Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2007 - III ZB 26/07

bei uns veröffentlicht am13.09.2007
vorgehend
Landgericht Frankfurt (Oder), 14 O 216/06, 22.11.2006
Brandenburgisches Oberlandesgericht, 12 U 252/06, 06.03.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 26/07
vom
13. September 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 233 (Fc, Fd)
Zu den Anforderungen an die Ausgangskontrolle bei fristwahrenden Schriftsätzen.
BGH, Beschl. v. 13. September 2007 - III ZB 26/07 - Brandenburgisches OLG
LGFrankfurt(Oder)
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. September 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Dr. Wurm, Dörr und Wöstmann
und die Richterin Harsdorf-Gebhardt

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 6. März 2007 - 12 U 252/06 - wird auf ihre Kosten verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 118.721,96 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat mit dem am 22. November 2006 verkündeten Urteil die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 118.721,96 € nebst Zinsen sowie außergerichtliche Kosten zu zahlen. Gegen das ihr am 24. November 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte rechtzeitig Berufung eingelegt, diese aber nicht innerhalb der am 24. Januar 2007 abgelaufenen Frist begründet.
2
Vom Oberlandesgericht auf den Fristablauf aufmerksam gemacht, hat die Beklagte mit einem am 2. Februar 2007 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz beantragt, ihr wegen der Versäumung der Frist zur Beru- fungsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, und zugleich die Berufung begründet.
3
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat die Beklagte vorgetragen und glaubhaft gemacht:
4
Die in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten zuständige Mitarbeiterin K. habe im Fristenkalender den Fristablauf für die Berufungsbegründung auf den 24. Januar 2007 und die Vorfristen auf den 16. sowie den 23. Januar 2007 notiert. Die Fristenkontrolle sei so ausgestaltet, dass jeden Morgen jede Sekretärin für die Rechtsanwälte, für die sie zuständig sei, eine Kopie aus dem Fristenbuch erhalte, in dem die jeweiligen Fristen mit gelbem Marker hervorgehoben seien. Am Abend sammle Frau K. diese Fristenzettel wieder ein und kontrolliere, dass die jeweils zuständige Sekretärin die entsprechenden Fristen als "bearbeitet" gekennzeichnet habe. Für den sachbearbeitenden Rechtsanwalt sei die ausgebildete Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte B. zuständig. Dieser würden gemäß dem in der Kanzlei üblichen Arbeitsablauf die Fristakten vorgelegt; sie prüfe die jeweilige Frist, veranlasse erforderlichenfalls Nachfragen und lege die zu bearbeitende Akte dem Rechtsanwalt unter Hinweis auf die jeweilige Frist vor. Frau B. habe weder die Akten dieses Rechtsstreits zum Ablauf der Vorfristen dem Rechtsanwalt vorgelegt noch diesen am 24. Januar 2007 auf den drohenden Fristablauf hingewiesen. Das sei nur damit zu erklären, dass sie bereits am 16. Januar 2007 die Akte geprüft, dabei die "Berufungslasche" übersehen habe und daher davon ausgegangen sei, dass in diesem Fall keine Berufung eingelegt worden sei und damit die Frist gegenstandslos geworden sei.
5
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag abgelehnt und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.


6
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde der Beklagten ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (BGHZ 161, 86, 87 m.w.N.), nicht erfüllt sind.
7
1. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist nicht gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
8
a) Dieser Zulassungsgrund ist zunächst in den Fällen einer Divergenz gegeben, wenn also die angefochtene Entscheidung von einer Entscheidung eines höheren oder gleichrangigen Gerichts abweicht. Eine solche Abweichung liegt vor, wenn die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage in den tragenden Gründen anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Vergleichsentscheidung tragenden Rechtssatz abweicht (BGHZ 154, 288, 292 f; BGH, Beschluss vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 - NJW-RR 2003, 1366, 1367 unter II 1; jew. m.w.N.).
9
Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass das Berufungsgericht einen von einer Vergleichsentscheidung abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat. Insbesondere ist es nicht von dem anerkannten Grundsatz abgewichen, dass der Rechtsanwalt die Führung des Fristenkalenders im Rahmen einer von ihm zu verantwortenden Büroorganisation auf sein geschultes, zuverlässig erprobtes und sorgfältig überwachtes Personal zur selbstständigen Erledigung übertragen darf (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Oktober 2002 - III ZB 23/02 - NJW-RR 2003, 276 unter II 2 b; BGH, Beschlüsse vom 27. März 2001 - VI ZB 7/01 - NJW-RR 2001, 1072, 1073 unter II; vom 2. April 2003 - VIII ZB 117/02 - NJW-RR 2003, 1211 unter II 2 a; jew. m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Beklagten hat das Berufungsgericht auch nicht verkannt, dass die Partei das Verschulden einer Bürokraft ihres Prozessbevollmächtigten nicht zu vertreten hat, wenn die einzelnen Schritte der Fristenkontrolle eindeutig zugewiesen sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2006 - II ZB 1/05 - NJW 2006, 1520, 1521 unter II 2 a Rn. 5; vom 17. Januar 2007 - XII ZB 166/05 - NJW 2007, 1453 unter II 1 Rn. 12 f). Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht den Prozessbevollmächtigten der Beklagten angelastet, bei der Organisation ihrer Fristenkontrolle keine ausreichenden Vorkehrungen gegen das versehentliche Streichen von unerledigten Fristen getroffen zu haben.
10
b) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch dann erforderlich, wenn das Beschwerdegericht bei der Versagung der begehrten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Verfahrensgrundrechte verletzt hat (BGHZ 151, 221, 226 m.w.N.).
11
aa) Das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dient in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfG, NJW-RR 2002, 1004 unter B I 1; BGHZ 151, 221, 227; BGH, Beschluss vom 9. November 2005 - XII ZB 270/04 - FamRZ 2006, 192; jew. m.w.N.). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen sie auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis angerufenen Gerichts nicht rechnen musste (BVerfG, NJW-RR 2002 aaO; NJW 2004, 2583, 2584 unter III 2 a; BGH, Beschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 77/05 - NJW 2006, 2638 unter II Rn. 3; jew. m.w.N.).
12
bb) Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die anwaltliche Organisationspflicht in Bezug auf fristgebundene Schriftsätze nicht überspannt.
13
(1) Es hat die von der Beklagten begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung abgelehnt, dass nicht ersichtlich sei, welche Vorkehrungen in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Beklagten getroffen worden seien, um zu verhindern, dass die zuständige Angestellte eine Frist irrtümlich als erledigt kennzeichne. Die Mitarbeiterin K. nehme keine eigenständige Fristenkontrolle vor. Wie die jeweils zuständige Sekretärin die Einhaltung der Fristen kontrolliere, habe die Beklagte nicht dargelegt. Die Rechtsanwaltsangestellte B. habe offensichtlich sowohl am 23. Januar 2007 als auch am Tag des Fristablaufs am 24. Januar 2007 die jeweiligen Fristen im Fristenkalender gestrichen, ohne sich die Akte nochmals anzusehen.
14
(2) Damit hat das Berufungsgericht die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geltenden Maßstäbe der Ausgangskontrolle eingehalten.
15
(a) Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten gehört, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (Senatsbeschluss vom 14. März 1996 - III ZB 13/96 - VersR 1996, 1298; Senatsurteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - NJW 2001, 1577, 1578 unter II 1; BGH, Beschlüsse vom 4. Oktober 2000 - XI ZB 9/00 - BGHR ZPO Ausgangskontrolle 14; vom 9. November 2005 aaO unter 2; vom 23. Mai 2006 aaO Rn. 5; jeweils m.w.N.). Die Ausgangskontrolle setzt, wie bereits dem Begriff Kontrolle zu entnehmen ist, eine nochmalige, selbständige Prüfung voraus (BGH, Beschluss vom 10. Mai 2006 - XII ZB 267/04 - NJW 2006, 2412, 2413 unter II 2 b Rn. 13 m.w.N.).
16
(b) Dass eine solche selbständige und abschließende Prüfung der Fristen im Büro ihrer Prozessbevollmächtigten durchgeführt wird, hat die Beklagte nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht. Die für den Fristenkalender zuständige Mitarbeiterin K. nimmt am Abend eines jeden Tages keine eigenständige Kontrolle der Fristsachen vor, sondern verlässt sich auf die Bearbeitungsvermerke der für die einzelnen Rechtsanwälte zuständigen Sekretärinnen. Wie diese die Einhaltung der Fristen zu überprüfen haben, hat die Beklagte nicht dargetan. Die allgemeine Anweisung, dass die Fristakten dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt schon zu den Vorfristen vorgelegt werden sollen und die Sekretärin am Tag des Fristablaufs nochmals darauf hinweisen soll, genügt nicht für eine wirksame Fristenkontrolle. Vielmehr muss, wie bereits dargelegt, sichergestellt sein, dass eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet wird, wenn der fristwahrende Schriftsatz gefertigt und abgesandt oder zumindest dafür Sorge getroffen worden ist, dass das Schriftstück tatsächlich hinausgeht. Eine darauf bezogene organisatorische Anweisung lässt sich weder der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs noch der eidesstattlichen Versicherung der Angestellten B. entnehmen.
17
2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung erforderlich. Diese kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungerhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann, oder wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind (BGHZ 151, 221, 223; 154, 288, 291; jew. m.w.N.).
18
Keine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung hat die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob ein Rechtsanwalt es als eigenes Verschulden zu vertreten hat, wenn ihm eine Akte trotz ordnungsgemäß im Fristenkalender eingetragener Berufungsbegründungsfrist und zwei ordnungsgemäß eingetragener Vorfristen an keinem dieser Fristtage vorgelegt wird, weil die zuständige Fachkraft versehentlich davon ausgeht, dass eine Berufung in dieser Sache überhaupt nicht eingelegt worden sei. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht allein die rechtzeitige Vorlage von Fristakten an den sachbearbeitenden Rechtsanwalt nicht aus. Nicht entscheidungserheblich ist die Frage, ob ein anwaltliches Organisationsverschulden vorliegt , wenn die Fristenkontrolle dergestalt organisiert ist, dass am Morgen eines jeden Tages jede Sekretärin für die Rechtsanwälte, für die sie zuständig ist, eine Kopie aus dem Fristenbuch erhält und am Abend eine weitere Mitarbeiterin die Fristenzettel wieder einsammelt und darauf kontrolliert, dass die jeweilige Sekretärin die entsprechenden Fristen als "bearbeitet" gekennzeichnet hat.
Unabhängig von der Ausgestaltung der Fristenkontrolle im Einzelnen ist entscheidend die - hier fehlende - Prüfung, ob fristwahrende Schriftsätze gefertigt und zuverlässig auf den Postweg gebracht worden sind.
Schlick Wurm Dörr
Wöstmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 22.11.2006 - 14 O 216/06 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 06.03.2007 - 12 U 252/06 -

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.

(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.

(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 76/02
vom
13. Mai 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Zulassungsgrund des § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO ist nicht gegeben,
wenn das Berufungsgericht den Vortrag zur Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags
für widersprüchlich erachtet und deshalb den Antrag zurückweist.
BGH, Beschluß vom 13. Mai 2003 - VI ZB 76/02 - OLG Celle
LG Verden
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Mai 2003 durch die Vor-
sitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
sowie die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 15. November 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 5.129,54

Gründe:

I.

Der Einzelrichter des Landgerichts hat das Begehren der Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall abgewiesen. Das Urteil ist dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 12. Juli 2002 zugestellt worden. Die Klägerin hat hiergegen Berufung eingelegt, die mit Telefax am 14. August 2002 beim Oberlandesgericht eingegangen ist. Mit Schriftsatz vom 15. August 2002, beim Berufungsgericht am selben Tag eingegangen, hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die fertiggestellte Berufungsschrift sei zunächst auf Frist gelegt worden, zugleich sei aber verfügt worden, sie auf jeden Fall fristgerecht einzusenden. Die erfahrene, bis dahin stets sorgfältig arbeitende Fachangestellte W. habe zwar eine Vorfrist auf den 5. August 2002 notiert und das auf dem erstinstanzlichen Urteil vermerkt. Am Vorfristtermin habe sie aber fälschlich im Hinblick auf die in der Akte befindliche
Berufungsschrift angenommen, der Schriftsatz sei bereits an das Berufungsge- richt versandt worden. Sie habe deshalb selbständig die notierte Berufungsfrist einschließlich Vorfrist als erledigt im Terminkalender gestrichen. Das Fristversäumnis habe sich erst zwei Tage nach Fristablauf herausgestellt. Auf Frage des Berufungsgerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 2. September 2002 weiter ausgeführt, sie habe zunächst noch keinen Auftrag zur Berufungseinlegung erteilt. Deshalb sei die Berufungsschrift in Klarsichthülle zur Akte genommen worden um sicherzustellen, daß sie nach Erteilung eines entsprechenden Auftrags bzw. bei Ablauf der mit der Klägerin vereinbarten Frist zur Äußerung, die als Auftragserteilung habe gelten sollen, umgehend bei Gericht habe eingereicht werden können. Der Berichterstatter des Berufungsgerichts hat die Klägerin mit Verfügung vom 17. Oktober 2002, auf den Widerspruch zwischen der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags vom 15. August 2002 und dem Schriftsatz vom 2. September 2002 hingewiesen. Mit Beschluß vom 15. November 2002 hat das Berufungsgericht den Antrag der Klägerin zurückgewiesen, weil ausreichende Tatsachen für eine Wiedereinsetzung nicht vorgetragen seien. Die Begründung im Wiedereinsetzungsantrag vom 15. August 2002 stehe in Widerspruch zum Inhalt des Schriftsatzes vom 2. September 2002. Wenn zwischen der Abfassung der Berufung und ihrer Einsendung ein Rechtsmittelauftrag der Klägerin erfolgt sei, hätten die Akten dem Prozeßbevollmächtigten vorgelegt werden müssen; dieser habe dann die Einreichung der Berufungsschrift ausdrücklich verfügen müssen. Auch habe die Klägerin nicht hinreichend zu einer wirksamen Postausgangskontrolle ihrer Prozeßbevollmächtigten vorgetragen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs entgegen der Ansicht der Klägerin nicht erforderlich. 1. Der Zulassungsgrund des § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO ist erfüllt, wenn der Beschwerdeführer darlegt, daß die angefochtene Entscheidung von der Entscheidung höherrangiger oder gleichrangiger anderer Gerichte abweicht. Eine solche Abweichung liegt nur vor, wenn die angefochtene Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage in den tragenden Gründen, nicht nur in einer lediglich zusätzlich aufgeführten Begründung anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung , also einen Rechtssatz aufstellt, der von einem die Entscheidung tragenden Rechtssatz der Vergleichsentscheidung abweicht (vgl. BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 – V ZB 16/02 – NJW 2002, 3029, demnächst BGHZ 151, 229). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Rechtsbeschwerde zeigt eine Divergenz der angegriffenen Entscheidung zu der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht auf. Es ist nicht ersichtlich und nicht vorgetragen, daß die Entscheidung des Beschwerdegerichts über eine eventuelle Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 – NJW 2001, 1577) hinaus einen abweichenden Rechtssatz aufstellt und hierauf beruht. Der angefochtene Beschluß läßt vielmehr erkennen , daß das Beschwerdegericht das mit eidesstattlichen Versicherungen belegte Vorbringen der Klägerin für widersprüchlich und damit für nicht nachvollziehbar und nicht glaubhaft gehalten hat. Schon diese Begründung trägt die
Entscheidung. Die Ausführungen zur Postausgangskontrolle sind dagegen nur zusätzlich („darüber hinaus“) im Sinne einer Alternativbegründung angefügt. 2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch dann erforderlich, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren (BGH, Beschluß vom 4. Juli 2002 – V ZB 16/02 – VersR 2003, 222, demnächst in BGHZ 151, 221). Das kann bei einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten der Fall sein, insbesondere wenn der angefochtene Beschluß die Partei in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) verletzt. Dieser verbietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozeßbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen sie auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen mußte (BVerfGE 79, 372, 376 f.; BVerfG, Beschluß der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Dezember 2001 – 1 BvR 1009/01 – NJW-RR 2002, 1004, 1005). Der angegriffene Beschluß enthält solche Fehler nicht. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist einzelfallbezogen und erfordert aus diesem Grund keine Leitentscheidung des Bundesgerichtshofs. Soweit das Berufungsgericht eine Postausgangskontrolle verlangt und davon ausgeht, der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin habe die fristgemäße Einreichung der gefertigten und unterzeichneten Berufungsschrift bei Gericht nur nach erneuter Einsicht in die Akten und ausdrücklicher Verfügung dem Büropersonal überlassen dürfen, kann dahin stehen, ob dies von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluß vom 11. Januar 2001 – III ZR 148/00 – NJW 2001, 1577)
abweicht. Die Ablehnung der Wiedereinsetzung wird - wie dargelegt - bereits von der Begründung getragen, der Vortrag der Klägerin sei nicht nachvollziehbar und widersprüchlich. Diese Begründung erweist sich als einzelfallbezogen und berührt die Interessen der Allgemeinheit nicht nachhaltig. Aus demselben Grund ist nicht zu entscheiden, ob die zusätzliche Begründung der Rechtsbeschwerde die Grenzen für nachträglichen Vortrag zu einem Antrag auf Wiedereinsetzung überschreitet (vgl. Senatsbeschluß vom 5. Oktober 1999 – VI ZB 22/99 – VersR 2000, 202). 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Müller Greiner Diederichsen
Pauge Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 23/02
vom
31. Oktober 2002
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Oktober 2002 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa und
Dörr

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. April 2002 - 16 U 16/02 - aufgehoben.
Dem Kläger wird wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. Dezember 2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Gründe


I.


Das Landgericht hat die Feststellungsklage des Klägers aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2001 mit Urteil vom 14. Dezember 2001 abgewiesen. Gegen dieses seiner Prozeßbevollmächtigten am 15. Januar 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. Januar 2002 Berufung eingelegt , die er mit einem am 13. März 2002 eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Am 22. März 2002 beantragte der Kläger wegen Versäumung der Beru-
fungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führte zur Begründung aus: Rechtsanwältin St. , seine erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte , habe mit ihm vereinbart, daß gegen das Urteil des Landgerichts unter Ausschöpfung der Berufungsfrist am 15. Februar 2002 Berufung eingelegt werden solle. Da Rechtsanwältin St. beabsichtigt habe, im Februar 2002 Urlaub zu machen, dessen genaues Datum noch nicht festgestanden habe , habe sie am 28. Januar 2002 die Berufungsschrift diktiert und durch den am Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt Sch. unterzeichnen lassen. Der Rechtsanwalts- und Notariatsfachangestellten G. habe sie die Anweisung erteilt, die Berufungsschrift genau am 15. Februar 2002 bei Gericht einzureichen. Zugleich habe sie verfügt, die Berufungsbegründungsfrist unter Zugrundelegung der angeordneten Einlegung der Berufung vorsorglich auf den 15. März 2002 mit einer Vorfrist zum 8. März 2002 zu notieren. Entgegen der ausdrücklichen Anweisung habe Frau G. die Berufungsschrift schon am 28. Januar 2002 zur Gerichtspost gegeben. Als Rechtsanwältin St. die Kopie der Berufungsschrift mit Eingangsquittung zum 30. Januar 2002 vorgelegt worden sei, habe sie sowohl schriftlich auf der Berufungsschrift als auch mündlich gegenüber Frau G. bei Übergabe der Akte verfügt, die Berufungsbegründungsfrist mit Vorfrist umzunotieren. Frau G. sei jedoch der Ansicht gewesen, eine Umnotierung sei nicht erforderlich, weil die Frist 15. März 2002 nach neuem Recht richtig notiert sei. Sie habe deshalb bei der Verfügung "nicht notwendig" vermerkt, wegen hohen Arbeitsanfalls aber vergessen, Rechtsanwältin St. noch einmal auf die Fristnotierung anzusprechen. Die eingetragene Wiedervorlagefrist 14. Februar 2002 habe sie in der Annahme gestrichen, die Wiedervorlage habe sich durch Einreichung der Berufungsschrift erledigt, weshalb die Akte an diesem Tag nicht vorgelegt worden sei. Dies sei vielmehr erst zur vorsorglich notierten Vorfrist am 8. März
2002 geschehen. Als Rechtsanwältin St. am 11. März 2002 die Akten für die Berufungsbegründung in Arbeit genommen habe, habe sie die falsche Berechnung der Berufungsbegründungsfrist bemerkt.
Das Berufungsgericht hat die Erteilung von Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Zwar hat der Kläger die Berufungsbegründungsfrist versäumt. Auf seinen rechtzeitigen Antrag ist ihm jedoch gemäß §§ 233, 234 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Damit wird der die Berufung als unzulässig verwerfende Beschluß des Berufungsgerichts gegenstandslos.

a) Nach dem durch anwaltliche Versicherung des Prozeßbevollmächtigten zweiter Instanz und durch eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsund Notariatsfachangestellten G. glaubhaft gemachten Vorbringen des Klägers war dieser ohne ein ihm zuzurechnendes Verschulden seiner Prozeßbevollmächtigten gehindert, die Berufungsbegründungsfrist zu wahren. Hier-
nach beruhte die Versäumung der Frist auf drei Fehlern der Angestellten G. . Entgegen einer erteilten Weisung reichte sie die bereits am 28. Januar 2002 erstellte Berufungsschrift sofort und nicht erst unter Ausschöpfung der Frist am 15. Februar 2002 bei Gericht ein. War dies für sich genommen noch kein Fehler, der unmittelbar zu Rechtsverlusten des Klägers führte, unterließ sie nach Zugang einer Kopie der Berufungsschrift mit Eingangsquittung die ihr mündlich und schriftlich angewiesene Umnotierung der Berufungsbegründungsfrist vom 15. März 2002 auf den 28. Februar 2002, weil sie der irrigen Auffassung war, die Frist laufe nach neuem Recht am 15. März 2002 aus. Sie war jedoch nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen darüber unterrichtet worden, daß nach der Übergangsregelung das alte Recht in Fällen anzuwenden ist, in denen die mündliche Verhandlung, auf welche das Urteil ergeht, vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist. Schließlich legte sie die Handakten am 14. Februar 2002 nicht vor, weil sie den Zusammenhang dieser Frist mit der bereits eingereichten Berufung sah.

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Rechtsanwalt die Berechnung üblicher und in seiner Praxis häufig vorkommender Fristen sowie die Führung des Fristenkalenders seinem gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Büropersonal überlassen. Er muß aber durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür sorgen, daß Fristversäumnisse möglichst vermieden werden (vgl. BGH, Beschluß vom 6. Juli 1994 - VIII ZB 26/94 - NJW 1994, 2551; Senatsbeschluß vom 31. Januar 2002 - III ZB 69/01 - NJW 2002, 1130). Darüber hinaus darf ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf vertrauen, daß eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt. Ihn trifft unter solchen Umständen nicht die Verpflichtung, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung
zu vergewissern (vgl. BGH, Beschluß vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97 - NJW 1997, 1930).
aa) Nach diesen Grundsätzen ist den Prozeßbevollmächtigten des Klägers ein Verschulden nicht vorzuwerfen. Die Weisung an die Büroangestellte, die am 28. Januar 2002 bereits unterzeichnete Berufungsschrift erst am 15. Februar 2002 bei Gericht einzureichen, betraf eine einfach wahrzunehmende Handlung, die keine besonderen Kenntnisse voraussetzte und mit Hilfe des Fristenkalenders verläßlich hätte ausgeführt werden können. Auch die möglicherweise vorzunehmende Korrektur einer vorsorglich eingetragenen Berufungsbegründungsfrist nach Eingang der Mitteilung über den genauen Eingang der Berufungsschrift bei Gericht war ein nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Recht immer wieder vorkommender Routinevorgang, den der Anwalt seinem gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Büropersonal überlassen durfte. Es kommt hier hinzu, daß sich Rechtsanwältin St. auf eine selbständige Bearbeitung durch die Büroangestellte nicht beschränkt, sondern ihr eine mündliche und schriftliche Weisung zur Umnotierung der Berufungsbegründungsfrist erteilt hat. Angesichts dieser Weisung kommt dem Umstand, daß die Büroangestellte möglicherweise die Unterrichtung über das neue Rechtsmittelrecht und die Übergangsregelung noch nicht richtig aufgenommen hatte, keine entscheidende Bedeutung zu, weil die Weisung in jedem Fall zu befolgen war und die Büroangestellte nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen gleichfalls angewiesen war, Rücksprache mit dem Prozeßbevollmächtigten zu halten, wenn sie eine Verfügung anders als angeordnet ausführen wollte. Da ihr nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen bei der Fristberechnung und -notierung seit Beginn ihres Arbeitsverhältnisses in der Kanzlei (Oktober 1997) noch keine Fehler unterlaufen waren, durften sich die Prozeßbevollmächtigten
darauf verlassen, daß auch in dieser Sache die angewiesene Frist eingetragen würde.
bb) Der Senat folgt der Beurteilung des Berufungsgerichts nicht, Rechtsanwältin St. hätte die Eintragung der Frist in den Kalender selbst vornehmen, jedenfalls prüfen müssen, ob die Büroangestellte die Frist richtig eingetragen hatte, nachdem sie bemerkt hatte, daß die Angestellte die Berufungsschrift weisungswidrig zu früh eingereicht hatte. Nicht jeder Fehler rechtfertigt den vom Berufungsgericht gezogenen Schluß, daß man sich auf einen Mitarbeiter nicht mehr verlassen könne. Der Fehler hatte hier nicht entscheidendes Gewicht, weil er als solcher noch nicht mit Rechtsnachteilen für den Kläger verbunden war und eine ordnungsmäßige Abwicklung des Berufungsverfahrens nicht behinderte. Er betraf auch nicht im Kern die Führung des Fristenkalenders , so daß er das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Angestellten in dieser Beziehung nicht berührte. Daß Rechtsanwältin St. unter diesen Umständen durch eine eigene - mündliche und schriftliche - Weisung zur Umnotierung der Berufungsbegründungsfrist dem eingetretenen Fehler Rechnung trug und die weitere fristgemäße Bearbeitung sicherstellen wollte, entsprach einer verantwortungsbewußten und die Interessen des Mandanten wahrnehmenden Verfahrensweise. Zu mehr war sie auch im Hinblick auf den der Angestellten unterlaufenen Fehler bei der Einreichung der Berufungsschrift nicht verpflichtet. Soweit das Berufungsgericht den Beschlüssen des Bundesgerichtshofs vom 3. November 1997 (VI ZB 47/97 - NJW 1998, 460) und vom 10. Juli 1980 (VII ZB 7/80 - VersR 1980, 1047) weitergehende Anforderungen an die vom Rechtsanwalt selbst wahrzunehmenden Pflichten entnehmen will, verkennt es, daß diesen Entscheidungen keine vergleichbaren Fallgestaltungen zugrunde lagen. Es kommt auch nicht auf die Bedenken an, die das Beru-
fungsgericht mit Rücksicht auf das Verhalten des beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalts Sch. äußert. Denn dem Wiedereinsetzungsantrag ist seinem gesamten Inhalt nach zu entnehmen, daß Rechtsanwältin St. mit der Bearbeitung betraut war. Daß ihr im Februar 2002 geplanter Urlaub einer Überwachung der Sache entgegenstand, ist nicht erkennbar. Vielmehr belegt ihre Bearbeitung, daß sie das Erforderliche veranlaßt hatte, um die Berufungsbegründung rechtzeitig vorzubereiten. Daß hierzu möglicherweise vor dem 28. Februar 2002 ein Verlängerungsantrag hätte gestellt werden müssen, stellt die ordnungsmäßige Handhabung durch sie nicht in Frage.
Rinne Streck Schlick
Kapsa Dörr
5
a) Von einem für die Fristversäumung ursächlichen anwaltlichen Organisationsverschulden ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auszugehen , wenn nach dem Wiedereinsetzungsvorbringen nicht festgestellt werden kann, dass nur eine bestimmte qualifizierte Fachkraft für die Fristennotierung im Kalender und die Fristenüberwachung verantwortlich ist, sondern es möglich ist, dass mehrere Büroangestellte und unzulässigerweise sogar eine noch auszubildende Kraft (BGH, Beschl. v. 20. Juni 1978 - VI ZB 7/78, VersR 1978, 959, 960) hierfür zuständig sind (BGH, Beschl. v. 8. Juli 1992 - XII ZB 55/92, NJW 1992, 3176 m.w.Nachw.). So liegt es hier.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 270/04
vom
9. November 2005
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. November 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterinnen
Weber-Monecke und Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Familiensenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. November 2004 wird auf Kosten des Beklagten verworfen. Beschwerdewert: 2.740 €.

Gründe:


I.

1
Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - ist der Beklagte verurteilt worden, an die Klägerin Trennungsunterhalt zu zahlen. Gegen das ihm zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 30. Juni 2004 zugestellte Urteil hat er mit Schriftsatz vom 12. Juli 2004, beim Oberlandesgericht eingegangen am 14. Juli 2004, Berufung eingelegt. Eine Begründung des Rechtsmittels ist bis zum Ablauf der bis zum 20. September 2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist nicht eingegangen. Am 13. Oktober 2004 hat er - per Telefax - eine Berufungsbegründung eingereicht, in der als Datum der 16. September 2004 angegeben ist. Gleichzeitig hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.
2
Zur Begründung dieses Antrags hat er vorgetragen: Die Überwachung von Notfristen sei im Büro seiner Rechtsanwältin so organisiert, dass die zuständige Bürovorsteherin B. mit der Zusendung der eingehenden Post die Rechtsmittelfristen oder andere Fristen vermerke und den Vorgang an die zuständige Büroangestellte weiterleite. Diese Fristen würden ebenfalls im Fristenkalender und zusätzlich im Computer jeweils mit Vorfrist und Fristablauf notiert. Zusätzlich werde eine Eintragung der Frist im Kalender der jeweiligen Handakte vorgenommen. Bei Ablauf der Vorfrist werde die Akte dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt mit einem auffälligen Vermerk vorgelegt. Am Morgen des Fristablaufs werde die Sache auf Erledigung überprüft und, wenn sie noch nicht erledigt sei, noch einmal mit einem auffälligen Aufkleber "heute Fristablauf" in der gleichen Weise vorgelegt. Zum Büroschluss werde weiter kontrolliert, ob alle Fristsachen erledigt seien, erst dann werde die Frist gelöscht. Die Eintragung und die Kontrolle der Fristen obliege der Bürovorsteherin B. Im vorliegenden Fall habe sie zwar richtig die Vor- und Hauptfrist notiert, doch versehentlich die Frist vom 20. September 2004 gestrichen, obwohl sie nicht kontrolliert habe, ob die Berufungsbegründungsschrift fristgerecht abgesandt worden sei. Diese sei nach dem Diktat am 16. September 2004 gefertigt und in die normale Post gegeben , jedoch nicht sicherheitshalber per Telefax versandt worden. Die Bürovorsteherin habe nach der Fertigung des Schriftsatzes eine Abschrift in der Akte abgeheftet, das Original zur Post gegeben und den Fristablauf vom 20. September bereits am 16. September gestrichen, obwohl nicht sichergestellt gewesen sei, dass die Berufungsbegründungsschrift auch am 20. September 2004 bei dem Oberlandesgericht eingegangen sei.
3
Zur Glaubhaftmachung des tatsächlichen Ablaufs hat der Beklagte eine eidesstattliche Versicherung der Bürovorsteherin B. vorgelegt, in der es hinsichtlich der Büroorganisation heißt, der Bürovorsteherin seien die Vorschriften der Kanzlei über die Behandlung von Fristen bekannt.
4
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

5
Die gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 ZPO in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 der Bestimmung nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern.
7
a) Die Voraussetzungen der ersten beiden Alternativen liegen hier nicht vor.
8
b) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich, wenn das Berufungsgericht bei der Versagung der begehrten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen ist. Nach gefestigter Rechtsprechung dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BGHZ 151, 221, 227 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZR 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792). Gegen diesen Grundsatz verstößt die angefochtene Entscheidung indessen nicht.
9
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten gehört, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig zur Bearbeitung vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten , durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (Senatsbeschlüsse vom 17. Oktober 1990 - XII ZB 84/90 - BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 1 und vom 22. Oktober 1986 - IVb ZB 89/86 - BGHR ZPO § 233 Rechtsmittelbegründung 1; BGH Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 13). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
10
3. Das Berufungsgericht hat angenommen, es sei nicht auszuschließen, dass die Fristversäumung auf einer fehlenden wirksamen Ausgangskontrolle hinsichtlich fristwahrender Schriftsätze in der vom Beklagten beauftragten Rechtsanwaltskanzlei beruhe. Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
11
Der Beklagte hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist weder von ihm selbst noch von seinem Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) verschuldet worden ist. Dass die Fristen- und insbesondere die Ausgangskontrolle in dem Büro der erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten in einer den Anforderungen der ständigen Rechtsprechung entsprechenden Weise organisiert waren, lässt sich der eidesstattlichen Versicherung der Bürovorsteherin B. nicht entnehmen. Denn in dieser werden die diesbezüglichen Vorschriften der Kanz- lei nicht im Einzelnen dargelegt. Damit kann nach den allein glaubhaft gemachten Tatsachen aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Fristversäumnis verhindert worden wäre, wenn eine wirksame Ausgangskontrolle bestanden hätte.
Hahne Sprick Weber-Monecke Vézina Dose
Vorinstanzen:
AG Herne-Wanne, Entscheidung vom 08.06.2004 - 3 F 404/02 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.11.2004 - 3 UF 332/04 -
3
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, denn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluss verletzt den Beklagten in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieser verbietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen sie auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen musste (vgl. BVerfGE 79, 372, 376 f.; BVerfG, NJW-RR 2002, 1004, 1005).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 148/00
Verkündet am:
11. Januar 2001
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
------------------------------------
Dem Erfordernis einer Ausgangskontrolle bei fristwahrenden Schriftsätzen
ist genügt, wenn der Rechtsanwalt den von ihm unterzeichneten und kuvertierten
Schriftsatz in einer "Poststelle" seiner Kanzlei ablegt und aufgrund
allgemeiner organisatorischer Anweisungen gewährleistet ist, daß dort lagernde
Briefe ohne weitere Zwischenschritte noch am selben Tag frankiert
und zur Post gegeben werden.
BGH, Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - OLG Köln
LG Köln
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Januar 2001 durch die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick, Dr. Kapsa
und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 9. Mai 2000 aufgehoben.
Den Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gewährt.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Beklagten haben gegen das der Klage auf Zahlung einer Maklerprovision stattgebende Urteil des Landgerichts rechtzeitig Berufung eingelegt. Ihre Berufungsbegründungsschrift vom 2. Dezember 1999 ist aber nicht innerhalb der bis zum 6. Dezember 1999 verlängerten Begründungsfrist, sondern erst am 7. Dezember 1999 beim Oberlandesgericht eingegangen. Nach telefonischem Hinweis auf die Verspätung haben die Beklagten fristgerecht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zur Begründung vorgetragen:
Der Schriftsatz vom 2. Dezember 1999 sei in den Morgenstunden dieses Tages von der Rechtsanwaltsfachangestellten W. geschrieben, für die Post vorbereitet und dem Anwalt zur Unterschrift übergeben worden. Dieser habe ihn zusammen mit den Kopien für die Mandantschaft unterzeichnet, eigenhändig kuvertiert und zu der "Poststelle" der Kanzlei gegeben. Die Einrichtung dieser Poststelle bestehe aus einer Arbeitsplatte, der Frankiermaschine und einem Behälter mit der Aufschrift "herausgehende Post". Es lägen rote DIN-C4Freistempler -Umschläge bereit, in welche die frankierte Post gesteckt werde. Täglich gingen aus der Kanzlei allein über die Deutsche Post AG ca. 50 bis 100 Briefe an verschiedene Empfänger. Es würden bis zu sechs und acht Freistempler -Umschläge an jedem Arbeitstag in einen nahegelegenen Briefkasten eingeworfen. Sechs Kanzleimitarbeiter frankierten je nach Arbeitslage die hinausgehende Post. Die Poststelle sei so gestaltet, daß keine Briefe liegenbleiben könnten. Die Post werde erstmals in den frühen Nachmittagsstunden und später noch einmal in den Abendstunden in den genannten Briefkasten eingeworfen. Demgemäß hätten auch die Beklagten die Kopien des Schriftsat-
zes am darauf folgenden Tag oder spätestens am Sonnabend erhalten. Zur Glaubhaftmachung haben sich die Beklagten auf eine eigene eidesstattliche Versicherung, auf eidesstattliche Versicherungen der Angestellten W. und ihres Prozeßbevollmächtigten sowie auf einen Ausdruck aus dem Schreibcomputer der Anwaltskanzlei bezogen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen und in den Gründen seiner Entscheidung den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren Revision.

Entscheidungsgründe


Die Revision hat Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht führt aus: Die Beklagten hätten nicht glaubhaft gemacht, daß sie ohne ein ihnen zuzurechnendes Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten gehindert gewesen seien, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Glaubhaft gemacht sei allein, daß die Berufungsbegründung am 2. Dezember 1999 von der Mitarbeiterin W. geschrieben, zusammen mit den für die Beklagten bestimmten Kopien von dem Prozeßbevollmächtigten unterzeichnet, von ihm kuvertiert und zu der Poststelle seiner Kanzlei gegeben
wurde, außerdem, daß die Beklagten den Schriftsatz am 3. oder 4. Dezember 1999 erhalten hätten. Nicht glaubhaft gemacht sei indessen, daß das für das Gericht bestimmte Original am 2. Dezember 1999 oder zumindest so rechtzeitig abgesandt worden sei, daß es bei normalem Postlauf innerhalb der Berufungsbegründungsfrist beim Oberlandesgericht eingegangen wäre. Es sei nicht dargetan, ob und auf welche Weise in der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten der Postausgang überwacht wurde (Postausgangsbuch, Ab-Vermerk in der Handakte oder im Fristenkalender, Überprüfung der Erledigung am Abend anhand des Fristenkalenders), zumal der Fristenkalender nicht vorgelegt worden sei. Zwar müsse kein Mitarbeiter des Rechtsanwalts am Briefkasten stehen und jeden eingeworfenen Brief in einem Postausgangsbuch abhaken. Zu verlangen sei jedoch, daß durch geeignete Maßnahmen später nachvollzogen werden könne, wann ein ganz bestimmter Schriftsatz das Büro tatsächlich verlassen habe.

II.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Den Beklagten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu bewilligen (§ 233 ZPO).
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der im Ansatz auch das Berufungsgericht ausgeht, gehört es zu den Aufgaben des Prozeßbevollmächtigten, dafür zu sorgen, daß ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muß er eine zuverlässige Fristenkontrolle organisie-
ren und insbesondere einen Fristenkalender führen (vgl. nur BGH, Beschluß vom 15. Juli 1998 - IV ZB 8/98 - NJW-RR 1998, 1443, 1444 m.w.N.). Die Fristenkontrolle muß jedoch nur gewährleisten, daß der fristwahrende Schriftsatz rechtzeitig hergestellt und postfertig gemacht wird. Ist dies geschehen und ist die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet, so darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden (BGH, Beschluß vom 13. Oktober 1995 - VII ZB 48/93 - NJW-RR 1994, 565, 566; Beschluß vom 27. November 1996 - XII ZB 177/96 - NJW 1997, 1312, 1313; Beschluß vom 9. September 1997 - IX ZB 80/97 - NJW 1997, 3446, 3447; Beschluß vom 15. Juli 1998 aaO). Das ist im allgemeinen anzunehmen, wenn der fristwahrende Schriftsatz in ein Postausgangsfach des Rechtsanwalts eingelegt wird und die abgehende Post von dort unmittelbar zum Briefkasten gebracht wird, das Postausgangsfach also "letzte Station" auf dem Weg zum Adressaten ist (s. dazu BGH, Beschluß vom 9. September 1997 aaO). Eine zusätzliche Überwachung der abgehenden Post, etwa durch Führung eines Postausgangsbuchs, ist unter diesen Umständen nicht erforderlich (BGH, Beschluß vom 25. Juni 1980 - VIII ZB 20/80 - VersR 1980, 973; Beschluß vom 14. Juli 1994 - VII ZB 7/94 - NJW 1994, 2958, 2959; Beschluß vom 27. November 1996 aaO).
2. Nach diesen Maßstäben besteht kein Anhalt dafür, daß ein Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten an dem Fristversäumnis mitgewirkt haben könnte (§ 85 Abs. 2 ZPO). Die Beklagten haben - auch nach Meinung des Berufungsgerichts - glaubhaft gemacht, daß ihr Prozeßbevollmächtigter das für das Gericht bestimmte Original der Berufungsbegründung am 2. Dezember 1999 unterzeichnet, kuvertiert und selbst zur Poststelle der Kanzlei gebracht hat. Die weitere Postbeförderung war nach ihrem Vortrag so organi-
siert, daß alle dort lagernden Briefe von Mitarbeitern frankiert und zweimal täglich unmittelbar zum Briefkasten gebracht wurden, also - anders als in der Entscheidung vom 9. September 1997 (aaO) - ohne Zwischenschritte. Der Senat versteht das Vorbringen der Beklagten so, daß auch entsprechende allgemeine Anweisungen ihres Prozeßbevollmächtigten erteilt waren, insbesondere, jeden in der Poststelle lagernden Brief noch am selben Tage bei der Post einzuliefern. Damit war im Streitfall bereits mit dem eigenhändigen Ablegen des Briefes in der Poststelle durch den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten das Ziel einer Fristenkontrolle erreicht, selbst wenn der Brief anschließend noch von Kanzleiangestellten frankiert werden mußte und erst dadurch endgültig "postfertig" wurde, ohne daß es darauf ankommt, ob nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Beklagten die der Fristenkontrolle im übrigen dienenden Maßnahmen hinreichend durchgeführt wurden, was das Berufungsgericht bezweifelt. Etwaige Versäumnisse des Rechtsanwalts in dieser Hinsicht wären mit anderen Worten für die Fristversäumnis nicht ursächlich geworden. Soweit schließlich das Berufungsgericht verlangt, daß im nachhinein durch geeignete Maßnahmen feststellbar sein müsse, wann ein bestimmter Schriftsatz das Anwaltsbüro tatsächlich verlassen habe, überspannt es, wie der Revision zuzugeben ist, die an die Ausgangskontrolle zu stellenden Anforderungen. Ein Postausgangsbuch muß der Rechtsanwalt offenbar auch nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht führen. Welche sonstigen "geeigneten" und zumutbaren Maßnahmen zum Nachweis der Absendung eines einzelnen Schriftstücks in Betracht kommen sollen, legt das Berufungsgericht nicht dar; sie sind auch
nicht ersichtlich. Bei dieser Sachlage kommen als mögliche Ursache der Verzögerung allein Fehler in der Postbeförderung oder ein Versehen des Büropersonals in Betracht. Für beides wären die Beklagten nicht verantwortlich.
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13
Denn die Ausgangskontrolle setzt, wie bereits dem Begriff Kontrolle zu entnehmen ist, eine nochmalige, selbständige Prüfung voraus (vgl. auch BGH, Beschluss vom 11. März 2004 - IX ZR 20/03 - BGHReport 2004, 978 f.). Die bloße, auf Nachfrage des Anwalts abgegebene Versicherung der Angestellten, die zutreffende Empfängernummer ermittelt und in den Schriftsatz eingesetzt zu haben, vermag die anschließende Überprüfung dieses Vorgangs nicht zu ersetzen. Hierzu hätte es zumindest der weiteren Versicherung der Angestellten bedurft , die von ihr in den Schriftsatz eingesetzte Faxnummer anschließend noch einmal mit dem verwendeten Verzeichnis abgeglichen zu haben.