Sozialgericht Gelsenkirchen Urteil, 29. Jan. 2015 - S 17 KR 479/14
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 29.03.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2014 verurteilt, den Kläger mit einem Speedy-Elektra 2 Zuggerät zu versorgen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten hinsichtlich der Versorgung des Klägers mit einem Speedy-Elektra 2 Zuggerät.
3Den entsprechenden Antrag stellte der am 00.00.0000 geborene Kläger bei der Beklagten am 20.12.2013 unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung und eines Kostenvoranschlags für die Versorgung in Höhe von 7.537,59 EUR. Nach einer Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) nach Hausbesuch am 17.03.2014 lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 29.03.2014 ab, da ein konventionelles Schubgerät oder ein Elektrorollstuhl ausreichend und zweckmäßig seien, da die Wohnung mit dem vorhandenen Adaptivrollstuhl verlassen werden könne und das Zuggerät für größere Strecken benötigt werde, da das Auto verkauft werde.
4Hiergegen erhob der Kläger am 02.05.2014 Widerspruch und machte geltend, durch das begehrte Hilfsmittel werde ein Umsetzen vom Adaptivrollstuhl in einen Elektrorollstuhl entbehrlich. Das Zuggerät könne man abkoppeln und dann den Adaptivrollstuhl wie gewohnt nutzen. Insoweit stehe ihm ein Wahlrecht zu. Mit Bescheid vom 21.08.2014 hat der Widerspruchsausschuss den Widerspruch des Klägers abgewiesen. Die Leistungsvoraussetzungen des § 33 Abs. 1 SGB V lägen für das begehrte Hilfsmittel nicht vor. Die Versorgung des Klägers könne vielmehr durch den vorhandenen Adaptivrollstuhl oder die Zurverfügungstellung eines Elektrorollstuhls sichergestellt werden.
5Die hiergegen gerichtete Klage ist am 10.09.2014 bei Gericht eingegangen.
6Der Kläger ist der Auffassung, das beantragte Hilfsmittel stehe ihm zu, da es sich hierbei um das im Einzelfall erforderliche Hilfsmittel zur Aufrechterhaltung seiner Mobilität im Nahbereich im Sinne der ständigen Rechtsprechung des BSG handle. Dies aber müsse durch die Beklagte sichergestellt werden. Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen nach § 13 Abs. 3 a SGB V vor. Antragseingang sei der 20.12.2013 gewesen. Die ablehnende Entscheidung datiere vom 29.03.2014. Folglich habe die Beklagte weder die Frist von 3 noch die Frist von 5 Wochen eingehalten. Da auch keine anders lautende Zwischennachricht erfolgt sei, gelte die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Der Kläger habe sich die Leistung nicht selbst beschafft. Für die Genehmigungsfiktion komme es hierauf nicht an. Neben dem in § 13 Abs. 3 a SGB V geregelten Anspruch auf Kostenerstattung unterfalle auch ein bestehender Sachleistungsanspruch der Genehmigungsfiktion. Insoweit sei auf die Rechtsprechung des 5. Senats des LSG NRW vom 23.05.2014 (L 5 KR 222/14 B ER) zu verweisen.
7Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 29.03.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger mit einem Speedy-Elektra 2 Zuggerät zu versorgen.
8Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
9Sie bezieht sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und vertritt darüber hinaus die Auffassung, hier sei nicht allein maßgeblich, dass die Fristen des § 13 Abs. 3 a SGB V abgelaufen seien, denn allein die Erfüllung dieser Voraussetzungen begründe noch keinen Anspruch aus einer fingierten Genehmigung gem. § 13 Abs. 3 a S. 6 SGB V. Von der Fiktionswirkung seien nur solche beantragten Leistungen erfasst, die die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten. Wie bereits im Widerspruchsbescheid ausgeführt, sei das beantragte Speedy-Elektra 2 Zuggerät nicht erforderlich, um eines der Ziele des § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V zu erreichen. Danach folge auch kein Anspruch gem. § 13 Abs. 3 a SGB V. Insoweit sei auf die Beschlüsse des LSG NRW vom 26.05.2014 (L 16 KR 154/14 B ER und L 16 KR 155/14 B) zu verweisen. Aus der Neuregelung folge hiernach nicht, dass eine nicht dem Qualitätsgebot und dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechende und damit an sich nicht geschuldete Leistung als genehmigt gelten würde. Die auf Satz 6 verengte Wortlautbetrachtung lasse sich mit dem Regelungsgehalt des Satzes 7, der einen Kostenerstattungsanspruch nur für die Selbstbeschaffung einer "erforderlichen" Leistung einräume, zur Überzeugung des o.g. Senats nicht vereinbaren. Die Genehmigungsfiktion solle nur die Beschaffung der zustehenden Leistungen einfacher machen und nicht dazu führen, dass insoweit "nicht zustehende" Leistungen fiktiv bewilligt werden.
10Der Kläger verbleibt demgegenüber bei seiner Auffassung. Die Beklagte übersehe, dass es sich bei dem beantragten Hilfsmittel um ein im Hilfsmittelverzeichnis gelistetes Produkt handele, das grundsätzlich in der Leistungspflicht der Krankenkassen stehe und auch dem Qualitätsgebot entspreche. Die Rechtsauffassung der Beklagten unter Berufung auf die Beschlüsse des 16. Senats des LSG NRW führten gerade dazu, dass die gesetzgeberische Intention zur Beschleunigung der Verfahren ins Leere liefe.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen und die Verwaltungsakte der Beklagten, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung war, Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe:
13Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet. Die Beklagte war unter Aufhebung der entgegenstehenden anspruchsverneinenden Bescheide antragsgemäß zu verurteilen. Die Bescheide verletzen den Kläger rechtswidrig in seinen Rechten, da ihm der geltend gemachte Anspruch als Sachleistungsanspruch aus § 13 Abs. 3 a, S. 6 i.V.m. § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V zusteht.
14Insoweit ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass die formalen Gründe zum Eintritt der Genehmigungsfiktion nach Ablauf der vom Gesetz vorgesehenen Fristen vorliegen. Zu Recht verweist der Kläger darauf, dass ihm nach der Rechtsprechung des 5. Senats des LSG NRW hieraus nicht nur ein Anspruch auf Kostenerstattung für die Selbstbeschaffung des begehrten Hilfsmittels, sondern auch der hier geltend gemachte Versorgungsanspruch als Sachleistungsanspruch zusteht. Nach dieser zutreffend zitierten Entscheidung vom 23.05.2014 (L 5 KR 222/14 B ER) ist durch die Fiktion der Genehmigung die Leistungsberechtigung des Klägers wirksam verfügt und die Beklagte mit allen Einwendungen (wie z. B. der Frage, ob es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode handelt und ob die Leistung erforderlich im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 1 SGB V ist) ausgeschlossen. Nur auf diese Weise kann der Wunsch des Gesetzgebers, generalpräventiv die Zügigkeit des Verwaltungsverfahrens zu verbessern, umgesetzt werden. Dieses Ziel würde ins Leere laufen, könnte die Genehmigungsfiktion durch eine (außerhalb der Frist erfolgende) nachträgliche Prüfung der einzelnen Leistungsvoraussetzungen wieder erlöschen (vgl. LSG NRW a.a.O.,m.w.N.).
15Die Kammer folgt insoweit nicht der abweichenden, von Knispel (SGB 2014, 374 ff. und ihm folgend LSG NRW, 26.05.2014, L 16 KR 154/14 B ER) vertretenen Auffassung, dass die Genehmigungsfiktion nur dann eingreift, wenn eine grundsätzlich von der Kasse innerhalb des Leistungssystems der GKV geschuldete Leistung dem Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht. Zu dieser – auch von der Beklagten vertretenen – Auffassung hat der Kläger zutreffend hingewiesen, dass hiernach die Intention zur Neuschaffung des § 13 Abs. 3 a unterlaufen würde und es durchaus bei der bisherigen Rechtslage hätte verbleiben können.
16Auch der GKV-Spitzenverband sieht die Neuregelung nicht derart einschränkend wie der 16. Senat des LSG NRW. Die Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene und der GKV-Spitzenverband haben ein Gemeinsames Rundschreiben vom 15.05.2013 herausgegeben, um die Neuregelung zu kommentieren und die Grundlage für eine einheitliche Anwendung durch die Krankenkassen zu schaffen. Das Rundschreiben legt für die Kassen bundeseinheitlich u.a. fest, in welchen Fällen die Fristenregelung zur Leistungsgewährung nicht anzuwenden ist. Ein solcher Leistungsausschluss, wie hier von der Beklagten angewandt, findet sich in diesem Gemeinsamen Rundschreiben nicht. Als von § 13 Abs. 3 a SGB V erfasste Sozialleistungen werden unter 2.3 Abs. 6 Nr. 20 Hilfsmittel nach § 33 SGB V ausdrücklich benannt. Die Ausnahmen für bestimmte Produkte sind bezeichnet, liegen hier jedoch nicht vor. Wenn aber unter 2.3 Abs. 6 Nr. 3 des Rundschreibens sogar außervertragliche Leistungen (z.B. neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode) als von § 13 Abs. 3 a SGB V erfasste Sozialleistungen benannt werden, kann der einschränkenden Auslegung durch den 16. Senat und ihm folgend die Beklagte kein Raum gegeben werden (vgl. mit diesem Ergebnis ebenso SG Gelsenkirchen, 02.10.2014, S 11 KR 180/14 sowie SG Augsburg, 27.11.2014, S 12 KR 183/14).
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.
(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie
- 1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder - 2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.
(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.
(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.
(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.
(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.
(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.
(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.
(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.
(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.
(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.
(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.
(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.
(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie
- 1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder - 2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.
(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.
(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.
(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.
(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.
(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.
(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.
(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.
(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.