Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 28. März 2017 - L 7 AS 241/17 B ER

bei uns veröffentlicht am28.03.2017

Tenor

I. Die Beschwerde gegen Ziff. I und Ziff. II des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 9. Februar 2015, S 42 AS 72/17 ER, wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Bf) begehrt vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Bg) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab Antragstellung am 13.01.2017 auf Eilrechtsschutz beim Sozialgericht München bis 31.03.2017.

Mit Bescheid vom 22.03.2016 bewilligte der Bg der Bf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2016 bis 31.03.2017 in Höhe von monatlich 841,20 Euro.

Die Bf wohne zusammen mit ihrem im Jahr 2004 geborenen Sohn in einer Wohnung. Es bestünde keine Bedarfsgemeinschaft der Bf mit ihrem minderjährigen Sohn, da der Sohn über ein bedarfsdeckendes Einkommen verfüge (Kindesunterhalt i.H.v. 520,00 Euro sowie Kindergeld i.H.v. 192,00 Euro monatlich).

Die Wohnung mit 57 qm sei bei einer Warmmiete von 950,00 Euro nicht angemessen. Die angemessene Bruttokaltmiete nach dem Konzept der Bg betrage 732,00 Euro monatlich. Hinzu komme der tatsächliche Heizkostenzuschlag i.H.v. 66,70 Euro. Dieser Gesamtbetrag von angemessenen KdUH i.H.v. 798, 70 Euro sei zu halbieren, da die Bg mit ihrem minderjährigen Sohn in einer Haushaltsgemeinschaft wohne. Im Ergebnis sei bei der Bf monatlich ein Bedarf an KdUH i.H.v. 399,36 Euro anzuerkennen.

Als Regelbedarf wurden für die Bf 404,00 Euro anerkannt. Anzurechnen sei bei der Klägerin auf ein bereinigtes Einkommen aus überschießendem Kindergeld ihres Sohnes, so dass der Regelbedarf 393,36 Euro monatlich betrage. Hinzu komme ein Mehrbedarf für Alleinerziehende von 48,48 Euro.

Hieraus ergäbe sich ein Gesamtleistung i.H.v. 841,20 Euro monatlich (Regelbedarf 393,36 Euro, Alleinerziehendenmehrbedarf 48,48 Euro, KdUH 399,36 Euro). Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Änderungsbescheid vom 26.11.2016 bewilligte der Bg der Bf wegen Erhöhung der Regelbedarf zum 01.01.2017 Leistungen in Höhe von 857,44 Euro monatlich für die Zeit von Januar bis März 2017. Über den hiergegen von der Bf mit Schreiben vom 26.01.2017 eingelegten Widerspruch ist noch nicht entschieden.

Am 13.01.2017 stellte die Bg beim Sozialgericht München Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Der Bg enthalte ihr Sozialleistungen vor, was eine Straftat darstelle. Der Bg habe die gesamte Warmmiete von 950,00 Euro monatlich zu übernehmen. „Die Vermieterin hätte ein Kündigungsrecht wegen Nichtzahlung der Miete und die Obdachlosigkeit droht“ (Schreiben der Bf vom 31.01.2017).

Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens erließ die Bg einen weiteren Änderungsbescheid mit Datum vom 24.01.2017 - zugegangen dem Sozialgericht am 30.01.2017 - betreffend die Monate Februar und März 2017, worin unter entsprechender Aufhebung der bisherigen Bewilligungsbescheide die monatlichen Leistungen nach dem SGB II von 841,20 Euro auf 745,80 Euro reduziert wurden. Der Kindesunterhalt für den Sohn der Bf sei im Februar 2017 von 520,00 Euro auf 640,00 Euro erhöht worden, so dass bei der Bf wegen Anrechnung des überschießenden Kindergeldes nur noch ein entsprechend niedrigerer Regelbedarf anerkannt werden könne. Dieser Bescheid sei Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens geworden.

Mit Beschluss vom 09.02.2017 lehnte das Sozialgericht München den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in Ziff. I und II des Beschlusses ab. In Ziff. III des Beschlusses (anhängige Beschwerde hierzu unter L 7 AS 252/17 B PKH) lehnte das Sozialgericht die gleichzeitig für das erstinstanzliche Verfahren beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab.

Weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund seien bezüglich derr KdUH glaubhaft gemacht. Die Bf und ihr Sohn bildeten keine bloße Wohngemeinschaft, sondern führten den Haushalt im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft aus einem Topf, so dass im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG vom Kopfteilprinzip auszugehen sei. Zudem sei die Wohnung mit einer Warmmiete von 950,00 Euro nicht angemessen, da nach dem Konzept der Bg eine Bruttokaltmiete von 732,00 Euro zuzüglich des Heizkostenabschlages von 66,70 Euro angemessen sei. Insbesondere sei auch deshalb kein Anordnungsgrund ersichtlich, nachdem die Bf bislang aus den ihr zur Verfügung stehenden Mittel sowie aus den Mittel ihres Sohnes die Miete beglichen habe.

Hiergegen hat die Bf Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Ihr stünden höhere Sozialleistungen zu. Mit Schreiben vom 24.03.2017 legt sie dar, es handle sich um einen Ein-Personen-Haushalt und das Konzept des Bg sei fehlerhaft. Seit Monaten erhalte sie weniger als das Existenzminimum.

Der Bg hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Insbesondere ist die Beschwerde statthaft, da die Beschwerdesumme von 750,00 Euro überschritten ist. Denn obwohl maßgeblich für die Berechnung der Beschwerdesumme nur der streitgegenständliche Zeitraum vom 13.01.2017 bis 31.01.2017 ist, ist allein mit dem Begehren der Bf, ihr anstelle von 399,63 KdUH monatlich die volle Warmmiete i.H.v. 950,00 ohne Anwendung des Kopfteilprinzips zu bewilligen, die Beschwerdesumme überschritten.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Zwar hat die Bf ihren Antrag beim Sozialgericht nicht - was zulässig gewesen wäre - auf die KdUH beschränkt, wovon das Sozialgericht offensichtlich ausgegangen ist. Vielmehr hat die Bf ausdrücklich „höhere Leistungen“ im Wege des Eilrechtsschutzes verlangt, so dass auch die erhöhte Einkommensanrechnung wegen des erhöhten Unterhalts des Sohnes der Bf im Bescheid vom 24.01.2017 in den Monaten Februar und März 2017 vom Sozialgericht hätte gewürdigt werden müssen. Insoweit ist eine Minderung der Leistungen um monatlich 111,64 Euro von zuletzt 857,44 Euro auf 745,80 Euro erfolgt.

Jedoch ist in Bezug auf Leistungen nach dem SGB II kein Anordnungsanspruch ersichtlich.

Die Anrechnung des überschießenden Kindergeldes infolge der von 520,00 Euro auf 640,00 Euro monatlich erhöhten Unterhaltszahlungen an den minderjährigen Sohn der Bf basiert auf der entsprechenden Rechtsprechung des BSG (vgl etwa BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 53/12 R) und ist ohne Fehler erfolgt. Anzumerken bleibt insoweit lediglich, dass der Kindergeldüberhang bei der Bf insbesondere auch dann zu erfolgen hat, wenn eine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II mit einem minderjährigen Kind nicht vorliegt (BSG aaO Rz).

Im Übrigen ist auch kein Anordnungsanspruch im Hinblick auf die KdUH ersichtlich. Der Bg hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 53/12 R) bezüglich des Kopfteilsprinzips (BSG aaO Rz 14) im Hinblick auf die Bf und ihren nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden (BSG aaO Rz 14) Sohn zutreffend angewendet und die KdUH entsprechend einem schlüssigen Konzept (vgl zum schlüssigen Konzept des Bg BayLSG Urteil vom 19. Dezember 2016 - L 7 AS 241/15) richtig berechnet.

Ein Anordnungsgrund ist ebenfalls nicht gegeben.

Die Bf hat den Änderungsbescheid vom 26.11.2016, mit dem Leistungen zunächst sogar erhöht worden sind, offensichtlich nur zum Anlass genommen, die Rechtmäßigkeit der Leistungen nunmehr ganz in Frage zustellen. Seit April 2016 erhielt die Bf aufgrund des bestandskräftigen laufenden Bewilligungsbescheides monatlich 841,20 Euro an Leistungen.

Mit dem Änderungsbescheid vom 26.11.2016, den die Bf zum Anlass für ihren Eilantrag nahm, wurden die Leistungen im Januar 2017 aufgrund der Erhöhung des Regelbedarfs ab 01.01.2017 auf 857,00 Euro erhöht. Die Bf hat nicht im Entferntesten dargelegt, warum mit einer Erhöhung - nicht Absenkung! - der ihr neun Monate lang unbeanstandet ausgezahlten Leistungen plötzlich eine Notlage entstanden sein sollte.

Auch was die Minderung der Leistungen im Februar und März 2017, die mit Bescheid vom 24.01.2017 erfolgt ist, also nachdem die Bf am 13.01.2017 Antrag auf Eilrechtsschutz beim Sozialgericht gestellt hatte, anbetrifft, ist keine Eilbedürftigkeit erkennbar.

Zum einen hat die Bf bis dahin ihren Lebensunterhalt und sogar die Miete für die - ohnehin nicht angemessene - Wohnung auch aus ihren und den Mitteln, die ihrem Sohn zur Verfügung stehen, bestritten, was auch jetzt in gleichem Maße möglich ist. Denn der der Bf und ihrem minderjährigen Sohn zur Verfügung stehende Gesamtbetrag an Geldmitteln hat sich wegen der erhöhten Unterhaltszahlung an den Sohn nicht verringert. Für eine seit Januar 2017 plötzlich eingetretene akute Notlage hat die Bf nichts vorgetragen.

Im Übrigen liegt bezüglich der KdUH schon deshalb kein Anordnungsgrund vor, da eine Gefährdung der Unterkunft der Bf nicht erkennbar ist (vgl. dazu BayLSG, Beschluss vom 02.08.2016, L 7 AS 461/16 B ER Rdz. 28). Die Bf hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Kündigung ihrer Wohnung droht (vgl. dazu BayLSG, Beschluss vom 31.01.2013, L 7 AS 882/16 B ER sowie Beschluss vom 12.09.2016, L 7 AS 539/16 B ER). Die Miete wurde bislang bezahlt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass die Bf mit ihrem Begehren erfolglos blieb.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 19. Dez. 2016 - L 7 AS 241/15

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bei uns veröffentlicht am 20.02.2014

Tenor Das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 7. Dezember 2011 wird geändert und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 8. April 2009 werd

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Tenor

Das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 7. Dezember 2011 wird geändert und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 8. April 2009 werden insgesamt zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind für alle Instanzen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Strittig ist nur noch für Januar 2007 die Höhe des vom beklagten Jobcenter den Klägern zu zahlenden Arbeitslosengeldes II (Alg II) im Hinblick auf die Berücksichtigung von Zahlungen des Klägers zu 2 auf Unterhaltsrückstände als Absetzbetrag von seinem Erwerbseinkommen.

2

Die Klägerin zu 1, geboren im Jahr 1973, und der Kläger zu 2, geboren im Jahr 1966, lebten zusammen in einem Haushalt mit den Kindern der Klägerin Lisa, geboren am 28.9.1992, und Laura, geboren am 1.8.1996. Beide Kinder erhielten jeweils monatlich 257 Euro Unterhalt und 154 Euro Kindergeld. Monatlich waren für die Unterkunft zu zahlen 287,68 Euro Grundmiete, 100,84 Euro Betriebskosten sowie 93,12 Euro Heizkosten - ohne Warmwasserbereitung. Der Kläger hatte monatlich ein Erwerbseinkommen von 960 Euro brutto und 746,90 Euro netto sowie Ausgaben für eine Kfz-Haftpflichtversicherung von 21,05 Euro und Fahrkosten von 64,60 Euro. Außerdem leistete er monatlich Zahlungen auf einen Unterhaltstitel in Höhe von 269 Euro in dieser Höhe sowie weitere 150 Euro auf Rückstände von ebenfalls titulierten Unterhaltsforderungen ihm gegenüber aus der Vergangenheit.

3

Der Beklagte bewilligte den Klägern für Januar 2007 insgesamt 690,67 Euro Alg II (für die Klägerin 339,75 Euro, für den Kläger 350,92 Euro) und berücksichtigte dabei die Regelleistungen, jeweils ein Viertel der Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung sowie Mehrbedarfe für kostenaufwändige Ernährung (für die Klägerin: 35,79 Euro, für den Kläger: 51,13 Euro; Bewilligungsbescheid vom 11.1.2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 18.4.2007; Widerspruchsbescheid vom 24.4.2007).

4

Das Sozialgericht (SG) hat die auf höheres Alg II gerichteten Klagen abgewiesen (Urteil vom 8.4.2009). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufungen der Kläger den Beklagten verurteilt, für Januar bis September 2007 weiteres Alg II, davon für Januar 2007 an die Klägerin weitere 59,98 Euro und den Kläger weitere 48,81 Euro, zu zahlen, und ihre weitergehenden Berufungen zurückgewiesen (Urteil vom 7.12.2011). Zur Begründung hat es neben der rechnerischen Herleitung der Beträge als für das Ergebnis entscheidend ausgeführt, dass die Zahlungen des Klägers auf die Unterhaltsrückstände als Absetzbeträge nach § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 7 Zweites Buch Sozialgesetzbuch in der damaligen Fassung (SGB II aF) zu berücksichtigen seien, weil nach dem Wortlaut der Vorschrift die Absetzung nicht auf die laufenden Unterhaltszahlungen begrenzt sei, der Sinn der Regelung ebenfalls für diese Auslegung spreche und die Zahlungen auch nicht mit einer freiwilligen Schuldentilgung vergleichbar seien.

5

Der Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und rügt eine Verletzung des § 11 Abs 2 SGB II aF, weil es sich bei der Zahlung auf Unterhaltsrückstände um die Tilgung von Schulden handeln würde, nicht aber um laufende Unterhaltszahlungen.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 7. Dezember 2011 zu ändern und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 8. April 2009 insgesamt zurückzuweisen.

7

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Beteiligten haben auf Vorschlag des Senats sich hinsichtlich der im Revisionsverfahren ursprünglich ebenfalls umstrittenen Monate Februar bis September 2007 dem Ausgang des Verfahrens hinsichtlich des Monats Januar 2007 unterworfen sowie einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz). Das Urteil des LSG vom 7.12.2011 ist zu ändern und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des SG vom 8.4.2009 sind insgesamt zurückzuweisen. Denn weder die Klägerin noch der Kläger haben für Januar 2007 einen Anspruch auf höheres Alg II als ihnen der Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden in Höhe von 339,75 Euro für die Klägerin und von 350,92 Euro für den Kläger bewilligt hat.

10

Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die aufgrund des Teilvergleichs zwischen den Beteiligten auf den Monat Januar 2007 beschränkte Überprüfung der Verurteilung des Beklagten durch das LSG zur Zahlung von weiteren 59,98 Euro an die Klägerin und weiteren 48,81 Euro an den Kläger, einschließlich der entsprechenden Änderungen des Urteils des SG und der Bescheide des Beklagten. Prozessrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen, insbesondere ist die Revision des Beklagten zulässig, ebenso die Klagen und Berufungen der Kläger. Aufgrund des von allen Beteiligten erklärten Einverständnisses kann der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 124 Abs 2 SGG).

11

Rechtsgrundlage für den von den Klägern geltend gemachten und vom LSG zugesprochenen Anspruch auf höhere Leistungen sind §§ 19 ff iVm § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II in der für die strittige Zeit geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.2006, BGBl I 3376, im Folgenden: SGB II aF). Denn in Rechtstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden. Die Grundvoraussetzungen nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II, um Leistungen nach dem SGB II zu erhalten, werden von den Klägern erfüllt, ebenso wenig liegt ein Ausschlusstatbestand(vgl § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4, 5 SGB II) vor. Strittig ist nur das Ausmaß ihrer Hilfebedürftigkeit und damit die Höhe ihrer Ansprüche auf Alg II.

12

Die Kläger haben keine höheren Ansprüche auf Alg II als die ihnen vom Beklagten bewilligten 339,75 Euro für die Klägerin und 350,92 Euro für den Kläger, weil sie nur jeweils einen Anspruch auf 326,04 Euro haben, wie sich aus der Verteilung nach § 9 Abs 2 SGB II(dazu 4.) ihres zu berücksichtigenden Einkommens von insgesamt 214,51 Euro (dazu 3.) auf ihren jeweiligen Bedarf von 431,41 Euro (dazu 2.) und den ihrer Bedarfsgemeinschaft angehörenden Tochter Lisa in Höhe von 15,41 Euro (dazu 1.) ergibt. Ob sie zu berücksichtigendes Vermögen nach § 12 SGB II haben, kann angesichts dessen dahingestellt bleiben.

13

1. Die Klägerin und der Kläger bilden eine Bedarfsgemeinschaft, weil sie, wie dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen entnommen werden kann, in einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft zusammenleben (vgl § 7 Abs 3 Nr 1, 3 SGB II aF).

14

Die Tochter Laura der Klägerin ist nicht Mitglied dieser Bedarfsgemeinschaft, weil sie ihren Bedarf aus ihrem Einkommen decken kann (vgl § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II). Denn ihr Bedarf aus 207 Euro Regelleistung plus anteiligen Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in Höhe von 120,41 Euro (287,68 Euro Grundmiete plus 100,84 Euro Betriebskosten plus 93,12 Euro Heizkosten - ohne Warmwasserbereitung - ergibt 481,64 Euro, dividiert nach dem Kopfteilprinzip durch vier) liegt unter ihrem zu berücksichtigenden Einkommen von 381 Euro, berechnet aus den 257 Euro Unterhalt plus 154 Euro Kindergeld, bereinigt um die Versicherungspauschale nach § 3 Nr 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 20.10.2004 (BGBl I 2622, im Folgenden: Alg II-V 2004), sodass sogar ein Kindergeldüberhang von 53,59 Euro verbleibt.

15

Die Tochter Lisa der Klägerin ist hingegen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der Kläger, weil sie ihren Bedarf aus ihrem Einkommen nicht decken kann (vgl § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II). Denn ihr Bedarf aus 276 Euro Regelleistung plus anteiligen Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in Höhe von 120,41 Euro liegt über ihrem zu berücksichtigenden Einkommen von 381 Euro, berechnet aus den 257 Euro Unterhalt plus 154 Euro Kindergeld, bereinigt um die Versicherungspauschale nach § 3 Nr 1 Alg II-V 2004(BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 39/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 23 RdNr 20 ff), sodass eine Deckungslücke von 15,41 Euro verbleibt.

16

2. Der Bedarf der Kläger errechnet sich mit jeweils 431,41 Euro, bestehend aus 311 Euro Regelleistung nach § 20 Abs 3 SGB II aF und 120,41 Euro anteiligen Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II. Einen Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs 5 SGB II haben sie jeweils nicht, wie das LSG zu Recht ausgeführt hat.

17

Denn die den Klägern vom Beklagten gewährten Mehrbedarfe wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs 5 SGB II sind Teil des vorliegend umstrittenen Alg II(vgl nur Urteil des Senats vom heutigen Tage in der Sache B 14 AS 65/12 R mwN). Ein Anspruch auf einen solchen Mehrbedarf ist für die Kläger zu verneinen, da die bei ihnen bestehenden Erkrankungen Hypertonie, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus Typ I als Ernährung Vollkost bedingen und der Kostenaufwand für diese mit dem in der Regelleistung enthaltenen Ernährungsanteil zu decken ist (vgl die Mehrbedarfsempfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge von 2008 und die entsprechenden Ausführungen im zuvor genannten Urteil des Senats). Besondere Umstände des Einzelfalles, die eine andere Bewertung nach sich ziehen könnten, sind vom LSG nicht festgestellt worden; von den Beteiligten sind keine dahingehenden Rügen erhoben worden.

18

3. Bei den Klägern ist ein Einkommen von insgesamt 214,51 Euro zu berücksichtigen.

19

Das Einkommen der Klägerin von 23,59 Euro ergibt sich aus dem Kindergeldüberhang ihrer Tochter Laura in Höhe von 53,59 Euro (vgl § 11 Abs 1 Satz 1, 3 SGB II aF), bereinigt um die Versicherungspauschale nach § 3 Nr 1 Alg II-V 2004.

20

Beim Kläger ist ein Erwerbseinkommen von 190,92 Euro zu berücksichtigen. Dieser Betrag ergibt sich ausgehend von seinem Nettoeinkommen von 746,90 Euro, wenn es um die einkommensbezogenen Absetzbeträge von insgesamt 286,98 Euro (dazu a) und die Zahlung auf den titulierten laufenden Unterhalt (dazu b) bereinigt wird (746,90 - 286,98 - 269 = 190,92 Euro). Seine Zahlung auf die Unterhaltsrückstände ist jedoch - entgegen dem Urteil des LSG - nicht von seinem Erwerbseinkommen abzusetzen (dazu c). Dem steht die Rechtsprechung zu den "bereiten Mitteln" nicht entgegen (dazu d).

21

a) Die einkommensbezogenen Absetzbeträge des Klägers errechnen sich ausgehend von seinem Nettoeinkommen von 746,90 Euro mit insgesamt 286,98 Euro wie folgt: Anstelle des Grundfreibetrags nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II aF ist ein Freibetrag nach § 11 Abs 2 Satz 3 SGB II aF von 130,98 Euro anzusetzen, weil der Kläger nach den Feststellungen des LSG zu berücksichtigende monatliche Aufwendungen nach § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 3, 5 SGB II aF iVm § 3 Alg II-V 2004 in Höhe von 130,98 Euro hatte (Versicherungspauschale 30 Euro, Kfz-Haftpflichtversicherung 21,05 Euro, Werbungskostenpauschale 15,33 Euro, Fahrkosten 64,60 Euro), plus 140 Euro Freibetrag nach § 30 Satz 2 Nr 1 SGB II aF sowie 16 Euro Freibetrag nach § 30 Satz 2 Nr 2 SGB II aF, weil das Bruttoeinkommen 960 Euro betrug.

22

b) Außerdem sind - unstreitig - die laufenden Unterhaltszahlungen von 269 Euro pro Monat abzusetzen (vgl § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB II aF), weil es sich um eine Zahlung auf eine entsprechende titulierte Forderung handelt.

23

c) Die Zahlung des Klägers in Höhe von weiteren 150 Euro auf Rückstände aus ebenfalls titulierten Unterhaltsforderungen ihm gegenüber aus der Vergangenheit ist jedoch - entgegen dem Urteil des LSG - nicht als Absetzbetrag von seinem Erwerbseinkommen zu berücksichtigen.

24

Das LSG hat hinsichtlich dieses Betrags ebenfalls die Voraussetzungen des § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB II aF bejaht, weil die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nicht auf die laufenden Unterhaltszahlungen begrenzt sei und eine teleologische Einschränkung der Vorschrift in dem Sinne, dass Unterhaltsrückstände nicht erfasst sein sollten, weil es sich um Schulden handele, nach der Entstehungsgeschichte der Vorschrift(Hinweis auf BT-Drucks 16/1410 S 20) nicht gerechtfertigt sei, vielmehr habe der Gesetzgeber sicherstellen wollen, dass Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten bis zu dem in einem Unterhaltstitel festgelegten Betrag nicht als "bereites" und damit als einsatzfähiges Einkommen zur Verfügung stehe, auch wenn noch keine Pfändung zugunsten eines Unterhaltsgläubigers erfolgt sei.

25

Dem kann nicht gefolgt werden. Der Wortlaut des früheren, im strittigen Zeitraum geltenden § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB II aF, der mit dem heutigen § 11b Abs 1 Satz 1 Nr 7 SGB II identisch ist, lautet: "Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag" und bezieht sich auf den einleitenden Satzteil "Vom Einkommen sind abzusetzen". Dem LSG ist zuzubilligen, dass dem Wortlaut der Norm nicht entnommen werden kann, ob es sich um laufende Unterhaltsverpflichtungen handeln muss oder ggf auch Schulden für die Vergangenheit umfasst sein können. Entscheidend ist jedoch, und darüber geht das LSG hinweg, dass nach dem Wortlaut nur Aufwendungen bis zur Höhe des in einem Unterhaltstitel festgelegten Betrags abgesetzt werden können, nicht aber darüber hinausgehende, nicht titulierte Beträge (BSG vom 9.11.2010 - B 4 AS 78/10 R - BSGE 107, 106 = SozR 4-4200 § 11 Nr 35). Dem vom LSG festgestellten Unterhaltstitel entsprechen nur die vom Kläger erbrachten Aufwendungen für die - laufenden - Unterhaltszahlungen in Höhe von 269 Euro, die auch als Absetzbetrag bei der Ermittlung des Einkommens berücksichtigt wurden. Die vom Kläger begehrte und vom LSG bejahte Absetzung seiner Zahlungen von weiteren 150 Euro für Unterhaltsrückstände geht gerade über diesen titulierten Betrag pro Monat hinaus.

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Für diese an dem Unterhaltstitel und dem in ihm bezeichneten Betrag orientierte Auslegung streiten auch der Sinn und Zweck dieses Absetzbetrags, der einerseits bezogen ist auf die nach dem Monatsprinzip des SGB II (§ 41 SGB II) zu berechnenden Einnahmen der leistungsberechtigten Person und andererseits auf die ebenfalls nach Monaten berechneten Unterhaltsverpflichtungen sowie das den Leistungen nach dem SGB II ebenso wie den Unterhaltszahlungen zugrunde liegende Ziel, den aktuellen Lebensbedarf der betroffenen Personen zu sichern. Dies folgt auch aus der Gesetzesbegründung, die auszugsweise lautet: "Mit der Einfügung von Nummer 7 wird geregelt, dass Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag, den Betroffenen nicht als 'bereites', d. h. einsatzfähiges Einkommen zur Verfügung stehen" (BT-Drucks 16/1410 S 20). Auch hierin wird der aktuelle Bezug zu dem titulierten Betrag zur Befriedigung des Unterhaltsbedarfs deutlich. Aus diesem gemeinsamen Ziel sowohl der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als auch der Zahlung von Unterhalt, die Existenz der betroffenen Personen in bestimmten Zeitabschnitten zu sichern, wird deutlich, dass eine Auslegung, die eine Zahlung auf Schulden für die Vergangenheit miteinbezieht, die nicht von dem aktuell fälligen Titel umfasst sind, über das gesetzgeberische Ziel hinausgeht, zumal die Berücksichtigung von Aufwendungen zur Erfüllung titulierter gesetzlicher Unterhaltspflichten im Ergebnis bewirkt, dass die Unterhaltspflicht mittelbar vom Jobcenter getragen wird. Aus diesen Überlegungen folgt auch, dass entgegen der Auffassung des LSG eine Gleichstellung von Zahlungen auf Unterhaltsrückstände mit laufenden Unterhaltszahlungen grundsätzlich nicht möglich ist, weil sich beide Zahlungsziele grundlegend unterscheiden. Laufende Zahlungen dienen der Befriedigung des aktuellen Bedarfs, während Zahlungen auf Unterhaltsrückstände zunächst die Vergangenheit betreffen, auch wenn diese in aller Regel Auswirkungen auf die Gegenwart hat.

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Aus systematischen Gründen spricht gegen eine Berücksichtigung von Zahlungen auf Unterhaltsrückstände als Absetzbetrag, dass als Einkommen grundsätzlich alle Einnahmen zu berücksichtigen sind und Ausnahmen nur für bestimmte Einnahmen und bestimmte Absetzbeträge gemacht werden (vgl § 11 SGB II aF; §§ 11 bis 11b SGB II nF). Angesichts dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses bedarf das Eingreifen einer Ausnahme einer klaren gesetzlichen Rechtsgrundlage (den Ausnahmecharakter betonend auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 11b RdNr 257 ff). Zudem ist zu beachten, dass das SGB II die Übernahme von Schulden nur ausnahmsweise vorsieht, nämlich zur Sicherung der Unterkunft, aber auch dann in der Regel nur darlehensweise (§ 22 Abs 5 SGB II aF, § 22 Abs 8 SGB II nF; vgl zur grundsätzlichen Verneinung der Übernahme von Schulden schon die Gesetzesbegründung zum Entwurf des SGB II in BT-Drucks 15/1516 S 56 sowie: BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 19; BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 14; Söhngen in Juris-PK SGB II, § 11b RdNr 16). Dies folgt aus dem Zweck der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, in einer aktuellen Notlage das verfassungsrechtlich geschützte Existenzminimum zu sichern (vgl § 1 Abs 1 SGB II nF). Die durch die Berücksichtigung einer Zahlung auf Unterhaltsschulden als Absetzbetrag von den Einnahmen bewirkte mittelbare Übernahme von solchen Schulden durch das Jobcenter ist damit nicht in Einklang zu bringen.

28

Aus der Vorschrift des § 170 Strafgesetzbuch (StGB) über die Strafbarkeit bei einer Verletzung der Unterhaltspflicht folgt nichts Anderes, weil diese voraussetzt, dass der Betreffende "sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entzieht" und auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit erfüllt ist(Fischer, StGB, 60. Aufl 2013, § 170 RdNr 8 ff). Dass eine Person, die neben ihrem Erwerbseinkommen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als sog Aufstocker erhält, diese Tatbestandsmerkmale erfüllt, ist von weiteren Voraussetzungen abhängig, nicht aber die automatische Folge einer Nichtzahlung auf Unterhaltsrückstände, wenn die laufenden Unterhaltspflichten erfüllt werden.

29

Die Regelung des § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB II aF trägt im Übrigen durch ihre Bezugnahme auf den in dem Unterhaltstitel festgelegten Betrag auch Gründen der Verwaltungspraktikabilität Rechnung, weil durch die Vorlage des Titels und des Nachweises der Zahlung der Absetzbetrag relativ einfach zu bestimmen ist(BSG vom 9.11.2010 - B 4 AS 78/10 R - BSGE 107, 106 = SozR 4-4200 § 11 Nr 35, RdNr 16). Dies ist aber nicht mehr der Fall, wenn über den titulierten Betrag hinausgehende Zahlungen auf Unterhaltsrückstände als Abzugsbetrag berücksichtigt werden, wie es nach der Entscheidung des LSG der Fall wäre.

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d) Die Zahlung der 150 Euro auf die Unterhaltsrückstände führt auch nicht aufgrund der Rechtsprechung zu Einkommen als "bereiten Mitteln" zu einer entsprechenden Verringerung des zu berücksichtigenden Einkommens. Diese Rechtsprechung bezieht sich vielmehr auf die Berücksichtigung von fiktiven Einnahmen, insbesondere in Fallkonstellationen, in denen den Anspruchstellern eine größere einmalige Einnahme zugeflossen war, die nach den jeweiligen normativen Vorgaben auf mehrere Monate aufzuteilen war und letztlich in den jeweiligen Monaten eine fiktive Einkommensanrechnung erfolgte (vgl § 2 Abs 3 Alg II-V 2004, heute § 11 Abs 3 SGB II nF; vgl BSG vom 25.1.2012 - B 14 AS 101/11 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 47; BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57; BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 62), oder wenn bestimmte Einkommensteile zB gepfändet waren und von daher von vornherein nicht zur Verfügung standen (BSG vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr 2, RdNr 19: Pfändung; BSG vom 16.5.2012 - B 4 AS 132/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 60 RdNr 22: Einbehaltung eines Betriebskostenguthabens). Vorliegend ist jedoch nicht die Berücksichtigung einer fiktiven oder den Klägern grundsätzlich von vornherein nicht zur Verfügung stehenden Einnahme umstritten, sondern ein Absetzbetrag von einem realen Einkommenszufluss im jeweiligen Monat, also letztlich die Berücksichtigung einer bestimmten mangels Pfändung nicht zwingenden Einkommensverwendung.

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Auch die Gesetzesbegründung zur Einführung des § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB II aF geht davon aus, dass es sich bei den zufließenden Einnahmen grundsätzlich um bereite Mittel handelt, solange keine Pfändung erfolgt ist(ebenso BSG vom 9.11.2010 - B 4 AS 78/10 R - BSGE 107, 106 = SozR 4-4200 § 11 Nr 35, RdNr 21) und hat gerade mit dieser Begründung den weiteren Absetzbetrag wegen der erbrachten laufenden Unterhaltszahlungen bis zur titulierten Höhe geschaffen.

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4. Der Anspruch der Klägerin und des Klägers auf jeweils 326,04 Euro Alg II im Januar 2007 errechnet sich aus ihren Gesamtbedarfen von jeweils 431,41 Euro plus dem Restbedarf der ihrer Bedarfsgemeinschaft angehörenden Tochter Lisa in Höhe von 15,41 Euro und der anteilsmäßigen Verteilung ihres zu berücksichtigenden Einkommens von insgesamt 214,51 Euro nach § 9 Abs 2 SGB II.

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 2. März 2015, S 48 AS 2810/14, wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.12.2013 bis 31.5.2014.

Die 1959 geb. Klägerin bezieht seit 13.6.2006 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Sie bewohnt seit 1.5.2006 eine ca. 48 m² große 2-Zimmerwohnung, für die sie laut Mietvertrag vom 27.3.2006 monatlich 745 € zahlt (690 € Grundmiete, 55 € Nebenkosten). Außerdem bezahlt sie monatliche Abschläge für Gas und Strom direkt beim Versorgungsunternehmen in bar. Der Abschlag für Gas betrug 97 €, ab 3/09 115 € monatlich entsprechend der Vereinbarung mit dem Versorgungsunternehmen. Der Abschlag für Strom betrug 23 € bzw. ab 1.3.2009 35 €. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung betrugen somit 842 €, ab 3/09 860 €. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin wegen Miete oder Strom und Gas in Zahlungsverzug war. Die Grundmiete erhöhte sich ab 1.2.2013 auf 768,70 € zuzüglich 55 € Nebenkosten und 115 € Abschlagszahlung für Gas. Die Kosten der Unterkunft und Heizung betrugen somit insgesamt ab 2/13 monatlich 938,70 €. Bereits mit Schreiben vom August 2006 wurde die Klägerin zur Kostensenkung aufgefordert. Dabei wurde sie auch aufgefordert, ihre Bemühungen, eine angemessene Unterkunft zu finden, monatlich zu belegen. Aus dem Akteninhalt gehen keinerlei Kostensenkungsbemühungen hervor. Für die Zeit ab 1.6.2007 werden nur noch die angemessenen Unterkunftskosten für einen Einpersonenhaushalt als Bedarf berücksichtigt.

Seither streiten die Beteiligten fortlaufend vor dem Sozialgericht über die der Klägerin zustehenden Leistungen für Unterkunft und Heizung. Das Bay. LSG bestätigte mit Urteil vom 11.7.2012, L 16 AS 127/10, die vom Beklagten bei der Leistungsberechnung als angemessen berücksichtigten Kosten der Unterkunft und Heizung von 496,45 € (441,45 € Nettokaltmiete + 55 € kalte Betriebskosten) für die Zeit vom 1.6.2007 bis 30.6.2008 und von 504,21 € (449,21 € Nettokaltmiete + 55 € kalte Betriebskosten) für den Zeitraum vom 1.7.2008 bis 30.11.2008 nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. K. (Gutachten vom 15.3.2012 zum Mietspiegel 2007 sowie Korrekturen vom 3.4.2012 und vom 22.5.2012 zu den Bruttokaltmieten). Die Daten aus dem Mietspiegel 2007 wurden zum Stichtag 1.7.2007 und 1.7.2008 nach dem Verbraucherpreisindex hochgerechnet. Die Revision der Klägerin gegen diese Entscheidung wies das Bundessozialgericht mit Urteil vom 10.9.2013, B 4 AS 77/12 R, zurück. Das vom 16. Senat gewählte Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheitsgrenze genüge den Anforderungen des BSG an ein schlüssiges Konzept. Die Kostensenkung sei für die Zeit ab 1.6.2007 rechtmäßig.

Nach Abschluss dieses Revisionsverfahrens ließ der Beklagte in eigener Zuständigkeit vom selben Sachverständigen Nachberechnungen für die Jahre 2007 bis 2015 zur Mietobergrenze nach denselben wissenschaftlich anerkannten statistischen Verfahren durchführen, wie sie durch das BSG bestätigt worden sind: Im Gutachten vom 15.5.2013 erfolgten Nachberechnungen der Mietobergrenzen für 2007 bis 2013 auf der Grundlage der Mietspiegels 2011 und 2013 sowie unter Berücksichtigung der Preissteigerungsindizes; neu war im Gutachten die vorgenommene Differenzierung zwischen Neuvermietungen (Neuvermietung innerhalb der letzten 4 Jahre) und Bestandsmieten (lediglich Mietanpassungen innerhalb der letzten 4 Jahre) für 2012 und 2013. Mit dem Gutachten von 3.4.2014 wurde auch für die Jahre 2007 bis 2011 nach Neu- und Bestandsmieten differenziert. Im Gutachten vom 6.8.2014 wurden parallel zur Erstellung des Mietspiegels 2015 die Mietobergrenzen für 2014 (Stichtag der Daten zum 1.1.2014) ermittelt. Für 2015 empfahl der Gutachter die Beibehaltung der Werte von 2014, da die Verbraucherpreisindizes mit Stichtagen 1.1.2014 und 1.1.2015 annähernd identisch waren (Steigerungsrate von -0.003%). Die sich hieraus ergebende Reduzierung sei zu vernachlässigen (Schreiben vom 15.6.2015). Für die Zeiträume ab 2009 ergaben sich nach den Berechnungen des Sachverständigen folgende Mietobergrenzen (bruttokalt) für Einpersonenhaushalte:

2009

Bestandsmieten: 397,02 €

Neuvermietungen 549,48 €

ohne Differenzierung nach Neu- und Bestandsmieten wie bei L 16 AS 127/10: 475,90 €

2010

Bestandsmieten: 460 €

Neuvermietungen: 538,50 €

ohne Differenzierung 505 €

2011

Bestandsmieten: 462,22 €

Neuvermietungen: 541,10 €

ohne Differenzierung 507,39 €

2012

Bestandsmieten: 429 €

Neuvermietungen: 555,50 €

ohne Differenzierung 484,50 €

2013

Bestandsmieten: 436,09 €

Neuvermietungen: 564,69 €

ohne Differenzierung 492,51 €

2014 und 2015

Bestandsmieten: 484,09 €

Neuvermietungen: 586,54 € bei einem 95% Konfidenzintervall von 563,73 € bis 609,35 €

ohne Differenzierung 535,03 €.

Auf dieser Grundlage setzte der Beklagte zum 1.3.2014 die Mietobergrenze für einen Einpersonenhaushalt auf bruttokalt 590 € und ab 1.10.2014 auf 610 € monatlich fest.

Mit vorläufigem Bescheid vom 23.10.2013 wurden der Klägerin monatlich 1.017,75 € für die Zeit vom 1.12.2013 bis 31.5.2014 bewilligt, davon 382 € für die Regelleistung und 635,75 € für die Kosten der Unterkunft. Die Kosten der Unterkunft setzten sich in Ausführung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 14.12.2012, S 48 AS 2726/12 ER aus der Grundmiete von 465,75 € zuzüglich 55 € Betriebskosten und 115 € für Heizung zusammen. Hiergegen richtet sich der Widerspruch vom 9.11.2013. Die Mietobergrenze sei zu niedrig angesetzt, die tatsächlichen Mieten um ein Vielfaches gestiegen.

Mit Änderungsbescheid vom 23.11.2013 wurde die Erhöhung des Regelbedarfs auf 391 € ab 1.1. 2014 umgesetzt.

Mit Änderungsbescheid vom 3.6.2014 wurden für die Zeit ab 1.3. bis 31.5.2014 monatlich 1.096 € bewilligt, davon 391 € für die Regelleistung und 705 € für die Kosten der Unterkunft und Heizung entsprechend der Anhebung der Mietobergrenze auf 590 € ab 1.3.2014.

Mit Änderungsbescheid vom 31.7.2014 wurde die neue Mietobergrenze von 590 € bruttokalt auch auf den Zeitraum vom 1.12.2013 bis 28.2.2014 zugunsten der Klägerin angewandt. Bewilligt wurden für Dezember 2013 1.087 € und ab Januar 2014 1.096 € monatlich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.9.2014 wurde der Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 5.11.2014 Klage zum Sozialgericht München und machte die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung geltend. Der Mietspiegel sei manipuliert. Die derzeitigen Durchschnittsmieten betrügen 800 €.

Nach Anhörung der Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid wurde die Klage mit Gerichtsbescheid vom 2.3.2015 als unbegründet abgewiesen. Ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft bestehe nicht. Ein ordnungsgemäßes Kostensenkungsverfahren sei durchgeführt worden. Die Mietobergrenze sei rechtlich nicht zu beanstanden und beruhe auf dem repräsentativ gewonnenen Datenmaterial eines qualifizierten Mietspiegels und anerkannten statistischen Berechnungsmethoden.

Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin am 30.3.2015 beim Bay. Landessozialgericht Berufung ein mit der Begründung, dass sie Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten habe. Die Mietobergrenze sei nicht korrekt ermittelt worden. Sie bestreite die Validität der Datengrundlage des Sachverständigen. Die Interessenvertretung der Haus- und Grundeigentümer halte die Vergleichsmiete im Mietspiegel für zu niedrig.

Mit Änderungsbescheid vom 25.11.2016 wurde die Mietobergrenze ab 1.1.2014 auf 610 € bruttokalt erhöht und insgesamt 1.116 € bewilligt, davon 725 € für die Kosten der Unterkunft und Heizung.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 2.3.2015 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23.10.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23.11.2013, 3.6.2014 und 31.7.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.9.2014 und des Änderungsbescheides vom 25.11.2016 zu verurteilen, für die Zeit vom 1.12.2013 bis 31.5.2014 die Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Ein Anspruch auf Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung bestehe nicht. Er habe durch den Sachverständigen Prof. Dr. K. Nachberechnungen nach wissenschaftlich anerkannten statistischen Berechnungsmethoden wie im Berufungsverfahren L 16 AS 127/10 durchführen lassen. Das BSG habe dieses Verfahren als schlüssiges Konzept akzeptiert. Im Übrigen werde die Mietobergrenze laufend überprüft und angepasst.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und des Beklagten sowie der beigezogenen erledigten Akte L 16 AS 127/10 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143,144, 151 SGG) ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung.

Es ist nur die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung streitig. Eine Beschränkung des Streitgegenstandes hierauf ist zulässig (vgl. BSG vom 7.11.2006, B 7b AS 8/06 R, und vom 4.6.2014, B 4 AS 42/13 R).

Ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II scheitert bereits daran, dass der Beklagte ein wirksames Kostensenkungsverfahren durchgeführt hat. Wie das BSG in seiner Entscheidung vom 10.9.2013, B 4 AS 77/12 R, Rz 41 ff. festgestellt hat, ist die Kostensenkung seit 1.6.2007 wirksam. Die Klägerin hat keinerlei Eigenbemühungen zur Kostensenkung unternommen.

Die Klägerin hat daher nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nur Anspruch auf Übernahme der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung. Die vom Beklagten mit Änderungsbescheiden vom 3.6.2014, 31.7.2014 und 25.11.2016 zuletzt angewandte Referenzmiete von 590 € für Dezember 2013 ist höher als die für den Bewilligungszeitraum durch Sachverständigengutachten ermittelte Referenzmiete. Die ab 1.1.2014 in Höhe von 610 € bruttokalt angewandte Referenzmiete beruht auf einem schlüssigen Konzept und ist angemessen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. u.a. BSG vom 20.8.2009, B 14 AS 65/08 R, Rz. 13) ist der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren. Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards ist in einem zweiten Schritt festzustellen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Angemessenheit maßgebend ist. Sodann ist zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt angemessene Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt im streitgegenständlichen Zeitraum aufzuwenden gewesen ist. Abschließend ist zu prüfen, ob der Hilfesuchende eine solchermaßen abstrakt angemessene Wohnung auch tatsächlich hätte anmieten können, ob also eine konkrete Unterkunftsalternative bestanden hat. Letzter Prüfungsschritt wurde allerdings wesentlich eingeschränkt. Wenn ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und ihm Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können, dann ist davon auszugehen, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu diesem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt (vgl. BSG vom 20.12.2011, B 4 AS 19/11 R und BSG vom 10.9.2013, B 4 AS 77/12 Rz 38). Die konkrete Verfügbarkeit wird somit vermutet.

Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 10.9.2013 dargelegt, dass das vom Bay. LSG gewählte Verfahren zur Überprüfung der von dem Beklagten bestimmten Angemessenheitsgrenze von 496,45 Euro vom 1.6.2007 bis 30.6.2008 und von 504,21 Euro bruttokalt für die Zeit vom 1.7.2008 bis 30.11.2008 die Voraussetzungen, die das BSG an ein schlüssiges Konzept stellt, erfüllt.

Der Beklagte hat sich in der Folgezeit dieses Prüfverfahren zu eigen gemacht und lässt seine Mietobergrenze auf der Basis der Daten des jeweiligen Mietspiegels aufgrund wissenschaftlicher anerkannter statistischer Methoden bzw. durch Fortschreibung der Daten nach dem Verbraucherpreisindex im Rahmen eines Gutachtens desselben Sachverständigen wie bei L 16 AS 127710, regelmäßig berechnen. Damit sind die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept auch weiterhin erfüllt.

Für den hier streitigen Zeitraum ergaben sich aus den Berechnungen des Sachverständigen vom 15.5.2013 und 6.8.2014 folgende Mietobergrenzen für Einpersonenhaushalte:

2013

Bestandsmieten: 436,09 €

Neuvermietungen: 564,69 €

ohne Differenzierung 492,51 €

2014

Bestandsmieten: 484,09 €

Neuvermietungen: 586,54 € bei 95% Konfidenzintervall von 563,73 € bis 609,35 €,

ohne Differenzierung 535,03 €.

Nach der Methodik, die noch im Verfahren L 16 AS 127/10 angewandt wurde, wäre der ermittelte Wert von gerundet 493 € für Dezember 2013 und 535 € im Jahr 2014 als die angemessene Mietobergrenze für einen Einpersonenhaushalt anzusehen. Nicht zu beanstanden ist dabei, dass der Sachverständige nunmehr zwischen Neuvertrags- und Bestandsmieten differenziert und der Beklagte auf den höheren Mittelwert der Neuvertragsmieten zurückgreift. Der Wert der Neuvertragsmieten bildet noch näher das tatsächliche Mietangebot der letzten 4 Jahre ab und ist für die Leistungsbezieher günstiger als der Mittelwert ohne Differenzierung nach Neu- und Bestandsmieten. Hieraus wäre die angemessene Mietobergrenze im Dezember 2013 565 € und ab 1.1.2014 587 €. Nicht zu beanstanden ist ferner, dass der Beklagte ab 1.1.2014 auf den für die Leistungsbezieher günstigeren, oberen Wert des Konfidenzintervalls von 610 € zurückgreift.

Der Beklagte hat rückwirkend zugunsten der Klägerin den Wert von 590 € bruttokalt für Dezember 2013 angewandt. Dieser liegt deutlich über den errechneten Grenzwerten für 2013. Ab 1.1.2014 kommt der statistisch errechnete obere Grenzwert des Konfidenzintervalls zur Anwendung. Folglich ergibt sich kein höherer Anspruch der Klägerin auf Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in Höhe von 705 € für Dezember 2013 und ab 1.1.2014 in Höhe von 725 €.

Die von der Klägerin geäußerten Einwände in Bezug auf die Datenauswahl und die Höhe der angesetzten Referenzmiete greifen nicht (vgl. BSG vom 11.7.2011, B 4 AS 77/12 R, Rn 38 ff). Aus der Akte ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass die Klägerin nunmehr eine kostengünstigere Unterkunft gesucht hätte. Derartiges wurde von ihr auch nicht behauptet. Insbesondere war der Beklagte nicht verpflichtet, auf die Daten der Interessenvertretung der Haus- und Wohnungseigentümer zurückzugreifen. Die bloße tatsächliche Abweichung von den von der Interessenvertretung ermittelten Zahlen beweist nicht die Unrichtigkeit der im Mietspiegel verwendeten Daten. Bereits im Gutachten vom 15.3.2012 hat der Sachverständige festgestellt, dass die von tns Infratest gezogene Stichprobe und das dabei angewandte Stichprobenverfahren nicht verbesserungsbedürftig seien (S. 18). Die Zahlen, die im Rahmen eines Stichprobenverfahrens verwendet werden, müssen nicht mit den tatsächlichen Zahlen der Interessenvertretung übereinstimmen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Interessenvertretung ein grundsätzliches Interesse an möglichst hohen Durchschnittsmieten und einer sich hieraus ergebenden möglichst hohen Vergleichsmiete hat. Die Validität der vom Beklagten getroffenen Datenauswahl kann hierdurch jedoch nicht erschüttert werden.

Da die Klägerin keinen Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft und Heizung hat, kann es dahin stehen, ob die Klägerin im Übrigen hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II war. Aus den in den Beklagtenakten befindlichen Kontoauszügen und vorgelegten Belegen ergibt sich, dass die Klägerin die Miete regelmäßig überwiesen und Strom und Gas bar bezahlt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass sie wegen der Miete, Strom und Gas offenen Forderungen ausgesetzt war. Das Konto wurde -soweit sich dies aus den Akten ergibtnicht überzogen. Gegenteiliges hat die Klägerin auch nicht behauptet. Das bedeutet aber, dass ihr nach Überweisung der Miete und Bezahlung der Strom- und Gasabschläge ab der Mieterhöhung im Februar 2013 nur rund 50 € monatlich für die Bestreitung ihres Lebensunterhalts geblieben sind, was nicht allein durch kostenfreie Verpflegung durch Angehörige auf Dauer in diesem Umfang über einen derart langen Zeitraum -wie von der Klägerin gegenüber dem Beklagten behauptetkompensierbar ist. Die Nachzahlungen durch den Beklagten erfolgten erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG sind insbesondere im Hinblick auf die Entscheidungen des BSG vom 19.2.2009, B 4 AS 30/08 R und BSG vom 10.9.2013, B 4 AS 77/12 R nicht ersichtlich.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.