Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil, 19. Apr. 2016 - 5 U 8/14

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2016:0419.5U8.14.0A
19.04.2016

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 19. März 2014 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neugefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.187,06 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11. Mai 2012 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 3.219,81 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Mai 2012 zu zahlen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Mai 2012 zu zahlen.

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der Zahnbehandlung vom 21. September 2006 entstanden sind oder noch entstehen werden, soweit diese Ersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des ersten Rechtszuges haben die Klägerin zu 7/20 und der Beklagte zu 13/20 zu tragen.

Die Kosten des zweiten Rechtszuges haben die Klägerin zu 3/20 und der Beklagte zu 17/20 zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt vorbehalten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Der Klägerin bleibt vorbehalten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

V. Die Revision gegen das Urteil wird für den Beklagten zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Beklagte betreibt in S… eine Zahnarztpraxis. Die am … geborene Klägerin ließ sich dort im Jahr 2006 zahnärztlich behandeln.

2

Sie begehrt von dem Beklagten Rückzahlung von ärztlichem Honorar, Kosten für von ihr behauptete Folgebehandlungen sowie die Zahlung von Schmerzensgeld.

3

Des Weiteren begehrt sie festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr alle weiteren Schäden aus der durchgeführten Behandlung zu ersetzen.

4

Am 14. September 2006 besuchte die Klägerin, die bei der Krankenkasse S… in H… gesetzlich krankenversichert ist, einen Vortrag des Beklagten, der in seinem Internetauftritt für eine ganzheitliche Behandlung durch Beseitigung von Störfeldern im Kiefer, die er als Ursache von allgemeinen körperlichen Beschwerden sieht, wirbt.

5

Sie übernachtete in einer Wohnung des Beklagten, um am folgenden Tag Tests durchführen zu lassen.

6

Am 15. September 2006 führte der Beklagte bei der Klägerin eine von ihm so bezeichnete „Herd- und Störfeldtestung“ durch.

7

Er gelangte dabei zu folgender Diagnose: „Mehrfaches Zahnherdgeschehen mit Abwanderungen von Eiweißverfallsgiften in den rechten Schläfen- und Hinterkopfbereich und bis in den Unterleib“. Darüber hinaus diagnostizierte er ein „Kieferknochenendystrophiesyndrom“ und einen „stillen Gewebsuntergang im Knochenmark“.

8

Als Therapie empfahl er der Klägerin die operative Entfernung sämtlicher Backenzähne und die gründliche Ausfräsung des gesamten Kieferknochens.

9

Am 21. September 2006 entfernte der Beklagte bei der Klägerin operativ unter Lokalanästhesie die Zähne Nr. 14, 15, 16 und 17 im rechten Oberkiefer. Der Kieferknochen in diesem Bereich wurde gründlich ausgefräst.

10

Am 7. November 2006 erhielt die Klägerin einen Zahnersatz. Diesen holte sie selbst im Labor in N… ab, so dass keine Einsetzung, Anpassung oder Einweisung in den Umgang mit der Prothese durch den Beklagten erfolgte.

11

Wegen Problemen mit der Prothese wandte sich die Klägerin dann an den in der Nähe ihres Wohnortes tätigen Zahnarzt J… N… zur Behandlung und Anpassung des Zahnersatzes.

12

Dieser äußerte sich sehr kritisch zu der von dem Beklagten durchgeführten Behandlung.

13

Bei dem Beklagten stellte sich die Klägerin wegen Schwierigkeiten mit dem Zahnersatz letztmalig am 17. November 2006 vor.

14

Sie setzte die Behandlung bei ihm nicht mehr fort, so dass es auch zu keinen weiteren Zahnentfernungen und Ausfräsungen des Kiefers kam.

15

In der Folgezeit konsultierte sie verschiedene andere Zahnärzte.

16

Die Klägerin zahlte an den Beklagten für die bei ihm durchgeführte Behandlung bislang insgesamt 1.187,06 €.

17

Sie legt dem Beklagten Behandlungsfehler und Aufklärungsversäumnisse im Rahmen der durchgeführten Behandlung zur Last.

18

Die Klägerin hat vorgetragen:

19

Die von dem Beklagten durchgeführte „Herd- und Störfeldtestung“ entbehre jeder schulmedizinischen Grundlage. Dies gelte auch für die Extraktion sämtlicher gesunden Backenzähne, für die keine medizinische Indikation bestanden habe. Auch die Radikalausfräsung des Oberkieferknochens sei medizinisch nicht vertretbar gewesen.

20

Es seien vom Beklagten behandlungsfehlerhaft nicht alle notwendigen erforderlichen Diagnoseverfahren ausgeschöpft worden. Die von ihm durchgeführten Tests seien nicht geeignet gewesen, eine sichere Diagnose zu stellen, die die vorgenommenen Behandlungsmaßnahmen gerechtfertigt hätten.

21

Mangels hinreichender Aufklärung habe sie in den vorgenommenen Eingriff nicht wirksam eingewilligt.

22

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt von dem Beklagten Rückzahlung von ärztlichem Honorar in Höhe von 1.187,06 €, Kosten für behauptete Folgebehandlungen in Höhe von 10.372,22 € (11.114,78 € abzgl. eines erhaltenen Zuschusses in Höhe von 742,56 €) sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000,00 € begehrt. Des Weiteren hat sie die Feststellung erstrebt, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihr aus der Zahnbehandlung vom 21. September 2006 sämtliche weiteren nicht übergegangenen materiellen Schäden zu ersetzen sowie sämtliche weiteren immateriellen Schäden, die nach dem 31.12.2011 entstanden sind.

23

Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat vorgetragen:

24

Er habe die Klägerin ordnungsgemäß aufgeklärt.

25

Die Extraktion der Zähne 14 bis 17 und die Ausfräsung des Kiefers seien medizinisch indiziert und gerechtfertigt gewesen, weil diese Bereiche sehr starke Herd- und Störfeldbelastungen aufgewiesen hätten. Infolge seiner Behandlung seien frühere Müdigkeitserscheinungen der Klägerin zurückgegangen. Soweit andere Beschwerden fortbestünden, beruhe dies auf dem Behandlungsabbruch durch die Klägerin.

26

Die Klägerin hat im November 2007 beim Landgericht Frankenthal ein selbständiges Beweisverfahren gegen den Beklagten anhängig gemacht, Aktenzeichen 4 OH 18/07. In diesem Verfahren hat die Zivilkammer Beweis erhoben durch Einholung von schriftlichen Sachverständigengutachten.

27

Wegen des Ergebnisses der dortigen Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. G… W… vom 23. April 2009 (Bl. 248 - 273 d. A. 4 OH 18/07) und 17. Februar 2010 (Bl. 366 - 377 d. A. 4 OH 18/07) Bezug genommen. Die Zivilkammer hat die Akten des selbständigen Beweisverfahrens zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht.

28

Das Landgericht hat im vorliegenden Verfahren Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Zeugenaussage der Zeugin E… S…, durch Vernehmung der Zeugen P… A…, Dr. C… P… und J… N… sowie durch Einholung von schriftlichen Sachverständigengutachten und deren mündliche Erläuterung.

29

Die Klägerin und der Beklagte sind persönlich angehört worden.

30

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Anhörungen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 29. August 2012 (Bl. 203 - 212 d.A.), 5. September 2012 (Bl. 219 - 226 d.A.), 25. September 2013 (Bl. 406 - 415 d.A.) und 5. März 2014 (Bl. 513 - 517 d.A.) sowie auf den Inhalt der schriftlichen Aussage der Zeugin E… S… vom 9. August 2012 (Bl. 180 - 181 d.A.), der schriftlichen Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. G… W… vom 17. Mai 2013 (Bl. 279 - 287 d.A.) und 14. Juni 2013 (Bl. 308 - 312 d.A.) und des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. K… vom 10. Januar 2014 (Bl. 482 - 488 d.A.).

31

Mit Urteil vom 19. März 2014, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Landgericht in der Hauptsache wie folgt entschieden:

32

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.187,06 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2012 zu zahlen.

33

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 3.219,81 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2012 zu zahlen.

34

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 € für die im Zeitraum vom 21.09.2006 bis 31.12.2011 erlittenen Beeinträchtigungen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2012 zu zahlen.

35

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen Schäden aus der Zahnbehandlung vom 21.09.2006 zu ersetzen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen, sowie ihr sämtliche immateriellen Schäden aus der Behandlung vom 21.09.2006 zu ersetzen, soweit diese nach dem 31.11.2011 (Anmerkung: gemeint: 31.12.2011) entstanden sind oder noch entstehen sollten.

36

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

37

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt:

38

Der Klägerin stünden gegen den Beklagten wegen einer Verletzung der Pflichten aus dem zwischen ihnen geschlossenen Behandlungsvertrag sowie aus unerlaubter Handlung Ansprüche auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und Feststellung der Einstandspflicht für weitere bzw. künftige Schäden gem. §§ 280 Abs. 1, 675 Abs. 1, 611 ff. BGB sowie gemäß §§ 823 Abs. 1, 123 Abs. 2 BGB, § 229 StGB zu.

39

Dem Beklagten seien hinsichtlich der streitgegenständlichen Entfernung der Zähne im rechten Oberkiefer und der Ausfräsung des Kieferknochens in dieser Region Befunderhebungs-, Diagnose- und Behandlungsfehler unterlaufen.

40

Die Behandlung durch den Beklagten habe sich auch als völlig unbrauchbar erwiesen, so dass er das hierfür erhaltene Honorar an die Klägerin zurückzuerstatten habe.

41

Die Kammer sei – sachverständig beraten – zu der Überzeugung gelangt, dass im Hinblick auf das vielschichtige Beschwerdebild der Klägerin eine interdisziplinäre Abklärung notwendig gewesen wäre. Eine solche sei aber unterlassen worden.

42

Auch die gleichfalls gebotene Befunderhebung bezüglich des von dem Beklagten diagnostizierten chronischen Schmerzzustandes habe nicht stattgefunden.

43

Die von ihm ergriffenen Befunderhebungsmaßnahmen seien ungeeignet gewesen und hätten der Vielzahl und Vielschichtigkeit der Beschwerden der Klägerin betreffend unterschiedliche Körperregionen nicht Rechnung getragen.

44

Auch die Diagnose des Beklagten – mit Ausnahme der zutreffenden Feststellung eines chronischen Schmerzgeschehens – sei unzutreffend gewesen.

45

Die durchgeführte Behandlung (Extraktion der im rechten Quadranten gelegenen Zähne mit Ausfräsung des dort befindlichen Kieferknochens) sei behandlungsfehlerhaft gewesen.

46

Der Beklagte könne sich auch nicht auf eine wirksame Einwilligung der Klägerin berufen.

47

Es liege zwar eine tatsächliche Einwilligung der Klägerin vor. Diese sei aber unwirksam, weil sie auf einer unzureichenden und fehlerhaften Aufklärung über Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten sowie ganz generell darauf beruhe, dass der Beklagte der Klägerin sein Vorgehen im Rahmen einer nicht von schulmedizinischen Erkenntnissen gedeckten, weder wissenschaftlich noch objektiv vernünftig nachvollziehbaren Außenseitermethode nicht hinreichend dargelegt und erläutert und so keine ausreichende – nämlich auf hinreichende Aufklärung beruhende – Basis für deren Einwilligung geschaffen habe.

48

Der Beklagte habe auch nicht vermocht, den Nachweis eines rechtmäßigen Alternativverhaltens zu führen. Nach dem Vortrag der Parteien und dem Ergebnis der Parteianhörung sei die Kammer nicht überzeugt, dass die Klägerin auch bei hinreichender Aufklärung über die absolute Außenseitermethode des Beklagten hinsichtlich Befunderhebung und Diagnose in die Behandlung eingewilligt und sich dieser unterzogen hätte.

49

Der Beklagte hafte der Klägerin daher dem Grunde nach für sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus der streitgegenständlichen Behandlung vom 21. September 2006.

50

Er habe außer der Rückzahlung des geleisteten Honorars Schadensersatz für diejenigen Aufwendungen zu leisten, die aufgrund der von ihm rechtswidrig und fehlerhaft durchgeführten Behandlung erforderlich geworden seien.

51

Hinsichtlich der von dem Zahnarzt N… in Rechnung gestellten Kosten sei nach den gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen Dr. K… ein Betrag von 1.712,75 € von dem Beklagten zu ersetzen.

52

Hinsichtlich der Rechnungen der Zeugin Dr. C… P… bestehe ein Anspruch gegen den Beklagten in Höhe eines Teilbetrages von 1.483,79 € aus der Rechnung vom 17. September 2009 und in Höhe eines Teilbetrages von 23,27 € aus der Rechnung vom 14. Dezember 2009. Weitergehende Ansprüche bestünden nicht.

53

Wegen der viszeralen Osteopathiebehandlungen der Zeugin S… bestünden keine Ansprüche gegen den Beklagten, weil nicht eindeutig festgestellt werden könne, ob diese Maßnahmen zur Beseitigung von Behandlungsfolgen geboten gewesen seien.

54

Auch für Kosten, die aufgrund der Tätigkeiten der Zeugin A… entstanden seien, hafte der Beklagte nicht. Es sei nicht festzustellen, welcher Anteil dieser Behandlungskosten auf Maßnahmen entfallen, die zur Beseitigung der Behandlungsfolgen notwendig gewesen seien.

55

Soweit der Beklagte einwende, Kosten seien wegen des Behandlungsabbruchs bei ihm entstanden, könne er damit nicht gehört werden. Wegen der fehlerhaften Behandlung sei der Klägerin eine Weiterbehandlung bei ihm nicht zumutbar gewesen.

56

Auch eine Anspruchskürzung unter dem Gesichtspunkt, dass die Klägerin zu lange mit einer Nachbehandlung zugewartet habe, komme nicht in Betracht. Es sei schon nicht ersichtlich, dass der Klägerin bewusst gewesen sei, dass ein Zuwarten mit einer Nachbehandlung zu einer Schadensausweitung führen könne. Sollten insoweit Aufklärungsfehler der Nachbehandler vorliegen, wäre der Kausalzusammenhang zu dem von dem Beklagten verursachten Schaden nicht unterbrochen.

57

Im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs bei der Klägerin stelle es auch keinen Verstoß gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht dar, dass sie sich erst nach drei Jahren dazu entschlossen habe, eine Nachbehandlung anzugehen. Aus diesem Grunde könne ihr auch nicht entgegengehalten werden, dass die Zeugin Dr. P… möglicherweise zum Teil diagnostische Maßnahmen angestellt habe, die bereits durch den Zeugen N… ergriffen worden seien.

58

Der Klägerin stehe auch ein Schmerzensgeld zu. Ein Betrag von 15.000,00 € sei erforderlich, aber auch ausreichend.

59

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der Berufung.

60

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor:

61

Ihm seien weder Befunderhebungs-, noch Diagnose- oder Behandlungsfehler unterlaufen. Die durchgeführte Behandlung sei korrekt gewesen.

62

Das Landgericht bewerte die durchgeführte Beweisaufnahme unzutreffend. Es sei nicht bereit gewesen, sich mit den von ihm beschriebenen Behandlungsmethoden auseinanderzusetzen, über die die Klägerin vorher ausführlich aufgeklärt worden sei.

63

Das Landgericht habe als Sachverständigen einen Schulmediziner beauftragt, der die von ihm – dem Beklagten - durchgeführte Behandlungsmethode, ohne insoweit sachverständig zu sein, unzutreffend und widersprüchlich beurteilt habe.

64

Seine umfangreichen Schriftsätze mit Beweisangeboten seien unbeachtet geblieben, einschließlich der von ihm vorgetragenen Tatsachen betreffend die ausführliche Aufklärung der Klägerin.

65

Warum die Kammer zum Ergebnis gelangt sei, seine beanstandete Tätigkeit sei wissenschaftlich nicht fundiert, werde nicht schlüssig dargelegt. Das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. W… sei insoweit zur Überzeugungsbildung nicht geeignet.

66

Die von ihm angewandte Medizin sei wissenschaftlich fundiert. Er habe unter Zugrundelegung der von ihm angewandten Methode die Klägerin lege artis behandelt.

67

Die Klägerin habe sich aufgrund eines allgemeinmedizinischen Leidens zur Herd-, Störfeld-Therapie entschieden. Dafür biete diese Therapie realistische Heilungschancen.

68

Seine Diagnosestellung sei klar und die Therapie kausal gewesen und der Heilungserfolg habe sich bereits teilweise eingestellt.

69

Leider habe die Klägerin sich von dem Schuldmediziner N… Kiefergelenks,- Biß- und Kronentherapien machen lassen, anstatt die Funktionstüchtigkeit des vorhandenen Zahnersatzes mit einfachen Maßnahmen – falls überhaupt notwendig – sicherzustellen und die dringend benötigte Herd-, Störfeldsanierung im rechten Unterkiefer durchführen zu lassen.

70

Aus diesem Grunde sistiere die Heilung seither bzw. verschlechtere sich der neurologische Status der Klägerin.

71

Der beauftragte Gutachter Prof. Dr. G… W… könne eine Einschätzung der genannten Therapie überhaupt nicht vornehmen. Er könne keine gesicherten Daten, Studien, Untersuchungen, eigene Erfahrungen etc. nachweisen, welche seine Beurteilung rechtfertigen würden. Er äußere lediglich seine Meinung zu einem Therapieverfahren, welches er nicht kenne.

72

Widersprüche und Fehler des Gutachtens und des Ergänzungsgutachtens seien in seinen – des Beklagten – Schriftsätzen aufgezeigt worden.

73

Es bestünden auch Widersprüche zwischen den Aussagen der Gutachter Prof. Dr. W… und Dr. K….

74

Die Klägerin habe ihn – den Beklagten – eigens zur Diagnose der bei ihr bestehenden Herd-, Störfeldbelastungen aufgesucht.

75

Grundlage der ärztlichen Behandlung sei ein Vertrag gewesen, in dem sich die Klägerin mit der (ausschließlich) naturheilkundlichen Behandlung einverstanden erklärt habe, bei welcher die von ihm angewandten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Einverständnis mit ihr nicht nach den Regeln der Schulmedizin erfolgen sollten, sondern nach einer „ganzheitlichen“, d. h. naturheilkundlich ausgerichteten (Außenseiter-) Methode.

76

Die Pflichtwidrigkeit des ärztlichen Vorgehens bestimme sich dann nach den Kriterien, die für diese nicht schulmedizinische Außenseitermethode Geltung beanspruchten.

77

Die Befunderhebung zu dem an ihn von der Klägerin herangetragenen Auftrag der Diagnostik der Herd- und Störfeldbelastungen sei gemessen an den zum Zeitpunkt der Untersuchungen bei der Klägerin zur Verfügung stehenden Möglichkeiten vollständig und zureichend gewesen.

78

Auch der Gutachter Prof. Dr. W… habe keine anderen Diagnoseverfahren benennen können, die er – der Beklagte – zu diesem Zweck noch hätte durchführen können.

79

Entscheidend sei, dass die Befunde umfangreich nach den Regeln der alternativen Medizin erhoben worden seien, wie dies Prof. Dr. W… auf Seite 3 seines Ergänzungsgutachtens vom 11. Juni 2013 im letzten Absatz ausgeführt habe.

80

Soweit das Landgericht eine Befunderhebung als nicht wissenschaftlich fundiert bezeichnet und dabei angegeben habe, von dem Gutachter Prof. Dr. W… sachverständig beraten zu sein, finde sich in dessen schriftlichen und mündlichen Ausführungen kein entsprechender Beleg hierfür. Die Feststellungen des Landgerichts ließen sich nicht – wie behauptet – aus den Ausführungen von Prof. Dr. W… herleiten.

81

Die interdisziplinäre Befunderhebung sei nicht Behandlungsauftrag gewesen und hätte bei der Auffindung der Herd-, Störfeldbelastungen nicht weiterhelfen können.

82

Die Klägerin habe auch zum Zeitpunkt der Einwilligung in die operative Herd-, Störfeld-Therapie jede weitere Diagnostik oder Therapie z. B. in einem Schmerzzentrum oder einer Schmerzklinik oder psychosomatischen Klinik abgelehnt.

83

Seine – des Beklagten – Diagnosen beschrieben den Krankheitszustand der Klägerin korrekt.

84

Die vom Landgericht angenommenen erheblichen Schmerzen und Beschwerden der Klägerin, die mit seinen Maßnahmen einhergegangen sein sollen, seien in den Prozessunterlagen nirgends dokumentiert.

85

Sie müsse sich auch einen Verstoß gegen die Schadensgeringhaltungspflicht vorhalten lassen. Sie sei von ihm mehrfach und eindringlich angehalten worden, sich über die Folgen seiner Therapie zu informieren.

86

Sie habe auch eigenmächtig Eingliederungs- und Kontrolltermine ausgelassen, die notwendig gewesen wären.

87

Durch den Behandlungsabbruch habe sie die Sanierung weiterer bei ihr vorliegender Herd- und Störfeldbelastungen verhindert. Es hätte auf jeden Fall die massivste Beherdung im rechten Unterkiefer behandelt werden müssen, weil diese Herd-, Störfeldbelastung für die von der Klägerin geklagten und von den Nachbehandlern therapierten Funktionsstörungen und Gesundheitsstörungen maßgeblich verantwortlich sei.

88

Das zugesprochene Schmerzensgeld von 15.000,00 € sei zu hoch. Das Landgericht sei dabei weit über die Vorstellung der Klägerin hinausgegangen.

89

Die Festlegung eines Schmerzensgeldes für einen bestimmten Zeitraum sei unzulässig. Sie widerspreche dem Grundsatz, dass (im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung) die Leidenszeit einer Gesamtbetrachtung zu unterziehen und auf dieser Grundlage eine einheitliche Entschädigung für das sich insgesamt darbietende Schadensbild festzusetzen sei.

90

Es sei auch nicht zulässig in dem Urteilstenor (Ziffer 4) von zukünftigen immateriellen Schäden zu sprechen, soweit diese nach dem 31.11.2011 entstanden sein sollen. Das Urteil des Landgerichts datiere vom 19.03.2014, wobei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 05.03.2014 gewesen sei.

91

Es werde bestritten, dass ein Feststellungsinteresse der Klägerin bestanden habe bzw. bestehe.

92

Der Beklagte beantragt,

93

das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 19.03.2014 - 4 O 450/11 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

94

Die Klägerin beantragt,

95

die Berufung zurückzuweisen,

96

hilfsweise (für den Fall, dass die Berufung nicht zurückgewiesen wird),

97

beantragt sie im Wege der Anschlussberufung:

98

Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankenthal vom 19.03.2014 (Az.: 4 O 450/11) unter Ziffer 3 und 4 des Urteils wie folgt zu erkennen:

99

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 5.000,00 €, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.05.2012 zu zahlen.

100

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der Zahnbehandlung vom 21.09.2006 entstanden sind oder noch entstehen werden, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

101

Der Beklagte beantragt,

102

die (unselbständige) Anschlussberufung zurückzuweisen.

103

Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung nach Maßgabe ihres Vorbringens und führt dazu aus:

104

Die Frage, ob es sich bei der Behandlung des Beklagten um eine krasse Außenseiter- und wissenschaftlich nicht fundierte Behandlungsmethode handele, sei nach dem wissenschaftlichen Stand der Schulmedizin zu beurteilen.

105

Der Verzicht auf die Untersuchung der Gewebeproben (S. 13 der Einwilligungserklärung) sei durch sie – die Klägerin – ohne weitere Aufklärung des Beklagten über Sinn und Zweck der Untersuchungen erfolgt.

106

Bei der Schwere des Eingriffs wäre es die Pflicht des Beklagten gewesen, ihr vielfältiges Krankheitsbild durch weitere fachärztliche Untersuchungen und interdisziplinäre Befunderhebung abklären zu lassen. Das gesamte Krankheitsbild ohne wissenschaftliche Grundlage einem wie auch immer gearteten Herdgeschehen zuzuschreiben, stelle einen schweren Behandlungsfehler dar.

107

Unzutreffend sei, dass sie in einem persönlichen Gespräch umfassend aufgeklärt worden sei. Es habe keine hinreichende Aufklärung darüber vorgelegen, dass es sich bei den Methoden des Beklagten um wissenschaftlich völlig unfundierte Behandlungen handele.

108

Von wohlüberlegter Entscheidung könne offensichtlich nicht gesprochen werden, wenn eine Patientin, die angibt unter erheblichen psychischen Problemen und langjährigen multiplen Krankheitssymptomen zu leiden, sich zu einem Radikaleingriff entscheide. Der behandelnde Arzt könne sich dann nicht darauf berufen, dass hier ein freier wohldurchdachter Willensentschluss der Patientin vorliege.

109

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil sowie die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und den sonstigen Akteninhalt.

II.

A.

110

Die Berufung des Beklagten ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei.

111

Bei den hilfsweise gestellten Anträgen der Klägerin gemäß Schriftsatz vom 22.08.2014 Seite 16/17 (= Bl. 698/699 d.A.) handelt es sich rechtlich nicht um eine Anschlussberufung i.S.d. § 524 ZPO, sondern um hilfsweise formulierte Klageanträge. Gegen die Zulässigkeit dieses Vorbringens bestehen keine Bedenken (§§ 525, 264 Nr. 2 ZPO).

B.

112

Die Berufung hat in der Sache hinsichtlich der Höhe des zuerkannten Schmerzensgeldes zum Teil Erfolg.

113

Des Weiteren hat sie insoweit Erfolg, als (rechtsfehlerhaft) Schmerzensgeld (nur) für einen bestimmten Zeitraum zugesprochen worden ist und soweit die Feststellung unter Ziffer 4 des landgerichtlichen Tenors auf die Zeit ab dem „31.11.2011“ bezogen wird.

114

Im Übrigen bleibt das Rechtsmittel erfolglos.

115

1. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass der Beklagte wegen Verletzung der Pflichten aus dem mit der Klägerin abgeschlossenen Behandlungsvertrag und auch aus unerlaubter Handlung für die Folgen der bei der Klägerin am 21. September 2006 durchgeführten Behandlung haftet.

116

Bei der Bewertung der durch den Beklagten erfolgten Behandlung ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin in der mit dem Beklagten abgeschlossenen „Vereinbarung über Privatberechnung“ (Bl. 36/37 d. A.) „die zahnärztlichen/ärztlichen Leistungen zur operativen Herdsanierung ausdrücklich im Rahmen dieses privaten Behandlungsvertrages“ gewünscht hat.

117

In der von ihr unterzeichneten „ Einwilligung zur operativen Herdsanierung“ (Bl. 27 ff. d.A. = Bl. 7 - 17 d. A. 4 OH 18/07) hat sie bestätigt bzw. erklärt:

118

„Ich bin darüber aufgeklärt worden, dass die geplanten Behandlungsmaßnahmen nicht dem Begriff der medizinisch notwendigen Heilbehandlungsmaßnahmen im Sinne der Schulmedizin entsprechen. Die alternativmedizinische Theorie von der Herdbelastung wird von der Schulmedizin abgelehnt. Es kann sein, dass die Schulmedizin die Auffassung vertritt, dass die Herdsanierung nicht erforderlich sei, bzw. nicht erforderlich gewesen sei.

119

Insbesondere die Entfernung von Zähnen sowie die operative Behandlung des Kieferknochens (aufgrund der mit außerschulmedizinischen Methoden festgestellten Herdbelastungen) wird von der Schulmedizin nicht für erforderlich gehalten.

120

Schulzahnmedizinisch wird in der Regel versucht, auch nicht vitale Zähne durch eine Wurzelbehandlung zu erhalten. Nach den Theorien der alternativen Zahnmedizin stellen solchermaßen behandelte Zähne eine Herdbelastung dar, sodass in der Regel die Entfernung empfohlen wird.

121

Nach Kenntnis der schulzahnmedizinischen Behandlungsalternativen und der Tatsache, dass die geplante Herdsanierung von der Schulzahnmedizin abgelehnt wird, erfolgt die geplante Behandlung auf meinen ausdrücklichen Wunsch.“

122

Danach hat die Klägerin die von dem Beklagten angebotene Herdsanierung - eine Außenseitermethode – ausdrücklich gewünscht und mit diesem vereinbart.

123

Diese Methode erfolgte im Einverständnis mit der Klägerin nicht nach den Regeln der Schulmedizin, sondern nach einer „ganzheitlichen“, d. h. naturheilkundlich ausgerichteten Außenseitermethode.

124

Eine solche Methode kann schon den „pathologischen Zustand“ anders definieren als die Schulmedizin, im Weiteren aber auch andere Maßstäbe an die Diagnostik und an die Erforderlichkeit einer Operation anlegen. Die Pflichtwidrigkeit des ärztlichen Vorgehens bestimmt sich jedenfalls dann nach den Kriterien, die für diese nicht schulmedizinische Außenseitermethode Geltung beanspruchen, wenn Grundlage der ärztlichen Behandlung – wie hier – ein Vertrag ist, in dem sich der Patient mit der (ausschließlich) naturheilkundlichen Behandlung einverstanden erklärt hat. Jeder Patient kann nämlich innerhalb der durch § 138 BGB, 226 a StGB gezogenen Grenzen eigenverantwortlich entscheiden, welchen Behandlungen er sich unterziehen will. Diese Grenzen sind erst da überschritten, wo der ärztliche Eingriff unter keinen Umständen mehr als eine Heilbehandlung begriffen werden kann oder eine „völlige Außenseitermethode“ angewandt wird (OLGR Zweibrücken 2004, 148 - 151).

125

2. Auch bei Berücksichtigung dessen sind dem Beklagten aber zumindest die nachfolgenden Behandlungsfehler zur Last zu legen:

126

a) Er hat ohne hinreichenden Grund die notwendige interdisziplinäre Befunderhebung bei der Klägerin unterlassen.

127

Der Sachverständige Prof. Dr. W… hat in seinem Gutachten vom 23. April 2009 in dem Beweissicherungsverfahren 4 OH 18/07 LG Frankenthal (Pfalz) nachvollziehbar dargelegt, dass es unverständlich sei, warum trotz Angabe umfangreicher Vorbehandlungen durch unterschiedliche Disziplinen von dem Beklagten keine Berichte und Vorbefunde eingeholt worden seien, abgesehen von einem Panoramaröntgenbild des vorbehandelnden Zahnarztes vom 5. Oktober 2005.

128

Die von der Klägerin unterzeichnete Erklärung, sie habe ihre Beschwerden mit schulmedizinischen Methoden abklären lassen, reiche nicht aus. Eine solche Abklärung bedürfe der ärztlichen Kontrolle durch Anforderung der Vorbefunde.

129

Der Beklagte hat sich hierzu lediglich dahingehend eingelassen, er habe die von der Klägerin mitgebrachten Unterlagen gesichtet, mithin berücksichtigt.

130

Welche Unterlagen ihm genau vorlagen, bleibt offen. Auch ist nicht hinreichend dargelegt, warum nicht in umfassender Weise Vorbefunde herangezogen worden sind. Es ist insoweit auch nicht ersichtlich, dass sich aus der angewandten ganzheitlichen Behandlungsmethode etwas ergeben hätte, was dem entgegenstehen würde.

131

Das dargestellte Versäumnis gewinnt dadurch weiteres Gewicht, dass nach den sachverständigen Ausführungen davon auszugehen ist, dass schon eine vorherige ganzheitliche Behandlung ohne Erfolg geblieben war. Der Sachverständige Prof. Dr. W… hat insoweit zu Recht ausgeführt, dass es umso mehr angezeigt gewesen wäre, die dort angewandten diagnostischen Verfahren und die davon abgeleiteten Therapieansätze für die Nachbehandlung nutzbar zu machen und ärztlicherseits mit dem eigenen Konzept zu vergleichen.

132

Der Einwand des Beklagten, bei dem von ihm angewandten naturheilkundlichen Verfahren sei keine weitergehende Diagnostik veranlasst, rechtfertigt keine andere Bewertung. So hat der Sachverständige Prof. Dr. W… in seinem Ergänzungsgutachten vom 17. Februar 2010 nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass es je nach Inhalt der nicht eingeholten Vorbefunde z. B. die Möglichkeit gegeben hätte, eine ergänzende Knochenszintigraphie, ein Differentialblutbild plus entsprechender Diagnostik, eine psychosomatische Diagnostik zur Mitbehandlung und eine primäre Knochenbiopsie des „belasteten Kieferareals“ durchzuführen (vgl. Bl. 367/368 d. A. 4 OH 18/07).

133

Auch insoweit ist nicht ersichtlich, dass solche Untersuchungen mit der angewandten ganzheitlichen Behandlungsmethode nicht vereinbar gewesen wären.

134

Auch der Einwand des Beklagten, eine interdisziplinäre Befunderhebung sei nicht Behandlungsauftrag gewesen, greift nicht durch.

135

Der Beklagte hätte als Behandler die Klägerin zur Gewährleistung einer fehlerfreien Behandlung auf die Notwendigkeit einer weiteren Abklärung hinweisen müssen. Es hätte ihm oblegen, bei der Klägerin auf eine entsprechende Befunderhebung hinzuwirken. Dass er entsprechendes getan hat, ist nicht ersichtlich.

136

b) Ein weiterer Behandlungsfehler des Beklagten ist darin zu sehen, dass die chronischen Schmerzen der Klägerin interdisziplinär zu behandeln gewesen wären, er einen solchen Ansatz aber nicht gewählt hat.

137

Der Sachverständige Prof. Dr. W… hat die Notwendigkeit einer interdisziplinären Behandlung nachvollziehbar und überzeugend festgestellt.

138

Aus der Planung des Beklagten – so der Sachverständige – sei diesbezüglich aber nichts zu entnehmen. Die Klägerin hätte lediglich die Möglichkeit gehabt, in der Einwilligungserklärung auf Seite 7 zu erklären, ob sie z. B. vor der Herdsanierung noch andere Therapieversuche durchführen lassen möchte oder nicht. Eine ärztliche Empfehlung oder Führung habe es nicht gegeben, obwohl das lange Beschwerdebild dringend zumindest nach einer psychosomatischen Mitbetreuung verlangt hätte (Bl. 269 d. A. 4 OH 18/07).

139

Der Einwand des Beklagten, der Behandlungsauftrag der Klägerin sei nur die Herd-, Störfeldsanierung nach dem naturheilkundlich begründeten Verfahren gewesen, führt zu keiner anderen Bewertung.

140

Denn der Sachverständige Prof. Dr. W… hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es an dem Beklagten als Arzt gelegen hätte, darauf hinzuwirken, dass die Klägerin sich ausreichend interdisziplinär behandeln lässt. Dass der Beklagte entsprechend auf die Klägerin eingewirkt hat, ist nicht ersichtlich und auch nirgends dokumentiert. Er wäre als Behandler zu einer entsprechenden Aufklärung der Klägerin verpflichtet gewesen. Der Sachverständige Prof. Dr. W… hat dazu ausgeführt, dass obwohl an unterschiedlichen Körperregionen Beschwerden bestanden hätten, zu keinem Zeitpunkt diskutiert worden sei, ob auch ein Herd andernorts im Organismus zu dem komplexen Beschwerdebild beigetragen haben könnte, wenn man allein auf die Herdwirkung fokussiert.

141

c) Der gravierendste Behandlungsfehler des Beklagten liegt aber darin, bei der Klägerin einen äußerst schwerwiegenden Eingriff (Entfernung von vier Zähnen im rechten Oberkiefer und Ausfräsung des gesamten Areals) vorzunehmen, ohne das Beschwerdebild vorher ausreichend abzuklären. Dabei ist dem Beklagten nicht vorzuwerfen, dass er die mit der Klägerin vereinbarten (alternativen) Untersuchungsmethoden angewandt hat, sondern dass er das multiple Beschwerdebild der Klägerin ausgeblendet und sich rein auf die Zahnbehandlung konzentriert und im Rahmen dieser ohne notwendige Gesamtabklärung auf damit völlig unsicherer Grundlage einen derart drastischen Eingriff bei ihr vorgenommen hat. Der Sachverständige Prof. Dr. W… hat insoweit auch bestätigt, dass auf Basis der durchgeführten Diagnostik sich keine Indikation für die durchgeführten und geplanten Extraktionsmaßnahmen habe ableiten lassen, auch nicht auf Grundlage der vereinbarten alternativen Heilmethode.

142

Aufgrund der dargestellten Behandlungsfehler haftet der Beklagte für die Folgen des am 21. September 2006 bei der Klägerin durchgeführten Eingriffs, wobei dahinstehen kann, ob – wie vom Landgericht angenommen – dem Beklagten noch weitere Behandlungsfehler vorzuwerfen sind.

143

3. Entgegen der Auffassung des Beklagten, ist der Sachverständige Prof. Dr. W… für die Beurteilung der fachlichen Fragen, auf denen die vorliegende Entscheidung beruht, ausreichend sachkundig, mithin als Gutachter geeignet.

144

Der Beklagte hat schon in dem selbständigen Beweisverfahren 4 OH 18/07, Landgericht Frankenthal (Pfalz), bemängelt, Prof. Dr. W… sei kein geeigneter Gutachter, weil seine veröffentlichten Tätigkeitsschwerpunkte nicht das Fachgebiet der Herd-, Störfeld- und Regulationstherapie beinhalteten. Er betreibe dort keine Forschung, noch gäbe es von ihm wissenschaftliche Veröffentlichungen auf diesem Fachgebiet (vgl. Bl. 49 d. A. 4 OH 18/07).

145

Der Sachverständige hat indes schon im dortigen Verfahren mitgeteilt, dass die Fokusdiagnostik und Therapie evtl. verdächtiger Areale durchaus in sein tägliches Arbeitsfeld falle, auch wenn er bislang hierüber nichts veröffentlich habe (Bl. 94 – 96 d. A. 4 OH 18/07). Richtig sei, dass er sich mit der speziellen Störfeld- und Regulationstherapie im täglichen Alltag nicht befasse und diese nur in der Theorie kenne. Aber gerade die theoretische Auseinandersetzung mit diesem komplementärmedizinischen Untersuchungs- und Therapieverfahren habe dazu geführt, dass diese Methoden aufgrund der kaum reproduzierbaren Ergebnisse zur Diagnosestellung bei ihm nicht genutzt würden. In seinem Gutachten vom 23. April 2009 (Bl. 248 bis 243 d. A. 4 OH 18/07) hat er sich ausführlich mit der Problematik des Herdgeschehens beschäftigt, um dann darzulegen, dass der „odontogene Fokus“ als kausale Entität nicht sicher einzuschätzen sei (Bl. 260 - 264 d. A. 4 OH 18/07).

146

Unter Berücksichtigung dessen ist davon auszugehen, dass der Sachverständige für die vorliegend zu beurteilenden Fragen ausreichend sachkundig ist.

147

Es mag zwar insoweit durchaus fraglich sein, ob ein nur theoretisch mit der Störfeld- und Regulationstherapie vertrauter Gutachter hinreichend in der Lage ist, zu beurteilen, ob diese richtig angewandt worden ist oder nicht.

148

Entscheidend ist aber, dass dem Beklagten nicht vorgeworfen wird, seine eigene Methode falsch angewandt zu haben, sondern ihm werden die unter Ziffer II B 2 a – c dargestellten Versäumnisse bzw. Behandlungsfehler zur Last gelegt.

149

Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverständige insoweit für eine Bewertung nicht hinreichend sachkundig ist, liegen nicht vor.

150

Es muss insoweit auch kein Sachverständiger bestellt werden, der im Bereich der Alternativmedizin tätig ist und der Schulmedizin und deren Behandlung ebenfalls kritisch gegenübersteht (siehe auch Senatsbeschluss vom 5. Januar 2009, Az.: 4 OH 18/07 LG Frankenthal (Pfalz).

151

4. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der von der Klägerin gegen den Beklagten geltend gemachte materielle Schadensersatz in Höhe von 3.219,81 € begründet ist.

152

a) Hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen der Klägerin für den Zahnarzt J… N… in Höhe von 544,63 € und 8.240,15 € ist zu Recht ein Betrag von 1.712,75 € berücksichtigt worden.

153

Das Landgericht hat dies – sachverständig beraten – in der angefochtenen Entscheidung zutreffend begründet.

154

Dass ein Betrag in dieser Größenordnung auszugleichen ist, ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. Peter K… in dem schriftlichen Gutachten vom 10. Januar 2014 (Bl. 482 – 488 d. A.) und im Termin vom 5. März 2014 (Bl. 513 - 517 d. A.).

155

Zur weiteren Begründung kann Bezug genommen werden auf die Ausführungen des Landgerichts auf Seite 16 und 17 der angefochtenen Entscheidung (Bl. 535 – 536 d. A.).

156

b) Das Landgericht hat auch mit zutreffender Begründung festgestellt, dass von der Klägerin ausgeglichene Rechnungen von Dr. C… P… in Höhe eines Betrages von 1.483,79 € (Teil der Rechnung vom 17. September 2009) und 23,27 € (Teil der Rechnung vom 14. Dezember 2009) zu erstatten sind.

157

Insoweit kann zur Begründung auf die Ausführungen des Landgerichts auf Seite 17 - 20 der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden (Bl. 536 - 539 d. A.).

158

c) Es errechnet sich der zuerkannte Gesamtbetrag von 3.219,81 € (1.712,75 € + 1.483,79 € + 23,27 €).

159

Ob darüber hinaus weitere Schadensersatzansprüche der Klägerin bestehen, kann dahinstehen, weil die Klägerin im Berufungsverfahren keine weitergehenden Ansprüche geltend gemacht hat.

160

5. Der Beklagte hat der Klägerin auch das von ihr bislang gezahlte Honorar in Höhe von 1.187,06 € zurückzuerstatten, weil die von ihm durchgeführte Behandlung unbrauchbar gewesen ist.

161

Dass sich die Beschwerden der Klägerin in nennenswerter Weise durch die Behandlung bei ihm gebessert hätten, ist nicht erkennbar. Durch die Behandlung sind vielmehr neue Beschwerden und Beeinträchtigungen entstanden, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat.

162

6. Die Klägerin kann von dem Beklagten wegen der fehlerhaften Behandlung auch Schmerzensgeld verlangen.

163

Eine auf den Zeitraum bis 31. Dezember 2011 beschränkte Zuerkennung von Schmerzensgeld – wie vom Landgericht festgelegt - ist aber nicht möglich.

164

Schmerzensgeld ist bezogen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu bewilligen. Der Verletzte kann sein Schmerzensgeldbegehren nicht auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum beschränken (OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 927; OLG Oldenburg NJW-RR 1988, 615).

165

Weil eine zeitliche Beschränkung unzulässig ist, entscheidet der Senat über das Schmerzensgeldbegehren des Klägers nach Maßgabe seines Hilfsantrags.

166

Hinsichtlich der Höhe des zuzuerkennenden Schmerzensgeldes sind zunächst der schwerwiegende behandlungsfehlerhafte Eingriff bei der Klägerin (mehrfacher Zahnverlust und Ausfräsung des Kiefers) und die daraus für die Klägerin resultierenden Folgen maßgeblich, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat.

167

Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin ausweislich der von ihr unterzeichneten Schriftstücke ausdrücklich nach der von dem Beklagten praktizierten alternativen Methode behandelt werden wollte.

168

Wenngleich die Klägerin – worauf noch einzugehen sein wird – nicht wirksam in den genannten Eingriff (vom 21. September 2006) eingewilligt hat, kann bei der Schmerzensgeldbemessung nicht außer Acht bleiben, dass die gewählte Alternativmethode ihrem ausdrücklichen Wunsch entsprach.

169

Unter Berücksichtigung dessen hält der Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000,00 € für angemessen, aber auch ausreichend.

170

7. Den dargestellten Ansprüchen der Klägerin steht nicht entgegen, dass sie schriftlich in die Behandlung (Extraktion der Zähne und Ausfräsen des Kiefers) eingewilligt hat.

171

Ein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen - wie vorliegend - wird durch eine Einwilligung nicht gerechtfertigt.

172

Im Übrigen beruhte die Einwilligung der Klägerin in die durchgeführte „Radikalmaßnahme“ erkennbar darauf, dass der Beklagte sie nicht hinreichend aufgeklärt hat. So ist nachvollziehbar, dass die wegen ihrer multiplen Beschwerden in psychisch schlechter Befassung befindliche Klägerin davon ausgegangen ist, dass die „Radikalbehandlung“ unbedingt notwendig sei zur Linderung ihrer Leiden. Es wäre an dem Beklagten gewesen, sie darüber aufzuklären, dass vor einem solchen „Radikaleingriff“ eine interdisziplinäre Befunderhebung und eine entsprechende Auswertung erforderlich sind. Weiter hätte es ihm oblegen, sie hinreichend darüber aufzuklären, dass es nahe lag, wegen ihrer multiplen Beschwerden auch zunächst andere Ursachen und ggf. deren Behandlung in die Therapie einzubeziehen.

173

Weil dies alles nicht geschehen ist, hatte die Klägerin als Laie keine ausreichende Tatsachengrundlage, um die Tragweite ihrer Einwilligung zu überblicken.

174

8. Das notwendige Feststellungsinteresse für den gestellten Feststellungsantrag ist gegeben. Aufgrund der sachverständigen Ausführungen von Prof. Dr. W… steht fest, dass aufgrund der durchgeführten Behandlung des Beklagten noch nicht voraussehbare Folgeschäden bei der Klägerin möglich sind.

175

Dem Feststellungsantrag der Klägerin ist in Form ihres Hilfsantrags stattzugeben.

176

Soweit das Landgericht - entsprechend dem Hauptantrag der Klägerin - in dem Feststellungsausspruch eine zeitliche Zäsur vorgenommen hat, ist dies nicht gerechtfertigt. Wie bereits ausgeführt ist bei der Bemessung des immateriellen Schadens auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Es besteht daher kein Feststellungsinteresse für einen Ausspruch, der auf einen davor liegenden Zeitpunkt abstellt. Für den Anspruch auf Ausgleich der materiellen Schäden gilt dies entsprechend.

177

9. Die vom Landgericht zuerkannte Zinsforderung (Rechtshängigkeitszinsen) entspricht der Rechtslage.

178

Zur Begründung kann auf die entsprechenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen werden.

C.

179

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

180

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet sich auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

181

Der Senat lässt für den Beklagten gemäß § 543 Abs. 1 und 2 ZPO die Revision gegen das Urteil zu.

182

Zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts darüber erforderlich, ob und inwieweit unter Berücksichtigung der zwischen den Parteien vereinbarten besonderen Heilmethode die von dem Beklagten bei der Klägerin durchgeführte Behandlung fehlerhaft gewesen ist.

183

Beschluss

184

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 21.906,87 € (1.187,06 € + 3.219,81 € + 15.000,00 € + 2.500,00 €) festgesetzt.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


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(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht. (2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung

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Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

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Landgericht Frankenthal (Pfalz) Urteil, 19. März 2014 - 4 O 450/11

bei uns veröffentlicht am 19.03.2014

Tenor 1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.187,06 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2012 zu zahlen. 2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 3.219,81 € nebst Zins

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.187,06 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2012 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 3.219,81 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2012 zu zahlen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 € für die im Zeitraum vom 21.09.2006 bis 31.12.2011 erlittenen Beeinträchtigungen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2012 zu zahlen.

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen Schäden aus der Zahnbehandlung vom 21.09.2006 zu ersetzen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen, sowie ihr sämtliche immateriellen Schäden aus der Behandlung vom 21.09.2006 zu ersetzen, soweit diese nach dem 31.11.2011 entstanden sind oder noch entstehen sollten.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 25 %, der Beklagte 75 %.

7. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt den Beklagten mit der am 10.05.2012 zugestellten Klage wegen rechtswidriger und fehlerhafter zahnärztlicher Behandlung auf Rückerstattung von Behandlungskosten, Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie auf Feststellung der Einstandspflicht für weitere materielle und künftige immaterielle Schäden in Anspruch.

2

Am 14.09.2006 besuchte die Klägerin, die unter diversen körperlichen Schmerzen und unter emotionaler Erschöpfung litt, einen Vortrag des Beklagten, der in seinem Internet-Auftritt für eine ganzheitliche Behandlung durch Beseitigung von Störfeldern im Kiefer, die er als Ursache von allgemeinen körperlichen Beschwerden sieht, wirbt.

3

Am Folgetag unterzeichnete sie in der Praxis des Beklagten eine Vereinbarung über die Privatberechnung einer „kinesiologischen Testung zur Herdsuche“.

4

Ferner füllte sie ein Formular „Fragebogen zur herdbezogenen Krankengeschichte“ aus, in welchem sie ihre Beschwerden wie folgt beschrieb: „Schwäche, Gelenkschmerzen, Verdauungsbeschwerden, Muskel- und Sehnenschmerzen, Rückenbeschwerden: Nacken, mittlere Wirbelsäule, untere Wirbelsäule, seit Jahren kalte Füße, kalte Hände“. Neben weiteren Angaben, hinsichtlich derer auf die vorgelegte Anlage K 1 (Bl. 19 ff. d.A.) verwiesen wird, gab sie unter der Rubrik „psychische Störungen“ folgendes an: „sehr labiles Selbstwertgefühl, starke innere Schwankungen“.

5

Am 15.09.2006 nahm der Beklagte eine von ihm so bezeichnete „Herd- und Störfeldtestung“ vor und stellte daraufhin folgende Diagnose: „mehrfaches Zahnherdgeschehen mit Abwanderungen von Eiweißzerfallsgiften in den rechten Schläfen- und Hinterkopfbereich und bis in den Unterleib“. Des Weiteren stellte er ein „Kieferknochendystrophiesyndrom“ und einen „stillen Gewebsuntergang im Knochenmark“ fest. Als Therapie empfahl er der Klägerin die operative Entfernung sämtlicher Backenzähne und die gründliche Ausfräsung des gesamten Kieferknochens (vgl. Anlage K 3, Bl. 24 ff. d.A.).

6

Die Einzelheiten des daraufhin geführten Aufklärungsgespräches stehen zwischen den Parteien im Streit. Die Klägerin unterzeichnete in diesem Zusammenhang eine „Einwilligung zur Herdsanierung“, wegen deren Inhalts auf die Anlage K 4 (Bl. 27 ff. d.A.) verwiesen wird. Die voraussichtlichen Kosten der Behandlung einschließlich einer prothetischen Versorgung veranschlagte der Beklagte auf einen Betrag von 10.000,-- bis 11.000,-- €.

7

Die Klägerin entschloss sich dann, in einem ersten Schritt die Zähne 14 - 17 im rechten Oberkiefer entfernen und den Kieferknochen in der Region 14 - 18 ausfräsen zu lassen.

8

Diese Maßnahme führte der Beklagte am 21.09.2006 durch.

9

Am 07.11.2006 erhielt die Klägerin einen Zahnersatz, wobei sie diesen selbst im Zahnlabor in Neustadt/Wstr. abholte, so dass keine Einsetzung, Anpassung oder Einweisung in den Umgang mit der Prothese durch den Beklagten erfolgten.

10

Am 17.11.2006 stellte sie sich wegen Druckstellen der Prothese einmalig in der Praxis des Beklagten vor.

11

Wegen weiterer Passprobleme wandte sie sich dann an den wohnortnah als Zahnarzt tätigen Zeugen A, der die Prothese als völlig unbrauchbar bezeichnete.

12

Mit Schreiben vom 28.12.2006 teilte die Klägerin dem Beklagen mit, dass sie wegen Diagnose-, Aufklärungs- und Behandlungsfehlern die Zahlung weiteren Honorars vorerst ablehne (Anlage K 6, Bl. 38 ff. d.A.). Gleichzeitig erklärte sie die Kündigung des Vertrages.

13

Für die bereits erfolgte Behandlung durch den Beklagten zahlte die Klägerin an diesen insgesamt 1.187,06 €

14

Sie begab sich sodann in anderweitige Behandlung bei den Zeugen A und Dr. B sowie den Physiotherapeuten C und D. Welche Behandlungen insofern notwendig waren und welche Kosten der Klägerin hierfür entstanden, ist zwischen den Parteien streitig.

15

Die Klägerin behauptet,

16

die durch den Beklagten vorgenommene Testung sei in keiner Weise geeignet gewesen, eine sichere Diagnose zu stellen, die die sodann empfohlene und durchgeführte Behandlung hätte indizieren können. Es stelle einen (groben) Befunderhebungsfehler dar, dass der Beklagte keine weiteren Diagnosemaßnahmen ergriffen habe. Die Extraktion der Backenzähne und die Ausfräsung des Oberkieferknochens seien unter keinem Gesichtspunkt medizinisch indiziert und auch nicht geeignet gewesen, ihre körperlichen Beschwerden zu beheben oder zu lindern.

17

Sie ist der Auffassung, ihre Einwilligungserklärung in die Behandlung sei unwirksam, da sie diese nur auf der Basis der ihr geschilderten, medizinisch aber völlig falschen Diagnose abgegeben habe. Weiter ist sie der Auffassung, der schriftliche Aufklärungsbogen sei inhaltlich unzureichend und fehlerhaft. So werde die streitgegenständliche Behandlung dort als einziger vernünftiger Behandlungsansatz dargestellt. Außerdem sei dieses Aufklärungsschreiben nicht individuell auf ihren Fall bezogen, sondern werde generalisiert verwendet. Ihr seien keine Behandlungsalternativen genannt worden. Des Weiteren seien die Folgen der aufklärungsgegenständlichen Behandlung falsch dargestellt worden. So sei in dem Bogen zwar mitgeteilt, dass ein Zahnersatz notwendig werde; verschwiegen werde aber, dass weder eine Prothese noch eine Brücke noch Implantate möglich sein würden und der Kieferknochen sich zwangsläufig weiter zurückbilden werde. Weder in diesem Bogen noch in dem geführten Gespräch habe der Beklagte sie darüber aufgeklärt, dass es sich um eine absolute Außenseitermethode handele.

18

Ihre Beschwerden hätten sich durch die Behandlung nicht verbessert; die Verdauungsprobleme hätten sich sogar noch verstärkt.

19

Um einen sicher abstützenden Zahnersatz herstellen zu können, bedürfe es nun einer umfangreichen Aufbaumaßnahme des Kieferknochens durch Knochenaufbau mit Beckenkammknochen und der Insertion von Implantaten.

20

Für zahnärztliche und physiotherapeutische Leistungen, die erforderlich gewesen seien, um die Voraussetzungen für einen funktionierenden Zahnersatz zu ermöglichen, habe sie bisher 11.114,78 € aufgewendet (vgl. im Einzelnen Seite 13 ff. der Klageschrift Bl. 123 ff. d.A.). Möglicherweise seien in der Zukunft noch weitere Knochenaufbaumaßnahmen erforderlich.

21

Die Klägerin beantragt nach Modifizierung des Feststellungsantrages hinsichtlich der Herausnahme übergegangener oder übergehender Ansprüche auf Ersatz materieller Schäden zuletzt,

22

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.187,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

23

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 10.372,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

24

3. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 5.000,-- € für den Zeitraum vom 21.09.2006 bis 31.12.2011 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

25

4. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche weiteren materiellen Schäden aus der Zahnbehandlung vom 21.09.2006 zu ersetzen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen sollten, sowie sämtliche immateriellen Schäden, soweit diese nach dem 31.12.2011 entstehen.

26

Der Beklagte beantragt

27

Klageabweisung.

28

Er behauptet,

29

er habe die Klägerin ordnungsgemäß und ausführlich aufgeklärt über die Art der Behandlung, die von ihm angewendeten Methoden, die gegenläufigen Ansätze der Schulmedizin und sein bewusstes Abweichen von diesen, über die Erfolgsaussichten und Risiken sowie über die Bedeutung der Maßnahmen für die Möglichkeiten einer späteren prothetischen Versorgung. Den Einwilligungsbogen habe er der Klägerin am 15.09.2006 ausgehändigt, unterzeichnet habe diese ihn am 22.09.2006.

30

Die Extraktion der Zähne 14 - 17 und die Ausfräsung des Kiefers seien indiziert und gerechtfertigt gewesen, da diese Bereiche sehr starke Herd- und Störfeldbelastungen aufgewiesen hätten.

31

Infolge seiner Behandlung seien frühere Müdigkeitserscheinungen der Klägerin zurückgegangen. Soweit andere Beschwerden fortbestünden, beruhe dies auf dem Behandlungsabbruch durch die Klägerin.

32

Auch die klagegegenständlichen Folgekosten seien allein auf den Behandlungsabbruch seitens der Klägerin zurückzuführen. Zudem habe das Zuwarten der Klägerin mit der Nachbehandlung eine Kostensteigerung zur Folge gehabt.

33

Soweit die Klägerin eine Passungenauigkeit der Prothese rüge, habe sie sich lediglich einmal (am 17.11.2006) zur Entfernung einer Druckstelle vorgestellt. Deshalb habe er für etwaige Passprobleme nicht zu haften.

34

Soweit die Klägerin moniere, dass wegen der Ausfräsung des Kieferknochens keine Implantate gesetzt werden könnten, obwohl diese notwendig seien, um einen weiteren Abbau des Kieferknochens zu verhindern, stellten Implantate erhebliche Krankheitsrisiken dar, da sie das Abwandern von Herdgiften in den Körper ermöglichten, was zu Autoimmunerkrankungen und anderen Schwersterkrankungen führen könne. Mit Implantaten versorgte Menschen erkrankten früher oder später als Folge der Insertionen, viele davon schwerst.

35

Auf den klägerischen Antrag vom 19.11.2007 hin hat die Kammer unter dem Aktenzeichen 4 OH 18/07 ein selbständiges Beweisverfahren geführt und zwei schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. E eingeholt. Die Kammer hat die Akte des selbständigen Beweisverfahrens beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

36

Im Hauptsacheverfahren hat die Kammer die Parteien angehört und die Zeugen D, Dr. B und A vernommen, eine schriftliche Aussage der Zeugin C sowie zwei ergänzende Stellungnahmen des Sachverständigen Prof. Dr. E und ein Gutachten des Sachverständigen Dr. F eingeholt; ferner hat sie beide Sachverständige ergänzend angehört.

37

Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten vom 23.04.2009 (Bl. 248 ff. der Beiakte), vom 17.02.2010 (Bl. 366 ff. der Beiakte), die ergänzenden Stellungnahmen des Sachverständigen Prof. Dr. E vom 17.05.2013 (Bl. 279 ff. d. A.) und 14.06.2013 (Bl. 308 ff. d. A.), auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. F vom 10.01.2014 (Bl. 482 ff. d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 29.08.2012, 05.09.2012, 25.09.2013 und 05.03.2014 verwiesen.

38

Zur Ergänzung des Tatbestandes und wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

39

Die Klage ist zulässig und im ausgeurteilten Umfang auch begründet, im Übrigen indes unbegründet.

40

Der Klägerin stehen gegen den Beklagten wegen einer Verletzung der Pflichten aus dem zwischen ihnen geschlossenen Behandlungsvertrag sowie aus unerlaubter Handlung Ansprüche auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und Feststellung der Einstandspflicht für weitere bzw. künftige Schäden gemäß §§ 280 Abs. 1, 675 Abs. 1, 611 ff. BGB sowie gemäß §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, § 229 StGB zu.

41

Dem Beklagten sind in Bezug auf die streitgegenständliche Entfernung der Zähne im rechten Oberkiefer und die Ausfräsung des Kieferknochens in dieser Region Befun- derhebungs-, Diagnose- und Behandlungsfehler unterlaufen, weshalb sich die betreffenden Maßnahmen sowohl als rechts- wie auch als pflichtwidrig darstellen. Des Weiteren erweist sich die Behandlung durch den Beklagten auch als völlig unbrauchbar, so dass er das hierfür erhaltene Honorar an die Klägerin zurückzuerstatten hat.

42

Die Nebenentscheidungen folgen dem Ergebnis zur Hauptsache.

1.

43

Nach Durchführung der Beweisaufnahme, maßgeblich nach Einholung der schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. E und dessen ergänzender mündlicher Anhörung, ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass bereits die Befunderhebung durch den Beklagten unzureichend war.

44

Der Sachverständige Prof. Dr. E hat plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass im Hinblick auf das vielschichtige Beschwerdebild der Klägerin mit Sehschwäche, Gelenkschmerzen, Verdauungsbeschwerden, Muskel- und Sehnenschmerzen, Rückenbeschwerden, kalten Händen und Füßen, Einschlafschwierigkeiten, leichten Unterleibsschmerzen, labilem Selbstwertgefühl mit starken inneren Schwankungen, häufigen Ohrenschmerzen, Neigung zu Erkältungskrankheiten, Ekzemen, Kälteempfindlichkeit der Molaren 46 und 47 sowie Müdigkeit diese Beschwerden interdisziplinär abzuklären gewesen wären. Diese interdisziplinäre Befunderhebung hat der Beklagte indes ebenso unterlassen wie eine ebenfalls gebotene Befunderhebung bezüglich der von ihm gestellten Diagnose eines chronischen Schmerzzustandes. Die von ihm ergriffenen Befunderhebungsmaßnahmen waren bereits mangels Objektivierbarkeit ungeeignet; im Übrigen trugen sie der Vielzahl und Vielschichtigkeit der Beschwerden der Klägerin betreffend unterschiedliche Körperregionen ebenso wenig Rechnung wie allgemeinen medizinischen Erfahrungen und Kenntnissen. Vielmehr wendete der Beklagte lediglich nicht objektivierbare, maßgeblich von ihm selbst und daneben nur sehr vereinzelt propagierte Untersuchungsmethoden an. Diese vermochte er weder der Kammer in auch nur ansatzweise nachvollziehbarer Weise plausibel zu erklären, noch waren sie für den Sachverständigen in irgendeiner Weise wissenschaftlich nachvollziehbar.

45

Soweit er im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.08.2012 schilderte, eine Befunderhebung über Beschwerden, wie sie die Klägerin äußerte, habe dadurch zu erfolgen, dass mit einer Hand der Puls des Patienten am Handgelenk gemessen und mit der anderen Hand der Kiefer von Zahnbereich zu Zahnbereich palpiert werde, weil man dann Pulsänderungen dort spüre, wo der Kiefer leblos sei, ist die Kammer überzeugt, dass es sich insofern nicht um eine wissenschaftlich fundierte, hinreichend sichere Ergebnisse liefernde Vorgehensweise handelt. Die Kammer ist - durch den Gutachter Prof. Dr. E sachverständig beraten - auch zu dem Ergebnis gelangt, dass auf die geschilderte Art und Weise - Übergabe einer Ampulle mit einem Präparat aus Kiefermaterial von Rinderföten in die Hand des Patienten oder Auflegen auf dessen Brust - die Ursache von solchen Beschwerden, wie sie von der Klägerin unstreitig geschildert wurden, nicht verlässlich zu ermitteln ist. Gleiches gilt hinsichtlich der weiteren Maßnahme des Beklagten, der Klägerin Ampullen mit toten Zähnen aufgelegt zu haben, wie auch für das Vorgehen, durch Auflegen einer Hand auf den Bauch und Druck auf den ausgestreckten Arm der Patientin Nervenblockaden und deren Ursachen zu ermitteln.

46

Im Ergebnis ist die Kammer deshalb zu der Überzeugung gelangt, dass die durch den Beklagten vorgenommene Befunderhebung medizinisch fehlerhaft war.

2.

47

Des Weiteren hat die Beweisaufnahme auch die Fehlerhaftigkeit der beklagtenseits gestellten Diagnosen eines Kieferknochendystrophiesyndroms, eines stillen Gewebsuntergangs im Knochenmark und eines mehrfachen Zahnherdgeschehens mit Einwanderung von Eiweißzerfallgiften in den rechten Schläfen- und Hinterkopfbereich bis in den Unterleib ergeben.

48

a) Der Sachverständige Prof. Dr. E hat dargelegt, dass es sich bei der Bezeichnung Kieferknochendystrophiesyndrom um eine Schöpfung des Beklagten handelt, die in der medizinischen Literatur in keiner Weise beschrieben ist. Der Beklagte vermochte auch nicht, diese von ihm verwendete Begrifflichkeit plausibel zu beschreiben. Die Erläuterungen auf Seite 26 des Schriftsatzes vom 24.07.2013 (Bl. 373 d. A.), es handele sich um eine Adaption der Sudeck'schen Dystrophie, bestätigt vielmehr, dass diese vermeintliche Erkrankung nicht wissenschaftlich anerkannt ist, sondern eine Theorie des Beklagten (und ggf. seines Lehrers/Vorbildes) darstellt.

49

b) Gleiches gilt für die weitere Diagnose eines stillen Gewebsuntergangs im Knochenmark. Auch insofern handelt es sich nicht um eine anerkannte oder wenigstens von Teilen der Literatur beschriebene Diagnose. Der Beklagte hat auch diesbezüglich keine nachvollziehbare Erklärung zu diesem von ihm verwendeten Begriff abzugeben vermocht. Die Kammer erachtet auch diese Diagnose als fehlerhaft, da bereits das Wesen dieses Symptoms nicht verständlich ist, die durch den Beklagten angenommene Erkrankung in keiner Weise wissenschaftlich anerkannt ist und eine diesbezügliche Theorie nur von einer absolut vereinzelt gebliebenen Mindermeinung, namentlich durch den Beklagten und seinen Lehrer, vertreten wird. Die Kammer ist - beraten durch den Sachverständigen Prof. Dr. E - deshalb zu dem Ergebnis gelangt, dass die gestellten Diagnosen nicht nach dem heutigen Stand der Wissenschaft als lege artis zu bewerten sind, sondern wissenschaftlich nicht belegbare Vorgehensweisen und Bewertungen auf der Basis einer nicht hinreichend evidenzbasierten vereinzelten Meinung darstellen, der im Wesentlichen nur der Beklagte und dessen Ausbilder folgen. Mangels wissenschaftlicher Nachweisbarkeit und Evidenz geht die Kammer von einem vorwerfbaren Diagnosefehler aus.

50

c) Auch die weitere Diagnose eines mehrfachen Zahnherdgeschehens mit Abwanderung von Eiweißzerfallsgiften in den rechten Schläfen- und Hinterkopfbereich bis in den Unterleib stellt eine unzutreffende, da in keiner Weise objektivier- oder verifizierbare Diagnose dar.

51

d) Im Ergebnis erweist sich somit die Diagnose des Beklagten mit Ausnahme der zutreffenden Feststellung eines chronischen Schmerzgeschehens als unzutreffend und fehlerhaft.

3.

52

Die durch den Beklagten durchgeführte Behandlung in Form der Extraktion der im rechten Quadranten gelegenen Zähne mit Ausfräsung des dort befindlichen Kieferknochens erweist sich ebenfalls als fehlerhaft.

53

Eine medizinische Indikation für diese Maßnahmen ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festzustellen.

54

Vielmehr waren die Extraktionen und die Ausfräsung nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in keiner Weise medizinisch indiziert. Aufgrund des Zahnstatus waren lediglich eine Extraktion des Zahns 15 sowie eine Revision der Wurzelkanalfüllung des Zahns 17 geboten, nicht indes eine Entfernung sämtlicher Zähne in diesem Quadranten, geschweige denn eine weitreichende Abtragung der Knochensubstanz in einem Umfang, der eine Implantat getragene Versorgung ausschließt.

4.

55

Der Beklagte vermag sich auch nicht auf eine wirksame Einwilligung der Klägerin - bei deren Vorliegen prinzipiell nicht nur eine Rechtswidrigkeit, sondern auch eine Pflichtwidrigkeit der Behandlung ausscheiden würden - zu berufen. Zwar hat die Klägerin in die betreffenden Maßnahmen tatsächlich eingewilligt. Diese Einwilligung erweist sich indes als unwirksam, da sie auf einer unzureichenden und fehlerhaften Aufklärung über Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten sowie ganz generell darauf beruht, dass der Beklagte der Klägerin sein Vorgehen im Rahmen einer nicht von schulmedizinischen Erkenntnissen gedeckten, weder wissenschaftlich noch objektiv vernünftig nachvollziehbaren Außenseitermethode nicht hinreichend dargelegt und erläutert und so keine ausreichende - nämlich auf hinreichender Aufklärung beruhende - Basis für deren Einwilligung geschaffen hat.

56

Wie bereits ausgeführt, erweisen sich Befunderhebung und Diagnose, die der Beklagte der Klägerin mitteilte, gemessen am schulmedizinischen Wissensstand in weiten Teilen als unzutreffend. Gleiches gilt hinsichtlich der als indiziert vom Beklagten angeratenen Behandlung. Dass und welche konkreten Maßnahmen nach der zahnärztlichen Schulmedizin vorliegend geboten gewesen wären, hat der Beklagte der Klägerin unstreitig nicht hinreichend erläutert. Der Klägerin wurde dementsprechend auch nicht in hinreichend deutlicher Weise vor Augen geführt, welche konkreten alternativen Behandlungsmöglichkeiten (Extraktion des Zahns 15 und Revision der Wurzelkanalbehandlung des Zahns 17) mit welchen Erfolgsaussichten und Risiken in Betracht kamen.

57

Die Kammer ist auch nicht davon überzeugt, dass der Beklagte die von ihm verwendete Außenseitermethode hinreichend dargestellt, geschweige denn in ihrer Bedeutung und ihren Ausmaßen der Klägerin hinreichend erläutert hat. Diesbezüglich finden sich in den vorgelegten Aufklärungsunterlagen, namentlich dem Vordruck über die „Einwilligung zur Operativen Herdsanierung“ (Anlage 4, Bl. 27 ff. d.A.) lediglich pauschale Verweise darauf, dass Kostenträger, Gutachter und Kollegen diese beklagtenseits offerierte Behandlung, insbesondere die Zahnentfernung sowie die Ausfräsung des Kieferknochens, schulmedizinisch als nicht erforderlich ansähen und ablehnten, dass in der Schulmedizin, wohl aus finanziellem Eigeninteresse, in der Regel versucht werde, Zähne - beispielsweise durch Wurzelbehandlung - zu erhalten und dass eine Kostenübernahme durch den Versicherungsträger „möglicherweise“ nicht gesichert sei. Dies indes suggerierte in unzulässiger Weise eine - in welcher Weise auch immer geartete - Vergleichbarkeit und Substituierbarkeit schuldmedizinischer Methoden mit denen des Beklagten. Dass die empfohlene „alternativmedizinische Theorie von der Herdbelastung“ vielmehr in keinem - nach wissenschaftlichen Methoden mess- und bewertbaren, objektiv nachvollziehbaren Kategorien folgenden - Konkurrenzverhältnis zur Schulmedizin stand und steht, vielmehr lediglich auf rein subjektiven Vorstellungen und Wertungen des Beklagten beruhte und beruht, wurde gerade nicht offengelegt.

58

Damit erweist sich die Aufklärung des Beklagten über Behandlungsalternativen als unzureichend, so dass die Einwilligungserklärung der Klägerin die streitgegenständlichen Maßnahmen nicht zu rechtfertigen vermag.

5.

59

Der Beklagte vermochte auch nicht den Nachweis eines rechtmäßigen Alternativverhaltens zu führen. Nach dem Vortrag der Parteien und dem Ergebnis der Parteianhörung ist die Kammer nicht überzeugt, dass die Klägerin auch bei hinreichender Aufklärung über die absolute Außenseitermethode des Beklagten hinsichtlich Befunderhebung und Diagnose und die - nach schulmedizinischen Erkenntnissen beurteilte - Ungeeignetheit der vorgeschlagenen Maßnahmen zur Behebung der von ihr geschilderten multifunktionellen Beschwerden und Schmerzen in gleicher Weise in die Behandlung eingewilligt und sich dieser unterzogen hätte.

60

Vielmehr gab die Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 29.08.2012 in völlig plausibler Weise an, dass sie sich der Behandlung deshalb unterzogen habe, weil sie der Diagnose des Beklagten betreffend eine Vergiftung im Kiefer völlig vertraut habe.

61

Aus den vorstehenden Gründen erweist sich die Behandlung durch den Beklagten nicht nur als pflicht-, sondern auch als rechtswidrig, da sie nicht von einer wirksamen tatsächlichen oder hypothetischen Einwilligung der Klägerin gedeckt war.

6.

62

Somit hat der Beklagte der Klägerin dem Grunde nach für sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus der streitgegenständlichen Behandlung vom 21.09.2006 zu haften.

63

a) Im Hinblick auf die vorstehend dargelegte Unbrauchbarkeit der Behandlung hat er insofern zunächst gemäß §§ 280 Abs. 1, 675 Abs. 1, 611 ff., 628 Abs. 1 Satz 2, 812 Abs. 1 Satz 2 BGB das von der Klägerin gezahlte Honorar zurück zu erstatten.

64

Die Beschwerden der Klägerin haben sich durch die Behandlung nicht gebessert. Dies hat seine Ursache - entgegen der Auffassung des Beklagten - auch nicht darin, dass die „Behandlung“ nicht fortgesetzt, somit der restliche Zahnbestand nicht extrahiert und der Kieferknochen in diesen Bereichen nicht ausgefräst wurde. Vielmehr steht nach dem Ergebnis der Begutachtung fest, dass weder der durchgeführte Teilschritt noch die Gesamtheit der angedachten Behandlungsmaßnahmen geeignet war bzw. geeignet gewesen wäre, die streitgegenständlichen Beschwerden der Klägerin zu lindern oder gar zu beheben.

65

Der Beklagte schuldet deshalb Rückzahlung des bereits erhaltenen Honorars in Höhe von 1.187,06 €, so dass dem Klageantrag zu 1. stattzugeben war.

66

b) Des Weiteren hat der Beklagte der Klägerin Schadensersatz wegen derjenigen Aufwendungen zu leisten, die aufgrund der von ihm rechtswidrig und fehlerhaft durchgeführten Behandlung erforderlich wurden.

67

Unstreitig hat die Klägerin in der Zeit nach der streitgegenständlichen Behandlung durch den Beklagten folgende Aufwendungen getätigt:

68

1. Für eine Funktionsanalyse und Kieferabdrücke sowie die Erstellung eines Heil- und Kostenplans durch den Zahnarzt Dr. A zahlte sie 544,63 €.

69

2. Für die Anpassung eines Bionators, eine dentinadhäsive Mehrschichtenkonstruktion, Anpassungen des Bionators, eine Kontrolle der Aufbisshilfe und eine Magnetfeldbestrahlung durch die Zeugin Dr. B wendete die Klägerin insgesamt 1.690,50 € auf.

70

3. Zur physiotherapeutischen Behandlung des durch die Ausfräsung entstandenen Kieferfehlstandes durch die Zeuginnen C und D entstanden Kosten in Höhe von insgesamt 639,50 €.

71

4. Für die Anfertigung und Anbringung einer teleskopierenden Teilprothese im rechten Oberkiefer durch den Zeugen Dr. A zahlte die Klägerin an diesen ein Honorar in Höhe von 8.240,15 €.

72

Soweit der Beklagte der Auffassung ist, die betreffenden Maßnahmen wären bei Fortsetzung seiner Behandlung nicht entstanden, so dass die Klägerin sich die aus dem Behandlungsabbruch resultierenden Kosten wegen Verletzung ihrer Schadensgeringhaltungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB müsse anlasten lassen, geht dies bereits insofern fehl, als die betreffende Behandlungsfortsetzung wiederum fehlerhaft gewesen und daher der Klägerin schon von Vornherein nicht zumutbar gewesen wäre.

73

Soweit der Beklagte die Erforderlichkeit der vorstehend wiedergegebenen Maßnahmen bestreitet, steht nach Durchführung der Beweisaufnahme zur hinreichenden Überzeugung der Kammer fest, dass diese im ausgeurteilten Umfang auf der rechtswidrigen und fehlerhaften Behandlung durch den Beklagten beruhen.

74

Den durch den Zeugen A unter dem 15.12.2006 und dem 20.01.2011 erstellten Rechnungen ist zu entnehmen, dass diese zum einen (Rechnung vom 15.12.2006) eine Abdrucknahme, eine Scharnierachsenbestimmung und eine Registrierung der Bisslage zur Vorbereitung einer prothetischen Neuversorgung, zum anderen (Rechnung vom 20.01.2011) die Versorgung sowohl der betroffenen Oberkieferregion wie auch weiterer Kiefer mit Kronen und Prothesen zum Gegenstand haben. Die Kammer ist nach Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass lediglich ein Maßnahmen- und Kostenaufwand von 1.712,75 € (von insgesamt 8.784,78 €) zur Behebung des durch den Beklagten geschaffenen Zustandes erforderlich war.

75

Zwar hat der Sachverständige Prof. Dr. E ausgeführt, dass sämtliche durch den Zeugen A vorgenommenen Behandlungen notwendig gewesen seien, um eine adäquate, zahngetragene Abstützung im Oberkiefer zu realisieren und in sinnvoller und zielführender Weise eine korrekte Kaufunktion wieder herzustellen. Er hat indes ausdrücklich mehrfach auf die Notwendigkeit eines prothetischen Gutachtens zur exakten Klärung hingewiesen. Nach Einholung eines prothetischen Gutachtens und Anhörung des Sachverständigen Dr. F ist die Kammer überzeugt, dass lediglich ein Gesamtaufwand von 1.712,75 € durch den Beklagten zu verantworten ist. Der Sachverständige Dr. F hat insofern ausgeführt, dass zur Versorgung der Regionen 14 - 17 lediglich 3 Teleskopkronen und eine Prothese in diesem Bereich erforderlich waren, es sich bei den weiteren Arbeiten dagegen um eine allgemeine Gebisssanierung handele, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der durch den Beklagten geschaffenen Situation stehe. Dies war für die Kammer auch plausibel und nachvollziehbar, so dass sie dem Sachverständigen Dr. F dahingehend folgt, dass die in den anderen Kieferteilen getroffenen Maßnahmen nicht dem Beklagten zuzurechnen sind.

76

Die Gesamtkosten für eine Versorgung der Regionen 14 - 17 einschließlich Vorbereitungsmaßnahmen, dreier Teleskopkronen und einer Prothese hat er mit 3.003,00 € beziffert. Des Weiteren hat er zu der Frage, dass nach den getroffenen Feststellungen der Zahn 15 auf jeden Fall zu extrahieren gewesen wäre, dargelegt, dass der Klägerin zur Versorgung der nach hypothetisch richtiger Behandlung in Form der Entfernung des Zahns 15 entstandenen Lücke Kosten in Form eines Eigenanteils in Höhe von 1.290,25 € erwachsen wären. Abzüglich der Sowiesokosten verbleibt somit ein dem Beklagten zuzurechnender Schaden der Klägerin in Form von Nachbehandlungskosten in Höhe von 1.712,75 €. In diesem Umfang besteht daher ein Erstattungsanspruch gegen den Beklagten.

77

Hinsichtlich der Rechnungen der Zeugen Dr. B vom 17.09.2009 und 14.12.2009 über 1.503,79 € sowie 43,27 € hat die Beweisaufnahme ergeben, dass die Zeugin Dr. B diagnostische Maßnahmen zur Abklärung der Kiefergelenksproblematik ergriffen, eine Schienentherapie durchgeführt und in diesem Zusammenhang auch einen Kontrolltermin durchgeführt hat, welcher Gegenstand der Rechnung vom 14.12.2009 ist.

78

Sämtliche Maßnahmen mit Ausnahme der Position „Magnetfeldbestrahlung“ hat der Sachverständige Prof. Dr. E als Maßnahmen zur Beseitigung des Folgezustandes nach Entfernung der Zähne im rechten Oberkiefer bezeichnet. Diesbezüglich hat er dargelegt, dass die Anfertigung einer Ausgleichs- und Entlastungsschiene im Oberkiefer zur besseren Abstützung der Kiefergelenke und zur Behandlung der vorliegenden Verspannungen, Druckempfindlichkeit und Myogelosen ebenso geboten war wie die Mobilisierung und Dehnung der Kiefergelenkkapsel und die mit Rechnung vom 20.12.2009 abgerechnete Kontrolle der Aufbissschiene.

79

Dagegen ist nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, dass die Position „Magnetfeldbestrahlung“ aus der Rechnung vom 17.09.2009 ursächlich auf der streitgegenständlichen Behandlung beruht und zur Beseitigung der hierdurch hervorgerufenen Schäden erforderlich war. Der Sachverständige vermochte die Notwendigkeit einer Magnetfeldbestrahlung nicht festzustellen. Damit ist deren Erforderlichkeit nicht erwiesen.

80

Soweit Prof. Dr. E darauf verwiesen hat, dass die Behandlung durch Dr. B erst 3 Jahre nach der Behandlung durch den Beklagten erfolgte, vermag die Kammer nicht festzustellen, dass es hierdurch zu einer Schadensausweitung gekommen ist, die ggf. zu einer Anspruchsreduzierung gemäß § 254 Abs. 2 BGB führen könnte. Dass bei einer zeitnahen Behandlung nur geringere Maßnahmen und Kosten zur Behebung des Fehlbisses und der Kiefergelenksfehlstellung erforderlich gewesen wären, hat der Beklagte bereits nicht substantiiert dargetan; solche Tatsachen sind auch den Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. E nicht zu entnehmen.

81

Lediglich weiterführend weist die Kammer darauf hin, dass eine Anspruchskürzung gemäß § 254 Abs. 2 BGB auch deshalb nicht in Betracht kommt, weil nicht ersichtlich ist, dass der Klägerin bewusst gewesen wäre, dass ein Zuwarten mit einer Nachbehandlung zu einer Schadensausweitung führen würde. Sollte eine diesbezügliche Aufklärung der Klägerin geboten gewesen sein, wären eventuelle Aufklärungsfehler der Nachbehandler dem Beklagten zuzurechnen, da der Kausalzusammenhang erst dann unterbrochen ist, wenn sich das Verhalten eines Nachbehandlers als grober Behandlungsfehler darstellt. Solche Umstände sind vorliegend nicht vorgetragen und auch nach sonstiger Aktenlage nicht ersichtlich.

82

Soweit sich aus dem Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. E vom 17.05.2013 ergibt, dass die Zeugin Dr. B möglicherweise zum Teil diagnostische Maßnahmen anstellte, die bereits durch den Zeugen A ergriffen worden waren, führt auch dies nicht zu einer Anspruchskürzung. Im Hinblick auf die Schwere des Eingriffs in ihre körperliche Unversehrtheit durch den Beklagten und die hierdurch herbeigeführte Situation kann es der Klägerin nicht als Verstoß gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht angelastet werden, wenn sie zunächst vor weiteren Behandlungen zurückscheute und sich erst nach 3 Jahren dazu entschloss, eine Nachbehandlung anzugehen. Dass zu diesem Zeitpunkt eine neue Diagnostik erforderlich war, erachtet die Kammer als allgemein bekannt. Insofern stellt auch das Absehen von einer zeitnahen Behandlung nach Aufsuchen des Zeugen A im November 2006 keinen Verstoß gegen die der Klägerin obliegende Schadensminderungspflicht dar. Die Kammer stützt sich dabei insbesondere auf den Umstand, dass die erneuten diagnostischen Maßnahmen durch Dr. B im August 2009 lediglich überschlägige Kosten in Höhe von 1.330,83 € (Gesamtbetrag der Rechnung vom 17.09.2009 mit Ausnahme der Positionen 701 und E 603) mit sich brachten und sich somit in einem moderaten Bereich hielten.

83

Dagegen vermochte die Klägerin einen Kausalzusammenhang zwischen der streitgegenständlichen Fehlbehandlung und den von der Zeugin Dr. B mit Rechnungen vom 24.06.2009 über 71,72 € und 13.07.2009 über ebenfalls 71,72 € abgerechneten Leistungen nicht festzustellen. Der Sachverständige Prof. Dr. E legte diesbezüglich dar, dass diese Rechnungen Füllungsmaßnahmen an den Zähnen 35 und 44 zum Gegenstand haben, die mit der streitgegenständlichen Behandlung nicht in Verbindung zu bringen sind.

84

Hinsichtlich der viszeralen Osteopathiebehandlungen der Zeugin C, für die diese der Klägerin unter dem 29.06.2009 und unter dem 20.07.2009 insgesamt 370,00 € in Rechnung stellte, ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. E nicht eindeutig festzustellen, dass diese Maßnahmen zur Beseitigung von Folgen der Behandlung durch den Beklagten geboten waren. Der Sachverständige verwies insofern auf vorbestehende Gelenk- und Rückenschmerzen und auf die Behandlungsunterlagen der Zeugin C über eine Linkskonvexität der Halswirbelsäule, einen Beckenhochstand links und eine Beinlängendifferenz auf der linken Seite. Dass die Behandlung gänzlich oder in Teilen durch die von dem Beklagten zu vertretende Kiefergelenksproblematik erforderlich wurde, war für den Sachverständigen nicht eindeutig zu erkennen.

85

Soweit die Zeugin D unter dem 07.08.2009 ganzheitliche Therapien mit osteopathischer Basis in Rechnung gestellt hat, hat sie dies im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.08.2012 näher beschrieben. Sie schilderte, dass sie bei der Untersuchung der Klägerin rechtsseitig Okklusionsschwierigkeiten und auf der linken Seite eine Öffnungsstörung festgestellt habe. Daraufhin habe sie die Kiefergelenke, maßgeblich die dortige Muskulatur, bearbeitet und über eine Behandlung der Halswirbelsäule versucht, eine Tonusveränderung für die Kiefergelenke herbeizuführen, um eine möglichst physiologische Position als Voraussetzung für eine prothetische Behandlung zu erreichen. Im Hinblick auf diese Angaben kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Zeugin auch gezielt die Kiefergelenke und damit Folgen der Maßnahme des Beklagten behandelt habe. Allerdings ist nicht festzustellen, welcher Anteil der Behandlungskosten auf diese Maßnahmen entfiel, so dass die Klage insofern unschlüssig blieb.

86

Im Ergebnis hat der Beklagte der Klägerin daher folgende Aufwendungen zu erstatten:

87

1. Teilbetrag aus der Rechnung Dr. B vom 17.09.2009 in Höhe von 1.483,79 € (1.503,79 € abzüglich der Position E 603 i. H. v. 20,00 €),

88

2. Teilbetrag aus der Rechnung Dr. B vom 14.12.2009 in Höhe von 23,27 € (43,27 € abzüglich der Position E 603 i. H. v. 20,00 €),

89

3. Teilbetrag aus den Rechnungen A vom 15.12.2006 und 20.01.2011 in Höhe von insgesamt 1.712,75 € (erforderliche Kosten in Höhe von 3.003,00 € abzüglich Sowiesokosten in Höhe von 1.290,25 €).

90

Damit war dem Klageantrag zu 2. in Höhe von 3.219,81 € unter Abweisung im Übrigen stattzugeben.

91

c) Hinsichtlich des für den Zeitraum vom 21.09.2006 bis 31.12.2011, also bis zum Abschluss der Nachbehandlung, beantragten Schmerzensgeldes waren zu berücksichtigen der Verlust von 4 Zähnen und die massive Ausfräsung des Kieferknochens in diesem Bereich, aufgrund derer eine Implantat getragene Versorgung des Defekts ausscheidet. Ferner waren die erheblichen Schmerzen und Beschwerden zu bewerten, die mit den Maßnahmen des Beklagten einhergingen. Zu berücksichtigen waren auch die daraufhin eingetretenen Folgeschäden, maßgeblich die Kiefergelenksproblematik. Ferner waren einzustellen die hierdurch verursachte Verunsicherung der Klägerin mit erheblichem Vertrauensverlust und Angst vor einer Neuversorgung wie auch Dauer und Aufwand der schließlich unternommenen Nachbehandlung, maßgeblich durch die Zeugen A und Dr. B und C.

92

Dabei hat die Kammer wiederum keinen Verstoß der Klägerin gegen die ihr obliegende Schadensgeringhaltungspflicht wegen des Zuwartens mit einer Neuversorgung für einen Zeitraum von 3 Jahren bis zur Behandlung bei Dr. B und von 4,5 Jahren bis zur Behandlung bei dem Zeugen A angenommen. Sie verweist insofern auf die vorstehenden Ausführungen, denen zufolge der Klägerin nach der traumatischen Erfahrung hinsichtlich der Behandlung durch den Beklagten und die dadurch verursachte Verunsicherung nicht verpflichtet war, sich zur Geringhaltung eines Schmerzensgeldanspruchs umgehend neu versorgen zu lassen (was nach 9 Monaten möglich gewesen wäre). Die Kammer billigt ihr vielmehr den tatsächlich in Anspruch genommenen Zeitraum zur Überwindung ihrer Angst und zur Inangriffnahme einer Nachbehandlung zu.

93

Schließlich hatte - wenn auch in untergeordnetem Umfang - einzufließen, dass der Beklagte die psychische Labilität der Klägerin, die sich aus der Verzweiflung über ihre vielfachen körperlichen Beschwerden eingestellt hatte, ausnutzte. Andererseits hat die Kammer den sicheren Eindruck gewonnen, dass der Beklagte von der Richtigkeit seiner Diagnose und der Geeignetheit seiner Behandlung ausging.

94

Bei Gesamtbetrachtung all dieser Umstände hält die Kammer ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 € für erforderlich, aber auch ausreichend. Insoweit vermochte die Kammer auch ohne Verstoß gegen § 308 ZPO über den Klageantrag zu 3. hinauszugehen, da die Klägerin den Schmerzensgeldanspruch lediglich in Form eines Mindestbetrags beziffert hat.

95

d) Der Antrag auf Verzinsung der Zahlungsansprüche mit 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, mithin ab dem 11.05.2012, erweist sich gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB als begründet.

7.

96

Da der Eintritt weiterer materieller und/oder immaterieller Schäden nicht auszuschließen ist, war auch dem Klageantrag zu 4. stattzugeben; dies allerdings mit der auf Hinweis der Kammer eingefügten Einschränkung, dass der Beklagte der Klägerin Ersatz weiterer materieller Schäden aus der streitgegenständlichen Behandlung nur insoweit schuldet, als diese nicht an Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder künftig übergehen.

8.

97

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

98

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 PO.

99

B e s c h l u s s :

100

Der Streitwert wird auf 29.059,28 € festgesetzt (Klageantrag zu 1.: 1.187,06 €, Klageantrag zu 2.: 10.372,22 €, Klageantrag zu 3: 15.000,00 €, Klageantrag zu 4.: 2.500,00 €).

(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.

(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.