Sozialgericht Würzburg Urteil, 31. Jan. 2018 - S 10 AS 566/17

bei uns veröffentlicht am31.01.2018

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der vom Beklagten zu gewährenden Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.07.2015 bis zum 31.12.2015.

Die 1976 geborene Klägerin stand beim Beklagten bis zum 31.08.2016 im Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.

Der Beklagte bewilligte der Klägerin auf deren Antrag hin mit Bescheid vom 25.08.2015 Leistungen nach dem SGB ll für den Zeitraum vom 01.09.2015 bis zum 29.02.2016. dabei wurde zu Lasten der Klägerin eine von dieser im Monat Juni erhaltene Abfindung zu gleichmäßigen Anteilen in allen Monaten des Bewilligungszeitraums berücksichtigt.

Auf den Widerspruch der Klägerin vom 10.09.2015 hin änderte der Beklagte dies mit Bescheid vom 02.10.2015 dahingehend ab, dass die anteilige Anrechnung der Abfindung ab Januar 2016 nicht mehr erfolgte.

Mit Bescheid ebenfalls vom 02.10.2015 bewilligte der Beklagte der Klägerin außerdem erstmals Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 01.07.2015 bis zum 31.08.2015 - wenngleich hier mit Berücksichtigung der Abfindung.

Den Widerspruch der Klägerin vom 10.09.2015 wies der Beklagte im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2015 als unbegründet zurück.

Im Januar 2016 beantragte die Klägerin erstmals die Überprüfung des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2015 und verwies dabei auf eine Entscheidung des BSG (Urteil vom 24.04.2015, Az.: B 4 AS 32/14 R).

Der Antrag wurde vom Beklagten mit Bescheid vom 09.03.2016 abgelehnt.

Der hiergegen gerichtete Widerspruch vom 30.03.2016 blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24.06.2016).

Im September 2017 stellte die Klägerin einen weiteren Überprüfungsantrag und bezeichnete dabei ausdrücklich als zu überprüfend den Widerspruchsbescheid vom 24.06.2016, den Bescheid vom 09.03.2016, den Überprüfungsantrag vom 13.01.2016, den Widerspruchsbescheid vom 06.10.2015 sowie den Bescheid vom 25.08.2015. Als Grund gab sie einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch wegen Verletzung von Beratungs- und Hinweispflichten an.

Der Beklagte lehnte diesen neuerlichen Überprüfungsantrag unter Verweis auf die §§ 44 Abs. 4 SGB X, 40 Abs. 1 SGB II mit Bescheid vom 02.10.2017 ab.

Die Klägerin wandte sich hiergegen mit ihrem am 06.11.2017 eingegangenen Widerspruch, der vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2017 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Mit der am 14.12.2017 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter. Sie hat ihre Klage mit Schreiben vom 17.12.2017, eingegangen am 29.01.2018, näher begründet. Auf das genannte Schreiben wird verwiesen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 02.10.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2017 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 25.08.2015 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 02.10.2015 und des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2015 sowie den Bescheid vom 09.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2016 zurückzunehmen und der Klägerin für den Zeitraum vom 01.07.2015 bis zum 31.12.2015 höhere Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II ohne Berücksichtigung der erhaltenen Abfindung zu gewähren sowie den Beklagten zu verurteilen, ihr Schadensersatz auf Grund von Amtshaftung zu leisten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner Entscheidung fest.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Gründe

1. Das angerufene Gericht ist nur für denjenigen Teil des geltend gemachten Klagebegehrens sachlich zuständig, der sich auf Normen des Grundsicherungsrechts für Arbeitsuchende bezieht (§ 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG). Nicht zuständig ist das angerufene Gericht dagegen, soweit Ansprüche auch auf Schadensersatz aus Amtshaftung (§ 839 BGB) gestützt werden. Zuständig für letzteres sind allein die Landgerichte (§ 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG).

Eine teilweise Verweisung des Rechtsstreits war gleichwohl nicht vorzunehmen. Nach § 17a Abs. 2 S. 1 GVG spricht zwar ein Gericht, wenn der beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Dies gilt aber nicht, wenn das angerufene Gericht für den Streitgegenstand zumindest teilweise zuständig ist. Es entspricht der h.M., dass eine teilweise Verweisung eines Rechtsstreits nicht möglich ist. Denn einerseits kennt das GVG keine Teilverweisung, andererseits steht der Verweisung des gesamten Rechtsstreits (Streitgegenstands) der Grundsatz entgegen, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist. Deshalb ist auch von dem Ausspruch einer teilweisen Unzulässigkeit des Rechtsweges und einer teilweisen Verweisung des Rechtsstreits an die für Amtshaftungsansprüche zuständigen ordentlichen Gerichte abzusehen (BSG, Beschluss vom 31.10.2012, Az.: B 13 R 437/11 B, Rn. 10 m.w.N.).

2. Die fristgerecht erhobene und auch im Übrigen - soweit sozialrechtliche Anspruchsgrundlagen betroffen sind - zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Bescheid des Beklagten vom 02.10.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2017 ist rechtmäßig. Der Beklagte hat zu Recht eine entsprechende Aufhebung bzw. Abänderung entgegenstehender früherer Bescheide und die Gewährung höherer Leistungen für den Zeitraum vom 01.07.2015 bis zum 31.12.2015 abgelehnt.

Gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 SGB II in der Fassung des 9. SGB II-ÄndG vom 26.07.2016 (BGBl. I S. 1824) i.V.m. § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Dabei ist gem. § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II die Maßgabe zu beachten, dass rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,

Einem Anspruch der Klägerin auf Überprüfung/Neuberechnung der Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.07.2015 bis zum 31.12.2015 steht hier jedoch von vornherein § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 4 SGB X entgegen.

Nach den genannten Vorschriften in ihrer aktuellen Fassung werden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nur für ein Jahr rückwirkend erbracht.

Da die Klägerin ihren streitgegenständlichen Überprüfungsantrag erst im September 2017 gestellt hat, wäre eine rückwirkende Überprüfung und Nachzahlung von Leistungen allenfalls für die Zeit ab dem 01.01.2016 zulässig. Der Zeitpunkt der Rücknahme wird vom Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Antrag gestellt worden ist (§ 40 Abs. 1 S. 1 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 4 S. 2 und 3 SGB X). Bei der Frist handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist.

Nachdem eine Nachzahlung von Leistungen für die Zeit vor dem 01.01.2016 - nur um diesen Zeitraum geht es, weil danach die von der Klägerin kritisierte Anrechnung der erhaltenen Abfindung nicht mehr stattgefunden hat - von vornherein ausscheidet, bedarf es auch keiner Entscheidung des Beklagten darüber, ob der Klägerin in dem hier interessierenden Leistungszeitraum bis Ende 2015 Leistungen zu Unrecht vorenthalten worden sind oder nicht. Denn die Regelung des § 44 Abs. 4 S. 1 SGB X ist über ihren engen Wortlaut hinaus dahin auszulegen, dass bereits die Rücknahme des (möglicherweise) belastenden Verwaltungsaktes bei Eingreifen der „Verfallklausel“ des § 44 Abs. 4 SGB X „schlechthin“ ausgeschlossen ist (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.2014, Az.: B 4 AS 19/13 R, Rn. 16 m.w.N.).

An dem hier gefundenen Ergebnis würde sich auch nicht durch einen etwaigen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auf Grund einer von der Klägerin behaupteten Verletzung von Beratungs- und Hinweispflichten durch den Beklagten ändern (zu den allgemeinen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs siehe u.a. BSG, Urteil vom 18.01.2011, Az.: B 4 AS 29/10 R, Rn. 12).

Denn auch hierfür gilt dann § 44 Abs. 4 SGB X entsprechend, eine Fingierung eines früheren Zeitpunktes der Stellung eines Überprüfungsantrages ist über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht möglich (vgl. Hess. LSG, Urteil vom 23.08.2013, Az.: L 5 R 359/12, Rn. 75 ff.; skeptisch Merten, in: Hauck/Noftz, SGB X, § 44 Rn. 93 a.E., Stand: 08/17; Hess. LSG inhaltlich bestätigend dagegen BSG, Urteil vom 24.04.2014, Az.: B 13 R 23/13 R, Rn. 20 a.E.).

Soweit die Klägerin in ihrem Schreiben vom 17.12.2017 die Auffassung vertritt, dass bislang keine Verjährung eingetreten wäre und § 45 SGB I durch §§ 44 SGBX i.V.m. § 40 Abs. 1 SGB II nicht außer Kraft gesetzt werde, ändert sich hierdurch nichts an dem weiter oben gefundenen Ergebnis. Die Klägerin verkennt, dass es bei § 44 Abs. 4 SGB X nicht um eine (Sonder-)Vorschrift zum Thema Verjährung geht, sondern dass § 44 Abs. 4 SGB X ganz allgemein den zeitlichen Umfang einer möglichen Durchbrechung der ansonsten nach § 77 SGG zu beachtenden Bestandskraft von unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakten regelt. Letzteres ist aber nicht mit der Frage nach einer Verjährung gleichzusetzen.

Der Vollständigkeit halber ist noch anzumerken, dass die Klägerin keinen Überprüfungsantrag hinsichtlich des Bewilligungsbescheides vom 02.10.2015 (sondern lediglich hinsichtlich des Änderungsbescheides vom selben Tag) gestellt hat, der den Zeitraum vom 01.07.2015 bis zum 31.08.2015 betrifft, während die von der Klägerin tatsächlich zur Überprüfung gestellten Bescheide den Zeitraum ab dem 01.09.2015 betreffen. Somit kann die Klage auch aus diesem Grund, der aber auch nur den Zeitraum vom 01.07.2015 bis zum 31.08.2015 betrifft, keinen Erfolg haben.

3. Aus den genannten Gründen war die Klage abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 17a


(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden. (2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Am

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 40 Anwendung von Verfahrensvorschriften


(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass1.rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 51


(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten 1. in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,2. in Angelegenheiten der gesetzlichen Kranken

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 77


Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 71


(1) Vor die Zivilkammern, einschließlich der Kammern für Handelssachen, gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind. (2) Die Landgerichte sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes auss

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 45 Verjährung


(1) Ansprüche auf Sozialleistungen verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind. (2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gese

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Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit steht noch die Rechtmäßigkeit einer teilweisen Aufhebung der Bewilligung von Alg II für den Monat Mai 2011 und ein damit verbundener Erstattungsanspruch des Beklagten in Höhe von 182,84 Euro.

2

Der 1970 geborene allein lebende Kläger stand bis einschließlich April 2011 in einem Beschäftigungsverhältnis. Im Anschluss daran bewilligte ihm der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von Mai bis August 2011 in Höhe von monatlich 748,50 Euro, die sich zusammensetzten aus 364 Euro für den Regelbedarf und 384,50 Euro für Kosten der Unterkunft und Heizung (Bescheid vom 12.5.2011).

3

Am 31.5.2011 erhielt der Kläger gemäß einer für Mai 2011 noch erstellten Bezügeabrechnung einen Betrag von 328,55 Euro als Nachzahlung seines letzten Arbeitgebers auf seinem Konto gut geschrieben. Diese beruhte auf zu Unrecht einbehaltenen Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung in dem Zeitraum vom Januar 2010 bis April 2011 und wurde dem Beklagten im Oktober 2011 in Verbindung mit einem Weiterbewilligungsantrag bekannt.

4

Nach Anhörung des Klägers hob der Beklagte die Bewilligung vom 12.5.2011 teilweise für Mai 2011 in Höhe von 182,84 Euro auf und forderte die Erstattung dieses Betrags. Wegen einer Steuererstattung hob er durch den gleichen Bescheid auch die Leistungsbewilligung für den Monat Juli 2012 in Höhe von 259,32 Euro auf, ebenfalls verbunden mit dem entsprechenden Erstattungsanspruch (Bescheid vom 18.7.2012; Widerspruchsbescheid vom 11.9.2012).

5

Die dagegen erhobene Klage hat das SG Konstanz abgewiesen (Urteil vom 16.4.2013). Auf die zugelassene Berufung hat das LSG Baden-Württemberg den angefochtenen Bescheid "insoweit aufgehoben, als darin die Leistungsbewilligung für den Monat Juli 2012 teilweise aufgehoben und ein Erstattungsbetrag von 259,32 Euro festgesetzt wird". Soweit der Monat Mai 2011 Gegenstand des angefochtenen Bescheides war, hat das LSG sich der Rechtsauffassung des SG angeschlossen und die Berufung zurückgewiesen. Die Nachzahlung aus dem Monat Mai 2011 sei von dem Beklagten zu Recht im Monat des Zuflusses und nicht im Folgemonat angerechnet worden. Es handele sich um eine einmalige Einnahme, da das Arbeitsverhältnis des Klägers bereits im April 2011 beendet worden sei. Die Regelung des § 11 Abs 3 S 2 SGB II zur Berücksichtigung einmaliger Einnahmen erst im Folgemonat, wenn bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden seien, sei nach seinem Sinn und Zweck nur anzuwenden, wenn der Leistungsträger die Leistungen für den Folgemonat noch nicht gewährt und ausbezahlt habe. Ansonsten müsse ohnehin eine Aufhebungs- und Rückforderungsentscheidung getroffen werden, sodass die Verschiebung der Anrechnung einer Leistung in den Monat nach dem Zufluss keinen Sinn mehr mache (Urteil vom 25.6.2014).

6

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 11 Abs 3 S 2 SGB II. Der Auslegung durch das SG und LSG stehe der eindeutige Wortlaut der Norm entgegen. Auch aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass die Verwaltung nach der Neufassung der Norm im Falle, dass Leistungen für den Zuflussmonat bereits erbracht worden seien, nicht mehr die Möglichkeit haben solle, einmalige Einnahmen in diesem Monat anzurechnen. Es liege kein Versehen des Gesetzgebers vor.

7

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. Juni 2014 und des Sozialgerichts Konstanz vom 16. April 2013 teilweise aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 18. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2012 insgesamt aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht haben LSG und SG die Klage abgewiesen, soweit die Aufhebung und die Erstattungsentscheidung den Monat Mai 2011 betreffen. Die dem Kläger im Mai 2011 zugeflossene Nachzahlung ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen aber nicht als einmalige, sondern als laufende Einnahme zu beurteilen, sodass sie schon deshalb im Monat Mai und nicht im Folgemonat als Einkommen zu berücksichtigen war.

11

Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 18.7.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.9.2012, gegen den sich der Kläger zulässigerweise mit einer isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG)wendet. Inhalt dieses Bescheides ist nur noch die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung für Mai 2011 in Höhe von 182,84 Euro und ein entsprechender Erstattungsanspruch. Die von diesem Bescheid zunächst mitumfasste Aufhebung und die Erstattungsforderung für den Monat Juli 2012 hat sich erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X), weil das LSG diesen Teil des Bescheides durch sein Urteil aufgehoben hat. Der Beklagte hat gegen das Urteil keine Revision eingelegt, sodass das Berufungsurteil insoweit rechtskräftig ist.

12

Die materielle Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 18.7.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.9.2012 beurteilt sich nach § 40 SGB II iVm § 48 Abs 1 S 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt nach S 3 der Regelung in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraums. Wegen § 40 Abs 2 Nr 3 SGB II iVm § 330 Abs 3 S 1 SGB III ist diese Rechtsfolge zwingend.

13

Die Voraussetzungen für die vom Beklagten verfügte teilweise Aufhebung liegen hier vor. Durch die dem Kläger noch im Mai 2011 gutgeschriebene Nachzahlung in Höhe von 328,55 Euro ist eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen gegenüber denen, die der Bescheiderteilung vom 12.5.2011 zugrunde lagen, eingetreten. Im Ergebnis zutreffend sind das LSG und das SG davon ausgegangen, dass diese Nachzahlung bereits im Monat Mai 2011 als Einkommen zu berücksichtigen war und dem Kläger für Mai 2011 nur entsprechend niedrigere Leistungen nach dem SGB II zugestanden haben.

14

Bei der dem Kläger am 31.5.2011 gutgeschriebenen Nachzahlung aus dem zum 30.4.2011 beendeten Arbeitsverhältnis handelt es sich um Einkommen. Denn auch ein für zurückliegende Zeiträume, aber nach der Antragstellung, erbrachter Geldbetrag ist Einkommen und nicht Vermögen. Nach § 11 Abs 1 S 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert. Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II ist nach der Rechtsprechung der für Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG zur so genannten Zuflusstheorie grundsätzlich alles, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen iS von § 12 SGB II, das er vor Antragstellung bereits hatte. Dabei ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung grundsätzlich nicht deren Schicksal von Bedeutung, sondern es ist allein die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert maßgebend(vgl nur BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; Urteile des Senats vom 16.12.2008 - B 4 AS 48/07 R - RdNr 11, vom 13.5.2009 - B 4 AS 49/08 R - RdNr 12 und vom 16.5.2012 - B 4 AS 154/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 20). Unerheblich ist deshalb, dass das der Nachzahlung zugrunde liegende Entgelt bereits zu einem früheren Zeitpunkt erarbeitet wurde.

15

Diese Nachzahlung ist bereits für Mai 2011 anzurechnen, denn nach § 11 Abs 2 S 1 SGB II sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Entgegen der Auffassung von LSG und SG handelt es sich bei der Nachzahlung nicht um eine einmalige Einnahme iS des § 11 Abs 3 SGB II. Ihre Berücksichtigung erst im Folgemonat auf der Grundlage von § 11 Abs 3 S 2 SGB II kommt schon deshalb nicht in Betracht.

16

Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum übereinstimmend vorgenommenen Abgrenzung sind laufende Einnahmen solche, die auf demselben Rechtsgrund beruhen und regelmäßig erbracht werden, bei einmaligen Einnahmen erschöpft sich das Geschehen in einer einzigen Leistung (BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 27; Urteil des Senats vom 16.5.2012 - B 4 AS 154/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 21; vgl auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 11 RdNr 431 ff, Stand Dezember/2014; Söhngen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 11 RdNr 65; Geiger in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 11 RdNr 37).

17

Diese Abgrenzung bedarf einer weitergehenden Präzisierung für Fälle wie dem vorliegenden, in denen die regelmäßige Erfüllung von Ansprüchen, die aus demselben Rechtsgrund herrühren, Störungen unterworfen ist. In diesen Fällen kommt dem Rechtsgrund der Zahlungen die maßgebende Bedeutung zu. Für die Qualifizierung einer Einnahme als laufende Einnahme reicht es danach aus, wenn sie zwar nicht "laufend" sondern in einem Gesamtbetrag erbracht wird, aber nach dem zugrunde liegenden Rechtsgrund regelmäßig zu erbringen gewesen wäre. Diese entscheidend auf den Rechtsgrund abstellende Sichtweise ermöglicht auch in Fällen mit Leistungsstörungen eine klare und praktisch gut handhabbare Abgrenzung, denn Rechtsgrund und vereinbarter Turnus von Zahlungen sind in der Regel einfach feststellbar. Zudem hängt die Beurteilung einer Einnahme als laufende oder einmalige nicht vom Verhalten des Schuldners ab, welches, wenn bestehende Ansprüche nicht erfüllt werden, unter Umständen sogar vertragswidrig ist. Wenn also Zahlungen aus ihrem Rechtsgrund heraus regelmäßig zu erbringen sind, ändert sich ihr Charakter als laufende Einnahme nicht dadurch, dass sie - aus welchen Gründen auch immer - dem Berechtigten zeitweise ganz oder teilweise vorenthalten und erst später in einem Betrag nachgezahlt werden (so bereits - allerdings im Falle einer Auszahlung mit anderen laufenden Bezügen - Urteil des Senats vom 16.5.2012 - B 4 AS 154/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 21).

18

Ohne Bedeutung für die Abgrenzung ist es, ob das Rechtsverhältnis, auf dem die Zahlung beruht, zum Zeitpunkt der Zahlung noch bestanden hat oder schon beendet war. Da der Rechtsgrund der Zahlung maßgebliches Anknüpfungskriterium ist, ändert auch dies den Charakter der Zahlung als eine auf einem einheitlichen Rechtsgrund beruhende und an sich regelmäßig zu erbringende Einnahme nicht. Würde man nur auf den Zeitpunkt abstellen, zu dem das Rechtsverhältnis endet, wäre im Übrigen die Qualifizierung als einmalige oder laufende Einnahme von den Zufälligkeiten der Zahlungsmodalitäten abhängig. Gerade bei Arbeitsverhältnissen kann die Schlussabrechnung häufig überhaupt erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgen, etwa wenn variable Bezügebestandteile, wie Spesen (vgl dazu Urteil des Senats vom 11.12.2012 - B 4 AS 27/12 R - SozR 4-4225 § 6 Nr 2 RdNr 17 ff)oder Provisionen, abzurechnen sind. Dementsprechend haben beide für die Grundsicherung zuständigen Senate des BSG bereits mehrfach entschieden, dass auch die letzte (Abschluss-)Zahlung in einer Reihe laufender Zahlungen als laufende Einnahme zu qualifizieren ist (BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 27; Urteil des Senats vom 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 19 RdNr 20; BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 4/08 R - RdNr 21; BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 13/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 22 RdNr 26; BSG Urteil vom 21.12.2009 - B 14 AS 46/08 R - RdNr 14; Urteil des Senats vom 16.5.2012 - B 4 AS 154/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr 1 RdNr 20), ohne dass problematisiert wurde, ob das zugrunde liegende Rechtsverhältnis überhaupt noch bestanden hat.

19

Vor diesem rechtlichen Hintergrund stellt sich die dem Kläger am 31.5.2011 zugeflossene Zahlung als laufende Einnahme dar. Die Zahlung hatte ihre rechtliche Grundlage in dem vom 1.5.2009 bis 30.4.2011 bestehenden Arbeitsverhältnis. Die (abschließende) Bezügeabrechnung ergab eine Nachzahlung wegen zu Unrecht einbehaltener Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. In der Sache handelt es sich bei der Nachzahlung um vorenthaltenes Arbeitsentgelt, das grundsätzlich regelmäßig monatlich zu erbringen gewesen wäre.

20

Die eingetretene Änderung berechtigte den Beklagten auch zu einer Aufhebung in Höhe von 182,84 Euro. Von dem zugeflossenen Einkommen von 328,55 Euro war zunächst die Erwerbstätigenpauschale gemäß § 11b Abs 2 S 1 SGB II in Höhe von 100 Euro und sodann von den verbleibenden 228,55 Euro der Erwerbstätigenfreibetrag gemäß § 11b Abs 3 S 1 und S 2 Nr 1 SGB II in Höhe von 20 % (45,71 Euro) in Abzug zu bringen, sodass sich ein nach § 11 Abs 1 S 1 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 182,84 Euro ergibt.

21

Aufgrund der rechtmäßigen Aufhebung hat der Kläger den vom Beklagten bereits erbrachten Betrag in Höhe von 182,84 Euro gemäß § 50 Abs 1 SGB X zu erstatten.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,
2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,
3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung,
6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen,
6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes,
7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen,
9.
(weggefallen)
10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.

(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.

(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Vor die Zivilkammern, einschließlich der Kammern für Handelssachen, gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind.

(2) Die Landgerichte sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig

1.
für die Ansprüche, die auf Grund der Beamtengesetze gegen den Fiskus erhoben werden;
2.
für die Ansprüche gegen Richter und Beamte wegen Überschreitung ihrer amtlichen Befugnisse oder wegen pflichtwidriger Unterlassung von Amtshandlungen;
3.
für Ansprüche, die auf eine falsche, irreführende oder unterlassene öffentliche Kapitalmarktinformation, auf die Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder auf die Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, gestützt werden;
4.
für Verfahren nach
a)
(weggefallen)
b)
den §§ 98, 99, 132, 142, 145, 258, 260, 293c und 315 des Aktiengesetzes,
c)
§ 26 des SE-Ausführungsgesetzes,
d)
§ 10 des Umwandlungsgesetzes,
e)
dem Spruchverfahrensgesetz,
f)
den §§ 39a und 39b des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes;
5.
in Streitigkeiten
a)
über das Anordnungsrecht des Bestellers gemäß § 650b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
b)
über die Höhe des Vergütungsanspruchs infolge einer Anordnung des Bestellers (§ 650c des Bürgerlichen Gesetzbuchs);
6.
für Ansprüche aus dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz.

(3) Der Landesgesetzgebung bleibt überlassen, Ansprüche gegen den Staat oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts wegen Verfügungen der Verwaltungsbehörden sowie Ansprüche wegen öffentlicher Abgaben ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten ausschließlich zuzuweisen.

(4) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Entscheidungen in Verfahren nach Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe a bis e und Nummer 5 einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zu übertragen. In Verfahren nach Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe a bis e darf die Übertragung nur erfolgen, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21. September 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger streitet um Auskunfts- und Amtshaftungsansprüche gegen die Beklagte.

2

Der 1957 geborene Kläger ist Arzt. Er befindet sich im (gelockerten) Maßregelvollzug in der K. in B.

3

Am 21.7.2006 hat er beim SG Oldenburg Klage erhoben und von dem beklagten Rentenversicherungsträger Akteneinsicht und Auskunft nach § 74 SGB X (Übermittlung von Sozialdaten) verlangt. Daneben hat er einen Amtshaftungsanspruch gegen die Beklagte erhoben und beantragt, diesen Klageantrag abzutrennen und durch Beschluss an das zuständige Landgericht Oldenburg gemäß § 17a Abs 2 GVG zu verweisen(Klageschrift vom 13.7.2006). Das Klageverfahren blieb erfolglos, ohne dass das SG den in der Klageschrift erhobenen Amtshaftungsanspruch im Tatbestand oder in den Gründen seiner Entscheidung erwähnt hätte (SG Oldenburg, Gerichtsbescheid vom 14.12.2007).

4

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 21.9.2011). Soweit der Kläger einen Amtshaftungsanspruch geltend mache, sei dieser mangels erstinstanzlicher Entscheidung nicht vom Berufungsverfahren erfasst. Wenn das SG versehentlich über diesen Teil des Streitgegenstandes nicht entschieden haben sollte, hätte der Kläger eine Ergänzung des Gerichtsbescheids gemäß § 140 SGG beantragen müssen. Da er dies versäumt habe, sei die Rechtshängigkeit des Amtshaftungsanspruchs erloschen. Soweit der Kläger den Anspruch im Berufungsverfahren erneut geltend mache, liege eine unzulässige Klageänderung vor, die im Übrigen rechtsmissbräuchlich sei. Der Kläger wisse, dass die Amtshaftungsklage beim Landgericht Oldenburg zu erheben sei, so dass von der Verfolgung verfahrensfremder Zwecke auszugehen sei.

5

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Mit der Beschwerdebegründung vom 11.5.2012 macht der Kläger Verfahrensmängel, eine Rechtsprechungsabweichung und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Die vom Kläger persönlich eingereichten zahlreichen und umfangreichen Schreiben außerhalb des Verfahrens der Prozesskostenhilfe hat der Senat nicht berücksichtigt (§ 73 Abs 4 SGG).

6

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat im Ergebnis keinen Erfolg.

7

Der Kläger hat zwar formgerecht (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG) die Verletzung von Verfahrensvorschriften (§§ 17, 17a GVG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, §§ 62, 140 SGG)gerügt (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Verfahrensmängel, die zu einer Aufhebung des Berufungsurteils führen könnten, liegen aber nicht vor. Die im Übrigen erhobenen Rügen der Rechtsprechungsabweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG)und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sind nicht ordnungsgemäß bezeichnet bzw dargelegt (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

8

1. Die gerügten Verfahrensmängel sind jedenfalls nicht entscheidungserheblich.

9

Der Kläger beanstandet im Kern, dass weder das SG noch das LSG eine Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs (§ 17a Abs 3 S 2 GVG) wegen des in der Klageschrift (S 17, 24) erhobenen Amtshaftungsanspruchs (Art 34 S 3 GG, § 839 BGB) getroffen und den Rechtsstreit insoweit nicht an das für Amtshaftungsansprüche zuständige Landgericht (§§ 13, 71 Abs 2 Nr 2 GVG) verwiesen haben. Aus damit im Zusammenhang stehenden Verhaltensweisen des LSG leitet er Verstöße gegen §§ 62, 140 SGG, §§ 17, 17a GVG und Art 101 GG ab und beantragt, den Rechtsstreit hinsichtlich des Amtshaftungsanspruchs an das zuständige Landgericht zu verweisen. Die Rügen erweisen sich sämtlich als unbegründet, da nicht entscheidungserheblich. Denn das LSG war nicht verpflichtet, den Rechtsstreit teilweise (hinsichtlich des Amtshaftungsanspruchs) an das Landgericht zu verweisen.

10

Der Senat hat bereits darauf hingewiesen (vgl Senatsbeschluss vom 20.10.2010 - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 23 mwN), dass ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit keine Teilverweisung an das Zivilgericht vornehmen darf. Denn einerseits kennt das GVG keine Teilverweisung, andererseits steht der Verweisung des gesamten Rechtsstreits (Streitgegenstands) der Grundsatz entgegen, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist (wie hier für den Anspruch nach § 74 SGB X). Deshalb ist auch von dem Ausspruch einer teilweisen Unzulässigkeit des Rechtsweges und einer teilweisen Verweisung des Rechtsstreits an die für Amtshaftungsansprüche zuständigen ordentlichen Gerichte gemäß § 17a Abs 2 GVG abzusehen(vgl BVerwG vom 19.11.1997 - 2 B 178/96 - Juris; vom 15.12.1992 - 5 B 144/91 - NVwZ 1993, 353; vom 31.3.1993 - 7 B 5/93 - Buchholz 300 § 17 GVG Nr 1; BGH vom 5.7.1990 - III ZR 166/89 - NVwZ 1990, 1103).

11

Rechtsnachteile hat der Kläger deshalb nicht zu befürchten. § 17b Abs 1 S 2 GVG ist zu entnehmen, dass auch eine Klageerhebung beim unzuständigen Gericht die Rechtshängigkeit mit den dazugehörigen Wirkungen(zB Hemmung der Verjährung: § 204 Abs 1 Nr 1 BGB)eintreten lässt (vgl dazu Senatsbeschluss vom 20.10.2010 - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 24 mwN).

12

Unzutreffend sind daher die - wenngleich für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht entscheidungserheblichen - Ausführungen des LSG, wenn es meint, dass die Rechtshängigkeit des Amtshaftungsanspruchs erloschen sei, weil der Kläger den Gerichtsbescheid, der den Amtshaftungsanspruch unerwähnt lässt, nicht nach § 140 SGG hat ergänzen lassen. Dies kann dem Kläger jedenfalls nicht zum Nachteil gereichen (vgl Senatsbeschluss vom 26.8.1994 - 13 RJ 9/94 - Juris RdNr 32 im Fall einer zu Unrecht erfolgten Ausklammerung eines Anspruchs).

13

Aus Art 34 S 3 GG, § 17 Abs 2 S 2 GVG ergibt sich die alleinige Entscheidungszuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Amtshaftungsansprüche. Ein Ausnahmefall, der dem LSG über die Bindungswirkung des § 17a Abs 5 GVG als Rechtsmittelgericht eine eigene Kompetenz geben könnte, über den Amtshaftungsanspruch zu entscheiden, liegt nicht vor(vgl dazu Senatsbeschluss vom 20.10.2010 - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 24 ff mwN). Denn das SG hat keine "Entscheidung in der Hauptsache" iS von § 17a Abs 5 GVG über den Amtshaftungsanspruch getroffen(vgl BSG aaO RdNr 28 mwN). Damit hat das LSG auch nicht über eine etwaige Rechtsmissbräuchlichkeit der vom Kläger erhobenen Amtshaftungsklage zu entscheiden. Dies obliegt vielmehr dem gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 S 2 GG; vgl BVerwG vom 5.2.2001 - 6 B 8/01 - Buchholz 300 § 17a GVG Nr 18). Auch insoweit liegt jedoch kein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel vor.

14

2. Eine Divergenz hat der Kläger nicht hinreichend bezeichnet.

15

Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zu Grunde zu legen haben wird (stRspr, vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).

16

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht. Zwar meint er, das Berufungsurteil weiche, soweit es den Amtshaftungsanspruch angehe, von den Rechtsgrundsätzen ab, die das BSG im Urteil vom 26.5.2011 - B 10 EG 12/10 R - (zur Veröffentlichung in SozR 4-7837 § 4 Nr 2 vorgesehen) aufgestellt habe. Demnach sei das LSG als Berufungsinstanz befugt (möglicherweise sogar verpflichtet), auch dann über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids zu entscheiden, wenn dieser bereits in der ersten Instanz gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sei, das SG zu dem Bescheid aber kein Wort verloren habe.

17

Für die formgerechte Bezeichnung einer Divergenz ist es aber nicht ausreichend, lediglich zu behaupten, das LSG habe gegen "die Rechtsgrundsätze" aus dem vorgenannten Urteil des BSG verstoßen. Ungeachtet dessen, dass der Kläger mit diesem Vortrag keinen abstrakten Rechtssatz aus dem Urteil des BSG bezeichnet hat, hat er auch versäumt, einen Rechtssatz aus dem Berufungsurteil aufzuzeigen.

18

3. Der Kläger hat auch nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ordnungsgemäß dargelegt.

19

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

20
        

Der Kläger hält für grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage:

        

"Welche Voraussetzungen muss der Antragsteller nachweisen, um den Anspruch auf Offenbarung personenbezogener Daten einer als unterhalts- und/oder zugewinnausgleichspflichtig in Betracht kommenden Person gem. § 74 Satz 1 Nr. 1a bzw. Nr. 2a SGB X geltend machen zu können?"

21

Es kann dahinstehen, ob es sich hierbei um eine klärungsbedürftige Rechts- oder nicht vielmehr um eine Tatsachenfrage handelt, die ersichtlich auf den Einzelfall des Klägers zugeschnitten ist und der deshalb von vornherein keine Breitenwirkung zukommen kann. Auch wenn der Kläger behauptet, dass zu dieser Frage bisher keine Rechtsprechung des BSG existiere und sie sich auch nicht aus Wortlaut, Sinn und Zweck von § 74 SGB X beantworten ließe, fehlt es jedenfalls an ausreichendem Vortrag zur Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Frage in einem angestrebten Revisionsverfahren. Auf der Grundlage des klägerischen Vortrags kann der Senat nicht beurteilen, ob die Frage in einem angestrebten Revisionsverfahren überhaupt entscheidungserheblich wäre. Denn der Kläger hat versäumt, den Inhalt des Berufungsurteils in nachvollziehbarer Weise darzulegen. Es fehlt an einer substantiierten Darstellung des Sachverhalts und der vom LSG ausgeurteilten maßgeblichen Entscheidungsgründe. Denn er trägt lediglich vor, dass er sich "in einem familiengerichtlichen Verfahren mit der im Jahre 2006 geschiedenen Ehefrau" befinde und teilt nur rudimentär Ausführungen des LSG mit ("das LSG unterstellt", S 7, S 8, S 10 der Beschwerdebegründung).

22

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 15. Februar 2013 teilweise aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19,75 Euro zu zahlen.

Im Übrigen wird die Revision wegen des Zinsanspruches zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Rückzahlung eines Erstattungsbetrages.

2

Die Klägerin lebte mit ihrem damaligen Lebensgefährten und ihren beiden minderjährigen Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft. Die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erhielten im Zeitraum vom 1.6.2008 bis 30.11.2008 Leistungen nach dem SGB II.

3

Mit dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23.10.2008 wurde die Leistungsbewilligung für die Klägerin in Höhe von 19,75 Euro aufgehoben und die Erstattung des Betrages verlangt. Nach einer Mahnung durch das Hauptzollamt erstattete der Lebensgefährte der Klägerin den geforderten Betrag im Zeitraum vor dem 5.8.2009.

4

Am 17.10.2011 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 23.10.2008. Daraufhin hob der Beklagte den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid mit dem Bescheid vom 13.12.2011 auf. Eine Rückzahlung des fraglichen Betrages erfolgte nicht.

5

Die Klägerin hat beim SG Klage auf Rückzahlung des Erstattungsbetrages erhoben. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 15.2.2013). Es hat zur Begründung ausgeführt, die Klage sei als sog echte Leistungsklage zulässig. Der Umstand, dass der Lebensgefährte der Klägerin der Rückzahlungspflicht nachgekommen sei, berühre das Leistungsverhältnis zwischen den Beteiligten nicht. Vielmehr bleibe die Klägerin gegenüber dem Beklagten aktiv legitimiert. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch stehe der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Dem Klagebegehren stehe § 40 Abs 1 SGB II in der seit 1.4.2011 geltenden Fassung iVm § 44 Abs 4 SGB X entgegen. Mit Rücksicht auf die Stellung des Antrages am 17.10.2011 gelte die kürzere Jahresfrist des § 40 Abs 1 S 2 SGB II. Danach habe der Beklagte den Überprüfungsantrag bereits wegen Verfristung ablehnen müssen. Aus dem Umstand, dass der Beklagte den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 13.12.2011 aufgehoben habe, ergebe sich ein Anspruch ebenfalls nicht. Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin könne - nachdem der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid aufgehoben worden sei - nur der letzte Bewilligungsbescheid sein. Für die Nachzahlung von Sozialleistungen gelte die Ausschlussfrist des § 44 Abs 4 SGB X ohne Weiteres. Habe der Leistungsberechtigte bereits erhaltene Sozialleistungen erstattet und werde der Rückforderungsbescheid aufgehoben, begehre er erneut die Auszahlung von Sozialleistungen. Der geltend gemachte Anspruch sei auch nicht als Herstellungsanspruch oder öffentlich-rechtlicher Bereicherungsanspruch begründet.

6

Die Klägerin hat die vom SG zugelassene Revision eingelegt. Sie ist der Auffassung, sie habe aus den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs einen Anspruch auf die Zahlung. § 44 Abs 4 SGB X schränke allenfalls die nachträgliche Erbringung von Sozialleistungen ein. Bei der Rückabwicklung rechtsgrundloser Zahlungen handele es sich schon nicht um Sozialleistungen. Des Weiteren erbringe der Grundsicherungsträger die Leistungen nicht nachträglich.

7

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Cottbus vom 15. Februar 2013 zu verurteilen, an die Klägerin 19,75 Euro nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Sprungrevision (§ 161 SGG) der Klägerin ist im Wesentlichen begründet.

11

Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Klägerin ihr Begehren auf Rückzahlung des Erstattungsbetrages mit der echten Leistungsklage verfolgen kann (§ 54 Abs 5 SGG). Zwar ist richtige Klageart im Rahmen eines Zugunstenverfahrens bei der Überprüfung einer rechtswidrigen Leistungsablehnung grundsätzlich die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (BSG SozR 4-1300 § 44 RdNr 9; BSG vom 28.2.2013 - B 8 SO 4/12 R - NZS 2013, 518, jeweils mwN). Hier war jedoch die Besonderheit zu beachten, dass der Beklagte auf den Antrag der Klägerin nach § 44 SGB X mit dem Bescheid vom 13.12.2011 den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23.10.2008 bereits aufgehoben hat und damit dem Anfechtungs- und Verpflichtungsbegehren der Klägerin insoweit nachgekommen ist. Dieser Bescheid enthielt jedoch keine Regelung zur Frage der Rückgewähr des Erstattungsbetrages. Einer zusätzlichen Anfechtung des Ablehnungsbescheides und eines auf die Rücknahme der belastenden Entscheidung gerichteten Verpflichtungsantrages sowie einer Nachholung des Leistungsverfahrens bedurfte es daher ausnahmsweise nicht.

12

Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin auf (Rück-)Zahlung von 19,75 Euro ist § 44 SGB X. Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift für die Vergangenheit stehen im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende - wie der erkennende Senat bereits ausdrücklich entschieden hat - keine über die gesetzlich normierten Einschränkungen hinausgehenden Besonderheiten des SGB II entgegen (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 36).

13

1. Die Klägerin war zur Geltendmachung des Rückzahlungsbetrages materiell berechtigt. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass nach den Feststellungen des SG der damalige Lebensgefährte der Klägerin den von dem Beklagten auf der Grundlage des § 50 SGB X geforderten Erstattungsbetrag an diesen überwiesen hatte. Die Zahlung erfolgte allein mit Rücksicht auf das zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehende Sozialrechtsverhältnis und ist deshalb allein in diesem Verhältnis rückabzuwickeln. Eine andere Beurteilung könnte sich nur ergeben, wenn die Klägerin den hier streitigen Rückzahlungsanspruch wirksam an ihren früheren Lebensgefährten abgetreten hätte.

14

2. Nach dem Wortlaut des § 44 Abs 1 S 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder - hier nicht von Interesse - Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Zutreffend ist der Beklagte zunächst davon ausgegangen, dass diese Regelung entsprechende Anwendung findet, soweit mit einem Aufhebungsbescheid eine Leistungsbewilligung zurückgenommen worden ist. Die entsprechende Anwendung folgt - wie der 11. Senat des BSG überzeugend ausgeführt hat (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 19; ebenso BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 21 und 24; BVerwGE 97, 103, 107) - aus dem Regelungszweck der Vorschrift, die nicht nur Fälle erfasst, in denen den Betroffenen ein rechtlicher Nachteil durch unrechtmäßiges Vorenthalten einer Sozialleistung entstanden ist, sondern auch solche, in denen der Bürger zwar Sozialleistungen erhalten hat, die Leistungsbewilligung nachträglich jedoch zurückgenommen worden ist. Dieser Rechtsprechung, der die Literatur überwiegend gefolgt ist (Baumeister in jurisPK-SGB X, 2013, § 44 RdNr 65; Schütze in von Wulffen/Schütze, 8. Aufl 2014, § 44 RdNr 16 f; Waschull in LPK-SGB X, 3. Aufl 2011, § 44 RdNr 22; aA Steinwedel in KassKomm, § 44 RdNr 42, Stand September 2013), schließt sich der Senat an.

15

Der Senat geht davon aus, dass der Anspruch auf Rückzahlung des Betrages in Höhe von 19,75 Euro allein daraus folgt, dass der Beklagte den ursprünglichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid zurückgenommen und damit die Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen des Erstattungsbetrages beseitigt hat. Ob der Beklagte den ursprünglichen - auf § 45 SGB X gestützten - Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23.10.2008 zu Recht wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit zurückgenommen hat, weil die Voraussetzungen des § 44 SGB X erfüllt waren, brauchte vom Senat im Übrigen nicht geprüft zu werden, weil der Beklagte den fraglichen Bescheid bereits aufgehoben hat.

16

Zu der Aufhebung wäre der Beklagte zwar ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt, die rückwirkende Gewährung des Betrages sei nach § 44 Abs 4 SGB X iVm § 40 Abs 1 S 2 SGB II ausgeschlossen, nicht verpflichtet gewesen. Denn das BSG hat die Regelung des § 44 Abs 4 S 1 SGB X über ihren engen Wortlaut hinaus dahin ausgelegt, dass bereits die Rücknahme des belastenden Verwaltungsaktes bei Eingreifen der "Verfallklausel" des § 44 Abs 4 SGB X "schlechthin" ausgeschlossen ist(BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 1; BSG SozR 3-6610 Art 5 Nr 1). Die Verwaltung hat dementsprechend schon eine Rücknahmeentscheidung nach § 44 Abs 1 SGB X nicht mehr zu treffen, wenn die rechtsverbindliche, grundsätzlich zurückzunehmende Entscheidung ausschließlich Leistungen für eine Zeit betrifft, die außerhalb der durch den Rücknahmeantrag bestimmten Verfallfrist liegen. Die zwingend anzuwendende Vollzugsregelung des § 44 Abs 4 SGB X steht folglich für länger zurückliegende Zeiten bereits dem Erlass eines Rücknahme- und Ersetzungsaktes entgegen. In anderem Falle darf die Verwaltung einen den Anspruch nach § 44 SGB X vollziehenden Verwaltungsakt nicht erlassen(BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 1 S 3), denn bereits die Rücknahme steht unter dem Vorbehalt, dass Leistungen nach § 44 Abs 4 SGB X noch zu erbringen sind(so etwa BSG vom 28.2.2013 - B 8 SO 4/12 R - RdNr 10).

17

Aus dieser Begrenzung der Rücknahmeverpflichtung dürfte andererseits im Umkehrschluss folgen, dass die Verwaltung zur Anwendung der zwingend anzuwendenden Vollzugsregelung des § 44 Abs 4 SGB X verpflichtet bleibt, wenn sie den beanstandeten Verwaltungsakt ungeachtet einer etwaig eingreifenden Verfallfrist zurückgenommen hat. Hierbei ist hinsichtlich des Vollzugs des Rückzahlungsanspruchs nicht auf den ursprünglichen Bewilligungsbescheid zurückzugreifen. Denn der Anspruch auf die durch Verwaltungsakt zugesprochenen SGB II-Leistungen war von dem Beklagten durch Zahlung erfüllt (§ 362 BGB). Der bereits erfüllte Sozialleistungsanspruch lebt durch die Rücknahme der Aufhebungsentscheidung nicht wieder auf.

18

Hat die Verwaltung einen rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakt zurückgenommen, so ergibt sich der Rückzahlungsanspruch unmittelbar aus § 44 Abs 4 S 1 SGB X. Diese Vorschrift ist vom BSG - soweit nicht eine länger zurückliegende Zeit betroffen ist - als zwingend anzuwendende Vollzugsregelung angesehen worden (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 1 S 3 mwN). Die genannte Regelung verpflichtet die zuständige Behörde nach der Rücknahme eines Verwaltungsaktes zur Erbringung der bisher vorenthaltenen Leistungen. Sie folgt der dem SGB X zugrundeliegenden Unterscheidung von der Korrektur des Verfügungssatzes von Verwaltungsakten einerseits (§§ 44 bis 49 SGB X) und dem Vollzug der Korrektur in finanzieller Hinsicht andererseits (§ 44 Abs 4, § 50 SGB X; vgl zu dieser Unterscheidung BSGE 61, 134, 156 f = SozR 1300 § 48 Nr 32). Diesem systematischen Konzept entspricht es, die Korrektur des Verfügungssatzes jeweils unmittelbar mit dem finanziellen Ausgleich zu verkoppeln und eine nochmalige Prüfung der Aufhebungsvoraussetzungen bei der finanziellen Korrektur auszuschließen (so zum Verhältnis von § 48 Abs 1 SGB X und § 50 SGB X: BSG 1300 SozR § 50 Nr 16).

19

3. Der Senat kann dies aber im Ergebnis dahinstehen lassen, denn die Verpflichtung des Beklagten zur Rücknahme des Aufhebungsbescheides und zur Erstattung des Rückzahlbetrages war ohnehin nicht durch die Verfallfristen § 44 Abs 4 SGB X iVm § 40 Abs 1 S 2 SGB II ausgeschlossen. Nach § 44 Abs 4 S 1 SGB X werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des SGB längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme eines Verwaltungsaktes erbracht, wenn der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist. Der Zeitraum der Rücknahme wird von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (Abs 4 S 2). Für die Berechnung tritt nach S 3 an die Stelle der Rücknahme der Antrag, wenn dieser zur Rücknahme führt. Diese Regelungen werden durch § 40 Abs 1 S 2 SGB II in der Weise modifiziert, dass anstelle des Zeitraums von vier Jahren ein Zeitraum von einem Jahr tritt. § 40 Abs 1 S 2 SGB II ist nach der Übergangsregelung in § 77 Abs 13 SGB II - hier mit Rücksicht auf den am 17.10.2011 gestellten Antrag nicht einschlägig - nicht anwendbar auf Anträge nach § 44 SGB X, die vor dem 1.4.2011 gestellt worden sind (zu den Gründen für die Übergangsregelung Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, § 77 RdNr 30, Stand 10/11; S. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 77 RdNr 27).

20

Eine entsprechende Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X iVm § 40 Abs 1 S 2 SGB II auf die vorliegende Gestaltung scheidet allerdings aus, denn Voraussetzung für die Anwendbarkeit der genannten Regelung ist stets, dass infolge der unrichtigen Entscheidung Sozialleistungen nicht erbracht worden sind(BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 19; vgl auch schon BSGE 68, 180 = SozR 3-1300 § 44 Nr 1). Der Senat folgt auch insoweit der überzeugenden Entscheidung des 11. Senats des BSG (SozR 3-1300 § 44 Nr 19), der eine Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X ausgeschlossen hat, soweit eine Erstattungsforderung des Leistungsträgers gegen einen Leistungsbezieher über eine bestimmte Geldsumme streitig ist. Danach rechtfertigt es insbesondere der Zweck der Vorschrift nicht, sie auch auf Fälle auszudehnen, in denen es nicht um rückwirkend zu erbringende Sozialleistungen geht. Denn der Gesetzgeber wollte mit der Vorschrift lediglich die materiell-rechtliche Begrenzung rückwirkender Leistungsansprüche prinzipiell für vier Jahre regeln (BT-Drucks 8/2034 S 34). Die analoge Übertragung der Regelung auf die Rücknahme von Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden scheitert deshalb daran, dass ein dem geregelten nicht vergleichbarer Sachverhalt zu beurteilen ist. Denn die Klägerin fordert nicht die rückwirkende Gewährung von Sozialleistungen, sondern die Rückzahlung eines zu Unrecht geleisteten Erstattungsbetrages.

21

Die vom 11. Senat des BSG entwickelten Grundsätze sind auf die vorliegende Gestaltung übertragbar. Zwar unterscheidet sich der hier zu entscheidende Fall - worauf das SG zu Recht hingewiesen hat - von demjenigen Sachverhalt, der der Entscheidung des 11. Senats zugrunde lag, dadurch, dass die Verwaltung den Leistungsberechtigten wegen einer Geldforderung aus dem ursprünglichen Rücknahmebescheid noch aktuell in Anspruch genommen hatte. Hingegen war der im vorliegenden Verfahren streitige Erstattungsbetrag in Höhe von 19,75 Euro an den Beklagten bereits gezahlt worden, sodass es um die Rückgewähr dieses Geldbetrages geht. Hieraus folgt jedoch keine anderweitige Bewertung der Interessenlage. Vielmehr geht es auch in der vorliegenden Gestaltung um das rechtliche Schicksal einer von der Behörde rechtswidrig geltend gemachten Erstattungsforderung. Ausschlaggebend ist insoweit, dass derjenige rechtstreue Leistungsberechtigte, der eine von der Behörde geltend gemachte rechtswidrige Erstattungsforderung beglichen hat, im Ergebnis nicht schlechter stehen kann, als wenn diese Zahlung unterblieben wäre. Zudem greift unabhängig von der Frage der auf der Grundlage des § 50 SGB X durch den Leistungsberechtigten erfolgten Erstattung in beiden Konstellationen die Grundüberlegung für die Beschränkung des § 44 Abs 4 SGB X, dass laufende Sozialleistungen wegen ihres Unterhaltscharakters nicht für einen längeren Zeitraum nachgezahlt werden sollen(BT-Drucks 8/2034 S 34; vgl auch Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 44 RdNr 28; aA Baumeister in jurisPK-SGB X, 2013, § 44 RdNr 113, der auf die Schaffung von Rechtssicherheit abstellt), nicht ein. Die Nachzahlung von rechtswidrig vorenthaltenen Sozialleistungen kann dem Einbehalten von rechtswidrig erlangten Erstattungsbeträgen wertungsmäßig nicht gleichgestellt werden.

22

4. Die Revision ist jedoch hinsichtlich der begehrten Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Zinsen seit Rechtshängigkeit unbegründet; insoweit erfolgte die Klageabweisung zu Recht. Bei dem geltend gemachten Anspruch auf Rückgewähr des ursprünglich an den Beklagten gezahlten Erstattungsbetrages handelt es sich nicht um eine Geldleistung iS des § 44 Abs 1 SGB I. Unter Geldleistung im Sinne der Regelung über die Verzinsung von Ansprüchen im SGB sind grundsätzlich nur Sozialleistungen zu verstehen (vgl nur Hänlein in KSW, 3. Aufl 2013, § 44 RdNr 2; Wagner, jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2012, § 44 RdNr 14 jeweils mwN). Nicht ausreichend ist insoweit, dass der Rückzahlung des Erstattungsbetrages ursprünglich die Gewährung von Sozialleistungen zugrunde lag. Der Klägerin kann auch kein Anspruch auf Verzugs- (§ 288 BGB) oder Prozesszinsen (§ 291 BGB) zugebilligt werden. Ein derartiger Anspruch kommt jedenfalls nicht in Betracht, wenn der Hauptanspruch nicht nach § 44 SGB I zu verzinsen ist(vgl nur BSGE 71, 72 = SozR 3-7610 § 291 Nr 1 zu einem Anspruch auf Rückerstattung von vom Arbeitgeber zu Unrecht erstattetem Arbeitslosengeld).

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Dezember 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.1. bis 12.2.2006 aufgrund eines Fortzahlungsantrags vom 13.2.2006.

2

Der 1943 geborene Kläger bezog bis zum 31.12.2004 Alhi. Seit dem 1.1.2005 erhält er Alg II. Die Leistungen wurden ihm für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005 aufgrund eines Antrags vom 20.12.2004 bewilligt. Ohne einen erneuten Antrag bewilligte der Beklagte durch sog "Änderungsbescheid" vom 23.5.2005 Leistungen für den Zeitraum vom 1.7. bis 31.12.2005. In dem Bescheid wurde der Kläger gebeten, für die erforderlichenfalls notwendige Weitergewährung rechtzeitig (4 Wochen vor Ablauf des "Gewährungszeitraums") Leistungen zu beantragen. Am 13.2.2006 reichte der Kläger einen von ihm am 30.1.2006 unterschriebenen Antrag auf Fortzahlung bei dem Beklagten ein. Daraufhin bewilligte der Beklagte ihm durch Bescheid vom 15.2.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab dem 13.2. bis zum 31.7.2006 und änderte diesen Bescheid durch weitere Bescheide vom 20./21.6. und 2.8.2006 der Höhe nach ab. Den Widerspruch des Klägers, der sich nach dessen ausdrücklicher Erklärung vom 22.6.2006 nur noch gegen den Leistungsbeginn erst am 13.2.2006 richtete, wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15.11.2006 zurück.

3

Das SG hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger Leistungen ab dem 1.1.2006 in gesetzlicher Höhe zu gewähren (Urteil vom 19.6.2009). Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 18.12.2009). Zur Begründung hat es ausgeführt, für den Beginn des Leistungszeitraums sei nach § 37 Abs 1 SGB II das Datum der Antragstellung maßgebend. Zwar sei im SGB II nicht geregelt, wann ein neuer Antrag nach einer vorhergehenden Leistungsbewilligung erforderlich sei und wann die Wirkung eines einmal wirksam gestellten Antrags ende. Aus § 39 SGB X folge jedoch die Erledigung des Bescheides durch Zeitablauf, also mit dem Auslaufen des Bewilligungszeitraumes. Wegen der Aktualität des Hilfebedarfs komme es zudem für den Leistungsanspruch nicht auf die Kenntnis des Fortbestehens des Bedarfs an. Die gegenteilige Auffassung überzeuge nicht; insbesondere könne nicht auf die Rechtsprechung des BSG zur Alhi zurückgegriffen werden. Es sei mit dem SGB II eine neue Rechtslage entstanden, die mit § 37 SGB II eigene Regeln aufstelle. Der Antrag nach dem SGB II sei anders als im Recht der Alhi keine materiell-rechtliche Anspruchs-, sondern nur eine Verfahrensvoraussetzung. Zudem erfolge eine Begrenzung auf den Bewilligungszeitraum. Ein nicht rechtzeitig gestellter Antrag führe dazu, dass Leistungen erst ab dem Tag der Antragstellung zu erbringen seien. Im konkreten Fall sei ein früherer Antragszugang bei dem Beklagten nicht behauptet und nicht festgestellt. Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist komme nicht in Betracht, da § 37 SGB II keine gesetzliche Frist normiere. Auch könne der Kläger für den streitigen Zeitraum keinen Leistungsanspruch auf Grundlage des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs durchsetzen. Eine für die Versäumnis des Klägers kausale Pflichtverletzung des Beklagten sei nicht gegeben. Den Hinweis auf das Erfordernis eines Fortzahlungsantrags im Bewilligungsbescheid für den vorhergehenden Leistungsabschnitt habe der Kläger nicht zur Kenntnis genommen. Auf Vertrauensschutz durch Fortzahlung der Leistungen ab dem 1.7.2005 ohne vorherigen Fortzahlungsantrag könne sich der Kläger nicht berufen. Dieses Vorgehen des Beklagten beruhe darauf, dass der Kläger für den Bewilligungszeitraum ab dem 1.7.2005 im vorherigen Bewilligungszeitraum nicht auf die Notwendigkeit eines Fortzahlungsantrags hingewiesen worden sei.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 37 SGB II. Er habe aufgrund der Erfahrungen aus dem Alhi-Bezug darauf vertrauen können, dass - soweit erforderlich - vor dem Auslaufen des Bewilligungszeitraums ein neuer Antrag übersandt werde und eine Einladung zu einer persönlichen Vorsprache erfolge. Ein solches Vorgehen sei zudem auch dem Grundsatz des "Forderns und Förderns" geschuldet und ergebe sich als Nebenpflicht aus dem Leistungsverhältnis. Nach den fachlichen Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu § 37 SGB II(Ziffer 37.11a) habe der Beklagte zudem vier Wochen vor dem Ablauf des Bewilligungszeitraums Leistungsbeziehern zentral mit einem Beendigungsschreiben ua einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II zu übersenden. Für den Fall des verspäteten Eingangs des Antrags und fortbestehender Hilfebedürftigkeit hätten die Fachlichen Hinweise in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung eine Weiterbewilligung für den Fall des Fortbestehens von Hilfebedürftigkeit vorgesehen (Fachliche Hinweise Nr 37.11b). Insoweit habe der Beklagte im Übrigen gegen seine Pflichten aus §§ 14, 2 Abs 2 und 17 SGB I verstoßen, worauf sich zumindest ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch gründe. Die Bedürftigkeit habe auch unverändert weiter bestanden.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Dezember 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 19. Juni 2009 zurückzuweisen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Er hält die Ausführungen im Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung an das LSG begründet.

9

Ob der Kläger vom 1.1. bis 12.2.2006 einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hat, konnte der Senat nicht abschließend beurteilen. Es mangelt insoweit zwar an einem Leistungsantrag nach § 37 Abs 1 SGB II für den streitigen Zeitraum. Es war vorliegend auch nicht auf das Antragserfordernis zu verzichten, weil eine Fortzahlung von Leistungen im direkten Anschluss an einen vorhergehenden Bewilligungszeitraum begehrt wird (2.). Ihm könnte jedoch ein Leistungsanspruch aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zustehen, weil der Beklagte es pflichtwidrig unterlassen hat, ihn zeitnah vor dem Ende des vorhergehenden Bewilligungszeitraums auf die Notwendigkeit der Beantragung von Leistungen ab dem 1.1.2006 hinzuweisen (3a.). Ob eine derartige Pflichtverletzung des Beklagten kausal für den nicht rechtzeitigen Fortzahlungsantrag des Klägers war, konnte der Senat nach den Feststellungen des LSG ebenso wenig abschließend beurteilen, wie - sollte die Kausalität gegeben sein - das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen für Alg II im streitigen Zeitraum (3b.).

10

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind der Bescheid vom 15.2.2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 20.6., 21.6. und 2.8.2006, diese wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2006, mit denen der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 13.2.2006 bis 31.7.2006 bewilligt und eine Leistungsgewährung für den Zeitraum vom 1.1. bis 12.2.2006 abgelehnt hat.

11

2. Es kann auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen bislang nicht beurteilt werden, ob im streitigen Zeitraum ein Leistungsanspruch des Klägers besteht. Insoweit gilt zwar, dass auch ein Fortzahlungsbegehren eines Antrags nach § 37 SGB II bedarf und bei verspäteter Antragstellung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand iS des § 27 SGB X nicht in Betracht kommt. Hierzu wird auf die Ausführungen in der Entscheidung des Senats vom selben Tag zu dem Aktenzeichen B 4 AS 99/10 R verwiesen.

12

3. Dem Kläger könnte für den streitigen Zeitraum jedoch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zur Seite stehen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung (vgl ua BSG Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 63/06 R, SozR 4-1200 § 14 Nr 10), dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (vgl zum Lohnsteuerklassenwechsel BSG Urteil vom 1.4.2004 - B 7 AL 52/03 R, BSGE 92, 267 , 279 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

13

a) Der Beklagte hat es vorliegend pflichtwidrig unterlassen, den Kläger über die Erforderlichkeit eines Antrags auf Fortzahlung von Alg II in zeitlichem Zusammenhang mit dem Ende des letzten Bewilligungszeitraums hinzuweisen. Anders als vom LSG zugrunde gelegt, erschöpft sich die Beratungspflicht des Beklagten im konkreten Fall nicht in einer Bitte, bei Fortbestehen der Hilfebedürftigkeit rechtzeitig einen Antrag auf Weiterzahlung zu stellen. Aus dem Sozialrechtsverhältnis zwischen dem Grundsicherungsträger und dem Hilfebedürftigen folgt vielmehr die Verpflichtung - wie sie auch in den Fachlichen Hinweisen der BA unter Ziffer 37.11a ihren Niederschlag gefunden hat -, den Leistungsempfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vor dem Ende des letzten Bewilligungszeitraums darauf aufmerksam zu machen, dass eine Fortzahlung der Leistungen von einer Antragstellung abhängig ist und erst der Antrag die Leistungsgewährung auslöst, wenn das Antragserfordernis für den Leistungsempfänger nicht offensichtlich sein muss. So liegt der Fall hier.

14

Rechtsgrundlage für die Beratungspflicht in Form einer Hinweispflicht sind §§ 14, 15 SGB II. Eine umfassende Beratungspflicht des Sozialversicherungsträgers bzw des Sozialleistungsträgers besteht zunächst regelmäßig bei einem entsprechenden Beratungs- und Auskunftsbegehren des Leistungsberechtigten (vgl BSG Urteil vom 17.8.2000 - B 13 RJ 87/98 R; BSG Urteil vom 14.11.2002 - B 13 RJ 39/01 R, SozR 3-2600 § 115 Nr 9). Ausnahmsweise besteht nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch dann eine Hinweis- und Beratungspflicht des Leistungsträgers, wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung in einem Sozialrechtsverhältnis dem jeweiligen Mitarbeiter eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Versicherter/Leistungsberechtigter wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre (BSG Urteil vom 8.2.2007 - B 7a AL 22/06 R; stRspr des BSG; vgl BSG Urteil vom 27.7.2004 - B 7 SF 1/03 R, SozR 4-1200 § 14 Nr 5 mit Anm Münder, SGb 2005, 239 ; BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VJ 2/02 R, BSGE 92, 34 = SozR 4-3100 § 60 Nr 1; BSG Urteil vom 14.11.2002 - B 13 RJ 39/01 R, SozR 3-2600 § 115 Nr 9 mit Anm Köhler, SGb 2003, 407 ; BSG Urteil vom 5.4.2000 - B 5 RJ 50/98 R, SozR 3-1200 § 14 Nr 29 mit Anm Hase, SGb 2001, 593 ; BSG Urteil vom 5.8.1999 - B 7 AL 38/98 R, SozR 3-4100 § 110 Nr 2; BSG Urteil vom 26.10.1994 - 11 RAr 5/94, SozR 3-1200 § 14 Nr 16; BSG Urteil vom 6.5.1992 - 12 RK 45/91, SozR 3-1200 § 14 Nr 6 S 13; BSG Urteil vom 22.10.1998 - B 5 RJ 56/97 R - SGb 1999, 26 ). Dabei ist die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit klar zu Tage liegt, allein nach objektiven Merkmalen zu beurteilen (BSG Urteil vom 26.10.1994 - 11 RAr 5/94, SozR 3-1200 § 14 Nr 16). Eine derartige Situation liegt hier vor.

15

Es ist - auch im zeitlich befristeten Leistungsbezug - von einem bestehenden Sozialrechtsverhältnis auszugehen. Zum Leistungsrecht der BA nach dem SGB III hat der 7. Senat des BSG entschieden, dass ein solches Sozialrechtsverhältnis bereits durch die Arbeitslosmeldung bzw die Antragstellung bei der BA entsteht (BSG Urteil vom 8.2.2007 - B 7a AL 22/06 R, BSGE 98, 108 = SozR 4-4300 § 324 Nr 3; BSG Urteil vom 26.10.1976 - 12/7 RAr 78/74, SozR 4100 § 44 Nr 9 S 28; BSG Urteil vom 1.4.2004 - B 7 AL 52/03 R , BSGE 92, 267 , 269 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1). Selbst wenn, wie in der Entscheidung des Senats vom selben Tag (Az: B 4 AS 99/10 R) dargelegt, der Arbeitslosmeldung bzw den Anträgen im Bereich von SGB III und SGB II unterschiedliche rechtliche Bedeutung zukommt, so ist eine derartige Beratungspflicht jedoch einerseits bereits der gesetzlichen Konzeption des SGB II, insbesondere dem Grundsatz des Forderns und Förderns und der Ableitung des Existenzsicherungsanspruchs aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG (vgl BSG Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 63/06 R, SozR 4-1200 § 14 Nr 10; BSG Urteil vom 27.7.2004 - B 7 SF 1/03 R, SozR 4-1200 § 14 Nr 5)und andererseits der konkreten Situation im vorliegenden Fall geschuldet. Der Beklagte hat im Bescheid vom 23.5.2005 für den Zeitraum nach dem 31.12.2005 um eine rechtzeitige Beantragung von Leistungen für den Fall des Fortbestehens von Hilfebedürftigkeit "gebeten". Darauf, dass im Falle des Fortbestehens der Hilfebedürftigkeit über den Bewilligungszeitraum hinaus Leistungen nur auf einen Fortzahlungsantrag hin und erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Antrags beim Grundsicherungsträger zu gewähren sind, hat er den Kläger nicht hingewiesen. Dieses wäre jedoch erforderlich gewesen, weil er die Leistungen für den Bewilligungszeitraum beginnend am 1.7.2005 ohne einen Fortzahlungsantrag gewährt hatte. Der Kläger konnte mithin nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass der Fortzahlungsantrag konstitutive Wirkung hat. Durch sein Verhalten hat der Beklagte vielmehr den gegenteiligen Eindruck vermittelt. Zudem ist, wenn in einem vorhergehenden Bewilligungsabschnitt Leistungen bezogen worden sind - mit Ausnahme weniger besonders gelagerter Fälle - auch ein Begehren auf Fortzahlung der Leistungen immer als eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit eines verständigen Leistungsbeziehers in Betracht zu ziehen.

16

b) Die erforderliche Beratung hat der Beklagte im vorliegenden Fall zwar unterlassen. Für sich genommen steht damit jedoch noch nicht fest, dass der Kläger deswegen im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen wäre, als habe er rechtzeitig die Fortzahlung des Alg II beantragt. Denn ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch setzt - wie oben schon dargelegt - die Kausalität der Pflichtverletzung zum eingetretenen sozialrechtlichen Schaden voraus (vgl zB BSG Urteil vom 23.5.1996 - 13 RJ 17/95, SozR 3-5750 Art 2 § 6 Nr 15 S 52), konkret also, dass der Kläger dann, wenn er den Hinweis - entsprechend den obigen Anforderungen - erhalten hätte, den Antrag rechtzeitig gestellt hätte (BSG Urteil vom 26.7.2007 - B 13 RJ 4/06 R, SozR 4-2600 § 115 Nr 2). Insoweit trägt der Kläger die negative Feststellungslast (Beweislast). War der Kläger zB auch ohne einen entsprechenden Hinweis über die Erforderlichkeit einer Antragstellung informiert, könnte dies dagegen sprechen, dass er auf einen Hinweis den Antrag tatsächlich gestellt hätte. Hierzu hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe den Hinweis auf die Notwendigkeit eines Fortzahlungsantrags im Bescheid vom 23.5.2005 vorwerfbar nicht zur Kenntnis genommen. Eine etwaige Verletzung der Beratungspflicht sei damit nicht kausal für das weitere Verhalten des Klägers geworden. Dem Kläger hätte es vielmehr oblegen, sich durch Nachfrage bei dem Beklagten Klarheit über die Rechtslage zu verschaffen. Auch hat der Kläger der Würdigung des LSG nicht widersprochen, dass er nicht aufgrund der antragslosen Weitergewährung von SGB II-Leistungen über den 30.6.2005 hinaus habe davon ausgehen können, ein Antrag sei nicht erforderlich. Diese Ausführungen des LSG binden den Senat jedoch nur im Hinblick auf die vom LSG zugrunde gelegte Tatsachenlage, also die "Bitte" des Beklagten in dem Bescheid vom 23.5.2005, rechtzeitig einen Fortzahlungsantrag zu stellen. Insoweit lässt das LSG außer Betracht, dass sich die Situation dann anders darstellen könnte, wenn den Beklagten eine weitergehende Beratungspflicht trifft. Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei zutreffender Erfüllung der Beratungspflicht durch den Beklagten den Antrag nicht rechtzeitig gestellt hätte. Die Beurteilung, ob das Fehlverhalten des Beklagten kausal für das Verhalten des Klägers war, ist jedoch Aufgabe der Tatsacheninstanz (BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 70/05 R, SozR 4-4100 § 106 Nr 1). Zwar hat der Kläger die erforderliche Antragstellung am 13.2.2006 nachgeholt; dieser Umstand ersetzt indes andererseits nicht die Feststellung, dass er dies auch schon vor dem Ende des Bewilligungsabschnitts getan hätte, wenn er ordnungsgemäß beraten worden wäre. Sollte das LSG zu der Erkenntnis kommen, dass der Kläger bei entsprechender Beratung seinen Antrag "rechtzeitig" gestellt hätte, müssten alle sonstigen Voraussetzungen des Alg II-Anspruchs für die Zeit ab 1.1.2006 geprüft werden. Nur wenn alle Voraussetzungen vorliegen, wäre der Beklagte zur Alg II-Zahlung zu verurteilen.

17

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen früheren Beginn der ab Januar 2006 gewährten Erziehungsrente.

2

Die Ehe der 1956 geborenen Klägerin mit dem Versicherten wurde Ende 2000 geschieden. Aus der Ehe stammt der 1994 geborene Sohn. Die Klägerin hat nicht wieder geheiratet.

3

Der Versicherte verstarb am 29.6.2001. Auf den Antrag der Klägerin vom Juli 2001 gewährte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Halbwaisenrente für ihren Sohn. Ein Hinweis der BfA auf die Möglichkeit des Antrags auf Erziehungsrente nach § 47 SGB VI erfolgte nicht.

4

Auf den erst im Dezember 2010 gestellten Antrag bewilligte die Beklagte der Klägerin Erziehungsrente (Bescheid vom 20.4.2011) für die Zeit vom 1.1.2006 bis zum 31.7.2012 (dem Monatsende der Vollendung des 18. Lebensjahres des Sohnes). Ab Mai 2011 ergab sich ein laufender Rentenzahlbetrag iHv 441,14 Euro monatlich und für die Zeit vom 1.1.2006 bis 30.4.2011 eine einmalige Nachzahlung von 29 435 Euro. Die Beklagte ging - wegen des unterbliebenen Hinweises der BfA auf die Möglichkeit eines Antrags auf Erziehungsrente im Juli 2001 - von einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch aus und begrenzte die rückwirkend zu leistende Erziehungsrente auf einen Zeitraum von vier Jahren.

5

Der Widerspruch, mit dem die Klägerin eine Rentenzahlung bereits ab Juli 2001 beanspruchte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17.10.2011), ebenso das Klage- und Berufungsverfahren (Urteile des SG Gelsenkirchen vom 25.4.2012 und des LSG vom 24.5.2013). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, weil es - wie schon die Beklagte und das SG - von einer analogen Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ausgegangen ist und sich hierfür auf Rechtsprechung des BSG berufen hat(Hinweis auf BSG 4b/9a. Senat vom 11.4.1985 - 4b/9a RV 5/84 - SozR 1300 § 44 Nr 17; BSG 11a. Senat vom 9.9.1986 - 11a RA 28/85 - BSGE 60, 245 = SozR 1300 § 44 Nr 24; BSG 1. Senat vom 21.1.1987 - 1 RA 27/86 - SozR 1300 § 44 Nr 25; BSG 14. Senat vom 28.1.1999 - B 14 EG 6/98 B - SozR 3-1300 § 44 Nr 25; BSG 9. Senat vom 14.2.2001 - B 9 V 9/00 R - BSGE 87, 280 = SozR 3-1200 § 14 Nr 31; BSG 13. Senat vom 27.3.2007 - B 13 R 58/06 R - BSGE 98, 162 = SozR 4-1300 § 44 Nr 9). Für die Begrenzung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs durch analoge Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X bei Beratungsfehlern in einem Erstfeststellungsverfahren spreche, dass die Interessenlage mit der bei nachträglicher Korrektur eines bindenden belastenden Verwaltungsakts(§ 44 SGB X in direkter Anwendung)vergleichbar sei. Der 9. Senat (aaO) habe zu Recht darauf verwiesen, dass der Herstellungsanspruch, der die Verletzung einer Nebenpflicht des Leistungsträgers (zB Beratung) sanktioniere, nicht weiter reichen könne als der Anspruch nach § 44 Abs 1 SGB X als Rechtsfolge der Verletzung einer Hauptpflicht (Leistungsgewährung durch rechtmäßigen Verwaltungsakt). Der 13. Senat (aaO) habe diese Argumentation dahin ergänzt, dass die Vermeidung unterschiedlicher Rechtsfolgen im Grenzbereich beider Rechtsinstitute für eine Gleichbehandlung beider Fallkonstellationen spreche. Hinzu komme, dass der Herstellungsanspruch auf gesetzlich zulässige Amtshandlungen beschränkt sei; bei der nachträglichen Leistungsgewährung seien deshalb auch gesetzliche Ausschlussfristen zu beachten. Insofern könne, worauf der 1. Senat (aaO) zutreffend hingewiesen habe, der neben dem Korrekturanspruch aus § 44 SGB X bestehende Herstellungsanspruch auch nicht über den gesetzlichen Anspruch(aus § 44 SGB X) hinausgehen. Schließlich spreche - so der 11a. Senat (aaO) - für die analoge Anwendung und damit zeitliche Begrenzung der Rückwirkung des Herstellungsanspruchs im Rahmen der Erstfeststellung auch die Aktualität der Sozialleistungen, die im Wesentlichen dem laufenden Unterhalt des Berechtigten dienten sowie das Interesse des Leistungsträgers an einer Überschaubarkeit seiner Leistungsverpflichtungen.

6

Demgegenüber seien die vom 4. Senat des BSG gegen die analoge Anwendung von § 44 Abs 4 SGB X vorgebrachten Argumente (Verweis auf BSG 4. Senat vom 2.8.2000 - B 4 RA 54/99 R - SozR 3-2600 § 99 Nr 5 und vom 6.3.2003 - B 4 RA 38/02 R - BSGE 91, 1 = SozR 4-2600 § 115 Nr 1)nicht überzeugend. Soweit der 4. Senat darauf verweise, dass der Gesetzgeber mit § 99 SGB VI, § 44 Abs 4 SGB X und § 45 SGB I ein in sich stimmiges und lückenfreies Regelungskonzept für das Rentenversicherungsrecht ausgestaltet habe, das einer richterrechtlichen Ergänzung oder gar Durchbrechung nicht offenstehe, sei nicht zu übersehen, dass der Gesetzgeber bisher von einer gesetzlichen Regelung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs abgesehen habe. Auch aus dem Gebot, die sozialen Rechte möglichst weitgehend zu verwirklichen (§ 2 Abs 2 SGB I), könne nicht abgeleitet werden, auf den Herstellungsanspruch lediglich die Verjährungsregelung des § 45 SGB I, nicht jedoch die Ausschlussfrist des § 44 Abs 4 SGB X anzuwenden. Bereits die Begründung des Herstellungsanspruchs durch die sozialgerichtliche Rechtsprechung (Schließung einer Lücke im Schadensersatzrecht) sei eine Begünstigung gegenüber der Gesetzeslage (Hinweis auf Senatsurteil vom 27.3.2007 - B 13 R 58/06 R - BSGE 98, 162 = SozR 4-1300 § 44 Nr 9). Die von der Klägerin angeführte, dem 4. Senat des BSG folgende Entscheidung des SG Freiburg (vom 4.11.2009 - S 19 R 4538/08 - Juris) stehe dem nicht entgegen.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die entsprechende Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Der Anwendungsbereich der Norm sei auf die Fälle der Korrektur von Verwaltungsakten beschränkt. Die Vorschrift sei weder Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, noch sei eine analoge Anwendung auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geboten. Daher sei der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG zu folgen. § 44 Abs 4 SGB X finde im hier vorliegenden Erstfeststellungsverfahren keine Anwendung.

8

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. Mai 2013 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 25. April 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 20. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2011 zu verurteilen, ihr Erziehungsrente nach den gesetzlichen Bestimmungen des SGB VI bereits ab dem 1. Juli 2001 zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt die Entscheidungen der Vorinstanzen und verweist ergänzend darauf, dass sich Umfang und Grenzen des auf richterlicher Rechtsfortbildung beruhenden sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs an der Rechtsordnung als Ganzes zu orientieren hätten. Hierzu gehöre wegen der strukturellen Ähnlichkeit zu § 44 SGB X auch die Vierjahresfrist des § 44 Abs 4 SGB X.

Entscheidungsgründe

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Die Revision hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet.

12

Die Vorinstanzen haben zu Recht die auf einen früheren Rentenbeginn gerichtete Anfechtungs-und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Erziehungsrente für die Zeit vor Januar 2006.

13

Auf der Grundlage der bindenden Tatsachenfeststellung des LSG (§ 163 SGG)hat die Klägerin einen Anspruch auf rückwirkende Leistung der Erziehungsrente wegen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs durch Verletzung von Beratungspflichten im Juli 2001 (§§ 14, 15 SGB I). Die Beklagte hat ihr daher zu Recht auf ihren im Dezember 2010 gestellten Antrag rückwirkend Leistungen ab Januar 2006 gewährt. Der Klägerin steht kein weitergehender Leistungsanspruch - bereits ab Juli 2001 - zu, als ihn die Beklagte im angefochtenen Bescheid anerkannt hat.

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Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest: Wenn ein Berechtigter Anspruch auf rückwirkende Leistungen aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs hat, werden diese längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren rückwirkend erbracht. Die Vorschrift des § 44 Abs 4 SGB X ist insoweit entsprechend anzuwenden(1.). Mit dieser Entscheidung weicht der Senat nicht iS des § 41 Abs 3 SGG von Rechtsprechung anderer Senate des BSG ab(2.).

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1. Nach § 44 Abs 4 SGB X werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des SGB längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht, wenn ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist(Satz 1). Dabei wird nach Satz 2 der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt nach Satz 3 bei der Berechnung des Zeitraums, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

16

Zwar kommt § 44 Abs 4 SGB X im vorliegenden Fall nicht unmittelbar zur Anwendung. Denn ein bindender (§ 77 SGG) rechtswidriger Verwaltungsakt, der in einem Überprüfungsverfahren nach § 44 Abs 1 S 1 SGB X zurückzunehmen wäre, liegt nicht vor. Der Senat hat jedoch bereits entschieden, dass in Erstfeststellungsverfahren, in denen - wie hier - ein Anspruch auf rückwirkende Leistungserbringung aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs erhoben wird, § 44 Abs 4 SGB X entsprechende Anwendung findet(vgl Senatsurteil vom 27.3.2007 - B 13 R 58/06 R - BSGE 98, 162 = SozR 4-1300 § 44 Nr 9). Hieran hält der Senat fest.

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Bereits in seiner Entscheidung vom 27.3.2007 hat der Senat unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung des BSG (BSG 11a. Senat vom 9.9.1986 - 11a RA 28/85 - BSGE 60, 245, 246 ff = SozR 1300 § 44 Nr 24 S 62 ff; BSG 11a. Senat vom 9.9.1986 - 11a RA 10/86 - Juris; BSG 1. Senat vom 21.1.1987 - 1 RA 27/86 - SozR 1300 § 44 Nr 25 S 67 f; BSG 14. Senat vom 28.1.1999 - B 14 EG 6/98 B - SozR 3-1300 § 44 Nr 25 S 60 f; BSG 9. Senat vom 14.2.2001 - B 9 V 9/00 R - BSGE 87, 280, 288 f = SozR 3-1200 § 14 Nr 31 S 114 f; BSG 9. Senat vom 16.12.2004 - B 9 VJ 2/03 R - Juris RdNr 30) auf die vergleichbare Interessenlage bei der nachträglichen Korrektur eines bindenden Verwaltungsakts (§ 44 SGB X) und beim sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verwiesen. In beiden Fällen wird vom Leistungsträger das Recht unrichtig angewandt, und in beiden Fällen hat dies zur Folge, dass der Leistungsberechtigte nicht die ihm zustehende Leistung erlangt. Einen ins Gewicht fallenden Unterschied hat das BSG in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht darin gesehen, dass der Berechtigte einmal einen ablehnenden Verwaltungsakt erhalten, ein andermal dagegen schon im Vorfeld von der Anspruchsverfolgung abgesehen hat. Denn so oder so ist der Leistungsträger gleichermaßen zur Korrektur verpflichtet. Auf ein Verschulden des Leistungsträgers kommt es hier wie dort nicht an; auch der Umfang seiner Verpflichtung ist grundsätzlich der gleiche. Aus diesen Gründen kann es für den zeitlichen Umfang der rückwirkenden Leistung nicht wesentlich sein, ob der Leistungsträger eine Leistung durch Verwaltungsakt zu Unrecht versagt oder er aus anderen ihm zuzurechnenden Gründen den Berechtigten nicht in den Leistungsgenuss kommen lässt; der Berechtigte ist im letzteren Fall keinesfalls schutzwürdiger als im ersten. Die Rechtsähnlichkeit der Fallgruppen erfordert daher die Gleichbehandlung. Der Herstellungsanspruch, der die Verletzung einer Nebenpflicht des Leistungsträgers (zB Beratung) sanktioniert, kann nicht weiter reichen als der Anspruch nach § 44 Abs 1 SGB X als Rechtsfolge der Verletzung der Hauptpflicht. Für die Gleichbehandlung der Fälle einer nachträglichen Korrektur eines bindenden Verwaltungsakts (§ 44 SGB X) mit denen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs spricht auch, dass hiermit im Grenzbereich beider Rechtsinstitute unterschiedliche Rechtsfolgen vermieden werden (so Senatsurteil vom 27.3.2007, aaO, RdNr 16 bis 19; dem folgend für den Bereich der Ausgleichsleistungen nach dem Recht der beruflichen Rehabilitierung: BVerwG vom 30.6.2011, BVerwGE 140, 103, 112).

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Die gegenteilige - einen Analogieschluss ablehnende - Rechtsansicht des 4. Senats des BSG (vgl die Nachweise im Einzelnen unter 2.) überzeugt hingegen nicht. Zwar wird argumentiert, dass ein Berechtigter, der einen rechtswidrigen belastenden Verwaltungsakt erhalten hat, Anlass zu Überlegungen habe, ob hiergegen Rechtsmittel einzulegen seien, demgegenüber wisse der aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch Berechtigte typischerweise nichts von seinen Ansprüchen, weil kein Verwaltungsakt ergangen ist. Diese Argumentation wird jedoch durch die Regelung des § 48 Abs 4 SGB X und deren Verweisung auf § 44 Abs 4 SGB X entkräftet. Der Senat hat schon darauf hingewiesen, dass auch hier typischerweise Fallkonstellationen erfasst werden, in denen der Bürger nicht durch einen rechtswidrigen Verwaltungsakt auf ein (fehlerhaftes) Verwaltungshandeln aufmerksam gemacht worden ist (vgl Senatsurteil vom 27.3.2007, aaO, RdNr 25). Demgegenüber tritt in den Hintergrund, dass auch bei Nichtausnutzung einer nach § 48 Abs 1 SGB X für den Betroffenen günstigeren Änderung dieser zumindest den ursprünglichen, von der Änderung betroffenen Bescheid in den Händen hat.

19

Nicht überzeugend ist auch das Argument, dem Analogieschluss stehe entgegen, dass der Normkomplex von § 99 SGB VI, § 44 Abs 4 SGB X und § 45 SGB I ein in sich stimmiges und lückenfreies Regelungskonzept sei, das keiner richterrechtlichen Ergänzung oder gar Durchbrechung bedürfe. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber bisher von einer gesetzlichen Regelung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs abgesehen und die Verantwortung zur näheren Ausgestaltung dieses Rechtsinstituts weiterhin bei der Rechtsprechung belassen hat. Der Senat folgt ferner nicht der Argumentation, der Rechtsprechung sei verwehrt, den Versicherten eine vollständige Herstellung des grundrechtlich geschützten Zustands mit allen rechtmäßigen und faktisch noch möglichen Mitteln zu verweigern, falls der Rentenversicherungsträger ein derartiges Recht verletzt hat. Denn zwar kann der Herstellungsanspruch auch als Verwirklichung des Gebots verstanden werden, soziale Rechte möglichst weitgehend zu verwirklichen (§ 2 Abs 2 SGB I). Hieraus kann jedoch keine - erst recht keine grundrechtlich bewehrte - Pflicht gefolgert werden, auf den Herstellungsanspruch lediglich die Verjährungsregelung des § 45 SGB I, nicht jedoch die Ausschlussfrist des § 44 Abs 4 SGB X anzuwenden. Denn die Begründung des Herstellungsanspruchs durch die sozialgerichtliche Rechtsprechung (Schließung einer Lücke im Schadensersatzrecht) stellt bereits eine Begünstigung gegenüber der Gesetzeslage dar und hieran ändert auch die Begrenzung seiner Rückwirkung in entsprechender Anwendung des § 44 SGB X nichts(so Senatsurteil vom 27.3.2007, aaO, RdNr 25, 27, 30).

20

Diese Überlegungen hält der erkennende Senat nach wie vor für ausschlaggebend. Sie stehen insbesondere nicht im Widerspruch zu den Senatsurteilen vom 8.12.2005 (BSGE 95, 300 = SozR 4-2200 § 1290 Nr 1) und 22.10.1996 (BSGE 79, 177, 180 = SozR 3-1200 § 45 Nr 6), in denen der Senat die Herleitung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes aus § 44 Abs 4 SGB X dahingehend, dass die rückwirkende Erbringung von Sozialleistungen durchweg auf vier Jahre begrenzt ist(so BSG 11a. Senat vom 9.9.1986 - 11a RA 28/85 - BSGE 60, 245, 247 = SozR 1300 § 44 Nr 24 S 63; BSG 1. Senat vom 21.1.1987 - 1 RA 27/86 - SozR 1300 § 44 Nr 25 S 66 f; BSG 14. Senat vom 28.1.1999 - B 14 EG 6/98 B - SozR 3-1300 § 44 Nr 25 S 60 f), abgelehnt hat. Denn den dortigen Fällen lag kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zugrunde. Streitgegenständlich waren vielmehr Ansprüche auf Altersruhegeld, die nach dem bis zum 1.1.1992 geltenden Recht antragsunabhängig entstanden waren, so dass es einer Antragsfiktion über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht bedurfte, und sich somit allein die Frage nach der Verjährung der Ansprüche (§ 45 SGB I) stellte. Die analoge Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X im vorliegenden Fall rechtfertigt sich demgegenüber gerade durch die besondere Nähe der Erstfeststellung mit Hilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu den Fällen des § 44 Abs 1 SGB X. So wäre es mit dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung schwer zu vereinbaren, wenn der Leistungsberechtigte in Fällen, in denen der Leistungsträger die Folgen einer rechtswidrigen Leistungsversagung kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (§ 44 SGB X) beseitigen muss, Leistungseinschränkungen für die Vergangenheit hinnehmen muss, hingegen in Fällen, in denen zum Ausgleich vorenthaltener Leistungen aufgrund der Verletzung bloßer (sanktionsloser) Nebenpflichten kraft Richterrechts eine dem geschriebenen Recht vergleichbare "Folgenbeseitigung" angestrebt wird, der Berechtigte weiter zurückreichende Leistungen als im erstgenannten Fall in Anspruch nehmen könnte. Deshalb darf der neben dem Korrekturanspruch aus § 44 SGB X bestehende Herstellungsanspruch nicht über den gesetzlichen Anspruch hinausgehen. Nur dies wird schließlich dem Umstand gerecht, dass sich in zahlreichen Fallgestaltungen die Anwendungsbereiche des § 44 SGB X und des Herstellungsanspruchs so nahe kommen bzw überschneiden, dass eine unterschiedliche Rückwirkung je nach schließlich einschlägiger Rechtsgrundlage nicht nachvollziehbar wäre: Den im Senatsurteil vom 27.3.2007 (aaO, RdNr 19) genannten Beispielsfällen kann noch die Fallkonstellation hinzugefügt werden, dass vorgetragen wird, der Träger habe dem Beschwerdeadressaten Informationen vorenthalten, die ihn zur rechtzeitigen Anfechtung veranlasst hätten (hierzu Hessisches LSG vom 23.8.2013 - L 5 R 359/12 - Juris).

21

Diesem Ergebnis stehen auch keine verfassungsrechtlichen Gründe entgegen. Wie der Senat bereits entschieden hat (Senatsurteil vom 7.2.2012 - B 13 R 40/11 R - BSGE 110, 97 = SozR 4-5075 § 3 Nr 2, RdNr 27), ist der Gesetzgeber bei der Regelung der Rechtsbeständigkeit unanfechtbarer Verwaltungsakte zwischen dem Prinzip der Rechtssicherheit und dem Grundsatz der (materiellen) Gerechtigkeit über das verfassungsrechtlich Gebotene mit der seit 1.1.1981 in Kraft getretenen Regelung von § 44 Abs 1 SGB X bereits hinausgegangen. Zudem ist die Regelung des § 44 Abs 4 SGB X eine den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrende und damit zulässige Bestimmung des Inhalts und der Schranken des Eigentums iS des Art 14 Abs 1 S 2 GG(so schon BSG vom 23.7.1986 - 1 RA 31/85 - BSGE 60, 158, 161 ff = SozR 1300 § 44 Nr 23 S 54). Im Fall der analogen Anwendung der Ausschlussfrist des § 44 Abs 4 SGB X beim richterrechtlich entwickelten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann daher kein weitergehender Grundrechtsschutz bestehen.

22

2. Der Senat weicht mit dieser Entscheidung nicht iS des § 41 Abs 2 SGG von der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (Urteile vom 2.8.2000 - B 4 RA 54/99 R - SozR 3-2600 § 99 Nr 5, vom 6.3.2003 - B 4 RA 38/02 R - BSGE 91, 1 = SozR 4-2600 § 115 Nr 1 und vom 26.6.2007 - B 4 R 19/07 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 12)ab, in denen der 4. Senat die entsprechende Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X im Rahmen von Erstfeststellungsverfahren, denen ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zugrunde liegt, ablehnt.

23

Eine Vorlage wegen abweichender Rechtsprechung an den Großen Senat des BSG (§ 41 Abs 2 SGG)kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei den Ausführungen des 4. Senats in den vorbezeichneten Entscheidungen jeweils um nicht tragende Erwägungen handelt. Voraussetzung für eine Divergenzvorlage ist aber, dass die aufgeworfene Rechtsfrage sowohl für die neue als auch die frühere Entscheidung entscheidungserheblich ist. Die Beantwortung der Rechtsfrage muss die Entscheidung derart tragen, dass sie ein unabdingbares Glied in der Gedankenkette des erkennenden Senats ist (BSG vom 18.11.1980 - GS 3/79 - BSGE 51, 23, 25 = SozR 1500 § 42 Nr 7 S 11). Hieran fehlt es vorliegend.

24

In dem vom 4. Senat am 2.8.2000 entschiedenen Fall war - wovon dieser Senat bei seiner Entscheidung selbst ausging (BSG 4. Senat, aaO, S 30) - der sozialrechtliche Herstellungsanspruch bereits tatbestandlich nicht anwendbar (so Senatsurteil vom 27.3.2007, aaO, RdNr 35). Im Urteil des 4. Senats vom 6.3.2003 (BSG 4. Senat, aaO) waren die Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 44 Abs 4 SGB X auf den Herstellungsanspruch ebenfalls nicht tragend. Denn sie erfolgten lediglich im Rahmen der Hinweise an das LSG, wie ggf zu entscheiden sein werde, wenn bestimmte weitere Feststellungen getroffen würden (s Senatsurteil vom 27.3.2007, aaO, RdNr 36 bis 37). Dem vom 4. Senat am 26.6.2007 entschiedenen Fall lag schließlich kein Erstfeststellungsverfahren, sondern ein Überprüfungsverfahren zugrunde, so dass § 44 Abs 4 SGB X unmittelbar anzuwenden war(BSG 4. Senat, aaO, RdNr 51 f). Auch hier erfolgten die Ausführungen zur analogen Anwendbarkeit des § 44 Abs 4 SGB X im Rahmen eines Obiter Dictum und gehörten somit nicht zu den tragenden Erwägungen.

25

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

(1) Ansprüche auf Sozialleistungen verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß.

(3) Die Verjährung wird auch durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

(4) (weggefallen)

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.