Sozialgericht Dortmund Urteil, 20. Feb. 2015 - S 34 R 2153/13


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 19.093,25 EUR festgestellt.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen im Rahmen einer Betriebsprüfung. Die Beklagte führte bei der Klägerin ab 12.03.2012 eine Betriebsprüfung für die Zeit vom 01.01.2008 bis 31.12.2011 durch. Mit Bescheid vom 13.03.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2013 erhob die Beklagte für den Prüfzeitraum Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 19093,25 Euro (einschließlich 4123,- Euro Säumniszuschläge) nach. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Beigeladenen zu 1) bis 4) seien im Prüfzeitraum als Stationsärzte in den neurologischen und psychiatrischen Abteilungen der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen und seien somit dem Grunde nach versicherungspflichtig in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung gewesen. Die Versicherungspflicht bestehe für den Beigeladenen zu 4) in der Renten- und Arbeitslosenversicherung und für die Beigeladenen zu 1) bis 3) lediglich in der Arbeitslosenversicherung. Im Übrigen seien die Beigeladenen von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreit bzw. in der Kranken- und Pflegeversicherung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht versicherungspflichtig. Dementsprechend würden die Beiträge individuell nachberechnet. Zur Begründung der hiergegen am 27.12.2013 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, die Beigeladenen zu 1) bis 4) seien als freiberufliche Honorarkräfte selbständig tätig gewesen und hätten deshalb nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen. Die Beklagte habe keine konkreten Anhaltspunkte dafür ermittelt, dass die beigeladenen Ärzte in die betriebliche Organisation der Klägerin eingegliedert gewesen seien. Vielmehr beruhe die angefochtene Entscheidung der Beklagten auf einem Vorurteil gegenüber dem Honorararzteinsatz im Krankenhaus als solchem. Soweit das LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 17.04.2013, Az.: L 5 R 3755/11, NZS 2013, 501) davon ausgehe, dass nicht niedergelassenen Ärzten die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs in Form der stationären Behandlung von Krankenhauspatienten in Hauptabteilungen nur durch die Anstellung bei dem Krankenhaus vermittelt werden könne, sei dies unzutreffend. Die Klägerin beantragt,
31. die Beklagte zu verurteilen, an sie 19093,25 Euro nebst gesetzlichen Zinsen zurückzuzahlen,
42. den Bescheid der Beklagten vom 13.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2013 insoweit aufzuheben, als darin für die Beigeladenen zu 1) bis 4) die gesetzliche Versicherungspflicht nach allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung festgestellt wird und die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ausgehend von einer abhängigen Beschäftigung i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV nur aufgrund von einzelnen Versicherungsfreiheitstatbeständen festgestellt wird,
53. festzustellen, dass eine auf Grund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV begründete Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 4) bei der Klägerin in der Zeit vom 01.01.2008 bis 31.12.2011 nicht bestand,
64. der Beklagten die außergerichtlichen und die gerichtlichen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung weiterhin für rechtmäßig. Die Beigeladenen stellen keinen Klageantrag. Der Beigeladene zu 1) trägt vor, er habe an festgelegten Zeiten an Visiten und Besprechungen in der neurologischen Abteilung teilgenommen. Fachärztliche Befunde der Kollegen, auch anderer Abteilungen, hätten berücksichtigt werden müssen. Seine Arbeitszeiten hätten an die Organisation des Krankenhauses angepasst werden müssen. Sein Stundenhonorar sei nach Abzeichnung durch den Chef- bzw. Oberarzt wöchentlich ausgezahlt worden. Miete für Raumnutzung oder Geräte habe er nicht zahlen müssen. Der Beigeladene zu 4) trägt vor, er habe seine Arbeitseinsätze in der Regel mit dem Chefarzt besprochen und sei insoweit nicht konkret in den Dienstplan eingebunden gewesen. Er habe an ärztlichen Teambesprechungen und Visiten mit den angestellten Ärzten teilgenommen. Ein Arbeitszeugnis sei ihm nicht ausgestellt worden. Die Patienten hätten nicht gewusst, dass er nicht Beschäftigter des Klinikums seien sollte. Ihm seien nicht konkrete Patienten zugewiesen worden, sondern er sei als Abteilungsarzt tätig geworden. Miete für die Raum- oder Gerätenutzung habe er nicht entrichtet.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
11Entscheidungsgründe:
12Die Klage ist hinsichtlich der Klageanträge zu 1) und 3) unzulässig. Die angefochtenen Bescheide regeln eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen aus einer Betriebsprüfung. Hiergegen ist allein die reine Anfechtungsklage die zulässige Klageart, weil damit die Belastung der Klägerin in Gestalt der Forderung vollständig beseitigt wird. Die Prüfung der Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bis 4) dient allein der Begründung der Beitragsforderung. Eine – ggfs. gesondert anfechtbare - in die Zukunft wirkende Statusfeststellung i.S.d. § 7a SGB IV liegt damit nicht vor. Die parallel erhobene Zahlungs- und Feststellungsklage ist unzulässig. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Beklagte fordert mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht von der Klägerin Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung nebst Säumniszuschlägen nach, weil die Klägerin in der Zeit vom 01.01.2008 bis 31.12.2011 für die abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bis 4) keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet hat. Nach § 28 p Abs. 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und sonstigen Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte sind versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Dabei ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV unter Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, zu verstehen. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind die Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Die Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber persönlich abhängig ist, in den Betrieb eingegliedert ist und einem – ggfs. nach den Erfordernissen des konkreten Tätigkeitsfeldes eingeschränkten – Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dem gegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft, das eigene Unternehmerrisiko und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG SozR 3 – 2400 § 7 Nr. 13 m.w.Nw.). Nach diesen Maßstäben liegt bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 4) im Prüfzeitraum bei der Klägerin eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vor. Maßgeblich für diese Beurteilung ist, dass die beigeladenen Ärzte als Stationsärzte in den Abteilungen der Klägerin in die Betriebsorganisation eingegliedert waren und kein unternehmerisches Risiko zu tragen hatten (So bereits für einen Klinikarzt: LSG NRW, Urteil vom 29.11.2006, Az.: L 11(8) R 50/06, juris; Zu einem Intensivpfleger: LSG NRW, Urteil vom 26.11.2014, Az.: L 8 R 573/12, juris). Die Tätigkeit von Stationsärzten bedingt die Eingliederung in die Arbeitsorganisation und die Arbeitsabläufe der Station. Auch die auf der Grundlage von Honorarverträgen beschäftigten Beigeladenen sind innerhalb des laufenden Geschäfts der Klinik Teil der Gesamtorganisation geworden. Sie haben zu den vereinbarten Arbeitszeiten (z.T. laut Honorarverträgen vorgegeben von 8- ca. 17 Uhr) im Rahmen der Erfordernisse ihrer Station Patienten behandelt, Dokumentationen und Berichte gelesen und gefertigt, an Visiten und Besprechungen mit dem übrigen Personal teilgenommen. Ihre konkrete Arbeit unterschied sich nicht wesentlich von derjenigen eines angestellten Stationsarztes. Für die Patienten war nicht erkennbar, dass sie von nicht zum Stammpersonal gehörenden Honorarärzten behandelt wurden. Für die Integration in die Klinikabläufe spricht auch, dass die Beigeladenen ausweislich ihrer Honorarverträge verpflichtet waren, mit dem leitenden Arzt der Abteilung und dem übrigen Personal zusammenzuarbeiten und die fachlichen und organisatorischen Vorgaben der Klägerin zu beachten. Schließlich übernahm die Klägerin die Haftung für ihre Tätigkeit wie für die übrigen Mitarbeiter der Klinik. Weiteres Indiz für die abhängige Beschäftigung ist der Umstand, dass die Beigeladenen ihre Dienstleistung persönlich schuldeten und somit nicht in der Lage waren, sich vertreten zu lassen. Der Beigeladene zu 3) erhielt sogar von dem Chefarzt der Neurologischen Abteilung ein Arbeitszeugnis für seine Tätigkeiten als Stationsarzt, in der Notaufnahme und in der Betreuung von Patienten auf der Intensivstation. Die beigeladenen Ärzte hatten in ihrer Tätigkeit für die Klägerin keinerlei Unternehmerrisiko. Sie haben kein eigenes Kapital eingesetzt und liefen auch nicht Gefahr, dass ihre Arbeit nicht vergütet wurde. Neben dem (nach Abzeichnung der geleisteten Stunden durch den Chefarzt) garantierten Stundenlohn von 70 – 90 Euro wurden kostenlose Zusatzleistungen in Gestalt von Unterkunft und Personalverpflegung gewährt. Unbeachtlich ist demgegenüber, dass die Vertragsparteien in den Honorarverträgen ihren Willen bekundeten, kein Angestelltenverhältnis zu begründen. Das Vorliegen einer Beschäftigung i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV unterliegt nicht der Disposition der Beteiligten, sondern ist nach den Umständen der praktischen Durchführung des Vertragsverhältnisses zu beurteilen. Schließlich ist nicht entscheidend, dass die Beigeladenen zu 1) bis 4) in ihrer ärztlichen Tätigkeit weitgehend weisungsfrei arbeiten konnten. Fehlende Einzelweisungen und die Möglichkeit, die Arbeitszeit im Rahmen der betrieblichen Erfordernisse frei zu gestalten, sind bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkte für eine Selbständigkeit zu bieten. Von daher tritt in der Gesamtwürdigung für die Annahme abhängiger Beschäftigungen die Eingebundenheit der Beigeladenen zu 1) bis 4) in den Klinikbetrieb und ihre "dienende Teilhabe" am Arbeitsprozess der Klägerin in den Vordergrund. Nach alledem kann dahinstehen, ob wie von dem Bevollmächtigten der Klägerin ausführlich dargelegt, die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 17.04.2013 (a.a.O.) hinsichtlich der grundsätzlichen Unzulässigkeit des Einsatzes nicht niedergelassener Honorarärzte bei der Behandlung von gesetzlich krankenversicherten Patienten unzutreffend ist. Denn bereits nach den herkömmlichen Abgrenzungskriterien liegen hier abhängige Beschäftigungen vor. Hinsichtlich der Höhe der Beitragsforderung und der Säumniszuschläge sind Einwände weder ersichtlich noch von der Klägerin substantiiert vorgetragen worden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der festgesetzte Streitwert entspricht der streitigen Beitragsforderung nebst Säumniszuschlägen.

moreResultsText

Annotations
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn
- 1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und - 2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.
(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.
(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.
(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.
(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.
(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.
(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.
(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
- 1.
zustimmt und - 2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.
(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.
Versicherungspflichtig sind
- 1.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind; während des Bezuges von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch besteht die Versicherungspflicht fort, - 2.
behinderte Menschen, die - a)
in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind, - b)
in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
- 3.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Berufsbildungswerken oder ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen; dies gilt auch für Personen während der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches, - 3a.
(weggefallen) - 4.
Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften während ihres Dienstes für die Gemeinschaft und während der Zeit ihrer außerschulischen Ausbildung.
- 1.
Auszubildende, die in einer außerbetrieblichen Einrichtung im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz ausgebildet werden, - 2.
Teilnehmer an dualen Studiengängen und - 3.
Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
(1) Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich:
- 1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden, - 2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und - 3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
(2) Bei Wehrdienstleistenden und Zivildienstleistenden, denen nach gesetzlichen Vorschriften für die Zeit ihres Dienstes Arbeitsentgelt weiterzugewähren ist, gilt das Beschäftigungsverhältnis durch den Wehrdienst oder Zivildienst als nicht unterbrochen. Personen, die nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes Wehrdienst leisten, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Absatz 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienst Leistende im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Personen in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes, wenn sie den Einsatzunfall in einem Versicherungspflichtverhältnis erlitten haben.
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn
- 1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und - 2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.
(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.
(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.
(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.
(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.
(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.