Sozialgericht Trier Urteil, 13. Juni 2018 - S 5 KR 58/18
Gericht
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Mit der am 15.03.2018 beim Sozialgericht Trier erhobenen Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 08.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2018 begehrt die Klägerin die Zahlung von Krankengeld über den 21.05.2017 hinaus.
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Bei der 1957 geborenen, arbeitslosen Klägerin hatte der Beklagte gestützt auf Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung – MDK – vom 08.05.2017 und 12.06.2017 vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen - trotz der attestierten Myalgie. Eine Arbeitsunfähigkeit über den 21.05.2017 sei nicht anzunehmen.
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Zeitgleich mit der am 31.01.2018 datierten Klageschrift ging ebenfalls am 15.03.2018 der Antrag der von einer Prozessbevollmächtigten des Sozialverbandes vertretenen Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist ein.
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Die Klägerin machte hierzu zunächst geltend, sie sei ohne Verschulden verhindert gewesen die Klagefrist des § 87 Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einzuhalten. Die Klageschrift sei fristgemäß am 31.01.2018 im Büro der Prozessbevollmächtigten gefertigt und unterschrieben worden. Aufgrund einer Unachtsamkeit im Schreibbüro der Bevollmächtigten sei die Klageschrift jedoch nicht an das Sozialgericht Trier übersandt worden, sondern in der Akte liegen geblieben. Dieses Versehen sei erst am 14.03.2018 entdeckt worden. Die Bevollmächtigten treffe hier kein eigenes Verschulden, da bei der Auswahl, Anleitung und Überwachung der Hilfsperson die erforderliche Sorgfalt angewendet worden sei. Sämtliche Schreibkräfte seien ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte und seit vielen Jahren für die Bevollmächtigte tätig.
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Mit Schreiben vom 19.03.2018 hat das Gericht darauf hingewiesen, dass für eine erfolgreiche Wiedereinsetzung Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen seien. Insofern werde um detaillierte Schilderung der handelnden Personen und Vorlage entsprechender eidesstaatlicher Versicherungen gebeten, wie es konkret zum Fristversäumnis gekommen sei (Einzelheiten zu Auswahl und Überwachung des Personals sowie Organisation der Fristenkontrolle und Ordnung der Abläufe durch generelle und Einzelanweisungen).
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Hierzu wurde dann vorgetragen, dass sämtliche Schriftstücke im Schreibbüro nach Diktat gefertigt und anschließend den Prozessbevollmächtigten in der jeweiligen Akte zur Unterschrift vorgelegt würden. Anschließend würden die unterschriebenen Schriftstücke von einer der Schreibkräfte aus den Akten entnommen und abgesandt. Die Akten würden dann in Aktenordnern und in diesen Aktenordnern in Aktenschränken abgelegt. Im vorliegenden Fall sei die Klageschrift zwar durch die Prozessbevollmächtigte J M unterschrieben worden. Beim Herausnehmen der Schriftstücke aus den Akten sei diese Klageschrift jedoch nicht entnommen und verschickt worden. Wer am 31.1.2018 für das Herausnehmen der Schriftstücke aus den Akten zuständig gewesen sei, könne nicht mehr nachvollzogen werden. Dies werde immer durch diejenige Schreibkraft erledigt, die in diesem Moment gerade Zeit dafür habe. Leider sei dann erst am 14.3.2018 beim Herausnehmen einer anderen Akte aus demjenigen Aktenordner, in dem auch die Akte der Klägerin abgelegt gewesen sei, durch das Herausfallen der Klageschrift bei der Entnahme aus dem Aktenschrank aufgefallen, dass die Klageschrift nicht abgesandt worden sei.
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In der Eidesstattlichen Versicherung der Bürokraft H H vom 05.04.2018 wird bestätigt, dass offenbar vergessen wurde, die unterschriebenen Schriftstücke aus der Akte zu nehmen. Wer damals dafür zuständig gewesen sei, könne heute nicht gesagt werden. Bei Entnahme des Aktenordners mit der besagten Akte am 14.03.2018 sei die besagte Klageschrift aus dem Ordner gefallen.
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Das Gericht hat die Prozessbevollmächtigten der Klägerin sodann mit Schreiben vom 06.04.2018 darauf hingewiesen, dass hier ein Organisationsverschulden vorliegen dürfte, nachdem nicht einmal vorgetragen worden sei, dass ein Fristenkalender geführt werde und eine entsprechende Sorgfalt insbesondere auch bei der Streichung von Fristen beachtet werde. Auch sei nicht erkennbar, ob und welche zuverlässige und wirksame Postausgangskontrolle etabliert sei.
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Sodann wurde erstmals im Schriftsatz vom 19.04.2018 vorgetragen, es werde (selbstverständlich) ein manuelles Fristenbuch geführt. Die Frist sei gestrichen worden, „nachdem die Klageschrift von der Prozessbevollmächtigten unterschrieben und Akte zur Postaufgabe – auf dem eigens dafür in einem separaten Raum eingerichteten ‚Posttisch‘ – abgelegt wurde“. Dass die Streichung der Frist im Fristenkalender nach der BGH-Rechtsprechung erst nach Kuvertierung der Schriftsätze erfolgen dürfe, sei der zitierten Rechtsprechung nicht zu entnehmen.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 08.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld über den 21.05.2017 hinaus zu gewähren und der Klägerin wegen der Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie bezieht sich hierzu auch auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
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Zur Ergänzung des Tatbestands im Einzelnen wird auf die Prozessakte sowie die Beklagtenakten Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig. Nach § 87 Absatz 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben, wobei nach Absatz 2 die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids beginnt, sofern – wie hier – ein Vorverfahren stattgefunden hat. Diese Frist ist hier unstreitig und offensichtlich nicht eingehalten worden.
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Die Klagefrist ist eine gesetzliche Frist, die nicht verlängert werden kann (vgl. § 65 SGG) und auf deren Einhaltung auch nicht verzichtet werden kann; sie ist vielmehr eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung.
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Ist die Klage nicht fristgemäß erhoben, muss allerdings geprüft werden, ob nach Maßgabe des § 67 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Da aber auch dies hier ausscheidet, musste die Klage als unzulässig abgewiesen werden.
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Eine Wiedereinsetzung nach § 67 SGG kommt vorliegend nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
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Dabei steht das Verschulden des gesetzlichen Vertreters, eines Vertreters nach § 72 SGG und des Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigten steht dem Verschulden des Beteiligten gleich (§ 73 Absatz 6 Satz 6 SGG iVm § 85 Absatz 2 ZPO) und es gelten die in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze für Rechtsanwälte auch für andere nach § 73 zugelassene Prozessbevollmächtigte (zB DGB, VdK) entsprechend (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017 § 67 Rn. 3g).
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Zwar ist das Verschulden einer Hilfsperson, derer sich der Prozessbevollmächtigte bei untergeordneten Hilfstätigkeiten bedient, etwa bei der Absendung der Klage, dem Säumigen nicht zuzurechnen, doch kann eine Wiedereinsetzung nicht gewährt werden, wenn den Prozessbevollmächtigten insoweit ein Auswahl-, Überwachungs- oder Organisationsverschulden trifft (vgl. BSG SozR 3–1500 § 67 Nr. 15). Auch insoweit sind die zu stellenden Anforderungen an Rechtsanwälte, Verbandsvertreter, Versicherungsträger und Behörden gleich (BSGE 61, 213).
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Hier liegt nach Ansicht des Gerichts ein eindeutiges Organisationsverschulden vor: Die Prozessbevollmächtigten hatten nicht einmal vorgetragen oder belegt, dass überhaupt ein Fristenkalender (manuell oder elektronisch) geführt wird und dass darin auch der tatsächliche Fristablauf - nicht nur ein früheres Datum - notiert wurden und diese Fristen sich auch von den gewöhnlichen anderen Wiedervorlagefristen deutlich abheben.
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Soweit nunmehr vorgetragen wurde, es werde ein manueller Fristenkalender geführt, mag dies zwar zutreffen, ist aber angesichts der unzureichenden Anweisungen zum Streichen von Fristen und der fehlenden Etablierung einer wirksamen Postausgangskontrolle nicht geeignet, ein Organisationsverschulden zu entkräften: Entscheidend ist vorliegend schon alleine die Tatsache, dass die Prozessbevollmächtigten bei der Streichung von Fristen in diesem manuellen Fristenkalender nicht die erforderliche Sorgfalt beachtet haben:
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Fristen im Kalender dürfen nicht schon bei der Anfertigung bzw. einer Unterschrift unter die Klageschrift und Ablegen des Schreibens auf einem „Posttisch“, sondern frühestens nach deren Bereitstellung für die Aufgabe zur Post gestrichen werden. Insofern haben die Prozessbevollmächtigten hier auch gerade keine zuverlässige und wirksame Postausgangskontrolle etabliert, denn sie können nicht einmal angeben, wer an diesem Tag für die Fristwahrung (dh. rechtzeitige Aufgabe zur Post oder FAX-Übermittlung uä) Verantwortung tragen musste.
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Genau daran knüpft das Erfordernis der sorgfältigen Führung eines Fristenkalenders indes an: die im Fristenkalender eingetragene Frist darf erst dann gestrichen werden, wenn die Sache postversandfertig (d.h. im Regelfall des Postversands: Klageschriftsatz fertiggestellt, unterschrieben, kuvertiert und frankiert) und sichergestellt ist, dass der Schriftsatz auch tatsächlich abgesandt wird.
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Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. Beschluss vom 04.11.2014 - Az: VIII ZB 38/14) hat ein Rechtsanwalt durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen (BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 – XI ZB 23/08, XI ZB 24/08, NJW 2010, 1363 11 mwN). Dies setzt zum einen voraus, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2013 – VI ZB 78/11, aaO Rn. 10 mwN; vom 16. Dezember 2013 – II ZB 23/12, juris Rn. 9 mwN). Ferner gehört hierzu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird (BGH, Beschlüsse vom 2. März 2000 – V ZB 1/00, NJW 2000, 1957 unter II; vom 13. September 2007 – III ZB 26/07, FamRZ 2007, 1879 Rn. 15; vom 17. Januar 2012 – VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 Rn. 9; vom 26. April 2012 – V ZB 45/11, juris Rn. 12; vom 16. Dezember 2013 – II ZB 23/12, a aO; vom 11. März 2014 – VIII ZB 52/13, juris Rn. 5; jeweils mwN). Eine solche zusätzliche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt.
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Die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gehandhabte Praxis genügt diesen Anforderungen bei Weitem nicht, was den Vorwurf des Organisationsverschuldens und damit den Ausschluss der Wiedereinsetzung rechtfertigt. Die unterschriebene Klageschrift war mit dem bloßen Ablegen auf einem „Posttisch“ weder postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden, noch war mit einer wirksamen Postausgangskotrolle mit einer eigens für diese Aufgabe als zuständig bestimmten Bürokraft dafür Sorge getragen, dass die Frist im Kalender auch tatsächlich erst dann gestrichen wird, wenn diese Aufgabe zur Post tatsächlich durchgeführt wurde.
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Eine Ablehnung der Wiedereinsetzung hat gemäß § 202 Satz 1 SGG iVm § 238 Absatz 2 Satz 1 ZPO in der Form zu erfolgen, die für die Entscheidung in der Sache gilt (BVerwGE 74, 289, 290), weshalb bei Klagen über die Ablehnung der Wiedereinsetzung erst im Urteil zu befinden ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017 § 67 Rn. 17a).
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Mithin war die Klage als unzulässig abzuweisen.
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Die Berufung gegen dieses Urteil ist zulässig (§§ 143, 144 Abs 1 SGG).
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Annotations
(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.
(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.
Auf Antrag kann der Vorsitzende richterliche Fristen abkürzen oder verlängern. Im Falle der Verlängerung wird die Frist von dem Ablauf der vorigen Frist an berechnet.
(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
(2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.
(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Der Beschluß, der die Wiedereinsetzung bewilligt, ist unanfechtbar.
(1) Für einen nicht prozeßfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter kann der Vorsitzende bis zum Eintritt eines Vormundes, Betreuers oder Pflegers für das Verfahren einen besonderen Vertreter bestellen, dem alle Rechte, außer dem Empfang von Zahlungen, zustehen.
(2) Die Bestellung eines besonderen Vertreters ist mit Zustimmung des Beteiligten oder seines gesetzlichen Vertreters auch zulässig, wenn der Aufenthaltsort eines Beteiligten oder seines gesetzlichen Vertreters vom Sitz des Gerichts weit entfernt ist.
(3) bis (5) (weggefallen)
(1) Die Beteiligten können vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Rentenberater im Umfang ihrer Befugnisse nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, auch in Verbindung mit Satz 2, des Rechtsdienstleistungsgesetzes, - 4.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten nach den §§ 28h und 28p des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, - 5.
selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder, - 6.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 7.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 8.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder, - 9.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 bis 8 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen. Satz 3 gilt nicht für Beschäftigte eines Sozialleistungsträgers oder eines Spitzenverbandes der Sozialversicherung.
(4) Vor dem Bundessozialgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind außer den in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen nur die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 bezeichneten Organisationen zugelassen. Diese müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des Satzes 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten; Satz 3 bleibt unberührt.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Bei Ehegatten oder Lebenspartnern und Verwandten in gerader Linie kann unterstellt werden, dass sie bevollmächtigt sind. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten. Im Übrigen gelten die §§ 81, 83 bis 86 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.
(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.