Sozialgericht München Beschluss, 09. Feb. 2017 - S 42 AS 72/17 ER

bei uns veröffentlicht am09.02.2017

Tenor

I.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die 1971 geborene Antragstellerin lebt mit ihrem 2004 geborenen Sohn in einer Haushaltsgemeinsacht. Der Sohn hat eigenes, bedarfsdeckendes Einkommen durch Kindergeld und Unterhaltszahlungen seines Vaters. Die Antragstellerin erhält Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Antragsgegner. Zuletzt gewährte der Antragsgegner mit (Änderungs-)bescheid vom 24. Januar 2017 der Antragstellerin Leistungen in Höhe von monatlich 745,80 Euro für die Monate Februar bis März 2017.

Bis zum 5. September 2014 lebte die Antragstellerin in der Landeshauptstadt A-Stadt. Nach Zwangsräumung ihrer Wohnung zog sie Anfang September 2014 nach B-Stadt, wo ihr von der Gemeinde eine Unterkunft zur Verhinderung von Obdachlosigkeit zugewiesen wurde. Die Zuweisung wurde mehrfach verlängert, zuletzt bis zum 31. März 2015.

Am 31. Dezember 2014 unterzeichnete die Antragstellerin einen Mietvertrag über eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit 57 qm in der A-Straße in A-Stadt (A-Teil) mit Mietbeginn zum 1. Januar 2015 und einer monatlichen Grundmiete von 800,- Euro zuzüglich einer Vorauszahlung auf die Nebenkosten von 150,- Euro.

Das Jobcenter Landkreis A-Stadt lehnte mit Bescheid vom 8. Januar 2015 die Genehmigung der Wohnung in der A-Straße und die Erteilung einer Zusicherung im Sinn des § 22 Abs. 4 und 6 SGB II sowie die Übernahme von Umzugskosten mit der Begründung ab, dass die ohne Zustimmung angemietete Wohnung mit einer Netto-Kaltmiete von 800,- Euro die angemessenen Unterkunftskosten in der Stadt A-Stadt übersteigen würde. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2015 zurückgewiesen.

Einen Antrag u.a. der Antragstellerin auf einstweiligen Rechtsschutz vom 9. Januar 2015 lehnte das Sozialgericht München mit Beschluss vom 29. Januar 2015 zum Aktenzeichen S 54 AS 43/15 ER ab. Die Entscheidung wurde vom Bayerischen Landessozialgericht als Beschwerdegericht bestätigt (Beschluss vom 04.02.2015, L 7 AS 75/15 B ER). Ein Anordnungsanspruch für eine Zusicherung der laufenden Kosten der neuen Wohnung nach § 22 Abs. 4 SGB II sowie auf Übernahme der Wohnungsbeschaffungskosten bzw. Mietkaution nach § 22 Abs. 6 SGB II seien nicht glaubhaft gemacht. Es genüge nicht, dass ein Auszug aus der bisherigen Unterkunft notwendig sei, es müsse auch ein Einzug in eine kostenangemessene Unterkunft erfolgen. Nach summarischer Prüfung im Eilverfahren seien die Aufwendungen für die neue Wohnung nicht angemessen. Soweit Anordnungsansprüche dem Ermessen des Antragsgegners unterliegen würden, sei eine Ermessensreduzierung auf Null nicht glaubhaft.

Die Antragstellerin begehrte am 19. Februar 2015 erneut einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel, den Antragsgegner u.a. zur Bewilligung der laufenden Kosten der Unterkunft A-Straße ab dem 1. Januar 2015 zu verpflichten. Das Sozialgericht lehnte diesen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 2. März 2015 ab. Auf die Beschwerde der Antragstellerin verpflichtete das Bayerische Landessozialgericht (Az. L 16 AS 217/15 B ER) den Antragsgegner, der Antragstellerin und ihrem Sohn für die Zeit vom 1. April 2015 bis 30. September 2015 weitere Leistungen nach dem SGB II für ihre Kosten der Unterkunft vorläufig zu gewähren. Denn für die Zeit ab 1. April 2015 hielt es das Beschwerdegericht für überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragstellerin und ihr Sohn ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Wohnung in der A-Straße hatten und diese Wohnung seither die tatsächlich genutzte Unterkunft war. Für die Monate Januar bis März 2015 blieb der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 19. Februar 2015 jedoch erfolglos.

Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2017, eingegangen beim Sozialgericht München am 13. Januar 2017, hat die Antragstellerin, zunächst anwaltlich vertreten, einstweiligen Rechtsschutz begehrt.

Der minderjährige Sohn der Antragstellerin erhalte bedarfsdeckendes Einkommen in Form von Kindesunterhalt in Höhe von 640,- Euro sowie Kindergeld in Höhe von 192,- Euro und bilde mit der Antragstellerin daher keine Bedarfsgemeinschaft. Zu Unrecht sei daher vom Antragsgegner bei der Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft auf einen Zwei-Personen-Haushalt abgestellt worden. Die Antragstellerin sei gegenwärtig gezwungen, die vom Antragsgegner nicht getragenen Kosten der Unterkunft selbst aus den Regelleistungen zu bestreiten, um ihren mietvertraglichen Pflichten nachzukommen. Sie fürchte ansonsten die Kündigung des Mietverhältnisses.

Sie hat mit ihrer Antragsschrift Prozesskostenhilfe beantragt. Ferner hat die Antragstellerin begehrt, den Antragsgegner zur Gewährung höherer Leistungen nach gesetzlicher Maßgabe des SGB II ab 1. Januar 2017 zu verpflichten.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Es sei zwar zutreffend, dass der Sohn der Antragstellerin aufgrund eigenem, bedarfsdeckendem Einkommens mit der Antragstellerin keine Bedarfsgemeinschaft bilde. Gleichwohl müsse von einer Haushaltsgemeinschaft ausgegangen werden. Die Kosten der Unterkunft seien mithin auf Grundlage eines Zwei-Personen-Haushalts zu bewilligen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg. Weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht.

1. Die Sachentscheidungsvoraussetzungen liegen vor.

Für den Rechtsstreit ist der Sozialrechtsweg eröffnet. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nicht verfassungsrechtlicher Art) in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 51 Abs. 1 Nr. 4a Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der materiell-rechtliche Anspruch hergeleitet wird. Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung sowohl von § 13 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) als auch von § 51 Abs. 1 SGG (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. März 2011 - L 28 B 1701/08 AS - juris Rn. 15). Entscheidend ist die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers bzw. Antragstellers darstellt und nicht, ob dieser sich auf eine zivilrechtliche oder eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft (BSG, Beschluss vom 22. April 2009 - B 13 SF 1/08 R - juris Rn. 11).

Die Antragstellerin steht im Leistungsbezug beim Antragsgegner und mithin in einem sozialrechtlichen, d.h. öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis, zum Antragsgegner. Die Natur des Rechtsverhältnisses ist mithin öffentlich-rechtlich. Ob tatsächlich eine Anspruchsgrundlage aus dem SGB II für das Begehren der Antragstellerin streitet, ist eine Frage der Begründetheit.

Neben den weiteren Sachentscheidungsvoraussetzungen ist auch ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis im Interesse der Antragstellerin zu bejahen. Nur wer ein rechtsschutzwürdiges Interesse hat, hat auch Anspruch auf eine Sachentscheidung des Gerichts. Dieses kann fehlen, wenn es einen einfacheren, aber gleichermaßen effektiven Weg gibt, die eigenen Interessen geltend zu machen. Da die Antragstellerin zuletzt mit Schreiben vom 26. Januar 2017 Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. Januar 2017 einlegte, geht das Gericht hier im Interesse des Antragstellers vom Vorliegen des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses aus.

2. Der Antrag ist aber nicht begründet. Weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt einen Anordnungsanspruch d.h. den materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes voraus. Ein Anordnungsgrund ist nur dann gegeben, wenn es bei Abwägung aller betroffenen Interessen unzumutbar erscheint, Entscheidungen in der Hauptsache abzuwarten. Der geltend gemachte Anspruch auf die begehrten Leistungen (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) müssen glaubhaft sein, § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Glaubhaftmachung bedeutet, dass für die richterliche Überzeugung von einer Tatsache - anders als bei § 286 Abs. 1 ZPO - hier nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (Huber, in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 920 Rn. 9). Steht dem Antragsteller ein von ihm geltend gemachter Anspruch voraussichtlich zu und ist ihm nicht zuzumuten, den Ausgang des Verfahrens abzuwarten, ist die einstweilige Anordnung zu erlassen. Ist sie offensichtlich unbegründet, wird die Anordnung abgelehnt. Ist die Hauptsacheklage offen, ist eine Interessenabwägung erforderlich. Die einstweilige Anordnung dient damit lediglich der Sicherung von Rechten eines Antragstellers, nicht aber ihrer Befriedigung. Sie darf grundsätzlich die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn ohne die einstweilige Anordnung ein wirksamer Rechtsschutz in der Hauptsache nicht erreicht werden kann und dies im Interesse des Antragstellers unzumutbar wäre.

Ein Anordnungsanspruch ist jedoch nicht glaubhaft gemacht. Zu Recht legte der Antragsgegner bei der Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft die Werte eines Zwei-Personen-Haushalts zugrunde.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden die Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die insoweit geltende Mietobergrenze für einen Zwei-Personenhaushalt beträgt für das Gebiet der Landeshauptstadt A-Stadt seit 1. Januar 2016 und gegenwärtig 732,- Euro. Dies stellt die Bruttokaltmiete dar, d.h. die Grundmiete nebst der Nebenkosten ohne Vorauszahlung für die Heizung. Dieser Wert wurde vom Antragsgegner zutreffend zu Grunde gelegt, indem er als Gesamtbedarf der Haushaltsgemeinschaft der Antragstellerin eine Grundmiete in Höhe von 648,70 Euro und Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 83,32 Euro berücksichtigte.

Die Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft kann die Antragstellerin nicht verlangen. Wie der Antragstellerin in vorangegangenen einstweiligen Rechtsschutzverfahren bereits hinreichend deutlich gemacht wurde, sind die Kosten der von ihr und ihrem Sohn bewohnten Wohnung unangemessen hoch.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. u.a. BSG vom 20.8.2009, B 14 AS 65/08 R, Rz. 13) ist der unbestimmte Rechtsbegriff der „Angemessenheit“ unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren. Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards ist in einem zweiten Schritt festzustellen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Angemessenheit maßgebend ist. Sodann ist zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt angemessene Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt im streitgegenständlichen Zeitraum aufzuwenden gewesen ist. Abschließend ist zu prüfen, ob der Hilfesuchende eine solchermaßen abstrakt angemessene Wohnung auch tatsächlich hätte anmieten können, ob also eine konkrete Unterkunftsalternative bestanden hat. Letzter Prüfungsschritt wurde allerdings wesentlich eingeschränkt. Wenn ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und ihm Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können, dann ist davon auszugehen, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu diesem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt (vgl. BSG vom 20.12.2011, B 4 AS 19/11 R und BSG vom 10.9.2013, B 4 AS 77/12 Rz 38). Die konkrete Verfügbarkeit wird somit vermutet. Die vom Antragsgegner in der Landeshauptstadt A-Stadt angewandte Referenzmiete, hier für einen Zwei-Personen-Haushalt, beruht auf einem schlüssigen Konzept und ist angemessen (vgl. zuletzt Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 19. Dezember 2016 - L 7 AS 241/15 -, juris).

Zu Recht wurde vom Antragsgegner auch die Referenzmiete für einen Zwei-Personen-Haushalt in Höhe von 732,- Euro bruttokalt berücksichtigt. Denn die Antragstellerin lebt, was sie auch nicht bestreitet, mit ihrem minderjährigen schulpflichtigen Sohn in einem Zwei-Personen-Haushalt. Bewohnen mehrere Personen die Unterkunft, verteilen sich die Wohnkosten grundsätzlich nach Kopfteilen auf die einzelnen Bewohner, auch wenn sie nicht alle im Leistungsbezug stehen. Ein Abweichen von diesem Grundsatz ist nach ausdrücklicher Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht deshalb geboten, weil die Unterkunft auch von einem nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Kind genutzt wird (BSG, Urteil vom 19. März 2008 - B 11b AS 13/06 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 6).

Entscheidend ist mithin nicht, dass die Antragstellerin mit ihrem Sohn keine Bedarfsgemeinschaft (mehr) bildet, sondern dass beide nicht lediglich in einer bloßen Wohngemeinschaft leben. Richtig ist, dass bei der Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft nach der Produkttheorie allein auf den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen als Einzelperson abzustellen ist, wenn er nicht in einer Bedarfsgemeinschaft, sondern in einer bloßen Wohngemeinschaft lebt (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/11b AS 61/06 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 12). Für die Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten wäre dann allein auf die Antragstellerin abzustellen, wenn sie mit ihrem Sohn in einer bloßen Wohngemeinschaft lebte.

Insoweit urteilte das Bundessozialgericht:

„Bei einer Bedarfsgemeinschaft kann typischerweise davon ausgegangen werden, dass der Wohnraum insgesamt gemeinsam genutzt wird. Die Überlassung eines Raumes an ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zur ausschließlichen Nutzung, etwa ein Kinderzimmer, erfolgt regelmäßig nicht aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung und vermittelt dementsprechend auch keine Rechtsposition. Bei einer Wohngemeinschaft wird hingegen typischerweise jeweils einem Bewohner ein Recht zur alleinigen Nutzung eines Teils des Wohnraums eingeräumt. Nur ein Teil der Wohnung, zumeist Flur, Küche und Bad, werden gemeinschaftlich genutzt. Unabhängig davon, ob in anderen Bereichen auch gemeinsam gewirtschaftet wird, besteht jedenfalls hinsichtlich des individuellen Wohnraums in aller Regel eine klare Trennung der dem Einzelnen zuzuordnenden Bereiche“

vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/11b AS 61/0AS 61/06 R Rn. 22).

Von einer solchen klaren Trennung der Wohnung, wie sie für eine Wohngemeinschaft erforderlich ist, ist vorliegend nicht auszugehen. Mutter und minderjähriger, schulpflichtiger Sohn bilden keine bloße Wohngemeinschaft, sondern führen den Haushalt im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft „aus einem Topf“ (vgl. zum Begriff der Haushaltsgemeinschaft Mecke, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 9 Rn. 89 f.) Es darf durchaus unterstellt werden, dass die Antragstellerin, wie dies für eine Mutter üblich ist, für sich und ihren Sohn gemeinsam sorgt und nicht nur für sich allein wirtschaftet. Gegenteiliges ist weder ersichtlich und wurde von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen. Vielmehr geht auch die Antragstellerin zu Recht von einer Haushaltsgemeinschaft aus.

Entscheidend ist mit anderen Worten, dass die Antragstellerin mit ihrem Sohn gerade nicht lediglich in einer Wohngemeinschaft lebt. Auch wenn der Antragstellerin zubilligen ist, dass das Bundessozialgericht in dieser von ihr auch zitierten Entscheidung eine Abgrenzung nur zwischen Bedarfsgemeinschaft einerseits und Wohngemeinschaft andererseits vornimmt, so macht auch gerade diese Entscheidung deutlich, dass bei der Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten nur dann allein auf den konkreten Hilfebedürftigen abzustellen ist, wenn er mit anderen in einer bloßen Wohngemeinschaft lebt. Nur dann rechtfertigt dies m.a.W. „keine Besserstellung“ gegenüber Hilfebedürftigen, die mit Personen zusammen wohnen, mit denen sie eine Bedarfsgemeinschaft bilden (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/11b AS 61/0AS 61/06 R Rn. 22). Denn die konkrete Lebenssituation bleibt die gleiche, ob Antragstellerin und ihr Sohn nach § 7 Abs. 3 (Nr. 4) SGB II eine Bedarfsgemeinschaft bilden oder ob der Sohn der Antragstellerin aus selbiger ausscheidet, weil er seinen Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen bestreiten kann.

3. Voraussetzung für den Erlass der von der Antragstellerin begehrten Regelungsanordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG) ist neben dem Vorliegen eines Anordnungsanspruchs auch ein Anordnungsgrund. Der Anordnungsgrund ist Ausdruck der besonderen Dringlichkeit der Entscheidung. Vorliegend ist schließlich auch ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.

Zwar hat die Antragstellerin in ihrer Antragsschrift vom 13. Januar 2017 vortragen lassen, bei Nichtzahlung der Miete drohe die Kündigung der Wohnung durch den Vermieter.

Welche Anforderungen in einem Streit um SGB II-Leistungen für laufende bzw. offene Kosten der Unterkunft an den Anordnungsgrund zu stellen sind, ist umstritten (Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 29. August 2016 - L 8 AS 675/16 B ER - juris Rn. 17). So wird vertreten, dass ein Anordnungsgrund erst dann vorliege, wenn Obdachlosigkeit drohe bzw. der Vermieter Räumungsklage erhoben habe (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.09.2014 - L 7 AS 1385/14 B ER - juris Rn. 18; Hessisches LSG, Beschluss vom 28.03.2014 - L 7 AS 802/13 B ER - juris Rn. 2; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.11.2010 - L 5 AS 2025/10 B ER - juris Rn. 3). Nach anderer Ansicht ist ausreichend, dass jedenfalls die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorliegen, auch wenn eine solche noch nicht ausgesprochen und eine Räumungsklage nicht erhoben wurde (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.07.2014 - L 10 AS 1393/14 B ER - juris Rn. 5).

Vorliegend ist jedoch keine der aufgeführten Fallgestaltungen gegeben. Denn jeder Mieter, der seine Miete nicht (vollständig) bezahlt, riskiert die Kündigung seiner Wohnung. Vorliegend scheint die Antragstellerin mit ihren Mietzahlungsverpflichtungen jedoch überhaupt nicht im Rückstand zu sein. Nochmals muss die Antragstellerin darauf hingewiesen werden, dass sie sich bewusst für die Anmietung einer Wohnung entschieden hat, die im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II unangemessen teuer ist. Dass sie die Differenz aus tatsächlichen Mietkosten und vom Antragsgegner anerkannten Kosten der Unterkunft aus ihren Regelleistungen bestreiten muss, ist daher hinzunehmen und stellt jedenfalls keine Notlage im Sinne dieses einstweiligen Rechtsschutzverfahrens dar.

4. Sofern die Antragstellerin auch in Zukunft die Angemessenheit der vom Antragsgegner berücksichtigten Kosten ihrer Unterkunft im Wege einstweiliger Rechtsschutzverfahren zu hinterfragen gedenkt, wird sie in Zukunft Gefahr laufen, dass ihr von Seiten des Gerichts Kosten für die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe gemäß § 192 SGG auferlegt werden.

Auch wird der Antragstellerin mit Nachdruck empfohlen, ihr Verhalten insoweit zu überdenken, als sie Mitarbeitern des Antragsgegners strafrechtlich relevantes Verhalten vorwirft.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache.

6. Prozesskostenhilfe wird nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung einem Antragsteller, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, dann gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im vorliegenden Fall war die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aber abzulehnen, weil nach dem oben Dargestellten der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz keine Aussicht auf Erfolg hatte.

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(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,
2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,
3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung,
6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen,
6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes,
7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen,
9.
(weggefallen)
10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.

(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.

(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger und des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. April 2010 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der von dem Beklagten zu übernehmenden Kosten für Unterkunft und Heizung in der Zeit von November 2006 bis April 2007.

2

Die Klägerin zu 1 ist die Mutter des 1988 geborenen Klägers zu 2. Beide bezogen seit Anfang 2005 Leistungen nach dem SGB II. Im Juli 2005 schloss die Klägerin zu 1 einen Mietvertrag mit der R GmbH über eine Wohnung in der K-Straße in Duisburg (Mietbeginn und Umzug zum 1.11.2005) mit einer Größe von 77,53 qm, bestehend aus drei Zimmern zuzüglich Küche, Bad und Flur. Die Grundmiete betrug im streitgegenständlichen Zeitraum 364,68 Euro, die Betriebskostenvorauszahlung bis einschließlich November 2006 128,46 Euro und ab Dezember 2006 dann 150 Euro im Monat; die Heizkostenvorauszahlung belief sich im streitgegenständlichen Zeitraum auf 35,69 Euro monatlich. Nach Information durch die Klägerin zu 1 über den geplanten Umzug im Oktober 2005 erteilte der Beklagte eine Zustimmung zum Umzug ausdrücklich nicht (Schreiben vom 28.10.2005).

3

Bei der Bewilligung der Leistungen für die Zeit vom 1.11.2006 bis zum 30.4.2007 erkannte der Beklagte als angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung für den Monat November 2006 und für Januar bis April 2007 von 189,74 Euro (Klägerin zu 1) bzw 189,75 Euro (Kläger zu 2) sowie für den Monat Dezember 2006 von 193,26 Euro (Klägerin zu 1) bzw 193,27 Euro (Kläger zu 2) an (Bescheide vom 24.10.2006 und 31.1.2007; Widerspruchsbescheid vom 22.2.2007). Dabei ging er unter Berücksichtigung einer qm-Zahl von 60 qm von einer angemessenen Bruttokaltmiete iHv 343,80 Euro aus (Nettokaltmiete iHv 3,94 Euro/qm; Pauschale für Betriebskosten iHv 1,79 Euro/qm).

4

Das SG Duisburg hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, über die bereits gewährten Unterkunftsaufwendungen hinaus weitere Kosten für den Monat November 2006 in Höhe von 10,80 Euro und für die Monate Dezember 2006 bis April 2007 in Höhe von jeweils 19,48 Euro monatlich zu leisten (Urteil des SG vom 28.8.2008). Es hat den von ihm als angemessen angesehenen Wert für die Nettokaltmiete von 4,12 Euro je qm errechnet, indem es den Durchschnittswert aus den unteren Spannenwerten der normalen Wohnlage der Baualtersstufen I bis IV (bis 1984) aus dem Mietspiegel 2005 der Stadt Duisburg gebildet hat. Dabei hat das SG Wohnungen mit einer Bezugsfertigkeit nach 1984 ausgeklammert. Hinsichtlich der Betriebskosten sei die Pauschalierung in Höhe von 1,79 Euro pro qm unter Berücksichtigung des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes nicht zu beanstanden. Für November 2006 sei daher - bezogen auf eine angemessene Wohnungsgröße von 60 qm - eine Gesamtmiete iHv 390,29 Euro (Grundmiete in Höhe von 247,20 Euro, Betriebskostenvorauszahlung iHv 107,40 Euro, Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 35,69 Euro) und ein Mehrbetrag in Höhe von je 10,80 Euro zu übernehmen. Für die Monate Dezember 2006 bis April 2007 ergebe sich unter Berücksichtigung der tatsächlichen, auf 60 qm heruntergerechneten Betriebskostenvorauszahlungen eine Gesamtmiete in Höhe von 398,97 Euro mtl (Grundmiete iHv 247,20 Euro, Heizkostenvorauszahlung iHv 35,69 Euro, Betriebskostenvorauszahlung iHv 116,08 Euro) und ein Mehrbetrag iHv 19,48 Euro.

5

Das LSG Nordrhein-Westfalen hat die Berufungen der Kläger und des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 29.4.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, das SG sei zu Recht von einer angemessenen Wohnungsgröße von 60 qm und dem gesamten Gebiet der Stadt Duisburg als maßgeblichem räumlichen Vergleichsraum ausgegangen. Auch der vom SG für angemessen gehaltene Wert von 4,12 Euro je qm für eine Nettokaltmiete für Wohnungen einfachen Standards im Stadtgebiet Duisburg halte der rechtlichen Überprüfung stand. Als Erkenntnisquelle für den angemessenen Mietpreis pro Quadratmeter kämen insbesondere Mietspiegel bzw Mietdatenbanken (§§ 558c ff BGB) in Betracht. Ein solcher qualifizierter Mietspiegel liege für die Stadt Duisburg vor. Es ergäben sich unter Berücksichtigung der von dem Beklagten vorgelegten Dokumentation des Mietspiegels keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser auf einer unzutreffenden oder unvollständigen Datenerhebung beruhe oder die Datenauswertung nicht den statistischen Anforderungen entspreche. Der Beklagte habe kein eigenständiges schlüssiges Konzept vorgelegt. Das SG habe mit zutreffender Begründung zunächst innerhalb des Mietspiegels nur die Wohnungen berücksichtigt, die bis 1984 bezugsfertig geworden seien. Der Wert des SG stelle sicher, dass keine Beschränkung auf das unterste Segment erfolge und rechtfertige die Annahme, dass ein ausreichend großer Teil von Wohnungen in diesem Segment auch tatsächlich angemietet werden könne. Das gelte insbesondere unter Berücksichtigung der Situation des Wohnungsmarkts in Duisburg, bei dem deutlich mehr als 50 % aller Wohnungen den Baualtersklassen I und II angehörten. Der Wert von 4,12 Euro entspreche in etwa dem Durchschnittswert, wie er sich aus der Mietpreisspanne von Wohnungen in einfacher Wohnlage - mit einem Abschlag von je 5 % - der Baualtersstufe I und Wohnungen der Baualtersstufe II der oberen Preisspanne ergebe (4,10 Euro). Es sei nicht zu beanstanden, dass das SG nicht auf die Durchschnittswerte aller Baualtersklassen, sondern auf die Mindestwerte abgestellt habe. Aus dem Durchschnittswert für die Baualtersklassen I bis IV ergebe sich vorliegend ein Betrag von 4,62 Euro, der sich am obersten Rand der Preisspanne der Wohnungen der Baualtersklasse I und am oberen Rand der Wohnungen der Baualtersklasse II bewegen würde, die zusammen aber deutlich mehr als 50 % aller Wohnungen in Duisburg ausmachten. Die von dem Beklagten vorgelegten Listen über preisgünstigen Wohnraum aus dem Jahr 2005 zeigten, dass zu einem Betrag von 4,12 Euro eine konkrete Wohnung für die Kläger ohne weiteres anzumieten gewesen wäre. Auch die Entscheidung des SG, den Beklagten zur Zahlung weiterer Nebenkosten in ausgeurteilter Höhe zu verpflichten, sei nicht zu beanstanden.

6

Zur Begründung ihrer Revision machen die Kläger geltend, die Annahme des LSG, der vom SG errechnete Mietpreis für einen Zweipersonenhaushalt garantiere, dass in nennenswertem Umfang Wohnungen mit einem im unteren, aber nicht im untersten Marktsegment liegenden Standard aus einem Wohnungssegment angemietet werden könne, das deutlich mehr als 50 % des gesamten Wohnungsbestandes der Stadt Duisburg umfasse, habe keine Grundlage in dem qualifizierten Mietspiegel der Stadt Duisburg. Die Verwendung der untersten Werte der Mietpreisspannen könne auch bei Einbeziehung der neueren Baualtersgruppen der Gebäude bis 1984 nicht für die Ermittlung angemessener Unterkunftskosten geeignet sein. Der Hinweis auf die Abschläge von den Tabellenwerten des Mietspiegels für einfache Wohnlagen überzeuge nicht. Der Duisburger Mietspiegel weise diese nicht gesondert aus, weil es nur sehr wenige in dem kleinen Stadtteil B und Teilbereichen des Stadtteils M sowie rund um den K gebe, die direkt an die Hochöfen der T AG angrenzten. Alle anderen Wohngebiete, geschätzt etwa 80 % der Stadtfläche, befänden sich in normaler Wohnlage, die durch mehr oder weniger modernisierte Altbauten, Zechensiedlungen und den typischen sozialen Wohnungsbau der 60iger und 70iger Jahre geprägt sei. Bei Anwendung des Mietspiegels müssten die Mittelwerte der Mietpreisspanne zur Anwendung kommen, wobei die Berücksichtigung von Gebäuden der Baualtersgruppen I und II bis 1960 in normaler Wohnlage ausreichend sei. Es gebe in Duisburg einen großen Altbaubestand, der in den Baualtersklassen bis 1960 mehr als die Hälfte aller Gebäude beinhalte. Auf der Basis des Mittelwertes des im Klagezeitraum geltenden Mietspiegels 2005 ergäben sich die geltend gemachten Beträge.

7

Die Kläger beantragen,
1. das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.8.2008 sowie das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29.4.2010 abzuändern und den Beklagten unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 24.10.2006 und des Änderungsbescheides vom 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.2.2007 zu verurteilen, ihnen über die bereits gewährten Unterkunftskosten hinaus weitere Unterkunftskosten für den Monat November 2006 in Höhe von 46,26 Euro, für Dezember 2006 in Höhe von 60,76 Euro und für Januar bis April 2007 in Höhe von je 67,80 Euro zu gewähren,
2. die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.8.2008 sowie das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29.4.2010 aufzuheben und die Klagen abzuweisen,
2. die Revisionen der Kläger zurückzuweisen.

9

Der Beklagte rügt eine Verletzung des § 22 Abs 1 SGB II. Diese sei darin zu sehen, dass das LSG unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG vom 17.12.2009 (B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27)die Wohnverhältnisse der Stadt Essen und ihrem Essener Mietspiegel auf die Stadt Duisburg übertrage, ohne darzulegen, ob die Baualtersstruktur der Wohnungen in Essen denjenigen der Stadt Duisburg entspreche. Da der Mietspiegel nur zwischen Wohnungen in "normaler Wohnlage" und "guter Wohnlage" unterscheide, sei von den ermittelten Nettokaltmieten ein Abschlag von 5 % vorzunehmen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revisionen der Beteiligten sind im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG kann der Senat unter Berücksichtigung der generellen rechtlichen Anforderungen bei der Heranziehung von Mietspiegeln im Rahmen eines schlüssigen Konzepts zur Festlegung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten nicht abschließend beurteilen, ob die Kläger in dem streitigen Zeitraum von November 2006 bis April 2007 höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II in der geltend gemachten Höhe beanspruchen können.

11

1. a) Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 24.10.2006 und 31.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.2.2007, wobei nur höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für November 2006 bis April 2007 im Streit sind. Bei diesen Leistungen handelt es sich um eine abtrennbare Verfügung des Gesamtbescheides, ohne dass eine weitere Aufspaltung in die Leistungen für Unterkunft und Heizung rechtlich möglich ist (vgl mit weiterer Begründung: BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; vgl zur Nichtberücksichtigung der Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 ), zumindest für laufende Verfahren über vorher abgeschlossene Bewilligungsabschnitte (BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R, RdNr 11 - zur Veröffentlichung vorgesehen).

12

b) Die Kläger haben hier nicht die Übernahme der Unterkunfts- und Heizkosten in tatsächlicher Höhe beansprucht, sondern begehren höhere Leistungen mit einer zahlenmäßigen Begrenzung ihres Klagebegehrens. Ob ein höherer Anspruch besteht, ist unter Berücksichtigung sämtlicher den Grund und die Höhe beeinflussender Anspruchsvoraussetzungen und Berechnungsfaktoren zu ermitteln, ohne dass eine Prüfung nur beschränkt auf die von den Klägern geltend gemachte Begründung erfolgt, es sei bei der Festlegung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten der (arithmetische) Mittelwert der Baualtersklasse II für Wohnungen bis zu 70 qm in einfacher Wohnlage (4,36 Euro) zugrunde zu legen. Der geltend gemachte Erhöhungsbetrag kann sich daher auch wegen anderer, bei der Ermittlung der Höhe der Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung zu prüfender Faktoren ergeben. Bei der abschließenden Feststellung der Höhe des Anspruchs des Klägers zu 2 ist auch sein bereinigtes Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen, das - nach Aktenlage - zwar seine Regelleistung überstieg, seinen Anspruch auf KdU jedoch nicht gänzlich entfallen ließ.

13

2. Unter Berücksichtigung der nachfolgenden Grundsätze zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf KdU und Heizung sind weitere Feststellungen des LSG erforderlich.

14

Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 S 1 SGB II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 21; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 20). Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung weiter nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 20; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 15, 17).

15

Soweit die tatsächlichen Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft die angemessene Referenzmiete überschreiten, sind diese - falls vom Leistungsberechtigten entsprechende sachliche Gründe vorgebracht werden - solange zu berücksichtigen, wie es ihm konkret nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch Anmietung einer als angemessen eingestuften Wohnung, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs 1 S 2 SGB II aF, der durch die Einführung des neuen Satzes 2 durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706 - ohne inhaltliche Änderung zu Satz 3 wurde; vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 29; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 30). Da die angemessene Referenzmiete bereits bei der Ermittlung der abstrakt angemessenen Kosten so festzulegen ist, dass es dem Leistungsberechtigten grundsätzlich möglich ist, im gesamten räumlichen Vergleichsraum eine angemessene Wohnung anzumieten und allenfalls in einzelnen Regionen Deutschlands ein Mangel an ausreichendem Wohnraum besteht, dürfte für den Regelfall davon auszugehen sein, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft gibt (vgl bereits Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 36 sowie RdNr 29 zu möglichen persönlichen Umständen für den begründungspflichtigen Ausnahmefall; siehe auch BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen - für die Ermittlung der abstrakt angemessenen KdU unter Einbeziehung von qualifizierten Mietspiegeln RdNr 30).

16

Der Senat folgt dem LSG bei der Festlegung der angemessenen Wohnungsgröße (3) und des Vergleichsraums (4). Weitere Feststellungen sind jedoch zur abstrakt angemessenen Nettokaltmiete (5), den abstrakt angemessenen Betriebskosten (6) und den Heizkosten (7) erforderlich.

17

3. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass als angemessene Wohnungsgröße eine Wohnfläche von 60 qm zu berücksichtigen ist. Die Bemessung der angemessenen Größe einer Wohnung erfolgt mit Bezug auf die anerkannten Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau (BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 19), hier unter Berücksichtigung des im streitigen Zeitraum gültigen (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R, juris RdNr 15) Runderlasses des Ministeriums für Städtebau und Wohnen "Verwaltungsvorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen zum Wohnungsbindungsgesetz (VV-WoBindG)" vom 8.3.2002 in der geänderten Fassung vom 21.9.2006. Dieser Erlass ist auch nach Inkrafttreten des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) weiterhin auf Wohnungen, die seit dem 1.1.2003 nach dem WoFG gefördert worden sind, entsprechend anwendbar, soweit ausdrückliche Regelungen des WoFG nicht entgegenstehen (Ziff 1.11 VV-WoBindG). Ziff 5.7.1 VV-WoBindG bestimmt, dass in der Regel für einen Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen zwei Wohnräume oder 60 qm Wohnfläche iS von § 27 Abs 4 WoFG angemessen sind. Der Senat hat bereits entschieden, dass der Runderlass des Ministers für Bauen und Verkehr "Wohnraumförderbestimmungen (WFB)" vom 3.2.2004 in der geänderten Fassung vom 26.1.2006 nicht berücksichtigt werden kann, weil hierin die Größe der Wohnung lediglich mit der Anzahl der Zimmer verknüpft wird und nur die Anzahl der die Wohnung bewohnenden Personen Maßstab für die Wohnungsgröße ist (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 16).

18

4. Das LSG hat auch zutreffend bei der Bestimmung der angemessenen KdU als maßgeblichen Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet von Duisburg herangezogen. Entscheidend für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ist es, ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21; BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26, RdNr 15). In gleicher Weise wie bei der Stadt Essen, für die der Senat bereits einen homogenen Lebens- und Wohnbereich angenommen hat (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27), liegen die einen Vergleichsraum prägenden Merkmale nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch bezogen auf das Stadtgebiet von Duisburg vor.

19

5. a) Ausgehend von dem gesamten Stadtgebiet Duisburg als räumlichem Vergleichsmaßstab lässt sich der den Wohnungsstandard widerspiegelnde angemessene Quadratmeterpreis (die Angemessenheitsobergrenze) im streitigen Zeitraum mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend bestimmen.

20

Zugrunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard; die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen (BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 20). Nach diesen inhaltlichen Vorgaben soll die Festlegung der Mietobergrenze auf der Grundlage eines deren Einhaltung ermöglichenden schlüssigen Konzepts erfolgen. Dies erfordert nach der Rechtsprechung des Senats, dass die Datenerhebung ausschließlich in dem genau eingegrenzten und über den gesamten Vergleichsraum erfolgt (keine "Ghettobildung"), der Beobachtungszeitraum und der Gegenstand der Beobachtung nachvollziehbar dargelegt sind, die Art und Weise der Datenerhebung festgelegt ist, die einbezogenen Daten repräsentativ sind und eine Validität der Datenerhebung angenommen werden kann. Bei der Datenauswertung müssen anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze eingehalten werden und Angaben über die gezogenen Schlüsse erfolgen (vgl zum schlüssigen Konzept im Einzelnen Urteil des Senats vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 18; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 26; vgl auch BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, juris RdNr 7 und BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42, RdNr 25; vgl allgemein zur Verfahrens- und Vertretbarkeitskontrolle auch Berlitt in: info also 2010, 196).

21

b) Dabei hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, wonach es Angelegenheit und Verantwortung des Grundsicherungsträgers ist, bereits im Verwaltungsverfahren ein solches schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten zu entwickeln. Die umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung ist dessen Aufgabe und bereits für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Das Gericht hat anhand der von dem Grundsicherungsträger gelieferten Daten bzw der zusätzlich im Rahmen der Amtsermittlungspflicht von ihm angeforderten und zur Verfügung zu stellenden Daten und Unterlagen zu verifizieren, ob die angenommene Mietobergrenze angemessen iS des § 22 Abs 1 SGB II ist(vgl zu diesem Weg Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27). Entscheidet der Grundsicherungsträger - wie hier von dem LSG zu Recht angenommen (siehe hierzu nachfolgend) - ohne schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1 Halbs 2 SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und hat eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29, RdNr 27; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 26; BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 25, RdNr 22). Wenn sich nach weiteren Ermittlungen des Grundsicherungsträgers und ggf des SG erweist, dass sich keine hinreichenden Feststellungen zu den angemessenen Unterkunftskosten für den streitigen Zeitraum und den Vergleichsraum mehr treffen lassen, sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese werden dann wiederum durch die Tabellenwerte zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) bzw nunmehr § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben begrenzt. Wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung ist zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete zuzüglich der kalten Betriebskosten (vgl § 5 Abs 1 WoGG bzw nunmehr § 9 Abs 1 WoGG) ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats bei § 8 WoGG auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" einzubeziehen(BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29, RdNr 27 im Anschluss an BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 23; BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26, RdNr 21).

22

c) Das LSG ist hier zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagte kein eigenständiges schlüssiges Konzept entwickelt hat, weil die sogenannte "Schürkesliste", bei der es sich um eine Datenbank über freie Wohnungen in allen Größen, verteilt über das Duisburger Stadtgebiet handelt, und die weiteren Erhebungen des Beklagten den Gegenstand der Beobachtung nicht ausreichend eingrenzen und wesentliche Faktoren, wie zB den Wohnungsstandard, nicht ausreichend erfassen. Im Ansatz geht auch der Beklagte von einer Berechnung der angemessenen Nettokaltmiete unter Heranziehung der Daten des Mietspiegels aus, weil der von ihm zugrunde gelegte Wert von 3,94 Euro/qm seinen Ursprung im Mietspiegel für die Stadt Duisburg für das Jahr 1999 hat (Baualtersklasse I , einfache Wohnlage, Wohnungen bis 50 qm mit Heizung, Bad und Isolierverglasung).

23

d) Bei dem nachfolgend von den Vorinstanzen eingeschlagenen Weg, den vom Beklagten festgelegten Wert für die Nettokaltmiete anhand eines qualifizierten Mietspiegels zu verifizieren und abweichend festzulegen, sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass für die Bestimmung der angemessenen Referenzmiete im Rahmen eines schlüssigen Konzepts als eine Möglichkeit auf den Mietspiegel 2005 für die Stadt Duisburg zurückgegriffen werden kann (BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, Juris RdNr 16; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27,, RdNr 27; BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 15/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 27; vgl nunmehr auch § 22c Abs 1 SGB II, der ausdrücklich vorsieht, dass zur Ermittlung der angemessenen KdU im Rahmen der neuen Satzungsregelungen ua Mietspiegel und qualifizierte Mietspiegel herangezogen werden können).

24

Bei dem Duisburger Mietspiegel 2005 handelt es sich um einen qualifizierten Mietspiegel, der nach § 558d Abs 1 BGB nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erarbeitet und von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist. Da bei der Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels die Repräsentativität der Stichprobe durch die Annahme der Chance gleicher Wahrscheinlichkeit der Abbildung der im Detail unbekannten Realität der Grundgesamtheit des Gesamtwohnungsbestandes fingiert wird (Gautzsch, Sozialrecht aktuell 2011, S 137, 139) und eine umfassende verfahrensrechtliche Absicherung durch die beteiligten Interessengruppen stattfindet, ist die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung auch im Rahmen des schlüssigen Konzepts regelmäßig als ausreichend anzusehen (vgl hierzu bereits Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 28).

25

Zwar sind dem Mietspiegel 2005 der Stadt Duisburg keine gesonderten Werte für einfache Wohnlagen und Wohnungen nur einfachen Standards zu entnehmen, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen. Als Tabellenmietspiegel, bei dem die Struktur des Wohnungsmarktes in typischen Kategorien von Wohnungen beschrieben wird, die durch Kombination von Wohnwertmerkmalen bestimmt und denen die dazu passenden tatsächlich erhobenen Mietdaten zugeordnet werden (Gautzsch, Sozialrecht aktuell 2011, S 137, 139), berücksichtigt der Duisburger Mietspiegel sechs Baualtersklassen, die jeweils nochmals nur in die beiden Kategorien der normalen und guten Wohnlage aufgeteilt werden. Zusätzlich ist der Wohnbestand in vier Wohnflächengrößenklassen erfasst. Im Mietspiegel selbst werden ausschließlich Wohnungsausstattungen mit Heizung, Bad und Isolierverglasung einbezogen. Diese eingeschränkte Berücksichtigung von Wohnwertmerkmalen macht diesen Mietspiegel aber nicht grundsätzlich ungeeignet zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten. Wenn - wie hier - weiteres Datenmaterial vom Grundsicherungsträger nicht bereit gestellt wird bzw - zB wegen nur geringer Zahl von Wohnungen in einfacher Wohnlage - werden kann, ist vor einem ggf erforderlichem Rückgriff auf die Wohngeldtabelle unter Hinnahme von gewissen möglicherweise begünstigenden Spannbreiten zur Sicherstellung des Existenzminimums des Leistungsberechtigen im Bereich der KdU die Heranziehung der Daten eines qualifizierten Mietspiegels vorrangig zu prüfen.

26

e) Bei einem Herausgreifen nur bestimmter Mietspiegelwerte - wie hier erfolgt - muss allerdings - ggf durch weitere Ermittlungen - abgesichert werden, dass der hinter diesen berücksichtigten Werten stehende tatsächliche Wohnungsbestand im Vergleichraum die Anmietung einer angemessenen Wohnung im gesamten Vergleichsraum ermöglicht. Die Leistungsberechtigten dürfen auch nicht durch die Berücksichtigung nur bestimmter Mietspiegelfelder - de facto - auf bestimmte Bezirke oder Ortsteile mit besonders verdichteter Bebauung beschränkt werden, weil dies neben der tatsächlichen Ausklammerung eines Teils des Vergleichsraums gleichzeitig das Risiko einer Ghettoisierung birgt. Die zusätzliche Prüfung ist gefordert, weil es zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete für einen qualifizierten Mietspiegel ausreicht, wenn (nur) ein repräsentativer Rücklauf von Datensätzen (idR 30 Angaben) für die durch die jeweiligen Tabellenfelder beschriebenen Wohnungstypen vorhanden ist (Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, 1997, S 223 ff; Börstinghaus, Miethöhe-Handbuch, 2009, Kapitel 6 RdNr 80). Die Besetzung einzelner Tabellenfelder eines Mietspiegels lässt daher zunächst nur die Vermutung zu, dass zum Zeitpunkt der Datenerhebung ein bestimmter Wohnungsmietwert auf dem Gesamtwohnungsmarkt überhaupt vorhanden ist (Gautzsch aaO, S 139) und erlaubt keinen Rückschluss auf seine Häufigkeit. Die einzelnen Mietspiegelfelder mit ihren Mietpreisen pro Quadratmeter haben insofern je nach der Anzahl von Wohnungen, die in diesem Tabellenfeld tatsächlich im Vergleichsraum vertreten sind, eine unterschiedliche Aussagekraft für den Gesamtwohnungsmarkt der mietspiegelrelevanten Wohnungen im Vergleichsraum (vgl hierzu grundlegend: BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 30).

27

f) Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen kann der Senat aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen, ob der von den Vorinstanzen zugrunde gelegte Wert von 4,12 Euro einer angemessenen Nettokaltmiete entspricht.

28

Der Betrag von 4,12 Euro/qm liegt unterhalb des Median (= Wert, der in der Mitte der nach der Höhe geordneten Mietwerte steht) der Wohnungen bis 70 qm ausschließlich der Baualtersklasse I (Wohnungen vor 1948) in normaler Wohnlage von 4,19 Euro/qm. Es kann nicht ohne weitere Ermittlungen davon ausgegangen werden, dass unter Heranziehung gerade nur des rechnerischen Durchschnittswerts aus den untersten Spannenwerten der Wohnungen in normaler Wohnlage der Baualtersklassen I bis IV im gesamten Vergleichsraum angemessener Wohnraum einfachen Standards in ausreichendem Maße vorhanden ist. Zu beachten ist auch, dass in den jeweiligen Mietspiegelfeldern ohne weitere Differenzierungen hinsichtlich der Ausstattungsmerkmale nur Wohnungen mit Heizung, Bad und Isolierverglasung erfasst werden, sodass Rückschlüsse auf einen (durchgängig höheren) Ausstattungsstandard von Wohnungen mit Mietpreisen an den oberen Spannenwerten der jeweiligen Mietspiegelfelder nicht möglich sein dürften. Insofern ist auch zu werten, dass für einzelne höherwertige Ausstattungsmerkmale (überdurchschnittliche Sanitär- und Elektroausstattung) nach den Erläuterungen zum Mietspiegel Zuschläge vorgenommen werden können. Die insofern vorgesehenen Abschläge von den Mietspiegelwerten (ua Wohnungen ohne Heizung, ohne Bad, ohne Warmwasser im Bad) sind bei der Festlegung einer angemessenen Miete außer Betracht zu lassen, weil diese Wohnungen nicht den einfachen, sondern den darunter liegenden untersten Standard widerspiegeln (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 29). Zwar hat das LSG dargelegt, dass der Wert von 4,12 Euro/qm in etwa dem Durchschnittswert entspreche, wie er sich aus der Mietpreisspanne von Wohnungen in einfacher Wohnlage (mit je einem Abschlag von 5%) der Baualtersstufe I und der Baualtersstufe II der oberen Preisspanne der normalen Wohnlagen ergebe. Insofern bezieht das LSG in seine Berechnungen aber Wohnungen in einfacher Wohnlage ein, die in Duisburg nach seinen Feststellungen nur in zahlenmäßig eingeschränktem Umfang zur Verfügung stehen und mangels Häufigkeit auch bei der Mietspiegelerstellung als nicht repräsentativ unberücksichtigt gelassen wurden.

29

Weitere tatsächliche Feststellungen sind auch wegen der vorgenommenen Ausklammerung bestimmter Baualtersklassen erforderlich. Zwar hat das LSG festgestellt, dass mehr als 50 % aller Wohnungen in Duisburg den Baualtersklassen I und II angehören. Unter qualitativen Gesichtspunkten können bestimmte Baualtersklassen aber nur ausgeklammert werden, wenn weitergehende Auswertungen durch den Träger der Grundsicherung erkennen lassen, dass bestimmte Baualtersklassen den einfachen Standard nach Lage, Ausstattung und Bausubstanz nicht mehr nachvollziehbar abbilden, es sich also zB ausschließlich oder schwerpunktmäßig um das höhere oder obere Marktsegment handelt (vgl auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26, RdNr 19; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 28). Insofern sind noch ergänzende Feststellungen des LSG zu den - mit bestimmten Baualtersklassen ggf regelmäßig verbundenen - Standards erforderlich.

30

Zudem birgt die Ausklammerung bestimmter Baualtersklassen grundsätzlich das Risiko, dass die Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten doch nicht - wie gefordert - über den gesamten Vergleichsraum, sondern - de facto - nur beschränkt auf bestimmte Stadtteile erfolgt. Bei Heranziehung nur bestimmter Baualterklassen muss daher auch festgestellt werden können, dass diese Baualtersklassen grundsätzlich über alle Stadteile hinweg vorhanden sind (vgl Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 29 mit Einbeziehung nur von Wohnungen bis zur Baualtersklasse 1984 vor dem Hintergrund der Feststellungen des SG, dass Neubauwohnungen bis zu einem Alter von ca 20 Jahren nicht einen einfachen und im unteren Segment liegenden Ausstattungsgrad widerspiegeln, und des LSG, dass qualitativ unterschiedliche Wohnlagen in allen Stadteilen vorhanden sind; vgl auch Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19 RdNr 25, wonach ein Abstellen auf Baualtersklassen nur möglich ist, soweit hieraus oder anderen Erkenntnisquellen auf den Standard von Wohnungen im Vergleichsraum geschlossen werden kann; sa BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 28).

31

g) Zu den hiernach noch geforderten tatsächlichen Feststellungen weist der Senat zunächst darauf hin, dass der Umfang der vorrangig vom Grundsicherungsträger nachzuholenden Ermittlungen bzw Auswertungen zu dem hinter den Tabellenfeldern liegenden Wohnungsbestand von dem - je nach Art des Mietspiegels - unterschiedlichen Datenmaterial, dem ggf "ausgeklammerten" Anteil von Wohnungen des Vergleichsraums (etwa bestimmter Baualtersklassen, Wohnlagen oder Standards) sowie dem gesamten Wohnungsbestand im Vergleichsraum abhängt.

32

Dabei kann zunächst das Datenmaterial herangezogen werden, das der Erstellung des Mietspiegels zugrunde liegt. Wegen der an den qualifizierten Mietspiegel anknüpfenden Rechtsfolgen muss die Erarbeitung des Mietspiegels grundsätzlich dokumentiert werden (BT-Drucks 14/4553, S 57; vgl Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, S 70; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R- SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 31). Mit der vom LSG in Bezug genommenen Dokumentation zum Duisburger Mietspiegel 2007 hat der Beklagte einen auch in diesem Verfahren auswertbaren Erläuterungsbogen übersandt, aus dem sich die Anzahl der knapp 230 000 frei finanzierten Wohnungen in Duisburg nach Miettabellenfeldern ergibt.

33

Bei der Auswertung der Mietspiegeldaten und ggf weiterem Zahlenmaterial kann sich ergeben, dass die Berücksichtigung von gewichteten Mittelwerten der (ggf nach Ausklammerung bestimmter Baualtersklassen, Wohnungsstandards oder Wohnlagen) herangezogenen Tabellenfelder - wegen der damit berücksichtigten tatsächlichen Häufigkeit - sicherstellt, dass ein ausreichender Bestand an den einbezogenen Wohnungen vorhanden und damit angemessener Wohnraum für den Leistungsberechtigten tatsächlich erreichbar ist; wegen der Besonderheiten von Mietspiegeln erfüllt die Bildung eines arithmetischen Mittelwertes die Anforderungen an ein mathematisch-statistisch nachvollziehbares Konzept regelmäßig nicht (vgl BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 32). Insofern lässt sich hier bereits dem vom Beklagten übersandten Erläuterungsbogen entnehmen, dass zB eine nicht nach tatsächlicher Häufigkeit gewichtete Einbeziehung des Mietwertes für Wohnungen der Baualtersklasse IV - in unproblematisch zu berücksichtigender normaler Wohnlage - eine nach dem tatsächlichen Wohnungsbestand im Vergleichsraum nicht gerechtfertigte Erhöhung der Angemessenheitsgrenze bewirken würde. Der Senat hat bereits entschieden, dass als Angemessenheitsgrenze der obere Spannenwert zu berücksichtigen ist, wenn - bei entsprechend vorhandenem Datenmaterial - nur die Wohnungen einfachen Standards zugrunde gelegt werden (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30 RdNr 21; so auch BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R , RdNr 24), die vom Duisburger Mietspiegel aber nicht gesondert erfasst sind.

34

6. Weitere Ermittlungen sind auch zu den angemessenen abstrakten Betriebskosten iS des § 556 BGB erforderlich, die der Beklagte und ihm nachfolgend das SG in die Prüfung der angemessenen Bruttokaltmiete einbezogen haben(vgl zu den Ermittlungsschritten auf der Grundlage der Bruttokaltmiete als Vergleichsbasis: BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 33f; vgl aber auch Urteil des Senats vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R, BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30 RdNr 23 zur Nettokaltmiete als Vergleichsbasis; siehe auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16 ff).

35

7. Schließlich wird das LSG noch die Höhe der getrennt von den Unterkunftskosten auf ihre Angemessenheit zu prüfenden Heizkosten zu bestimmen haben (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; zuletzt BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42, RdNr 18; keine Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 24). Hier sind die Vorinstanzen offenbar von den tatsächlichen Heizkostenvorauszahlungen ausgegangen, für deren Unangemessenheit keine Anhaltspunkte vorliegen. Dieser Betrag ist aber ggf um die Kosten der Warmwasserbereitung zu bereinigen, wenn die Erwärmung des Wassers wie die Heizung über eine Gasetagenheizung erfolgt (vgl hierzu näher BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5). Hierzu fehlen Feststellungen des LSG.

36

Das LSG wird ggf noch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 2. März 2015, S 48 AS 2810/14, wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.12.2013 bis 31.5.2014.

Die 1959 geb. Klägerin bezieht seit 13.6.2006 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Sie bewohnt seit 1.5.2006 eine ca. 48 m² große 2-Zimmerwohnung, für die sie laut Mietvertrag vom 27.3.2006 monatlich 745 € zahlt (690 € Grundmiete, 55 € Nebenkosten). Außerdem bezahlt sie monatliche Abschläge für Gas und Strom direkt beim Versorgungsunternehmen in bar. Der Abschlag für Gas betrug 97 €, ab 3/09 115 € monatlich entsprechend der Vereinbarung mit dem Versorgungsunternehmen. Der Abschlag für Strom betrug 23 € bzw. ab 1.3.2009 35 €. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung betrugen somit 842 €, ab 3/09 860 €. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin wegen Miete oder Strom und Gas in Zahlungsverzug war. Die Grundmiete erhöhte sich ab 1.2.2013 auf 768,70 € zuzüglich 55 € Nebenkosten und 115 € Abschlagszahlung für Gas. Die Kosten der Unterkunft und Heizung betrugen somit insgesamt ab 2/13 monatlich 938,70 €. Bereits mit Schreiben vom August 2006 wurde die Klägerin zur Kostensenkung aufgefordert. Dabei wurde sie auch aufgefordert, ihre Bemühungen, eine angemessene Unterkunft zu finden, monatlich zu belegen. Aus dem Akteninhalt gehen keinerlei Kostensenkungsbemühungen hervor. Für die Zeit ab 1.6.2007 werden nur noch die angemessenen Unterkunftskosten für einen Einpersonenhaushalt als Bedarf berücksichtigt.

Seither streiten die Beteiligten fortlaufend vor dem Sozialgericht über die der Klägerin zustehenden Leistungen für Unterkunft und Heizung. Das Bay. LSG bestätigte mit Urteil vom 11.7.2012, L 16 AS 127/10, die vom Beklagten bei der Leistungsberechnung als angemessen berücksichtigten Kosten der Unterkunft und Heizung von 496,45 € (441,45 € Nettokaltmiete + 55 € kalte Betriebskosten) für die Zeit vom 1.6.2007 bis 30.6.2008 und von 504,21 € (449,21 € Nettokaltmiete + 55 € kalte Betriebskosten) für den Zeitraum vom 1.7.2008 bis 30.11.2008 nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. K. (Gutachten vom 15.3.2012 zum Mietspiegel 2007 sowie Korrekturen vom 3.4.2012 und vom 22.5.2012 zu den Bruttokaltmieten). Die Daten aus dem Mietspiegel 2007 wurden zum Stichtag 1.7.2007 und 1.7.2008 nach dem Verbraucherpreisindex hochgerechnet. Die Revision der Klägerin gegen diese Entscheidung wies das Bundessozialgericht mit Urteil vom 10.9.2013, B 4 AS 77/12 R, zurück. Das vom 16. Senat gewählte Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheitsgrenze genüge den Anforderungen des BSG an ein schlüssiges Konzept. Die Kostensenkung sei für die Zeit ab 1.6.2007 rechtmäßig.

Nach Abschluss dieses Revisionsverfahrens ließ der Beklagte in eigener Zuständigkeit vom selben Sachverständigen Nachberechnungen für die Jahre 2007 bis 2015 zur Mietobergrenze nach denselben wissenschaftlich anerkannten statistischen Verfahren durchführen, wie sie durch das BSG bestätigt worden sind: Im Gutachten vom 15.5.2013 erfolgten Nachberechnungen der Mietobergrenzen für 2007 bis 2013 auf der Grundlage der Mietspiegels 2011 und 2013 sowie unter Berücksichtigung der Preissteigerungsindizes; neu war im Gutachten die vorgenommene Differenzierung zwischen Neuvermietungen (Neuvermietung innerhalb der letzten 4 Jahre) und Bestandsmieten (lediglich Mietanpassungen innerhalb der letzten 4 Jahre) für 2012 und 2013. Mit dem Gutachten von 3.4.2014 wurde auch für die Jahre 2007 bis 2011 nach Neu- und Bestandsmieten differenziert. Im Gutachten vom 6.8.2014 wurden parallel zur Erstellung des Mietspiegels 2015 die Mietobergrenzen für 2014 (Stichtag der Daten zum 1.1.2014) ermittelt. Für 2015 empfahl der Gutachter die Beibehaltung der Werte von 2014, da die Verbraucherpreisindizes mit Stichtagen 1.1.2014 und 1.1.2015 annähernd identisch waren (Steigerungsrate von -0.003%). Die sich hieraus ergebende Reduzierung sei zu vernachlässigen (Schreiben vom 15.6.2015). Für die Zeiträume ab 2009 ergaben sich nach den Berechnungen des Sachverständigen folgende Mietobergrenzen (bruttokalt) für Einpersonenhaushalte:

2009

Bestandsmieten: 397,02 €

Neuvermietungen 549,48 €

ohne Differenzierung nach Neu- und Bestandsmieten wie bei L 16 AS 127/10: 475,90 €

2010

Bestandsmieten: 460 €

Neuvermietungen: 538,50 €

ohne Differenzierung 505 €

2011

Bestandsmieten: 462,22 €

Neuvermietungen: 541,10 €

ohne Differenzierung 507,39 €

2012

Bestandsmieten: 429 €

Neuvermietungen: 555,50 €

ohne Differenzierung 484,50 €

2013

Bestandsmieten: 436,09 €

Neuvermietungen: 564,69 €

ohne Differenzierung 492,51 €

2014 und 2015

Bestandsmieten: 484,09 €

Neuvermietungen: 586,54 € bei einem 95% Konfidenzintervall von 563,73 € bis 609,35 €

ohne Differenzierung 535,03 €.

Auf dieser Grundlage setzte der Beklagte zum 1.3.2014 die Mietobergrenze für einen Einpersonenhaushalt auf bruttokalt 590 € und ab 1.10.2014 auf 610 € monatlich fest.

Mit vorläufigem Bescheid vom 23.10.2013 wurden der Klägerin monatlich 1.017,75 € für die Zeit vom 1.12.2013 bis 31.5.2014 bewilligt, davon 382 € für die Regelleistung und 635,75 € für die Kosten der Unterkunft. Die Kosten der Unterkunft setzten sich in Ausführung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 14.12.2012, S 48 AS 2726/12 ER aus der Grundmiete von 465,75 € zuzüglich 55 € Betriebskosten und 115 € für Heizung zusammen. Hiergegen richtet sich der Widerspruch vom 9.11.2013. Die Mietobergrenze sei zu niedrig angesetzt, die tatsächlichen Mieten um ein Vielfaches gestiegen.

Mit Änderungsbescheid vom 23.11.2013 wurde die Erhöhung des Regelbedarfs auf 391 € ab 1.1. 2014 umgesetzt.

Mit Änderungsbescheid vom 3.6.2014 wurden für die Zeit ab 1.3. bis 31.5.2014 monatlich 1.096 € bewilligt, davon 391 € für die Regelleistung und 705 € für die Kosten der Unterkunft und Heizung entsprechend der Anhebung der Mietobergrenze auf 590 € ab 1.3.2014.

Mit Änderungsbescheid vom 31.7.2014 wurde die neue Mietobergrenze von 590 € bruttokalt auch auf den Zeitraum vom 1.12.2013 bis 28.2.2014 zugunsten der Klägerin angewandt. Bewilligt wurden für Dezember 2013 1.087 € und ab Januar 2014 1.096 € monatlich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.9.2014 wurde der Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 5.11.2014 Klage zum Sozialgericht München und machte die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung geltend. Der Mietspiegel sei manipuliert. Die derzeitigen Durchschnittsmieten betrügen 800 €.

Nach Anhörung der Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid wurde die Klage mit Gerichtsbescheid vom 2.3.2015 als unbegründet abgewiesen. Ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft bestehe nicht. Ein ordnungsgemäßes Kostensenkungsverfahren sei durchgeführt worden. Die Mietobergrenze sei rechtlich nicht zu beanstanden und beruhe auf dem repräsentativ gewonnenen Datenmaterial eines qualifizierten Mietspiegels und anerkannten statistischen Berechnungsmethoden.

Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin am 30.3.2015 beim Bay. Landessozialgericht Berufung ein mit der Begründung, dass sie Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten habe. Die Mietobergrenze sei nicht korrekt ermittelt worden. Sie bestreite die Validität der Datengrundlage des Sachverständigen. Die Interessenvertretung der Haus- und Grundeigentümer halte die Vergleichsmiete im Mietspiegel für zu niedrig.

Mit Änderungsbescheid vom 25.11.2016 wurde die Mietobergrenze ab 1.1.2014 auf 610 € bruttokalt erhöht und insgesamt 1.116 € bewilligt, davon 725 € für die Kosten der Unterkunft und Heizung.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 2.3.2015 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23.10.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23.11.2013, 3.6.2014 und 31.7.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.9.2014 und des Änderungsbescheides vom 25.11.2016 zu verurteilen, für die Zeit vom 1.12.2013 bis 31.5.2014 die Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Ein Anspruch auf Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung bestehe nicht. Er habe durch den Sachverständigen Prof. Dr. K. Nachberechnungen nach wissenschaftlich anerkannten statistischen Berechnungsmethoden wie im Berufungsverfahren L 16 AS 127/10 durchführen lassen. Das BSG habe dieses Verfahren als schlüssiges Konzept akzeptiert. Im Übrigen werde die Mietobergrenze laufend überprüft und angepasst.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und des Beklagten sowie der beigezogenen erledigten Akte L 16 AS 127/10 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143,144, 151 SGG) ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung.

Es ist nur die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung streitig. Eine Beschränkung des Streitgegenstandes hierauf ist zulässig (vgl. BSG vom 7.11.2006, B 7b AS 8/06 R, und vom 4.6.2014, B 4 AS 42/13 R).

Ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II scheitert bereits daran, dass der Beklagte ein wirksames Kostensenkungsverfahren durchgeführt hat. Wie das BSG in seiner Entscheidung vom 10.9.2013, B 4 AS 77/12 R, Rz 41 ff. festgestellt hat, ist die Kostensenkung seit 1.6.2007 wirksam. Die Klägerin hat keinerlei Eigenbemühungen zur Kostensenkung unternommen.

Die Klägerin hat daher nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nur Anspruch auf Übernahme der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung. Die vom Beklagten mit Änderungsbescheiden vom 3.6.2014, 31.7.2014 und 25.11.2016 zuletzt angewandte Referenzmiete von 590 € für Dezember 2013 ist höher als die für den Bewilligungszeitraum durch Sachverständigengutachten ermittelte Referenzmiete. Die ab 1.1.2014 in Höhe von 610 € bruttokalt angewandte Referenzmiete beruht auf einem schlüssigen Konzept und ist angemessen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. u.a. BSG vom 20.8.2009, B 14 AS 65/08 R, Rz. 13) ist der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren. Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards ist in einem zweiten Schritt festzustellen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Angemessenheit maßgebend ist. Sodann ist zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt angemessene Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt im streitgegenständlichen Zeitraum aufzuwenden gewesen ist. Abschließend ist zu prüfen, ob der Hilfesuchende eine solchermaßen abstrakt angemessene Wohnung auch tatsächlich hätte anmieten können, ob also eine konkrete Unterkunftsalternative bestanden hat. Letzter Prüfungsschritt wurde allerdings wesentlich eingeschränkt. Wenn ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und ihm Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können, dann ist davon auszugehen, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu diesem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt (vgl. BSG vom 20.12.2011, B 4 AS 19/11 R und BSG vom 10.9.2013, B 4 AS 77/12 Rz 38). Die konkrete Verfügbarkeit wird somit vermutet.

Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 10.9.2013 dargelegt, dass das vom Bay. LSG gewählte Verfahren zur Überprüfung der von dem Beklagten bestimmten Angemessenheitsgrenze von 496,45 Euro vom 1.6.2007 bis 30.6.2008 und von 504,21 Euro bruttokalt für die Zeit vom 1.7.2008 bis 30.11.2008 die Voraussetzungen, die das BSG an ein schlüssiges Konzept stellt, erfüllt.

Der Beklagte hat sich in der Folgezeit dieses Prüfverfahren zu eigen gemacht und lässt seine Mietobergrenze auf der Basis der Daten des jeweiligen Mietspiegels aufgrund wissenschaftlicher anerkannter statistischer Methoden bzw. durch Fortschreibung der Daten nach dem Verbraucherpreisindex im Rahmen eines Gutachtens desselben Sachverständigen wie bei L 16 AS 127710, regelmäßig berechnen. Damit sind die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept auch weiterhin erfüllt.

Für den hier streitigen Zeitraum ergaben sich aus den Berechnungen des Sachverständigen vom 15.5.2013 und 6.8.2014 folgende Mietobergrenzen für Einpersonenhaushalte:

2013

Bestandsmieten: 436,09 €

Neuvermietungen: 564,69 €

ohne Differenzierung 492,51 €

2014

Bestandsmieten: 484,09 €

Neuvermietungen: 586,54 € bei 95% Konfidenzintervall von 563,73 € bis 609,35 €,

ohne Differenzierung 535,03 €.

Nach der Methodik, die noch im Verfahren L 16 AS 127/10 angewandt wurde, wäre der ermittelte Wert von gerundet 493 € für Dezember 2013 und 535 € im Jahr 2014 als die angemessene Mietobergrenze für einen Einpersonenhaushalt anzusehen. Nicht zu beanstanden ist dabei, dass der Sachverständige nunmehr zwischen Neuvertrags- und Bestandsmieten differenziert und der Beklagte auf den höheren Mittelwert der Neuvertragsmieten zurückgreift. Der Wert der Neuvertragsmieten bildet noch näher das tatsächliche Mietangebot der letzten 4 Jahre ab und ist für die Leistungsbezieher günstiger als der Mittelwert ohne Differenzierung nach Neu- und Bestandsmieten. Hieraus wäre die angemessene Mietobergrenze im Dezember 2013 565 € und ab 1.1.2014 587 €. Nicht zu beanstanden ist ferner, dass der Beklagte ab 1.1.2014 auf den für die Leistungsbezieher günstigeren, oberen Wert des Konfidenzintervalls von 610 € zurückgreift.

Der Beklagte hat rückwirkend zugunsten der Klägerin den Wert von 590 € bruttokalt für Dezember 2013 angewandt. Dieser liegt deutlich über den errechneten Grenzwerten für 2013. Ab 1.1.2014 kommt der statistisch errechnete obere Grenzwert des Konfidenzintervalls zur Anwendung. Folglich ergibt sich kein höherer Anspruch der Klägerin auf Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in Höhe von 705 € für Dezember 2013 und ab 1.1.2014 in Höhe von 725 €.

Die von der Klägerin geäußerten Einwände in Bezug auf die Datenauswahl und die Höhe der angesetzten Referenzmiete greifen nicht (vgl. BSG vom 11.7.2011, B 4 AS 77/12 R, Rn 38 ff). Aus der Akte ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass die Klägerin nunmehr eine kostengünstigere Unterkunft gesucht hätte. Derartiges wurde von ihr auch nicht behauptet. Insbesondere war der Beklagte nicht verpflichtet, auf die Daten der Interessenvertretung der Haus- und Wohnungseigentümer zurückzugreifen. Die bloße tatsächliche Abweichung von den von der Interessenvertretung ermittelten Zahlen beweist nicht die Unrichtigkeit der im Mietspiegel verwendeten Daten. Bereits im Gutachten vom 15.3.2012 hat der Sachverständige festgestellt, dass die von tns Infratest gezogene Stichprobe und das dabei angewandte Stichprobenverfahren nicht verbesserungsbedürftig seien (S. 18). Die Zahlen, die im Rahmen eines Stichprobenverfahrens verwendet werden, müssen nicht mit den tatsächlichen Zahlen der Interessenvertretung übereinstimmen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Interessenvertretung ein grundsätzliches Interesse an möglichst hohen Durchschnittsmieten und einer sich hieraus ergebenden möglichst hohen Vergleichsmiete hat. Die Validität der vom Beklagten getroffenen Datenauswahl kann hierdurch jedoch nicht erschüttert werden.

Da die Klägerin keinen Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft und Heizung hat, kann es dahin stehen, ob die Klägerin im Übrigen hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II war. Aus den in den Beklagtenakten befindlichen Kontoauszügen und vorgelegten Belegen ergibt sich, dass die Klägerin die Miete regelmäßig überwiesen und Strom und Gas bar bezahlt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass sie wegen der Miete, Strom und Gas offenen Forderungen ausgesetzt war. Das Konto wurde -soweit sich dies aus den Akten ergibtnicht überzogen. Gegenteiliges hat die Klägerin auch nicht behauptet. Das bedeutet aber, dass ihr nach Überweisung der Miete und Bezahlung der Strom- und Gasabschläge ab der Mieterhöhung im Februar 2013 nur rund 50 € monatlich für die Bestreitung ihres Lebensunterhalts geblieben sind, was nicht allein durch kostenfreie Verpflegung durch Angehörige auf Dauer in diesem Umfang über einen derart langen Zeitraum -wie von der Klägerin gegenüber dem Beklagten behauptetkompensierbar ist. Die Nachzahlungen durch den Beklagten erfolgten erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG sind insbesondere im Hinblick auf die Entscheidungen des BSG vom 19.2.2009, B 4 AS 30/08 R und BSG vom 10.9.2013, B 4 AS 77/12 R nicht ersichtlich.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.