Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 06. Juni 2017 - 5 UF 130/16

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2017:0606.5UF130.16.00
bei uns veröffentlicht am06.06.2017

Tenor

1. Der Antrag der Antragsgegnerin vom 16.02.2017, ihr wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - ... vom 21.11.2016 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird abgelehnt.

2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - ... vom 21.11.2016 wird als unzulässig verworfen.

3. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

4. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 13.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsgegnerin und der Antragsteller haben am 30.05.2011 die Ehe miteinander geschlossen, deren Scheidung der Antragsteller vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Speyer beantragt hat. Die Antragsgegnerin hat erstinstanzlich beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen.

2

Das Amtsgericht - Familiengericht - ... hat mit Beschluss vom 21.11.2016, der Antragsgegnerin zugestellt am 22.11.2016, die Ehe der Beteiligten geschieden.

3

Mit am selben Tag beim Familiengericht eingegangenem Schriftsatz vom 01.12.2016 hat die Antragsgegnerin gegen den vorgenannten Beschluss Beschwerde eingelegt.

4

Mit Beschluss vom 30.01.2017 hat der Senat die Antragsgegnerin auf den Ablauf der zweimonatigen Beschwerdebegründungsfrist und die beabsichtigte Verwerfung der Beschwerde als unzulässig hingewiesen.

5

Die Antragsgegnerin hat daraufhin mit am selben Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 16.02.2017 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und eine unterschriebene Beschwerdebegründung mit Datum vom 22.12.2016 vorgelegt.

6

Zu dem Wiedereinsetzungsgesuch trägt der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin vor, dass die Beschwerdeschrift am 22.12.2016 ausgefertigt und von Frau D., die in seiner Kanzlei den Postausgang fertige, zum Postbriefkasten gebracht worden sei. Aus der daneben vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Frau D. lässt sich u.a. entnehmen, dass die ausgehende Post in ein Postausgangsbuch eingetragen werde. Die Post werde von ihr getrennt kuvertiert und versandt, d.h. die regionale Post werde mit der Morgenpost, einem örtlichen regionalen Zusteller, versandt, während die auswärtige Post, wie etwa für Zweibrücken, separat mit der Deutschen Bundespost versendet werde. Grund sei, dass es schon öfter zu Verlusten von Postsendungen bei privaten Zustellern gekommen sei, denen überörtliche Post zur Zustellung übergeben worden sei. Einen solchen Verlust von Postsendungen bei der Deutschen Post habe sie in den letzten Jahren nicht gehabt bzw. sei ihr nicht bekannt. Sie habe die Post an das OLG Zweibrücken mit weiterer Post u. a. an das LG Saarbrücken und das AG Stuttgart dann persönlich gegen 17.00 Uhr am 22.12.2016 auf ihrem Nachhauseweg in den Briefkasten Ecke P. ... / R. ... Weg eingeworfen.

7

Der Antragsteller hat beantragt, über das Wiedereinsetzungsgesuch zu entscheiden wie rechtens.

8

Mit Beschluss vom 12.05.2017, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat der Senat darauf hingewiesen, dass eine Wiedereinsetzung begründende Tatsachen bislang nicht hinreichend glaubhaft gemacht wurden und der Antragsgegnerin Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.

9

Hierauf hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 30.05.2017 ergänzend u.a. ausgeführt, Frau D. sei zum gegenständlichen Zeitpunkt die alleinige Mitarbeiterin gewesen, die das Fristenbuch geführt, überwacht und auch dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zur Kontrolle der Eintragungen vorgelegt habe. Der Verfahrensbevollmächtigte übersende ausschließlich die regionale Post über den lokalen Postzusteller als Sammelpost. Der streitgegenständliche Schriftsatz sei mit der Deutschen Bundespost, da überregional, versendet worden. Ob weitere „Post“ vom 22.12.2016 die Mandantschaft, Gegner oder Gerichte nicht erreicht habe, sei nicht bekannt und vorliegend auch gänzlich unerheblich.

II.

10

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß §§ 117 Abs. 1 Sätze 3, 4 FamFG, 522 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil diese nicht innerhalb der Frist des § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG begründet worden ist und eine die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründende Tatsachen nicht glaubhaft gemacht sind, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 233, 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

11

1. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist sind nicht gegeben.

12

Es fehlt an der Glaubhaftmachung von Tatsachen, nach denen die Antragsgegnerin ohne ihr Verschulden bzw. ohne ein Verschulden ihres Verfahrensbevollmächtigten, §§ 113 Abs. 1 Satz 2, 85 Abs. 2 ZPO, an der rechtzeitigen Begründung des Rechtsmittels verhindert gewesen wäre.

13

Wenn - wie hier - ein fristgebundener Schriftsatz verloren gegangen ist, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der Beteiligte auf der Grundlage einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe bis zur rechtzeitigen Aufgabe zur Post glaubhaft macht, dass der Verlust mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht im Verantwortungsbereich des Beteiligten oder seines Verfahrensbevollmächtigten eingetreten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. September 2015, Az.: III ZB 56/14, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 14).

14

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.

15

Zwar darf sich der Absender bei der Inanspruchnahme der Deutschen Bundespost oder eines privaten Beförderungsdienstes grundsätzlich auf die normale Postlaufzeit verlassen und ist nicht gehalten, beim Empfängergericht Nachfrage zu halten (vgl. Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, Komm., 31. Aufl. 2016, § 233 ZPO, Rdnr. 23 „Postverkehr“). Jedoch mangelt es vorliegend an einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe bis zum etwaigen Gelangen des Schriftsatzes in den Postverkehr. Solches lässt sich auch der ergänzenden Stellungnahme der Antragsgegnerin nicht entnehmen.

16

Zwar legt die Antragsgegnerin einen Auszug aus dem Postein-/ausgangsbuch vom 22.12.2016 der Kanzlei des Antragsgegnervertreters vor und verweist darauf, dass dieses von der einzigen Büroleiterin im Büro ihres Verfahrensbevollmächtigten geführt werde. Sie sei zum gegenständlichen Zeitpunkt auch die alleinige Mitarbeiterin gewesen, die das Fristenbuch geführt, überwacht und auch dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zur Kontrolle vorgelegt habe.

17

Der Vortrag ist jedoch zu pauschal gehalten als dass der Senat mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen könnte, dass die konkrete Beschwerdebegründung in den Postverkehr gelangt wäre.

18

In der eidesstattlichen Versicherung vom 16.02.2017 ist ausgeführt, die Erstellerin entnehme den weiteren Vortrag dem Postausgangsbuch. Die Post werde von ihr getrennt kuvertiert und versandt, d.h. die regionale Post werde mit der Morgenpost, einem örtlichen privaten Zusteller versandt, während die auswärtige Post, wie etwa die für Zweibrücken, separat mit der Deutschen Bundespost versandt werde. Bei der Übergabe überörtlicher Post an private Zusteller sei es schon öfters zu Verlusten von Postsendungen gekommen.

19

Mit Senatsbeschluss vom 12.05.2017 wurde bereits darauf hingewiesen, dass u.a. nicht dargetan ist, in welcher Art und Weise der Postversand durchgeführt wurde und zu welchen Zeitpunkten Eintragungen im Postausgangsbuch und Kontrollen erfolgten. Dies geht auch aus der ergänzenden Stellungnahme der Antragsgegnerin nebst weiterer eidesstattlicher Versicherung nicht hervor. Es bleibt unklar, zu welchem Zeitpunkt oder welchen Zeitpunkten der Postversand in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin organisiert wird und zu welchem Zeitpunkt Einträge im Postausgangsbuch erfolgen. Möglicherweise wird die - hier in Rede stehende - überregionale Post ebenso wie die örtliche Post bereits am jeweiligen Morgen für den Postversand kuvertiert, aber erst am späten Nachmittag zum Briefkasten gebracht. Möglicherweise wird diese auch zeitlich völlig separat von der örtlichen Post behandelt. In jedem Fall wäre es aber an der Antragsgegnerin gewesen, hierzu Vortrag zu halten, um dem Senat zu ermöglichen, den konkreten Ablauf feststellen und bewerten zu können, ob das Schriftstück mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in den Postlauf gelangt ist.

20

Es lässt sich weder aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin noch aus dem in der Kanzlei des Antragsgegners geführten Postausgangsbuch entnehmen, zu welchem Zeitpunkt hierin Eintragungen erfolgen, so dass es dem Senat nicht möglich erscheint, das Schicksal der Beschwerdebegründung während des angegebenen Versandtages, auf das es vorliegend entscheidend ankommt, im Verlauf tatsächlich nachzuvollziehen.

21

Hinzu tritt, dass mit der eidesstattlichen Versicherung vom 16.02.2017 bereits auf eine etwaige Fehlerquelle des Postverlustes durch Übergabe überregionaler Post an den privaten Zusteller verwiesen wurde. Zwar darf der Absender auch bei Versand über einen privaten Zusteller auf einen ordnungsgemäßen Ablauf grundsätzlich vertrauen. Anders liegt es aber, wenn es bei Übergabe überregionaler Post an den Zusteller - wie hier - schon öfter zu Verlusten gekommen war. Die Antragsgegnerin hätte aus diesem Grund bezogen auf das konkrete Schriftstück darlegen müssen, wie die Separierung stattgefunden haben mag und ggf. sichergestellt worden sein mag, dass dieses beispielsweise nicht versehentlich mit der Morgenpost an den privaten Zusteller mit übergeben wurde. Auch ist nicht dargetan, wie in der Kanzlei des Antragsgegnervertreters mit kuvertierten Schriftstücken im Tagesablauf weiter vorgegangen wird, wie und wo diese nach dem Kuvertieren ggf. gelagert werden usw. All diese Gesichtspunkte lassen sich dem Vortrag der Antragsgegnerin nicht entnehmen.

22

Trotz Hinweises des Senats hat die Antragsgegnerin auch nicht dargetan, zu welchen Zeitpunkten Kontrollen des Postausgangsbuchs erfolgen.

23

Zur konkreten Frankierung des Poststückes (vgl. hierzu OLG Koblenz, Beschluss vom 21.01.2016, Az.: 5 U 1125/15, zitiert nach Juris, dort Rdnr. 10 ff.) wird trotz Hinweises des Senats lediglich dargetan, auswärtige Post werde, wie bereits geschildert, regelmäßig mit Briefmarken von Frau D. frankiert (ohne interne Aufzeichnung der Postwertfrankierung).

24

Der Senat teilt ferner zu der Frage, ob die im Postausgangsbuch genannten weiteren Poststücke vom 22.12.2016 die Mandantschaft, Gegner oder Gerichte (nicht) erreicht hätten, auch nicht die Auffassung der Antragsgegnerin, wonach dies gänzlich unerheblich sei. Denn aus der Beantwortung dieser Frage ließe sich in einer Gesamtschau mit den weiteren oben genannten Aspekten möglicherweise zumindest indiziell darauf schließen, ob die Schriftstücke vom 22.12.2016 in den Postlauf gelangt sind oder nicht.

25

Aufgrund des lückenhaft gebliebenen Vortrags zum Vorgehen im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Postversands und dessen Kontrolle liegt eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der Vorgänge bis zum Gelangen in den Postversand trotz der mit Senatsbeschlusses vom 12.05.2017 erteilten Hinweise im Ergebnis nicht vor, weshalb eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kommt.

26

2. Die Beschwerde ist folglich in Anwendung von §§ 117 Abs. 1 Sätze 3, 4 FamFG, 522 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist als unzulässig zu verwerfen.

27

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 97 Abs. 1 ZPO.

28

4. Die Festsetzung des Werts für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 33 Abs. 1, 43, 50 Abs. 1 FamGKG.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Sept. 2015 - III ZB 56/14

bei uns veröffentlicht am 10.09.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 56/14 vom 10. September 2015 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fc, Fd, § 236 Abs. 2 Satz 1, §§ 294, 520 a) Ist ein fristgebundener Schriftsatz (hier: Berufungsbe

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(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Beschwerde beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(2) Die §§ 514, 516 Abs. 3, § 521 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3, die §§ 527, 528, 538 Abs. 2 und § 539 der Zivilprozessordnung gelten im Beschwerdeverfahren entsprechend. Einer Güteverhandlung bedarf es im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nicht.

(3) Beabsichtigt das Beschwerdegericht von einzelnen Verfahrensschritten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 abzusehen, hat das Gericht die Beteiligten zuvor darauf hinzuweisen.

(4) Wird die Endentscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet, kann die Begründung auch in die Niederschrift aufgenommen werden.

(5) Für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde gelten die §§ 233 und 234 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.

Das Gericht hat dem Kläger bei Anordnung der Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen, binnen der die Sicherheit zu leisten ist. Nach Ablauf der Frist ist auf Antrag des Beklagten, wenn die Sicherheit bis zur Entscheidung nicht geleistet ist, die Klage für zurückgenommen zu erklären oder, wenn über ein Rechtsmittel des Klägers zu verhandeln ist, dieses zu verwerfen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 56/14
vom
10. September 2015
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ist ein fristgebundener Schriftsatz (hier: Berufungsbegründung) verloren gegangen
, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bereits dann zu gewähren,
wenn die Partei auf der Grundlage einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen
Schilderung der tatsächlichen Abläufe bis zur rechtzeitigen Aufgabe
zur Post glaubhaft macht, dass der Verlust mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
nicht im Verantwortungsbereich der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten
eingetreten ist.

b) Den Verlust des Schriftstücks auf dem Postweg kann die Partei regelmäßig
nicht anders glaubhaft machen als durch die Glaubhaftmachung der rechtzeitigen
Aufgabe zur Post.
BGH, Beschluss vom 10. September 2015 - III ZB 56/14 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. September 2015 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Seiters, Dr. Remmert und
Reiter sowie die Richterin Dr. Liebert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts - 8. Zivilsenat - vom 22. Oktober 2014 - 8 U 72/14 - aufgehoben.
Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 9.520 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückabwicklung eines Partnerschaftsvermittlungsvertrags in Anspruch. Sie begehrt Rückzahlung von 9.520 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten. Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 27. Juni 2014 stattgegeben. Eine beglaubigte Abschrift des Urteils ist den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 7. Juli 2014 zugestellt worden. Gegen das Urteil hat die Beklagte rechtzeitig Berufung eingelegt. Nachdem bis zum Ablauf des 8. September 2014 (Montag) keine Berufungsbegründung eingegangen war, hat das Berufungsgericht die Beklagte hierauf mit Verfügung vom 16. September 2014 - eingegangen bei den Prozessbevollmächtigen am 22. September 2014 - hingewiesen. Daraufhin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 26. September 2014 - eingegangen am 29. September 2014 - ihre Berufung begründet und bezüglich der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
2
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat die Beklagte unter Vorlage einer anwaltlichen Versicherung der sachbearbeitenden Rechtsanwältin H. , eidesstattlicher Versicherungen der Rechtsanwaltsfachangestellten Z. und der Auszubildenden V. und B. sowie beglaubigter Auszüge des Postausgangsbuchs und des Fristenkalenders im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Rechtsanwältin H. habe die Berufungsbegründung am 2. September 2014 begonnen und am Vormittag des 3. September 2014 fertig gestellt. Die Rechtsanwaltsfachangestellte Z. habe den ausgedruckten Schriftsatz in Empfang genommen, geheftet und mit den erforderlichen Stempeln beziehungsweise Anlagen versehen. Die von Rechtsanwältin H. sodann unterzeichnete Berufungsbegründung habe die Kanzlei noch am Nachmittag des 3. September 2014 verlassen. Die für den jeweiligen Anwalt bestimmte Post werde diesem in einer Postmappe zur Unterschrift vorgelegt, wobei die fristgebundenen Schriftstücke durch einen aufgeklebten Vermerk gekennzeichnet seien. Nach Rücklauf der Postmappen werde die Post im Postausgangsbuch "ausgetragen". Eine Mitarbeiterin trage handschriftlich in einem hierfür bestimmten Block den Namen des jeweiligen Empfängers, die Sache und das Briefporto ein. Das jeweilige Schriftstück werde in einen Umschlag verpackt und frankiert.
Dabei handele es sich um einen einheitlichen Vorgang. Die mit der Postbearbeitung betraute Mitarbeiterin könne anhand der aufgebrachten Vermerke erkennen , dass es sich um einen fristgebundenen Schriftsatz handele, dessen Verpackung an eine Rechtsanwaltsfachangestellte zu melden sei, die nach entsprechender Kontrolle die Frist im Kalender streiche. Am 3. September 2014 sei die Ausgangspost einschließlich der Berufungsbegründung in der vorliegenden Sache von der Auszubildenden V. unter der Aufsicht der weiteren Auszubildenden B. in der vorbeschriebenen Weise versandfertig gemacht und in das Postausgangsbuch eingetragen worden. Die Fertigstellung zum Versand sei der Rechtsanwaltsfachangestellten Z. gemeldet worden, die die Frist ausgestrichen habe. Kurz vor Büroschluss um 17.00 Uhr habe die Auszubildende V. die gesamte Post in den Briefkasten am Hauptpostamt in A. eingeworfen. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass von den 48 versandten Schriftstücken ein weiteres den Empfänger nicht erreicht habe. Die am selben Tag an die Beklagte versandte Abschrift der Berufungsbegründung sei bei dieser am 5. September 2014 eingegangen. Es sei deshalb davon auszugehen , dass die Berufungsbegründung nach Verlassen der Kanzlei auf dem Postweg verloren gegangen sei.
3
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen.
4
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.


5
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

6
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat der Beklagten zu Unrecht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist verwehrt. Die Verwerfung der Berufung als unzulässig verletzt die Beklagte in ihren Verfahrensgrundrechten auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG und auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2013 - V ZB 226/12, BeckRS 2013, 11832 Rn. 5 und vom 6. Mai 2015 - VII ZB 19/14, NJW 2015, 2266 Rn. 6, jeweils mwN).
7
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
8
Die Beklagte hat zwar die Berufungsbegründungsfrist versäumt. Ihr war jedoch antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist für die Berufungsbegründung gehindert war (§ 233 ZPO) und rechtzeitig um Wiedereinsetzung nachgesucht hat (§ 234 ZPO).
9
a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe nicht glaubhaft machen können, dass die Fristversäumung auf Umständen beruhe, die weder von der Partei noch von ihren Prozessbevollmächtigten verschuldet seien. Aus den zur Glaubhaftmachung vorgelegten Beweismitteln folge nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, dass die Berufungsbegründung entspre- chend dem Vortrag der Beklagten zum Postausgang das Büro ihrer Prozessbevollmächtigten verlassen habe. Zwar sei in dem vorgelegten Auszug aus dem Postausgangsbuch vom 3. September 2014 unter Angabe eines Portos von 1,45 € vermerkt "H. OLG, G. ./. P. ". Entgegen dem Vortrag der Beklagten sei jedoch die Frist für die Berufungsbegründung im Fristenkalender nicht gestrichen worden. Aus den eidesstattlichen Versicherungen der Auszubildenden V. und B. ergebe sich keine konkrete Erinnerung an die Berufungsbegründung in der vorliegenden Sache. Auch die Rechtsanwaltsfachangestellte Z. könne sich nicht konkret daran erinnern, den Ausgang der Berufungsbegründung kontrolliert zu haben. Sie habe lediglich allgemein angegeben, dass sie sich nach dem Austragen und Verpacken der Nachmittagspost regelmäßig vergewissere, "welche Fristen an den jeweiligen Tagen das Haus verließen", und eine Frist nur dann streiche, wenn ihr bekannt sei, dass ein Schreiben postfertig gemacht sei. Aus dem Umstand, dass entgegen diesen Angaben die Berufungsbegründungsfrist im Kalender nicht gestrichen worden sei, ergebe sich, dass in der vorliegenden Sache der Postausgang nicht wie üblich erfolgt sei. Der Umstand, dass die Beklagte am 5. September 2014 eine Abschrift der ursprünglich auf den 2. September 2014 datierten Berufungsbegründung erhalten habe, stelle kein Indiz für das Abschicken des Originalschriftsatzes an das Berufungsgericht dar.
10
b) Mit diesen Erwägungen kann der Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht versagt werden.
11
Das Berufungsgericht überspannt die Anforderungen an die Glaubhaftmachung im Sinne von § 236 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO und lässt bei der nach § 286 ZPO gebotenen Würdigung des gesamten Prozessstoffs wesentliche Umstände außer Acht.

12
aa) Im Ausgangspunkt zutreffend liegt der Entscheidung des Berufungsgericht die Annahme zugrunde, dass die Aufgabe zur Post am 3. September 2014 (Mittwoch) grundsätzlich ausreichend war, um den Eingang bei Gericht innerhalb der erst am 8. September 2014 (Montag) ablaufenden Frist für die Berufungsbegründung zu gewährleisten (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 2013 aaO Rn. 7). Weitere Vorkehrungen musste die Beklagte nicht ergreifen. Insbesondere war sie nicht gehalten, die Berufungsbegründung zusätzlich zur rechtzeitigen Aufgabe zur Post auch per Telefax an das Gericht zu übersenden (BGH, Beschluss vom 19. Juni 2013 aaO). Eine Partei ist auch nicht verpflichtet , den Eingang fristgebundener Schriftsätze bei Gericht zu überwachen und eine Eingangsbestätigung vor Streichung der Frist einzuholen. Vielmehr darf sich der Absender grundsätzlich auf die Zuverlässigkeit der Postdienste verlassen (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2015 aaO Rn. 14 mwN).
13
bb) Eine Behauptung ist schon dann im Sinne von § 236 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 294 ZPO glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (z.B. BGH, Beschlüsse vom 21. Oktober 2010 – V ZB 210/09, NJW-RR 2011, 136 Rn. 7 mwN und vom 19. Juni 2013 aaO Rn. 12). Der Tatrichter hat die Beweise im Hinblick darauf nach § 286 ZPO frei zu würdigen (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 294 Rn. 6). Die Beweiswürdigung kann von dem Rechtsbeschwerdegericht nur darauf überprüft werden, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 5. November 2010 - V ZR 228/09, NJW 2011, 1217 Rn. 25; Beschluss vom 19. Juni 2013 aaO).

14
Wenn - wie hier - ein fristgebundener Schriftsatz verloren gegangen ist, ist eine Glaubhaftmachung, wo und auf welche Weise es zum Verlust des Schriftstücks gekommen ist, nicht erforderlich; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist vielmehr bereits dann zu gewähren, wenn die Partei auf der Grundlage einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe bis zur rechtzeitigen Aufgabe zur Post glaubhaft macht, dass der Verlust mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht im Verantwortungsbereich der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten eingetreten ist (BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2013 aaO Rn. 9 und vom 6. Mai 2015 aaO Rn. 11). Den Verlust des Schriftstücks auf dem Postweg kann die Partei regelmäßig nicht anders glaubhaft machen als durch die Glaubhaftmachung der rechtzeitigen Aufgabe zur Post (BGH, Beschluss vom 19. Juni 2013 aaO Rn. 13).
15
Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte durch Vorlage beglaubigter Auszüge des Postausgangsbuchs und des Fristenkalenders sowie durch die anwaltliche Versicherung der sachbearbeitenden Rechtsanwältin und die eidesstattlichen Versicherungen des Kanzleipersonals mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit ausgeräumt, dass die Berufungsbegründung in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten verloren gegangen ist, bevor sie dort versandfertig gemacht worden ist, und dies auf Grund unzureichender Kontrolle der ausgehenden Post nicht entdeckt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2015 - IV ZB 14/14, BeckRS 2015, 01755 Rn. 9). Dies folgt zum einen aus der Erfassung der Berufungsbegründung in dem Postausgangsbuch, das grundsätzlich geeignet ist, die erforderliche Ausgangskontrolle zu gewährleisten (Senatsbeschluss vom 27. November 2013 - III ZB 46/13, BeckRS 2014, 00520 Rn. 10 mwN), und der eidesstattlichen Versicherung der Auszubildenden V. , wonach sie am Nachmittag des 3. September 2014 die gesamte ausgehende Post versandfertig verpackt, frankiert und den jeweiligen Eintrag im Postausgangsbuch - auch bezüglich der Berufungsbegründung und der für die Beklagte bestimmten Abschrift - handschriftlich vorgenommen hat. Aus der eidesstattlichen Versicherung ergibt sich ferner, dass die Auszubildende sodann die gesamte fertige Post in die dafür vorgesehene Tasche gesteckt und in den Briefkasten des Hauptpostamts in A. eingeworfen hat. Zum anderen ist in dem ebenfalls vorgelegten Fristenkalender die Berufungsbegründungsfrist durch das in roter Handschrift verfasste Kürzel "Ausl." als erledigt gekennzeichnet. Hierzu hat die Rechtsanwaltsfachangestellte Z. bestätigt, dass die Eintragung von ihr stamme, sie sich nach dem Austragen und Verpacken der Nachmittagspost regelmäßig über die Fristsachen vergewissere und eine Frist nur dann streiche, wenn ihr bekannt sei, dass ein Schreiben postfertig gemacht worden sei. Danach besteht jedenfalls eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Berufungsbegründung auf dem Postweg verloren gegangen ist und die Beklagte oder ihre Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) kein Verschulden trifft. Soweit das Berufungsgericht eine exakte Erinnerung des Kanzleipersonals an das Schriftstück vermisst, übersieht es, dass sowohl die Angestellte Z. als auch die Auszubildende V. konkrete, auf die fragliche Berufungsbegründung bezogene Eintragungen im Fristenkalender beziehungsweise im Postausgangsbuch vorgenommen haben. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Glaubhaftmachung stehe entgegen, dass die Frist für die Berufungsbegründung im Fristenkalender nicht durchgestrichen worden sei, lässt außer Acht, dass die Frist durch den farblich hervorgehobenen handschriftlichen Vermerk "Ausl." hinreichend als erledigt gekennzeichnet war. Es reicht aus, dass im Fristenkalender vermerkte Fristen entweder gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2015 aaO Rn. 8). Fristenkalender sind zudem so zu führen, dass auch eine erledigte Frist noch erkennbar und bei der allabendlichen Endkontrolle überprüfbar ist (BGH, Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 10). Diesen Anforderungen genügt die Verfahrensweise in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Beklagten.
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Der Senat kann die von der Beklagten vorgelegten Mittel der Glaubhaftmachung selbst würdigen, weil es keiner weiteren Tatsachenfeststellungen bedarf und keine Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der eidesstattlichen Versicherungen bestehen (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 2013 aaO Rn. 15; Hk-ZPO/Koch, 6. Aufl. § 563 Rn. 14).
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c) Da die Beklagte glaubhaft gemacht hat, dass die Berufungsbegründung am 3. September 2014 auf den Postweg gebracht worden ist, kann dahinstehen , ob in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten gewährleistet war, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wurde (siehe dazu Senatsbeschlüsse vom 27. November 2013 - III ZB 46/13 aaO Rn. 8 und vom 26. Februar 2015 - III ZB 55/14, NJW 2015, 2041 Rn. 8, jeweils mwN). Insoweit bestehende etwaige Mängel bei der Ausgangskontrolle sind jedenfalls nicht kausal geworden.
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d) Die Beklagte hat auch rechtzeitig um Wiedereinsetzung nachgesucht. Die Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO begann erst in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem ihre Prozessbevollmächtigten auf Grund des ihnen am 22. September 2014 zugegangenen Hinweises des Berufungsgerichts erfahren hatten, dass die Berufungsbegründung nicht bei dem Berufungsgericht eingegangen war (§ 234 Abs. 2 ZPO). Die Wiedereinsetzungsfrist war bei Eingang des Wieder- einsetzungsgesuchs nebst Berufungsbegründung am 29. September 2014 noch nicht abgelaufen.
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Nach alledem war der Beklagten unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren.
Herrmann Seiters Remmert
Reiter Liebert
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 27.06.2014 - 322 O 263/13 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 22.10.2014 - 8 U 72/14 -

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Beschwerde beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(2) Die §§ 514, 516 Abs. 3, § 521 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3, die §§ 527, 528, 538 Abs. 2 und § 539 der Zivilprozessordnung gelten im Beschwerdeverfahren entsprechend. Einer Güteverhandlung bedarf es im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nicht.

(3) Beabsichtigt das Beschwerdegericht von einzelnen Verfahrensschritten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 abzusehen, hat das Gericht die Beteiligten zuvor darauf hinzuweisen.

(4) Wird die Endentscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet, kann die Begründung auch in die Niederschrift aufgenommen werden.

(5) Für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde gelten die §§ 233 und 234 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Verfahrensgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

(2) Der Verfahrenswert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.