Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 24. Nov. 2016 - 2 M 105/16

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2016:1124.2M105.16.0A
24.11.2016

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen ein Bauvorhaben der Beigeladenen auf einem benachbarten Grundstück.

2

Mit Bescheid vom 06.07.2016 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen eine Baugenehmigung für die Erweiterung eines Wohnhauses von 2 Wohneinheiten in ein Einfamilienhaus (2 WE zu 1 WE) auf dem Flurstück 1013/223 der Flur A, Gemarkung A-Stadt. Das Vorhaben befindet sich innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile der Stadt A.. Das derzeit auf dem Grundstück der Beigeladenen vorhandene Gebäude ist einseitig auf der Grenze zum Grundstück des Antragstellers errichtet, die rückwärtige Erweiterung um 3 m erfolgt ebenfalls entlang dieser Grundstücksgrenze. Des Weiteren wird im Zuge der Erweiterung das Obergeschoss um ca. 0,5 m erhöht und die Dachausbildung zugunsten eines Flachdachs (vormals Pultdach) verändert. Das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück des Antragstellers (Flurstück 1012/223) situiert südwestlich des Baugrundstücks der Beigeladenen und ist ebenfalls bis zur Höhe des derzeit auf dem Grundstück der Beigeladenen vorhandenen Gebäudes bebaut.

3

Unter dem 11.07.2016 erhob der Antragsteller gegen die Baugenehmigung vom 06.07.2016 Widerspruch, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden ist.

4

Mit Beschluss vom 13.10.2016 lehnte das Verwaltungsgericht den auf der Grundlage der §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gestellten Antrag des Antragstellers vom 24.08.2016, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 6. Juli 2016 anzuordnen, im Wesentlichen mit der Begründung ab, die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verstoße offensichtlich nicht gegen Rechte, die dem Schutz des Antragstellers als benachbartem Grundstückseigentümer zu dienen bestimmt seien; insbesondere verletze das Bauvorhaben der Beigeladenen nicht das Gebot der Rücksichtnahme. Die Erweiterung des Gebäudes um 3 m nach hinten habe keine "erdrückende Wirkung". Auch die Verschattung des Grundstücks des Antragstellers halte sich in Grenzen. Unter Berücksichtigung der ohnehin engen und teilweise grenzständigen Bebauung der fraglichen Grundstücke und der näheren Umgebung folge auch aus der vom Antragsteller befürchteten Einsichtnahme auf sein Grundstück kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot. Schließlich könne der Antragsteller sich nicht darauf berufen, eine Baugenehmigung für die Wohnnutzung des Hintergebäudes der Beigeladenen liege nicht vor, weil die bauordnungsrechtlichen Regelungen über die Genehmigungspflicht nicht nachbarschützend seien.

5

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

A.

6

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die innerhalb der Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

7

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass bei der im Rahmen der §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Interessenabwägung das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung der angefochtenen Baugenehmigung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verschont zu bleiben,nicht das Interesse der Beigeladenen an der Ausnutzung der Baugenehmigung überwiegt, weil die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung offensichtlich nicht gegen im Genehmigungsverfahren zu prüfende Vorschriften verstößt, die nicht nur dem Schutz der Interessen der Allgemeinheit, sondern auch dem Schutz des Antragstellers als benachbartem Grundstückseigentümer zu dienen bestimmt sind.

I.

8

Dem Verwaltungsgericht ist insbesondere darin zu folgen, dass das Vorhaben des Beigeladenen nicht gegen das bauplanungsrechtliche, nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verstößt.

9

Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 05.12.2013 - BVerwG 4 C 5.12 -, juris RdNr. 21 m.w.N.). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.1981 - BVerwG 4 C 1.78 -, juris RdNr. 33; Urt. v. 18.11.2004 - BVerwG 4 C 1.04 -, juris RdNr. 22). Diese Maßstäbe hat die Vorinstanz zutreffend angewandt.

10

1. Im vorliegenden Fall erscheint eine "erdrückende Wirkung" zu Lasten des Antragstellers nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage auch bei Berücksichtigung der in der Beschwerdebegründung vorgebrachten tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls unwahrscheinlich.

11

Hauptkriterien bei der Beurteilung einer erdrückenden Wirkung sind unter anderem die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung (Beschl. d. Senats v. 03.11.2014 - 2 M 103/14 -). Voraussetzung einer erdrückenden Wirkung ist, dass das genehmigte Gebäude nach Höhe, Länge und Volumen erheblich größer ist als das Nachbargebäude (Beschl. d. Senats v. 01.10.2012 - 2 M 114/12 -, juris RdNr. 18). Eine erdrückende Wirkung durch Höhe und Volumen hat das Bundesverwaltungsgericht beispielsweise angenommen bei Errichtung eines 12-geschossigen Hochhauses in einem Abstand von 15 m an der engsten Stelle zu einem 2 ½-geschossigen Gebäude (BVerwG, Urt. v. 13.03.1981 - BVerwG 4 C 1.78 -, juris RdNr. 38). Der VGH Baden-Württemberg hat eine erdrückende Wirkung angenommen bei einem 3- bis 4-geschossigen Gebäude mit einer Traufhöhe von 13 bis 14 m und einer Giebelhöhe von 16 bis 17 m gegenüber einem eingeschossigen Wohnhaus, bei dem sämtliche Fenster zum Vorhaben hin ausgerichtet waren und das nur wenig mehr als 1 m von der Grundstücksgrenze und einer daran unmittelbar anschließenden Tiefgaragenzufahrt entfernt lag (VGH BW, Beschl. v. 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, juris). Die hier gegebenen baulichen Verhältnisse - worauf bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat - sind mit diesen Fallkonstellationen in keiner Weise vergleichbar; insbesondere bleibt der geplante Erweiterungsbau entlang der Grenze zu dem Grundstück des Antragstellers mit einer Länge von ca. 3 m und einer Höhe des Gesamtgebäudes von insgesamt 6,99 m nach erfolgter Erhöhung des vorhandenen Gebäudes um 0,5 m und Errichtung eines Flachdachs deutlich hinter der Höhe des Wohngebäudes des Antragstellers zurück. Insoweit wird auf die in der Beiakte A befindlichen Lichtbilder (Bl. 14) und Ansichten (Bl. 29 ff.) sowie der von dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren eingereichten Lichtbilder (vgl. insbesondere B 9) verwiesen. Für die Annahme einer erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes ist aber schon dann kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht höher ist als der des betroffenen Gebäudes (vgl. BayVGH, Beschl. v. 17.07.2013 - 14 ZB 12.1153 -, juris RdNr. 14; SächsOVG, Beschl. v. 04.08.2014 - 1 B 56/14 -, juris RdNr. 17).

12

2. Nicht zu folgen ist dem Antragsteller ferner, soweit er einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot wegen Verschattung seines Grundstücks und des Gartens geltend macht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass eine bestimmte Dauer oder Qualität der Tagesbelichtung eines Grundstücks im Baurecht grundsätzlich nicht gewährleistet wird (vgl. Beschl. d. Senats v. 24.01.2012 - 2 M 157/11 -, juris RdNr. 32). In einem bebauten innerstädtischen Gebiet muss immer damit gerechnet werden, dass Nachbargrundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es durch eine Bebauung zu einer Verschattung des eigenen Grundstücks bzw. von Wohnräumen kommt (vgl. Beschl. d. Senats v. 24.01.2012 - 2 M 157/11 -, a. a. O.; OVG NW, Urt. v. 19.07.2010 - 7 A 3199/08 -, juris RdNr. 66). Hiernach hält sich die mit dem Vorhaben der Beigeladenen möglicherweise verbundene zusätzliche Verschattung von Teilen des Grundstücks des Antragstellers angesichts der lediglich geringfügigen Erhöhung des schon vorhandenen Gebäudes und der den Erweiterungsbau deutlich übersteigenden Höhe des Wohnhauses des Antragstellers - wie das Verwaltungsgericht zu Recht feststellt - in Grenzen und ist für den Antragsteller zumutbar.Dem tritt das Beschwerdevorbringen nicht substantiiert entgegen, weil es insoweit keine erhebliche Beeinträchtigung des Antragstellers darlegt. Dass der Antragsteller die Erheblichkeit der Beeinträchtigung anders einstuft als das Verwaltungsgericht, genügt angesichts der festgestellten Bebauungssituation nicht.

13

Das Rücksichtnahmegebot vermittelt zudem in der Regel auch keinen Schutz vor Einsichtsmöglichkeiten von benachbarten Häusern aus oder vor einer Verschlechterung der freien Aussicht (BVerwG, Beschl. v. 03.01.1983 - BVerwG 4 B 224.82 -, juris RdNr. 5). Dies ist im innerörtlich bebauten Bereich nicht zu vermeiden und daher hinzunehmen. Selbst die durch eine Dachterrasse eröffnete „Rundumsicht“ ist grundsätzlich hinzunehmen (vgl. OVG SH, Beschl. v. 25.10.2016 - 2 B 88/16 -, juris RdNr. 35 m. w. N.). Dass hier ausnahmsweise etwas Anderes zu gelten hat, ist nicht ersichtlich und auch vom Antragsteller nicht dargetan.

14

3. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liegt auch nicht deshalb vor, weil mit der geplanten Erweiterung des vorhandenen Gebäudes nach Auffassung des Antragstellers zwingend eine Änderung bzw. Errichtung einer Heizungsanlage und damit die Errichtung eines oder mehrerer Schornsteine einhergeht; denn weder legt die Beschwerdebegründung substantiiert dar noch bestehen greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller durch den Betrieb der Heizungsanlage unzumutbaren Störungen ausgesetzt sein wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BauNVO).

15

4. Schließlich hat das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden, dass sich der Antragsteller nicht auf die formelle Rechtswidrigkeit der Ausgangsbebauung berufen könne, weil die bauordnungsrechtlichen Regelungen über die Genehmigungspflicht an sich nicht nachbarschützend sind.

16

Ein Nachbar kann aus der formellen Baurechtswidrigkeit einer baulichen Anlage allein keine Abwehransprüche herleiten; denn die Pflicht, ein Vorhaben vor seiner Verwirklichung bauaufsichtsbehördlich überprüfen zu lassen, obliegt dem Bauherrn allein im öffentlichen Interesse. Der Umstand, dass im Laufe des Baugenehmigungsverfahrens auch solche Gesichtspunkte zu prüfen sind, die (nicht nur im öffentlichen, sondern zugleich) im nachbarlichen Interesse liegen, ändert daran nichts. Die Vorschriften über die Genehmigungspflichtigkeit baulicher Anlagen sind als solche nicht drittschützend (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 30.08.2004 - 1 LA 277/03 -, juris RdNr. 13 m. w. N.; zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung: BVerwG, Urt. v. 05.10.1990 - BVerwG 7 C 55.89, BVerwG 7 C 56.89 - juris). Erst wenn das angegriffene Vorhaben (auch) gegen nachbarschützende Vorschriften des materiellen Baurechts - wie z. B. die Abstandsflächenbestimmungen des § 6 BauO LSA - verstößt, ist ein Abwehranspruch des Nachbarn begründet. Dies ist hier nicht ersichtlich und wird auch von dem Antragsteller nicht vorgetragen. Dieser beruft sich vielmehr ausschließlich auf die formelle Illegalität des vorhandenen Gebäudes.

17

Etwas Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der von dem Antragsteller zitierten Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, NVwZ-RR 2008, 159). Der von dem Gericht aufgestellte Obersatz "Ob sich ein Vorhaben danach rücksichtslos, d.h. unzumutbar auswirkt, ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls - insbesondere der tatsächlichen und rechtlichen Vorbelastung der Grundstücke und des Gebiets, der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Bauherrn und des Nachbarn sowie der Art und Intensität aller in Betracht kommenden städtebaulich relevanten Nachteile zu beurteilen" bezieht sich allein auf das im Bauplanungsrecht zu beachtende nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme. Zu der hier maßgeblichen Frage, ob sich ein Nachbar auf die formelle Illegalität eines bereits vorhandenen Gebäudes berufen kann, verhält sich die o. g. Entscheidung hingegen nicht.

B.

18

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, da sie keinen Sachantrag gestellt hat.

19

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat bemisst bei baurechtlichen Klagen eines Nachbarn die sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebende Bedeutung der Sache nach der Empfehlung in Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18.07.2013 mit 7.500,00 €. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ist dieser Betrag zu halbieren.


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(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 11.07.2011 zur Dachaufstockung eines bereits am 25.03.2011 genehmigten 4-geschossigen Wohn- und Geschäftshauses in der Innenstadt von A-Stadt, um weitere 6 Wohneinheiten errichten zu können. Er ist Eigentümer eines dem Gebäude gegenüber liegenden Wohn- und Geschäftshauses, in dem sich u. a. Arztpraxen befinden, und macht im Wesentlichen eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme geltend. Den vom Antragsteller gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 15.06.2012 abgelehnt.

II.

A.

2

Die hiergegen erhobene zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Die innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen nicht die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

3

1. Zu Unrecht rügt der Antragsteller, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit seinem Vorbringen auseinandergesetzt, die Form des Tonnendaches führe zu massiven Spiegelungen und Lichtreflexionen, die sich als Immissionen nachteilig auf sein Gebäudeeigentum und die Nutzbarkeit durch seine Mieter auswirkten. Hierzu hat das Verwaltungsgericht auf Seite 6 oben des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, die befürchteten Lichtreflexionen dürften auf der (zum Gebäude des Antragstellers zeigenden) Nordseite des Daches und bei der geplanten Ausführung des Daches als „Kalzip-Dach“ kaum auftreten. Mit dieser Begründung, die insoweit auch auf die Internetseite www.kalzip.com, Stichwort Oberflächen) verweist, setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.

4

2. Ohne Erfolg bleibt der Einwand des Antragstellers, das Verwaltungsgericht hätte nicht nur die Auswirkungen des von der angefochtenen Baugenehmigung erfassten Tonnendaches, sondern die Beeinträchtigungen des aufgestockten Gebäudes insgesamt berücksichtigen müssen.

5

2.1. Diese Auffassung teilt der Senat jedenfalls insoweit nicht, als es um Beeinträchtigungen geht, die im Zusammenhang mit den vom Antragsteller geltend gemachten verkehrsbedingten Nachteilen und Belästigungen stehen.

6

2.1.1. Der Antragsteller hält eine Gesamtbetrachtung u. a. bei der Frage für erforderlich, ob aufgrund des durch den Neubau entstehenden „Lärmkessels“ bzw. „Gasseneffekts“ unzumutbare Beeinträchtigungen durch Lärm und Abgase hervorgerufen werden. Die hierfür gegebene Begründung, durch ein einzelnes Tonnendach in mehreren Metern Höhe ohne Unterbau werde kaum ein Lärmkessel entstehen können, ist indes nicht stichhaltig. Für die Errichtung des Gebäudes ohne das vierte Obergeschoss (Dachgeschoss) mit Tonnendach liegt bereits eine bestandskräftige Baugenehmigung vor, die der Antragsteller nicht angefochten hat, so dass er die von dem Gebäude in dieser Gestalt ausgehenden Wirkungen bereits aus formellen Gründen hinnehmen muss. Vorliegend geht es nur noch darum, ob die streitgegenständliche Aufstockung des Gebäudes zu einer spürbaren Erhöhung dieser nachteiligen Wirkungen führt. Dafür ist jedoch nichts Substanzielles vorgetragen. Dem Antragsteller ist zwar darin beizupflichten, dass nach der Errichtung des geplanten Gebäudes mit einer Erhöhung insbesondere der Lärmimmissionen durch den gesamten Verkehr in der B- und ggf. auch der C-Straße deshalb gerechnet werden muss, weil auftretende Verkehrsgeräusche von der nördlichen Außenwand des Neubaus reflektiert werden. Ebenso mag die Belastung durch Abgasimmissionen steigen, weil die Luftzirkulation bei dichterer Bebauung eingeschränkt ist. Da der Verkehrslärm und die Abgase in Höhe des Erdgeschosses entstehen, spricht allerdings wenig dafür, dass die Aufstockung des mit dem Tonnendach versehenen Dachgeschosses zu stärkeren, spürbaren Reflexionen der Verkehrgeräusche oder einem schlechteren Abtransport der Abgase führen wird.

7

2.1.2. Der Antragsteller ist ferner der Auffassung, dass in Bezug auf die Belastung durch den Fahrzeugverkehr nicht allein auf das von den sechs Wohneinheiten zu erwartende zusätzliche Verkehrsaufkommen abgestellt werden könne, sondern das dem gesamten Neubau zuzurechnende Verkehrsaufkommen berücksichtigt werden müsse. Er begründet dies damit, dass durch das Vorhaben der Beigeladenen eine aus seiner Sicht ohnehin bereits angespannte Verkehrssituation erheblich verschärft werde. Dies überzeugt ebenfalls nicht.

8

Der Senat, dem die örtlichen Verhältnisse gut bekannt sind, vermag dem Antragsteller schon darin nicht zu folgen, dass die L-Straße und die C-Straße, über die das Baugrundstück und das Grundstück des Antragstellers zu erreichen sind, dem bereits vorhandenen Verkehrsaufkommen nicht gewachsen wären. Die Fahrbahnen dieser Straßen weisen überwiegend eine Breite von ca. 6 m auf; die L-Straße ist nur in einem etwa 20 m langen Abschnitt in Richtung B-Weg auf etwa 4 m verengt, so dass Begegnungsverkehr ohne weiteres möglich ist. Die Zahl der Verkehrsbewegungen ist dort – für ein innerstädtisches Gebiet – auch nach Errichtung des Parkhauses in der L-Straße nicht überdurchschnittlich hoch. Der Vortrag des Antragstellers, Parkflächen stünden nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung, so dass die Parkplatzsuchenden oft auch verbotswidrig die schmalen Straßen als Parkflächen nutzten, bleibt unsubstantiiert. Es ist nicht ersichtlich, weshalb das in unmittelbarer Nachbarschaft errichtete Parkhaus sowie die weiteren in der Nähe vorhandenen Stellplätze und Parkgaragen (etwa im Allee-Center) nicht in der Lage sein sollten, den Stellplatzbedarf zu befriedigen. Es kommt nicht darauf an, ob einzelne Parkplatzsuchende diese Parkmöglichkeiten nicht nutzen, sondern stattdessen – etwa um Parkgebühren und/oder Zeit zu sparen – ihre Fahrzeuge verbotswidrig auf der Straße oder dem Gehweg abstellen. Ist ein solches Verhalten nicht Folge eines unzureichenden Stellplatzangebots, ist es bauplanungsrechtlich und damit auch im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme unerheblich.

9

Dessen ungeachtet ist auch in diesem Zusammenhang die vom Antragsteller nicht angefochtene Baugenehmigung vom 25.03.2011 zu berücksichtigen, mit der die beantragte Nutzung des Gebäudes als Wohn- und Geschäftshaus mit 16 Wohneinheiten, 10 Büroeinheiten und einem Café mit 40 Sitzplätzen genehmigt wurde, so dass es nur noch darum geht, ob sich durch die Schaffung weiterer sechs Wohneinheiten der Zu- und Abfahrtsverkehr spürbar erhöhen wird und – unter Berücksichtigung der bereits vorhandenen Belastungen – die Schwelle der Rücksichtslosigkeit überschritten sein wird. Dies dürfte jedoch nicht der Fall sein.

10

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme kommt zwar in Betracht, wenn sich die Erschließungssituation eines Grundstücks durch eine vorhabenbedingte Überlastung einer das Grundstück des Betroffenen erschließenden Straße oder durch unkontrollierten Parksuchverkehr erheblich verschlechtert (vgl. OVG NW, Beschl. v. 18.03.2011 – 2 A 2579/09 –, Juris, RdNr. 66). Auch kann eine unzureichende Stellplatzzahl eines Bauvorhabens gegenüber den Eigentümern der vom parkenden Verkehr und Parksuchverkehr betroffenen Grundstücke im Einzelfall – ausnahmsweise – im bauplanungsrechtlichen Sinne rücksichtslos sein (OVG NW, Beschl. v. 15.11.2005 – 7 B 1823/05 –, DÖV 2006, 305). Beides ist hier aber nicht zu befürchten. Auszugehen ist davon, dass aus den oben bereits dargelegten Gründen ein für innerstädtische Bereiche überdurchschnittliches Verkehrsaufkommen in der L-Straße und C-Straße, eine Überlastung dieser Straßen oder ein fehlendes Stellplatzangebot in der näheren Umgebung nicht feststellbar ist. In dem Dachgeschoss sollen lediglich weitere sechs Wohnungen geschaffen werden, was einen Bedarf von sechs zusätzlichen notwendigen Stellplätzen verursacht, der im benachbarten Parkhaus gedeckt wird. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere, dass die Wohnnutzung einen deutlich geringeren Ziel- und Quellverkehr verursacht als etwa – in der näheren Umgebung zahlreich vorhandene – Läden, Schank- und Speisewirtschaften, sonstige Gewerbebetriebe sowie insbesondere das benachbarte Parkhaus. Gegenüber dem vorhandenen Verkehrsaufkommen, insbesondere auch dem sonstigen Zu- und Abfahrtsverkehr des Parkhauses fallen die Verkehrsbewegungen, die durch die Nutzung der sechs neuen Wohneinheiten entstehen, nicht ins Gewicht.

11

2.2. Auch das weitere Vorbringen des Antragstellers lässt – auch bei der von ihm geforderten Gesamtbetrachtung – eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht erkennen.

12

2.2.1. Ohne Erfolg bemängelt der Antragsteller, eine unzumutbare Beeinträchtigung ergebe sich daraus, dass sein eigenes Gebäude durch das Vorhaben des Beigeladenen in der Mittags- und Nachmittagszeit und im Winter sogar dauernd verschattet werde und eine ausreichende Belüftung nicht gewährleistet sei.

13

a) Soweit er hierzu anführt, die wesentliche Ursache hierfür liege in der Abstandsenge von 12,50 m, kann dies schon deshalb nicht überzeugen, weil der Abstand der beiden Gebäude zueinander nach den vorliegenden Lageplänen 17 m beträgt.

14

b) Im Übrigen kann zwar das Rücksichtnahmegebot im Einzelfall auch dann verletzt sein, wenn die landesrechtlichen Abstandsvorschriften eingehalten sind; allerdings wird dies zumindest aus tatsächlichen Gründen in der Regel nicht der Fall sein (BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999 – 4 B 128.98 –, DVBl 1999, 786). Auch im konkreten Fall sind keine Besonderheiten erkennbar, welche die von der Beigeladenen vorgesehene Bebauung in Bezug auf Belichtung, Besonnung und Belüftung trotz Einhaltung der Vorschriften über Abstandsflächen als gegenüber dem Grundstück des Antragstellers rücksichtslos erscheinen lassen. Vielmehr erreicht die Abstandsfläche, die die nördliche Außenwand und das Dach des geplanten Gebäudes erzeugen, sogar eine deutlich geringere Tiefe, als sie nach geltendem Abstandsflächenrecht möglich wäre. Auszugehen ist gemäß § 6 Abs. 1 und 2 BauO LSA von der in den Bauplänen angegebenen Wandhöhe von 12,52 m. Hinzuzurechnen ist gemäß § 6 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BauO LSA die Höhe des Tonnendaches, und zwar im oberen Abschnitt, in welchem das Dach weniger als 70° geneigt ist, zu einem Drittel, und im unteren Abschnitt voll; dabei werden die Abschnitte durch Anlegen eines 70°-Winkels und dem dabei entstehenden Schnittpunkt mit der gewölbten Dachfläche gebildet (Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt § 6 RdNr. 135; vgl. auch OVG NW, Beschl. v. 15.02.1996 – 7 B 3431/95 –, BRS 58 Nr. 106). Legt man die Schnittzeichnungen (Bl. 62, 63 des Verwaltungsvorgangs) zugrunde, hat ein ca. 1 m hoher Abschnitt des Tonnendachs eine Neigung von 70° und mehr und ist damit voll hinzuzurechnen; der darüber liegende etwa 2,45 m hohe Abschnitt hat eine geringere Neigung und ist damit zu einem Drittel (ca. 0,82 m) zu berücksichtigen. Die sich daraus ergebende Gesamthöhe und damit das Maß H nach § 6 Abs. 4 Satz 5 BauO LSA beträgt hiernach ca. 14,34 m. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO LSA beträgt die Tiefe der Abstandsfläche 0,4 H, hier also etwa 5,74 m. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA dürfen die Abstandsflächen bis zur Mitte auf öffentlichen Verkehrsflächen liegen. Nach den vorliegenden Lageplänen beträgt der geringste Abstand zwischen der nördlichen Außenwand des geplanten Gebäudes zur Mitte der L-Straße ca. 6,70 m. Hiervon bleibt die ermittelte Abstandsfläche fast einen Meter zurück. In dem Bereich, in welchem das Vorhaben der Beigeladenen dem Gebäude des Antragstellers gegenüberliegt, beträgt der kürzeste Abstand zur Straßenmitte etwa 11,50 m so dass die Abstandsfläche hier sogar um etwa 5,76 m zurückbleibt. Vor diesem Hintergrund kann eine unzumutbare Beeinträchtigung des Grundstücks des Antragstellers durch eine Verschattung oder unzureichende Besonnung oder Belüftung nicht ernsthaft angenommen werden.

15

c) Hinzu kommt, dass sich das Baugrundstück und das Grundstück des Antragstellers in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Kerngebiet befinden. Dort liegt die Schwelle, ab der Einschränkungen der Belichtung regelmäßig als unzumutbar anzusehen sind, ohnehin vergleichsweise hoch (vgl. OVG Hamburg, Beschlüsse v. 14.07.1998 – 2 Bs 78/98 – u. v. 17.12.1997 – Bs II 37/97 –, Juris). In innerstädtischen Lagen muss immer damit gerechnet werden, dass Nachbargrundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es durch eine Bebauung zu einer Verschattung des eigenen Grundstücks zu bestimmten Tageszeiten kommt (vgl. Beschl. d. Senats v. 24.01.2012 – 2 M 157/11 –, Juris; OVG NW, Urt. v. 19.07.2010 – 7 A 3199/08 –, BauR 2011, 248).

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Dem kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, aufgrund der „Vorbelastung“ des Gebiets durch eine sehr verdichtete Bebauung werde das, was der Umgebung noch zugemutet werden könne, eingeschränkt und nicht erweitert. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass in der näheren Umgebung des Grundstücks des Antragstellers eine Bebauungsverdichtung gegeben ist, die an der Schwelle zur Unzumutbarkeit liegt. In zentraler Lage muss mit einer Bebauungsverdichtung gerechnet werden (OVG NW, Urt. v. 19.07.2010, a.a.O.). Dies gilt insbesondere für Kerngebiete, für die § 17 BauNVO höhere Obergrenzen der Grund- und Geschossflächenzahl bestimmt als in allen anderen Baugebieten. Dass das Vorhaben der Beigeladenen diese Obergrenzen überschreitet, macht auch der Antragsteller nicht geltend. Die zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.05.1976 – IV C 80.74 –, BVerwGE 51, 15) gibt für die vom Antragsteller vertretene Auffassung, die – aus seiner Sicht – bereits stark verdichtete Bebauung müsse als Vorbelastung zu seinen Gunsten berücksichtigt werden, nichts her. Sie betrifft die Vorbelastung durch Geräuschimmissionen und kann nicht ohne weiteres auf eine Bebauungsverdichtung übertragen werden. Unabhängig davon können faktische Vorbelastungen gerade dazu führen, dass die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme sich vermindert und Beeinträchtigungen in weitergehendem Maße zumutbar sind, als sie sonst in dem betreffenden Baugebiet hinzunehmen wären (BVerwG, Urt. v. 18.05.1995 – 4 C 20.94 –, BVerwGE 98, 235 [244]). Das Ausmaß, in dem sich das Schutzniveau verringert, bestimmt sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls; die äußerste Grenze ist bei der Schwelle zur Gesundheitsgefährdung zu ziehen, wobei allerdings die persönlichen Verhältnisse einzelner Eigentümer oder Nutzer, wie z.B. besondere Empfindlichkeit oder der Gesundheitszustand, bei der Bewertung von Lärmimmissionen im Rahmen des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots keine Rolle spielen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.09.1999 – 4 C 6.98 –, BVerwGE 109, 314 [322, 324]). Der Vortrag des Antragstellers, die bereits vorhandene bzw. nunmehr entstehende Bebauungsverdichtung habe gesundheitliche Folgen für ihn und seine Mieter, bleibt unsubstantiiert. Er führt hierzu an, die Umwelt und dabei besonders die unmittelbare Bebauung habe Einfluss auf das körperliche Wohlbefinden und sogar die Lebenserwartung. Mit diesen allgemeinen Erwägungen sind jedoch unzumutbare Beeinträchtigungen durch das angegriffene Bauvorhaben nicht dargetan.

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d) Der Antragsteller vermag auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, die verminderte Belüftbarkeit und Besonnung machten sich bei den vermieteten Einheiten bemerkbar und hätten einen Wertverlust zur Folge. Wertminderungen als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung bilden für sich genommen keinen Maßstab dafür, ob Beeinträchtigungen im Sinne des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht (BVerwG, Beschl. v. 06.12.1996 – 4 B 215.96 –, NVwZ-RR 1997, 516). Unter dem Gesichtspunkt der Wertminderung kommt ein Abwehranspruch nur dann in Betracht, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks ist (BVerwG, Beschl. v. 24.04.1992 – 4 B 60.92 –, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 109). Dies ist hier aber nicht der Fall.

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2.2.2. Das streitige Gebäude hat auch keine erdrückende Wirkung. Der Antragsteller leitet eine solche Wirkung zu Unrecht aus der Höhe des geplanten Gebäudes von 15,97 m und der Gesamtlänge der beiden nördlichen Außenwandabschnitte an der L-Straße und C-Straße von ca. 65 m ab. Auch wenn der Neubau aufgrund seiner Länge und möglicherweise auch wegen des Tonnendaches gegenüber dem Wohn- und Geschäftshaus des Antragstellers massiver wirkt, kann von einer erdrückenden Wirkung keine Rede sein. Eine erdrückende Wirkung durch Höhe und Volumen hat das Bundesverwaltungsgericht beispielsweise angenommen bei Errichtung eines 12-geschossigen Hochhauses in einem Abstand von 15 m an der engsten Stelle zu einem 2 ½-geschossigen Gebäude (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.1981 – 4 C 17.78 –, BauR 1981, 354). Der VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 08.11.2007 – 3 S 1923/07 –, NVwZ-RR 2008, 159) hat eine erdrückende Wirkung angenommen bei einem 3- bis 4-geschossigen Gebäude mit einer Traufhöhe von 13 bis 14 m und einer Giebelhöhe von 16 bis 17 m gegenüber einem eingeschossigen Wohnhaus, bei dem sämtliche Fenster zum Vorhaben hin ausgerichtet waren und das nur wenig mehr als 1 m von der Grundstücksgrenze und einer daran unmittelbar anschließenden Tiefgaragenzufahrt entfernt lag. Damit sind die hier gegebenen baulichen Verhältnisse nicht ansatzweise vergleichbar. Das Gebäude des Antragstellers ist mit einer Höhe von 14,85 m nur unwesentlich niedriger als das Vorhaben der Beigeladenen. Der Abstand des etwa 37 m langen Abschnitts der nördlichen Außenwand, der dem Gebäude des Klägers gegenüberliegt, beträgt 17 m.

19

2.2.3. Soweit der Antragsteller vorträgt, das Vorhaben der Beigeladenen sei in der näheren Umgebung einzigartig, ist nicht ersichtlich, inwieweit dies eine Verletzung nachbarschützender Rechte, insbesondere des Gebots der Rücksichtnahme begründen soll. Gleiches gilt für den Vortrag, er selbst habe nur eine geringfügige Aufstockung seines Gebäudes vorgenommen.

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2.2.4. Ohne Erfolg bleibt ferner der Einwand des Antragstellers, er habe in der näheren Umgebung sein Gebäude als erster errichtet, so dass er an einem weitergehenden Gebietserhaltungsanspruch teilnehme, was die von der Beigeladenen geplante massive Aufstockung ausschließe.

21

Der sog. Gebietserhaltungsanspruch betrifft die Art der baulichen Nutzung, die hier nicht in Streit steht. Da die Festsetzung von Baugebieten kraft Bundesrechts grundsätzlich nachbarschützende Funktion hat, steht den Nachbarn im Baugebiet ein Anspruch auf Wahrung der Gebietsart zu, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgeht (BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 – 4 C 28.91 –, BVerwGE 94, 151). Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung haben dagegen grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion (BVerwG, Beschl. v. 23.06.1995 – 4 B 52.95 –, BauR 1995, 823). Die Regelungsmöglichkeiten zur Art der baulichen Nutzung (Erster Abschnitt der BauNVO, §§ 1 bis 15) und zum Maß der baulichen Nutzung (Zweiter Abschnitt der BauNVO, §§ 16 bis 21a) betreffen damit unterschiedliche Kategorien der baulichen Nutzbarkeit von Grundstücken, die – insbesondere im Hinblick auf den Nachbarschutz – nicht vermengt werden dürfen. Selbst ein Vorhaben, das hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung den Rahmen der festgesetzten Gebietsart überschreitet, kann deshalb unter keinem Gesichtspunkt dazu führen, dass ein in demselben Baugebiet ansässiger Dritter rügen kann, es stehe deshalb im Widerspruch zu den in diesem Baugebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten (VGH BW, Beschl. v. 30.12.2008 – 8 S 2604/08 –, VBlBW 2009, 342). Ungeachtet dessen überschreitet das Vorhaben der Beigeladenen die im Bebauungsplan der Antragsgegnerin getroffenen Festsetzungen über die Gebäudehöhe nicht. Die im Plan für das in Rede stehende Baufeld festgesetzte höchst zulässige Maß für die Traufhöhe von 13 m hält das Vorhaben mit 12,52 m ein; Festsetzungen zur Firsthöhe enthält der Plan nicht. Gegenteiliges macht auch der Antragsteller nicht geltend.

22

Schon gar nicht kann derjenige, der „zuerst gebaut hat“, mit der von ihm gewählten Gebäudehöhe bestimmen, welche Höhenmaße die umliegenden Gebäude einzuhalten haben und so die Möglichkeiten, die das Bauplanungsrecht, insbesondere ein Bebauungsplan seinen Nachbarn gewährt, beschneiden. Hat die bisher in einem Baugebiet vorhandene Bebauung die Festsetzungen eines Bebauungsplanes nicht voll ausgeschöpft, sondern ist sie dahinter zurückgeblieben, verstößt ein Bauvorhaben, welches das im Plan zugelassene und den Planzielen entsprechende Nutzungsmaß ausnutzt, nicht deshalb gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil das Maß der baulichen Nutzung höher ist als bei der Bebauung auf den Nachbargrundstücken (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 03.02.1998 – 2 Bs 38/98 –, Juris; HessVGH, Beschl. v. 13.08.1982 – III TG 24/82 –, BRS 39 Nr. 53 ; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 15 RdNr. 8). Andernfalls könnte ein Grundstückseigentümer, der an seiner geringeren Bebauung festhalten möchte, die plangemäße und vom Plan gewollte, dichtere Bebauung auf einem Nachbargrundstück verhindern und die Realisierung des Bebauungsplanes damit in Frage stellen (OVG Hamburg, Beschl. v. 03.02.1998, a.a.O.).

23

2.2.5. Der Antragsteller macht in seinem Schriftsatz vom 17.09.2012 weiter geltend, die nähere bzw. unmittelbare Umgebung werde von Wohnbebauung geprägt und habe damit als solches nicht die Merkmale eines Kerngebiets nach den Maßgaben der BauNVO, was auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren im Rahmen inzidenter Prüfung zu berücksichtigen sei. Trotz der den Gemeinden zur Verfügung stehenden Festsetzungsmöglichkeiten nach § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO bleibe als allgemeine Grenze für eine Festsetzungsmöglichkeit die stets zu beachtende Wahrung des allgemeinen Gebietscharakters gemäß § 7 BauNVO. Damit rügt der Antragsteller offenbar eine Unwirksamkeit des Bebauungsplans der Antragsgegnerin wegen fehlerhafter Überplanung des hier maßgeblichen Bereichs, der im Bebauungsplan als Kerngebiet festgesetzt wurde.

24

Mit diesem Beschwerdegrund vermag der Antragsteller schon deshalb nicht durchzudringen, weil er erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgetragen wurde. Das Oberverwaltungsgericht hat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 i.V.m. Satz 1 VwGO nur diejenigen Beschwerdegründe zu prüfen, die innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 1 VwGO vorgetragen wurden; nach Ablauf dieser Frist, erstmals vorgetragene neue – also nicht nur einen fristgerecht vorgetragenen Grund vertiefende – Beschwerdegründe finden bei der Prüfung, ob die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts unrichtig ist, keine Berücksichtigung (vgl. OVG BBg, Beschl. v. 07.01.2004 – 2 B 296/03 –, Juris, m.w.N.; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 146 RdNr. 85, m.w.N.). Von einer bloßen Vertiefung der Beschwerdegründe kann nicht gesprochen werden, wenn zur Begründung der Rechtsverletzung durch eine Baugenehmigung erstmals die Unwirksamkeit des die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bestimmenden Bebauungsplans geltend gemacht wird.

25

Unabhängig davon hätte eine Unwirksamkeit des Bebauungsplans nicht ohne weiters zur Folge, dass das Vorhaben der Beigeladenen dann als rücksichtslos einzustufen wäre. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Schwelle der Zumutbarkeit in Bezug auf Belichtung, Besonnung und Belüftung überschritten wäre. In innerstädtischen Lagen muss auch außerhalb von Kerngebieten damit gerechnet werden, dass Nachbargrundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es durch eine Bebauung zu einer Verschattung des eigenen Grundstücks zu bestimmten Tageszeiten kommt (vgl. Beschl. d. Senats v. 24.01.2012, a.a.O.). Entsprechendes gilt für die Bebauungsverdichtung.

26

2.2.6. Unerheblich für die Frage, ob das Vorhaben der Beigeladenen das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, ist, ob sich ihr Vorhaben an den „historisch gewachsenen Straßenzügen“ bzw. an einer Bebauungslinie orientiert. Die weiteren Ausführungen des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe unter Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 GG mit zweierlei Maß gemessen, weil er – anders als die Beigeladene – 1 m gegenüber der früheren Linie habe „zurückweichen“ müssen, bleibt unsubstantiiert. Das Vorhaben der Beigeladenen hält sich an die Festsetzungen des Bebauungsplans. Wie oben bereits dargelegt, kann der Antragsteller nicht verlangen, dass die Beigeladene hinter den im Bebauungsplan eingeräumten Möglichkeiten nur deshalb zurückbleibt, weil der Antragsteller die ihm planungsrechtlich eingeräumten Möglichkeiten nicht ausgeschöpft hat. Im Übrigen hat der Antragsteller sein Grundstück gemäß den im Bebauungsplan festgesetzten Baulinien (§ 23 Abs. 2 BauNVO) bis an die Gehwege der L-Straße und C-Straße bebaut.

27

Soweit das Vorbringen des Antragstellers dahingehend zu verstehen sein sollte, er rüge einen Abwägungsmangel bei der Aufstellung des Bebauungsplans auch in Bezug auf die festgesetzten Baulinien, würde dies wiederum einen neuen Beschwerdegrund darstellen, der nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist im Beschwerdeverfahren keine Berücksichtigung mehr finden kann. Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass die im Bebauungsplan getroffene Festsetzung der Baulinien an der L-Straße und der C-Straße die Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller bevorzugt. An der Nordseite der L-Straße sowie an der Ostseite der C-Straße verläuft die Baulinie direkt an der Straße, so dass der Antragsteller sein Grundstück bis an die Fußwege bebauen konnte. Demgegenüber ist die Baulinie an der Südseite der L-Straße in einigen Abschnitten, insbesondere gegenüber dem Grundstück des Antragstellers etwas von der Straße zurückgesetzt, so dass die Beigeladene nicht bis zum Gehweg an der L-Straße und C-Straße heranbauen kann.

B.

28

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327, 1329).


Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Juli 2007 - 2 K 3669/07 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 14. Mai 2007 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behält.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht eingelegte und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO entsprechende Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23.7.2007 ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Anders als das Verwaltungsgericht misst der Senat bei der vorliegend gebotenen Interessenabwägung dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung vom 14.5.2007 zwecks Verhinderung vollendeter Tatsachen Vorrang bei vor dem Interesse der Beigeladenen und der Antragsgegnerin, von der Baugenehmigung - dem gesetzlichen Regelfall entsprechend - sofortigen Gebrauch machen zu dürfen (vgl. §§ 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 80 Abs. 5 S. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212 a BauGB). Die Baugenehmigung gestattet die Errichtung eines Neubaus mit 15 Wohnungen und einer Gewerbeeinheit - bestehend aus einem langgestreckten Gebäude an der ... ... (Haus 1) und einem rechtwinklig angebauten Gebäude an der ... (Haus 2) sowie einer Tiefgarage mit Zufahrt für 19 Stellplätze. Nach derzeitigem - unvollständigem - Erkenntnisstand erscheint es durchaus denkbar, dass dieses Vorhaben gegen Vorschriften des Planungsrechts (Gebot der Rücksichtnahme) und des Bauordnungsrechts (§ 37 Abs. 7 LBO) verstößt, die (auch) dem Schutz der Antragsteller dienen, die Eigentümer eines westlich an das Baugrundstück an der... angrenzenden Wohngrundstücks sind. Diesbezügliche Einwendungen haben die Antragsteller im Baugenehmigungsverfahren auch rechtzeitig innerhalb der Frist des § 55 Abs. 2 S. 1 LBO erhoben.
I.
Bauplanungsrechtlich überschreitet das genehmigte Vorhaben in mehrfacher Hinsicht erheblich die Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplans „Oscar-Parett-Straße“ vom 17.11.1987 zum Maß der baulichen Nutzung. Überschritten wird zunächst die Zahl der zulässigen Vollgeschosse. Der Bebauungsplan lässt höchstens (zwingend) zwei Vollgeschosse zu, während das Gebäude an der ... ... (Haus 1) dreigeschossig (mit Keller- und Dachgeschoss) ausgeführt ist und das - insofern wohl eigenständig zu beurteilende - Gebäude an der ... (Haus 2) wohl vier Vollgeschosse (zuzüglich eines Dachgeschosses mit weiteren Wohnungen) aufweist, da das „Untergeschoss“ mit der Gewerbeeinheit auf Grund der Topographie wohl die Voraussetzungen eines Vollgeschosses nach § 18 BauNVO 1977 i.V.m. § 1 Abs. 5 LBO 1983 erfüllen dürfte (vgl. dazu die Pläne „Ansicht Nord“ und „Schnitt B-B“; zur statischen Verweisung auf die LBO beim Vollgeschossbegriffs der BauNVO vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.1.1999 - 8 S 19/99 -, VBlBW 1999, 268). Von vier Vollgeschossen in diesem Bereich geht auch die Antragsgegnerin selbst aus (vgl. die baurechtliche Beurteilung der Verwaltung in der Vorlage für den Ausschuss für Umwelt und Technik des Gemeinderats vom 1.12.2006, Bl. 22 d.A.). Massiv überschritten wird ferner die nach dem Bebauungsplan zulässige Geschossfläche. Während der Bebauungsplan (auf der Grundlage einer GFZ von höchstens 1,2) auf dem Baugrundstück nur 1.176 qm erlaubt, nimmt das genehmigte Gebäude auf Grund seiner Grundfläche und der erhöhten Geschosszahl schon nach den Berechnungen der Beigeladenen eine Geschossfläche von 1.118 qm in Anspruch. Dies entspricht einer Überschreitung der zulässigen Grenze von 55 %, wobei die wirkliche Geschossfläche und der Überschreitungsquotient noch höher liegen dürften, da die Antragsgegnerin bei ihrer Berechnung von insgesamt nur drei Vollgeschossen ausgegangen ist.
1. Der Senat hat angesichts dessen gewichtige Zweifel, ob die Befreiungen, welche die Antragsgegnerin ohne nähere Begründung „gemäß § 31 Abs. 2 BauGB“ in erster Linie zwecks Umsetzung eines kommunalpolitisch erwünschten städtebaulichen Wettbewerbsentwurfs erteilt hat, sich noch im Rahmen der Grundzüge der Planung des Bebauungsplans „Oscar-Parett-Straße“ vom 17.11.1987 halten - wobei es insofern auf die Vorstellungen des Plangebers beim Satzungsbeschluss ankommt (vgl. Urteil des Senats vom 13.6.2007 - 3 S 881/06 -, VBlBW 2007, 385) -, und ob sie ermessensfehlerfrei sind. Zwar können sich die Antragsteller auf eine derartige objektive Rechtswidrigkeit der Befreiungen nicht unmittelbar berufen, da die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, von denen befreit worden ist, mangels erkennbarer gegenteiliger Absicht des Plangebers wohl - wie regelmäßig - allgemeinen städtebaulichen Interessen und nicht gezielt auch dem Schutz der Gebietsanlieger dienen sollen (vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 5.11.1995 - 3 S 3096/94 -, BauR 1995, 512; zum fehlenden Nachbarschutz des § 31 Abs. 2 BauGB in solchen Fällen vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.7.1998 - 4 B 64.98 -, BauR 1998, 1206; ebenso Urteile vom 19.9.1986 - 4 C 8.84 -, BauR 1987, 70 und vom 10.12.1982 - 4 C 49.79 -, DVBl. 1983, 348). § 31 Abs. 2 BauGB entfaltet drittschützende Wirkung aber mit dem Gebot der Würdigung nachbarlicher Interessen. Befreiungen verletzen den Nachbarn in seinen Rechten, sofern er handgreiflich betroffen ist und die Behörde seinen Interessen nicht die gebotene Beachtung schenkt. Dies ist nach Maßgabe der Kriterien des Gebots der Rücksichtnahme in seiner nachbarschützenden Ausprägung zu beurteilen. Ob sich ein Vorhaben danach rücksichtslos, d.h. unzumutbar auswirkt, ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls - insbesondere der tatsächlichen und rechtlichen Vorbelastung der Grundstücke und des Gebiets, der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Bauherrn und des Nachbarn sowie der Art und Intensität aller in Betracht kommenden städtebaulich relevanten Nachteile zu beurteilen (st. Rspr. des Senats, vgl. bereits Beschluss vom 16.2.1990 - 3 S 155/90 -, Juris). Art und Ausmaß einer „rücksichtslosen“ Betroffenheit lassen sich demgemäß nicht statisch-absolut festlegen, sondern enthalten jeweils auch relativ-wertende Elemente. Bei dieser Bewertung kommt der objektiven Rechtmäßigkeit des betreffenden Vorhabens sowie seiner regel- oder nur ausnahmsweisen Zulässigkeit Bedeutung zu. So tritt Drittschutz des Rücksichtnahmegebots nur selten ein, wo eine Baugenehmigung im Einklang mit den Festsetzungen des Bebauungsplans steht; solcher Drittschutz kommt aber eher zum Zug, wo die Baugenehmigung - wie hier und zudem in rechtlich nicht unbedenklicher Weise - von nicht nachbarschützenden Festsetzungen im Wege einer Ausnahme oder Befreiung abweicht. Die Interessen des Nachbarn gewinnen dann auch nach der Rechtsprechung des Bundesveraltungsgerichts größeres Gewicht. Der Nachbar kann umso mehr an Rücksichtnahme verlangen, je empfindlicher seine Stellung durch die planabweichende Nutzung berührt wird und je schutzwürdiger er diesbezüglich ist. Umgekehrt braucht der Bauherr umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher, unabweisbarer und rechtlich schutzwürdiger seine Interessen sind. Daraus können sich für befreiungs- und nicht befreiungsbedürftige Vorhaben unterschiedliche Anforderungen an den Drittschutz ergeben (vgl. BVerwG, Urteile vom 19.9.1986 - 4 C 8.84 -, NVwZ 1987, 409, und vom 6.10.1989 - 4 C 14.87 -, NJW 1990, 1192 = DVBl. 1990, 205). Handelt es sich um ein befreiungsbedürftiges und zudem möglicherweise nicht befreiungsfähiges Vorhaben, so kann die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit des Nachbarn schon bei Nachteilen von etwas geringerer Intensität erreicht sein als dann, wenn das beanstandete Vorhaben mit den Regelfestsetzungen des betreffenden Bebauungsplans übereinstimmt (vgl. Beschluss des Senats vom 16.2.1990 - 3 S 155/90 -, Juris).
2. Gemessen daran kommt zumindest nach derzeitigem Erkenntnisstand in Betracht, dass es die Antragsgegnerin bei der Erteilung der Baugenehmigung unter tiefgreifenden Befreiungen an der gebotenen Rücksichtnahme auf die Interessen der Antragsteller hat fehlen lassen. Durch die genehmigte Erhöhung der Vollgeschosse von zwei auf drei bzw. vier Vollgeschossen nimmt die streitige Wohnanlage erheblich an Höhe zu. So erreicht das Gebäude an der ... (Haus 2) auf der dem Grundstück der Antragsteller zugewandten Westseite eine Traufhöhe von 13 bis 14 m und eine Giebelhöhe von 16 bis 17 m (vgl. die unterschiedlichen Höhen in den Plänen „Schnitt B-B“ und „Ansicht Nord“ sowie „Ansicht West“). Genaue Höhenangaben sind nicht möglich, da es an den gebotenen Vermaßungen in den Plänen fehlt. Bei plankonformer Bebauung mit nur zwei Vollgeschossen wäre die Gebäudehöhe um einige Meter geringer. Die Zulassung von drei bzw. vier Vollgeschossen (zuzüglich des Dachgeschosses) bei gleichzeitiger massiver Überschreitung der zulässigen Geschoßfläche führt ferner dazu, dass sich die Zahl der im Gesamtgebäude unterzubringenden Wohnungen (im 1. OG sind 7, im 2. OG sind 6 Wohneinheiten vorgesehen) und als Folge davon die Zahl der notwendigen Stellplätze und damit auch die Anzahl der Fahrbewegungen über die Tiefgarageneinfahrt deutlich erhöht.
Sowohl die befreiungsbedingte Gebäudeerhöhung und -massierung als auch die Zunahme der Fahrbewegungen wirken sich für die Antragsteller nachteilig aus. Nach ihrem Vorbringen und den Eintragungen im Bebauungsplan ist davon auszugehen, dass ihr Wohnhaus lediglich eingeschossig errichtet ist und daher zum ihnen viergeschossig gegenübertretenden „Haus 2“ eine erhebliche Höhendisparität besteht. Deutliche Unterschiede dürften auch in der Bebauungstiefe des klägerischen Wohnhauses und dem ihm gegenüberliegenden Vorhaben bestehen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass wohl sämtliche Fenster des Wohnhauses der Antragsteller nach Osten (zum Vorhaben hin) ausgerichtet sind und dass das Wohnhaus nur wenig mehr als 1 m von der Grundstücksgrenze und der hieran unmittelbar anschließenden Tiefgaragenzufahrt entfernt liegt. Bei dieser Sachlage kommt jedenfalls nach gegenwärtigem Erkenntnisstand in Betracht, dass von dem Gebäude an der ... (Haus 2) eine optisch erdrückende Wirkung auf das Wohnhaus und das Grundstück der Antragsteller ausgeht und dass zum anderen die unmittelbar an der Grundstücksgrenze genehmigte Tiefgaragenzufahrt zu den 19 Stellplätzen im Untergeschoss zu einer als rücksichtslos einzustufenden Lärmbetroffenheit der Antragsteller führt. Zwar lässt sich - trotz Fehlens der erforderlichen Abstandsflächenberechnung - feststellen, dass das Haus 2 - bei einer Wandhöhe von mindestens 13 m und einem Grenzabstand von ca. 5 m - jedenfalls die nachbarschützende Abstandsflächentiefe im hier festgesetzten Besonderen Wohngebiet einhält (zur Bemessung vgl. § 5 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 und S. 3 LBO). Dies schließt eine unzumutbare Betroffenheit der Antragsteller wegen erdrückender Wirkung des Baukörpers des Vorhabens in dessen nicht aus. Zwar konkretisieren die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächentiefen grundsätzlich auch im Rahmen des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots die Grenzen eines hinsichtlich Belichtung, Belüftung, Besonnung und Einsichtnahme gebotenen Mindestschutzes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.1984 - 4 B 244.84 -, NVwZ 1985, 653; Beschluss vom 6.12.1996 - 4 B 215.96 -, NVwZ-RR 1997, 516; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.11.1993 - 3 S 2603/93 -, Juris). Dieser Grundsatz lässt je nach Lage im Einzelfall aber Ausnahmen selbst hinsichtlich dieser durch die Abstandsflächenbestimmungen geschützten nachbarlichen Belange zu. Er ist im Hinblick auf den vom Schutzbereich der §§ 5 ff. LBO nicht erfassten Belang der optisch erdrückenden Wirkung eines Vorhabens, der an planungsrechtliche Kriterien (Maß der baulichen Nutzung, Größe des Baukörpers) anknüpft, aber schon nicht anwendbar (so BVerwG, Urteil vom 23.5.1986 - 4 C 34.85 -, NVwZ 1987, 34, 35).
3. Ob sich das Verdikt einer unzumutbar erdrückenden Wirkung des Vorhabens (vornehmlich Haus 2) für das Wohnhaus und Grundstück der Antragsteller bei einer abschließenden Prüfung aufrechterhalten lässt, muss im vorliegenden Verfahren offen bleiben. Dies auch deswegen, weil eine umfassende Beurteilung der maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse derzeit schon nicht möglich ist. Dem steht entgegen, dass die genehmigten Pläne, worauf auch die Antragsteller zutreffend hinweisen, in mehrfacher Hinsicht unvollständig sind. So sind insbesondere weder die genauen Höhenmaße des Hauses 2 auf der Westseite angegeben, noch ist in den Plänen wohl die richtige Grundfläche des Wohnhauses der Antragsteller eingezeichnet. Völlig fehlen zudem Angaben zur Trauf- und zur Giebelhöhe des Wohnhauses der Antragsteller sowie Bauvorlagen, die den Blick sowohl auf Haus 2 als auch auf das Wohnhaus der Antragsteller zeigen und damit einen Vergleich der Gebäudehöhen und -dimensionen erst möglich machen. Derartige Darstellungen sind jedoch erforderlich und auch vorgeschrieben, um gesicherte Beurteilungsgrundlagen für die Rechtmäßigkeit (Nachbarverträglichkeit) des Vorhabens gewinnen zu können (zu den insofern notwendigen Bauvorlagen vgl. § 52 Abs. 1 LBO i.V.m. § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 und § 6 Abs. 2 Nr. 3 LBO-VVO). Auf das Fehlen dieser erforderlichen Angaben können die Antragsteller sich berufen. Denn Regelungen über die Anforderungen an Bauvorlagen entfalten nach der Rechtsprechung des Senats dann eine nachbarschützende Wirkung, wenn wegen der Unvollständigkeit der Bauvorlagen eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften nicht geprüft oder jedenfalls nicht zuverlässig ausgeschlossen werden kann (vgl. Beschluss vom 9.8.2005 - 3 S 1216/05 -, VBlBW 2005, 480; im Ergebnis ebenso VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.2.2007 - 5 S 2826/06 -, VBlBW 2007, 383). Die Antragsteller müssen sich entgegen dem Verwaltungsgericht für die Beurteilung ihrer aktuellen Betroffenheit auch nicht darauf verweisen lassen, dass sie nach dem Bebauungsplan ihr Grundstück auch stärker ausnutzen und zweigeschossig bebauen dürften. Den Antragstellern kann angesichts der besonderen Verhältnisse wohl auch nicht schutzmindernd entgegengehalten werden, dass ihr Wohnhaus in geringem Abstand zur Grenze errichtet ist. Denn ihr Wohnhaus war bereits bei Erlass des Bebauungsplans vorhanden und liegt wohl noch innerhalb des im Bebauungsplan grenznah festgesetzten Baufensters.
4. Nach Lage der Dinge hält der Senat auch einen Verstoß der Tiefgaragenzufahrt zu Lasten der Antragsteller gegen das Gebot der Rücksichtnahme für möglich, ohne dass auch insoweit eine abschließende Beurteilung getroffen werden kann. Insoweit wird auf die nachfolgenden Ausführungen zu II. verwiesen.
II.
Bauordnungsrechtlich kommt ein Verstoß der genehmigten Tiefgaragenzufahrt zu 19 Stellplätzen gegen die nachbarschützende Bestimmung des § 37 Abs. 7 LBO in Betracht. Danach sind Stellplätze einschließlich der Zufahrten so anzuordnen und einzurichten, dass u.a. das Wohnen und Arbeiten durch Lärm, Abgase und Gerüche nicht erheblich, d.h. unzumutbar gestört werden. Was erheblich ist, ist auch hier - spiegelbildlich zum und in Konkretisierung des Rücksichtnahmegebots - nach den tatsächlichen und rechtlichen Umständen des Einzelfalls (tatsächliche und rechtliche Schutzwürdigkeit und -bedürftigkeit, Intensität der Beeinträchtigung) zu entscheiden. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Nutzung von und die Zufahrt zu - wie hier - nach § 37 Abs. 1 LBO bedarfsnotwendigen Stellplätzen in Wohngebieten keine erheblichen, billigerweise nicht mehr zumutbaren Störungen hervorrufen (st.Rspr., vgl. Nachweise bei Sauter, LBO, § 37 Rdnr. 111). Auch dieser Grundsatz hat jedoch Ausnahmen. Eine solche Ausnahme ist vorliegend in Erwägung zu ziehen. Zunächst ist, wie dargelegt, zu berücksichtigen, dass die genehmigte Nutzungsfrequenz (Zu- und Abfahrten zu 19 Stellplätzen) zu einem erheblichen Teil Folge der durch die Befreiungen gestatteten höheren Ausnutzbarkeit des Baugrundstücks ist. Ferner ist der die Antragsteller einseitig belastende Standort der Zufahrt in Rechnung zu stellen. Die Zufahrt soll unmittelbar an der Grenze und im Abstand von lediglich 1 bis 2 m vom Wohnhaus der Antragsteller entfernt angelegt werden, wobei wohl sämtliche Fenster sich in der Ostwand befinden und daher der Zufahrt zugewandt sind. Schließlich ist nach den Plänen auch der eigentliche Zufahrtsbereich bis zum Beginn der Rampe nach oben hin offen und gar nicht (so der Eindruck im Plan „Ansicht West“) bzw. allenfalls mit einer niedrigen Mauer nach Westen hin abgeschirmt (so wohl im Plan „Grundriss KG“). Eine nennenswerte Minderung der Zu- und Abfahrtsgeräusche im Einfahrtsbereich für das Wohnhaus der Antragsteller dürfte mit diesen Maßnahmen nicht verbunden sein. Endlich stellt sich die Frage, ob die beigeladene Bauherrin gerade auf den gewählten, einseitig die Antragsteller belastenden Einfahrtsstandort von der ... aus angewiesen ist, ob sich dieser Standort im öffentlichen Interesse aufdrängt oder ob - gegebenenfalls auch unter gewissen Einbußen an Ausnutzbarkeit des Baugrundstücks - nachbarschonendere Planungsalternativen zur Verfügung stehen. Solche Alternativen vermag der Senat nach derzeitigem Erkenntnisstand jedenfalls nicht auszuschließen. In Betracht käme zum einen die Anlegung einer Zufahrt über die ... .... Von dieser Straße aus werden ersichtlich auch die übrigen Anliegergrundstücke angefahren und es erscheint denkbar, dass die Zufahrt zu dem genehmigten Mehrfamilienhaus auch in einer mit der Verkehrssicherheit vereinbarenden Weise angelegt werden könnte. Diese Möglichkeit ist durch die bisher sehr vagen Gegenargumente der Antragsgegnerin nicht widerlegt. Als weitere Alternative wäre zumindest erwägenswert, ob die Zufahrt von Westen her über die im Zuge des Bebauungsplans „Oscar-Parett-Straße“ zur Erschließung des rückwärtigen Gebiets angelegten Straßen erfolgen kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 3 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2 S. 1, 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
10 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

1

1. Der 1969 geborene Beklagte steht als Polizeiobermeister (Besoldungsgruppe A 8 BBesO) im Dienst der Klägerin und wird im Grenzschutz verwendet. Durch rechtskräftigen Strafbefehl verurteilte ihn das Amtsgericht im Jahr 2009 wegen 22 tatmehrheitlich begangener Fälle des Betrugs zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen. Ausweislich der tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl hatte der Beklagte im Internet Mobiltelefone versteigert, obwohl er weder willens noch in der Lage war, diese auch zu liefern. Nach Zahlung zweier Raten hat der Beklagte Privatinsolvenz angemeldet und den Strafrest als Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt.

2

Im nachfolgenden Disziplinarklageverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten wegen dieses Pflichtenverstoßes sowie der Ausübung ungenehmigter Nebentätigkeiten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Die hiergegen gerichtete Berufung blieb zunächst erfolglos; nach Aufhebung des Berufungsurteils durch das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 26. September 2014 - 2 B 23.14 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 111) hat der Verwaltungsgerichtshof den Beklagten in das Amt eines Polizeimeisters (Besoldungsgruppe A 7 BBesO) zurückgestuft.

3

Der Verwaltungsgerichtshof ging dabei nach einer Vernehmung des den Beklagten behandelnden Facharztes von einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit des Beklagten zur Zeit der Tathandlungen und einer zwischenzeitlich vollständigen Überwindung der Erkrankung aus. Nach Eingang einer Stellungnahme des Sachverständigen hierzu hatten die Beteiligten auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet.

4

2. Die mit der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.

5

a) Mit dem Vortrag, der Vorsitzende habe an keiner der vorangegangenen mündlichen Verhandlungen teilgenommen, wird der behauptete Verstoß gegen § 112 VwGO nicht aufgezeigt.

6

Nach § 112 VwGO kann das Urteil nur von den Richtern und ehrenamtlichen Richtern gefällt werden, die an der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung teilgenommen haben. Die Vorschrift sichert damit (wie § 309 ZPO für den Zivilprozess), dass der Rechtsstreit aufgrund des unmittelbaren Eindrucks der mündlichen Verhandlung und ggf. einer dort durchgeführten Beweisaufnahme entschieden wird.

7

Die Anwendbarkeit des § 112 VwGO setzt damit voraus, dass das Urteil aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist. Die Norm kann dagegen nicht - entsprechend - herangezogen werden, wenn das Gericht im Einverständnis der Beteiligten seine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung trifft (§ 101 Abs. 2 VwGO). Dies gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn der Entscheidung im schriftlichen Verfahren bereits eine mündliche Verhandlung vorangegangen ist und die Beteiligten nur auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet haben (BVerwG, Urteil vom 2. August 1984 - 3 C 31.83 - Buchholz 310 § 112 VwGO Nr. 6 Rn. 22 m.w.N. und Beschluss vom 12. Juli 2006 - 4 BN 15.06 - Buchholz 310 § 112 VwGO Nr. 11 Rn. 2 sowie BGH, Urteil vom 19. März 1992 - I ZR 122/90 - NJW-RR 1992, 1065 = juris Rn. 12 zur Parallelvorschrift des § 309 ZPO).

8

Die im schriftlichen Verfahren getroffene Entscheidung des neu besetzten Spruchkörpers darf zur Wahrung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 96 Abs. 1 Satz 1 VwGO) aber nur Umstände berücksichtigen, die aktenkundig sind oder auf der Wahrnehmung aller an der Entscheidung beteiligten Richter beruhen (BVerfG, Beschluss vom 30. Januar 2008 - 2 BvR 2300/07 - NJW 2008, 2243 Rn. 18). Frühere Aussagen von Zeugen oder Sachverständigen können dabei durch die Auswertung des Sitzungsprotokolls einbezogen werden.

9

Eine Wiederholung der Beweisaufnahme vor den das Urteil fällenden Richtern ist daher nur dann geboten, wenn der persönliche Eindruck des Zeugen oder Sachverständigen für alle Richter unverzichtbar ist. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Glaubwürdigkeit der vernommenen Person und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen vorliegen (BVerwG, Beschlüsse vom 15. März 2013 - 2 B 12.12 - juris Rn. 7 und vom 26. August 2013 - 9 B 13.13 - juris Rn. 9).

10

Diese Voraussetzungen liegen für die Würdigung der Aussagen des behandelnden Facharztes des Beklagten nicht vor. Sie werden in der Sache auch von der Klägerin gar nicht vorgetragen. Die Beschwerde rügt vielmehr, aus den aktenkundigen Äußerungen könne die vom Berufungsgericht angenommene Verminderung der Steuerungsfähigkeit nicht entnommen werden. Damit ist indes nicht ein Verfahrensfehler bezeichnet, sondern die Richtigkeit der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts in Frage gestellt.

11

Der Vortrag trifft im Übrigen auch in tatsächlicher Hinsicht nicht zu: Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2015 hat der Zeuge angegeben, die Depression des Beklagten sei bereits im maßgeblichen Zeitraum April/Mai 2008 der schweren Form zuzuordnen gewesen. (Nur) auf diese aktenkundige Aussage hat das Berufungsgericht seine Würdigung gestützt.

12

b) Auch der gerügte Verstoß gegen § 108 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor.

13

Die Klägerin hatte Gelegenheit, sich zu den Angaben des als Zeugen vernommenen Arztes zu äußern. Die nunmehr vermisste Information über die - spätere - Beweiswürdigung des Gerichts begründet keinen Verstoß gegen § 108 Abs. 2 VwGO. Das Berufungsgericht war nicht verpflichtet, die sich aus den Zeugenaussagen ergebenden Folgen für die Beweiswürdigung mit den Beteiligten vorab zu erörtern. Dies gilt umso mehr, als das Gericht die Sache nicht als entscheidungsreif angesehen und den Beschluss gefasst hat, den Sachverständigen um eine Stellungnahme zu den Aussagen des behandelnden Arztes zu bitten.

14

Nach Eingang dieser Stellungnahme hat die Klägerin erneute Ausführungen zum Vorliegen einer Minderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Beklagten gemacht und anschließend auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet. Anhaltspunkte für eine Verletzung der aus § 108 Abs. 2 VwGO folgenden Pflichten des Berufungsgerichts sind bei dieser Sachlage nicht ersichtlich.

15

c) Schließlich hat die Beschwerde auch nicht aufgezeigt, dass die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts auf einem revisionsgerichtlich relevanten Verstoß gegen die Denkgesetze beruht.

16

Die Beschwerde selbst macht geltend, die Aussage des Zeugen lasse denk-logisch zwei gleichberechtigte Alternativen zu. Sie reklamiert damit zwar die Möglichkeit einer für sie günstigeren Würdigung, räumt aber zugleich die Zulässigkeit des vom Berufungsgericht gezogenen Schlusses ein. Es verstößt nicht gegen die Denkgesetze, wenn das Berufungsgericht aus der (als denkbar konzedierten) Annahme einer schweren Depression die Möglichkeit einer Verminderung der Steuerungsfähigkeit schlussfolgert. Selbst wenn diese Annahme eher atypisch sein sollte, ist deren Unterstellung in dubio pro reo jedenfalls nicht verfahrensfehlerhaft.

17

3. Die Beschwerde hat auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt (§ 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

18

Der von ihr bezeichnete Rechtssatz,

"wenn nach dem Grundsatz 'in dubio pro reo' das Vorliegen einer schweren Depression nicht auszuschließen ist, ist der Betroffene vermindert schuldfähig",

ist vom Berufungsgericht weder in verallgemeinernder Form aufgestellt noch konkret angenommen worden. Vielmehr sind im Berufungsurteil hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB bejaht worden. Die Rechtsfrage würde sich in einem Revisionsverfahren daher nicht stellen (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO).

19

Das Berufungsgericht hat den Zweifelssatz nur insoweit herangezogen, als es die dem ursprünglichen (vom Bundesverwaltungsgericht später aufgehobenen) Berufungsurteil vom 22. Oktober 2013 maßgeblich zugrunde liegenden Aussagen des Gutachters zur bestehenden Steuerungsfähigkeit in Frage gestellt hat. Insoweit liegt der Sache nach - was die Beschwerde zutreffend rügt - kein Zweifelsfall vor; das Berufungsgericht ist (den Aussagen des Zeugen folgend) vielmehr positiv von einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit ausgegangen. Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage folgt hieraus nicht.

20

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

21

Ein Streitwert für das Beschwerdeverfahren muss nicht festgesetzt werden, weil sich die Höhe der Gerichtskosten streitwertunabhängig aus dem Gesetz ergibt (vgl. § 78 Satz 1 BDG i.V.m. Nr. 12 und 62 des als Anlage zu diesem Gesetz erlassenen Gebührenverzeichnisses).

22

5. Mit diesem Beschluss und der darin enthaltenen Kostenentscheidung zulasten der Klägerin erledigt sich der vom Beklagten durch Schriftsatz vom 7. März 2017 gestellte Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.