einer Varianzanalyse festgelegte Mindestgröße von 12.000 Einwohnern pro Verbandsgemeinde sei nachvollziehbar begründet. Schon wegen der Eigenart der kommunalen Struktur in Rheinland-Pfalz seien die Richtwerte anderer Bundesländer nicht übertragbar. Die Ausnahmeregelungen schlössen eine verfassungsrechtlich problematische schematische Anwendung der Mindesteinwohnerzahlen aus.

57

Die in Umsetzung der Leitbilder und Leitlinien erfolgte Auflösung und Eingliederung der Antragstellerin sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Mit ihrer um ein Drittel unter dem Richtwert von 12.000 Einwohnern liegenden Einwohnerzahl sei eine Ausnahme für die Antragstellerin nach § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG trotz ihrer festgestellten Leistungskraft nicht zu rechtfertigen. Gebietliche Alternativen seien in hinreichender Weise abgewogen und in vertretbarer Weise abgelehnt worden. Die Eingliederungsentscheidung sei auch nicht systemwidrig. Der Gesetzgeber verstehe die Reform als einen mehrstufigen und sukzessiv zu verwirklichenden Prozess. Dies sei vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt, der sich über die zukünftigen Entscheidungen ein hinreichend sicheres Urteil bilden müsse. Allein der Hinweis der Antragstellerin auf mehrheitlich verschont gebliebene Gemeinden genüge für die substantiierte Behauptung systemwidrigen Verhaltens und eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht.

II.

58

Die Landesregierung ist ebenfalls der Ansicht, das angegriffene Gesetz sei verfassungsmäßig. Eine Anhörung der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde sei entgegen der Annahme der Antragstellerin von Verfassungs wegen nicht geboten. Ein Verstoß gegen die Anhörungspflicht sei auch nicht darin begründet, dass das Innenministerium der Antragstellerin nicht die angeforderten statistischen Daten überlassen habe. Mit der Übersendung des über 110-seitigen Gesetzesentwurfs sei sie sowohl über den Inhalt der geplanten Verwaltungsreform als auch über die hieraus zu ziehenden Folgerungen für ihre konkrete Interessenlage im Bilde gewesen. Zudem sei die Antragstellerin bereits am 17. Oktober 2012 über den beabsichtigten Zusammenschluss mit der Verbandsgemeinde Edenkoben unterrichtet worden. Ein potenzieller Gebietsänderungsbedarf durch Unterschreiten der Mindesteinwohnergrenze sei ihr außerdem bereits mit der Bekanntmachung des Grundsätzegesetzes vom 28. September 2010 bekannt gewesen. Es habe auch kein Recht auf Einsicht in die Verfahrensakten des Ministeriums bestanden. Der Antrag der Antragstellerin sei in Anbetracht der Fülle des angefallenen Materials im Übrigen viel zu unsubstantiiert gewesen, um überhaupt bearbeitet werden zu können. Eine Verlängerung der Anhörungsfrist zum Gesetzesentwurf sei verfassungsrechtlich nicht geboten gewesen. Die Behauptung der Antragstellerin, der Gesetzesentwurf sei ihr erst während der Sommerferien vom 8. Juli bis 16. August 2013 zugegangen, treffe nicht zu. Das Schreiben des Innenministeriums datiere unter dem 17. Juni 2013. Daher sei davon auszugehen, dass mittels Verkürzung der Einladungsfrist eine Erstbefassung des Verbandsgemeinderates noch vor Beginn der Sommerferien hätte erreicht werden können. Es sei ferner nicht ersichtlich, dass der Rat während der Sommerferien beschlussunfähig gewesen wäre. Das Anhörungsverfahren durch den Innenausschuss des Landtages, das nach der Anhörung durch die Landesregierung an sich nicht mehr erforderlich gewesen sei, sei ebenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Welche Personen ein parlamentarisches Gremium anhöre, sei einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof nicht zugänglich.

59

Das Leitbild und die Leitlinien des Grundsätzegesetzes seien ebenfalls verfassungsgemäß. Die Bestimmung künftiger Einwohnerzahlen kommunaler Gebietskörperschaften durch den Gesetzgeber erfolge in einer Abwägung, deren Ergebnis der Gesetzgeber in für das ganze Land geltenden Regelungen typisieren dürfe. Es entspreche den Anforderungen an ein informationsbasiertes rationales Gesetzgebungsverfahren, dass sich der Gesetzgeber bei der Festlegung der Mindesteinwohnerzahlen auch auf ein als begleitende Gesetzesfolgenabschätzung konzipiertes Expertengutachten gestützt habe. Die Festlegung der Mindesteinwohnerzahl für verbandsfreie Gemeinden sei nicht systemwidrig, zumal der Gesetzgeber nicht davon ausgegangen sei, dass die Leistungsfähigkeit linear zur Einwohnerzahl steige. Sofern die Antragstellerin beanstande, dass die Neugliederungsmaßnahmen der ersten Stufe grundsätzlich nur innerhalb der Kreisgrenzen erfolgen dürften, sei nicht ersichtlich, inwieweit sie hierdurch in ihrer Selbstverwaltungsgarantie betroffen sein könne. Denn ihre Eingliederung erfolge gerade innerhalb des Landkreises. Im Übrigen enge die zeitliche Trennung zwischen der Neugliederung auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden und der Neugliederung auf Kreisebene allenfalls Spielräume für die zweite Stufe ein. Die Geeignetheit der ersten Stufe werde hierdurch nicht relativiert.

60

Die Auflösung der Antragstellerin und ihre Eingliederung in die Verbandsgemeinde Edenkoben entsprächen dem Gemeinwohl. Der Gesetzgeber habe den maßgeblichen Sachverhalt auch ausreichend aufgeklärt. Es sei dessen Sache, die zur systemgerechten Verwirklichung des von ihm formulierten Leitbildes relevanten Sachverhaltselemente auszuwählen und zu ermitteln. Im Übrigen seien die von einer kommunalen Neugliederung berührten Selbstverwaltungselemente nahezu „ad infinitum“ vermehrbar, so dass eine in jeder Hinsicht vollständige Ermittlung aller tatsächlichen Umstände von vornherein nicht erwartet werden könne. Eine Systemwidrigkeit ergebe sich entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht daraus, dass Neugliederungen der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden über die Kommunalwahl im Jahr 2014 hinaus erfolgen sollten. § 2 Abs. 1 KomVwRGrG sei keine Ausschlussfrist, sondern regele lediglich die (sachliche) Reichweite der ersten Stufe der Kommunalreform. Im Übrigen lägen sachliche Gründe für die Neugliederungsmaßnahmen über das Jahr 2014 hinaus vor. Aus einer vermeintlich systemwidrigen Anwendung von Ausnahmegründen könne die Antragstellerin keine Gleichheit im Unrecht beanspruchen.

61

Die hier vorgenommene Abwägung sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zu einer detaillierten Auseinandersetzung mit den bei jeder einzelnen Fusion erzielbaren Einsparungen sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet. Es liege vielmehr innerhalb seiner Typisierungsbefugnis, von einer langfristigen Fusionsrendite durch Schaffung von auf größeren Einheiten basierenden kommunalen Strukturen auszugehen. Dass für die Antragstellerin das Vorliegen einer Ausnahme gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG nicht bejaht worden sei, stelle sich nicht als abwägungsfehlerhaft dar. Selbst wenn die Voraussetzungen auf Tatbestandsseite vorlägen, bestehe kein Recht der betroffenen Gemeinde, von einer Maßnahme der kommunalen Neugliederung verschont zu bleiben.

62

Die Eingliederung der Antragstellerin in die Verbandsgemeinde Edenkoben sei schließlich auch verhältnismäßig. Sie sei zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels geeignet. Der Gesetzgeber sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Leistungsfähigkeit der Antragstellerin zumindest auf lange Sicht durch die Fusion verbessert werden könne. Eine interkommunale Zusammenarbeit sei nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung kein milderes Mittel. Die Eingliederung könne der Antragstellerin ferner in zeitlicher Hinsicht zugemutet werden. Diese könne sich insbesondere nicht darauf berufen, es habe für sie vor Erlass des Eingliederungsgesetzes kein Anlass bestanden, sich mit den für den Fall der Herbeiführung der Gebietsänderung zu treffenden Maßnahmen auseinanderzusetzen. Eine Unzumutbarkeit der Umsetzung der Gebietsänderungsmaßnahme lasse sich auch nicht daraus ableiten, dass eine Verschiebung der Gebietsänderung bis zum Jahr 2019 im Falle eines Rechtsbehelfsverzichts möglich gewesen wäre. Die Initiative, Gebietsänderungen zu akzeptieren, wenn deren Wirksamwerden erst 2019 erfolge, sei nicht vom Innenminister, sondern von den Kommunen ausgegangen. Ein Verstoß gegen das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung sei ebenfalls nicht festzustellen. Für die zeitliche Zurückstellung der weiteren Gebietsänderungen bestünden sachliche Gründe. Soweit die Antragstellerin geltend mache, sie sei durch eine willkürliche Anwendung der Ausnahmegründe des § 2 Abs. 3 KomVwRGrG ungleich behandelt worden, seien die von ihr herangezogenen Fälle Einzelfallentscheidungen, die einen Vergleich mit der Antragstellerin kaum zuließen.

D.

63

Der Antrag ist zulässig (I.) und begründet (II.).

I.

64

1. Der Antrag ist gemäß Art. 130 Abs. 1 Satz 2 Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – als Normenkontrolle auf kommunalen Antrag statthaft. Nach Art. 130 Abs. 1 Satz 1 LV kann die Landesregierung, der Landtag und jede Landtagsfraktion eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs darüber beantragen, ob ein Gesetz oder die sonstige Handlung eines Verfassungsorgans, soweit es sich nicht um eine Gesetzesvorlage handelt, verfassungswidrig ist. Den Antrag können nach Satz 2 auch Körperschaften des öffentlichen Rechts stellen – und damit auch die Antragstellerin als kommunale Gebietskörperschaft (vgl. § 64 Abs. 1 Satz 1 Gemeindeordnung – GemO –) –, soweit sie geltend machen, durch das Gesetz oder die sonstige Handlung eines Verfassungsorgans in eigenen Rechten verletzt zu sein.

65

Unter Rechten in diesem Sinne sind nur solche zu verstehen, die sich aus dem Wesen und der Aufgabe der Körperschaft ergeben, die also zu ihrem spezifisch hoheitlichen Aufgabenbereich gehören (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 14. November 1966 – VGH 5/66 –, AS 3, 19 [20]; Urteil vom 8. Februar 1971 – VGH 10/70 –, AS 12, 256 [257]; Urteil vom 18. April 1994 – VGH N 1/93 u.a. –, AS 24, 321 [332 f.]). Kommunale Gebietskörperschaften können sich daher im Wesentlichen auf die in Art. 49 Abs. 1 bis Abs. 3 LV verankerte Selbstverwaltungsgarantie und das zum Rechtsstaatsprinzip zählende Willkürverbot (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 8. Mai 1985 – VGH 2/84 –, AS 19, 339 [340]) berufen, sowie auf solche Vorschriften, die ihrem Inhalt nach geeignet sind, das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen (VerfGH RP, Urteil vom 18. April 1994 – VGH N 1/93 u.a. –, AS 24, 321 [333]; vgl. ferner BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1980 – 2 BvR 584/76 u.a. –, BVerfGE 56, 298 [310]; VerfGH NRW, Urteil vom 15. September 1986 – 17/85 –, OVGE 39, 292 [293]). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Antragstellerin macht geltend, durch ihre in § 1 MaikammerEinglG geregelte Eingliederung in die Verbandsgemeinde Edenkoben in ihrer durch Art. 49 Abs. 1 bis 3 LV geschützten Selbstverwaltungsgarantie verletzt zu sein.

66

Eine Verfassungsbeschwerde nach Art. 130a LV, § 44 Landesgesetz über den Verfassungsgerichtshof – VerfGHG – scheidet hier demgegenüber als zulässige Verfahrensart aus. Zwar können Gemeinden bzw. Gemeindeverbände unter Berufung auf Art. 49 LV prinzipiell Verfassungsbeschwerde erheben (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 31. Mai 1995 – VGH B 3/95 –, AS 25, 146 [146 f.]; ferner Jutzi, in: Brocker/Droege/Jutzi [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 130a Rn. 18). § 44 Abs. 4 VerfGHG enthält allerdings einen Vorrang des Antrags nach Art. 130 LV gegenüber der Verfassungsbeschwerde. Nach dieser Vorschrift ist nämlich die Verfassungsbeschwerde unzulässig, wenn – wie hier – eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs nach Art. 130 Abs. 1 oder Abs. 2 LV beantragt werden kann oder hätte beantragen werden können (vgl. hierzu auch Jutzi, in: Brocker/Droege/Jutzi [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 130a Rn. 18; ferner LT-Drucks. 12/1643, S. 12).

67

2. Der Zulässigkeit des Antrags steht auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin gemäß § 1 MaikammerEinglG seit dem 1. Juli 2014 aufgelöst und somit rechtlich nicht mehr existent ist. Denn für die Dauer des Verfahrens gegen den ihre Auflösung bewirkenden Rechtsakt gelten Gemeinden und Gemeindeverbände als fortbestehend. Dies resultiert aus dem Gebot der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes, da anderenfalls der Existenzverlust der Gebietskörperschaft nicht rügefähig bliebe (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. Dezember 2011 – 2 BvR 1470/11 –, juris, Rn. 7; VerfGH NRW, Beschluss vom 9. April 1976 – 58/75 –, OVGE 31, 309 [310]; VerfGH Saarland, Urteil vom 22. März 1993 – Lv 3/91 –, NVwZ 1994, 481; VerfG Brandenburg, Urteil vom 15. September 1994 – VfgBbg 3/93 –, juris, Rn. 37).

68

3. Die Antragstellerin wird im Verfahren zulässigerweise durch ihren zuletzt amtierenden Bürgermeister vertreten (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 14. Juni 1971 – VGH 7/70 –, AS 12, 153 [159 ff.]; ferner Th. Schmidt, JA 2008, 763 [765]). Da der Bürgermeister der Antragstellerin nicht von dem Anspruch auf Verwendung als hauptamtlicher Beigeordneter der umgebildeten Verbandsgemeinde Edenkoben für den Rest der Amtszeit, für die er ernannt worden ist (vgl. § 3 Abs. 2 MaikammerEinglG), Gebrauch gemacht hat und damit nicht im Dienst der Verbandsgemeinde Edenkoben steht, ist es mangels der Gefahr eines Interessenwiderstreits nicht veranlasst, die Prozessfähigkeit der Antragstellerin über ihren Rat herzustellen (so aber VerfGH NRW, Urteil vom 18. Dezember 1970 – 11/70 –, OVGE 26, 306 [310 f.]; Urteil vom 18. Dezember 1970 – 13/70 –, OVGE 26, 316 [318] unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung; wie hier VerfG Brandenburg, Urteil vom 14. Juli 1994 – VfgBbg 4/93 –, LKV 1995, 118). Es erscheint darüber hinausgehend auch sachgerechter, die Fiktion des Fortbestehens von Organen zum Zwecke der Prozessführung auf den Bürgermeister der aufgelösten kommunalen Gebietskörperschaft zu beschränken (ebenso Bosse, DÖV 1976, 34 [35]), zumal nach § 64 Abs. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 GemO grundsätzlich dem Bürgermeister die Vertretung der Gemeinde obliegt.

II.

69

Der Antrag ist auch begründet. § 1 MaikammerEinglG verletzt die Antragstellerin in ihrer in Art. 49 Abs. 1 bis Abs. 3 LV verankerten kommunalen Selbstverwaltungsgarantie. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie verlangt bei der Auflösung und Eingliederung von Verbandsgemeinden – ebenso wie im Falle der Auflösung und Eingliederung von Gemeinden –, dass die betroffenen Gebietskörperschaften angehört werden und der Eingriff in den individuellen Bestand dem Gemeinwohl dient (1.). Zwar ist die Antragstellerin in verfassungsrechtlicher Hinsicht ausreichend angehört worden (2.). Es kann allerdings nicht festgestellt werden, dass ihre Auflösung dem Gemeinwohl entspricht (3.).

70

1. Art. 49 Abs. 1 bis 3 LV garantiert den Gemeinden und Gemeindeverbänden das Recht der Selbstverwaltung (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 14. Februar 2012 – VGH N 3/11 –, AS 41, 29 [37]). Hierzu zählt – ebenso wie zu der durch Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz – GG – geschützten Selbstverwaltungsgarantie – auch die Gewährleistung der Gemeinde als Institution, d.h. die Existenz von Gemeinden als solchen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [77 f.]; Urteil vom 17. Dezember 1969 – VGH 10/69 –, AS 11, 271 [273]; zu Art. 28 Abs. 2 GG vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50; Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [107]; ferner Mehde, in: Maunz/Dürig [Hrsg.], GG [Stand: Dezember 2014], Art. 28 Abs. 2 Rn. 40 ff.). Damit schützt die Verfassung die einzelne Gemeinde zwar nicht individuell in ihrem Bestand. Sie verlangt allerdings, dass im gesamten Landesgebiet Gemeinden als Verwaltungsträger mit örtlichem Wirkungskreis bestehen (vgl. hierzu auch Stamm, in: Brocker/Droege/Jutzi [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 49 Rn. 5).

71

Für die Gemeindeverbände in Form der Verbandsgemeinden besteht eine derartige institutionelle verfassungsrechtliche Garantie zwar nicht. Die Verfassung garantiert vielmehr nur den Mindestinhalt ihrer Selbstverwaltungsrechte, sobald die Verbandsgemeinden – „wenn auch von der Verfassung ungerufen – ins Leben getreten sind“ (VerfGH RP, Urteil vom 17. Dezember 1969 – VGH 10/69 –, AS 11, 271 [273]). Allerdings steht auch die Auflösung von Verbandsgemeinden ebenso wenig im Belieben des Gesetzgebers wie die Auflösung von Gemeinden. Vielmehr sind hierbei formelle und materielle Mindestanforderungen zu beachten. Zum Inhalt der Selbstverwaltungsgarantie, so wie sie geschichtlich gewachsen ist, gehört zum einen, dass bei Eingriffen in die kommunale Gebietsstruktur die betroffenen Gebietskörperschaften angehört werden (VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [101 f.]; Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [133 f.]; Urteil vom 22. Dezember 1969 – VGH 43/69 –, AS 11, 280 [281]; zur entsprechenden Judikatur des Bundesverfassungsgerichts bzw. der Verfassungsgerichte der Länder: BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50; Beschluss vom 17. Januar 1979 – 2 BvL 6/76 –, BVerfGE 50, 195 [202]; Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [107]; ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [640]; VerfGH Sachsen, Urteil vom 29. Mai 2009 – Vf. 79-II-08 –, juris, Rn. 321). Dies dient der prozeduralen Absicherung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (BVerfG, Beschluss vom 19. November 2002 – 2 BvR 329/97 –, BVerfGE 107, 1 [24]; zum Rechtsgüterschutz durch Verfahren im Rahmen von Art. 28 Abs. 2 GG vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 19. November 2014 – 2 BvL 2/13 –, DÖV 2015, 335 [336] m.w.N.). Das Erfordernis der Anhörung ist zudem Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [134]; BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50 [51]). In materieller Hinsicht darf eine Gemeinde in ihrem individuellen Bestand zum anderen nur geändert oder aufgelöst werden, wenn dieser Eingriff dem Gemeinwohl dient (VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [78 ff.]; Urteil vom 17. Dezember 1969 – VGH 10/69 –, AS 11, 271 [273 ff.]; BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50; Beschluss vom 17. Januar 1979 – 2 BvL 6/76 –, BVerfGE 50, 195 [203 f.]; Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [107]).

72

Diese Voraussetzungen gelten ebenso für die Gebietsänderungen von Verbandsgemeinden (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 17. Dezember 1969 – VGH 10/69 –, AS 11, 271 [273 f.]; Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [121 f.]: Landkreise).

73

2. Die hier vorgenommene Anhörung der Antragstellerin ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

74

a) Die inhaltlichen Anforderungen an das verfassungsrechtlich gebotene Anhörungsverfahren sind in der Verfassung nicht festgelegt. Sie ergeben sich allerdings aus dem Sinn dieses Rechtsinstituts (VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [104 f.]): Die Entscheidung des Gesetzgebers bezüglich einer Neugliederungsmaßnahme erfordert eine Abwägung der verschiedenen, häufig gegenläufigen Interessen (siehe hierzu näher unten D.II.3.b)cc)(1)). Diese Abwägung kann sachgerecht nicht ohne eine Anhörung der betroffenen Gebietskörperschaften erfolgen. Sie stellt sogar eine wichtige Weichenstellung für eine fehlerfreie Abwägung dar (Perne, LKRZ 2014, 276 [280]). Denn durch sie soll dem Gesetzgeber eine möglichst umfassende Ermittlung des Sachverhalts und der Interessen der betroffenen Körperschaft ermöglicht werden, so dass er alle Argumente sorgfältig abwägen kann, die für und gegen die Maßnahme sprechen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [134]; BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 – 2 BvL 6/76 –, BVerfGE 50, 195 [202]). Das Anhörungsrecht der kommunalen Gebietskörperschaften dient daher vornehmlich der Unterrichtung des Gesetzgebers und als dessen Entscheidungsgrundlage (Kneymeyer, in: Starck/Stern [Hrsg.], Landesverfassungsgerichtsbarkeit, Teilband III, 1983, S. 143 [158]). Die Anhörung ist daneben auch deshalb geboten, um die Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden nicht zum bloßen Objekt staatlichen Handelns werden zu lassen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [134]; BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 – 2 BvL 6/76 –, BVerfGE 50, 195 [202]; LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 4. September 2012 – LVG 3/11 –). Die Anhörung ermöglicht es ihnen, vor einer Entscheidung, die ihre Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und dessen Ergebnis nehmen zu können (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [104 f.]; BVerfG, Beschluss vom 19. November 2002 – 2 BvR 329/97 –, BVerfGE 107, 1 [24]).

75

Hierzu ist es allerdings notwendig, dass die betroffene Gebietskörperschaft von Art und Umfang sowie den wesentlichen Grundlagen des Gesetzesvorhabens so rechtzeitig Kenntnis erhält, dass sie ihre Einwendungen als amtliche Stellungnahme vortragen kann (BVerfG, Beschluss vom 19. November 2002 – 2 BvR 329/97 –, BVerfGE 107, 1 [25]). Es ist daher erforderlich, dass ihr in einem geordneten Verfahren innerhalb angemessener Frist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird (VerfGH RP, Urteil vom 5. Juli 1971 – VGH 21/70 –, AS 12, 320 [323]). Eine verfassungsrechtlich ordnungsgemäße Anhörung verlangt schließlich, dass die Anhörung ergebnisoffen durchgeführt wird. Stellungnahmen der betroffenen Gebietskörperschaft müssen daher vor einer abschließenden Entscheidung zur Kenntnis genommen werden und sind bei der Abwägung der für und gegen die Neugliederungsmaßnahme sprechenden Gründe zu berücksichtigen (VerfGH Sachsen, Urteil vom 25. November 2005 – Vf. 119-VIII-04 –, juris, Rn. 230 f.).

76

Nicht erforderlich ist es hingegen, den betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften bei der Ausgestaltung der Anhörung die gleichen Rechte einzuräumen, wie sie den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens aufgrund der Gewährleistung in Art. 6 Abs. 2 LV zustehen (vgl. hierzu auch VerfGH RP, Beschluss vom 8. Juli 1970 – VGH 2/70 –, AS 11, 402 [403]). Denn der aus der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie bzw. dem Rechtsstaatsprinzip erwachsende Anspruch auf Anhörung ist inhaltlich nicht identisch mit dem in Art. 6 Abs. 2 LV verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör, der neben dem Rechtsstaatsprinzip auch Ausfluss des Menschenwürdeschutzes ist, insoweit auch als „prozessuales Urrecht des Menschen“ bezeichnet wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 1980 – 2 BvR 701/80 –, BVerfGE 55, 1 [6]; BVerfG, Beschluss vom 9. März 1983 – 2 BvR 315/83 –, BVerfGE 63, 332 [337]) und der im funktionalen Zusammenhang mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 124 LV steht (vgl. Stahnecker, in Brocker/Droege/Jutzi [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 6 Rn. 30; zu Art. 103 Abs. 1 GG vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. November 1989 – 1 BvR 1011/88 –, BVerfGE 81, 123 [129]) .

77

Der Gesetzgeber ist deshalb befugt, die Möglichkeiten der Anhörung im Einzelfall nach seinem „freien Ermessen“ zu gestalten, solange nur das Anhörungsverfahren selbst effektiv bleibt. Die Anhörung ist kein streng formalisiertes Verfahren (BVerfG, Beschluss vom 19. November 2002 – 2 BvR 329/97 –, BVerfGE 107, 1 [25]; Perne, LKRZ 2014, 276 [278]). Hieraus folgt auch, dass der Gesetzgeber und damit der Landtag als Verpflichteter des Anhörungsrechts (LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31. Mai 1994 – LVG 1/94 –, LKV 1995, 75 [78]; Hoppe/Rengeling, Rechtsschutz bei der kommunalen Gebietsreform, 1973, S. 155) die Anhörung weder selbst noch durch seinen Fachausschuss durchführen muss. Es gibt schon im Hinblick auf die verfassungsrechtlich garantierte Parlamentsautonomie (Art. 85 LV) kein Recht der Gemeindevertreter auf eine unmittelbare – mündliche oder schriftliche – persönliche Aussprache mit den Abgeordneten. Der Gesetzgeber kann daher grundsätzlich auch auf die Ergebnisse einer von der Regierung durchgeführten Anhörung zurückgreifen (VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [103 f.]).

78

b) Hieran gemessen ist die erforderliche Anhörung der Antragstellerin ordnungsgemäß durchgeführt worden.

79

Die ihr eingeräumte Frist zur schriftlichen Stellungnahme war insbesondere unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände des Einzelfalls im Ergebnis ausreichend (aa). Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Landtag zur Vorbereitung seiner Entscheidung zum Teil auf eine schriftliche Anhörung seitens des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur zurückgegriffen hat (bb). Die Gewährung einer Einsichtnahme in die Akten des Ministeriums war aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten (cc). Auch steht es der Annahme einer zureichenden Anhörung nicht entgegen, dass der Antragstellerin die von ihr angeforderten statistischen Daten zu sämtlichen im Gutachten Junkernheinrich untersuchten Verbandsgemeinden nicht seitens des Ministeriums übermittelt wurden (dd). Im Rahmen der Anhörung bedurfte es keiner Einholung eines authentischen Meinungsbildes in der Bevölkerung (ee). Schließlich war die Anhörung auch hinreichend ergebnisoffen (ff).

80

aa) Der Antragstellerin ist vorliegend eine ausreichende Frist zur Stellungnahme gewährt worden.

81

(1) Was unter einer angemessenen Frist zu verstehen ist, lässt sich nach der Rechtsprechung nicht nach abstrakten Merkmalen festlegen. Da die Anhörung kein streng formalisiertes Verfahren ist, richtet sich die Dauer der Äußerungsfrist vielmehr nach den Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles (VerfGH RP, Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [135]; ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [640]). Eine ordnungsgemäße Anhörung setzt allerdings voraus, dass die betroffene Körperschaft von Art und Umfang sowie den wesentlichen Grundlagen des Gesetzesvorhabens so rechtzeitig Kenntnis erhält, dass es ihr unter Mitwirkung der gewählten Bürgervertretung ermöglicht wird, sich im Rahmen einer amtlichen Stellungnahme fundiert und sachgerecht zu äußern (BVerfG, Beschluss vom 19. November 2002 – 2 BvR 329/97 –, BVerfGE 107, 1 [25]; VerfGH Sachsen, Urteil vom 23. Juni 1994 – Vf.4-VIII-94 –, LKV 1995, 115 [116]). In jedem Fall muss die Anhörung aber vor der abschließenden Lesung des betreffenden Gesetzes durchgeführt worden sein (VerfGH RP, Urteil vom 5. Juli 1971 – VGH 21/70 –, AS 12, 320 [323]). Im Zweifel ist die Anhörungsfrist eher großzügig zu bemessen (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [108]). Bei der Bemessung der Frist spielen zudem der Umfang der Neugliederung und die Schwierigkeit der auftretenden Sachfragen eine Rolle (vgl. ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [641]; ferner BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [108]).

82

Von besonderer Bedeutung bei der Bestimmung der Anhörungsfrist ist zudem, ob der betroffenen Körperschaft das Neugliederungsvorhaben bereits seit längerem bekannt war und ihre Organe sich infolgedessen schon im Vorfeld des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens damit auseinandersetzen und dazu eine Meinung bilden konnten. Wie bereits dargelegt, hat die Anhörung der betroffenen kommunalen Gebietskörperschaft nämlich dienende Funktion. Durch sie soll vor allem der Gesetzgeber in die Lage versetzt werden, den für seine spätere Abwägung erforderlichen Sachverhalt und damit im Zusammenhang stehend die Interessen der Gemeinde bzw. des Gemeindeverbandes zu ermitteln (siehe hierzu oben D.II.2.a); vgl. hierzu auch K.-F. Meyer, in: Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz [Hrsg.], Festschrift für Steenbock, 2008, S. 1 [14]). Eine „Vorbefassung“ der Gebietskörperschaft versetzt diese aber zumindest in die Lage, in dem sich anschließenden Gesetzgebungsverfahren rascher Stellung beziehen zu können, als wenn sie dort erstmalig mit einem Neugliederungsvorhaben konfrontiert wird. In diesen Fällen kann die Äußerungsfrist nach gefestigter Rechtsprechung entsprechend kürzer ausfallen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [106 f.]; Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [135 f.]; ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [640]; VerfG Brandenburg, Urteil vom 18. Dezember 2003 – VfGBbg 97/03 –, LKV 2004, 313 [315]; BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [112 f.]). So werden bei einem derartigen Vorlauf in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung Fristen zwischen drei Wochen (so VerfG Brandenburg, Urteil vom 18. Dezember 2003 – VfGBbg 97/03 –, LKV 2004, 313 [315]; ferner BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [112]: ein Monat [unter Hinweis auf die weitere Möglichkeit der mündlichen Stellungnahme in einer Sitzung des entsprechenden Landtagsausschusses]; ähnlich VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [106 f.]) und zwei Monaten (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [135 f.]) im Ergebnis noch als genügend erachtet.

83

(2) Hiervon ausgehend war die Frist zur Stellungnahme ausreichend bemessen. Der Antragstellerin wurde mit Schreiben des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur vom 17. Juni 2013 der Gesetzesentwurf betreffend ihre Auflösung und Eingliederung in die Verbandsgemeinde Edenkoben übersandt. Hierzu hatte sie letztlich bis zum 23. August 2013 Gelegenheit zur Stellungnahme. Ihr standen mithin etwa zwei Monate zur Verfügung, um ihren Standpunkt zu dem Vorhaben darzulegen. Diese Frist war unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Anhörung sowie der Besonderheiten des Einzelfalls im Ergebnis ausreichend.

84

Diesem Ergebnis steht insbesondere nicht entgegen, dass der überwiegende Teil des Fristenlaufs, nämlich die Zeit vom 8. Juli bis 16. August 2013, in die rheinland-pfälzischen Sommerferien fiel. Zwar war in jener Zeit verstärkt mit urlaubsbedingter Abwesenheit der Ratsmitglieder zu rechnen. Dass ihr Rat während der Sommerferien beschlussunfähig im Sinne des § 39 Abs. 1 GemO gewesen sei, behauptet die Antragstellerin allerdings nicht. Hierauf kommt es jedoch im Ergebnis ebenso wenig an wie auf die von der Landesregierung aufgeworfene Frage, ob gegebenenfalls unter Verkürzung der Ladungsfrist eine Erstbefassung des Verbandsgemeinderats in dem etwa zweiwöchigen Zeitraum nach Zugang des Gesetzesentwurfs am 20. Juni 2013 und dem Beginn der Sommerferien am 8. Juli 2013 zu erreichen gewesen wäre.

85

Für eine ausreichende Frist zur Stellungnahme trotz der Ferienzeit spricht vor allem, dass die Antragstellerin mit dem Gesetzesvorhaben keinesfalls überrascht worden ist, sondern ihr die Absicht der Landesregierung zur Eingliederung ihres Gemeindegebiets in eine andere Verbandsgemeinde bereits seit mehreren Jahren bekannt war.

86

So ist sie zum einen schon mit Schreiben des Ministeriums des Innern und für Sport vom 26. Februar 2009 darüber informiert worden, dass die Landesregierung einen vordringlichen Gebietsänderungsbedarf für sie sehe, da sie nach den Eckpunkten zur Kommunal- und Verwaltungsreform die Kriterien erfülle, nach denen ein Handlungsbedarf für eine Optimierung der Gebietsstrukturen bestehe. Bereits diese Eckpunkte sahen vor, dass Verbandsgemeinden grundsätzlich mindestens 12.000 Einwohner haben müssten, weitere Gesichtspunkte wie die Wirtschafts- und Finanzkraft einer Kommune aber von Bedeutung sein könnten. Die Antragstellerin hat sich denn auch schon zu einem recht frühen Zeitpunkt dazu entschieden, die Erstellung eines privaten Gutachtens zu ihrer „fachlich und wirtschaftlich optimalen Aufgabenwahrnehmung“ in Auftrag zu geben und eine Bürgerbefragung durchzuführen. Sowohl im Gutachten Röske vom 20. Oktober 2011 als auch im Rahmen der Bürgerbefragung im Mai 2012 wurde sogar bereits eine Fusion der Antragstellerin mit der Verbandsgemeinde Edenkoben untersucht bzw. thematisiert.

87

Zum anderen informierte das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur schon mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 die Bürgermeister der Antragstellerin und der Verbandsgemeinde Edenkoben ausdrücklich darüber, dass ein Zusammenschluss zwischen der Antragstellerin und der Verbandsgemeinde Edenkoben für Mitte 2014 geplant sei, und gewährte der Antragstellerin letztlich bis zum 15. Januar 2013 Gelegenheit zur Stellungnahme. Zu diesem Zeitpunkt war zum einen bereits das Landesgesetz über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform verabschiedet. Zum anderen lag das im Auftrag des Ministeriums von Prof. Dr. Junkernheinrich erstellte Gutachten vor, dessen Teil A vom 1. August 2012 die Prüfung der Ausnahmegründe von der Fusionspflicht zum Gegenstand hatte und dessen Teil B vom September 2012 eine Gebietsoptimierungsrechnung und Entwicklung von Neugliederungsoptionen enthielt. Auf diese beiden Gutachten ist das hier angegriffene Eingliederungsgesetz – wie auch die Antragstellerin feststellt – maßgeblich gestützt. Aus dem Schreiben der Antragstellerin an das Ministerium vom 29. November 2012 ergibt sich zudem, dass die Antragstellerin schon zu diesem Zeitpunkt mit der Prüfung der Gutachten beschäftigt war. Mit Schreiben vom 10. Januar 2013 an das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Antragstellerin unter anderem dargelegt, dass sie unter Zugrundelegung des Ansatzes im Gutachten Junkernheinrich Teil A leistungsfähig sei.

88

Mit Schreiben vom 3. Mai 2013 wurde die Antragstellerin darüber hinaus seitens des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur darüber informiert, dass nunmehr ein Gesetzesentwurf für ihre Zusammenlegung mit der Verbandsgemeinde Edenkoben erarbeitet werde.

89

Der Rat der Antragstellerin hat schließlich am 22. August 2013 zum geplanten Eingliederungsgesetz getagt und insoweit auch an der Stellungnahme der Antragstellerin mitgewirkt. In ihrer am 23. August 2013 beim Ministerium eingegangenen und als fristgemäß erachteten Stellungnahme hat die Antragstellerin denn auch auf 39 Seiten zahlreiche Einwände gegen eine Eingliederung in die Verbandsgemeinde Edenkoben erhoben. So hat sie im Einzelnen etwa ausgeführt, weshalb die im Gesetzesentwurf genannten Ziele der Kommunal- und Verwaltungsreform nicht erreicht werden könnten. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb Gebietsänderungen ausschließlich auf der Ebene der Verbandsgemeinden vorgenommen würden. Die Umsetzung der Reform in mehreren Stufen sei systemwidrig. Die erzwungene Eingliederung lasse sich nicht auf Gründe des Gemeinwohls stützen, da sie, die Antragstellerin, den Nachweis der dauerhaften Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit erbracht habe. Sie schneide in sämtlichen Kategorien besser ab als die Mehrheit der Verbandsgemeinden im Land, deren Existenz nicht bedroht sei. Die Landesregierung betreibe ein „Rosinenpicken“, indem sie je nach Argumentation zwischen einem Landesvergleich, Regionalvergleich oder Kreisvergleich wechsele. Der Gesetzesentwurf sei widersprüchlich, wenn er einerseits das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 KomVwRGrG anerkenne, andererseits aber angenommen werde, dass sie, die Antragstellerin, zu klein sei, um eigenständig zu bleiben. Die Eingliederung führe, wie sich aus dem Gutachten Röske ergebe, nicht zu dauerhaften finanziellen Vorteilen für die beiden Verbandsgemeinden, hierfür liefere der Gesetzesentwurf keine belastbaren Nachweise. Zu erwarten sei vielmehr eine erhebliche Kostensteigerung sowie eine Schwächung bürgerschaftlichen Engagements und ein Aufbrechen gewachsener regionaler Strukturen. Durch einen Ausbau der interkommunalen Zusammenarbeit ließen sich deutliche Einsparpotenziale ausschöpfen, ohne Mehrkosten zu generieren, wie sie kurz- und mittelfristig im Falle einer Eingliederung anfielen. Die Umsetzung einer Eingliederung bis zum 1. Juli 2014 sei schlicht unmöglich. Die Wahl des Namens einer neu zu bildenden Verbandsgemeinde dürfe die Belange der Bürgerinnen und Bürger nicht unberücksichtigt lassen.

90

Aus diesen umfangreichen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass die Antragstellerin von Gegenstand, Zielsetzung und Inhalt des Gesetzesentwurfs vom 18. Juni 2013 keinesfalls überrascht worden ist und sie in der Lage war, sich innerhalb der ihr gesetzten Frist sachgerecht zu äußern.

91

Schließlich ist in Rechnung zu stellen, dass die Antragstellerin, vertreten durch ihren Bürgermeister, außerdem die Möglichkeit hatte, ihre Standpunkte zum Gesetzesentwurf noch einmal vor dem Innenausschuss des Landtages am 5. November 2013 darzulegen und auf Fragen der Abgeordneten zu antworten (zu einer vergleichbaren Konstellation vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [112 f.]). Diese Möglichkeit der Stellungnahme blieb durch die Teilnahme weiterer Personen unberührt. Da es sich zudem nur um eine ergänzende Anhörung handelte, kommt es auch nicht darauf an, ob die Ladungsfrist hierfür für sich betrachtet ausreichend bemessen war.

92

Alles in allem reichte daher die etwa achtwöchige Frist zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme sowie die ergänzende Anhörung vor dem Innenausschuss am 5. November 2013 aus, um den Zweck der Anhörung – die umfassende Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts und die Möglichkeit der Einflussnahme durch die Antragstellerin auf das Gesetzgebungsverfahren – zu erreichen.

93

bb) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur die schriftliche Anhörung der Antragstellerin vorgenommen hat. Anhörungsverpflichteter ist zwar der Gesetzgeber. Die Anhörung muss von Verfassungs wegen aber nicht durch den Landtag selbst oder einen von ihm gebildeten Ausschuss erfolgen. Vielmehr kann sie auch durch staatliche Verwaltungsbehörden durchgeführt werden (vgl. grundlegend VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [103 f.]; Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [134]; Urteil vom 5. Juli 1971 – VGH 21/70 –, AS 12, 320 [323]; ebenso VerfGH NRW, Urteil vom 24. April 1970 – 13/69 –, OVGE 26, 270 [275]; NdsStGH, Urteil vom 14. Februar 1979 – StGH 2/77 –, juris, Rn. 599; StGH BW, Urteil vom 8. September 1972 – 6/71 –, DÖV 1973, 163 [168]; VerfG Brandenburg, Urteil vom 18. Dezember 2003 – VfGBbg 97/03 –, LKV 2004, 313 [314]; LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31. Mai 1994 – LVG 1/94 –, LKV 1995, 75 [78]; vgl. ferner VerfGH Sachsen, Urteil vom 29. Mai 2009 – Vf. 79-II-08 –, juris, Rn. 322; Urteil vom 10. November 1994 – Vf. 29-VIII-94 –).

94

Sichergestellt sein muss allein, dass der Gesetzgeber dem Zweck der Anhörung genügen kann. Dieser Zweck besteht aber nicht in einer persönlichen Aussprache der Gemeindevertreter mit den Abgeordneten. Es geht, wie bereits dargelegt (siehe hierzu oben D.II.2.a)), vielmehr darum, dass durch die Anhörung der für die Gebietsänderung maßgebliche Sachverhalt und die Interessen der einzelnen der von einem Gebietsänderungsgesetz betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften ermittelt werden, so dass der Gesetzgeber alle Argumente sorgfältig abwägen kann, die für und gegen die Neugliederungsmaßnahmen sprechen. Jedes Verfahren, das eine ordnungsgemäße Durchführung der Sachverhalts- und Interessenermittlung gewährleistet, wird daher dem Sinn dieses Rechtsinstituts gerecht (VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [103 f.]; K.-F. Meyer, in: Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz [Hrsg.], Festschrift für Steenbock, 2008, S. 1 [14]).

95

Diese Voraussetzungen sind aber nicht nur dann erfüllt, wenn der Landtag oder ein von ihm eingesetzter Ausschuss die betroffenen Gebietskörperschaften anhört, sondern auch, wenn er sich der staatlichen Verwaltungsbehörden bedient und auf deren Anhörung zurückgreift. Ein solcher Verfahrensgang bietet ebenfalls die Gewähr dafür, dass das wesentliche Ergebnis der Interessenermittlung dem Landtag bekanntgegeben wird, auf diese Weise in das Parlament einfließt und zur Grundlage der Entscheidung herangezogen werden kann. Demnach steht es zur Disposition des Parlaments, ob es die Anhörung selbst vornimmt oder die staatliche Verwaltung mit ihrer Durchführung beauftragen bzw. auf eine von dieser durchgeführten Anhörung zurückgreifen will (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [103 f.]).

96

Wird zudem ein Gesetzesentwurf nicht aus der Mitte des Parlaments eingebracht, sondern geht die Initiative von der Landesregierung aus, dann liegt es nahe, schon bei der Erstellung des Entwurfs die betroffenen Gebietskörperschaften anzuhören. Dies bietet den Vorteil, dass sie bereits zu einem äußerst früheren Zeitpunkt Einfluss auf den Gesetzesentwurf nehmen können. In Fällen dieser Art wird dem Parlament regelmäßig mit dem Gesetzesentwurf das wesentliche Ergebnis der Anhörung unterbreitet. Dieses hat dann zu beurteilen, ob es die Anhörung im Rahmen der ihm obliegenden Pflicht, den Sachverhalt und die Interessen zu ermitteln, für ausreichend hält. Auch aus diesem Verfahrensablauf folgt, dass es für die von einer Gebietsänderung betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften keinen Rechtsanspruch auf Anhörung durch das Parlament selbst gibt. Dieser Grundsatz gilt nicht nur dann, wenn der Gesetzesentwurf von der Landesregierung, sondern auch, wenn er aus der Mitte des Parlaments eingebracht wird. Eine Rechtfertigung dafür, in beiden Fällen unterschiedlich zu verfahren, besteht nämlich nicht (VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [103 f.]).

97

Aus der Funktion der Anhörung als Instrument der Sachverhalts- und Interessenermittlung ergibt sich allerdings zugleich die einschränkende Voraussetzung, dass eine hinreichende Informationsübermittlung an den Gesetzgeber sichergestellt sein muss, sofern er die Anhörung nicht selbst bzw. durch einen Ausschuss durchführt (vgl. VerfGH Sachsen, Urteil vom 10. November 1994 – Vf. 29-VIII-94 –; ferner VerfGH NRW, Urteil vom 18. Dezember 1970 – 11/70 –, OVGE 26, 306 [311]). Dass dem vorliegend nicht Rechnung getragen wurde, behauptet weder die Antragstellerin, noch ist dies sonst ersichtlich. Die wesentlichen Punkte der schriftlichen Stellungnahme sind im Gegenteil im Gesetzesentwurf der Landesregierung umfassend wiedergegeben worden (vgl. LT-Drucks. 16/2794, S. 56 ff.). Zweifel an einer ordnungsgemäßen Anhörung bestehen vorliegend schließlich umso weniger, als die Antragstellerin neben ihrer schriftlichen Stellungnahme die Möglichkeit hatte, ergänzend ihre Argumente vor dem Innenausschuss des Landtags vorzutragen.

98

cc) Das Recht der Antragstellerin auf Anhörung ist auch nicht dadurch verletzt worden, dass ihrem Antrag auf Einsichtnahme in die Verfahrensakten des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur nicht entsprochen wurde. Dies ergibt sich zwar nicht, wie die Landesregierung meint, bereits daraus, dass der Antrag auf Akteneinsicht zu unsubstantiiert gewesen sei. Da der Antragstellerin der Inhalt der Akten gerade nicht bekannt war, konnte eine Präzisierung ihres Akteneinsichtsgesuchs denknotwendig nicht erfolgen.

99

Allerdings ist ein Akteneinsichtsrecht von der bei einer Gebietsreform verfassungsrechtlich gebotenen Anhörung nicht umfasst. Wie bereits dargelegt, verlangt der aus der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie bzw. dem Rechtsstaatsprinzip erwachsende Anspruch auf Anhörung nicht, dass den betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften die gleichen Rechte einzuräumen sind, wie sie den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens aufgrund der Gewährleistung in Art. 6 Abs. 2 LV zustehen (siehe hierzu oben D.II.2.a)). Der Umfang der Anhörungsrechts ergibt sich vielmehr auch hier wiederum aus dessen Sinn und Zweck: Erforderlich ist zwar, dass die betroffene Gemeinde oder Verbandsgemeinde nicht nur über die Tatsache ihrer Auflösung oder der Änderung ihres Gebietsbestandes, sondern auch über den wesentlichen Inhalt des Neugliederungsvorhabens einschließlich der in Betracht kommenden Begründung zu unterrichten ist (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 5. Juli 1971 – VGH 21/70 –, AS 12, 320 [324]; BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 – 2 BvL 6/76 –, BVerfGE 50, 195 [203]; ferner BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [107 f.]). Hierzu gehören auch die Grundzüge der beabsichtigten Regelung, die Ziele, die Maßstäbe, die erwogenen Alternativen und die Gründe für die Wahl einer bestimmten Alternative. Denn ohne diese Information ist es den Trägern der kommunalen Selbstverwaltung nicht möglich, zu den Gründen des Gemeinwohls, die das Vorhaben verfassungsrechtlich legitimieren sollen, Stellung zu nehmen und ihrerseits mögliche Alternativen und für sie sprechende Gründe dem Gesetzgeber zur Kenntnis zu geben (VerfGH Sachsen, Urteil vom 23. Juni 1994 – Vf.4-VIII-94 –, LKV 1995, 115 [116]). Der Gesetzgeber ist jedoch nicht gehalten, über jedes Detail des geplanten Vorhabens zu informieren (vgl. VerfGH Sachsen, Urteil vom 23. Juni 1994 – Vf.4-VIII-94 –, LKV 1995, 115 [116]).

100

Daraus folgt zugleich, dass die kommunale Selbstverwaltungsgarantie erst recht keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Einsichtnahme in die Verfahrensunterlagen des Gesetzgebers bzw. des federführenden Ministeriums vermittelt. Aus einem bloßen Anhörungsrecht folgt keineswegs automatisch ein verfassungsunmittelbares Akteneinsichtsrecht. Einen allgemeinen Anspruch auf Aktensicht außerhalb des Regelungsbereichs spezialgesetzlicher Normen kennt die Rechtsordnung nicht. Dies gilt erst recht gegenüber dem Parlament (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Juni 1998 – 5 B 1634/97 –, NJW 1998, 3659 [3660]). Im Übrigen kann der Anspruch auf Anhörung gegenüber der Regierung nicht weiter gehen als gegenüber dem eigentlich Verpflichteten des Anhörungsrechts, nämlich dem Parlament.

101

Es ist im Übrigen auch nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin ohne die begehrte Akteneinsicht nicht genügend Informationen zur Verfügung standen, um zu der geplanten Eingliederung substantiiert Stellung nehmen und mögliche Alternativen aufzeigen zu können. Sie wurde mit Vorlage des Gesetzesentwurfs einschließlich seiner etwa hundertseitigen Begründung umfangreich über die Hintergründe der geplanten Auflösung und Eingliederung in die Verbandsgemeinde Edenkoben informiert. So enthielt die Begründung neben allgemeinen Ausführungen, wie den Zielen und Gründen, den Grundsätzen und der Umsetzung der Gebietsreform, vor allem eine ausführliche Darlegung des Gebietsänderungsbedarfs der Antragstellerin einschließlich der Ausführungen zum Nichtvorliegen eines Ausnahmegrundes nach § 2 Abs. 3 KomVwRGrG und einer fehlenden Sonderstellung der Antragstellerin in der Region Rheinpfalz und im Landkreis Südliche Weinstraße sowie die Gründe für die Eingliederung in die Verbandsgemeinde Edenkoben und gegen einen Zusammenschluss mit der Verbandsgemeinde Lambrecht (Pfalz) und der kreisfreien Stadt Neustadt an der Weinstraße. Zu diesem Zeitpunkt war der Antragstellerin auch schon das Gutachten Junkernheinrich Teil A und B, auf die sich die Gesetzesbegründung maßgeblich stützt, hinlänglich bekannt (siehe hierzu oben D.II.2.b)aa)(2)).

102

Eine andere Beurteilung ist auch nicht deswegen geboten, weil – wie die Antragstellerin meint – die Informationsfreiheitsgesetze des Bundes und der Länder auch gesetzesvorbereitende Handlungen erfassten. Es erscheint äußerst zweifelhaft, ob für die Antragstellerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein derartiger Anspruch auf einfach-gesetzlicher Grundlage besteht. Denn das Landesinformationsfreiheitsgesetz – LIFG – vermittelt gemäß § 4 Abs. 1 nur natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts ein Informationsfreiheitsrecht. Ob diesen Personen vorliegend auf Antrag Einsicht in die Akten des Ministeriums hätte gewährt werden müssen, oder ob einem solchen Begehren etwa der Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses nach § 10 LIFG oder der verfassungsrechtliche Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung entgegengestanden hätte (zu letzterem vgl. BVerfG, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 2 BvE 5/11 –, NVwZ 2014, 1652 [1654 ff.] m.w.N.), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn der Gesetzgeber ist nicht daran gehindert, Informationsansprüche auf einfach-gesetzlicher Grundlage zu schaffen, auch wenn er hierzu – wie vorliegend – verfassungsrechtlich nicht verpflichtet ist.

103

dd) Das Anhörungsrecht der Antragstellerin wurde schließlich auch nicht dadurch verletzt, dass dieser nicht sämtliche den Gutachten Junkernheinrich zugrunde liegenden statistischen Daten aller Verbandsgemeinden zur Verfügung gestellt wurden.

104

Ob eine Weitergabe der Daten aus lizenzrechtlichen Gründen überhaupt möglich gewesen wäre, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn zum einen hatte der Lehrstuhl von Prof. Dr. Junkernheinrich der Antragstellerin bereits im Dezember 2012 angeboten, ihr die Datenbestellung, wie sie an das Statistische Landesamt gerichtet wurde, zu überlassen. Damit hatte die Antragstellerin die Möglichkeit, durch eine eigene Datenbestellung den gleichen Datensatz zu erhalten, wie er auch den Gutachten zugrunde liegt.

105

Das Argument der Antragstellerin, sie habe durch die Weigerung zur Überlassung der Daten Rechenfehler oder Unplausibilitäten im Gutachten nicht aufzeigen können, verfängt zum anderen aus weiteren Gründen nicht: Die sie selbst betreffenden Daten, etwa zu ihrer Wirtschafts- und Finanzkraft sowie die Ergebnisse der Haushaltsjahre, mussten ihr denknotwendig bekannt sein. Jedenfalls waren sie ohne Weiteres zu ermitteln. So trägt denn die Antragstellerin auch vor, schon kurz nach der Vorlage des Gutachtens Junkernheinrich Teil A auf einzelne Fehlannahmen im Gutachten hingewiesen und einen Prüfungs- und Korrekturbedarf angemahnt zu haben. Ihr wurden zudem nach eigenen Angaben bereits am 7. Juni 2013 – und damit noch vor der Vorlage des Gesetzesentwurfs und dem Beginn der Frist zur Stellungnahme am 17. Juni 2013 – die sie betreffenden Zahlen zum Finanzierungssaldo für den Zeitraum 2001 bis 2009 übermittelt.

106

Zum anderen wird bereits in der Begründung des Gesetzesentwurfs, wie er der Antragstellerin mit Schreiben vom 17. Juni 2013 zur Stellungnahme zugeleitet worden war – anders als noch im Gutachten Junkernheinrich Teil A –, davon ausgegangen, dass die Antragstellerin die Kriterien einer dauerhaften Leistungsfähigkeit (ausgeglichener Finanzierungssaldo im Durchschnitt 2001 bis 2009, maximal ein Defizitjahr im Zeitraum 2007 bis 2009) erfüllt (vgl. hierzu auch die insoweit identische amtliche Gesetzesbegründung, LT-Drucks. 16/2794, S. 85), was diese in ihrer Stellungnahme vom 23. August 2013 zur Kenntnis genommen hat. Die Antragstellerin war nach alledem offensichtlich schon zu einem frühen Zeitpunkt im Gesetzgebungsverfahren in der Lage, die Feststellungen des Gutachters mit denen sie betreffenden Daten abzugleichen und – insoweit offenbar erfolgreich – auf etwaige Abweichungen hinzuweisen. Es ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar, weshalb der Antragstellerin ohne die Überlassung der statistischen Daten die Möglichkeit genommen worden sein soll, auf die Entscheidung des Gesetzgebers Einfluss zu nehmen. Die Fehlannahmen des Gutachters betreffend den Finanzierungssaldo der Jahre 2001 bis 2009 haben sich ganz offensichtlich nicht auf das angegriffene Neugliederungsgesetz einschließlich seiner Begründung ausgewirkt.

107

Ein berechtigtes Interesse an der Übermittlung der Daten sämtlicher im Gutachten Junkernheinrich untersuchter Verbandsgemeinden, wie sie die Antragstellerin begehrt hatte, ist weder substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich.

108

ee) Eine Verletzung der Anhörungspflicht resultiert auch nicht daraus, dass sich der Gesetzgeber – wie die Antragstellerin meint – kein „authentisches Meinungsbild“ ihrer Einwohnerinnen und Einwohner zur geplanten Gebietsänderung verschafft habe. Dies war, worauf die Landesregierung zu Recht hingewiesen hat, vorliegend nicht geboten. Die aus der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie resultierende verfassungsrechtliche Pflicht zur Anhörung erstreckt sich allein auf die betroffene Gebietskörperschaft (vgl. Rennert, in: Umbach/Clemens [Hrsg.], Grundgesetz, Mitarbeiterkommentar, Band I, 2002, Art. 28 Rn. 103; so auch Dietlein/Thiel, Rechtsfragen eines zwangsweisen Zusammenschlusses von Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden in Rheinland-Pfalz, 2013, S. 34 f.). Darüber hinausgehend enthält die Verfassung für Rheinland-Pfalz kein Erfordernis einer Bürgeranhörung im Falle einer Gebietsänderung. Ob der Gesetzgeber den Willen der Bevölkerung hinreichend gewürdigt hat, ist keine Frage der verfassungsrechtlich gebotenen Anhörung der kommunalen Gebietskörperschaft, sondern der an die Neugliederung zu stellenden materiellen Anforderungen.

109

ff) Es bestehen ferner keine hinreichenden Gründe für die Annahme, dass die Anhörung der Antragstellerin nicht ergebnisoffen durchgeführt worden ist.

110

In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass vor der Abstimmung über ein Eingliederungsgesetz getroffene politische Abreden – wie etwa Koalitionsabsprachen, Stimmabgabeempfehlungen und Probeabstimmungen – in zulässiger Weise zur parlamentarischen Willensbildung beitragen und nicht zur Diagnose einer Verfassungswidrigkeit aufgrund fehlender Offenheit bei der gesetzgeberischen Entscheidungsfindung führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [113 f.]; VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. August 2011 – 21/10 –, juris, Rn. 133; ferner VerfGH Sachsen, Urteil vom 25. September 2008 – Vf. 54-VIII-08 –, NVwZ 2009, 39 [42, 44]; StGH BW, Urteil vom 8. September 1972 – GR 6/71 –, ESVGH 23, 1 [16 f.]; Mehde, in: Maunz/Dürig [Hrsg.], GG [Stand: Dezember 2014], Art. 28 Abs. 2 Rn. 155). Vor diesem Hintergrund verlangt eine ergebnisoffene Anhörung erst recht nicht, dass sich Abgeordnete bzw. Regierungsmitglieder vor der Anhörung noch keine Meinung zu dem Gesetzesvorhaben gebildet haben dürfen. Voraussetzung ist lediglich, dass das Gesetzgebungsverfahren abweichenden Überlegungen noch zugänglich ist und Einwände sowie vorgelegte Alternativen nicht von vornherein aus dem Willensbildungsprozess ausgeklammert werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [113 f.]; Perne, LKRZ 2014, 276 [278]).

111

Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass diesem Erfordernis hier nicht Genüge getan wurde, bestehen nicht. Insbesondere ist ein bewusstes Ausblenden von Nachteilen, die mit der Auflösung der Antragstellerin und deren Eingliederung in die Verbandsgemeinde Edenkoben verbunden sind, nicht ersichtlich (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. August 2011 – 21/10 –, juris, Rn. 133; VerfGH Sachsen, Urteil vom 29. Mai 2009 – Vf. 79-II-08 –, juris, Rn. 391). Eine fehlende Ergebnisoffenheit des Gesetzgebungsverfahrens lässt sich insbesondere nicht aus den Aussagen einzelner Mitglieder der Landesregierung zu politischen Absichten ableiten. Ebenso wie für die Auslegung eines Gesetzes kann es auch für seine Entstehung nicht auf die Vorstellung des einzelnen Abgeordneten bzw. Regierungsmitglieds ankommen, da der Einzelne nicht den „Willen des Gesetzgebers“ bildet (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [100]). Auch die Auswahl der anzuhörenden Personen in der Sitzung des Innenausschusses vermag nicht den Nachweis einer mangelnden Ergebnisoffenheit des Gesetzgebungsverfahrens zu erbringen. Wie der Landtag in seiner Stellungnahme dargelegt hat, war der Innenausschuss einvernehmlich übereingekommen, zu den Gesetzesentwürfen jeweils fünf Auskunftspersonen anzuhören, die nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen benannt wurden. Dass sich unter diesen Personen auch solche befanden, die sich nicht gegen, sondern für eine Auflösung und Eingliederung der Antragstellerin ausgesprochen haben, belegt nicht, dass die Mitglieder des Innenausschusses bzw. des Landtages abweichenden Argumenten nicht mehr offen gegenüberstanden. Eine fehlende Ergebnisoffenheit des Gesetzgebers wird schließlich auch nicht dadurch indiziert, dass im Schreiben des Innenministers vom 17. Oktober 2012 die Vorbereitung eines Gesetzesentwurfs im Anschluss an die Abgabe einer Stellungnahme seitens der Antragstellerin angekündigt wird. Hierbei dürfte es sich lediglich um einen Hinweis auf zeitliche Abläufe gehandelt haben für den Fall, dass die Regierung ihr Vorhaben auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Antragstellerin weiterverfolgt. Im Übrigen gehörte die Möglichkeit zur Stellungnahme im Jahre 2012 noch nicht zur verfassungsrechtlich gebotenen Anhörung.

112

3. Es kann hingegen nicht festgestellt werden, dass die in § 1 MaikammerEinglG vorgesehene Auflösung der Antragstellerin dem Gemeinwohl dient.

113

a) Nach der übereinstimmenden, ständigen Rechtsprechung der Verfassungsgerichte verlangt die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung, so wie diese sich geschichtlich entwickelt hat, dass Gemeinden in ihrem individuellen Bestand nur dann geändert oder aufgelöst werden dürfen, wenn dieser Eingriff dem Gemeinwohl bzw. dem öffentlichen Wohl dient (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50; Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [107]; BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. November 1981 – 2 BvR 827/80 –, juris, Rn. 2; VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [78 ff.]; Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [121]; Urteil vom 14. Dezember 1970 – VGH 4/70 –, AS 12, 239 [247 f.]; ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [641]). Die Gemeinwohlbindung, wie sie für sämtliche Gesetzgebung besteht, folgt zudem aus Art. 1 Abs. 2 bis 4 LV (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [80]; Urteil vom 14. Dezember 1970 – VGH 4/70 –, AS 12, 239 [247 f.]).

114

Bei dem abstrakten Begriff des „Gemeinwohls“ handelt es sich um einen generalklauselartigen unbestimmten Rechts- bzw. Verfassungsbegriff, dessen Inhalt nicht festgelegt und keiner abstrakten Definition zugänglich ist. Es ist vielmehr Sache des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, die für ihn maßgeblichen Gemeinwohlgründe zu bestimmen und daran die Neugliederung von Gemeinden auszurichten (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [82 ff.]). Dabei hat er – im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben – einen großen politischen Spielraum (vgl. Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26. Juli 2007 – 9/06 u.a. –, juris, Rn. 117). Das Gemeinwohl kann durch die rechtlichen Wertungen der Verfassung konkretisiert werden. Allerdings können auch Interessen und Zwecke, die sich nicht unmittelbar aus einem Verfassungsgrundsatz ableiten lassen, Gründe des öffentlichen Wohls darstellen. Dabei ist aber übergeordneten Verfassungsprinzipien bzw. der verfassungsmäßigen Wertordnung Rechnung zu tragen (vgl. ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [641]; LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. April 2009 – LVG 12/08 –, BeckRS 2009, 33217).

115

Mit dem erheblichen politischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Bestimmung des Gemeinwohls im Rahmen von Gebietsreformen und dem „planerischen Einschlag“ von Neugliederungsgesetzen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [108]) korrespondiert eine nur eingeschränkte verfassungsgerichtliche Überprüfung der Gemeinwohlkonformität. Die Bewältigung komplexer Probleme, wie sie bei einer Gebietsreform auftreten, muss vorrangig dem Parlament überlassen bleiben (vgl. auch VerfG Brandenburg, Urteil vom 14. Juli 1994 – VfGBbg 4/93 –).

116

Dabei lassen sich drei Stufen der gesetzgeberischen Entscheidung unterscheiden, auf denen jeweils eine Gemeinwohlkonkretisierung durch den Gesetzgeber erfolgt (vgl. VerfGH Sachsen, Beschluss vom 9. November 1995 – Vf. 20-VIII-95 –; Urteil vom 18. Juni 1999 – Vf. 51-VIII-98 –; ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [642 ff.]; Beschluss vom 8. September 1997 – 8/95 –, juris, Rn. 76 ff.; Müller/Trute, Stadt-Umland-Probleme und Gebietsreform in Sachsen, 1996, S. 156 ff.):

117

aa) Auf der ersten Stufe werden die Überlegungen, die der Durchführung der Reform als solcher zugrunde liegen, verfassungsrechtlich gewürdigt. Dabei prüft der Verfassungsgerichtshof nur, ob im Lichte der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie betrachtet verfassungsrechtlich legitime Reformziele verwirklicht werden sollen.

118

bb) Auf der zweiten Stufe werden das Leitbild und die Leitlinien, die der Gesetzgeber seiner Reformmaßnahme selbst zugrunde gelegt hat, einer verfassungsrechtlichen Prüfung unterzogen. Diese erlangen rechtliche Bedeutung für die einzelne Neugliederung durch das aus dem Gleichheitssatz bzw. dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot der Systemgerechtigkeit (vgl. ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [643]; NdsStGH, Urteil vom 14. Februar 1979 – StGH 2/77 –, juris, Rn. 610; Müller/Trute, Stadt-Umland-Probleme und Gebietsreform in Sachsen, 1996, S. 190; zum Gebot der Systemgerechtigkeit siehe unten D.II.3.b)cc)(2)(b)).

119

Einer verfassungsgerichtlich inzidenten Überprüfung des Grundsätzegesetzes, in dem der Gesetzgeber vorliegend das Leitbild und die Leitlinien seiner Reform verankert hat, steht auch nicht entgegen, dass dieses Gesetz bereits im Jahr 2010 in Kraft getreten ist. Denn die sechsmonatige Frist des § 23 Abs. 4 VerfGHG gilt hier nicht. Der Verfassungsgerichtshof vermag insoweit der Ansicht des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt nicht zu folgen, wonach sich Gemeinden im Verfahren gegen ihre Eingliederung grundsätzlich nicht mehr gegen in so genannten Grundsätzegesetzen vorab festgelegte Kriterien sowie gegen deren Anwendung wenden könnten, da andernfalls die Frist zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde umgangen werden könne (vgl. LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. Oktober 2008 – LVG 7/07 –; Urteil vom 21. April 2009 – LVG 12/08 –, BeckRS 2009, 33217; Urteil vom 8. Oktober 2012 – LVG 3/11 –).

120

Dieser Rechtsprechung liegt die Annahme zugrunde, dass eine Gemeinde sich schon vor der eigentlichen Gebietsänderung unmittelbar gegen ein Grundsätzegesetz wende könne. Sie sei insoweit antragsbefugt, da sie durch ein solches Gesetz unmittelbar und gegenwärtig betroffen werde (LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. April 2009 – LVG 12/08 –, BeckRS 2009, 33217; ähnlich VerfG Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 –, LKV 2002, 573 [575]).

121

Dies kann vorliegend für das Grundsätzegesetz nicht angenommen werden. Eine unmittelbare Betroffenheit verlangt, dass die Rechtsstellung des Beschwerdeführers bzw. Antragstellers durch die angegriffene Rechtsnorm und nicht erst durch ihren Vollzug berührt wird (zu diesem Erfordernis im Rahmen des Art. 130 Abs. 1 Satz 2 LV vgl. VerfGH RP, Urteil vom 18. April 1994 – VGH N 1/93 u.a. –, AS 24, 321 [333 f.]; Urteil vom 13. Oktober 1995 – VGH N 4/93 –, NVwZ-RR 1996, 458; im Hinblick auf die Verfassungsbeschwerde vgl. VerfGH RP, Urteil vom 22. Juni 2004 – VGH B 2/04 –, AS 31, 348 [351]; ferner BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1986 – 1 BvR 1384/85 u.a. –, BVerfGE 72, 39 [43] m.w.N.). Eine derartige Wirkung kommt hier dem Grundsätzegesetz nicht zu. Die Rechtsstellung der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden wird nicht bereits durch die Festlegung von Zielen, Leitbild und Leitlinien der Gebietsreform im Grundsätzegesetz, sondern erst durch das entsprechende Neugliederungsgesetz geändert (so entsprechend auch, allerdings mit anderem Ergebnis LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. April 2009 – LVG 12/08 –, BeckRS 2009, 33217). Daran ändert auch das Gebot der Systemgerechtigkeit, demzufolge der Gesetzgeber bei der Umsetzung einer Gemeindegebietsreform das bisherige System nicht ohne hinreichende Begründung verlassen darf, nichts (so aber VerfG Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 –, LKV 2002, 573 [575]). Dies gilt umso mehr, wenn – wie hier – für die Gebietskörperschaften, die die genannten Mindestgrößen nicht aufweisen, grundsätzlich Ausnahmen von der Fusionspflicht zugelassen werden können und es daher jedenfalls nicht regelmäßig auf der Hand liegt, dass es tatsächlich zu einer Gebietsänderung kommt. Wenn zudem einerseits eine gegenwärtige und unmittelbare Betroffenheit der kommunalen Gebietskörperschaft durch ein Grundsätzegesetz bejaht wird, erscheint es kaum konsequent andererseits eine Pflicht zur Anhörung der Gemeinde vor Erlass eines solchen Gesetzes zu verneinen (so aber LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. April 2009 – LVG 12/08 –, BeckRS 2009, 33217; kritisch hierzu auch Wallerath, in: Die Verfassungsgerichte der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern u.a. [Hrsg.], 20 Jahre Verfassungsgerichtsbarkeit in den neuen Ländern, 2014, S. 53 [71 f.]).

122

War es der Antragstellerin mithin verwehrt, im Vorfeld das Grundsätzegesetz einer (isolierten) verfassungsgerichtlichen Überprüfung unterziehen zu lassen, so muss es ihr nun möglich sein, sich im Verfahren gegen ihre Auflösung und Eingliederung mittelbar auch gegen das Grundsätzegesetz zu wenden (vgl. hierzu auch BVerfG, Beschluss vom 19. November 2002 – 2 BvR 329/97 –, BVerfGE 107, 1 [16]).

123

cc) Auf der dritten Stufe wird schließlich die konkrete einzelne Neugliederungsmaßnahme verfassungsrechtlich gewürdigt.

124

b) Gemessen an diesem verfassungsrechtlichen „Prüfprogramm“ verfolgt der Gesetzgeber mit seiner Gebietsreform betreffend die verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden zwar ein verfassungsrechtlich legitimes Reformziel (aa). Auch begegnen das Leitbild und die Leitlinien des Grundsätzegesetzes und damit dieses selbst keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (bb). § 1 MaikammerEinglG hält hingegen einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand (cc).

125

aa) Die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers, eine Gebietsreform auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden durchzuführen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ausweislich der amtlichen Begründung zum Grundsätzegesetz beabsichtigt der Gesetzgeber auf diese Weise, die Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft der betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften zu stärken (vgl. LT-Drucks. 15/4488, S. 1). Ziel der Reform sind gemäß § 1 Abs. 1 KomVwRGrG kommunale Gebietskörperschaften, die unter besonderer Berücksichtigung der demografischen Entwicklungen und des Einsatzes neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, insbesondere im Rahmen von E-Government, in der Lage sind, langfristig die eigenen und die übertragenen Aufgaben in fachlich hoher Qualität, wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah wahrzunehmen. Dabei wird eine Verbesserung der kommunalen Gebietsstrukturen im Hinblick auf die demografische Entwicklung sowie auf die Situation der kommunalen Finanzen für notwendig gehalten (vgl. LT-Drucks. 15/4488, S. 29 f.).

126

Hierbei handelt es sich um ein verfassungsrechtlich legitimes, am öffentlichen Wohl orientiertes Ziel (so auch Dietlein/Thiel, Rechtsfragen eines zwangsweisen Zusammenschlusses von Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden in Rheinland-Pfalz, 2013, S. 63 f.; vgl. hierzu auch StGH BW, Urteil vom 14. Februar 1975 – GR 11/74 –, ESVGH 25, 1 [27 f.]). Dies gilt umso mehr, als die kommunale Selbstverwaltung gemäß Art. 49 LV selbst ein Mindestmaß an Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft voraussetzt. Ineffiziente kommunale Strukturen können nämlich ebenso eine Gefahr für eine lebendige Selbstverwaltung darstellen wie die Verkürzung der bürgerschaftlich-demokratischen Teilhabemöglichkeiten. Mangels ausreichender Leistungsfähigkeit weitgehend funktionsentleerte Gemeinden entsprechen daher nicht dem verfassungsrechtlichen Leitbild der kommunalen Selbstverwaltung (vgl. ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [641 f.]; VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. August 2011 – 21/10 –, juris, Rn. 184). Eine Gebietsreform, die darauf abzielt, dass die Kommunen ihrer innerhalb des Staatsaufbaus zukommenden Funktion gerecht werden können, hat daher ein verfassungsrechtlich legitimes Ziel zum Gegenstand (vgl. LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. April 2009 – LVG 12/08 –, BeckRS 2009, 33217).

127

bb) Das Leitbild und die Leitlinien, wie sie der Gesetzgeber im Grundsätzegesetz zugrunde gelegt hat, begegnen keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

128

(1) Die Konkretisierung der einzelnen Ziele einer allgemeinen Gemeindegebietsreform ist zunächst der politischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers vorbehalten, der die verschiedenen Gemeinwohlgründe gewichten und ordnen kann. Bei der Bestimmung des abstrakt-generellen Leitbildes und der Leitlinien der Reform kommt dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zu. Das als Ordnungsrahmen für die einzelnen Neugliederungsmaßnahmen entwickelte Leitbild und die dazu entwickelten Leitlinien hat der Verfassungsgerichtshof daher lediglich daran zu messen, ob der Gesetzgeber sich aufdrängende Gemeinwohlaspekte übersehen hat, ob die den Leitsätzen zugrunde liegenden Erkenntnisse offensichtlich unzutreffend sind und ob die Leitsätze offensichtlich ungeeignet sind, um das Reformziel zu verwirklichen. In diesem Sinne bleibt die verfassungsgerichtliche Kontrolle auf dieser Stufe der Gemeindegebietsreform eingeschränkt (vgl. etwa VerfGH Sachsen, Urteil vom 6. Mai 1999 – Vf. 51-VIII-98 –; vgl. VerfG Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 –, LKV 2002, 573 [575]; Müller/Trute, Stadt-Umland-Probleme und Gebietsreform in Sachsen, 1996, S. 189 f.; ähnlich bereits VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [87]; Urteil vom 14. Dezember 1970 – VGH 4/70 –, AS 12, 239 [250]).

129

(2) Diesen Anforderungen hat der Gesetzgeber Genüge getan. Gebietsreformen unter Zugrundlegung von Mindesteinwohnerzahlen für Verbandsgemeinden sind zur Erreichung des Reformziels nicht offensichtlich ungeeignet (a). Dies gilt auch, soweit § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KomVwRGrG eine Regelmindestgröße von 12.000 Einwohnern für Verbandsgemeinden vorsieht (b). Eine vermeintlich widersprüchliche Festsetzung der Mindestgröße für verbandsfreie Gemeinden beschwert die Antragstellerin nicht (c). Verfassungsrechtlich gebotenen Ausnahmen von Mindestgrößen wird durch die Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 KomVwRGrG ausreichend Rechnung getragen (d). Das Leitbild und die Leitlinien der Reform leiden auch nicht daran, dass der Gesetzgeber seiner Reform keine wissenschaftliche Schaden-Nutzen-Bilanz zugrunde gelegt hat (e). Schließlich begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber die Gebietsreform in einem ersten Schritt zunächst auf die verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden unter weitgehender Beibehaltung der Kreisgrenzen beschränkt hat (f).

130

(a) Unter Berücksichtigung des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs des Verfassungsgerichthofs ist die Festlegung von Regelmindestgrößen für Verbandsgemeinden im Rahmen einer Gebietsreform verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Festlegung von Mindesteinwohnerzahlen bei Gebietsreformen ist zur Stärkung der Leistungsfähigkeit kommunaler Gebietskörperschaften jedenfalls nicht offensichtlich ungeeignet. Dabei gilt es auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei seinen Prognosen auf die in der Verwaltungswissenschaft und -praxis gewonnenen allgemeinen Erfahrungen und ermittelten Gesetzmäßigkeiten zurückgreifen darf und nicht stets wissenschaftliche Untersuchungen zugrunde legen muss. Verbleibende Unsicherheiten der Prognose, z.B. hinsichtlich der Eignung des gewählten Mittels zur Zielerreichung, führen nicht zu einem Handlungsverbot für den Gesetzgeber oder zur Verfassungswidrigkeit der Maßnahme (vgl. ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [644] unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 27. November 1990 – 1 BvR 402/87 –, BVerfGE 83, 130 [140 ff.]; Beschluss vom 9. März 1994 – 2 BvL 43/92 u.a. –, BVerfGE 90, 145 [182 ff.]). Die Festlegung von Mindestgrößen für Gemeinden im Rahmen von Gebietsreformen basiert auf der aus der Wirtschaftslehre stammenden „Theorie der positiven Skaleneffekte“ („economies of scale“) (vgl. LT-Drucks. 15/4488, S. 30), der zufolge eine Erhöhung des Inputs eine überproportionale Outputsteigerung und infolgedessen sinkende Stückkosten zur Folge hat (vgl. hierzu begleitende Gesetzesfolgenabschätzung, S. 58).

131

In Anlehnung hieran wird auch in der Verwaltungswissenschaft und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung regelmäßig davon ausgegangen, dass im Rahmen von Gebietsreformen Mindestgrößen von kommunalen Gebietskörperschaften ein nicht offensichtlich ungeeignetes Mittel zur Stärkung der Leistungsfähigkeit von Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden sind (vgl. LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 10. Mai 2011 – LVG 33/10 –, BeckRS 2011, 51550; VerfGH NRW, Urteil vom 7. November 1975 – 64/74 –, juris, Rn. 52; VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [89]; VerfG Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 –, LKV 2002, 573 [575]; Beschluss vom 18. November 2004 – 167/03 –; zustimmend Mehde, in: Maunz/Dürig [Hrsg.], GG [Stand: Dezember 2014], Art. 28 Abs. 2 Rn. 161; so auch das Schrifttum, vgl. etwa Müller/Trute, Stadt-Umland-Probleme und Gebietsreform in Sachsen, 1996, S. 196; Wallerath, in: Mecking/Oebbecke [Hrsg.], Zwischen Effizienz und Legitimität, 2009, S. 189 [206]; Pfeil, LKV 2000, 129 [132]; Wendel, LKV 2011, 488 [491]).

132

Es spricht zwar einiges dafür, dass mit steigender Gemeindegröße die Wirtschaftlichkeit des kommunalen Verwaltungshandelns im Sinne einer Kosteneffizienz nicht automatisch steigt. Hiervon geht auch die begleitende Gesetzesfolgenabschätzung aus, wenn es dort etwa heißt, von einer „deterministischen Beziehung zwischen Verbandsgemeindegröße und kommunaler Wirtschaftlichkeit“ könne keine Rede sein und der Zusammenhang zwischen der Ortsgröße und der Ausgabenbelastung für die allgemeine Verwaltung sei nicht linear (begleitende Gesetzesfolgenabschätzung, S. 59, 65, 83, 108; ähnlich auch Rosenfeld/Kluth u.a., Zur Wirtschaftlichkeit gemeindlicher Verwaltungsstrukturen in Sachsen-Anhalt, 2007, S. 70).

133

Nach der begleitenden Gesetzesfolgenabschätzung besteht allerdings zumindest ein statistischer Zusammenhang zwischen der Größe der Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz auf der einen Seite und ihren negativen Haushaltsergebnissen sowie der Höhe ihrer Kassenkreditschulden auf der anderen Seite (vgl. S. 491 f.). So verfügten die Verbandsgemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern bezogen auf das Jahr 2006 über ein höheres Haushaltsdefizit und höhere Kassenkreditschulden je Einwohner als die Gemeinden mit 10.000 bis 15.000 Einwohnern (vgl. S. 76 ff.). Diese Gruppe wiederum wies durchschnittlich ein höheres Haushaltsdefizit und höhere Kassenkreditschulden auf als die Gruppe der Verbandsgemeinden mit 15.000 bis 20.000 Einwohnern. Im Bereich der allgemeinen Verwaltung (Einzelplan 0) korrespondieren zudem die Nettoausgaben je Einwohner mit der Größe der Verbandsgemeinde. So sind die Kosten in der Gruppe der Verbandsgemeinden unter 10.000 Einwohnern höher als die Kosten in der Gruppe der Verbandsgemeinden mit 10.000 bis 15.000 Einwohnern. Diese wiederum sind höher als in der Gruppe der Verbandsgemeinden mit 15.000 bis 20.000 Einwohnern. Im Einklang mit diesen Erkenntnissen geht auch der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung zum Grundsätzegesetz davon aus, dass unter Zugrundlegung der Daten des Statistischen Landesamtes die Personalausgaben und die Verwaltungs- und Betriebsausgaben einwohnerstärkerer Verbandsgemeinden pro Einwohner durchschnittlich niedriger als die Personalausgaben und die Verwaltungs- und Betriebsausgaben einwohnerschwächerer Verbandsgemeinden seien (LT-Drucks. 15/4488, S. 31).

134

Bei dieser Sachlage reicht es in jedem Fall aus, wenn sich der zur Typisierung befugte Gesetzgeber auf derartige statistische Zusammenhänge stützt. Dies vermittelt ihm eine hinreichende Legitimationsgrundlage (vgl. Gebhardt, Das kommunale Selbstverwaltungsrecht, 2007, S. 82). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Annahme, dass Einwohnerzahlen ein Indikator für die Leistungsfähigkeit von Verbandsgemeinden sind und mit der Festlegung von Mindesteinwohnerzahlen bei Gebietsreformen eine Stärkung der Leistungsfähigkeit von Verbandsgemeinden erzielt werden kann, jedenfalls nicht als offensichtlich fehlerhaft dar.

135

(b) Die konkrete Festlegung einer Mindesteinwohnerzahl von 12.000 Einwohnern für Verbandsgemeinden begegnet entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin ebenfalls keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch insoweit verfügt der Gesetzgeber über einen erheblichen Einschätzungsspielraum, der verfassungsgerichtlich nur daraufhin überprüft werden kann, ob von ihm in vertretbarer Weise Gebrauch gemacht worden ist. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber bei organisatorischen Regelungen, die das ganze Land betreffen – wie bereits dargelegt – typisieren darf; er braucht nicht jeder einzelnen Gemeinde und grundsätzlich auch nicht jeder insgesamt gesehen unbedeutenden Gruppe von Gemeinden Rechnung zu tragen. Dies folgt schon aus dem notwendig generellen Charakter seiner Regelung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. November 2002 – 2 BvR 329/97 –, BVerfGE 107, 1 [14]).

136

Ungeachtet der Vergleichbarkeit der in den Bundesländern bestehenden kommunalen Strukturen ist zunächst festzustellen, dass sich die in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KomVwRGrG festgelegte Regelmindestgröße durchaus im Rahmen der üblicherweise bei kommunalen Gebietsreformen herangezogenen bzw. empfohlenen Richtwerte bewegt (so ausdrücklich auch Dietlein/Thiel, Rechtsfragen eines zwangsweisen Zusammenschlusses von Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden in Rheinland-Pfalz, 2013, S. 66). So lagen in der Vergangenheit die Mindestgrößen regelmäßig zwischen 5.000 und 10.000 Einwohnern (vgl. Trute, Reformbedarf und Entwicklungsoptionen der Verwaltungsstrukturen der Gemeinden in Brandenburg, 2012, S. 177). Aktuell wird etwa in Thüringen für Gemeinden eine Mindestgröße von 12.000 Einwohnern empfohlen (vgl. Freistaat Thüringen, Bericht der Expertenkommission Funktional- und Gebietsreform, 2013, S. 214). Dies deckt sich mit der Annahme, dass angesichts der tendenziell eher steigenden Komplexität von Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung – etwa durch zunehmende europäische Einbindung – die Richtwerte für die Mindesteinwohnerzahlen jedenfalls nicht sinken dürften, sondern vielmehr von einem deutlich größeren Gebietszuschnitt ausgegangen werden müsse (vgl. Trute, Reformbedarf und Entwicklungsoptionen der Verwaltungsstrukturen der Gemeinden in Brandenburg, 2012, S. 177 f.).

137

Es kann zudem entgegen der Annahme der Antragstellerin keine Rede davon sein, dass die Regelmindestgröße für eine Verbandsgemeinde von 12.000 Einwohnern willkürlich gewählt sei. So werden in der begleitenden Gesetzesfolgenabschätzung – deren Methodik und Ergebnisse die Antragstellerin nicht substantiiert in Zweifel gezogen hat – als Wirtschaftlichkeitsgrenzen für künftige Mindestortsgrößen Verbandsgemeinden mit 10.700 und 13.000 Einwohnern genannt. Hieran hat sich der Gesetzgeber ersichtlich orientiert. Der Gesetzgeber war von Verfassungs wegen auch nicht verpflichtet, den politischen Empfehlungen der begleitenden Gesetzesfolgenabschätzung zur Festlegung des Schwellenwertes zwischen 13.000 und 15.000 Einwohnern (vgl. LT-Drucks. 15/4488, S. 27; begleitende Gesetzesfolgenabschätzung, S. 115) zu folgen. Zwar wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass sich nur bei diesen Schwellenwerten auf mittlere Sicht die notwendige Effizienzrendite erzielen lasse (LT-Drucks. 15/4488, S. 27; begleitende Gesetzesfolgenabschätzung, S. 115). Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Festlegung einer Mindesteinwohnerzahl von 12.000 Einwohnern pro Verbandsgemeinde offensichtlich ungeeignet zur Erreichung der Reformziele sein könnte, bestehen allerdings nicht. Dies gilt umso mehr, als nach der begleitenden Gesetzesfolgenabschätzung ein Wert von 10.700 Einwohnern als alternativer möglicher Schwellenwert genannt wird. Vor diesem Hintergrund und angesichts des prognostizierten Bevölkerungsrückgangs ist es auch nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die Mindestgröße einer Verbandsgemeinde auf 12.000 Einwohner festsetzt. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber ausweislich der amtlichen Gesetzesbegründung bei der Festlegung der genannten Mindestgrößen zugleich sicherstellen wollte, dass die Ausübung kommunaler ehrenamtlicher Tätigkeiten und das bürgerschaftliche Engagement in verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden mit dieser Mindestgröße weiter aufrechterhalten werden können (vgl. LT-Drucks. 15/4488, S. 30).

138

(c) Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass die Festlegung der Mindesteinwohnerzahlen in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KomVwRGrG für verbandsfreie Gemeinden nicht nachvollziehbar und die Begründung hierzu widersprüchlich sei, ist nicht ersichtlich, inwieweit sie als Verbandsgemeinde durch eine etwaige Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KomVwRGrG beschwert sein könnte. Sie wird durch den Umstand, dass sich bei einer etwaigen Verfassungswidrigkeit der Regelung möglicherweise andere Neugliederungsoptionen hätten ergeben können, allenfalls reflexhaft betroffen. Ungeachtet dessen trifft der Vorwurf der Widersprüchlichkeit auch nicht zu. Diese Argumentation übersieht, dass nach den Ergebnissen der begleitenden Gesetzesfolgenabschätzung gerade nicht von einem linearen Zusammenhang zwischen der Größe einer verbandsfreien Gemeinde und ihrer Leistungsfähigkeit ausgegangen wird. Vielmehr wurde festgestellt, dass der Ortsgrößeneffekt in größeren Einheitsgemeinden durch strukturelle Einflüsse auf die Ausgaben anderer Aufgabenbereiche überkompensiert werde. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, dass – wie die Antragstellerin meint – die Mindestgröße einer verbandsfreien Gemeinde zwingend höher sein müsse als die der Verbandsgemeinden.

139

(d) (aa) Allerdings darf die Unterschreitung einer bestimmten Mindesteinwohnerzahl ohne Berücksichtigung von Besonderheiten nicht zwingend zur Auflösung bzw. Eingliederung einer Gemeinde führen. Die kommunale Selbstverwaltung, auch die der Verbandsgemeinden, ist nicht ausschließlich an Rationalisierung und Verbesserung der Effizienz der Verwaltungsorganisation zu messen. Sie hat nicht nur die Daseinsvorsorge der Bürger im Blick, sondern dient auch dazu, die Bürger zu integrieren, den Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl zu vermitteln und damit die Grundlagen der Demokratie zu stärken. Die Kommunalstruktur darf nicht rein wirtschaftlich ausgerichtet sein. Von daher können zum Beispiel auch geografische Gegebenheiten und geschichtliche Zusammenhänge Berücksichtigung verdienen (vgl. VerfG Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 –, LKV 2002, 573 [575 f.]; in diese Richtung auch schon VerfGH RP, Urteil vom 17. April 1969 – VGH 2/69 –, AS 11, 73 [87]; vgl. auch K.-F. Meyer, in: Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz [Hrsg.], Festschrift für Steenbock, 2008, S. 1 [15]). Nicht zuletzt kann die geringere Einwohnerzahl z.B. durch eine höhere Wirtschaftskraft ausgeglichen werden (VerfG Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 –, LKV 2002, 573 [575 f.]). Bei Abwägung aller Kriterien müssen gegebenenfalls die Einwohnerzahlen zurückstehen, wenn die Würdigung des Einzelfalles eine vertretbare Lösung mit geringerer Einwohnerzahl zulässt. Andernfalls kann der Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie außer Verhältnis zu dem erreichten Vorteil stehen (VerfG Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 –, LKV 2002, 573 [575 f.]; ähnlich LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. April 2009 – LVG 12/08 –, BeckRS 2009, 33217; so auch Stüer, Funktionalreform und Kommunale Selbstverwaltung, 1980, S. 314 f.; Wallerath, DÖV 2011, 289 [298]).

140

(bb) § 2 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 5 KomVwRGrG tragen diesen Vorgaben ausreichend Rechnung. Nicht für jede verbandsfreie Gemeinde bzw. Verbandsgemeinde, die die Mindesteinwohnerzahlen nach § 2 Abs. 2 KomVwRGrG unterschreitet, sieht der Gesetzgeber ausnahmslos einen Gebietsänderungsbedarf vor. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass gemäß § 2 Abs. 2 KomVwRGrG nur „in der Regel“ davon auszugehen ist, dass eine verbandsfreie Gemeinde bzw. Verbandsgemeinde, die die genannten Mindesteinwohnerzahlen aufweist, über die ausreichende Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft verfügt.

141

Dieser Grundsatz kann zum anderen in zwei Fällen durchbrochen werden. So sind Unterschreitungen der Mindesteinwohnerzahlen in der Regel unbeachtlich bei Verbandsgemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern, die eine Fläche von mehr als 100 qkm und mehr als 15 Ortsgemeinden haben (§ 2 Abs. 3 Satz 1 KomVwRGrG). Im Übrigen können nach § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG aus besonderen Gründen Unterschreitungen der Mindestgrößen nach Absatz 2 Satz 1 unbeachtlich sein, wenn die verbandsfreien Gemeinden und die Verbandsgemeinden die Gewähr dafür bieten, langfristig die eigenen und übertragenen Aufgaben in fachlich hoher Qualität, wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah wahrzunehmen. Als besondere Gründe bezeichnet § 2 Abs. 3 Satz 3 KomVwRGrG vor allem landschaftliche und topografische Gegebenheiten, die geografische Lage einer kommunalen Gebietskörperschaft unmittelbar an der Grenze zu einem Nachbarstaat oder einem Nachbarland, die Wirtschafts- und Finanzkraft, die Erfordernisse der Raumordnung sowie die Zahl der nicht kasernierten Soldatinnen und Soldaten, Zivilangehörigen und Familienangehörigen der ausländischen Stationierungsstreitkräfte, soweit diese nicht den deutschen Meldevorschriften unterliegen.

142

§ 2 Abs. 5 KomVwRGrG regelt zudem, dass beim Zusammenschluss kommunaler Gebietskörperschaften vor allem die Erfordernisse der Raumordnung, landschaftliche und topografische Gegebenheiten, die öffentliche Verkehrsinfrastruktur, die Wirtschaftsstruktur und historische und religiöse Bindungen und Beziehungen zu berücksichtigen sind.

143

Damit ist gewährleistet, dass eine Unterschreitung der Mindesteinwohnerzahl nicht automatisch zu einer Auflösung und Eingliederung der jeweiligen verbandsfreien Gemeinde bzw. Verbandsgemeinde führt, sondern Besonderheiten hinreichend Rechnung getragen werden kann.

144

(cc) Bei gebotener verfassungskonformer Auslegung stellt sich § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG auch nicht als unverhältnismäßig dar.

145

Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG können aus besonderen Gründen Unterschreitungen der Mindestgrößen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KomVwRGrG unbeachtlich sein, wenn die verbandsfreien Gemeinden und die Verbandsgemeinden die Gewähr dafür bieten, langfristig die eigenen und übertragenen Aufgaben in fachlich hoher Qualität, wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah wahrzunehmen. Die Antragstellerin ist der Ansicht, nach dem Wortlaut der Norm könne ein gemeindeeigener Gebietsänderungsbedarf selbst dann bestehen, wenn die betroffene verbandsfreie Gemeinde bzw. Verbandsgemeinde Gewähr dafür biete, langfristig die eigenen und übertragenen Aufgaben in fachlich hoher Qualität, wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah wahrzunehmen. Es sei aber nicht ersichtlich, weshalb in diesem Fall die Unterschreitung der Mindestgröße nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KomVwRGrG nur unbeachtlich sein „kann“.

146

Ein derartiges Verständnis der Norm wäre in der Tat mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu vereinbaren. Denn wenn die verbandsfreie Gemeinde bzw. Verbandsgemeinde die Gewähr dafür bietet, langfristig die eigenen und übertragenen Aufgaben in fachlich hoher Qualität, wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah wahrzunehmen, entspricht sie gerade dem Leitbild und dem Ziel der Gebietsreform, wie es wortgleich in § 1 Abs. 1 KomVwRGrG umschrieben wird. In diesem Fall ist daher das Mittel einer Gebietsänderung – abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall einer passiven Fusionspflicht (vgl. dazu VerfGH RP, Urteil vom 14. Dezember 1970 – VGH 4/70 –, AS 12, 239 [251]) – nicht veranlasst, um das angestrebte Ziel zu erreichen (so auch Dietlein/Thiel, Rechtsfragen eines zwangsweisen Zusammenschlusses von Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden in Rheinland-Pfalz, 2013, S. 83).

147

Liegen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG vor, d.h. beurteilt der Gesetzgeber die betroffene verbandsfreie Gemeinde bzw. Verbandsgemeinde als dauerhaft leistungsfähig im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz KomVwRGrG, dann darf zumindest kein eigener Gebietsänderungsbedarf der betroffenen Gebietskörperschaft durch Auflösung und Eingliederung in eine andere kommunale Gebietskörperschaft angenommen werden. In Betracht kommt in diesen Fällen lediglich eine Neugliederung infolge einer passiven Fusionspflicht (in diese Richtung auch Müller/Trute, Stadt-Umland-Probleme und Gebietsreform in Sachsen, 1996, S. 173, wonach allerdings bei der Auflösung leitbildgerechter oder zumindest hinreichend leistungsfähiger Gebietskörperschaften Gründe vorliegen müssen, die über die Leitbildgerechtigkeit und über die Leistungsfähigkeit hinausreichen; ferner NdsStGH, Urteil vom 14. Februar 1979 – StGH 2/77 –, juris, Rn. 620: besonders wichtige Gründe des öffentlichen Wohls erforderlich).

148

Einer derartigen verfassungskonformen Auslegung ist § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG auch zugänglich. Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt, von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit der Verfassung in Einklang steht (st. Rspr. vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 – 2 BvF 3/02 –, BVerfGE 119, 247 [274] m.w.N.). Eine Norm ist daher nur dann für verfassungswidrig zu erklären, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt gebietet es dabei, in den Grenzen der Verfassung das Maximum dessen aufrechtzuerhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 1992 – 2 BvR 1041/88 u.a. –, BVerfGE 86, 288 [320]). Die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenzen dort, wo sie zum Wortlaut der Norm und zum klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (BVerfG, Urteil vom 30. März 2004 – 2 BvR 1520/01 u.a. –, BVerfGE 110, 226 [267]; Beschluss vom 11. Juli 2013 – 2 BvR 2302/11 u.a. –, BVerfGE 134, 33 [63]).

149

Nach diesen Maßstäben ist hier eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend möglich, dass kein eigener Gebietsänderungsbedarf vorliegt, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG erfüllt sind, d.h. wenn der Gesetzgeber die betroffene verbandsfreie Gemeinde bzw. Verbandsgemeinde als dauerhaft leistungsfähig im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz KomVwRGrG beurteilt.

150

Der Wortlaut der Vorschrift steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Die Auslegung der Antragstellerin, wonach dem Gesetzgeber im Rahmen des § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG eine Art „Ermessensspielraum“ zusteht, ist nicht zwingend. Die Verwendung des Wortes „können“ deutet in diesem Zusammenhang nicht zwangsläufig darauf hin. Vor dem Hintergrund, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen zur Berücksichtigung von Besonderheiten Ausnahmen von den festgelegten Mindestregelgrößen erforderlich sind (siehe hierzu oben D.II.3.b)bb)(2)(d)(bb)), bezeichnet die Verwendung des Wortes „kann“ lediglich die generelle Möglichkeit, von den Mindestgrößen aus besonderen Gründen abzuweichen. Mit dem zweiten Halbsatz des § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG wird dabei lediglich sichergestellt, dass in diesen Fällen dennoch die dauerhafte Leistungsfähigkeit gesichert sein muss. Aus der amtlichen Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG (LT-Drucks. 15/4488, S. 31 f.) ergibt sich darüber hinaus nicht, dass der Gesetzgeber im Falle einer festgestellten dauerhaften Leistungsfähigkeit davon ausging, es könne auch dann noch ein eigener Gebietsänderungsbedarf bestehen.

151

Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen allerdings grundsätzlich nicht verpflichtet, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die betreffende Gemeinde, die die festgelegte Mindestgröße unterschreitet, doch dauerhaft leistungsfähig ist. Vielmehr unterliegt es, wie bereits dargelegt, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber in typisierender Betrachtungsweise davon ausgeht, dass die die festgelegte und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Mindestgröße unterschreitenden kommunalen Gebietskörperschaften nicht dauerhaft leistungsfähig sind (vgl. LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15. Januar 2013 – LVG 36/10 –, BeckRS 2013, 58263).

152

Etwas anderes gilt nach der Konzeption des § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG allerdings bei „besonderen Gründen“. Der Gesetzgeber ist daher gehalten, zu prüfen, ob besondere Gründe vorliegen, die ein Absehen von der Mindesteinwohnerzahl ausnahmsweise rechtfertigen könnten. Liegen solche Gründe vor, hat der Gesetzgeber zu prüfen, ob im Einzelfall trotz Unterschreitens der geforderten Mindestgröße die betroffene Gemeinde dauerhaft die Gewähr dafür bietet, langfristig die eigenen und übertragenen Aufgaben in fachlich hoher Qualität, wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah wahrzunehmen.

153

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber hinsichtlich der Beurteilung der dauerhaften Leistungsfähigkeit ein nicht unerheblicher, verfassungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Einschätzungsspielraum zusteht (so auch LVerfG, Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26. Juni 2012 – LVG 54/10 –). Hierbei ist er nicht an bestimmte finanzielle Kriterien gebunden (in diese Richtung auch Dietlein/Thiel, Zwangsfusionen von Gemeinden, 2013, S. 131 ff.). Die Offenheit des Begriffs der dauerhaften Leistungsfähigkeit und der Formulierung in § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG, der sowohl den Aspekt der Wirtschaftlichkeit als auch der Bürger- und Ortsnähe aufgreift, erlauben es zudem, bei der Beurteilung der dauerhaften Leistungsfähigkeit einer Gemeinde keine starren Kriterien anzulegen, sondern die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen (vgl. hierzu auch Wallerath, in: Butzer/Kaltenborn/Meyer [Hrsg.], Festschrift für Schnapp, 2008, S. 694 [718]). Dabei kann auch das Maß, um das die jeweilige Gemeinde die vorgegebene Mindestgröße unterschreitet, von Bedeutung sein. Insofern ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die „Abwägungsleitlinie“ vorgibt, je stärker die Einwohnerzahl hinter der Richtzahl zurückbleibt, desto schwerer müssen die Gesichtspunkte wiegen, die für den Fortbestand der Gemeinde sprechen (vgl. LT-Drucks. 15/4488, S. 31; so auch VerfG Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 –, LKV 2002, 573 [575]).

154

(e) Das Leitbild und die Leitlinien der Reform, wie sie insbesondere im Grundsätzegesetz zum Ausdruck kommen, leiden auch nicht daran, dass der Gesetzgeber seiner Reform keine wissenschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse oder Schaden-Nutzen-Bilanz zugrunde gelegt hat. Auf der Ebene der verfassungsgerichtlichen Überprüfung des Leitbildes und der Leitlinien, wie sie vom Gesetzgeber im Vorfeld der einzelnen Neugliederungsmaßnahmen verfasst worden sind, ist die Forderung nach einer Schaden-Nutzen-Bilanz (vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 4. August 1972 – 9/71 –, OVGE 28, 291 [292 f.]) allenfalls insofern gerechtfertigt, als die Reformmaßnahmen und das ihnen zugrunde liegende Leitbild und die ihnen zugrunde liegenden Leitlinien jedenfalls nicht offensichtlich ungeeignet zur Erreichung des angestrebten Ziels, die kommunalen Strukturen zu verbessern, sein dürfen. Nicht erforderlich ist hingegen, dass die Strukturen tatsächlich durch die Gebietsreformen verbessert werden. Bei seiner Einschätzung, ob die Reformen zur Verbesserung der Gebietsstrukturen geeignet sind, kann sich der Gesetzgeber auf allgemeine nicht offensichtlich fehlsame oder eindeutig widerlegbare Erfahrungen und Grundsätze stützen (NdsStGH, Urteil vom 14. Februar 1979 – StGH 2/77 –, juris, Rn. 608 f.; StGH BW, Urteil vom 14. Februar 1975 – GR 11/74 –, ESVGH 25, 1 [20]). Zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den wirtschaftlichen Effekten der Gebietsreform bzw. einzelner Zusammenschlüsse ist dagegen weder der Gesetzgeber noch der Verfassungsgerichtshof verpflichtet (so auch Müller/Trute, Stadt-Umland-Probleme und Gebietsreformen in Sachsen, 1996, S. 169 f.). Denn zum einen können derartige Untersuchungen wissenschaftlich fundiert erst einige Zeit nach Umsetzung einer Reform durchgeführt werden. Zum anderen liegt es im Gestaltungsermessen des Gesetzgebers, inwieweit er in seine verfassungs- und kommunalpolitischen Ziele Umstände einbezieht, die sich einer rein quantitativen Betrachtungsweise weitgehend entziehen (ebenso LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. April 2009 – LVG 12/08 –, BeckRS 2009, 33217; Urteil vom 16. Juni 2011 – LVG 41/10 –; vgl. ferner NdsStGH, Urteil vom 14. Februar 1979 – StGH 2/77 –, juris, Rn. 608).

155

Dies zugrunde gelegt ist festzustellen, dass in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung davon ausgegangen wird, dass mit der Durchführung von Gebietsreformen Kostenersparnisse und Synergieeffekte erreicht werden können (vgl. etwa VerfGH RP, Urteil vom 14. Februar 2012 – VGH N 3/11 –, AS 41, 29 [57 f.]; ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [642 ff.]). Hiervon geht auch der Gesetzgeber des Grundsätzegesetzes ersichtlich aus. Soweit er annimmt, dass die Zusammenschlüsse von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden einschließlich der Zusammenführung ihrer Verwaltungen mittel- und längerfristig Kosteneinsparungen erbrächten und dabei durchschnittlich Einsparungen von 15 bis 20 % zu erwarten seien (vgl. LT-Drucks. 15/4488, S. 3), hat weder die Antragstellerin in Bezug auf die Reform als solche dargelegt, dass es sich hierbei um eine offensichtlich fehlerhafte Einschätzung handelt, noch ist dies sonst ersichtlich. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Annahme, größere kommunale Einheiten seien kostengünstiger zu verwalten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

156

(f) Die Beschränkung der derzeitigen Stufe der Gebietsreform auf die verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Dies gilt auch in Anbetracht des § 2 Abs. 4 Satz 1 KomVwRGrG, demzufolge verbandsfreie Gemeinden und Verbandsgemeinden mit benachbarten verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden desselben Landkreises zusammengeschlossen werden sollen.

157

Die Verfassung steht einem stufenweisen Vorgehen des Gesetzgebers im Rahmen von Gebietsreformen nicht entgegen. Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, sämtliche von ihm für sinnvoll erachtete Gebietsreformen gleichzeitig durchzuführen (vgl. hierzu auch Wallerath, in: Junkernheinrich/Lorig [Hrsg.], Kommunalreformen in Deutschland, 2013, S. 95 [100]). Auch gibt die Verfassung nicht vor, in welcher Reihenfolge Gebietsreformen verschiedener Ebenen durchzuführen sind. In welcher Weise der Gesetzgeber die Reform umsetzt und wie er dabei die Prioritäten setzt, fällt in die Sphäre politischer Entscheidungen, die einer verfassungsgerichtlichen Nachprüfung grundsätzlich entzogen sind (vgl. hierzu VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. August 2011 – 21/10 –, juris, Rn. 158). Ein Optimierungsgebot in dem Sinne, dass sich der Gesetzgeber für eine Reform entscheiden müsste, die den Gemeinden oder Verbandsgemeinden den größten Vorteil bringt, lässt sich aus der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nicht herleiten (vgl. hierzu auch Wallerath, in: Die Verfassungsgerichte der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern u.a. [Hrsg.], 20 Jahre Verfassungsgerichtsbarkeit in den neuen Ländern, 2014, S. 53 [95]). Ob ein bestimmtes Vorgehen sinnvoller gewesen wäre oder nicht, hat der Verfassungsgerichtshof demzufolge nicht zu entscheiden.

158

Die Grenze gesetzgeberischen Ermessens ist erst dann überschritten, wenn sich die beabsichtigte Gebietsreform als offensichtlich ungeeignet erweist, die Ziele des Gesetzgebers in absehbarer Zeit zu fördern (vgl. Müller/Trute, Stadt-Umland-Probleme und Gebietsreform in Sachsen, 1996, S. 172). Dies kann vorliegend nicht allein deswegen angenommen werden, weil der Gesetzgeber im Anschluss an die derzeitigen Reformen eine Kreisgebietsreform plant und für die jetzige Reform auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden in § 2 Abs. 4 Satz 1 KomVwRGrG eine grundsätzliche Bindung an die derzeitigen Kreisgrenzen vorsieht. Zwar trifft es zu, dass hierdurch grundsätzlich die Spielräume sowohl bei der jetzigen Reform auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden als auch bei einem künftigen Neuzuschnitt von Kreisen einengt werden, sofern der Gesetzgeber bei der späteren Kreisgebietsreform den dann bestehenden Zuschnitt der verbandsfreien Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden unangetastet lässt. Dass allein deswegen die hier angestrebte Stärkung der Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden schlechterdings ausgeschlossen wäre, ist allerdings nicht ersichtlich und behauptet auch die Antragstellerin nicht.

159

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang ferner, dass mit kommunalen Gebietsreformen auf verschiedenen Ebenen, die nacheinander durchgeführt werden – was auch nach Auffassung der Antragstellerin keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt –, ohnehin (faktische) Bindungen für andere Verwaltungsebenen einhergehen. So wären auch bei einer Kreisgebietsreform die Spielräume für eine spätere Reform auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden eingeschränkt, sofern die festgelegten Kreisgebietsgrenzen durch kreisübergreifende Gemeindezusammenschlüsse nicht wiederum geändert werden sollen. Die Frage, in welcher Reihenfolge Gebietsreformen auf unterschiedlichen Ebenen sinnvollerweise durchzuführen sind, wird denn auch keinesfalls einheitlich beantwortet. Während sich einige etwa für das Vorziehen einer Kreisreform aussprechen (vgl. etwa Dietlein/Thiel, Rechtsfragen eines zwangsweisen Zusammenschlusses von Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden in Rheinland-Pfalz, 2013, S. 72; Dietlein, LKRZ 2013, 313 [317]), wird von anderer Seite zum Teil empfohlen, zunächst eine Gemeindegebietsreform durchzuführen und auf der Basis sicherer Gemeindegrenzen über neue Kreisstrukturen zu befinden (so etwa Kregel, in: Mecking/Oebbecke [Hrsg.], Zwischen Effizienz und Legitimität, 2009, S. 229 [253]).

160

Im Übrigen wird der Gefahr eines völlig ungeeigneten Zusammenschlusses von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden im Rahmen der derzeitigen Reform dadurch begegnet, dass gemäß § 2 Abs. 4 Satz 2 KomVwRGrG ein kreisübergreifender Zusammenschluss zugelassen werden kann, wenn innerhalb desselben Landkreises ein Zusammenschluss zu einer verbandsfreien Gemeinde oder Verbandsgemeinde mit ausreichender Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Verwaltungskraft nicht möglich ist. Des Weiteren plant der Gesetzgeber Gebietsänderungen, die mit der Änderung von Landkreisen verbunden wären, im Rahmen der zweiten Reformstufe bis zum Jahr 2019 durchzuführen (vgl. etwa LT-Drucks. 16/2794, S. 28; siehe hierzu ferner unten D.II.3.b)cc)(2)(b)(bb)(α)). In diesem Vorgehen vermag der Verfassungsgerichtshof anders als die Antragstellerin auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der betroffenen Gebietskörperschaften zu erkennen. Denn der zeitliche Aufschub einer solchen Gebietsänderung in solchen Fällen findet seinen sachlichen Grund gerade in der für notwendig erachteten Änderung der Landkreise.

161

cc) § 1 MaikammerEinglG ist verfassungswidrig. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Auflösung der Antragstellerin durch das Gemeinwohl gerechtfertigt ist.

162

(1) Zwar ist auch auf der Stufe der verfassungsrechtlichen Überprüfung des konkreten Neugliederungsgesetzes der politische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen, der nur eine eingeschränkte verfassungsgerichtliche Kontrolle zulässt (vgl. etwa LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 4. September 2012 – LVG 3/11 –; VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. August 2011 – 21/10 –, juris, Rn. 125). Allerdings unterliegt der Gesetzgeber hier einer intensiveren verfassungsgerichtlichen Kontrolle als auf den beiden vorangegangenen Stufen (vgl. ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [644]; VerfGH Sachsen, Beschluss vom 9. November 1995 – Vf. 20-VIII-95 –).

163

In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Verfassungsgerichte der Länder überprüft der Verfassungsgerichtshof die einzelne Neugliederung darauf, ob der Gesetzgeber den für seine Regelung erheblichen Sachverhalt zutreffend ermittelt, dem Gesetz zugrunde gelegt hat und ob er die im konkreten Fall angesprochenen Gemeinwohlgründe sowie die Vor- und Nachteile der gesetzlichen Regelung in die vorzunehmende Abwägung eingestellt hat. Auf der Grundlage des in dieser Weise ermittelten Sachverhalts und der Gegenüberstellung der daraus folgenden verschiedenen – oft gegenläufigen Belange – ist der Gesetzgeber befugt, sich letztlich für die Bevorzugung eines Belangs und damit notwendig zugleich für die Zurückstellung aller anderen betroffenen Aspekte zu entscheiden. Insoweit hat sich die Prüfung auf die Kontrolle zu beschränken, ob die angegriffene Neugliederungsmaßnahme dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht und frei von willkürlichen Erwägungen ist (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50 [51]; Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [108 f.]; VerfGH Sachsen Urteil vom 6. Mai 1999 – Vf. 51-VIII-98 –; VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. August 2011 – 21/10 –, juris, Rn. 124). Liegen zudem gesetzgeberische Leitbilder und Leitlinien für die Neugliederungsmaßnahme vor, prüft der Verfassungsgerichtshof, ob diese systemgerecht verwirklicht worden sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50 [51]; VerfGH RP, Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [130 f., 133]; Urteil vom 14. Dezember 1970 – VGH 4/70 –, AS 12, 239 [249 f.]; VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. August 2011 – 21/10 –, juris, Rn. 124). Soweit Ziele, Wertungen und Prognosen des Gesetzgebers in Rede stehen, hat der Verfassungsgerichtshof darüber zu wachen, dass diese nicht offensichtlich oder eindeutig widerlegbar sind oder gar den Prinzipien der verfassungsrechtlichen Ordnung widersprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50 [51]; Beschluss vom 12. Mai 1992 – 2 BvR 470/90 u.a. –, BVerfGE 86, 90 [109]; VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. August 2011 – 21/10 –, juris, Rn. 124; LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 4. September 2012 – LVG 3/11 –).

164

Für diese Prüfung ist es unabdingbar, dass der Gesetzgeber seiner Entscheidung eine Begründung beigibt, aus der die für den Abwägungsprozess und sein Ergebnis relevanten Gesichtspunkte erkennbar werden (VerfGH Sachsen, Urteil vom 6. Mai 1999 – Vf. 51-VIII-98 –; Urteil vom 25. November 2005 – Vf. 119-VIII-04 –, juris, Rn. 246). Der Gemeinwohlvorbehalt für gemeindliche Neugliederungen bedeutet daher im Wesentlichen ein „legislatorisches Abwägungsgebot“ (Wallerath, in: Die Verfassungsgerichte der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern u.a. [Hrsg.], 20 Jahre Verfassungsgerichtsbarkeit in den neuen Ländern, 2014, S. 53 [82]).

165

(2) Dies vorausgeschickt hat der Gesetzgeber vorliegend zwar den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend ermittelt (a). Die hier vorgenommene Abwägung genügt allerdings nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Denn der Gesetzgeber hat gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit verstoßen (b).

166

(a) Die Sachverhaltsermittlung entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es für eine ausreichende Sachverhaltsermittlung nicht darauf ankommt, ob sämtliche tatsächliche Momente in allen Einzelheiten richtig erfasst und gewürdigt worden sind. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, alle irgendwie mit einem Neugliederungsvorhaben zusammenhängenden Aspekte umfassend aufzuklären. Ins Gewicht fällt vielmehr, ob er die Sachverhaltselemente vollständig ermittelt hat, die für sein selbst gesetztes Ziel erheblich sind. Wenn die Richtigkeit einer die Entscheidung tragenden Tatsache bestritten und es möglich ist, dass die Neugliederung anders ausgefallen wäre, besteht eine Nachprüfungspflicht für das Verfassungsgericht (vgl. VerfGH Sachsen, Urteil vom 25. November 2005 – Vf. 119-VIII-04 –, juris, Rn. 241 f.; VerfG Brandenburg, Beschluss vom 18. November 2004 – VfgBbg 266/03 –, juris, Rn. 24, m.w.N.).

167

(aa) Hiervon ausgehend ist die Sachverhaltsermittlung des Gesetzgebers nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin geltend macht, dem Gutachten Junkernheinrich Teil A hätten fehlerhafte Daten zugrunde gelegen, so dass dieser in ihrem Fall irrtümlich von einen durchschnittlich negativen Finanzierungssaldo in den Jahren 2001 bis 2009 ausgegangen sei, vermag dieses Vorbringen ihrem Antrag nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn etwaige dem Gutachten zugrunde gelegte unzutreffende Haushaltszahlen der Antragstellerin haben sich ersichtlich nicht auf das angegriffene Gesetz ausgewirkt. Ausweislich der amtlichen Gesetzesbegründung ist der Gesetzgeber nämlich – abweichend vom Gutachten Junkernheinrich Teil A – davon ausgegangen, dass die Antragstellerin in den Jahren 2001 bis 2009 über einen positiven Finanzierungssaldo verfügte und damit im Sinne der im Gutachten angelegten Kriterien dauerhaft leistungsfähig ist (vgl. LT-Drucks. 16/2794, S. 85). Der Gesetzgeber hat dies lediglich im Ergebnis nicht für einen Fortbestand der Antragstellerin ausreichen lassen.

168

Soweit die Antragstellerin die Zugrundelegung von Planzahlen für das Haushaltsjahr 2009 sowie eine fehlende Vergleichbarkeit der Daten für das Haushaltsjahr 2009 rügt, die daraus resultiere, dass nicht alle Gemeinden nach den Ausführungen des Statistischen Landesamtes im Jahr 2009 bereits von der kameralen auf die doppische Haushaltssystematik umgestellt hätten, zeigen sich ebenfalls keine entscheidungserheblichen Mängel in der Sachverhaltsermittlung. Insoweit legt die Antragstellerin schon nicht hinreichend substantiiert dar, inwieweit sich dies auf das hier angegriffene Gesetz hätte auswirken können. Der Gesetzgeber hat die im Gutachten Junkernheinrich Teil A geprüften Kriterien, wie dargelegt, im Falle der Antragstellerin als erfüllt angesehen. Soweit er die einzelnen Verbandsgemeinden des Landkreises Südliche Weinstraße miteinander vergleicht (vgl. LT-Drucks. 16/2794, S. 83 f.), zieht er Daten aus dem Haushaltsjahr 2009 gerade nicht heran.

169

(bb) Der Gesetzgeber hat seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Sachverhaltsermittlung auch nicht dadurch verletzt, dass er in Bezug auf die Eingliederung der Antragstellerin in die Verbandsgemeinde Edenkoben nicht ermittelt hat, welche Fusionsgewinne im Einzelnen zu erwarten sind. Wie bereits dargelegt, ist der Gesetzgeber zur Erstellung einer wirtschaftlichen Schaden-Nutzen-Bilanz von Verfassungs wegen nicht verpflichtet (siehe hierzu oben D.II.3.b)bb)(2)(e)). Dies gilt gerade auch im Hinblick auf die Auflösung und Eingliederung einzelner kommunaler Gebietskörperschaften. Vor diesem Hintergrund musste der Gesetzgeber weder untersuchen, ob sich bei vergangenen Gebietsreformen (in anderen Bundesländern) tatsächlich Kosteneinsparungen haben erzielen lassen, noch musste er sich mit dem von der Antragstellerin in Auftrag gegebenen und vorgelegten Gutachten Röske und den dort aufgeführten wirtschaftlichen Fusionseffekten auseinandersetzen.

170

(cc) Soweit die Antragstellerin rügt, der Gesetzgeber habe aktuelle Entwicklungen in den betroffenen verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden ab dem Jahr 2009 nicht berücksichtigt, legt sie nicht hinreichend dar, inwieweit sich dies auf sie ausgewirkt haben soll, zumal sich der Gesetzgeber im Gesetzesentwurf entgegen der Annahme der Antragstellerin nicht nur auf Daten aus den Jahren 2007 bis 2009 stützt, sondern teilweise Daten aus den Jahren 2010, 2011 und 2012 zugrunde legt (vgl. LT-Drucks. 16/2794, S. 80 ff.). Im Übrigen fällt es in den Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers, den zeitlichen Bezugspunkt der für die Beurteilung eines Gebietsänderungsbedarfs herangezogenen Kriterien zu bestimmen.

171

(b) Die Auflösung der Antragstellerin verstößt gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit.

172

(aa) In der Rechtsprechung der Verfassungsgerichte ist – mit zum Teil unterschiedlichen methodischen Ansätzen – anerkannt, dass der Gesetzgeber dann, wenn er sich hinsichtlich eines bestimmten Regelungsgegenstandes für ein bestimmtes System oder für bestimmte Strukturprinzipien entschieden hat, dieses System bzw. diese Strukturprinzipien nicht beliebig durchbrechen darf (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50 [51]; VerfGH RP, Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [130 f., 133]; Urteil vom 14. Dezember 1970 – VGH 4/70 –, AS 12, 239 [249 f.]; ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [643]; VerfG Brandenburg, Beschluss vom 18. November 2004 – VfGBgb 155/03 –, juris, Rn. 49; VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 18. August 2011 – 21/10 –, juris, Rn. 191). Bei einer landesweiten Neugliederung muss nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung ein einheitliches Konzept zugrunde gelegt werden. Regelungen, die ohne hinreichende Begründung das zugrunde liegende System verlassen, verstoßen gegen das öffentliche Wohl (vgl. VerfG Brandenburg, Beschluss vom 18. November 2004 – VfGBgb 155/03 –, juris, Rn. 47).

173

Dabei ist der Gesetzgeber an die einmal von ihm gewählten Grundsätze in jedem Einzelfall nicht starr gebunden. Abweichungen hiervon sind aus entsprechenden Sachgründen, insbesondere bei einer besonderen Sachverhaltsgestaltung, zulässig bzw. geboten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. November 1978 – 2 BvR 165/75 –, BVerfGE 50, 50 [53]; ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [643]; Müller/Trute, Stadt-Umland-Probleme in Sachsen, 1996, S. 190). Ob ein sachgerechter Grund vorliegt, der eine Abweichung vom System rechtfertigt, unterliegt jedoch – im Gegensatz zur Bestimmung des Leitbildes und der Leitlinien selbst – einer umfassenden verfassungsgerichtlichen Kontrolle. Dies folgt auch aus dem planerischen Einschlag der Entscheidung, bei der die Abwägung der für oder gegen eine Neugliederungsmaßnahme streitenden Belange im Wesentlichen durch die vom Gesetzgeber entwickelten Leitbilder und Leitlinien gesteuert wird (vgl. ThürVerfGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 – 2/95 u.a. –, NVwZ-RR 1997, 639 [644]). Eine Abweichung darf insbesondere nicht den Zielvorstellungen der Gebietsreform entgegenlaufen. Den Gesetzgeber trifft zudem in diesen Fällen eine erhöhte Begründungspflicht (vgl. Müller/Trute, Stadt-Umland-Probleme in Sachsen, 1996, S. 190).

174

(bb) Die Auflösung der Antragstellerin verletzt das Gebot der Systemgerechtigkeit. Dies resultiert zwar nicht schon daraus, dass Gebietsreformen auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden auch noch nach der Kommunalwahl im Jahr 2014 stattfinden sollen (α). Dem Gebot der Systemgerechtigkeit widerspricht es allerdings, dass der Gesetzgeber im Falle der Antragstellerin ihre dauerhafte Leistungsfähigkeit im Ergebnis zumindest auch mit einer fehlenden Sonderstellung in der Region und im Landkreis verneint hat (β).

175

(α) Entgegen der Annahme der Antragstellerin ist ein Verstoß gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit nicht darin zu sehen, dass der Gesetzgeber die Gebietsreformmaßnahmen auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden nicht bis zum Tag der allgemeinen Kommunalwahl im Jahr 2014 abgeschlossen hat.

176

Nach § 2 Abs. 1 KomVwRGrG werden zur Stärkung der Leistungsfähigkeit, der Wettbewerbsfähigkeit und der Verwaltungskraft der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden die vorhandenen Gebietsstrukturen dieser kommunalen Gebietskörperschaften bis zum Tag der allgemeinen Kommunalwahl im Jahr 2014 verbessert. Es spricht vieles dafür, dass es sich bei dieser Regelung lediglich um eine bloße „Zielbestimmung“ und keine verbindliche zeitliche Vorgabe in dem Sinne handeln sollte, dass nach dem Tag der allgemeinen Kommunalwahl Gebietsänderungen nicht mehr möglich sein sollen. Denn Gebietsreformen stellen sich in der Regel als Prozess dar, der häufig aus vielfältigen Gründen anders als zunächst politisch beabsichtigt, nicht zu einem festen Zeitpunkt vollständig umgesetzt werden wird, insbesondere wenn – wie hier – eine Vielzahl von Gebietskörperschaften betroffen ist. Gebietsreformen ist daher eine strikte Bindung an zeitliche Vorgaben fremd. Im Übrigen kann eine Verbesserung der vorhandenen Gebietsstrukturen nicht erst durch die Änderung sämtlicher reformbedürftiger Gebietskörperschaften, sondern auch schon durch einzelne gebietliche Veränderungen eintreten.

177

Ob aus § 4 Abs. 5 KomVwRGrG, wie die Antragstellerin meint, etwas anderes im Hinblick auf die Verbindlichkeit des zeitlichen Rahmens der Gebietsreform abzuleiten ist, kann hier dahingestellt bleiben. Selbst wenn diese Ansicht zutreffen sollte, ist nicht ersichtlich, inwieweit die Antragstellerin durch eine Verzögerung der Gebietsreform überhaupt beschwert sein könnte (vgl. hierzu auch VerfG Brandenburg, Urteil vom 29. August 2002 – VfGBbg 34/01 –, LKV 2002, 573 [574], wonach Regelungen, die das System verändern, für die hiervon betroffenen Kommunen die Beschwerdebefugnis begründen; vgl. ferner StGH BW, Urteil vom 14. Februar 1975 – GR 11/74 –, ESVGH 25, 1 [24]; VerfG Brandenburg, Beschluss vom 18. November 2004 – VfgBbg 167/03 –, juris, Rn. 50). Ihre Auflösung und Eingliederung in die Verbandsgemeinde Edenkoben ist gerade im Jahre 2014 erfolgt. Wollte man dem Grundsätzegesetz die Leitlinie entnehmen, dass die in Betracht kommenden Gebietsreformen auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden bis zum Tag der allgemeinen Kommunalwahl 2014 zu erfolgen haben, dann wurde diese Leitlinie in Bezug auf die Antragstellerin gerade systemgerecht umgesetzt.

178

Eine andere Beurteilung käme vorliegend lediglich dann in Betracht, wenn die Grenze zur Willkür überschritten wäre. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der Gesetzgeber seine im Jahr 2014 durchgeführte Gebietsreform auf einzelne, beliebig herausgegriffene verbandsfreie Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden beschränkt hätte und die Antragstellerin hierdurch in willkürlicher Weise benachteiligen würde (zu einer ähnlichen Problematik im Baurecht vgl. OVG RP, Urteil vom 17. Dezember 1999 – 1 A 10091/99.OVG –, ESOVGRP; zum Wehrrecht vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1993 – 8 C 20/92 –, juris, Rn. 16; vgl. ferner BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 – 1 BvL 25/77 –, BVerfGE 50, 142 [166]).

179

Für ein derartiges, mit einem Systemversagen einhergehendes Vorgehen bestehen vorliegend jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte.

180

Bereits in der amtlichen Gesetzesbegründung zu dem hier angegriffenen Eingliederungsgesetz führt der Gesetzgeber im Einzelnen auf, für welche verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden er einen immanenten Gebietsänderungsbedarf sieht (vgl. LT-Drucks. 16/2794, S. 42 f.). Zudem legt er dar, dass auf der zweiten Reformstufe bis zum Jahr 2019 Gebietsänderungen von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden realisiert würden, die derzeit mit der Änderung von Landkreisen verbunden wären. Gleiches gelte für die Gebietsänderungen von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden, die sich aus unterschiedlichen Gründen bis 2014 nicht realisieren ließen (LT-Drucks. 16/2794, S. 28). Der Gesetzgeber hat damit zum einen verdeutlicht, dass er die Gebietsreform auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden nicht als abgeschlossen betrachtet und nicht auf die bereits durchgeführten Neugliederungen beschränken will (vgl. hierzu auch http://isim.rlp.de/staedte-und-gemeinden/kommunal-und-verwaltungsreform/ gebietsreform/, wonach geplant ist, bis 2019 auch alle noch ausstehenden Gebietsänderungen von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden mit eigenem Gebietsänderungsbedarf herbeizuführen). Der Umstand, dass die derzeitige Legislaturperiode 2016 endet, rechtfertigt entgegen der Ansicht der Antragstellerin keine andere Beurteilung. Hieraus allein ergibt sich zum jetzigen Zeitpunkt kein Anhalt für ein (künftig) willkürliches Vorgehen des Gesetzgebers bezüglich der Umsetzung der Gebietsreform. Die Annahme, dass bei einem etwaigen Regierungswechsel die Reform nicht fortgeführt werde, ist derzeit reine Spekulation.

181

Zum anderen hat der Gesetzgeber hinreichend plausibilisiert, weshalb er die Reformmaßnahmen auf der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden zeitlich abgeschichtet hat. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs – ohne weitere Anhaltspunkte – zu überprüfen, ob die Gründe, die den Gesetzgeber dazu bewogen haben, die aus seiner Sicht anstehenden Reformmaßnahmen nicht vollständig bereits im Jahr 2014 durchzuführen, tatsächlich tragen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass allein die von der Antragstellerin benannten beiden Fälle, in denen vermeintlich vergleichbare Verbandsgemeinden von einer Gebietsänderung bis 2019 verschont bleiben, nicht geeignet sind, ein insgesamt willkürliches Vorgehen des Gesetzgebers zu begründen (vgl. hierzu auch VerfG Brandenburg, Beschluss vom 18. November 2004 – VfgBbg 167/03 –, juris, Rn. 50).

182

Ein willkürliches Vorgehen ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass denjenigen verbandsfreien Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden mit eigenem Gebietsänderungsbedarf ein Aufschub hinsichtlich einer Gebietsänderung bis zum Jahr 2019 gewährt worden ist, wenn sie der Gebietsänderung zugestimmt haben. Diese Verknüpfung stellt sich nicht als sachfremd dar, sondern findet ihren sachlichen Grund in dem berechtigten Interesse des Gesetzgebers an Rechtssicherheit über den zukünftigen Gebietsbestand der betroffenen verbandsfreien Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden und entspricht darüber hinaus dem in § 1 Abs. 1 Satz 4 KomVwRGrG verankerten Grundsatz des Vorrangs freiwilliger Gebietsänderungen.

183

(β) Mit dem Gebot der Systemgerechtigkeit ist es jedoch nicht zu vereinbaren, dass der Gesetzgeber unter Zugrundelegung der im Gutachten Junkernheinrich Teil A angelegten Kriterien für die Antragstellerin einen Gebietsänderungsbedarf im Ergebnis zumindest auch auf der Grundlage eines regionalen und landkreisinternen Vergleichs bejaht hat.

184

Wie bereits dargelegt, ist es von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber typisierend davon ausgeht, dass verbandsfreie Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden unterhalb einer bestimmten Mindesteinwohnerzahl nicht dauerhaft leistungsfähig sind. Mit § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG hat er vorliegend allerdings für verbandsfreie Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden, die die in § 2 Abs. 2 Satz 1 KomVwRGrG festgelegten Mindesteinwohnerzahlen unterschreiten, die Möglichkeit geschaffen, diese typisierende Annahme zu widerlegen und den Nachweis einer dauerhaften Leistungsfähigkeit zu erbringen.

185

Dabei hat der vom Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur beauftragte Prof. Dr. Junkernheinrich, wie bereits dargelegt, den Aspekt der dauerhaften Leistungsfähigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG anhand zweier Kriterien überprüft: Das erste Kriterium erfordert einen im Neunjahresdurchschnitt ausgeglichenen Finanzierungssaldo. Das zweite Kriterium verlangt, dass die jeweilige verbandsfreie Gemeinde oder Verbandsgemeinde im Zeitraum von 2007 bis 2009 maximal ein Jahr mit negativem Finanzierungssaldo aufwies. Der besondere Grund der Wirtschafts- und Finanzkraft wird anhand der Steuerkraft ermittelt. Er soll bei denjenigen verbandsfreien Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden vorliegen, deren Steuerkraft in Euro je Einwohner in den Jahren 2001 bis 2009 im Mehrjahresdurchschnitt positiv vom jeweiligen Gebietstyp abgewichen ist (vgl. Gutachten Junkernheinrich Teil A, S. 56 ff.). Der Gesetzgeber hat diese Kriterien seiner Gebietsreform ausdrücklich zugrunde gelegt (vgl. LT-Drucks. 16/2794, S. 35, 40, 42; ferner LT-Drucks. 16/2793, S. 83 f.; LT-Drucks. 16/2795, S. 75 f.; LT-Drucks. 16/2797, S. 80 f.; LT-Drucks. 16/2800, S. 121; LT-Drucks. 16/2801, S. 73). Dies steht im Einklang mit seiner Annahme, dass das Ziel der kommunalen Leistungsfähigkeit hauptsächlich durch die fiskalische Situation einer Kommune sowie durch deren demografische Entwicklungsfähigkeit beeinflusst werde (LT-Drucks. 16/2794, S. 50).

186

Während Prof. Dr. Junkernheinrich noch davon ausgegangen ist, dass die Antragstellerin über keinen ausgeglichenen Finanzierungssaldo im Durchschnitt der Jahre 2001 bis 2009 verfüge und demnach das Kriterium der dauerhaften Leistungsfähigkeit nicht erfülle (vgl. Gutachten Junkernheinrich Teil A, S. 58), ist der Gesetzgeber ausweislich der amtlichen Gesetzesbegründung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Antragstellerin beide Kriterien erfülle, und hat ihr sowohl eine überdurchschnittliche Finanz- und Wirtschaftskraft als auch eine dauerhafte Leistungsfähigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG attestiert (vgl. LT-Drucks. 16/2794, S. 80, 85). Gleichwohl hat er die Antragstellerin im Ergebnis – unter Heranziehung anderer als der im Gutachten Junkernheinrich Teil A zugrunde gelegten Kriterien – nicht als dauerhaft leistungsfähig angesehen und anhand dessen für sie einen eigenen Gebietsänderungsbedarf bejaht.

187

Damit hat sich der Gesetzgeber von seinem Ausnahmesystem, wie es in § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG und den herangezogenen Kriterien des Gutachtens Junkernheinrich Teil A zum Ausdruck kommt (vgl. zur Bindungswirkung nicht gesetzlich geregelter „Richtpunkte“ VerfGH RP, Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [127 f.]) gelöst. Eine hinreichend tragfähige Begründung hierfür fehlt jedoch.

188

Zwar ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber zur Beurteilung der dauerhaften Leistungsfähigkeit neben den hier angewandten weitere Kriterien heranzieht. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich das im Gutachten Junkernheinrich Teil A überprüfte Kriterium des ausgeglichenen Haushalts nicht unmittelbar aus § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG ergibt, die dauerhafte Leistungsfähigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG vielmehr Raum für die Berücksichtigung mehrerer Aspekte bietet (zur Offenheit des Begriffs der Leistungsfähigkeit vgl. auch Wallerath, in: Die Verfassungsgerichte der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern u.a. [Hrsg.], 20 Jahre Verfassungsgerichtsbarkeit in den neuen Ländern, 2014, S. 53 [93]). Der Gesetzgeber darf grundsätzlich auch die prognostizierte demografische Entwicklung sowie das Maß des Unterschreitens der Mindesteinwohnerzahl (vgl. hierzu auch LT-Drucks. 16/2780, S. 125, 130, LT-Drucks. 16/2800, S. 90 f.) in Rechnung stellen (siehe hierzu bereits oben D.II.3.b)bb)(2)(d)(bb)). Denn dies steht im Einklang mit seiner zumindest verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden typisierenden Annahme, dass größere Gebietskörperschaften tendenziell leistungsfähiger sind. Allerdings darf der Gesetzgeber sein Regelungssystem nicht ohne sachlichen Grund verlassen. Hat er sich, wie hier, dazu entschieden, den Nachweis einer dauerhaften Leistungsfähigkeit zuzulassen, so darf er diese Möglichkeit nicht durch den bloßen Verweis auf eine Unterschreitung der festgesetzten Mindesteinwohnerzahl unterlaufen.

189

An einer tragfähigen einzelfallbezogenen, am Reformziel ausgerichteten Begründung, weshalb für die Antragstellerin, die die im Gutachten Junkernheinrich Teil A angelegten Kriterien unstreitig erfüllt, dennoch ein Gebietsänderungsbedarf anzunehmen ist, mangelt es hier jedoch. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des politischen Ermessensspielraums des Gesetzgebers.

190

(αα) Der Gesetzgeber bescheinigt der Antragstellerin im Landesvergleich eine gute Wirtschafts- und Finanzkraft sowie eine deutlich unterdurchschnittliche Verschuldung (vgl. LT-Drucks. 16/2794, S. 88). So wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, die Antragstellerin habe die jahresdurchschnittliche Steuerkraft einer Verbandsgemeinde in Rheinland-Pfalz in den Jahren 2001 bis 2009 sowie in den Jahren 2010 und 2011 um 7,81 % bzw. 9,03 % überstiegen. Ihr Gesamtschuldenstand mit Eigenbetrieben und Eigengesellschaften habe im Jahr 2009 deutlich unter dem Landesdurchschnitt gelegen. Dies gelte auch für den Gesamtschuldenstand einschließlich der Ortsgemeinden. Die Schulden im Kernhaushalt hätten am 31. Dezember 2009 um 50,82 % (ohne Ortsgemeinden) und um 12,82 % (mit Ortsgemeinden) unter den Durchschnittswerten einer rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinde gelegen. Die Antragstellerin habe in den Jahren 2009, 2010 und 2011 auch keine Kredite zur Liquiditätssicherung aufgenommen. Ihre Schulden zum 31. Dezember 2010 (ohne Eigenbetriebe und Ortsgemeinden) hätten knapp unter dem Durchschnitt der Verbandsgemeinden gleicher Größenklassen gelegen. In den Jahren 2011 und 2012 seien wiederum deutlich unterdurchschnittliche Werte zu verzeichnen (LT-Drucks. 16/2794, S. 80 f.).

191

Selbst hinsichtlich der demografischen Entwicklung hat der Gesetzgeber auf der Grundlage der Berechnungen des Statistischen Landesamtes (Dritte kleinräumige Bevölkerungsrechnung, Basisjahr 2010) einen leicht positiven Trend festgestellt. So habe das Statistische Landesamt für die Antragstellerin bis zum Jahr 2030 einen leichten Bevölkerungsanstieg um 0,42 % prognostiziert, wobei ein Rückgang der Zahl der unter 20-jährigen Einwohnerinnen und Einwohner um 20,8 % und ein Anstieg der Zahl der über 65-jährigen um 41,05 % zu verzeichnen sei (LT-Drucks. 16/2794, S. 81 f.).

192

Diesen guten Werten stellt der Gesetzgeber allerdings in erster Linie eine fehlende Sonderstellung der Antragstellerin in der Region Rheinpfalz, innerhalb des Landkreises Südliche Weinstraße und im Vergleich mit den Verbandsgemeinden gleicher Größenklassen gegenüber. Insoweit hat er ausgeführt, dass die Antragstellerin in der Region Rheinpfalz keine Sonderstellung einnehme. Für die Region werde mit einem durchschnittlich erwarteten Bevölkerungsrückgang von 1,5 % eine merklich günstigere Entwicklung als im rheinland-pfälzischen Durchschnitt prognostiziert. In 19 von 38 verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden sei die Pro-Kopf-Steuerkraft im langjährigen Mittel überdurchschnittlich hoch gewesen. Insgesamt 20 der 38 verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden seien zum 31. Dezember 2009 kassenkreditfrei gewesen (LT-Drucks. 16/2794, S. 83).

193

Die Antragstellerin stehe auch im finanziellen Vergleich mit den übrigen (sechs) Verbandsgemeinden des Landkreises Südliche Weinstraße zum 31. Dezember 2008 nicht überdurchschnittlich dar. Bei den Schulden insgesamt (einschließlich Ortsgemeinden) hätten vier Verbandsgemeinden bessere Werte aufgewiesen. Mit Ausnahme zweier Verbandsgemeinden hätten die Verbandsgemeinden des Landkreises keine Kredite zur Liquiditätssicherung aufgenommen. Bei den Schulden der Eigenbetriebe und Eigengesellschaften habe sich die Antragstellerin mit drei weiteren Verbandsgemeinden des Landkreises in der zweitbesten Kategorie befunden. Allerdings wiesen die übrigen drei Verbandsgemeinden insoweit ebenfalls gute Werte auf. Die Antragstellerin habe in den Jahren 2005 bis 2011 fast ausnahmslos über den Umlagesätzen der übrigen Verbandsgemeinden gelegen. Lediglich zwei Verbandsgemeinden hätten im Jahr 2011 die Antragstellerin um einen Prozentpunkt übertroffen. Im Jahr 2007 habe die Antragstellerin (einschließlich Ortsgemeinden) im Landkreis die höchsten Bruttoausgaben im Kernhaushalt aufgewiesen. Bei der Höhe des laufenden Sachaufwands habe sie im Jahr 2008 an der Spitze des Landkreises gelegen (LT-Drucks. 16/2794, S. 83 f.).

194

Die kassenwirksamen Bruttoausgaben des Verwaltungshaushalts der Antragstellerin hätten im Jahr 2010 knapp unter dem Durchschnitt der Verbandsgemeinden gleicher Größenklasse (5.000 bis 10.000 Einwohner) gelegen. Bei den Personalausgaben habe sie den Durchschnitt unterschritten, der laufende Sachaufwand sei überdurchschnittlich gewesen. Im Jahr 2011 habe sie bei den Personalausgaben unter dem Vergleichswert gelegen, beim laufenden Sachaufwand den Durchschnitt übertroffen. Bei der Anzahl der Beschäftigten im Kernhaushalt zum 30. Juni 2010 habe sie die durchschnittliche Beschäftigungszahl von Verbandsgemeinden gleicher Größenklasse knapp unterschritten und habe insgesamt über dem Durchschnitt gelegen.

195

Es müsse zudem berücksichtigt werden, dass die Antragstellerin mit 7.958 Einwohnern zum 30. Juni 2009 und drei Ortsgemeinden deutlich hinter der grundsätzlich geforderten Einwohnerzahl und hinter den durchschnittlichen Größenverhältnissen in Rheinland-Pfalz, aber auch im regionalen Vergleich zurückbleibe. Auch die in § 2 Abs. 3 Satz 1 KomVwRGrG genannten Werte von 10.000 Einwohnern, einer Fläche von 100 qkm und 15 Ortsgemeinden unterschreite die Antragstellerin deutlich. Im Gutachten Junkernheinrich Teil A werde ausgeführt, dass mit zunehmender Gemeindegröße die Leistungsfähigkeit steige. Größere Verbandsgemeinden hätten in Bezug auf ihre Einwohnerzahlen signifikant niedrigere Personal-, Verwaltungs- und Betriebsausgaben. Wie in der begleitenden Gesetzesfolgenabschätzung dargelegt, lasse sich die dauerhafte Handlungs- und Tragfähigkeit kleiner Kommunen nicht gewährleisten und zwar selbst für den Fall, dass diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch vergleichsweise wirtschaftlich arbeiteten. Die dauerhafte Leistungsfähigkeit hänge geradezu in existenzieller Weise von der Qualität des kommunalen Personals ab; diese lasse sich jedoch keineswegs langfristig garantieren (LT-Drucks. 16/2794, S. 85 ff.).

196

Zusammenfassend führt die Gesetzesbegründung aus, auch unter Berücksichtigung der guten Wirtschafts- und Finanzkraft, der deutlich unterdurchschnittlichen Verschuldung und der voraussichtlich nicht erheblich abnehmenden bzw. ggf. sogar leicht ansteigenden Bevölkerungszahl, hebe sich die Antragstellerin nicht in einer solchen Weise von den Werten der Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz bzw. in ihrer Region ab, die eine Ausnahme von der Fusionspflicht rechtfertigen könne (LT-Drucks. 16/2794, S. 88).

197

(ββ) Zwar ist grundsätzlich nichts gegen einen Vergleich der Verbandsgemeinden gleicher Größenklassen zur Beurteilung ihrer dauerhaften Leistungsfähigkeit einzuwenden. Es erschließt sich jedoch nicht, weshalb es sich bei der angenommenen fehlenden Sonderstellung der Antragstellerin in der Region Rheinpfalz und im Landkreis Südliche Weinstraße, auf die der Gesetzgeber die Annahme eines Gebietsänderungsbedarfs (zumindest auch) gestützt hat, mit Blick auf das Ziel der Reform um einen geeigneten Vergleichsmaßstab handeln sollte. Hierbei ist maßgeblich in Rechnung zu stellen, dass die Neugliederung der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden landesweit durchgeführt wird. Ziel der Reform sind gemäß § 1 Abs. 1 KomVwRGrG kommunale Gebietskörperschaften, die in der Lage sind, langfristig die ihnen obliegenden Aufgaben in fachlich hoher Qualität, wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah wahrzunehmen. Die Berücksichtigung regionaler oder gar landkreisinterner Verhältnisse bei der Beurteilung der dauerhaften Leistungsfähigkeit einer kommunalen Gebietskörperschaft ist folglich im Grundsätzegesetz nicht angelegt und erscheint im Übrigen bei einer landesweiten Reform auch nicht sachgerecht. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang ferner, dass auch im Gutachten Junkernheinrich Teil A, welches der Gesetzgeber seinen Neugliederungsmaßnahmen zugrunde gelegt hat, keine regionalen oder gar landkreisinternen Vergleiche vorgenommen werden. So wird etwa die Erfüllung des Kriteriums einer besonderen Wirtschafts- und Finanzkraft mittels eines landesweiten Vergleichs geprüft. Die Beurteilung der dauerhaften Leistungsfähigkeit anhand ausgewählter Finanzdaten erfolgt darüber hinaus mit Blick auf absolute Zahlen.

198

Der Gesetzgeber bleibt insoweit auch eine Begründung schuldig, wenn er in diesem Zusammenhang auf die Kritik der Antragstellerin an einem regionalen bzw. landkreisinternen Vergleich lediglich ausführt, es sei nicht ersichtlich, warum bei der Beurteilung der Frage, ob ein Unterschreiten der Mindesteinwohnerzahlen ausnahmsweise zugelassen werden soll, nicht auch ein regionaler Vergleich herangezogen werden könne (vgl. LT-Drucks. 16/2794, S. 88).

199

Dass andere Verbandsgemeinden in der Region bzw. im Landkreis ebenfalls über eine gute Wirtschafts- und Finanzkraft verfügen und einen niedrigen Schuldenstand aufweisen, kann der Antragstellerin folglich nicht zum Nachteil gereichen und ist zur Verneinung ihrer dauerhaften Leistungsfähigkeit, die nach dem Konzept des Gesetzgebers gerade durch die Kriterien des Gutachtens Junkernheinrich Teil A zumindest indiziert wird, nicht geeignet.

200

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin – worauf diese zu Recht hingewiesen hat – auch in dem vorgenommenen regionalen Vergleich keineswegs unterdurchschnittlich, vielmehr eher überdurchschnittlich abschneidet. Während etwa für die Region Rheinpfalz ein leichter Bevölkerungsrückgang erwartet wird, ist für die Antragstellerin sogar ein leichter Bevölkerungszuwachs prognostiziert worden. Aus den Ausführungen des Gesetzgebers zur Steuerkraft der Verbandsgemeinden in der Region Rheinpfalz ergibt sich, dass immerhin die Hälfte der Verbandsgemeinden im Gegensatz zur Antragstellerin über eine unterdurchschnittliche Pro-Kopf-Steuerkraft verfügte. Darüber hinaus waren in den Jahren 2009 bis 2011 zumindest zwischen 18 und 20 der 38 Verbandsgemeinden anders als die Antragstellerin nicht kassenkreditfrei. Auch im landkreisinternen Vergleich schneidet die Antragstellerin nicht unterdurchschnittlich ab. Insofern vermag auch das Ziel einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der kommunalen Gebietskörperschaften (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 KomVwRGrG) die hier aus dem vorgenommenen regionalen bzw. landkreisinternen Vergleich gezogenen Schlüsse nicht zu begründen.

201

(γγ) Eine andere Beurteilung ist auch nicht geboten, soweit der Gesetzgeber ausführt, eine überdurchschnittliche Wirtschafts- und Finanzkraft müsse mit einer den gesetzgeberisch angestrebten Größenverhältnissen zumindest annähernd entsprechenden kommunalen Gebietskörperschaft einhergehen, um ein Unterschreiten der Mindesteinwohnerzahlen ausnahmsweise zuzulassen und er in diesem Zusammenhang auf das Ziel einer Nivellierung gebietlicher Disparitäten verweist (vgl. LT-Drucks. 16/2794, S. 41, 88). Diese Überlegungen finden im Grundsätzegesetz keine Stütze. Dies gilt insbesondere für die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG. Denn zum einen sieht das Grundsätzegesetz weder eine Untergrenze für die Einwohnerzahlen vor, noch enthält es die Vorgabe, dass die Mindesteinwohnerzahl nur geringfügig unterschritten werden darf. Indem der Gesetzgeber darauf verweist, dass eine überdurchschnittliche Wirtschafts- und Finanzkraft mit einem den angestrebten Größenverhältnissen zumindest annähernd entsprechenden Territorium einhergehen müsse (vgl. LT-Drucks. 16/2794, S. 41, 88), wird den verbandsfreien Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden, die wie die Antragstellerin nicht nur unerheblich von den angestrebten Größenverhältnissen abweichen, von vornherein die Möglichkeit abgesprochen, dauerhaft leistungsfähig zu sein. Dies entspricht weder der Regelung des § 2 Abs. 3 Satz 2 KomVwRGrG noch der Annahme des Gesetzgebers, dass die Gründe, die für den Erhalt der betreffenden kommunalen Gebietskörperschaft sprechen, umso schwerer wiegen müssten, je stärker sie hinter der vorgegebenen Einwohnerzahl bleibe (vgl. LT-Drucks. 16/2794, S. 86). Der Gesetzgeber prüft im Übrigen für die Antragstellerin gerade, ob derartige Gründe vorliegen, verneint dies allerdings – wie bereits dargelegt – in nicht tragfähiger Weise.

202

Zum anderen ist das Ziel einer Nivellierung rein gebietlicher Disparitäten im Grundsätzegesetz nicht angelegt. § 1 Abs. 1 KomVwRGrG benennt als Ziel der Gebietsreform kommunale Gebietskörperschaften, die in der Lage sind, langfristig ihre Aufgaben in fachlich hoher Qualität, wirtschaftlich sowie bürger-, sach- und ortsnah wahrzunehmen. Die Angleichung der Einwohnerzahlen oder Flächengrößen von verbandsfreien Gemeinden bzw. Verbandsgemeinden ist hingegen nicht als eigenständiges, von der bezweckten Stärkung der Leistungsfähigkeit unabhängiges Ziel ausgewiesen. Dass allein auf diese Weise eine Steigerung der Leistungsfähigkeit erzielt wird, behauptet auch der Gesetzgeber nicht. Im Übrigen kann auch der Landesverfassung weder eine besondere rechtliche Grenze der Disparität noch ein Prinzip größtmöglicher Angleichung bei der Bildung kommunaler Gebietskörperschaften entnommen werden (so im Hinblick auf die Neugliederung von Landkreisen VerfGH RP, Urteil vom 5. Mai 1969 – VGH 29/69 –, AS 11, 118 [133]).

203

Der Gesetzgeber bleibt somit eine tragfähige, einzelfallbezogene Begründung schuldig, weshalb die Antragstellerin trotz ihrer guten wirtschaftlichen Lage nicht ausreichend leistungsfähig sein soll.

204

Ob die Antragstellerin mit anderer Begründung und/oder unter Geltung anderer Leitlinien hätte in verfassungskonformer Weise aufgelöst werden können, bedarf hier keiner Beurteilung. Denn zum einen ist der Verfassungsgerichtshof nicht befugt, die gesetzgeberische Begründung zu ersetzen oder zu ergänzen. Zum anderen ist auch ein „Nachschieben von Gründen“ nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens – etwa in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof – nicht zulässig. Nur die Gesetzesbegründung stellt die maßgebende Grundlage der inhaltlich nur begrenzt überprüfbaren Neugliederungsentscheidung dar (vgl. VerfGH Sachsen, Urteil vom 18. Juni 1999 – 51-VIII-98 –, LKV 2000, 21 [22]; ferner VerfG Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2005 – VfGBbg 229/03 –; Grünewald, LKV 2006, 109 [111]; vgl. ferner StGH Hessen, Urteil vom 21. Mai 2013 – P.St. 2361 –, juris, Rn. 132 [zum kommunalen Finanzausgleich]).

205

Der Antrag ist nach alledem begründet. § 1 MaikammerEinglG verletzt die Antragstellerin in ihrer kommunalen Selbstverwaltungsgarantie gemäß Art. 49 Abs. 1 bis 3 LV.

E.

206

§ 1 MaikammerEinglG ist nichtig, eine bloße Unvereinbarkeitserklärung war nicht geboten (I.). Die im Tenor ausgesprochene Vollstreckungsanordnung berücksichtigt die Folgen einer Nichtigkeit des § 1 MaikammerEinglG (II.). Die Nichtigkeit von § 1 MaikammerEinglG führt zur Nichtigkeit des gesamten Eingliederungsgesetzes (III.). Die Wirksamkeit der bislang für die Antragstellerin ergangenen Rechtshandlungen der Verbandsgemeinde Edenkoben bleibt von der Nichtigkeit unberührt (IV.).

I.

207

Steht eine Norm nicht mit der Verfassung in Einklang, so ist sie grundsätzlich für nichtig zu erklären (vgl. etwa VerfGH RP, Beschluss vom 5. Juli 2007 – VGH N 18/06 –; Beschluss vom 13. Juni 2014 – VGH B 16/14 –, ESOVGRP). Es besteht vorliegend auch kein Anlass dafür, lediglich die Unvereinbarkeit der Norm mit der Landesverfassung festzustellen und die Weitergeltung der Norm bis zu einem bestimmten Zeitpunkt anzuordnen (vgl. § 26 Abs. 3 VerfGHG). Für eine übergangsweise Weitergeltung der Norm, die die Auflösung und Eingliederung der Antragstellerin in die Verbandsgemeine Edenkoben aufrechterhalten würde, liegen hier keine schwerwiegenden Gründe des öffentlichen Wohls vor. Dies wäre nur dann in Betracht zu ziehen, wenn im Falle einer Nichtigerklärung ein Zustand geschaffen würde, der der verfassungsgemäßen Ordnung noch ferner stünde bzw. der mit der Verfassung noch weniger vereinbar wäre als die verfassungswidrige Regelung (vgl. BVerfG, Urteil vom 31. Mai 2006 – 2 BvR 1673/04 u.a. –, BVerfGE 116, 69 [93]), weil etwa ein „rechtliches Vakuum“ entstünde (BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1986 – 2 BvE 2/84 u.a. –, BVerfGE 73, 40 [101 f.]) oder Regelungslücken zu einem „Chaos“ führen würden (BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 – 2 BvR 2365/09 u.a. –, BVerfGE 128, 326 [404]).

208

Derartige Verhältnisse sind hier nicht ersichtlich. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinen Beschlüssen vom 23. Mai 2014 (VGH A 26/14, AS 42, 327 [328 ff.] sowie VGH A 28/14, KommJur 2014, 295 ff.), in denen es um die einstweilige Außervollzugsetzung von Eingliederungsgesetzen ging, verdeutlicht hat, ist die Rückabwicklung einer verfassungswidrigen Auflösung und Eingliederung einer Verbandsgemeinde für die betroffenen Gebietskörperschaften zwar mit Nachteilen verbunden, führt jedoch als solche nicht zu einem gewissermaßen „chaotischen“ Zustand.

II.

209

Der Verfassungsgerichtshof erachtet es vielmehr als sachgerecht, aber auch als ausreichend, die Folgen der Nichtigkeit von § 1 MaikammerEinglG im Wege der im Tenor ausgesprochenen Vollstreckungsanordnung zu berücksichtigen (zu solchen Anordnungen im Fall der Nichtigkeit eines Neugliederungsgesetzes vgl. etwa VerfGH Sachsen, Urteil vom 15. September 1994 – Vf. 29-VIII-94 –; VerfG Brandenburg, Beschluss vom 27. Mai 2004 – VfGBbg 138/03 –).

210

1. Da die Antragstellerin derzeit über keinen eigenen Verbandsgemeinderat verfügt, ist die Anordnung, dass sie bis zu einer Neuwahl von dem aufgrund der Wahl vom 7. Juni 2009 gewählten Verbandsgemeinderat verwaltet wird sowie die Anordnung der Neuwahl bis spätestens zum 31. Januar 2016 geboten.

211

Die Wahlzeit des vor der Eingliederung bestehenden und im Jahre 2009 gewählten Verbandsgemeinderates ist nämlich abgelaufen (vgl. § 71 Abs. 1, Abs. 2 Kommunalwahlgesetz – KWG –; vgl. ferner Stamm, in: Gabler/Höhlein [Hrsg.], Kommunalverfassungsrecht Rheinland-Pfalz [Stand: November 2014], Bd. I, GemO, § 29 Anm. 5). Der Anordnung steht nicht entgegen, dass mit ihr die Wahlzeit des ursprünglichen Verbandsgemeinderates verlängert wird. Eine Verlängerung der (gesetzlichen) Wahlzeit ist nämlich dann zulässig, wenn hierfür gewichtige Gründe des Gemeinwohls vorliegen (vgl. StGH BW, Urteil vom 7. September 1959 – Nr. 2/59 –, ESVGH 11 II, 7 [L]; StGH Hessen, Urteil vom 7. April 1976 – P.St.798 –, ESVGH 26, 22 [29]) und die Verlängerung im Verhältnis zur Dauer der grundsätzlichen Wahlperiode gering ist (StGH BW, Urteil vom 7. September 1959 – Nr. 2/59 –, ESVGH 11 II, 7 [L]; StGH Hessen, Urteil vom 7. April 1976 – P.St.798 –, ESVGH 26, 22 [29]).

212

Hier liegen die gewichtigen Gründe des Gemeinwohls auf der Hand: Die Antragstellerin verfügt im Fall der Nichtigerklärung des Eingliederungsgesetzes über keinen Verbandsgemeinderat. Bis zu einer Neuwahl wäre sie daher in beträchtlichem Umfang ihrer Handlungsfähigkeit beraubt. Die damit entstehende Zeitspanne zwischen dem Ende der Wahlzeit der Ratsmitglieder am 30. Juni 2014 und dem spätesten Zeitpunkt der Neuwahl von 19 Monaten erscheint mit Blick auf das unabwendbare Bedürfnis der Sicherung der Handlungsfähigkeit der Antragstellerin gerade noch hinnehmbar, zumal es sich hier nicht um eine durchgängige Verlängerung der Wahlperiode handelt (vgl. hierzu auch VerfGH Sachsen, Beschluss vom 9. November 1995 – Vf. 20-VIII-95 –: [durchgängige] Verlängerung um insgesamt 17 Monate als äußerste Schranke im Wege der einstweiligen Anordnung).

213

Die alternativ in Betracht kommende Bestellung eines Beauftragten gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 2 GemO ist gegenüber der Verlängerung der Amtszeit des ursprünglichen Verbandsgemeinderates nicht vorzugswürdig. Denn der Beauftragte würde im Vergleich zu den Mitgliedern des ursprünglichen Verbandsgemeinderates zum einen über eine geringere demokratische Legitimation verfügen. Zum anderen ist zu bedenken, dass die Antragstellerin bereits für die Dauer von etwa einem Jahr zu Unrecht faktisch ihre Selbständigkeit verloren hat. Angesichts dessen erscheint es ihr nicht länger zumutbar, dass ihre Aufgaben weiterhin nicht durch ihre eigenen Organe wahrgenommen werden.

214

2. Der Verfassungsgerichtshof weist im Übrigen im Zusammenhang mit der Rückabwicklung der Eingliederung der Antragstellerin in die Verbandsgemeinde Edenkoben auf Folgendes hin:

215

a) Die gemäß § 52 Abs. 1 GemO achtjährige Amtszeit des ebenfalls im Jahr 2009 gewählten hauptamtlichen Bürgermeisters der Antragstellerin ist noch nicht abgelaufen. Denn die Nichtigkeit von § 1 MaikammerEinglG und des Eingliederungsgesetzes insgesamt (siehe hierzu unten E.III.) hat auch die Nichtigkeit des § 3 Abs. 1 Satz 5 MaikammerEinglG zur Folge. Das Amt des im Jahr 2009 gewählten hauptamtlichen Bürgermeisters lebt mithin automatisch wieder auf.

216

b) Die Wahl des Verbandsgemeinderates Edenkoben am 25. Mai 2014 ist gültig. Zwar wurde bei der Wahl gemäß § 3 Abs. 1 MaikammerEinglG das gemeinsame Gebiet der Antragstellerin und der Verbandsgemeinde Edenkoben zugrunde gelegt, wofür infolge der Verfassungswidrigkeit von § 1 MaikammerEinglG und der übrigen Vorschriften des Gesetzes (siehe hierzu unten E.III.) keine wirksame rechtliche Grundlage bestand. Die Ungültigkeit einer Wahl ergibt sich jedoch grundsätzlich nicht aus einer in einem Normenkontrollverfahren festgestellten Verfassungswidrigkeit des Wahlgesetzes bzw. der den Wahlvorgang betreffenden Vorschriften (vgl. VerfG Brandenburg, Beschluss vom 27. Mai 2004 – VfGBbg 138/03 –, NJOZ 2004, 2509 [2517]; LVerfG Schleswig-Holstein, Urteil vom 30. August 2010 – LVerfG 3/09 –, juris, Rn. 27; Roth, in: Umbach/Clemens [Hrsg.], GG, Bd. II, 2002, Art. 41 Rn. 12, 29; Rauber, Wahlprüfung in Deutschland, 2005, S. 161 f.; ferner BVerfG, Beschluss vom 11. November 1953 – 1 BvL 67/52 –, BVerfGE 3, 45 [52]; offen lassend VerfGH RP, Urteil vom 15. November 1971 – VGH 7/71 –, DVBl. 1972, 783 [786]).

217

Zwar statuiert die Verfassung für Rheinland-Pfalz jedenfalls im Hinblick auf Kommunalwahlen keinen Vorrang bzw. keine Ausschließlichkeit der Wahlprüfungsbeschwerde. Denn die Wahlprüfungsbeschwerde nach Art. 82 LV gilt nur für Wahlen zum Landtag (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 4. April 2014 – VGH A 15/14 u.a. –, AS 42, 229 [237]). Allerdings dürfte für Kommunalwahlen aus §§ 48 ff. KWG der Grundsatz abzuleiten sein, dass Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen, jedenfalls nach der Wahl nur mit den in den Wahlvorschriften vorgesehenen Rechtsbehelfen und im Wahlprüfungsverfahren angefochten werden können (VerfGH RP, Beschuss vom 12. Mai 2014 – VGH B 34/14 u.a. –; vgl. auch OVG RP, Beschluss vom 8. März 1995 – 7 B 10556/95.OVG –, AS 25, 118 [127]). Die Gültigkeit einer Norm kann auch im Wahlprüfungsverfahren geklärt werden. Ein mit der Wahlprüfung befasstes Gericht ist in einem solchen Fall gehalten, gegebenenfalls die Entscheidung des Verfassungsgerichtes im Wege der konkreten Normenkontrolle einzuholen (so mit Blick auf die nichtige Eingliederung einer Gemeinde VerfG Brandenburg, Beschluss vom 27. Mai 2004 – VfGBbg 138/03 –, NJOZ 2004, 2509 [2517]).

218

Soweit ersichtlich ist ein Wahlprüfungsverfahren für den Rat der Verbandsgemeinde Edenkoben nicht anhängig. Die dreimonatige Frist für eine Prüfung von Amts wegen (vgl. § 49 Abs. 2 Satz 1 KWG) ist abgelaufen. Hiervon unberührt bleibt die Entscheidung der Aufsichtsbehörde über die Wählbarkeit eines Ratsmitglieds zum Zeitpunkt der Wahl (§ 49 Abs. 2 Satz 2 KWG).

219

Eine Ungültigerklärung der Wahl durch den Verfassungsgerichtshof kommt auch auf der Grundlage des § 26 Abs. 4 Satz 2 VerfGHG nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann der Verfassungsgerichtshof bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen unanfechtbare Hoheitsakte, die seiner Entscheidung widersprechen, aufzuheben sind. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch des § 26 Abs. 4 Satz 2 VerfGHG liegt es eher fern, Wahlen unter den Begriff der Hoheitsakte zu fassen (ausdrücklich offenlassend VerfGH RP, Urteil vom 15. November 1971 – VGH 7/71 –). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass eine derart weite Auslegung der Vorschrift vom Willen des Gesetzgebers umfasst war. Mit § 26 Abs. 4 Satz 2 VerfGHG sollte eine sich im Wesentlichen an § 79 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz – BVerfGG – anlehnende Regelung geschaffen werden (vgl. LT-Drucks. 4/1875, S. 8). Unter Entscheidungen im Sinne des § 79 Abs. 2 BVerfGG werden allerdings lediglich gerichtliche Entscheidungen und Einzelakte der Verwaltung verstanden (vgl. Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge [Hrsg.], BVerfGG [Stand: Dezember 2014], § 79 Rn. 45 f.; Morlok, JZ 2011, 234 [238] m.w.N.).

220

Sich über dieses Auslegungsergebnis hinwegzusetzen, käme allenfalls dann in Betracht, wenn andernfalls, d.h. bei Bestandskraft der Wahl, aus verfassungsrechtlicher Sicht ein unerträglicher Zustand zementiert würde. Zwar ist vorliegend in Rechnung zu stellen, dass der Rat der Verbandsgemeinde Edenkoben auch von den Bürgern der Antragstellerin gewählt wurde, ohne dass hierfür eine verfassungsmäßige Grundlage bestand. Damit ist der Kreis der Wahlberechtigten zum Teil fehlerhaft bestimmt worden, was Auswirkungen auf die demokratische Legitimation des Verbandsgemeinderates Edenkoben im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Satz 1 LV hat. In diesem Zusammenhang ist in der Rechtsprechung der Verfassungsgerichte allerdings anerkannt, dass im Falle einer „geringfügigen“ Eingliederung einer kommunalen Gebietskörperschaft in eine andere auf Neuwahlen verzichtet werden kann (vgl. LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15. September 2014 – LVG 76/10 –, juris, Rn. 107; Urteil vom 20. Januar 2011 – LVG 22/10 –, BeckRS 2011, 46631; so auch bezüglich geringfügiger Gebietsänderungen VerfGH NRW, Urteil vom 4. Juli 1970 – 2/70 –, DVBl. 1971, 502 [503]). Dabei wird die Festlegung der „Erheblichkeitsschwelle“ auf ein Drittel Einwohnerzuwachs für verfassungsrechtlich zulässig erachtet (vgl. LVerfG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 15. September 2014 – LVG 76/10 –, juris, Rn. 107; Urteil vom 20. Januar 2011 – LVG 22/10 –, BeckRS 2011, 46631).

221

In Anlehnung hieran erachtet der Verfassungsgerichtshof für den hier vorliegenden umgekehrten Fall der Rückgängigmachung einer Eingliederung eine Erklärung der Ungültigkeit der Wahl über den in § 49 Abs. 2 Satz 1 KWG genannten Zeitpunkt hinaus allenfalls erst dann für verfassungsrechtlich geboten, wenn der Kreis der Wahlberechtigten zu mehr als einem Drittel fehlerhaft bestimmt wurde. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Nach Auskunft des Landeswahlleiters an den Verfassungsgerichtshof vom 23. März 2015 betrug die Zahl der Wahlberechtigten der neu gebildeten Verbandsgemeinde Edenkoben zu den Kommunalwahlen am 25. Mai 2014 insgesamt 22.857. Hiervon entfielen 16.220 Wahlberechtigte auf die ehemalige Verbandsgemeinde Edenkoben und 6.637 auf die ehemalige Verbandsgemeinde Maikammer. Eine Ungültigerklärung der Wahl durch den Verfassungsgerichtshof scheidet daher vorliegend aus. Entsprechendes gilt für die Wahl des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde Edenkoben.

222

Die Entscheidung hinsichtlich einer Neuwahl für den Rat und den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Edenkoben obliegt damit vorrangig dem Gesetzgeber.

III.

223

Die Nichtigkeit des § 1 MaikammerEinglG führt zur Gesamtnichtigkeit des Gesetzes, da die übrigen Regelungen des Gesetzes mit der in § 1 MaikammerEinglG angeordneten Eingliederung der Antragstellerin in die Verbandsgemeinde Edenkoben in unlösbarem Zusammenhang stehen und einzig aus ihr ihre Rechtfertigung beziehen. Mit ihr steht und fällt daher das gesamte Gesetz (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 12. November 1958 – 2 BvL 4/57 u.a. –, BVerfGE 8, 274 [301]; vgl. ferner Urteil vom 13. April 1978 – 2 BvF 1/77 u.a. –, BVerfGE 48, 127 [177]; Urteil vom 27. Juli 2004 – 2 BvF 2/02 –, BVerfGE 111, 226 [270 ff.]); ferner VerfGH RP, Beschluss vom 4. April 2014 – VGH A 15/14 und VGH A 17/14 –, ESOVGRP).

IV.

224

Entsprechend dem Grundsatz des § 26 Abs. 4 Satz 3 VerfGHG wird die Wirksamkeit der in der Zeit vom 1. Juli 2014 bis zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils ergangenen Rechtshandlungen der Verbandsgemeinde Edenkoben betreffend die Antragstellerin von der Nichtigkeit des Landesgesetzes über die Eingliederung der Verbandsgemeinde Maikammer in die Verbandsgemeinde Edenkoben nicht berührt (vgl. hierzu auch VerfGH Sachsen, Urteil vom 5. November 1999 – Vf. 133-VIII-98 –; VerfG Brandenburg, Beschluss vom 27. Mai 2004 – VfGBbg 138/03 –). Hiervon gemäß § 26 Abs. 4 Satz 2 VerfGHG abzuweichen, besteht kein Anlass.

F.

225

Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist gemäß § 21 Abs. 1 VerfGHG kostenfrei. Die Anordnung der Auslagenerstattung zugunsten der Antragstellerin folgt aus § 21a Abs. 3 VerfGHG.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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published on 19/11/2014 00:00

Tenor § 23a Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Juli 2004 (GVBl S. 298), zuletzt geändert durch Artikel 2 des G
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(1) Beamtinnen und Beamten, die nach § 16 in den Dienst einer anderen Körperschaft kraft Gesetzes übertreten oder übernommen werden, soll ein gleich zu bewertendes Amt übertragen werden, das ihrem bisherigen Amt nach Bedeutung und Inhalt ohne Rücksicht auf Dienststellung und Dienstalter entspricht. Wenn eine dem bisherigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich ist, kann ihnen auch ein anderes Amt mit geringerem Grundgehalt übertragen werden. Das Grundgehalt muss mindestens dem des Amtes entsprechen, das die Beamtinnen und Beamten vor dem bisherigen Amt innehatten. In diesem Fall dürfen sie neben der neuen Amtsbezeichnung die des früheren Amtes mit dem Zusatz „außer Dienst“ („a. D.“) führen.

(2) Die aufnehmende oder neue Körperschaft kann, wenn die Zahl der bei ihr nach der Umbildung vorhandenen Beamtinnen und Beamten den tatsächlichen Bedarf übersteigt, innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, Beamtinnen und Beamte im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder auf Zeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen, wenn deren Aufgabengebiet von der Umbildung berührt wurde. Bei Beamtinnen auf Zeit und Beamten auf Zeit, die nach Satz 1 in den einstweiligen Ruhestand versetzt sind, endet der einstweilige Ruhestand mit Ablauf der Amtszeit; sie gelten in diesem Zeitpunkt als dauernd in den Ruhestand versetzt, wenn sie bei Verbleiben im Amt mit Ablauf der Amtszeit in den Ruhestand getreten wären.

Wird die Entschädigung in Land gewährt, so kann der Bund verpflichtet werden, die Grundstücke, die als Ersatzland vorgesehen sind, in bestimmter Weise herzurichten. Die Verpflichtung kann durch besonderen Beschluß der Enteignungsbehörde oder im Teil A des Enteignungsbeschlusses (§ 47 Abs. 3 Nr. 4) ausgesprochen werden.

(1) Durch die Besitzeinweisung wird zu dem im Besitzeinweisungsbeschluß bezeichneten Zeitpunkt dem Eigentümer und, wenn ein anderer unmittelbarer Besitzer ist, auch diesem der Besitz entzogen und der Eingewiesene Besitzer. Durch die Besitzeinweisung wird ein Recht zur Nutzung des Grundstücks insoweit ausgeschlossen, als die Ausübung der Nutzung mit dem Zweck der Besitzeinweisung nicht vereinbar ist.

(2) Die Besitzeinweisungsentschädigung wird ohne Rücksicht darauf, ob Klage nach § 59 Abs. 1 erhoben wird, mit dem Zeitpunkt, in dem die Besitzeinweisung wirksam wird (§ 39 Abs. 1 Nr. 5), fällig. Bei einer wiederkehrenden Entschädigung wird die erste Rate zu dem in Satz 1 bezeichneten Zeitpunkt fällig.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen der Bundesanstalt einschließlich der Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln auf der Grundlage des § 2c Absatz 1b Satz 1 und 2, Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4, des § 3 Absatz 4, des § 6 Absatz 1b, der §§ 6a, 6c und 8a Absatz 3 bis 5, des § 10 Absatz 3, 3a und 4, des § 12a Absatz 2, des § 13c Absatz 3 Satz 4, des § 25b Absatz 4a des § 25c Absatz 4c, des § 28 Absatz 1, des § 35 Absatz 2 Nummer 2 bis 6 und Absatz 2a Satz 1, der §§ 36, 37 und 44 Absatz 1, auch in Verbindung mit § 44b, Absatz 2 und 3a Satz 1, des § 44a Absatz 2 Satz 1, der §§ 44c, 45 und 45a Absatz 1, des § 45b Absatz 1, der §§ 45c, 46, 46a, 46b, 48u Absatz 1 und 7, des § 53b Absatz 12, der §§ 53l, 53n Absatz 1 sowie der §§ 53p und 53q Absatz 2 haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen und Entscheidungen der Bundesanstalt auf der Grundlage des Artikels 6 Absatz 4, des Artikels 8 Absatz 1 und des Artikels 63 der Verordnung (EU) 2019/1238 sowie gegen die Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln gegen diese Maßnahmen und Entscheidungen haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.

(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen der Bundesanstalt einschließlich der Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln auf der Grundlage des § 2c Absatz 1b Satz 1 und 2, Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4, des § 3 Absatz 4, des § 6 Absatz 1b, der §§ 6a, 6c und 8a Absatz 3 bis 5, des § 10 Absatz 3, 3a und 4, des § 12a Absatz 2, des § 13c Absatz 3 Satz 4, des § 25b Absatz 4a des § 25c Absatz 4c, des § 28 Absatz 1, des § 35 Absatz 2 Nummer 2 bis 6 und Absatz 2a Satz 1, der §§ 36, 37 und 44 Absatz 1, auch in Verbindung mit § 44b, Absatz 2 und 3a Satz 1, des § 44a Absatz 2 Satz 1, der §§ 44c, 45 und 45a Absatz 1, des § 45b Absatz 1, der §§ 45c, 46, 46a, 46b, 48u Absatz 1 und 7, des § 53b Absatz 12, der §§ 53l, 53n Absatz 1 sowie der §§ 53p und 53q Absatz 2 haben keine aufschiebende Wirkung.

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