Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 03. Feb. 2011 - 2 A 512/09

bei uns veröffentlicht am03.02.2011

Tenor

Unter entsprechender teilweiser Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2008 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 10 K 1860/07 – wird die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger zu 1. und 2. sind nach eigenen Angaben miteinander nach religiösem Ritus verheiratet und staatenlose Kurden aus Syrien. Sie reisten im Juni 2004 in das Bundesgebiet ein; der Kläger zu 3. wurde im September 2004 in Deutschland geboren. Der Asylantrag der Kläger zu 1. und 2. wurde unter dem 9.8.2004 abgelehnt.

Auf die hiergegen gerichtete Klage der Kläger, die hinsichtlich des Asylbegehrens am 29.3.2005 zurückgenommen worden war, hob das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 7.3.2007 – 10 K 9/07 - den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge der dortigen Beklagten vom 9.8.2004 hinsichtlich der Bezeichnung von Syrien als Zielstaat einer Abschiebung auf und wies die Klage im Übrigen ab. In seiner Urteilsbegründung sah das Verwaltungsgericht die Kläger zu 1. und 2. als staatenlose Kurden an, denen aus asylfremden Gründen die Wiedereinreise nach Syrien verweigert werde und die daher unabhängig von einer eventuellen früheren politischen Verfolgung im Aufenthaltsstaat kein Asylrecht oder die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 I AufenthG erhalten könnten.

Unter dem 15.3.2007 beantragten die Kläger zu 1. und 2. die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und die Ausstellung eines Staatenlosenausweises unter Berufung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7.3.2007 - 10 K 9/07 - bei dem Rechtsvorgänger des Beklagten, dem Landesamt für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten. Seit 15.5.2007 ist der Aufenthalt der Kläger geduldet.

Unter dem 24.5.2007 wies diese Ausländerbehörde die Kläger darauf hin, dass sich aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7.3.2007 hinsichtlich der Staatenlosigkeit der Kläger keine Bindungswirkung ergebe und dass die von ihnen behauptete Staatenlosigkeit weitere Sachverhaltsermittlungen erforderlich mache. Sie seien mit Blick auf § 82 I AufenthG verpflichtet, jedwede Verfahrenshandlung vorzunehmen, die zur Klärung ihrer ausländerrechtlichen Belange beitrage und nicht nur diejenige, zu der sie gerade aufgefordert würden. Darüber hinaus wurden die Kläger aufgefordert, einen vollständigen und nachvollziehbaren Lebenslauf vorzulegen, lückenlos die familiäre Herkunft unter Angaben der Namen und Wohnorte ihrer Väter und Mütter sowie Großväter und Großmütter darzulegen (Stammbaum), Name, Anschrift, Status und Staatsangehörigkeit von gegebenenfalls in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Angehörigen mitzuteilen, die geforderten Angaben insbesondere durch amtlich beglaubigte Urkunden oder sonstige Dokumente von Institutionen oder Organisationen zu belegen beziehungsweise substantiiert darzutun, warum derartige Unterlagen nicht vorgelegt werden könnten, alle Personenstandsunterlagen der syrischen Behörden, mit denen sie sich vor ihrem Aufenthalt im Bundesgebiet gegenüber den dortigen Behörden legitimiert hätten, im Original, ferner eine Ablichtung des libanesischen Reisepasses der Mutter der Klägerin zu 2. sowie Ablichtungen der Dokumente, die den aufenthaltsrechtlichen Status ihres Vaters und den aufenthaltsrechtlichen Status der Eltern des Klägers zu 1. in Syrien belegten, vorzulegen.

Am 15.6.2007 legten die Kläger einen Lebenslauf des Klägers zu 1., jeweils einen ausgefüllten Fragebogen zu Familienverhältnissen des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 2. sowie jeweils eine „Mitteilungsurkunde“ des Ortsvorstehers des Stadtviertels Al Sinaa in Al Kamishli betreffend die Kläger zu 1. und 2. vor. In der Folge wiederholten die Kläger ihre sich aus der Sitzungsniederschrift im Verfahren 10 K 9/07 ergebenden Angaben und reichten unter anderem auch einen Lebenslauf der Klägerin zu den Akten. Ferner erklärten sie, sie seien bemüht, mit ihren Eltern Kontakt aufzunehmen, um weitere Unterlagen zu beschaffen.

Am 25.10.2007 haben die Kläger zu 1. bis 3. Klage erhoben (10 K 1860/07). Sie haben die Auffassung vertreten, ihre Klage sei gemäß § 75 VwGO zulässig, da ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und Ausstellung eines Staatenlosenausweises seit mehr als sieben Monaten nicht beschieden worden sei. Die Klage sei auch begründet, da aufgrund der fehlenden Rückkehrmöglichkeit der Kläger ein Abschiebehindernis auf unabsehbare Dauer bestehe. Die syrische Botschaft werde ihnen als staatenlosen Kurden keinen Pass ausstellen. Sie hätten Anspruch auf Ausstellung eines Staatenlosenausweises. Darüber hinaus haben sie eine eidesstattliche Versicherung des Herrn D zur Identität des Klägers sowie eine eigene eidesstattliche Versicherung vom 9.8.2007 betreffend u.a. ihre Staatenlosigkeit vorgelegt, aufgenommen durch ein Notariat.

Die Kläger haben beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, den Klägern auf ihren mit Schriftsatz vom 15.3.2007 gestellten Antrag hin Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen und Ausweise nach dem Übereinkommen über die Rechtstellung von Staatenlosen auszustellen.

Der Beklagte, der seit Inkrafttreten des Verwaltungsstrukturreformgesetzes vom 21.11.2007 am 1.1.2008 in gesetzlicher Funktionsnachfolge für das Landesamt für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten am vorliegenden Rechtsstreit beteiligt ist, hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Klage für unbegründet erachtet. Den Klägern stehe kein Anspruch auf die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 25 V AufenthG zu, da sie deren Voraussetzungen nicht erfüllten. Das Hindernis für eine freiwillige Ausreise und eine zwangsweise Abschiebung sei in Fällen wie dem vorliegenden vordergründig die Passlosigkeit, die aber bei Kurden aus Syrien durch eine häufig zweifelhafte Identität sowie einen ungeklärten Status und eine nicht sicher feststehende Staatsangehörigkeit überlagert werde. Kurden mit syrischer Staatsangehörigkeit sei die Erlangung von Passersatzpapieren syrischer Auslandsvertretungen und eine freiwillige Ausreise in ihr Herkunftsland ohne weiteres möglich, während Kurden aus Syrien, die dort als registrierte Ausländer oder unregistriert und lediglich von syrischen Behörden geduldet gelebt hätten, im Falle einer unerlaubten Ausreise einem Wiedereinreiseverbot des syrischen Staates unterlägen und generell keine rechtliche oder tatsächliche Möglichkeit der Rückkehr nach Syrien hätten. Danach bestehe ein Ausreise- und Abschiebungshindernis faktisch schon, wenn Identität, Status und Staatsangehörigkeit des Ausländers nicht abschließend geklärt seien. Die Kläger hätten das Ausreisehindernis zu vertreten, da sie mögliche und zumutbare Mitwirkungshandlungen zur Beseitigung des Hindernisses unterlassen hätten. Erforderlich sei, dass sie darlegten und auch bewiesen, dass sie tatsächlich in Syrien ansässig gewesene, unregistrierte Kurden seien und keine andere Staatsangehörigkeit hätten. Wer geltend mache und vortrage, dass er von einem Einreiseverbot betroffen sei, berufe sich auf einen Sonderfall, da die deutlich überwiegende Zahl der in Syrien ansässigen Kurden dort als Staatsbürger anerkannt seien. Mangels positiven Nachweises ihrer Staatenlosigkeit scheide die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Kläger aus. Deshalb hätten sie auch keinen Anspruch auf Ausstellung von Reiseausweisen. Denn das Übereinkommen finde nur auf Personen Anwendung, die kein Staat aufgrund seines Rechts als Staatsangehörige ansehe, also de iure staatenlos seien. Zudem hielten die Kläger sich nicht rechtmäßig im Sinne des Art. 28 Satz 1 des Übereinkommens in der Bundesrepublik Deutschland auf. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus Satz 2 dieser Regelung. Die Entscheidung stehe im Ermessen der zuständigen Ausländerbehörde, das durch die Wohlwollensklausel eingeschränkt sei. Diese Klausel finde jedoch auf die Kläger keine Anwendung, da Zweck der Vorschrift sei, auch Staatenlosen, die sich im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates befänden, ohne zum Daueraufenthalt berechtigt zu sein, in die Lage zu versetzen, sich auszuweisen sowie von dem Recht der Freizügigkeit auch durch Ausreise und anschließende Wiedereinreise nach Möglichkeit Gebrauch zu machen. Gerade dies würde jedoch dem Sinn und Zweck der den Klägern erteilten Duldung zuwiderlaufen. Im Übrigen müssten sie auch hierfür ihre Staatenlosigkeit nachgewiesen haben.

Mit Urteil vom 29.10.2008 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, den Klägern die begehrten Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 V AufenthG zu erteilen und den Klägern zu 1. und 3. Ausweise nach dem Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen auszustellen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die in Form der sogenannten Untätigkeitsklage erhobene Verpflichtungsklage sei zulässig und überwiegend begründet. Bei den Klägern zu 1. und 3. handele es sich um staatenlose Kurden aus Syrien, die – nach einer anzunehmenden Ausreise des Klägers zu 1. aus Syrien ohne Erlaubnis der dortigen Behörden - aufgrund eines Wiedereinreiseverbots weder nach Syrien zurückkehren könnten noch von einem anderen Staat aufgrund seines Rechts als seine Staatsangehörige angesehen und aufgenommen würden. Ihnen seien daher wegen der dauerhaft gehinderten Ausreise Aufenthaltserlaubnisse und die begehrten Reiseausweise zu erteilen. Ein möglicher Anspruch dieser Kläger nach § 25 V AufenthG scheitere nicht bereits daran, dass mit dem am 14.7.2008 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Arabischen Republik Syrien geschlossenen Rückübernahme-Abkommen eine Möglichkeit geschaffen worden sei, insbesondere staatenlose Personen unter bestimmten Voraussetzungen von Deutschland nach Syrien zurückzuschaffen. Zwar sei damit zu rechnen, dass das Abkommen in überschaubarer Zeit in Kraft treten werde. Auch lägen für die Kläger zu 1. und 2. Mukhtar-Bescheinigungen vor, die nach Art. 5 II lit. b des Protokolls über die Durchführung des Rücknahmeabkommens als Beleg für einen Aufenthalt auf syrischem Hoheitsgebiet vorgesehen seien und nach der gutachterlichen Stellungnahme des Auswärtigen Amtes im Asylklageverfahren jedenfalls keine offensichtlichen Fälschungsmerkmale aufwiesen. Ob das in dem Vertragswerk festgelegte Merkmal der „unmittelbaren“ Einreise in das Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei nur Einreisen auf direktem Wege zwischen Syrien und Deutschland ohne Berührung mit Durchreisedrittstaaten, mithin allein Reisen auf dem Luft- oder Seeweg erfasse und damit die Kläger zu 1. und 2. wegen ihres insoweit indirekten Reiseweges nach Deutschland ausschließe, hänge entscheidend davon ab, wie der Begriff der unmittelbaren Einreise im Sinne des Art. 2 II des Rückübernahmeabkommens künftig in der Verwaltungspraxis beziehungsweise Vertragspraxis zwischen Syrien und Deutschland ausgelegt werde. Gelinge die in Art. 9 II des Abkommens vereinbarte enge Zusammenarbeit (auf Dauer) nicht, so habe jede Vertragspartei etwa die Möglichkeit, das Abkommen nach Maßgabe des Art. 11 jederzeit mit einer Frist von 90 Tagen zu kündigen. Es sei daher derzeit nicht feststellbar, dass das im Falle der Kläger bestehende Ausreisehindernis in Anwendung des deutsch-syrischen Rückübernahmeabkommens in absehbarer Zeit entfallen werde und bereits deshalb ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 V AufenthG ausscheide. Für die Frage, ob die Kläger im Sinne der Vorschrift unverschuldet auf unabsehbare Zeit an der Ausreise verhindert seien, komme es darauf an, ob sie nach Maßgabe des sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ergebenden Erkenntnisstandes staatenlos seien und daher weder in ihrem Herkunftsland Syrien noch in einem anderen Staat Aufnahme und Aufenthalt finden könnten. Nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes hätten sich zwar zahlreiche Angehörige der Gruppe, der die Kläger zu 1. und 2. und deren Eltern nach dem Klagevorbringen zugeordnet werden sollten, vor der Unabhängigkeit Syriens in einem der Nachbarstaaten (Türkei, Irak) aufgehalten und möglicherweise auch einige von ihnen die Staatsangehörigkeit einer dieser Staaten erlangt. Die meisten von ihnen dürften aber nie entsprechende Staatsangehörigkeitsdokumente erhalten haben und den Nachweis einer solchen Staatsangehörigkeit daher kaum führen können. Es könne daher grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass kein anderer in Betracht kommender Staat betreffende Personen oder deren Nachkommen als Staatsangehörige akzeptieren werde; mithin seien weitere Bemühungen zur Erlangung von Ausweispapieren solcher Drittstaaten von vornherein aussichtslos. So liege der Fall hinsichtlich der Kläger zu 1. und 3.. Die im Ablehnungsbescheid über den Asylantrag des Klägers zu 1. dargestellten Bedenken hinsichtlich der behaupteten Staatenlosigkeit seien im asylrechtlichen Klageverfahren zerstreut worden. Der Kläger zu 1. habe nämlich in der damaligen mündlichen Verhandlung Umstände geschildert, die für seinen Status als staatenloser Kurde in Syrien sprächen beziehungsweise seine vorherigen Angaben sinnvoll ergänzten. Die im vorliegenden Verwaltungsverfahren gegenüber dem Beklagten gemachten Angaben zu seinen Vorfahren und Geschwistern stützten seinen Vortrag. Außerdem liege für ihn eine offensichtlich nicht gefälschte Mukhtar-Bescheinigung vor, wobei es für Maktumin als Unregistrierte geradezu typisch sei, über keine weiteren behördlichen personenbezogenen Dokumente zu verfügen. Er habe zudem glaubhaft versichert, dass entsprechende Bescheinigungen hinsichtlich seiner Eltern mangels deren Mitwirkung nicht vorgelegt werden könnten. Des Weiteren habe der im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vernommene Zeuge F, dessen Einladung an die mutmaßliche Mutter der Klägerin zu 2. Grundlage des von dieser durchgeführten Visumsverfahrens gewesen sei, bestätigt, dass der Kläger zu 1. staatenloser Kurde sei und gerade deshalb die Familie beziehungsweise der Vater der Klägerin zu 2. gegen die Heirat der beiden gewesen sei. Da vorliegend die Abschiebung des Klägers zu 1. länger als 18 Monate ausgesetzt sei, ein absolutes Erteilungsverbot nach § 10 III 2 AufenthG nicht einschlägig sei und auch kein atypischer Ausnahmefall vorliege, habe er einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Er könne auch die Ausstellung eines Reiseausweises nach dem Staatenlosen-Übereinkommen verlangen, da er sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet Deutschlands aufhalte, sobald der Beklagte ihm zunächst in Erfüllung der dargelegten Rechtspflicht die Aufenthaltserlaubnis erteile. Gleiches gelte für den Kläger zu 3., der das ausländerrechtliche Schicksal seines Vaters teile, da sich die Staatsangehörigkeit eines Kindes sowohl nach syrischem als auch nach libanesischem Recht - das hier allenfalls noch in Betracht komme - nach derjenigen seines Vaters richte. Demgegenüber könne die Klägerin zu 2. lediglich eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 V AufenthG, und zwar auf der Grundlage des durch Art. 6 I GG und Art. 8 I EMRK gebotenen Schutzes von Ehe und Familie beanspruchen. Gegen sie bestehe ausweislich des kriminalpolizeilichen Untersuchungsberichts der Polizeiinspektion B-Stadt vom 23.6.2008 in den Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft C-Stadt (Aktenzeichen 24 Js 15/08 und 2 Js 1381/08) der Verdacht, dass sie sowohl bei ihrer Asylantragstellung als auch in der Folge falsche Angaben zu ihren Personalien und zu ihrer wahren Herkunft gemacht habe, insbesondere ihre libanesische Staatsangehörigkeit verschwiegen beziehungsweise verschleiert habe und demzufolge hinsichtlich ihrer Staatenlosigkeit in der notariellen Urkunde vom 9.8.2007 eine falsche Versicherung an Eides statt abgegeben habe. Begründet werde der Verdacht insbesondere damit, dass die Angaben der Klägerin zu ihrer Familie mit den von der libanesischen Staatsangehörigen G in einem Visumsantrag zu ihren Familienangehörigen gemachten Angaben und den Eintragungen im libanesischen Zivilregister „frappierende Übereinstimmungen“ aufwiesen. Die Ermittler seien nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei der Klägerin um die Tochter dieser Frau G handele und sie wie alle anderen im libanesischen Zivilregister eingetragenen Mitglieder der Familie die libanesische Staatsangehörigkeit besitze. Bei Würdigung aller Umstände verblieben zumindest begründete Zweifel sowohl hinsichtlich der wahren Identität der Klägerin zu 2. als auch deren Behauptung, eine staatenlose Kurdin zu sein. Da sie daher ihre Staatenlosigkeit nicht in der erforderlichen Weise habe nachweisen können, bestehe jedenfalls insoweit kein Ausreisehindernis im Sinne des § 25 V AufenthG. Ein solcher Anspruch scheitere auch, falls sie als Ausländerin in Syrien gelebt habe, also eine andere - wahrscheinlich libanesische - Staatsangehörigkeit besitze, an der von ihr zu vertretenden fehlenden Mitwirkung bei der Klärung ihrer Identität und Staatsangehörigkeit beziehungsweise der bewussten Verhinderung entsprechender Feststellungen. Allerdings stehe ihr ein Anspruch gemäß § 25 V AufenthG mit Blick auf das sich aus Art. 6 I GG sowie Art. 8 I EMRK ergebende Abschiebungsverbot wegen des Bleiberechts ihres erst vierjährigen Sohnes, des Klägers zu 3., zu. Einen Reiseausweis für Staatenlose könne sie nach dem Vorstehenden nicht erhalten.

Gegen das ihm am 11.11.2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 10.12.2008 Antrag auf Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit sowie grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gestellt. Er hat gerügt, dass der Kläger zu 1. nicht nachgewiesen habe, dass er staatenlos sei und weder in seinem vorgeblichen Herkunftsland Syrien noch in einem anderen Staat Aufnahme und Aufenthalt finden könne und daher seine Ausreise aus tatsächlichen Gründen im Sinne des § 25 V 1 AufenthG unmöglich sei. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts bezögen sich die Erkenntnisse des Auswärtigen Amtes, wonach zahlreiche Angehörige der Gruppe, der die Kläger nach dem Klagevorbringen angehören sollten, sich vor der Unabhängigkeit Syriens in einem der Nachbarstaaten aufgehalten hätten und nicht auszuschließen sei, dass einige von ihnen die Staatsangehörigkeit einer dieser Staaten erlangt hätten, ein Nachweis hierüber aber kaum möglich sei und daher grundsätzlich davon ausgegangen werden könne, dass kein anderer in Betracht kommende Staat die betreffenden Personen oder deren Nachkommen als Staatsangehörige akzeptieren werde, weitere Bemühungen zur Erlangung von Ausweispapieren solcher Drittstaaten folglich von vorneherein aussichtslos sei, gerade nicht auf die Gruppe der unregistrierten Kurden, die sogenannten Maktumin, zu denen die Kläger gehören wollten, sondern vielmehr auf die Gruppe der in einem eigenen Personenstandsregister als Ausländer registrierten Kurden, die im Jahre 1962 ausgebürgert worden seien. Damit verkenne das Gericht, dass das Hindernis für eine freiwillige Ausreise und eine zwangsweise Abschiebung auch in Fällen wie den vorliegenden vordergründig die Passlosigkeit, - das Fehlen eines Nationalpasses oder eines Passersatzpapieres - sei. Bei Kurden aus Syrien werde die Passlosigkeit aber überlagert durch eine häufig zweifelhafte Identität sowie einen ungeklärten Status und eine nicht sicher feststehende Staatsangehörigkeit. Während Kurden mit syrischer Staatsangehörigkeit - jedenfalls nach erfolglosem Asylverfahren - die Erlangung von Passersatzpapieren syrischer Auslandsvertretungen und eine freiwillige Ausreise in ihr Herkunftsland ohne weiteres möglich sei, unterlägen Kurden aus Syrien, die dort entweder als registrierte Ausländer oder unregistriert und lediglich von syrischen Behörden geduldet gelebt hätten, im Falle einer unerlaubten Ausreise einem Wiedereinreiseverbot des syrischen Staates, so dass generell keine rechtliche oder tatsächliche Möglichkeit der Rückkehr nach Syrien bestehe. Ein Ausreisehindernis bestehe faktisch also schon dann, wenn Identität, Status und Staatsangehörigkeit des Ausländers noch nicht abschließend geklärt seien. Erscheine es - wie hier - nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass einem Ausländer mögliches und zumutbares Verhalten zum Wegfall des Abschiebungshindernisses führe, und verweigere, unterlasse oder verzögere er dieses, komme eine Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 V 1 AufenthG nicht in Betracht. Es sei einem ausreisepflichtigen Ausländer grundsätzlich zumutbar, ernsthafte Bemühungen zur Beschaffung von Dokumenten aus seinem Herkunftsstaat zu unternehmen und hierfür gegebenenfalls einen dort ansässigen Rechtsanwalt oder Familienangehörige zu beauftragen. Das gelte sowohl für Kurden mit syrischer Staatsangehörigkeit als auch die als Ausländer registrierten Kurden. Eine nähere Klärung von Status und Staatsangehörigkeit insbesondere der unregistrierten Kurden (Maktumin) erfordere hingegen qualifizierte Angaben der Betroffenen zu ihren Vorfahren, deren Status, Geburts- und Aufenthaltsorte, Registerorte und -Nummern sowie die Vorlage von Dokumenten, die diese Angaben belegten. Der Kläger zu 1. müsse daher darlegen und auch beweisen, dass er tatsächlich in Syrien ansässig gewesener, unregistrierter Kurde sei und keine andere Staatsangehörigkeit habe. Denn er berufe sich auf einen Sonderfall, da die deutlich überwiegende Mehrzahl der in Syrien ansässigen Kurden dort als Staatsbürger anerkannt seien. Von einer Beweisnot des Ausländers könne erst dann ausgegangen werden, wenn der Ausländer trotz eines schlüssigen und im Wesentlichen widerspruchsfreien Verfahrens und unter Beachtung der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht nicht in der Lage sei, das Fehlen der syrischen oder einer anderen Staatsangehörigkeit zu belegen. Die bisher erfolgte Mitwirkung des Klägers zu 1. sei unzureichend und irreführend. So habe er sich zu der Frage des Zustandekommens seiner (vermeintlichen) Staatenlosigkeit und zur Begründung des Aufenthaltes seiner Vorfahren in Syrien bisher noch nicht geäußert. Er habe lediglich in seiner Asylklage vorgetragen gehabt, dass auch seine Eltern keine anderen Papiere gehabt hätten als die von ihm bereits geschilderten Ausweispapiere. Zwar lebten 75 000 Kurden als Maktumin in Syrien und würden als für den Staat rechtlich nicht existent gelten, da sie anlässlich der Volkszählung im Jahre 1962 nicht registriert worden seien. Die „Mode“, Personen als „Nichtregistrierte“ zu führen, sei aber erst später aufgekommen, als es eine weitere Generation von in Syrien geborenen Kurden gegeben habe, die aus Verbindungen zwischen Ausländern (aufgrund der Volkszählung von 1962) und weiblichen syrischen Staatsangehörigen hervorgegangen seien. Die Angaben des Klägers zu 1. in Fragebogen und Lebenslauf seien dürftig und ohne jeglichen Beleg durch aussagekräftige Dokumente oder zumindest Angaben zu Registerorten und -Nummern der Vorfahren, obwohl er die Angaben zu seinen Vorfahren durch eine einfache, gegebenenfalls telefonische Nachfrage bei seinen angeblich in Syrien lebenden Eltern hätte konkretisieren können. Der vom 24.5.2007 datierenden Aufforderung des Beklagten zur Vorlage von Ablichtungen der Personaldokumente, die den aufenthaltsrechtlichen Status seiner Eltern in Syrien belegten, sei er nicht nachgekommen. Soweit den unregistrierten Kurden in Syrien staatsbürgerliche Rechte wie der Besitz von Land und die Ausübung selbständiger Gewerbe verwehrt würden, habe der Kläger zu 1. seinen diesbezüglichen Sachvortrag bei seiner Anhörung im Asylverfahren nach den Gegebenheiten angepasst. Sein Vortrag zu den Dorfvorsteher-Bescheinigungen sei nicht mit den dem Beklagten zugänglichen Erkenntnissen vereinbar, und zwar weder hinsichtlich der Zuständigkeit des ausstellenden Mukhtars noch hinsichtlich des Inhalts der vorgelegten Mukhtar-Bescheinigung. Der Sachvortrag des Klägers zu 1. im Rahmen des Asylverfahrens sei auch entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts nicht frei von Widersprüchen. Obwohl auch das Verwaltungsgericht die Klägerin zu 2. als Tochter der im libanesischen Zivilregisterauszug eingetragenen N G ansehe und sich diesem Registerauszug entnehmen lasse, dass deren Ehemann und somit Vater der Klägerin zu 2. bereits 1993 verstorben sei, nehme es nicht zur Kenntnis, dass der Kläger zu 1. unter anderem ab November 2003 bei dem Vater der Klägerin zu 2. in Damaskus gearbeitet und befürchtet haben wolle, dass dieser ihn und seine Ehefrau umbringen werde, weil er diese quasi entführt und gegen den Willen seines Schwiegervaters geheiratet habe. Unter diesen Gesichtspunkten hätte das Gericht zumindest eine libanesische, wenn nicht gar syrische Staatsangehörigkeit des Klägers zu 1. ernstlich in Betracht ziehen müssen. Zudem hätte es wegen der anhängigen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Klage mit Blick auf § 79 II AufenthG nicht stattgeben dürfen. Lägen somit die Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für die Kläger zu 1. und 3 nicht vor, hätte die Klägerin zu 2. daran nicht partizipieren können. Daraus folge ferner, dass die Kläger zu 1. und 3. auch nicht die Ausstellung von Reiseausweisen nach dem Staatenlosen-Übereinkommen beanspruchen könnten, da sie nicht nachgewiesen hätten, dass sie staatenlos seien.

Zur Begründung der mit Beschluss vom 7.12.2009 - 2 A 459/08 - zugelassenen Berufung verweist der Beklagte auf seine Ausführungen im Berufungszulassungsantrag.

Er beantragt,

unter entsprechender teilweiser Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2008 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 10 K 1860/07 - die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beziehen sich zur Begründung auf das angefochtene Urteil und ihr bisheriges Vorbringen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten sowie des Verfahrens 10 K 9/07, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 124 II Nr. 1 VwGO zugelassene Berufung des Beklagten ist fristgerecht und zulässigerweise durch Bezugnahme auf seine ausführliche Begründung im Zulassungsverfahren begründet worden. (Vgl. BVerwG, Urteile vom 7.1.2008 – 1 C 27/06 -, NJW 2008, 1014, und vom 30.6.1998 – 9 C 6/98 -, BVerwGE 107, 117)

Die zulässige Berufung hat auch Erfolg, denn das Verwaltungsgericht hat der – zutreffend als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erhobenen - Verpflichtungsklage der Kläger zu Unrecht teilweise stattgegeben. Die Kläger sind durch die Unterlassung der am 15.3.2007 beantragten Verwaltungsakte nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 V VwGO), denn die geltend gemachten Ansprüche auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beziehungsweise eines Reiseausweises für Staatenlose stehen den Klägern beziehungsweise den Klägern zu 1. und 3. gegen den Beklagten nicht zu. Die Klagen sind insgesamt unbegründet.

1. Rechtsgrundlage für den den Klägern zuerkannten Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist § 25 V AufenthG. Danach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 I eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist (Satz 1). Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist (Satz 2). Sie darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist (Satz 3). Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt (Satz 4).

Eine – auch freiwillige – Ausreise muss dem Ausländer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die er auch unter Berücksichtigung des Kausalitätsaspekts nicht zu vertreten hat, objektiv unmöglich oder – etwa mit Blick auf grundrechtliche Gewährleistungen in Art. 6 GG oder den Art. 8 EMRK – subjektiv unzumutbar sein.

Das Verwaltungsgericht hat die Kläger zu 1. und 3. als staatenlose Kurden aus Syrien angesehen, die einem Wiedereinreiseverbot unterlägen und daher einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 V AufenthG hätten; der Klägerin zu 2., gegen deren Staatenlosigkeit es - zu Recht - erhebliche Bedenken geäußert hat, hat es – nur - einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 V AufenthG i.V.m. Art. 6 GG und Art. 8 EMRK zur Vermeidung einer Trennung der Familie zugebilligt. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

a) Zunächst spricht angesichts des am 3.1.2009 in Kraft getretenen Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Arabischen Republik Syrien über die Rückführung von illegal aufhältigen Personen vom 14.7.2008 (BGBl. II 2008, 812) nichts durchgreifend dafür, dass die Kläger unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit bzw. eventuellen Staatenlosigkeit nicht nach Syrien zurückkehren könnten, weil ein Wiedereinreiseverbot im Heimatstaat ihre Rückkehr verhinderte, und daher ein dauerhaftes, nicht behebbares Ausreisehindernis im Sinne des § 25 V AufenthG bestünde. Denn nach dem Inhalt dieses Abkommens übernimmt Syrien nicht nur eigene Staatsangehörige (Art. 1), sondern Drittstaatsangehörige und staatenlose Personen auch dann, wenn nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, dass diese Personen nach einer Einreise in, einem Aufenthalt im oder einer Durchreise durch das Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei unmittelbar in das Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei eingereist sind (Art. 2 II). Dabei ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ohne Bedeutung, ob sich hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der „unmittelbaren Ausreise“ bereits eine Vertragspraxis bei der Anwendung dieses Abkommens auf Personen, die wie die Kläger zu 1. und 2. auf dem Seeweg und dem Landweg über andere Länder als bloße Durchreiseländer, also ohne längeren Aufenthalt, ins Bundesgebiet gelangt sind, entwickelt hat. (Vgl. insoweit etwa OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 8.1.2010 – 2 A 447/09 -, SKZ 2010, 218 LS 36 und vom 2.12.2009 – 2 A 444/08 -) Auch wenn nach seiner Stellungnahme vom 15.4.2010 (Vgl. Auswärtiges Amt, Stellungnahme vom 15.4.2010 an Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – 508-516.80/46306 -) dem Auswärtigen Amt nicht bekannt ist, ob bislang - außer 38 Personen mit syrischer Staatsangehörigkeit in 2009 auch - staatenlose Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Syrien unter der Geltung des Rückübernahmeabkommens abgeschoben wurden, ist eine Rücknahme der Kläger durch ihr Herkunftsland zumindest nicht dauerhaft ausgeschlossen.

Abgesehen davon erfüllen die vollziehbar ausreisepflichtigen Kläger zu 1. und 3. die Voraussetzungen für die begehrte Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 V 3 AufenthG nicht, da sie nicht unverschuldet an der Ausreise gehindert sind. Nach den Feststellungen des Senates, für die auch auf die Angaben der Kläger im - bei Stellung ihres Antrags auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse der Sache nach in Bezug genommenen - Asylrechtsstreit (10 K 9/07) zurückzugreifen war, hat der Kläger zu 1. zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses nicht erfüllt und zudem falsche Angaben gemacht; der Kläger zu 3. muss sich das Verhalten seiner gesetzlichen Vertreter – die Handlungsweise des Klägers zu 1. und die Falschangaben der Klägerin - zurechnen lassen.

Derzeit besteht für die Kläger ein tatsächliches Ausreisehindernis, da sie über keine Pässe bzw. Passersatzpapiere/ Reisedokumente verfügen. Die von ihnen vorgelegten - in Syrien problemlos und daher letztlich ohne Beweiswert für ihren Inhalt erhältlichen - Mukhtar-Bescheinigungen vom 2.4.1999 (für den Kläger zu 1.) bzw. 1.5.1996 (für die Klägerin), die ausweislich der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23.5.2005 keine offensichtlichen Fälschungsmerkmale aufweisen, stellen keine Reisedokumente im eigentlichen Sinne dar. Die für den Kläger zu 1. ausgestellte Bescheinigung könnte allerdings im Rahmen des Nachweises oder der Glaubhaftmachung der Rückübernahmevoraussetzungen nach Art. 5 II b und III des Durchführungsprotokolls zum Rückübernahmeabkommen für den Nachweis seines Aufenthalts in Syrien grundsätzlich von Bedeutung sein, falls er tatsächlich staatenlos sein sollte.

Eine Beseitigung dieses Ausreisehindernisses setzte die – in wesentlichen Teilen noch nicht abgeschlossene - Klärung der Identität, Herkunft und Staatsangehörigkeit bzw. Staatenlosigkeit der Kläger zu 1. und 3. voraus, um die sich die Kläger bislang nicht hinreichend bemüht haben und die durch falsche Angaben zudem erschwert wurde.

Es bestehen allerdings keine ernsthaften Zweifel hinsichtlich der Identität des Klägers zu 1., soweit sie Name, Geburtsdatum und -ort, Eltern und Herkunftsort („Al Qamishli“ oder „Kamischli“) betrifft. Sein entsprechender Vortrag, dem die vorgelegte Mukhtar-Bescheinigung entspricht, ist im Asylverfahren und dem Aufenthaltserlaubnisverfahren durchgängig und widerspruchsfrei erfolgt und wird durch die eidesstattliche Versicherung des ebenfalls aus Kamischli stammenden Herrn A D vom 31.10.2007 (Bl. 18 Gerichtsakte) hinsichtlich Wohnort und Familie (Vater, Onkel K B. und Onkel S B.) bestätigt. Der Senat hat auch keine Zweifel an der Richtigkeit der seine Vorfahren/ Verwandten betreffenden Angaben, soweit er sie im „Fragebogen für Familienverhältnisse“ dargelegt hat und die nicht die Staatenlosigkeit betreffen.

Im Übrigen bestehen jedoch Bedenken gegen die Richtigkeit des Vortrags und damit die Glaubwürdigkeit des Klägers zu 1.. Diese gründen auf der Tatsache, dass von den gesamten Angaben der Klägerin nur ihr Vornamen, ihr Geburtsdatum sowie der Namen und die Staatsangehörigkeit ihrer Mutter als authentisch angesehen werden können und ein wesentlicher Teil der ihre Herkunft betreffenden falschen Angaben im Asylverfahren auch Bestandteil des Vortrags des Klägers zu 1. war.

Widersprüchlich ist die Darstellung der Klägerin schon hinsichtlich ihres Geburtsortes. Während sie Kamischli als Geburtsort in allen Formularen und ihrem gesamten schriftlichen Vortrag angegeben hat, hat sie im Asylverfahren in der mündlichen Verhandlung vom 7.3.2007 vor dem Verwaltungsgericht erklärt, sie sei in Damaskus, und zwar im Viertel (übersetzt:) „Schwarzer Stein“ geboren. Gegen die Richtigkeit eines Geburtsortes Kamischli spricht – jedenfalls mangels anderweitiger Erläuterung - auch ihr weiterer ständiger Vortrag, dass sie bis zur Übersiedlung nach Kamischli am 3.1.2004 und – religiösen – Eheschließung mit dem Kläger zu 1. – ständig - in Damaskus bei ihren Eltern gewohnt habe. Dieser durchgängig genannte Wohnort Damaskus wiederum wird durch den Inhalt der von ihr vorgelegten Mukhtar-Bescheinigung vom 1.5.1996 in Frage gestellt, die einen Wohnsitz in Kamischli bestätigt.

Die Herkunft der Klägerin insgesamt – und damit neben Geburtsort auch ihre behauptete Abstammung von einem staatenlosen Kurden aus Syrien – ist, wie bereits die vom Verwaltungsgericht dezidiert geäußerten Bedenken belegen, überaus fraglich. Unstreitig stammt die Mutter der Klägerin aus Beirut, besitzt sie die libanesische Staatsangehörigkeit und lautet ihr Namen N G (so im Asylverfahren angegeben) bzw. G bzw. G (so im „Fragebogen zu Familienverhältnissen“ des Beklagten angegeben), wobei die unterschiedliche Schreibweise auf die schwierige Umsetzung der arabischen Schrift zurückzuführen sein dürfte. Sie soll 1964 im Libanon geboren sein (Fragebogen). Ihr Vater soll bzw. M D. heißen und etwa 1962 geborener staatenloser Kurde aus Kamischli mit Wohnort Damaskus sein, bei dem der Kläger zu 1. ausweislich seines Vorbringens im Asylverfahren ab November 2003 gearbeitet und dort die Klägerin kennengelernt haben will.

Die Richtigkeit dieser Angaben der Klägerin hat der Beklagte in Zweifel gezogen, nachdem eine von ihm eingeholte AZR-Visa-Auskunft ergeben hatte, dass eine am 3.10.1959 in Beirut geborene libanesische Staatsangehörige namens N G unter dem 17.3.2007 die Erteilung eines Visums bei der Deutschen Botschaft in Beirut beantragt hatte (Bl. 219 Verwaltungsunterlagen) , das am 26.3.2007 abgelehnt wurde. Eine Verpflichtungserklärung für den geplanten Aufenthalt der Frau hatte der Deutsche libanesischer Herkunft M F aus Marburg abgegeben. In seiner Vernehmung durch die Polizei Marburg hat dieser hierzu am 5.9.2008 angegeben, Frau G sei eine Bekannte von Verwandten in Beirut, die er auf deren Bitten eingeladen habe, weil sie ihre Tochter in Deutschland habe besuchen wollen, mit der er in diesem Zusammenhang mehrfach telefoniert habe, die er persönlich aber nicht kenne, sei auch Libanesin. Sie habe ihren Mann, der wohl heiße, gegen den Willen eines Onkels und der ganzen Familie geheiratet. Grund für den Ärger sei gewesen, dass er staatenlos und Kurde sei. Aus dem Visumsantrag und aus einem Auszug aus dem libanesischen Familienregister ergibt sich, dass Frau G in Beirut geborene Tochter G dasselbe Geburtsdatum wie die Klägerin aufweist und auch die Vornamen der beiden anderen Töchter mit den von der Klägerin genannten Vornamen ihrer Schwestern übereinstimmen; allerdings differieren die jeweils vermerkten Geburtsdaten um rund ein Jahr. Außerdem hat die Klägerin keinen Bruder erwähnt, Frau G indes einen Sohn aufgeführt. Wichtigster Unterschied bei den Angaben ist indes, dass der Ehemann der Frau (El) G und Vater ihrer Kinder „M El G“ hieß und bereits 1993 verstorben ist. Nachdem bereits diese auffälligen Übereinstimmungen zwischen Vortrag der Klägerin und Registerauszug deutlich dafür sprachen, dass es sich bei Frau G um die Mutter der Klägerin handelt, zumal auch im AZR – wie sich aus der Mitteilung des Beklagten vom 14.1.2011 ergibt – keine (El) G in Deutschland erfasst ist, hat der Kläger zu 1. gegenüber dem Senat in der mündlichen Verhandlung zugegeben, dass es sich bei der Frau, „die zu Herrn F in Marburg reisen wollte“, um die Mutter der Klägerin handele; dies hatten die Kläger noch im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung auf die Vorlage eines Fotos der Frau G ausdrücklich bestritten. Im Übrigen ist diese familiäre Verbindung auch offensichtlich geworden, als Herr F dem Kläger zu 1. zum Zwecke der Ermöglichung des Umzugs der Kläger nach Marburg eine Arbeitsstelle angeboten hatte (Vgl. Schreiben des Oberbürgermeisters der Stadt Marburg – Ausländerbehörde – vom 6.5.2010 an den Beklagten) .

Nachdem somit die Identität der Mutter der Klägerin feststeht, beweist der vom Beklagten über die Deutsche Botschaft Beirut eingeholte, im Original mit deutscher Übersetzung vorliegende Familienregisterauszug vom 17.1.2009 nach Überzeugung des Senates, dass ihr Vater der dort auch als solcher ausgewiesene – 1993 verstorbene – libanesische Staatsangehörige M El G aus Beirut war und nicht – wie von der Klägerin behauptet – ein staatenloser Kurde namens D. aus Kamischli. Hiergegen hat der Kläger zu 1. in der mündlichen Verhandlung zwar bekräftigend eingewandt, der Name des leiblichen Vaters der Klägerin sei „D.“. Die Mutter der Klägerin sei zweimal verheiratet gewesen, es existiere „wohl“ ein Stiefvater; sein Name sei G. Die „Papiere“ seien damals manipuliert worden, um der Klägerin den Schulbesuch in Syrien zu ermöglichen; der Name im Register sei ein Name, der nur auf dem Papier stehe. Was genau geschehen sei, hätten sie nicht klären können. Diese wenig substantiierte Darstellung des Klägers zu 1. gibt jedoch keinen Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der im Registerauszug enthaltenen Eintragungen. Abgesehen davon, dass bei den Klägern diesbezüglich eventuell vorhandene Unklarheiten sicherlich durch – telefonische - Rücksprache mit der Mutter der Klägerin hätten geklärt werden können, enthält der Vortrag außer der Mitteilung, dass die Mutter zweimal verheiratet gewesen sei, keinerlei nachvollziehbare Tatsachen. Ferner ist festzustellen, dass, wie der Registerauszug vom 17.1.2009 zeigt, das Familienregister immer wieder aktualisiert wurde. So wurden 1983 zunächst in der Spalte „N G“ die Anmerkung „Heiratseintragung 3233/983“ sowie – ausweislich der unmittelbar aufeinander folgenden Aktenzeichen wohl zusammen – zunächst die Geburt der 1982 geborenen Schwester (8523/ 1983) und dann die der Klägerin (8524/ 1983), 1987 die des Bruders (3215/987) und 1993 die der jüngsten Schwester (3056/993) sowie später – ohne Datum - die Eheschließung der Schwester K eingetragen. Auch enthält sie zu dem ausgewiesenen Vater der Klägerin unter „Anmerkungen“ neben dem Vermerk „verstorben, 20.01.1993“ noch den Eintrag „1133/2006“; ob dieser Vermerk einen Hinweis auf eine neuerliche Eheschließung der Mutter darstellen könnte, bedarf ebenso wenig einer Vertiefung wie die Tatsache, dass Berechtigte hinsichtlich des bei einer libanesischen Bank geführten Kontos, von dem Frau G im Visumverfahren 2007 Kontoauszüge vorgelegt hatte, sowohl sie als auch ein „Daoud D.“ waren. Wenn die ursprüngliche Registereintragung tatsächlich – wie behauptet - zur Ermöglichung der Einschulung der Klägerin in Syrien im weitesten Sinne durch „Manipulation“ erreicht worden wäre, wäre das libanesische Register in der Folge sicher nicht über Jahre den familiären Entwicklungen angepasst worden; im Übrigen hat die Klägerin ausweislich ihrer Angaben im Asylverfahren tatsächlich nie die Schule besucht. Gegen eine Unrichtigkeit des Familienregisters hinsichtlich der Eintragungen betreffend die Familie der Klägerin spricht schließlich auch die Aussage des Herrn F. Darin hat dieser den - ihm über seine Verwandten in Beirut bekannt gewordenen - Ärger eines Onkels und der ganzen Familie der Klägerin darüber, dass diese den Kläger zu 1. habe heiraten wollen, sowie den Tod ihres Vaters („vor 10 Jahren“), der wohl auch Libanese gewesen sei und in Beirut gelebt habe, erwähnt und angegeben, dass er sich nicht erklären könne, warum die Klägerin den Familiennamen „D.“ angenommen habe.

Nach allem kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin entsprechend der - lediglich durch eine schon in Bezug auf den darin bestätigten Wohnsitz in Kamischli offensichtlich inhaltlich unrichtige Mukhtar-Bescheinigung vom 1.5.1996 belegte - Behauptung der Kläger als Tochter eines staatenlosen Kurden in Damaskus/ Syrien aufgewachsen ist; vielmehr ist sie als libanesische Staatsangehörige anzusehen. Daraus folgt weiter, dass wesentliche Teile des gesamten - die im Asylverfahren gemachten Ausführungen einschließenden - Vortrags der Kläger unglaubhaft sind. Der Kläger zu 1. kann offensichtlich entgegen seinem (Asyl-)Vortrag nicht 2003 bei dem – tatsächlich schon 1993 verstorbenen - Vater der Klägerin in Damaskus gearbeitet, sie dort kennengelernt, entführt und in sein Heimatdorf bzw. Viertel von Kamischli verbracht haben. Ebenfalls kann ausgeschlossen werden, dass die Kläger sich – auch - zur Ausreise entschlossen hätten, weil der Vater gedroht habe, sie beide zu töten. Der Registerauszug spricht vielmehr dafür, dass die Klägerin im Libanon aufgewachsen ist und dort bis zu ihrer Verbindung mit dem Kläger zu 1. gelebt hat.

Angesichts dieser falschen Angaben des Klägers zu 1., die wesentliche Teile des angeblichen Verfolgungsschicksals bzw. der behaupteten Staatenlosigkeit der Kläger betrafen, sieht sich der Senat außerstande, ihm hinsichtlich seines übrigen (insbesondere Asyl-)Vortrags, dem das Verwaltungsgericht Umstände entnommen hat, die aus erstinstanzlicher Sicht „für seinen Status als staatenloser Kurde in Syrien sprachen bzw. seine vorherigen Angaben sinnvoll ergänzten“, Glauben zu schenken. Vielmehr sieht der Senat die Glaubwürdigkeit – nicht nur der Klägerin, sondern - auch des Klägers zu 1. insgesamt durchgreifend in Frage gestellt.

Die Staatsangehörigkeit beziehungsweise Staatenlosigkeit des Klägers zu 1., die für die Frage der Erlangung von Papieren und der – ggf. erleichterten - Rückkehrmöglichkeit nach Syrien von Bedeutung ist, konnte auch im Übrigen wegen seiner mangelnden Mitwirkung bislang nicht hinreichend geklärt werden.

Über die Zumutbarkeit der einem Ausländer obliegenden Handlungen zur Beseitigung eines Ausreisehindernisses ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 15.6.2006 – 1 B 54/06 -, Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 4). Auch sind im Rahmen des § 25 V AufenthG die wechselseitigen Pflichten des betroffenen Ausländers und der zuständigen Ausländerbehörde zu beachten und zu werten. Dabei treffen den Ausländer eine Mitwirkungs- sowie eine Initiativpflicht hinsichtlich ihm bekannter und zumutbarer Aufklärungsmöglichkeiten. Der Behörde hingegen obliegt die Erfüllung einer Hinweis- sowie einer Anstoßpflicht. Sie muss den Ausländer auf diejenigen Möglichkeiten zur Beseitigung von Ausreisehindernissen hinweisen, die ihm bei objektiver Sichtweise nicht bekannt sein können. (Vgl. BayVGH, Urteil vom 23.3.2006 – 24 B 05.2889 -, zitiert nach juris) In aller Regel können von dem Ausländer Handlungen gefordert werden, die zur Beschaffung des Dokuments erforderlich sind und nur von ihm allein vorgenommen werden können. Gerade bei der Beschaffung von Identitätspapieren können von ihm mit Blick auf seine Passpflicht nach § 3 I AufenthG und seine Mitwirkungspflicht nach § 48 III AufenthG gesteigerte Anstrengungen verlangt werden. Unzumutbar sind lediglich solche Handlungen, die von vornherein ohne Einfluss auf die Möglichkeit der Ausreise oder erkennbar aussichtslos sind. (BVerwG, Beschluss vom 10.3.2009 – 1 B 4.09 -, Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 11) Unterhalb dieser Schwelle besteht hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einer Verletzung von Mitwirkungspflichten und der Erfolglosigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen, der immer nur hypothetisch beurteilt werden kann, eine tatsächliche widerlegbare Vermutung zulasten des Ausländers. (BVerwG, Urteile vom 26.10.2010 – 1 C 18/09 -, zitiert nach juris, und vom 10.11.2009 – 1 C 19.08 -, BVerwGE 135, 219)

Der Kläger zu 1. hat für seine Behauptung, staatenloser Kurde aus Syrien zu sein, über die vom Verwaltungsgericht herangezogenen, durch die falschen Angaben der Kläger jedoch grundsätzlich in Zweifel zu ziehenden Indizien hinaus bisher keine ausreichenden Tatsachen und Gründe vorgetragen, die diese Staatenlosigkeit nachvollziehbar machen könnten.

Nach Darstellung des Auswärtigen Amtes (Vgl. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien“ vom 9.7.2009 (Stand Juni  2009) – 508-516.80/3 SYR –, S. 11) leben auf dem Gebiet der heutigen Arabischen Republik Syrien etwa 2 Millionen Menschen kurdischer Volkszugehörigkeit, die überwiegend auch die syrische Staatsangehörigkeit besitzen. Zu deren Situation ist im aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts vom September 2010 (Vgl. „Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien“ vom 27.9.2010 (Stand September 2010) – 508-516.80/3 SYR –, S. 9/10) ausgeführt: Im Jahre 1962 wurde einer Gruppe von 120.000 bis 150.000 Kurden im Rahmen einer „Volkszählung“ die syrische Staatsangehörigkeit aberkannt, da es sich bei diesen Personen nach Ansicht der syrischen Regierung um illegale Einwanderer aus der Türkei oder dem Irak handelte. Unter Berücksichtigung des natürlichen Bevölkerungszuwachses dürfte diese Gruppe der Kurden in Syrien ohne syrische Staatsangehörigkeit, die sich bei Nachkommen nach syrischem Staatsangehörigkeitsrecht allein nach dem Vater bestimmt, inzwischen bis zu 300.000 Menschen umfassen. Innerhalb dieses Personenkreises sind diejenigen Kurden (und ihre Nachkommen), die damals als „Ausländer“ („Adschnabi“) in ein gesondertes Zivilregister („Ausländerregister“) eingetragen wurden, zu unterscheiden von den sog. „Nichtregistrierten“ („Maktumin“), die seinerzeit (auch) keine andere Staatsangehörigkeit plausibel machen konnten. Da auch die Mitglieder der vergleichsweise größeren Gruppe der in dem gesonderten Zivilregister erfassten Adschnabi regelmäßig in Wahrheit keine anderweitige Staatsangehörigkeit besitzen, sieht das Auswärtige Amt im Ergebnis beide Untergruppen als staatenlos an. Die Adschnabi erhalten rot-orangefarbene Identitätspapiere, allerdings in aller Regel keine Reisepapiere; aus dem besagten „Ausländerregister“ erteilen die syrischen Meldebehörden seit 2001 keine Auskünfte mehr. Den Maktumin, die keinerlei staatsbürgerliche Rechte besitzen, wurde dagegen jede Registrierung verweigert. Sie erhalten vom syrischen Staat keine amtlichen Dokumente. Gegen Bezahlung können sie lediglich eine so genannte weiße Identitätsbescheinigung des Ortsvorstehers (Mukhtar) ihres Wohnorts bekommen. Diesen Bescheinigungen, die gegen entsprechende Geldzahlung mit jedem beliebigen Inhalt erhältlich sind, kommt aus Sicht des Auswärtigen Amts „kein Beweiswert“ zu.

Auf der Grundlage der vorstehenden Erkenntnisse des Auswärtigen Amtes ist der Beklagte in seiner Rechtsmittelschrift also zutreffend davon ausgegangen, dass die ganz überwiegende Anzahl der Kurden in Syrien im Besitz der syrischen Staatsangehörigkeit ist. Staatenlosigkeit stellt daher die Ausnahme dar, für die eine Begründung erwartet werden muss.

Vorab ist hierzu festzustellen, dass Beklagter und Verwaltungsgericht sich zu Recht nicht an die in den Entscheidungsgründen des das Asylverfahren abschließenden rechtskräftigen Urteils vom 7.3.2007 – 10 K 9/07 – getroffene Aussage, die Kläger seien staatenlos, gebunden sahen. Eine Bindungswirkung konnte das Urteil gegenüber dem Beklagten schon deshalb nicht entfalten, weil er in dem genannten Rechtsstreit als Ausländerbehörde nicht beteiligt war (§ 121 Nr. 1 VwGO). (Vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 10.6.2010 - 2 A 13/10 -)

Auf der Grundlage seines Vortrags gehört auch der Kläger zu 1. de iure zum Kreis der syrischen Staatsangehörigen. Denn er besitzt, sofern er in Syrien als Kind dort wohnhafter Eltern geboren wurde, von Rechts wegen die syrische Staatsangehörigkeit nach Art. 3 lit. c des syrischen Staatsangehörigkeitsgesetzes. Danach gilt als syrischer Araber, „wer im Staat als Kind von Eltern geboren ist, die unbekannt oder unbekannter Staatsangehörigkeit oder staatenlos sind.“ Allerdings wird den in Syrien geborenen Adschnabi (auch „adschanib“) und Maktumin vom syrischen Staat tatsächlich die syrische Staatsangehörigkeit nicht zugebilligt. (KURDWATCH-Bericht, vom März 2010, S. 17 f.) Es kann daher nicht angenommen werden, dass Syrien sich mit Blick auf diese nicht umgesetzte Vorschrift bereit fände, den Kläger zu 1. als Staatangehörigen anzuerkennen, ihm Reisepapiere auszustellen und ihm eine freiwillige Einreise zu ermöglichen, zumal an einer Rückkehr von Kurden generell kein Interesse besteht.

Ob der Kläger zu 1. indes eine – tatsächlich anerkannte - syrische Staatsangehörigkeit besitzt, lässt sich auf der Grundlage der von ihm erteilten Informationen nicht beurteilen. So hat sich Herr A D, der ihn und seinen Vater sowie zwei Onkel aus Kamischli kennt, in seiner erstinstanzlich von den Klägern vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 31.10.2007 zur Staatsangehörigkeit des Klägers zu 1. und seiner Familie nicht geäußert. Dass die vom Letzteren und der Klägerin vor dem Notar abgegebene eidesstattliche Versicherung vom 9.8.2007, dass sie staatenlos seien, angesichts der festgestellten libanesischen Staatsangehörigkeit der Klägerin zur Glaubhaftmachung nicht geeignet ist, bedarf keiner Vertiefung. Lediglich die bereits erwähnte Aussage des Herrn F bei seiner polizeilichen Vernehmung, dass ein Onkel der Klägerin und deren ganze Familie gegen die Heirat gewesen seien, weil der „ staatenlos und kurdisch“ sei, deutet auf die Staatenlosigkeit des Klägers zu 1. hin.

Der Kläger zu 1. selbst hat wenig dazu beigetragen, Nachweise für seine behauptete Staatenlosigkeit zu beschaffen. Er hat sich im Wesentlichen darauf beschränkt, Umstände für sich vorzutragen, die üblicherweise bei Maktumin zu finden sind. Von den vom Beklagten unter dem 24.5.2007 angeforderten Unterlagen, die möglichst detaillierte Angaben und entsprechende Belege enthalten sollten, hat er nur einen auf ohnehin bekannte Angaben beschränkten, insbesondere keine Angaben zu schulischen und beruflichen Stationen darstellenden Lebenslauf erstellt sowie den „Fragebogen zu Familienverhältnissen“ lückenhaft ausgefüllt und vorgelegt, ohne dass diese Lücken begründet worden wären. Insbesondere hat er sich trotz des Hinweises des Beklagten auf die Überprüfungsbedürftigkeit der behaupteten Staatenlosigkeit und die (Mitwirkungs-)Verpflichtung eines Ausländers, selbst die Initiative zu ergreifen, nicht einmal ansatzweise dazu geäußert, warum seine Familie staatenlos sein soll. Dies ist jedoch deshalb von erheblicher Bedeutung, weil nämlich alles darauf hindeutet, dass sein Großvater väterlicherseits - Yousef B. - bereits 1945 seinen ständigen Wohnsitz im Gebiet der heutigen Arabischen Republik Syrien gehabt und damit automatisch die syrische Staatsangehörigkeit erlangt hatte (Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 22.12.2003 – 1455 al/br - an VG Augsburg, juris; Brocks, Gutachten vom 22.12.2003 - 1456 al/br - an VG Bayreuth) . Zwar hat der Kläger in dem Fragebogen weder dessen Geburtsjahr noch Geburtsort/Wohnort angegeben. Da sein Vater jedoch „ungefähr 1952“ sowie dessen Brüder Sch 1937, K 1942 und (Schwester?) A 1959 alle in Kamischli geboren sein sollen, spricht dies mit Gewicht dafür, dass die Familie schon 1945 ständig in Syrien wohnhaft war. Also käme es darauf an, ob die Familie ihre syrische Staatsangehörigkeit danach - wegen Nicht-Teilnahme an der Volkszählung 1962 oder Entzugs der Staatsangehörigkeit nach Teilnahme an der Zählung - verloren hat. Darüber müssten, wenn nicht die Eltern des Klägers zu 1., so doch zumindest die älteren - noch lebenden – Brüder des Vaters, die 1962 schon erwachsen waren, sowie die noch lebenden Verwandten, die fast alle in Kamischli (ggf. und Umgebung) wohnen, Auskunft geben können. Zwar hatte der Kläger zu 1. erklärt, sich um eine Kontaktaufnahme mit den Eltern bemühen zu wollen, um weitere Unterlagen zu beschaffen, hierzu aber dann mitgeteilt, diese hätten nicht geantwortet. Dass er sich wiederholt an sie und/oder überhaupt – was sich aufdrängte - auch an Geschwister und Onkel zur Klärung bzw. zum Beleg ihrer Staatenlosigkeit gewandt hätte, hat er indes nicht vorgetragen. Damit hat er seinen gemäß § 82 AufenthG bestehenden Mitwirkungsobliegenheiten nicht hinreichend Rechnung getragen und zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses nicht erfüllt.

Da der Kläger zu 1. und der Kläger zu 3., dem das Handeln seiner Eltern zuzurechnen ist, die Ursächlichkeit zwischen der Pflichtverletzung und dem Fortbestand des Ausreisehindernisses auch nicht widerlegt haben (BVerwG, Urteile vom 26.10.2010 – 1 C 18/09 -, zitiert nach juris, und vom 10.11.2009 – 1 C 19.08 -, BVerwGE 135, 219) , sind sie – ebenso wie die Klägerin - nicht unverschuldet an der Ausreise gehindert, so dass ihnen kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 V AufenthG zusteht.

b) Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass sich die verwaltungsgerichtliche Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für die Kläger auch nicht auf der Grundlage des § 25 V AufenthG in Verbindung mit dem das Privatleben schützenden Art. 8 I EMRK als gerechtfertigt erweisen könnte. Denn ein Privatleben im Sinne dieser Vorschrift, das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte eine Verwurzelung des Ausländers im Bundesgebiet verlangt, die grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt (BVerwG, Urteile vom 26.10.2010 – 1 C 18/09 –, zitiert nach juris, und vom 30.4.2009 – 1 C 3.08 -, NVwZ 2009, 1239) , liegt bei den sich ohne Aufenthaltsrecht seit 2004 in Deutschland aufhaltenden, wirtschaftlich in keiner Weise integrierten Klägern, deren Entwurzelung vom Herkunftsstaat zudem weder vorgetragen noch ansonsten ersichtlich ist, offensichtlich nicht vor.

c) Steht den Klägern zu 1. und 3 somit das ihnen vom Verwaltungsgericht zuerkannte Aufenthaltsrecht gemäß § 25 V AufenthG nicht zu, so fehlt der verwaltungsgerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an die Klägerin gemäß dieser Vorschrift in Verbindung mit Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK zur Vermeidung einer dauerhaften Trennung von den Klägern zu 1. und 3., die ihr wegen der vollziehbaren Ausreisepflicht der gesamten Familie nicht droht, jegliche Grundlage.

2. Der Beklagte ist durch das angefochtene Urteil auch zu Unrecht zur Ausstellung eines Reiseausweises nach Art. 28 des Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28.9.1954 (In Kraft getreten am 24.1.1977 (Bekanntmachung vom 10.2.1977, BGBl. II S. 235)) - StlÜbk – für die Kläger zu 1. und 3. verpflichtet worden. Diese sind durch die Unterlassung des beantragten Verwaltungsaktes nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 V VwGO). Ihre Klage ist nicht begründet, die Berufung des Beklagten auch insofern erfolgreich.

Die Kläger zu 1. und 3. haben keinen Anspruch auf Erteilung eines Reiseausweises nach Art. 28 StlÜbk, denn das Übereinkommen findet auf sie keine Anwendung. Staatenloser im Sinne des StlÜbk nach Art. 1 I dieses Übereinkommens ist eine Person, die kein Staat aufgrund seines Rechtes als Staatsangehörigen ansieht. Dies ist nur bei solchen Personen der Fall, die de iure staatenlos sind. (BVerwG, Urteil vom 16.10.1990 – 1 C 15/88 -, BVerwGE 87, 11) Mangels hinreichender Mitwirkung der Kläger ist vorliegend indes nicht feststellbar, ob sie Staatenlose im Sinne des Art. 1 des Übereinkommens sind und dieses auf sie angewendet werden kann.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 I,159 VwGO, 100 I ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 II VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 25.000,- EUR festgesetzt (§§ 63 II, 52 , 47 GKG).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Die gemäß § 124 II Nr. 1 VwGO zugelassene Berufung des Beklagten ist fristgerecht und zulässigerweise durch Bezugnahme auf seine ausführliche Begründung im Zulassungsverfahren begründet worden. (Vgl. BVerwG, Urteile vom 7.1.2008 – 1 C 27/06 -, NJW 2008, 1014, und vom 30.6.1998 – 9 C 6/98 -, BVerwGE 107, 117)

Die zulässige Berufung hat auch Erfolg, denn das Verwaltungsgericht hat der – zutreffend als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erhobenen - Verpflichtungsklage der Kläger zu Unrecht teilweise stattgegeben. Die Kläger sind durch die Unterlassung der am 15.3.2007 beantragten Verwaltungsakte nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 V VwGO), denn die geltend gemachten Ansprüche auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beziehungsweise eines Reiseausweises für Staatenlose stehen den Klägern beziehungsweise den Klägern zu 1. und 3. gegen den Beklagten nicht zu. Die Klagen sind insgesamt unbegründet.

1. Rechtsgrundlage für den den Klägern zuerkannten Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist § 25 V AufenthG. Danach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 I eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist (Satz 1). Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist (Satz 2). Sie darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist (Satz 3). Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt (Satz 4).

Eine – auch freiwillige – Ausreise muss dem Ausländer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die er auch unter Berücksichtigung des Kausalitätsaspekts nicht zu vertreten hat, objektiv unmöglich oder – etwa mit Blick auf grundrechtliche Gewährleistungen in Art. 6 GG oder den Art. 8 EMRK – subjektiv unzumutbar sein.

Das Verwaltungsgericht hat die Kläger zu 1. und 3. als staatenlose Kurden aus Syrien angesehen, die einem Wiedereinreiseverbot unterlägen und daher einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 V AufenthG hätten; der Klägerin zu 2., gegen deren Staatenlosigkeit es - zu Recht - erhebliche Bedenken geäußert hat, hat es – nur - einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 V AufenthG i.V.m. Art. 6 GG und Art. 8 EMRK zur Vermeidung einer Trennung der Familie zugebilligt. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

a) Zunächst spricht angesichts des am 3.1.2009 in Kraft getretenen Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Arabischen Republik Syrien über die Rückführung von illegal aufhältigen Personen vom 14.7.2008 (BGBl. II 2008, 812) nichts durchgreifend dafür, dass die Kläger unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit bzw. eventuellen Staatenlosigkeit nicht nach Syrien zurückkehren könnten, weil ein Wiedereinreiseverbot im Heimatstaat ihre Rückkehr verhinderte, und daher ein dauerhaftes, nicht behebbares Ausreisehindernis im Sinne des § 25 V AufenthG bestünde. Denn nach dem Inhalt dieses Abkommens übernimmt Syrien nicht nur eigene Staatsangehörige (Art. 1), sondern Drittstaatsangehörige und staatenlose Personen auch dann, wenn nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, dass diese Personen nach einer Einreise in, einem Aufenthalt im oder einer Durchreise durch das Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei unmittelbar in das Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei eingereist sind (Art. 2 II). Dabei ist entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ohne Bedeutung, ob sich hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der „unmittelbaren Ausreise“ bereits eine Vertragspraxis bei der Anwendung dieses Abkommens auf Personen, die wie die Kläger zu 1. und 2. auf dem Seeweg und dem Landweg über andere Länder als bloße Durchreiseländer, also ohne längeren Aufenthalt, ins Bundesgebiet gelangt sind, entwickelt hat. (Vgl. insoweit etwa OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 8.1.2010 – 2 A 447/09 -, SKZ 2010, 218 LS 36 und vom 2.12.2009 – 2 A 444/08 -) Auch wenn nach seiner Stellungnahme vom 15.4.2010 (Vgl. Auswärtiges Amt, Stellungnahme vom 15.4.2010 an Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – 508-516.80/46306 -) dem Auswärtigen Amt nicht bekannt ist, ob bislang - außer 38 Personen mit syrischer Staatsangehörigkeit in 2009 auch - staatenlose Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Syrien unter der Geltung des Rückübernahmeabkommens abgeschoben wurden, ist eine Rücknahme der Kläger durch ihr Herkunftsland zumindest nicht dauerhaft ausgeschlossen.

Abgesehen davon erfüllen die vollziehbar ausreisepflichtigen Kläger zu 1. und 3. die Voraussetzungen für die begehrte Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 V 3 AufenthG nicht, da sie nicht unverschuldet an der Ausreise gehindert sind. Nach den Feststellungen des Senates, für die auch auf die Angaben der Kläger im - bei Stellung ihres Antrags auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse der Sache nach in Bezug genommenen - Asylrechtsstreit (10 K 9/07) zurückzugreifen war, hat der Kläger zu 1. zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses nicht erfüllt und zudem falsche Angaben gemacht; der Kläger zu 3. muss sich das Verhalten seiner gesetzlichen Vertreter – die Handlungsweise des Klägers zu 1. und die Falschangaben der Klägerin - zurechnen lassen.

Derzeit besteht für die Kläger ein tatsächliches Ausreisehindernis, da sie über keine Pässe bzw. Passersatzpapiere/ Reisedokumente verfügen. Die von ihnen vorgelegten - in Syrien problemlos und daher letztlich ohne Beweiswert für ihren Inhalt erhältlichen - Mukhtar-Bescheinigungen vom 2.4.1999 (für den Kläger zu 1.) bzw. 1.5.1996 (für die Klägerin), die ausweislich der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23.5.2005 keine offensichtlichen Fälschungsmerkmale aufweisen, stellen keine Reisedokumente im eigentlichen Sinne dar. Die für den Kläger zu 1. ausgestellte Bescheinigung könnte allerdings im Rahmen des Nachweises oder der Glaubhaftmachung der Rückübernahmevoraussetzungen nach Art. 5 II b und III des Durchführungsprotokolls zum Rückübernahmeabkommen für den Nachweis seines Aufenthalts in Syrien grundsätzlich von Bedeutung sein, falls er tatsächlich staatenlos sein sollte.

Eine Beseitigung dieses Ausreisehindernisses setzte die – in wesentlichen Teilen noch nicht abgeschlossene - Klärung der Identität, Herkunft und Staatsangehörigkeit bzw. Staatenlosigkeit der Kläger zu 1. und 3. voraus, um die sich die Kläger bislang nicht hinreichend bemüht haben und die durch falsche Angaben zudem erschwert wurde.

Es bestehen allerdings keine ernsthaften Zweifel hinsichtlich der Identität des Klägers zu 1., soweit sie Name, Geburtsdatum und -ort, Eltern und Herkunftsort („Al Qamishli“ oder „Kamischli“) betrifft. Sein entsprechender Vortrag, dem die vorgelegte Mukhtar-Bescheinigung entspricht, ist im Asylverfahren und dem Aufenthaltserlaubnisverfahren durchgängig und widerspruchsfrei erfolgt und wird durch die eidesstattliche Versicherung des ebenfalls aus Kamischli stammenden Herrn A D vom 31.10.2007 (Bl. 18 Gerichtsakte) hinsichtlich Wohnort und Familie (Vater, Onkel K B. und Onkel S B.) bestätigt. Der Senat hat auch keine Zweifel an der Richtigkeit der seine Vorfahren/ Verwandten betreffenden Angaben, soweit er sie im „Fragebogen für Familienverhältnisse“ dargelegt hat und die nicht die Staatenlosigkeit betreffen.

Im Übrigen bestehen jedoch Bedenken gegen die Richtigkeit des Vortrags und damit die Glaubwürdigkeit des Klägers zu 1.. Diese gründen auf der Tatsache, dass von den gesamten Angaben der Klägerin nur ihr Vornamen, ihr Geburtsdatum sowie der Namen und die Staatsangehörigkeit ihrer Mutter als authentisch angesehen werden können und ein wesentlicher Teil der ihre Herkunft betreffenden falschen Angaben im Asylverfahren auch Bestandteil des Vortrags des Klägers zu 1. war.

Widersprüchlich ist die Darstellung der Klägerin schon hinsichtlich ihres Geburtsortes. Während sie Kamischli als Geburtsort in allen Formularen und ihrem gesamten schriftlichen Vortrag angegeben hat, hat sie im Asylverfahren in der mündlichen Verhandlung vom 7.3.2007 vor dem Verwaltungsgericht erklärt, sie sei in Damaskus, und zwar im Viertel (übersetzt:) „Schwarzer Stein“ geboren. Gegen die Richtigkeit eines Geburtsortes Kamischli spricht – jedenfalls mangels anderweitiger Erläuterung - auch ihr weiterer ständiger Vortrag, dass sie bis zur Übersiedlung nach Kamischli am 3.1.2004 und – religiösen – Eheschließung mit dem Kläger zu 1. – ständig - in Damaskus bei ihren Eltern gewohnt habe. Dieser durchgängig genannte Wohnort Damaskus wiederum wird durch den Inhalt der von ihr vorgelegten Mukhtar-Bescheinigung vom 1.5.1996 in Frage gestellt, die einen Wohnsitz in Kamischli bestätigt.

Die Herkunft der Klägerin insgesamt – und damit neben Geburtsort auch ihre behauptete Abstammung von einem staatenlosen Kurden aus Syrien – ist, wie bereits die vom Verwaltungsgericht dezidiert geäußerten Bedenken belegen, überaus fraglich. Unstreitig stammt die Mutter der Klägerin aus Beirut, besitzt sie die libanesische Staatsangehörigkeit und lautet ihr Namen N G (so im Asylverfahren angegeben) bzw. G bzw. G (so im „Fragebogen zu Familienverhältnissen“ des Beklagten angegeben), wobei die unterschiedliche Schreibweise auf die schwierige Umsetzung der arabischen Schrift zurückzuführen sein dürfte. Sie soll 1964 im Libanon geboren sein (Fragebogen). Ihr Vater soll bzw. M D. heißen und etwa 1962 geborener staatenloser Kurde aus Kamischli mit Wohnort Damaskus sein, bei dem der Kläger zu 1. ausweislich seines Vorbringens im Asylverfahren ab November 2003 gearbeitet und dort die Klägerin kennengelernt haben will.

Die Richtigkeit dieser Angaben der Klägerin hat der Beklagte in Zweifel gezogen, nachdem eine von ihm eingeholte AZR-Visa-Auskunft ergeben hatte, dass eine am 3.10.1959 in Beirut geborene libanesische Staatsangehörige namens N G unter dem 17.3.2007 die Erteilung eines Visums bei der Deutschen Botschaft in Beirut beantragt hatte (Bl. 219 Verwaltungsunterlagen) , das am 26.3.2007 abgelehnt wurde. Eine Verpflichtungserklärung für den geplanten Aufenthalt der Frau hatte der Deutsche libanesischer Herkunft M F aus Marburg abgegeben. In seiner Vernehmung durch die Polizei Marburg hat dieser hierzu am 5.9.2008 angegeben, Frau G sei eine Bekannte von Verwandten in Beirut, die er auf deren Bitten eingeladen habe, weil sie ihre Tochter in Deutschland habe besuchen wollen, mit der er in diesem Zusammenhang mehrfach telefoniert habe, die er persönlich aber nicht kenne, sei auch Libanesin. Sie habe ihren Mann, der wohl heiße, gegen den Willen eines Onkels und der ganzen Familie geheiratet. Grund für den Ärger sei gewesen, dass er staatenlos und Kurde sei. Aus dem Visumsantrag und aus einem Auszug aus dem libanesischen Familienregister ergibt sich, dass Frau G in Beirut geborene Tochter G dasselbe Geburtsdatum wie die Klägerin aufweist und auch die Vornamen der beiden anderen Töchter mit den von der Klägerin genannten Vornamen ihrer Schwestern übereinstimmen; allerdings differieren die jeweils vermerkten Geburtsdaten um rund ein Jahr. Außerdem hat die Klägerin keinen Bruder erwähnt, Frau G indes einen Sohn aufgeführt. Wichtigster Unterschied bei den Angaben ist indes, dass der Ehemann der Frau (El) G und Vater ihrer Kinder „M El G“ hieß und bereits 1993 verstorben ist. Nachdem bereits diese auffälligen Übereinstimmungen zwischen Vortrag der Klägerin und Registerauszug deutlich dafür sprachen, dass es sich bei Frau G um die Mutter der Klägerin handelt, zumal auch im AZR – wie sich aus der Mitteilung des Beklagten vom 14.1.2011 ergibt – keine (El) G in Deutschland erfasst ist, hat der Kläger zu 1. gegenüber dem Senat in der mündlichen Verhandlung zugegeben, dass es sich bei der Frau, „die zu Herrn F in Marburg reisen wollte“, um die Mutter der Klägerin handele; dies hatten die Kläger noch im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung auf die Vorlage eines Fotos der Frau G ausdrücklich bestritten. Im Übrigen ist diese familiäre Verbindung auch offensichtlich geworden, als Herr F dem Kläger zu 1. zum Zwecke der Ermöglichung des Umzugs der Kläger nach Marburg eine Arbeitsstelle angeboten hatte (Vgl. Schreiben des Oberbürgermeisters der Stadt Marburg – Ausländerbehörde – vom 6.5.2010 an den Beklagten) .

Nachdem somit die Identität der Mutter der Klägerin feststeht, beweist der vom Beklagten über die Deutsche Botschaft Beirut eingeholte, im Original mit deutscher Übersetzung vorliegende Familienregisterauszug vom 17.1.2009 nach Überzeugung des Senates, dass ihr Vater der dort auch als solcher ausgewiesene – 1993 verstorbene – libanesische Staatsangehörige M El G aus Beirut war und nicht – wie von der Klägerin behauptet – ein staatenloser Kurde namens D. aus Kamischli. Hiergegen hat der Kläger zu 1. in der mündlichen Verhandlung zwar bekräftigend eingewandt, der Name des leiblichen Vaters der Klägerin sei „D.“. Die Mutter der Klägerin sei zweimal verheiratet gewesen, es existiere „wohl“ ein Stiefvater; sein Name sei G. Die „Papiere“ seien damals manipuliert worden, um der Klägerin den Schulbesuch in Syrien zu ermöglichen; der Name im Register sei ein Name, der nur auf dem Papier stehe. Was genau geschehen sei, hätten sie nicht klären können. Diese wenig substantiierte Darstellung des Klägers zu 1. gibt jedoch keinen Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der im Registerauszug enthaltenen Eintragungen. Abgesehen davon, dass bei den Klägern diesbezüglich eventuell vorhandene Unklarheiten sicherlich durch – telefonische - Rücksprache mit der Mutter der Klägerin hätten geklärt werden können, enthält der Vortrag außer der Mitteilung, dass die Mutter zweimal verheiratet gewesen sei, keinerlei nachvollziehbare Tatsachen. Ferner ist festzustellen, dass, wie der Registerauszug vom 17.1.2009 zeigt, das Familienregister immer wieder aktualisiert wurde. So wurden 1983 zunächst in der Spalte „N G“ die Anmerkung „Heiratseintragung 3233/983“ sowie – ausweislich der unmittelbar aufeinander folgenden Aktenzeichen wohl zusammen – zunächst die Geburt der 1982 geborenen Schwester (8523/ 1983) und dann die der Klägerin (8524/ 1983), 1987 die des Bruders (3215/987) und 1993 die der jüngsten Schwester (3056/993) sowie später – ohne Datum - die Eheschließung der Schwester K eingetragen. Auch enthält sie zu dem ausgewiesenen Vater der Klägerin unter „Anmerkungen“ neben dem Vermerk „verstorben, 20.01.1993“ noch den Eintrag „1133/2006“; ob dieser Vermerk einen Hinweis auf eine neuerliche Eheschließung der Mutter darstellen könnte, bedarf ebenso wenig einer Vertiefung wie die Tatsache, dass Berechtigte hinsichtlich des bei einer libanesischen Bank geführten Kontos, von dem Frau G im Visumverfahren 2007 Kontoauszüge vorgelegt hatte, sowohl sie als auch ein „Daoud D.“ waren. Wenn die ursprüngliche Registereintragung tatsächlich – wie behauptet - zur Ermöglichung der Einschulung der Klägerin in Syrien im weitesten Sinne durch „Manipulation“ erreicht worden wäre, wäre das libanesische Register in der Folge sicher nicht über Jahre den familiären Entwicklungen angepasst worden; im Übrigen hat die Klägerin ausweislich ihrer Angaben im Asylverfahren tatsächlich nie die Schule besucht. Gegen eine Unrichtigkeit des Familienregisters hinsichtlich der Eintragungen betreffend die Familie der Klägerin spricht schließlich auch die Aussage des Herrn F. Darin hat dieser den - ihm über seine Verwandten in Beirut bekannt gewordenen - Ärger eines Onkels und der ganzen Familie der Klägerin darüber, dass diese den Kläger zu 1. habe heiraten wollen, sowie den Tod ihres Vaters („vor 10 Jahren“), der wohl auch Libanese gewesen sei und in Beirut gelebt habe, erwähnt und angegeben, dass er sich nicht erklären könne, warum die Klägerin den Familiennamen „D.“ angenommen habe.

Nach allem kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin entsprechend der - lediglich durch eine schon in Bezug auf den darin bestätigten Wohnsitz in Kamischli offensichtlich inhaltlich unrichtige Mukhtar-Bescheinigung vom 1.5.1996 belegte - Behauptung der Kläger als Tochter eines staatenlosen Kurden in Damaskus/ Syrien aufgewachsen ist; vielmehr ist sie als libanesische Staatsangehörige anzusehen. Daraus folgt weiter, dass wesentliche Teile des gesamten - die im Asylverfahren gemachten Ausführungen einschließenden - Vortrags der Kläger unglaubhaft sind. Der Kläger zu 1. kann offensichtlich entgegen seinem (Asyl-)Vortrag nicht 2003 bei dem – tatsächlich schon 1993 verstorbenen - Vater der Klägerin in Damaskus gearbeitet, sie dort kennengelernt, entführt und in sein Heimatdorf bzw. Viertel von Kamischli verbracht haben. Ebenfalls kann ausgeschlossen werden, dass die Kläger sich – auch - zur Ausreise entschlossen hätten, weil der Vater gedroht habe, sie beide zu töten. Der Registerauszug spricht vielmehr dafür, dass die Klägerin im Libanon aufgewachsen ist und dort bis zu ihrer Verbindung mit dem Kläger zu 1. gelebt hat.

Angesichts dieser falschen Angaben des Klägers zu 1., die wesentliche Teile des angeblichen Verfolgungsschicksals bzw. der behaupteten Staatenlosigkeit der Kläger betrafen, sieht sich der Senat außerstande, ihm hinsichtlich seines übrigen (insbesondere Asyl-)Vortrags, dem das Verwaltungsgericht Umstände entnommen hat, die aus erstinstanzlicher Sicht „für seinen Status als staatenloser Kurde in Syrien sprachen bzw. seine vorherigen Angaben sinnvoll ergänzten“, Glauben zu schenken. Vielmehr sieht der Senat die Glaubwürdigkeit – nicht nur der Klägerin, sondern - auch des Klägers zu 1. insgesamt durchgreifend in Frage gestellt.

Die Staatsangehörigkeit beziehungsweise Staatenlosigkeit des Klägers zu 1., die für die Frage der Erlangung von Papieren und der – ggf. erleichterten - Rückkehrmöglichkeit nach Syrien von Bedeutung ist, konnte auch im Übrigen wegen seiner mangelnden Mitwirkung bislang nicht hinreichend geklärt werden.

Über die Zumutbarkeit der einem Ausländer obliegenden Handlungen zur Beseitigung eines Ausreisehindernisses ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 15.6.2006 – 1 B 54/06 -, Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 4). Auch sind im Rahmen des § 25 V AufenthG die wechselseitigen Pflichten des betroffenen Ausländers und der zuständigen Ausländerbehörde zu beachten und zu werten. Dabei treffen den Ausländer eine Mitwirkungs- sowie eine Initiativpflicht hinsichtlich ihm bekannter und zumutbarer Aufklärungsmöglichkeiten. Der Behörde hingegen obliegt die Erfüllung einer Hinweis- sowie einer Anstoßpflicht. Sie muss den Ausländer auf diejenigen Möglichkeiten zur Beseitigung von Ausreisehindernissen hinweisen, die ihm bei objektiver Sichtweise nicht bekannt sein können. (Vgl. BayVGH, Urteil vom 23.3.2006 – 24 B 05.2889 -, zitiert nach juris) In aller Regel können von dem Ausländer Handlungen gefordert werden, die zur Beschaffung des Dokuments erforderlich sind und nur von ihm allein vorgenommen werden können. Gerade bei der Beschaffung von Identitätspapieren können von ihm mit Blick auf seine Passpflicht nach § 3 I AufenthG und seine Mitwirkungspflicht nach § 48 III AufenthG gesteigerte Anstrengungen verlangt werden. Unzumutbar sind lediglich solche Handlungen, die von vornherein ohne Einfluss auf die Möglichkeit der Ausreise oder erkennbar aussichtslos sind. (BVerwG, Beschluss vom 10.3.2009 – 1 B 4.09 -, Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 11) Unterhalb dieser Schwelle besteht hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einer Verletzung von Mitwirkungspflichten und der Erfolglosigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen, der immer nur hypothetisch beurteilt werden kann, eine tatsächliche widerlegbare Vermutung zulasten des Ausländers. (BVerwG, Urteile vom 26.10.2010 – 1 C 18/09 -, zitiert nach juris, und vom 10.11.2009 – 1 C 19.08 -, BVerwGE 135, 219)

Der Kläger zu 1. hat für seine Behauptung, staatenloser Kurde aus Syrien zu sein, über die vom Verwaltungsgericht herangezogenen, durch die falschen Angaben der Kläger jedoch grundsätzlich in Zweifel zu ziehenden Indizien hinaus bisher keine ausreichenden Tatsachen und Gründe vorgetragen, die diese Staatenlosigkeit nachvollziehbar machen könnten.

Nach Darstellung des Auswärtigen Amtes (Vgl. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien“ vom 9.7.2009 (Stand Juni  2009) – 508-516.80/3 SYR –, S. 11) leben auf dem Gebiet der heutigen Arabischen Republik Syrien etwa 2 Millionen Menschen kurdischer Volkszugehörigkeit, die überwiegend auch die syrische Staatsangehörigkeit besitzen. Zu deren Situation ist im aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts vom September 2010 (Vgl. „Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien“ vom 27.9.2010 (Stand September 2010) – 508-516.80/3 SYR –, S. 9/10) ausgeführt: Im Jahre 1962 wurde einer Gruppe von 120.000 bis 150.000 Kurden im Rahmen einer „Volkszählung“ die syrische Staatsangehörigkeit aberkannt, da es sich bei diesen Personen nach Ansicht der syrischen Regierung um illegale Einwanderer aus der Türkei oder dem Irak handelte. Unter Berücksichtigung des natürlichen Bevölkerungszuwachses dürfte diese Gruppe der Kurden in Syrien ohne syrische Staatsangehörigkeit, die sich bei Nachkommen nach syrischem Staatsangehörigkeitsrecht allein nach dem Vater bestimmt, inzwischen bis zu 300.000 Menschen umfassen. Innerhalb dieses Personenkreises sind diejenigen Kurden (und ihre Nachkommen), die damals als „Ausländer“ („Adschnabi“) in ein gesondertes Zivilregister („Ausländerregister“) eingetragen wurden, zu unterscheiden von den sog. „Nichtregistrierten“ („Maktumin“), die seinerzeit (auch) keine andere Staatsangehörigkeit plausibel machen konnten. Da auch die Mitglieder der vergleichsweise größeren Gruppe der in dem gesonderten Zivilregister erfassten Adschnabi regelmäßig in Wahrheit keine anderweitige Staatsangehörigkeit besitzen, sieht das Auswärtige Amt im Ergebnis beide Untergruppen als staatenlos an. Die Adschnabi erhalten rot-orangefarbene Identitätspapiere, allerdings in aller Regel keine Reisepapiere; aus dem besagten „Ausländerregister“ erteilen die syrischen Meldebehörden seit 2001 keine Auskünfte mehr. Den Maktumin, die keinerlei staatsbürgerliche Rechte besitzen, wurde dagegen jede Registrierung verweigert. Sie erhalten vom syrischen Staat keine amtlichen Dokumente. Gegen Bezahlung können sie lediglich eine so genannte weiße Identitätsbescheinigung des Ortsvorstehers (Mukhtar) ihres Wohnorts bekommen. Diesen Bescheinigungen, die gegen entsprechende Geldzahlung mit jedem beliebigen Inhalt erhältlich sind, kommt aus Sicht des Auswärtigen Amts „kein Beweiswert“ zu.

Auf der Grundlage der vorstehenden Erkenntnisse des Auswärtigen Amtes ist der Beklagte in seiner Rechtsmittelschrift also zutreffend davon ausgegangen, dass die ganz überwiegende Anzahl der Kurden in Syrien im Besitz der syrischen Staatsangehörigkeit ist. Staatenlosigkeit stellt daher die Ausnahme dar, für die eine Begründung erwartet werden muss.

Vorab ist hierzu festzustellen, dass Beklagter und Verwaltungsgericht sich zu Recht nicht an die in den Entscheidungsgründen des das Asylverfahren abschließenden rechtskräftigen Urteils vom 7.3.2007 – 10 K 9/07 – getroffene Aussage, die Kläger seien staatenlos, gebunden sahen. Eine Bindungswirkung konnte das Urteil gegenüber dem Beklagten schon deshalb nicht entfalten, weil er in dem genannten Rechtsstreit als Ausländerbehörde nicht beteiligt war (§ 121 Nr. 1 VwGO). (Vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 10.6.2010 - 2 A 13/10 -)

Auf der Grundlage seines Vortrags gehört auch der Kläger zu 1. de iure zum Kreis der syrischen Staatsangehörigen. Denn er besitzt, sofern er in Syrien als Kind dort wohnhafter Eltern geboren wurde, von Rechts wegen die syrische Staatsangehörigkeit nach Art. 3 lit. c des syrischen Staatsangehörigkeitsgesetzes. Danach gilt als syrischer Araber, „wer im Staat als Kind von Eltern geboren ist, die unbekannt oder unbekannter Staatsangehörigkeit oder staatenlos sind.“ Allerdings wird den in Syrien geborenen Adschnabi (auch „adschanib“) und Maktumin vom syrischen Staat tatsächlich die syrische Staatsangehörigkeit nicht zugebilligt. (KURDWATCH-Bericht, vom März 2010, S. 17 f.) Es kann daher nicht angenommen werden, dass Syrien sich mit Blick auf diese nicht umgesetzte Vorschrift bereit fände, den Kläger zu 1. als Staatangehörigen anzuerkennen, ihm Reisepapiere auszustellen und ihm eine freiwillige Einreise zu ermöglichen, zumal an einer Rückkehr von Kurden generell kein Interesse besteht.

Ob der Kläger zu 1. indes eine – tatsächlich anerkannte - syrische Staatsangehörigkeit besitzt, lässt sich auf der Grundlage der von ihm erteilten Informationen nicht beurteilen. So hat sich Herr A D, der ihn und seinen Vater sowie zwei Onkel aus Kamischli kennt, in seiner erstinstanzlich von den Klägern vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 31.10.2007 zur Staatsangehörigkeit des Klägers zu 1. und seiner Familie nicht geäußert. Dass die vom Letzteren und der Klägerin vor dem Notar abgegebene eidesstattliche Versicherung vom 9.8.2007, dass sie staatenlos seien, angesichts der festgestellten libanesischen Staatsangehörigkeit der Klägerin zur Glaubhaftmachung nicht geeignet ist, bedarf keiner Vertiefung. Lediglich die bereits erwähnte Aussage des Herrn F bei seiner polizeilichen Vernehmung, dass ein Onkel der Klägerin und deren ganze Familie gegen die Heirat gewesen seien, weil der „ staatenlos und kurdisch“ sei, deutet auf die Staatenlosigkeit des Klägers zu 1. hin.

Der Kläger zu 1. selbst hat wenig dazu beigetragen, Nachweise für seine behauptete Staatenlosigkeit zu beschaffen. Er hat sich im Wesentlichen darauf beschränkt, Umstände für sich vorzutragen, die üblicherweise bei Maktumin zu finden sind. Von den vom Beklagten unter dem 24.5.2007 angeforderten Unterlagen, die möglichst detaillierte Angaben und entsprechende Belege enthalten sollten, hat er nur einen auf ohnehin bekannte Angaben beschränkten, insbesondere keine Angaben zu schulischen und beruflichen Stationen darstellenden Lebenslauf erstellt sowie den „Fragebogen zu Familienverhältnissen“ lückenhaft ausgefüllt und vorgelegt, ohne dass diese Lücken begründet worden wären. Insbesondere hat er sich trotz des Hinweises des Beklagten auf die Überprüfungsbedürftigkeit der behaupteten Staatenlosigkeit und die (Mitwirkungs-)Verpflichtung eines Ausländers, selbst die Initiative zu ergreifen, nicht einmal ansatzweise dazu geäußert, warum seine Familie staatenlos sein soll. Dies ist jedoch deshalb von erheblicher Bedeutung, weil nämlich alles darauf hindeutet, dass sein Großvater väterlicherseits - Yousef B. - bereits 1945 seinen ständigen Wohnsitz im Gebiet der heutigen Arabischen Republik Syrien gehabt und damit automatisch die syrische Staatsangehörigkeit erlangt hatte (Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 22.12.2003 – 1455 al/br - an VG Augsburg, juris; Brocks, Gutachten vom 22.12.2003 - 1456 al/br - an VG Bayreuth) . Zwar hat der Kläger in dem Fragebogen weder dessen Geburtsjahr noch Geburtsort/Wohnort angegeben. Da sein Vater jedoch „ungefähr 1952“ sowie dessen Brüder Sch 1937, K 1942 und (Schwester?) A 1959 alle in Kamischli geboren sein sollen, spricht dies mit Gewicht dafür, dass die Familie schon 1945 ständig in Syrien wohnhaft war. Also käme es darauf an, ob die Familie ihre syrische Staatsangehörigkeit danach - wegen Nicht-Teilnahme an der Volkszählung 1962 oder Entzugs der Staatsangehörigkeit nach Teilnahme an der Zählung - verloren hat. Darüber müssten, wenn nicht die Eltern des Klägers zu 1., so doch zumindest die älteren - noch lebenden – Brüder des Vaters, die 1962 schon erwachsen waren, sowie die noch lebenden Verwandten, die fast alle in Kamischli (ggf. und Umgebung) wohnen, Auskunft geben können. Zwar hatte der Kläger zu 1. erklärt, sich um eine Kontaktaufnahme mit den Eltern bemühen zu wollen, um weitere Unterlagen zu beschaffen, hierzu aber dann mitgeteilt, diese hätten nicht geantwortet. Dass er sich wiederholt an sie und/oder überhaupt – was sich aufdrängte - auch an Geschwister und Onkel zur Klärung bzw. zum Beleg ihrer Staatenlosigkeit gewandt hätte, hat er indes nicht vorgetragen. Damit hat er seinen gemäß § 82 AufenthG bestehenden Mitwirkungsobliegenheiten nicht hinreichend Rechnung getragen und zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses nicht erfüllt.

Da der Kläger zu 1. und der Kläger zu 3., dem das Handeln seiner Eltern zuzurechnen ist, die Ursächlichkeit zwischen der Pflichtverletzung und dem Fortbestand des Ausreisehindernisses auch nicht widerlegt haben (BVerwG, Urteile vom 26.10.2010 – 1 C 18/09 -, zitiert nach juris, und vom 10.11.2009 – 1 C 19.08 -, BVerwGE 135, 219) , sind sie – ebenso wie die Klägerin - nicht unverschuldet an der Ausreise gehindert, so dass ihnen kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 V AufenthG zusteht.

b) Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass sich die verwaltungsgerichtliche Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für die Kläger auch nicht auf der Grundlage des § 25 V AufenthG in Verbindung mit dem das Privatleben schützenden Art. 8 I EMRK als gerechtfertigt erweisen könnte. Denn ein Privatleben im Sinne dieser Vorschrift, das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte eine Verwurzelung des Ausländers im Bundesgebiet verlangt, die grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht kommt (BVerwG, Urteile vom 26.10.2010 – 1 C 18/09 –, zitiert nach juris, und vom 30.4.2009 – 1 C 3.08 -, NVwZ 2009, 1239) , liegt bei den sich ohne Aufenthaltsrecht seit 2004 in Deutschland aufhaltenden, wirtschaftlich in keiner Weise integrierten Klägern, deren Entwurzelung vom Herkunftsstaat zudem weder vorgetragen noch ansonsten ersichtlich ist, offensichtlich nicht vor.

c) Steht den Klägern zu 1. und 3 somit das ihnen vom Verwaltungsgericht zuerkannte Aufenthaltsrecht gemäß § 25 V AufenthG nicht zu, so fehlt der verwaltungsgerichtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an die Klägerin gemäß dieser Vorschrift in Verbindung mit Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK zur Vermeidung einer dauerhaften Trennung von den Klägern zu 1. und 3., die ihr wegen der vollziehbaren Ausreisepflicht der gesamten Familie nicht droht, jegliche Grundlage.

2. Der Beklagte ist durch das angefochtene Urteil auch zu Unrecht zur Ausstellung eines Reiseausweises nach Art. 28 des Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28.9.1954 (In Kraft getreten am 24.1.1977 (Bekanntmachung vom 10.2.1977, BGBl. II S. 235)) - StlÜbk – für die Kläger zu 1. und 3. verpflichtet worden. Diese sind durch die Unterlassung des beantragten Verwaltungsaktes nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 V VwGO). Ihre Klage ist nicht begründet, die Berufung des Beklagten auch insofern erfolgreich.

Die Kläger zu 1. und 3. haben keinen Anspruch auf Erteilung eines Reiseausweises nach Art. 28 StlÜbk, denn das Übereinkommen findet auf sie keine Anwendung. Staatenloser im Sinne des StlÜbk nach Art. 1 I dieses Übereinkommens ist eine Person, die kein Staat aufgrund seines Rechtes als Staatsangehörigen ansieht. Dies ist nur bei solchen Personen der Fall, die de iure staatenlos sind. (BVerwG, Urteil vom 16.10.1990 – 1 C 15/88 -, BVerwGE 87, 11) Mangels hinreichender Mitwirkung der Kläger ist vorliegend indes nicht feststellbar, ob sie Staatenlose im Sinne des Art. 1 des Übereinkommens sind und dieses auf sie angewendet werden kann.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 I,159 VwGO, 100 I ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 II VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 25.000,- EUR festgesetzt (§§ 63 II, 52 , 47 GKG).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gesetz


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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25 Aufenthalt aus humanitären Gründen


(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlau

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 82 Mitwirkung des Ausländers


(1) Der Ausländer ist verpflichtet, seine Belange und für ihn günstige Umstände, soweit sie nicht offenkundig oder bekannt sind, unter Angabe nachprüfbarer Umstände unverzüglich geltend zu machen und die erforderlichen Nachweise über seine persönlich

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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen, eine marokkanische Staatsangehörige und ihre Tochter, erstreben die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.

2

Die nach eigenen Angaben 1968 in Casablanca geborene Klägerin zu 1 reiste im Mai 2000 in das Bundesgebiet ein; die Klägerin zu 2 wurde hier am 31. Mai 2000 geboren. Die Klägerinnen beantragten Asyl, weil sie Repressalien seitens ihrer Familie befürchteten. Die ledige Klägerin zu 1 gab an, wegen ihrer Schwangerschaft von ihrem Stiefvater und ihren Brüdern geschlagen worden zu sein. Von den marokkanischen Behörden habe sie keine Hilfe erhalten. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 25. August 2000 ab. Im Anschluss an das erfolglose Klageverfahren wurde der weitere Aufenthalt der Klägerinnen geduldet.

3

Den am 3. März 2004 gestellten Asylfolgeantrag lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 15. März 2004 ab. Die auf Feststellung von Abschiebungshindernissen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 18. November 2005 ab; der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg. Auch ein weiterer Asylfolgeantrag vom März 2006 blieb erfolglos.

4

Noch während des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hatte der Beklagte die Klägerin zu 1 erstmals aufgefordert, ein Formular zur Beantragung von Passersatzpapieren auszufüllen. Das lehnte die Klägerin sowohl zu diesem Zeitpunkt als auch später ab.

5

Am 5. Februar 2007 beantragten die Klägerinnen beim Beklagten die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Bleiberechtsregelung des IMK-Beschlusses vom 17. November 2006. Der Beklagte lehnte die Anträge mit Bescheid vom 15. August 2007 ab, da die Klägerinnen Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert und behindert hätten. Die Klägerin zu 1 habe das ihr mehrfach vorgelegte Antragsformular auf Erteilung eines marokkanischen Passersatzpapiers nicht ausgefüllt. Trotz entsprechender Aufforderung habe sie auch keine Identitätsnachweise aus Marokko vorgelegt. Den Widerspruch wies die Bezirksregierung mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2007 zurück.

6

Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteil vom 28. Oktober 2008 ab. Die Berufungen der Klägerinnen hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. August 2009 zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

7

Die Klägerinnen hätten keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 104a Abs. 1 AufenthG, denn sie hätten den Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwirklicht. Der Wortlaut dieser Vorschrift erfasse auch ein Verhalten, das sich in der Verletzung von Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung erschöpfe. Außer Betracht blieben nur gering gewichtige Pflichtverletzungen, wenn z.B. der Ausländer seinen Verpflichtungen später nachgekommen sei oder die Ausländerbehörde es versäumt habe, diese zu konkretisieren. Daran gemessen hätten die Klägerinnen ihre Mitwirkungspflichten nachhaltig und andauernd verletzt; das Verhalten der Klägerin zu 1 sei ihrer minderjährigen und von ihr vertretenen Tochter zuzurechnen. Die dagegen gerichteten Einwände der Klägerinnen griffen nicht durch. Die Klägerin zu 1 brauche keinen Pass ausgestellt zu bekommen, sondern könne zur Beschaffung von Identitätsnachweisen wie z.B. einer Abschrift ihrer Geburtsurkunde etc. einen Rechtsanwalt einschalten. Sie habe aber keinerlei Bemühungen in dieser Richtung entfaltet. Unerheblich sei, ob dem Beklagten alle für die Passbeantragung notwendigen Angaben bekannt seien. Jedenfalls fehle weiterhin die Unterschrift der Klägerin auf dem Antragsformular. Aufgrund der von ihr angeführten Bemühungen des Caritasverbands hätte nicht ernsthaft mit der Ausstellung von Personalpapieren gerechnet werden können, denn in dem Schreiben vom 29. Mai 2007 seien nicht einmal die Namen der Klägerinnen genannt worden. Die Motive der Klägerinnen minderten das Gewicht ihres Verhaltens nicht, denn ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer dürfe seine Mitwirkung nicht unter Berufung auf zielstaatsbezogene Umstände verweigern, hinsichtlich derer das Bundesamt das Vorliegen eines Abschiebungsverbots verneint habe. Für die notwendige Kausalität reiche es aus, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass trotz ordnungsgemäßer Mitwirkung eine Aufenthaltsbeendigung unmöglich gewesen wäre. Nicht erforderlich seien Konsequenzen für bereits eingeleitete aufenthaltsbeendende Maßnahmen. Der Ausschlussgrund greife trotz der geäußerten Bedenken an der marokkanischen Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2. Es sei davon auszugehen, dass sie diese bereits mit Geburt gemäß Art. 6 des marokkanischen Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1958 erworben habe. Andernfalls wäre sie inzwischen, seit Inkrafttreten der Neufassung des Gesetzes aus dem Jahre 2007, marokkanische Staatsangehörige.

8

Wegen ihrer beharrlichen Weigerung, an der Passbeschaffung mitzuwirken, hätten die Klägerinnen auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. der Bleiberechtsanordnung. Insofern könne dahinstehen, ob die Bleiberechtsanordnung aus dem Jahr 2006 noch anwendbar sei. Schließlich stehe den Klägerinnen auch kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu. Zwar könnten sie gegenwärtig ohne Pass oder Passersatzpapier nicht freiwillig nach Marokko ausreisen. Bei ernsthafter Mitwirkung der Klägerin zu 1 sei jedoch mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit zu rechnen, sodass sie nicht unverschuldet an ihrer freiwilligen Ausreise gehindert seien. Der Klägerin zu 2 sei auch kein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK zu erteilen. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise und Abschiebung im Hinblick auf den Schutz ihre Privatlebens könne jedenfalls für ausländische Kinder, die in Haushaltsgemeinschaft mit ihren in Deutschland geduldeten Eltern lebten, nicht allein aus ihrem langjährigen Aufenthalt in Deutschland und ihrer Integration in die hiesigen Verhältnisse abgeleitet werden.

9

Hiergegen richten sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revisionen der Klägerinnen.

Entscheidungsgründe

10

Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Ladung darauf hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).

11

Die zulässigen Revisionen der Klägerinnen sind unbegründet. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerinnen auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen in Übereinstimmung mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) abgelehnt. Ihrem Begehren steht mit Blick auf die Anspruchsgrundlagen sowohl des § 104a AufenthG (1.) als auch des § 25 Abs. 5 AufenthG (2.) entgegen, dass die Klägerin zu 1 die gebotene und zumutbare Mitwirkung an der Beschaffung von Passersatzpapieren verweigert hat.

12

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104a Abs. 1 AufenthG haben, da sie den in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 der Vorschrift enthaltenen Versagungstatbestand erfüllen. Danach ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der gesetzlichen Altfallregelung nur möglich, wenn der Ausländer behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat.

13

a) § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt voraus, dass die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtmäßig ist. Das ist hier der Fall. Sämtliche Asylanträge der Klägerinnen hatten keinen Erfolg. Hat das Bundesamt festgestellt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 60 AufenthG nicht bestehen, ist sowohl die Ausländerbehörde im Aufenthaltserlaubnisverfahren wie auch das Gericht in einem sich daran anschließenden Prozess an diese Entscheidung gebunden (§ 42 Satz 1 AsylVfG; vgl. dazu Urteil vom 27. Juni 2006 - BVerwG 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192 Rn. 12 und 17). Die Verwaltungsgerichte haben gegenüber den Klägerinnen mehrfach rechtskräftig festgestellt, dass ihrer Abschiebung nach Marokko keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote entgegenstehen. Daher kann ihr Vorbringen, die Gefahr einer geschlechtsspezifischen Verfolgung sei bislang nicht geprüft worden, ihrem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen.

14

Das Berufungsgericht hat auch zu Recht entschieden, dass keine inlandsbezogenen Abschiebungsverbote vorliegen. Entgegen dem Vorbringen der Revision lässt sich im vorliegenden Fall aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK kein Abschiebungsverbot zugunsten der Klägerin zu 2 ableiten. Das von diesen Bestimmungen u.a. geschützte Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst, auch soweit es keinen familiären Bezug hat, die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen - angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen - bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (Urteil vom 27. Januar 2009 - BVerwG 1 C 40.07 - BVerwGE 133, 72 Rn. 21; BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Mai 2007 - 2 BvR 304/07 - NVwZ 2007, 946 <947>; EGMR, Urteil vom 23. Juni 2008 - 1638/03 - Maslov - InfAuslR 2008, 333). Ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründet, kommt grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht (Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn. 20; offengelassen in: EGMR, Urteile vom 16. September 2004 - 11103/03 - Ghiban - NVwZ 2005, 1046 und vom 8. April 2008 - 21878/06 - Nnyanzi - ZAR 2010, 189 <190 f.>). Da der Klägerin zu 2 - wie ihrer Mutter - ausschließlich asylverfahrensrechtliche Aufenthaltsgestattungen und Duldungen erteilt worden sind, wurde ihr zu keiner Zeit ein Aufenthaltsrecht eingeräumt, das ein berechtigtes Vertrauen auf Fortbestand hätte begründen können. Der Beklagte hat den Klägerinnen nie eine Verfestigung ihres Aufenthalts in Aussicht gestellt; vielmehr hat er seit Abschluss des ersten Asylverfahrens konsequent auf die Beendigung ihres Aufenthalts hingewirkt.

15

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin zu 2 unterstellt, dass die Beendigung des Aufenthalts in ihre Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen würde, wäre der Eingriff gerechtfertigt (Art. 8 Abs. 2 EMRK). Die Aufenthaltsbeendigung der Klägerin zu 2 steht in Einklang mit geltendem Recht und dient einem legitimen Ziel, nämlich der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Sie erweist sich mit Blick darauf als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" und verhältnismäßig. Zwar ist die im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts neun Jahre alte Klägerin zu 2 in Deutschland geboren und hier aufgewachsen. Aber auch wenn die Jahre der Kindheit die Persönlichkeit in besonderer Weise prägen, kann in diesem Alter angesichts des fortschreitenden Sozialisationsprozesses noch nicht von einer irreversiblen Verwurzelung in die deutschen Lebensverhältnisse ausgegangen werden. Insoweit räumt die Revision selbst ein, dass die Klägerin zu 2 rudimentär arabisch spricht; zudem lässt sich in ihrem Alter Sprachkompetenz gut erwerben. Im Rahmen der Abwägung ist außerdem zu berücksichtigen, dass bei Minderjährigen das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern im Vordergrund steht. Die von Art. 6 Abs. 2 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Beziehung zwischen Eltern und Kindern führt dazu, dass Kinder in der familiären Gemeinschaft grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Erziehungsberechtigten teilen. In aller Regel - und so auch hier - erscheint es selbst einem in Deutschland geborenen ausländischen Kind zumutbar, nach mehrjährigem asylverfahrensbedingtem Aufenthalt das Land zusammen mit seinen Eltern bzw. einem Elternteil wieder zu verlassen und sich in dem Land seiner Staatsangehörigkeit zu integrieren. Dabei kann im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung auf der mangelnden Mitwirkung der Klägerin zu 1 bei der Passbeschaffung beruht; dieses Verhalten ihrer Mutter als ihrer gesetzlichen Vertreterin muss sich die Klägerin zu 2 zurechnen lassen.

16

b) Der objektive Tatbestand des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG knüpft an aufenthaltsbeendende Maßnahmen an. Entgegen der Auffassung der Revision setzt die Vorschrift nicht voraus, dass eine behördliche Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung bereits konkret eingeleitet worden war (so aber Fränkel, in: HK-AuslR, § 104a AufenthG Rn. 13). Andernfalls würde dieser Ausschlussgrund in besonders qualifizierten Fällen, wenn der ausreisepflichtige Ausländer z.B. noch vor der Möglichkeit einer Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen untergetaucht ist, nicht greifen. Diese Auffassung verfehlt den Zweck der Vorschrift, aufenthaltsrechtliche Pflichtverletzungen des Ausländers nicht durch die Gewährung eines Bleiberechts zu honorieren.

17

c) Hinauszögern oder Behindern behördlicher Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt kein aktives Tun des Ausländers voraus. Vielmehr greift der Ausschlusstatbestand grundsätzlich auch dann, wenn die Erfüllung von Mitwirkungspflichten verweigert wird und die mangelnde Mitwirkung ein gewisses Gewicht erreicht, sodass es gerechtfertigt erscheint, sie aktivem Handeln gleichzustellen und ein Bleiberecht zu versagen. Allerdings muss die Ausländerbehörde gesetzliche Mitwirkungspflichten z.B. zur Beschaffung von Identitätspapieren (§ 48 Abs. 3 AufenthG) konkret gegenüber dem Betroffenen aktualisiert haben, um aus der mangelnden Mitwirkung negative aufenthaltsrechtliche Folgen ziehen zu können. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung (BA S. 16 f.) festgestellt, dass die Klägerin zu 1 seitens des Beklagten aufgefordert worden ist, Pass- bzw. Passersatzpapieranträge zu unterschreiben und ihre Mitwirkung andauernd verletzt hat. An diese tatsächliche Feststellung ist das Revisionsgericht gebunden, da die Revision keine Verfahrensrügen erhoben hat (§ 137 Abs. 2 VwGO). Mit ihrem Vorbringen, der Beklagte habe nicht vorgetragen, wann konkret er die Klägerin zur Unterschrift aufgefordert habe, vermag die Revision die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts nicht erfolgreich infrage zu stellen.

18

Die konkret eingeforderte Mitwirkungshandlung muss rechtmäßig, insbesondere dem Betroffenen zumutbar gewesen sein (Urteil vom 10. November 2009 - BVerwG 1 C 19.08 - BVerwGE 135, 219 Rn. 20). Der Umstand, dass die Klägerinnen sich auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote berufen, stellt die Zumutbarkeit der geforderten Mitwirkungshandlungen nicht infrage. Denn insoweit sind die Ausländerbehörde und die Verwaltungsgerichte gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die Feststellungsbescheide des Bundesamtes gebunden.

19

d) Die Revision wendet ein, dass auch dann, wenn die Klägerin zu 1 das Antragsformular unterschrieben hätte, zumindest für die Klägerin zu 2 keine Papiere ausgestellt worden wären. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts erweise sich als nicht verifizierbare Annahme. Mit diesem Vorbringen stellt die Revision infrage, dass die Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung auf dem Verhalten der Klägerin zu 1 beruht; sie verfehlt jedoch den Maßstab, nach dem sich die Kausalität beurteilt.

20

Im Ansatz trifft es zu, dass die Tatbestandsmerkmale "hinauszögern" und "behindern" eine Kausalbeziehung zwischen dem Verhalten des Ausländers und dem Misserfolg der behördlichen Aufenthaltsbeendigung voraussetzen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Aufenthaltsbeendigung möglich ist, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für das Gegenteil vorliegen (BA S. 8). Das entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats, derzufolge dem Ausländer keine Handlungen abverlangt werden dürfen, die von vornherein ohne Einfluss auf die Möglichkeit der Ausreise oder erkennbar aussichtslos sind (Beschlüsse vom 3. Juni 2006 - BVerwG 1 B 132.05 - und vom 10. März 2009 - BVerwG 1 B 4.09 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 3 und 11 zu § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Unterhalb dieser Schwelle besteht hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einer Verletzung von Mitwirkungspflichten und der Erfolglosigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen, der immer nur hypothetisch beurteilt werden kann, eine tatsächliche widerlegbare Vermutung zulasten des Ausländers (vgl. auch Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 20).

21

Legt man diesen Maßstab zugrunde, ist das Berufungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung in nachvollziehbarer Weise zu der Feststellung gelangt, dass die Klägerinnen die tatsächliche Kausalitätsvermutung nicht widerlegt haben. Ihre Einwände, die sie gegen die ausführliche Würdigung des Berufungsgerichts zum Erwerb der marokkanische Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2 (BA S. 19 ff.) erheben, greifen nicht durch. Zum einen wiederholt die Revision nur ihr Berufungsvorbringen, ohne sich mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinander zu setzen. Zum anderen übersieht sie, dass die Anwendung ausländischen Rechts zur Tatsachenfeststellung zählt (§ 173 VwGO i.V.m. § 293 ZPO), an die das Revisionsgericht gebunden ist, wenn keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben werden (§ 137 Abs. 2 VwGO).

22

e) § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt subjektiv ein vorsätzliches Verhalten des Ausländers voraus. Eine wissentliche und willentliche Behinderung oder Verzögerung aufenthaltsbeendender Maßnahmen liegt jedenfalls dann vor, wenn der Betroffene von der Ausländerbehörde ausdrücklich zur (zumutbaren und erheblichen) Mitwirkung angehalten wird und sich der Mitwirkung verweigert (Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 21). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht - wie bereits ausgeführt - festgestellt, dass der Beklagte die Klägerin zu 1 aufgefordert hat, das Antragsformular zur Ausstellung von Passersatzpapieren zu unterschreiben. Dem hat sich die Klägerin zu 1 verweigert. Ihre Motive sind, da sie sich auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote beruft, aufenthaltsrechtlich unbeachtlich, da (mehrfach) rechtskräftig festgestellt worden ist, dass keines der in § 60 AufenthG geregelten Abschiebungsverbote greift. Im Übrigen schließt die gesetzliche Ausreisepflicht die Obliegenheit für den Ausländer ein, sich auf seine Ausreise einzustellen, zur Ausreise bereit zu sein und einen dahingehenden Willen zu bilden. In diesem Rahmen ist ein ausreisepflichtiger Ausländer gehalten, zur Ausreise nicht nur willens und bereit zu sein, sondern auch an darauf zielenden Maßnahmen mitzuwirken (vgl. Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 14). Mit ihrem Verhalten, das sich die Klägerin zu 2 als gesetzlich Vertretene zurechnen lassen muss, hat die Klägerin zu 1 die Ausstellung von Passersatzpapieren vorsätzlich vereitelt.

23

f) Da bereits § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegensteht, bedarf es im vorliegenden Fall keiner weiteren Erörterung, wie sich die Regelung des § 104a Abs. 5 Satz 1 AufenthG auf den Prüfungsmaßstab für das streitgegenständliche Begehren auswirkt. Danach darf eine Aufenthaltserlaubnis nach der gesetzlichen Altfallregelung nur mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt werden. Diese Vorschrift schließt die (erstmalige) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 104a AufenthG für einen nach dem 31. Dezember 2009 liegenden Zeitraum aus. Die Konsequenzen aus der zeitlichen Beschränkung der erstrebten Rechtsfolge, die während des Revisionsverfahrens aktuell geworden ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen (vgl. aber Urteil vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 1 C 19.09 -).

24

2. Ein Anspruch der Klägerinnen nach § 25 Abs. 5 AufenthG scheidet aus, da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen der Bestimmung nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Gemäß Satz 3 der Vorschrift darf eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt nach Satz 4 insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

25

Die Klägerinnen sind vollziehbar ausreisepflichtig (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise kann sich auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, weil dann eine freiwillige Rückkehr grundsätzlich unzumutbar ist. Aber auch bei der Entscheidung über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist die Ausländerbehörde bei ehemaligen Asylbewerbern gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die (positive oder negative) Feststellung des Bundesamtes gebunden (Urteil vom 27. Juni 2006 a.a.O. Rn. 17). Demzufolge kann die Berufung auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote auch insoweit der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Jedoch ist davon auszugehen, dass die Klägerinnen tatsächlich nicht über gültige Reisedokumente verfügen (§ 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG). Damit erscheint ihre Ausreise derzeit und auf absehbare Zeit unmöglich.

26

Die Klägerinnen sind allerdings nicht unverschuldet an ihrer Ausreise gehindert. Ein Verschulden im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, da die Klägerinnen zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses vorsätzlich nicht erfüllt haben (§ 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG). Insoweit kann auf die Ausführungen zu § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwiesen werden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Tatbestand

1

Der Kläger will Entschädigungen erhalten, weil er in zwei Stellenbesetzungsverfahren trotz seiner Schwerbehinderung nicht zu Vorstellungsgesprächen eingeladen wurde.

2

Der Kläger ist Berufssoldat im Dienstrang eines Hauptmanns; er ist als Schwerbehinderter anerkannt. Er trat 1979 in die Bundeswehr ein, wo er im Stabsdienst verwendet wurde. Während der Zeit bei der Bundeswehr erwarb er berufliche Abschlüsse als Bürokaufmann, Personalfachkaufmann und staatlich geprüfter Betriebswirt. Seit 1991 ist der Kläger beim Bundesnachrichtendienst (BND) in der Auslandsaufklärung tätig.

3

Im November 2008 bewarb sich der Kläger um die der Besoldungsgruppe A 12 zugeordnete Stelle des Leiters der administrativen Unterstützung der Außenstelle des BND in Bonn. Die Stelle wurde innerhalb des BND ausgeschrieben für Beamte mit der Befähigung für die Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes sowie für Arbeitnehmer und Offiziere des militärfachlichen Dienstes mit vergleichbaren Fähigkeiten und Erfahrungen. In der Ausschreibung wurden insbesondere langjährige Berufserfahrung im allgemeinen Verwaltungsdienst, Kenntnisse im Tarif-, Dienst- und Arbeitsrecht sowie Kenntnisse im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen gefordert. Die Stelle wurde mit einer Beamtin besetzt, ohne dass der Kläger zuvor zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.

4

Im Mai 2009 bewarb sich der Kläger um die der Besoldungsgruppe A 12 zugeordnete Stelle eines Sachbearbeiters für die Analyse und Bewertung der Dienstposten verschiedener Abteilungen des BND. Die Stelle wurde innerhalb des BND ausgeschrieben für Beamte mit der Befähigung für die Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes sowie für Arbeitnehmer und Offiziere des militärfachlichen Dienstes mit vergleichbaren Fähigkeiten und Erfahrungen. In der Ausschreibung wurden insbesondere eine Ausbildung zum REFA-Organisator oder eine vergleichbare Qualifikation, umfassende Kenntnisse und Erfahrungen im Beamten-, Tarif- und Verwaltungsrecht sowie gründliche Kenntnisse der Aufbau- und Ablauforganisation des BND gefordert. Auch diese Stelle wurde mit einer Beamtin besetzt, ohne dass der Kläger zuvor zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.

5

Der Kläger machte Entschädigungsansprüche in Höhe von jeweils drei Monatsgehältern geltend, weil ihn der BND trotz seiner fachlichen Eignung für beide Stellen nicht zu dem - für schwerbehinderte Bewerber vorgeschriebenen - Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Dies stelle eine entschädigungspflichtige Benachteiligung dar. Zwar habe er nicht in der allgemeinen Verwaltung des BND gearbeitet. Dies werde jedoch durch seine langjährige Tätigkeit im Stabsdienst der Bundeswehr und durch seine beruflichen Abschlüsse kompensiert. Die erforderlichen Kenntnisse im Tarif-, Dienst- und Arbeitsrecht habe er sich als langjähriges Mitglied des Personalrats angeeignet. Kenntnisse im Haushalts- und Kassenwesen könne er in Lehrgängen erwerben.

6

Der BND lehnte die Anträge durch Bescheide vom 4. Mai 2010 ab. In den Gründen heißt es, der Kläger habe nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen, weil die Stellen, um die er sich beworben habe, nur behördenintern ausgeschrieben worden seien. Die Stellen hätten aus nachrichtendienstlichen, personalwirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Gründen nicht mit Außenstehenden besetzt werden können. Vorstellungsgespräche hätten auch deshalb nicht stattfinden müssen, weil dem Kläger die fachliche Eignung für beide Stellen offensichtlich gefehlt habe. Er verfüge nicht über die in den Anforderungsprofilen genannten Voraussetzungen. Im BND sei er nur im Bereich der militärischen Aufklärung, nicht aber in der allgemeinen Verwaltung verwendet worden.

7

Im Dezember 2010 hat der Kläger Klage erhoben. Im April 2011 hat er Widerspruch gegen die ablehnenden Bescheide erhoben. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen, insbesondere zur Frage seiner fachlichen Eignung.

8

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm Entschädigung in Geld zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

9

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

10

Sie verteidigt die ablehnenden Bescheide. Entscheidungen über die Widersprüche hält sie für entbehrlich. Auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis hat sie die Auffassung vertreten, beide Stellen stünden in Zusammenhang mit der militärischen Auslandsaufklärung.

11

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vom BND vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keine Ansprüche auf Entschädigung in Geld, weil er bei der Besetzung der beiden Stellen (Dienstposten), um die er sich beworben hatte, nicht aufgrund seiner Schwerbehinderung benachteiligt wurde. Der BND war nicht gesetzlich verpflichtet, den Kläger in den Stellenbesetzungsverfahren wegen seiner Schwerbehinderung zu einem Vorstellungsgespräch zu laden. Eine derartige Verpflichtung hat nicht bestanden, weil der BND die Ausschreibungen berechtigterweise auf interne Bewerber, d.h. auf seine Beschäftigten beschränkt hat (unter 1.). Darüber hinaus war der BND rechtlich gehindert, die beiden Stellen mit Soldaten zu besetzen (unter 2.).

13

1. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 - AGG - (BGBl I S. 1897) gilt nach seinem § 24 nicht für Soldaten. An seine Stelle tritt das Gesetz über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten vom 14. August 2006 - SoldGG - (BGBl I S. 1897 <1904>). Im Unterschied zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz schützt das Soldatengleichbehandlungsgesetz nicht allgemein vor Benachteiligungen wegen einer Behinderung. Vielmehr wird nach § 1 Abs. 2 Satz 2 SoldGG lediglich der Schutz schwerbehinderter Soldaten vor Benachteiligungen nach Maßgabe des § 18 gewährleistet. Diese abweichende Behandlung verstößt nicht gegen die Richtlinie 2000/78/EG des Rats der Europäischen Gemeinschaften vom 27. November 2000 (ABl EG L 303/16), weil sie von Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie ermöglicht wird (Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 8.08 - Buchholz 450.1 § 5 WBO Nr. 1 Rn. 29 f.). Im Übrigen ergibt sich bei Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes kein günstigeres Ergebnis für den Kläger, weil die Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs in beiden Gesetzen deckungsgleich sind.

14

Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SoldGG können benachteiligte schwerbehinderte Soldaten eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, wenn gegen das in Absatz 1 geregelte Benachteiligungsverbot beim beruflichen Aufstieg verstoßen wird. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 SoldGG dürfen schwerbehinderte Soldaten bei einer Maßnahme, insbesondere beim beruflichen Aufstieg oder bei einem Befehl, nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden.

15

Eine derartige Benachteiligung liegt auch vor, wenn einem schwerbehinderten Soldaten ein gesetzlich eingeräumter Vorteil vorenthalten wird, durch den Nachteile aufgrund der Schwerbehinderung verhindert oder ausgeglichen werden sollen (vgl. zu § 3 Abs. 1 Satz 1, § 7 AGG: Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 5 C 16.10 - NJW 2011, 2452 Rn. 17 ).

16

Einen derartigen Vorteil für schwerbehinderte Menschen begründet § 82 Satz 2 SGB IX. Danach werden schwerbehinderte Menschen zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn sie sich bei einem öffentlichen Arbeitgeber um einen Arbeitsplatz beworben haben oder von der Bundesagentur für Arbeit vorgeschlagen worden sind. Diese Bestimmung räumt schwerbehinderten Bewerbern nach Maßgabe von § 82 Satz 1 und Satz 3 SGB IX einen Anspruch darauf ein, von dem öffentlichen Arbeitsgeber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Sie sollen unabhängig von der Gestaltung und dem Ablauf des konkreten Stellenbesetzungsverfahrens die Gelegenheit erhalten, den öffentlichen Arbeitgeber in einem Vorstellungsgespräch von ihrer Leistungsfähigkeit und Eignung zu überzeugen. Dieser soll sich über die schriftlichen Bewerbungsunterlagen hinaus einen persönlichen Eindruck von schwerbehinderten Bewerbern, ihrem Auftreten und ihrer Leistungsfähigkeit verschaffen. Dadurch sollen die Erfolgschancen schwerbehinderter Bewerber verbessert werden. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers stellt das Vorstellungsgespräch ein geeignetes Mittel dar, um eventuelle Vorbehalte oder gar Vorurteile auszuräumen und Hilfskriterien zugunsten schwerbehinderter Bewerber stärker zur Geltung zu bringen. Dies gilt nach § 82 Satz 3 SGB IX auch bei Zweifeln an der fachlichen Eignung eines schwerbehinderten Bewerbers für die zu besetzende Stelle, solange die Eignung nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (Urteil vom 3. März 2011 a.a.O. Rn. 18 f.; BAG, Urteil vom 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - BAGE 119, 262 <266, Rn. 21>). Die Regelungen des § 82 SGB IX gelten nach § 128 Abs. 4 SGB IX für die im BND verwendeten Soldaten, weil sie mit den Besonderheiten ihres Dienstverhältnisses vereinbar sind. Es gibt keinen Grund, ihnen Schwerbehindertenrechte zu versagen, die den im BND tätigen Beamten und Tarifbeschäftigten zustehen.

17

Die Verletzung der Einladungspflicht begründet nach § 18 Abs. 1 Satz 3 SoldGG Indizien, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen (vgl. zu § 22 AGG: Urteil vom 3. März 2011 a.a.O. Rn. 27 f.; BAG, Urteile vom 12. September 2006 a.a.O. Rn. 22 und vom 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - BAGE 127, 367 Rn. 26).

18

Allerdings besteht die Einladungspflicht des öffentlichen Arbeitgebers und der damit korrespondierende Anspruch der schwerbehinderten Bewerber nach dem Wortlaut des § 82 Satz 2 SGB IX nur bei der Besetzung eines "solchen" Arbeitsplatzes. Diese Bezeichnung des zu besetzenden Arbeitsplatzes stellt den inhaltlichen Bezug zu Satz 1 her. Danach melden die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit, dass sie einen Arbeitsplatz besetzen wollen. Aufgrund der inhaltlichen Verknüpfung der Sätze 1 und 2 des § 82 SGB IX ist schwerbehinderten Bewerbern der gesetzliche Vorteil der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nur dann eingeräumt, wenn es um die Besetzung eines Arbeitsplatzes geht, der von der Meldepflicht (und dem damit korrespondierenden Informationsanspruch der Agentur für Arbeit) erfasst wird (LAG Saarbrücken, Beschluss vom 13. Februar 2008 - 1 TaBV 15/07 - LAGE § 82 SGB IX Nr. 2; LAG Köln, Beschluss vom 8. Februar 2010 - 5 TaBV 73/09 - Behindertenrecht 2011, 114).

19

Der Meldepflicht nach § 82 Satz 1 SGB IX unterliegen nur Arbeitsplätze, die auch externen, d.h. nicht bereits bei dem öffentlichen Arbeitgeber beschäftigten Bewerbern offen stehen. Die Meldepflicht besteht nicht, wenn der öffentliche Arbeitgeber den Arbeitsplatz intern für seine Beschäftigten ausschreibt, weil er sich berechtigterweise gegen die Besetzung mit einem externen Bewerber entschieden hat. Diese Beschränkung ergibt sich aus dem gesetzessystematischen Zusammenhang von § 82 Satz 1 und § 81 SGB IX und dem Normzweck dieser Vorschriften:

20

Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind die Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Nach Satz 2 des § 81 Abs. 1 SGB IX nehmen sie frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf. Nach Satz 3 schlägt diese oder ein Integrationsfachdienst den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor.

21

Die Meldepflicht der öffentlichen Arbeitgeber soll den Agenturen für Arbeit die Möglichkeit eröffnen, arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldete schwerbehinderte Bewerber vorzuschlagen. Der Arbeitgeber hat diese Personen in die Bewerberauswahl einzubeziehen und nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch zu laden. Die Meldung eines zu besetzenden Arbeitsplatzes an die Agentur für Arbeit, deren Besetzungsvorschläge und die Einladung der schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch stehen in einem untrennbaren inhaltlichen Zusammenhang. Es handelt sich um aufeinander abgestimmte Maßnahmen, die im Zusammenwirken die generell schlechteren Chancen der als arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen auf einen neuen Arbeitsplatz verbessern sollen.

22

Aus dem Zweck dieser gesetzlichen Förderungsmaßnahmen folgt zugleich, dass sie nur bei der Besetzung eines Arbeitsplatzes eingreifen, für den auch externe Bewerber in Betracht kommen. Ist der Arbeitsplatz dagegen aus sachlich gerechtfertigten Gründen nur für Beschäftigte des öffentlichen Arbeitgebers vorgesehen, steht fest, dass arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldete schwerbehinderte Menschen nicht zum Zuge kommen. Der Zweck der Förderungsmaßnahmen kann nicht erreicht werden. Daher sind Vorschläge der Agenturen für Arbeit, den Arbeitsplatz mit einem arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen zu besetzen, bei internen Ausschreibungen ebenso sinnlos wie Vorstellungsgespräche mit diesen Personen.

23

Die Förderung der schwerbehinderten Beschäftigten des öffentlichen Arbeitgebers, die sich um den intern ausgeschriebenen Arbeitsplatz bewerben, wird vom Normzweck der § 81 Abs. 1, § 82 Satz 1 bis 3 SGB IX nicht erfasst. Sie sind nicht als arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldet. Darüber hinaus bedarf es hier keines Vorstellungsgesprächs nach § 82 Satz 2 SGB IX, um dem Arbeitgeber einen Eindruck von den bei ihm beschäftigten schwerbehinderten Bewerbern zu verschaffen. Es kann davon ausgegangen werden, dass deren Leistungsprofil den Personalverantwortlichen, die über die Stellenbesetzung zu entscheiden haben, bekannt ist (LAG Saarbrücken, Beschluss vom 13. Februar 2008 a.a.O.; LAG Köln, Beschluss vom 8. Februar 2010 a.a.O.).

24

Allerdings ist der öffentliche Arbeitgeber von den gesetzlichen Pflichten nach § 81 Abs. 1, § 82 SGB IX und damit von der Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX nur entbunden, wenn die Entscheidung, einen Arbeitsplatz mit einem seiner Beschäftigten zu besetzen, sachlich gerechtfertigt ist. Dies hängt davon ab, ob im Einzelfall aufgabenbezogene, personalwirtschaftliche oder haushaltsrechtliche Gründe vorliegen, die nach ihrem Gewicht geeignet sind, den Ausschluss externer Bewerber zu tragen. Ansonsten könnten die öffentlichen Arbeitgeber die gesetzlich vorgeschriebene Förderung der als arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen durch interne Ausschreibungen umgehen.

25

In den vorliegenden Fällen war der BND berechtigt, nur eigene Beschäftigte in die Bewerberauswahl einzubeziehen. Diese Entscheidung ist wegen der Bewertungen der Stellen und wegen des Aufgabenbereichs des BND als Auslandsgeheimdienst gerechtfertigt. Beide Stellen sind der Besoldungsgruppe A 12 und damit einem Spitzenamt der Laufbahn des gehobenen Dienstes zugeordnet. Sie setzen voraus, dass die Stelleninhaber mit den besonderen Anforderungen vertraut sind, die eine gehobene Tätigkeit bei einem Geheimdienst mit sich bringt.

26

2. Der Kläger musste auch deshalb nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, weil ihm die fachliche Eignung offensichtlich fehlte (§ 82 Satz 3 SGB IX). Maßstab für die fachliche Eignung eines Bewerbers ist der Aufgabenbereich des zu besetzenden Arbeitsplatzes (Dienstpostens). Die fachliche Eignung fehlt auch dann offensichtlich, wenn die Besetzung des Dienstpostens mit dem Bewerber unabhängig von seiner beruflichen Qualifikation aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist. Die Auswahl eines derartigen Bewerbers verstieße gegen Art. 33 Abs. 2 GG (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194 <195>). So liegt der Fall hier:

27

Die Besetzung der ausgeschriebenen Stellen mit Soldaten ist nicht zulässig, weil sie gegen die Rahmenvereinbarung zwischen dem Bundesminister der Verteidigung und dem Bundeskanzleramt in der Fassung vom 13. Januar 1998 (RV) verstößt. Diese Vereinbarung ist Rechtsgrundlage für den Einsatz von Soldaten im BND. Da ihr Inhalt zwischen dem Bundesministerium für Verteidigung und dem Bundeskanzleramt (als Aufsichtsbehörde des BND) vereinbart worden ist, können weder diese Behörden noch der Präsident des BND davon einseitig durch inhaltlich abweichende Verwaltungsvorschriften oder eine abweichende Verwaltungspraxis abrücken. Vielmehr sind die beteiligten Stellen berechtigt und verpflichtet, die Rahmenvereinbarung zu beachten und anzuwenden (Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 13 und 16).

28

Nach § 8 Abs. 1 RV werden für die Wahrnehmung der Aufgaben, die der Bundesnachrichtendienst im Zusammenhang mit der militärischen Auslandsaufklärung zu erfüllen hat, auch Soldaten verwendet. Diese Bestimmung hat die Funktion, die Verwendung von Soldaten im BND auf Tätigkeiten im Bereich der militärischen Auslandsaufklärung zu beschränken. Wie der Begriff "im Zusammenhang" belegt, ist allerdings nicht erforderlich, dass die verwendeten Soldaten selbst militärische Aufklärung betreiben. Es genügt, dass die Aufgaben des ihnen übertragenen Dienstpostens im BND einen deutlichen Bezug zur militärischen Auslandsaufklärung aufweisen. Der erforderliche Zusammenhang ist etwa gegeben, wenn zu den Aufgaben die Verantwortung für die Auswahl der im BND verwendeten Soldaten, deren Aus- und Fortbildung und das Vorschlagsrecht für die bei Auslandseinsätzen eingesetzten Soldaten gehören (Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 = Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6).

29

Danach setzt ein Zusammenhang im Sinne des § 8 Abs. 1 RV jedenfalls voraus, dass der Dienstposten nach seinem Aufgabenzuschnitt in die Wahrnehmung von Aufgaben der militärischen Auslandsaufklärung einbezogen ist. Dieser inhaltliche Bezug kann in der Mitarbeit beim Sammeln und Auswerten von Nachrichten bestehen. Er ist auch dann gegeben, wenn eine Verantwortung für die Personen, die im Bereich der militärischen Auslandsaufklärung tätig sind, oder für die dabei eingesetzten Sachmittel besteht. Der Inhaber des Dienstpostens muss auf Auswahl und Einsatz der Personen und Sachmittel Einfluss nehmen können, die in der militärischen Auslandsaufklärung zum Einsatz kommen. Untergeordnete Hilfs- oder Vorbereitungstätigkeiten genügen nicht.

30

Der Vortrag des BND im Klageverfahren lässt darauf schließen, dass die Dienstposten, um die sich der Kläger beworben hatte, den erforderlichen Zusammenhang im Sinne des § 8 Abs. 1 RV nicht aufweisen. Es handelt sich nicht um Stellen, die mit personeller oder sachlicher Verantwortung für die Mitarbeit bei der militärischen Auslandsaufklärung verbunden sind:

31

Dies gilt zum einen für den Dienstposten des Leiters der administrativen Unterstützung der Außenstelle. Nach dem Anforderungsprofil der Stellenausschreibung handelt es sich um einen Dienstposten im Bereich der allgemeinen Verwaltung, mit dem keine Verantwortung im Bereich der militärischen Auslandsaufklärung verbunden ist. Bei der Bereitstellung von Ressourcen für den Aufgabenbereich der Entzifferung, die nach dem Vortrag des BND dem Leiter der administrativen Unterstützung obliegt, handelt es ich um eine Hilfstätigkeit ohne Einfluss auf die Wahrnehmung der Aufklärungsaufgaben.

32

Der Zusammenhang mit der militärischen Auslandsaufklärung fehlt auch für den Dienstposten des Sachbearbeiters für die Analyse und Bewertung der Dienstposten verschiedener Abteilungen des BND. Hier geht es darum zu prüfen und zu bewerten, wie die Aufgaben der Dienstposten zugeschnitten werden, wie die Dienstposten organisatorisch eingebunden werden und wie die Aufgaben im Gefüge der Ämterordnung zu gewichten sind. Der Umstand, dass auch Aufgaben der militärischen Auslandsaufklärung zu bewerten sind, reicht nicht aus, um den erforderlichen inhaltlichen Bezug zu diesem Tätigkeitsbereich herzustellen.

33

Damit erweisen sich die internen Stellenausschreibungen als fehlerhaft, weil sie sich auch an Soldaten wenden. Der Tätigkeitsbereich der Soldaten im BND kann nicht durch Stellenausschreibungen über § 8 Abs. 1 RV hinaus erweitert werden.

(1) Der Ausländer ist verpflichtet, seine Belange und für ihn günstige Umstände, soweit sie nicht offenkundig oder bekannt sind, unter Angabe nachprüfbarer Umstände unverzüglich geltend zu machen und die erforderlichen Nachweise über seine persönlichen Verhältnisse, sonstige erforderliche Bescheinigungen und Erlaubnisse sowie sonstige erforderliche Nachweise, die er erbringen kann, unverzüglich beizubringen. Die Ausländerbehörde kann ihm dafür eine angemessene Frist setzen. Sie setzt ihm eine solche Frist, wenn sie die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wegen fehlender oder unvollständiger Angaben aussetzt, und benennt dabei die nachzuholenden Angaben. Nach Ablauf der Frist geltend gemachte Umstände und beigebrachte Nachweise können unberücksichtigt bleiben. Der Ausländer, der eine ICT-Karte nach § 19b beantragt hat, ist verpflichtet, der zuständigen Ausländerbehörde jede Änderung mitzuteilen, die während des Antragsverfahrens eintritt und die Auswirkungen auf die Voraussetzungen der Erteilung der ICT-Karte hat.

(2) Absatz 1 findet im Widerspruchsverfahren entsprechende Anwendung.

(3) Der Ausländer soll auf seine Pflichten nach Absatz 1 sowie seine wesentlichen Rechte und Pflichten nach diesem Gesetz, insbesondere die Verpflichtungen aus den §§ 44a, 48, 49 und 81 hingewiesen werden. Im Falle der Fristsetzung ist er auf die Folgen der Fristversäumung hinzuweisen.

(4) Soweit es zur Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen nach diesem Gesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen erforderlich ist, kann angeordnet werden, dass ein Ausländer bei der zuständigen Behörde sowie den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich erscheint sowie eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit durchgeführt wird. Kommt der Ausländer einer Anordnung nach Satz 1 nicht nach, kann sie zwangsweise durchgesetzt werden. § 40 Abs. 1 und 2, die §§ 41, 42 Abs. 1 Satz 1 und 3 des Bundespolizeigesetzes finden entsprechende Anwendung.

(5) Der Ausländer, für den nach diesem Gesetz, dem Asylgesetz oder den zur Durchführung dieser Gesetze erlassenen Bestimmungen ein Dokument ausgestellt werden soll, hat auf Verlangen

1.
ein aktuelles Lichtbild nach Maßgabe einer nach § 99 Abs. 1 Nr. 13 und 13a erlassenen Rechtsverordnung vorzulegen oder bei der Aufnahme eines solchen Lichtbildes mitzuwirken und
2.
bei der Abnahme seiner Fingerabdrücke nach Maßgabe einer nach § 99 Absatz 1 Nummer 13 und 13a erlassenen Rechtsverordnung mitzuwirken.
Das Lichtbild und die Fingerabdrücke dürfen in Dokumente nach Satz 1 eingebracht und von den zuständigen Behörden zur Sicherung und einer späteren Feststellung der Identität verarbeitet werden.

(6) Ausländer, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach Kapitel 2 Abschnitt 3 oder 4 sind, sind verpflichtet, der zuständigen Ausländerbehörde innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis mitzuteilen, dass die Ausbildung oder die Erwerbstätigkeit, für die der Aufenthaltstitel erteilt wurde, vorzeitig beendet wurde. Der Ausländer ist bei Erteilung des Aufenthaltstitels über seine Verpflichtung nach Satz 1 zu unterrichten.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen, eine marokkanische Staatsangehörige und ihre Tochter, erstreben die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.

2

Die nach eigenen Angaben 1968 in Casablanca geborene Klägerin zu 1 reiste im Mai 2000 in das Bundesgebiet ein; die Klägerin zu 2 wurde hier am 31. Mai 2000 geboren. Die Klägerinnen beantragten Asyl, weil sie Repressalien seitens ihrer Familie befürchteten. Die ledige Klägerin zu 1 gab an, wegen ihrer Schwangerschaft von ihrem Stiefvater und ihren Brüdern geschlagen worden zu sein. Von den marokkanischen Behörden habe sie keine Hilfe erhalten. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 25. August 2000 ab. Im Anschluss an das erfolglose Klageverfahren wurde der weitere Aufenthalt der Klägerinnen geduldet.

3

Den am 3. März 2004 gestellten Asylfolgeantrag lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 15. März 2004 ab. Die auf Feststellung von Abschiebungshindernissen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 18. November 2005 ab; der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg. Auch ein weiterer Asylfolgeantrag vom März 2006 blieb erfolglos.

4

Noch während des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hatte der Beklagte die Klägerin zu 1 erstmals aufgefordert, ein Formular zur Beantragung von Passersatzpapieren auszufüllen. Das lehnte die Klägerin sowohl zu diesem Zeitpunkt als auch später ab.

5

Am 5. Februar 2007 beantragten die Klägerinnen beim Beklagten die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Bleiberechtsregelung des IMK-Beschlusses vom 17. November 2006. Der Beklagte lehnte die Anträge mit Bescheid vom 15. August 2007 ab, da die Klägerinnen Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert und behindert hätten. Die Klägerin zu 1 habe das ihr mehrfach vorgelegte Antragsformular auf Erteilung eines marokkanischen Passersatzpapiers nicht ausgefüllt. Trotz entsprechender Aufforderung habe sie auch keine Identitätsnachweise aus Marokko vorgelegt. Den Widerspruch wies die Bezirksregierung mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2007 zurück.

6

Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteil vom 28. Oktober 2008 ab. Die Berufungen der Klägerinnen hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. August 2009 zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

7

Die Klägerinnen hätten keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 104a Abs. 1 AufenthG, denn sie hätten den Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwirklicht. Der Wortlaut dieser Vorschrift erfasse auch ein Verhalten, das sich in der Verletzung von Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung erschöpfe. Außer Betracht blieben nur gering gewichtige Pflichtverletzungen, wenn z.B. der Ausländer seinen Verpflichtungen später nachgekommen sei oder die Ausländerbehörde es versäumt habe, diese zu konkretisieren. Daran gemessen hätten die Klägerinnen ihre Mitwirkungspflichten nachhaltig und andauernd verletzt; das Verhalten der Klägerin zu 1 sei ihrer minderjährigen und von ihr vertretenen Tochter zuzurechnen. Die dagegen gerichteten Einwände der Klägerinnen griffen nicht durch. Die Klägerin zu 1 brauche keinen Pass ausgestellt zu bekommen, sondern könne zur Beschaffung von Identitätsnachweisen wie z.B. einer Abschrift ihrer Geburtsurkunde etc. einen Rechtsanwalt einschalten. Sie habe aber keinerlei Bemühungen in dieser Richtung entfaltet. Unerheblich sei, ob dem Beklagten alle für die Passbeantragung notwendigen Angaben bekannt seien. Jedenfalls fehle weiterhin die Unterschrift der Klägerin auf dem Antragsformular. Aufgrund der von ihr angeführten Bemühungen des Caritasverbands hätte nicht ernsthaft mit der Ausstellung von Personalpapieren gerechnet werden können, denn in dem Schreiben vom 29. Mai 2007 seien nicht einmal die Namen der Klägerinnen genannt worden. Die Motive der Klägerinnen minderten das Gewicht ihres Verhaltens nicht, denn ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer dürfe seine Mitwirkung nicht unter Berufung auf zielstaatsbezogene Umstände verweigern, hinsichtlich derer das Bundesamt das Vorliegen eines Abschiebungsverbots verneint habe. Für die notwendige Kausalität reiche es aus, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass trotz ordnungsgemäßer Mitwirkung eine Aufenthaltsbeendigung unmöglich gewesen wäre. Nicht erforderlich seien Konsequenzen für bereits eingeleitete aufenthaltsbeendende Maßnahmen. Der Ausschlussgrund greife trotz der geäußerten Bedenken an der marokkanischen Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2. Es sei davon auszugehen, dass sie diese bereits mit Geburt gemäß Art. 6 des marokkanischen Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1958 erworben habe. Andernfalls wäre sie inzwischen, seit Inkrafttreten der Neufassung des Gesetzes aus dem Jahre 2007, marokkanische Staatsangehörige.

8

Wegen ihrer beharrlichen Weigerung, an der Passbeschaffung mitzuwirken, hätten die Klägerinnen auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. der Bleiberechtsanordnung. Insofern könne dahinstehen, ob die Bleiberechtsanordnung aus dem Jahr 2006 noch anwendbar sei. Schließlich stehe den Klägerinnen auch kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu. Zwar könnten sie gegenwärtig ohne Pass oder Passersatzpapier nicht freiwillig nach Marokko ausreisen. Bei ernsthafter Mitwirkung der Klägerin zu 1 sei jedoch mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit zu rechnen, sodass sie nicht unverschuldet an ihrer freiwilligen Ausreise gehindert seien. Der Klägerin zu 2 sei auch kein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK zu erteilen. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise und Abschiebung im Hinblick auf den Schutz ihre Privatlebens könne jedenfalls für ausländische Kinder, die in Haushaltsgemeinschaft mit ihren in Deutschland geduldeten Eltern lebten, nicht allein aus ihrem langjährigen Aufenthalt in Deutschland und ihrer Integration in die hiesigen Verhältnisse abgeleitet werden.

9

Hiergegen richten sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revisionen der Klägerinnen.

Entscheidungsgründe

10

Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Ladung darauf hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).

11

Die zulässigen Revisionen der Klägerinnen sind unbegründet. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerinnen auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen in Übereinstimmung mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) abgelehnt. Ihrem Begehren steht mit Blick auf die Anspruchsgrundlagen sowohl des § 104a AufenthG (1.) als auch des § 25 Abs. 5 AufenthG (2.) entgegen, dass die Klägerin zu 1 die gebotene und zumutbare Mitwirkung an der Beschaffung von Passersatzpapieren verweigert hat.

12

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104a Abs. 1 AufenthG haben, da sie den in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 der Vorschrift enthaltenen Versagungstatbestand erfüllen. Danach ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der gesetzlichen Altfallregelung nur möglich, wenn der Ausländer behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat.

13

a) § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt voraus, dass die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtmäßig ist. Das ist hier der Fall. Sämtliche Asylanträge der Klägerinnen hatten keinen Erfolg. Hat das Bundesamt festgestellt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 60 AufenthG nicht bestehen, ist sowohl die Ausländerbehörde im Aufenthaltserlaubnisverfahren wie auch das Gericht in einem sich daran anschließenden Prozess an diese Entscheidung gebunden (§ 42 Satz 1 AsylVfG; vgl. dazu Urteil vom 27. Juni 2006 - BVerwG 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192 Rn. 12 und 17). Die Verwaltungsgerichte haben gegenüber den Klägerinnen mehrfach rechtskräftig festgestellt, dass ihrer Abschiebung nach Marokko keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote entgegenstehen. Daher kann ihr Vorbringen, die Gefahr einer geschlechtsspezifischen Verfolgung sei bislang nicht geprüft worden, ihrem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen.

14

Das Berufungsgericht hat auch zu Recht entschieden, dass keine inlandsbezogenen Abschiebungsverbote vorliegen. Entgegen dem Vorbringen der Revision lässt sich im vorliegenden Fall aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK kein Abschiebungsverbot zugunsten der Klägerin zu 2 ableiten. Das von diesen Bestimmungen u.a. geschützte Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst, auch soweit es keinen familiären Bezug hat, die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen - angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen - bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (Urteil vom 27. Januar 2009 - BVerwG 1 C 40.07 - BVerwGE 133, 72 Rn. 21; BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Mai 2007 - 2 BvR 304/07 - NVwZ 2007, 946 <947>; EGMR, Urteil vom 23. Juni 2008 - 1638/03 - Maslov - InfAuslR 2008, 333). Ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründet, kommt grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht (Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn. 20; offengelassen in: EGMR, Urteile vom 16. September 2004 - 11103/03 - Ghiban - NVwZ 2005, 1046 und vom 8. April 2008 - 21878/06 - Nnyanzi - ZAR 2010, 189 <190 f.>). Da der Klägerin zu 2 - wie ihrer Mutter - ausschließlich asylverfahrensrechtliche Aufenthaltsgestattungen und Duldungen erteilt worden sind, wurde ihr zu keiner Zeit ein Aufenthaltsrecht eingeräumt, das ein berechtigtes Vertrauen auf Fortbestand hätte begründen können. Der Beklagte hat den Klägerinnen nie eine Verfestigung ihres Aufenthalts in Aussicht gestellt; vielmehr hat er seit Abschluss des ersten Asylverfahrens konsequent auf die Beendigung ihres Aufenthalts hingewirkt.

15

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin zu 2 unterstellt, dass die Beendigung des Aufenthalts in ihre Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen würde, wäre der Eingriff gerechtfertigt (Art. 8 Abs. 2 EMRK). Die Aufenthaltsbeendigung der Klägerin zu 2 steht in Einklang mit geltendem Recht und dient einem legitimen Ziel, nämlich der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Sie erweist sich mit Blick darauf als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" und verhältnismäßig. Zwar ist die im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts neun Jahre alte Klägerin zu 2 in Deutschland geboren und hier aufgewachsen. Aber auch wenn die Jahre der Kindheit die Persönlichkeit in besonderer Weise prägen, kann in diesem Alter angesichts des fortschreitenden Sozialisationsprozesses noch nicht von einer irreversiblen Verwurzelung in die deutschen Lebensverhältnisse ausgegangen werden. Insoweit räumt die Revision selbst ein, dass die Klägerin zu 2 rudimentär arabisch spricht; zudem lässt sich in ihrem Alter Sprachkompetenz gut erwerben. Im Rahmen der Abwägung ist außerdem zu berücksichtigen, dass bei Minderjährigen das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern im Vordergrund steht. Die von Art. 6 Abs. 2 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Beziehung zwischen Eltern und Kindern führt dazu, dass Kinder in der familiären Gemeinschaft grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Erziehungsberechtigten teilen. In aller Regel - und so auch hier - erscheint es selbst einem in Deutschland geborenen ausländischen Kind zumutbar, nach mehrjährigem asylverfahrensbedingtem Aufenthalt das Land zusammen mit seinen Eltern bzw. einem Elternteil wieder zu verlassen und sich in dem Land seiner Staatsangehörigkeit zu integrieren. Dabei kann im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung auf der mangelnden Mitwirkung der Klägerin zu 1 bei der Passbeschaffung beruht; dieses Verhalten ihrer Mutter als ihrer gesetzlichen Vertreterin muss sich die Klägerin zu 2 zurechnen lassen.

16

b) Der objektive Tatbestand des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG knüpft an aufenthaltsbeendende Maßnahmen an. Entgegen der Auffassung der Revision setzt die Vorschrift nicht voraus, dass eine behördliche Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung bereits konkret eingeleitet worden war (so aber Fränkel, in: HK-AuslR, § 104a AufenthG Rn. 13). Andernfalls würde dieser Ausschlussgrund in besonders qualifizierten Fällen, wenn der ausreisepflichtige Ausländer z.B. noch vor der Möglichkeit einer Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen untergetaucht ist, nicht greifen. Diese Auffassung verfehlt den Zweck der Vorschrift, aufenthaltsrechtliche Pflichtverletzungen des Ausländers nicht durch die Gewährung eines Bleiberechts zu honorieren.

17

c) Hinauszögern oder Behindern behördlicher Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt kein aktives Tun des Ausländers voraus. Vielmehr greift der Ausschlusstatbestand grundsätzlich auch dann, wenn die Erfüllung von Mitwirkungspflichten verweigert wird und die mangelnde Mitwirkung ein gewisses Gewicht erreicht, sodass es gerechtfertigt erscheint, sie aktivem Handeln gleichzustellen und ein Bleiberecht zu versagen. Allerdings muss die Ausländerbehörde gesetzliche Mitwirkungspflichten z.B. zur Beschaffung von Identitätspapieren (§ 48 Abs. 3 AufenthG) konkret gegenüber dem Betroffenen aktualisiert haben, um aus der mangelnden Mitwirkung negative aufenthaltsrechtliche Folgen ziehen zu können. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung (BA S. 16 f.) festgestellt, dass die Klägerin zu 1 seitens des Beklagten aufgefordert worden ist, Pass- bzw. Passersatzpapieranträge zu unterschreiben und ihre Mitwirkung andauernd verletzt hat. An diese tatsächliche Feststellung ist das Revisionsgericht gebunden, da die Revision keine Verfahrensrügen erhoben hat (§ 137 Abs. 2 VwGO). Mit ihrem Vorbringen, der Beklagte habe nicht vorgetragen, wann konkret er die Klägerin zur Unterschrift aufgefordert habe, vermag die Revision die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts nicht erfolgreich infrage zu stellen.

18

Die konkret eingeforderte Mitwirkungshandlung muss rechtmäßig, insbesondere dem Betroffenen zumutbar gewesen sein (Urteil vom 10. November 2009 - BVerwG 1 C 19.08 - BVerwGE 135, 219 Rn. 20). Der Umstand, dass die Klägerinnen sich auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote berufen, stellt die Zumutbarkeit der geforderten Mitwirkungshandlungen nicht infrage. Denn insoweit sind die Ausländerbehörde und die Verwaltungsgerichte gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die Feststellungsbescheide des Bundesamtes gebunden.

19

d) Die Revision wendet ein, dass auch dann, wenn die Klägerin zu 1 das Antragsformular unterschrieben hätte, zumindest für die Klägerin zu 2 keine Papiere ausgestellt worden wären. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts erweise sich als nicht verifizierbare Annahme. Mit diesem Vorbringen stellt die Revision infrage, dass die Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung auf dem Verhalten der Klägerin zu 1 beruht; sie verfehlt jedoch den Maßstab, nach dem sich die Kausalität beurteilt.

20

Im Ansatz trifft es zu, dass die Tatbestandsmerkmale "hinauszögern" und "behindern" eine Kausalbeziehung zwischen dem Verhalten des Ausländers und dem Misserfolg der behördlichen Aufenthaltsbeendigung voraussetzen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Aufenthaltsbeendigung möglich ist, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für das Gegenteil vorliegen (BA S. 8). Das entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats, derzufolge dem Ausländer keine Handlungen abverlangt werden dürfen, die von vornherein ohne Einfluss auf die Möglichkeit der Ausreise oder erkennbar aussichtslos sind (Beschlüsse vom 3. Juni 2006 - BVerwG 1 B 132.05 - und vom 10. März 2009 - BVerwG 1 B 4.09 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 3 und 11 zu § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Unterhalb dieser Schwelle besteht hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einer Verletzung von Mitwirkungspflichten und der Erfolglosigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen, der immer nur hypothetisch beurteilt werden kann, eine tatsächliche widerlegbare Vermutung zulasten des Ausländers (vgl. auch Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 20).

21

Legt man diesen Maßstab zugrunde, ist das Berufungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung in nachvollziehbarer Weise zu der Feststellung gelangt, dass die Klägerinnen die tatsächliche Kausalitätsvermutung nicht widerlegt haben. Ihre Einwände, die sie gegen die ausführliche Würdigung des Berufungsgerichts zum Erwerb der marokkanische Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2 (BA S. 19 ff.) erheben, greifen nicht durch. Zum einen wiederholt die Revision nur ihr Berufungsvorbringen, ohne sich mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinander zu setzen. Zum anderen übersieht sie, dass die Anwendung ausländischen Rechts zur Tatsachenfeststellung zählt (§ 173 VwGO i.V.m. § 293 ZPO), an die das Revisionsgericht gebunden ist, wenn keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben werden (§ 137 Abs. 2 VwGO).

22

e) § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt subjektiv ein vorsätzliches Verhalten des Ausländers voraus. Eine wissentliche und willentliche Behinderung oder Verzögerung aufenthaltsbeendender Maßnahmen liegt jedenfalls dann vor, wenn der Betroffene von der Ausländerbehörde ausdrücklich zur (zumutbaren und erheblichen) Mitwirkung angehalten wird und sich der Mitwirkung verweigert (Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 21). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht - wie bereits ausgeführt - festgestellt, dass der Beklagte die Klägerin zu 1 aufgefordert hat, das Antragsformular zur Ausstellung von Passersatzpapieren zu unterschreiben. Dem hat sich die Klägerin zu 1 verweigert. Ihre Motive sind, da sie sich auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote beruft, aufenthaltsrechtlich unbeachtlich, da (mehrfach) rechtskräftig festgestellt worden ist, dass keines der in § 60 AufenthG geregelten Abschiebungsverbote greift. Im Übrigen schließt die gesetzliche Ausreisepflicht die Obliegenheit für den Ausländer ein, sich auf seine Ausreise einzustellen, zur Ausreise bereit zu sein und einen dahingehenden Willen zu bilden. In diesem Rahmen ist ein ausreisepflichtiger Ausländer gehalten, zur Ausreise nicht nur willens und bereit zu sein, sondern auch an darauf zielenden Maßnahmen mitzuwirken (vgl. Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 14). Mit ihrem Verhalten, das sich die Klägerin zu 2 als gesetzlich Vertretene zurechnen lassen muss, hat die Klägerin zu 1 die Ausstellung von Passersatzpapieren vorsätzlich vereitelt.

23

f) Da bereits § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegensteht, bedarf es im vorliegenden Fall keiner weiteren Erörterung, wie sich die Regelung des § 104a Abs. 5 Satz 1 AufenthG auf den Prüfungsmaßstab für das streitgegenständliche Begehren auswirkt. Danach darf eine Aufenthaltserlaubnis nach der gesetzlichen Altfallregelung nur mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt werden. Diese Vorschrift schließt die (erstmalige) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 104a AufenthG für einen nach dem 31. Dezember 2009 liegenden Zeitraum aus. Die Konsequenzen aus der zeitlichen Beschränkung der erstrebten Rechtsfolge, die während des Revisionsverfahrens aktuell geworden ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen (vgl. aber Urteil vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 1 C 19.09 -).

24

2. Ein Anspruch der Klägerinnen nach § 25 Abs. 5 AufenthG scheidet aus, da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen der Bestimmung nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Gemäß Satz 3 der Vorschrift darf eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt nach Satz 4 insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

25

Die Klägerinnen sind vollziehbar ausreisepflichtig (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise kann sich auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, weil dann eine freiwillige Rückkehr grundsätzlich unzumutbar ist. Aber auch bei der Entscheidung über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist die Ausländerbehörde bei ehemaligen Asylbewerbern gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die (positive oder negative) Feststellung des Bundesamtes gebunden (Urteil vom 27. Juni 2006 a.a.O. Rn. 17). Demzufolge kann die Berufung auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote auch insoweit der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Jedoch ist davon auszugehen, dass die Klägerinnen tatsächlich nicht über gültige Reisedokumente verfügen (§ 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG). Damit erscheint ihre Ausreise derzeit und auf absehbare Zeit unmöglich.

26

Die Klägerinnen sind allerdings nicht unverschuldet an ihrer Ausreise gehindert. Ein Verschulden im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, da die Klägerinnen zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses vorsätzlich nicht erfüllt haben (§ 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG). Insoweit kann auf die Ausführungen zu § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwiesen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen, eine marokkanische Staatsangehörige und ihre Tochter, erstreben die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.

2

Die nach eigenen Angaben 1968 in Casablanca geborene Klägerin zu 1 reiste im Mai 2000 in das Bundesgebiet ein; die Klägerin zu 2 wurde hier am 31. Mai 2000 geboren. Die Klägerinnen beantragten Asyl, weil sie Repressalien seitens ihrer Familie befürchteten. Die ledige Klägerin zu 1 gab an, wegen ihrer Schwangerschaft von ihrem Stiefvater und ihren Brüdern geschlagen worden zu sein. Von den marokkanischen Behörden habe sie keine Hilfe erhalten. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 25. August 2000 ab. Im Anschluss an das erfolglose Klageverfahren wurde der weitere Aufenthalt der Klägerinnen geduldet.

3

Den am 3. März 2004 gestellten Asylfolgeantrag lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 15. März 2004 ab. Die auf Feststellung von Abschiebungshindernissen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 18. November 2005 ab; der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg. Auch ein weiterer Asylfolgeantrag vom März 2006 blieb erfolglos.

4

Noch während des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hatte der Beklagte die Klägerin zu 1 erstmals aufgefordert, ein Formular zur Beantragung von Passersatzpapieren auszufüllen. Das lehnte die Klägerin sowohl zu diesem Zeitpunkt als auch später ab.

5

Am 5. Februar 2007 beantragten die Klägerinnen beim Beklagten die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Bleiberechtsregelung des IMK-Beschlusses vom 17. November 2006. Der Beklagte lehnte die Anträge mit Bescheid vom 15. August 2007 ab, da die Klägerinnen Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert und behindert hätten. Die Klägerin zu 1 habe das ihr mehrfach vorgelegte Antragsformular auf Erteilung eines marokkanischen Passersatzpapiers nicht ausgefüllt. Trotz entsprechender Aufforderung habe sie auch keine Identitätsnachweise aus Marokko vorgelegt. Den Widerspruch wies die Bezirksregierung mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2007 zurück.

6

Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteil vom 28. Oktober 2008 ab. Die Berufungen der Klägerinnen hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. August 2009 zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

7

Die Klägerinnen hätten keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 104a Abs. 1 AufenthG, denn sie hätten den Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwirklicht. Der Wortlaut dieser Vorschrift erfasse auch ein Verhalten, das sich in der Verletzung von Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung erschöpfe. Außer Betracht blieben nur gering gewichtige Pflichtverletzungen, wenn z.B. der Ausländer seinen Verpflichtungen später nachgekommen sei oder die Ausländerbehörde es versäumt habe, diese zu konkretisieren. Daran gemessen hätten die Klägerinnen ihre Mitwirkungspflichten nachhaltig und andauernd verletzt; das Verhalten der Klägerin zu 1 sei ihrer minderjährigen und von ihr vertretenen Tochter zuzurechnen. Die dagegen gerichteten Einwände der Klägerinnen griffen nicht durch. Die Klägerin zu 1 brauche keinen Pass ausgestellt zu bekommen, sondern könne zur Beschaffung von Identitätsnachweisen wie z.B. einer Abschrift ihrer Geburtsurkunde etc. einen Rechtsanwalt einschalten. Sie habe aber keinerlei Bemühungen in dieser Richtung entfaltet. Unerheblich sei, ob dem Beklagten alle für die Passbeantragung notwendigen Angaben bekannt seien. Jedenfalls fehle weiterhin die Unterschrift der Klägerin auf dem Antragsformular. Aufgrund der von ihr angeführten Bemühungen des Caritasverbands hätte nicht ernsthaft mit der Ausstellung von Personalpapieren gerechnet werden können, denn in dem Schreiben vom 29. Mai 2007 seien nicht einmal die Namen der Klägerinnen genannt worden. Die Motive der Klägerinnen minderten das Gewicht ihres Verhaltens nicht, denn ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer dürfe seine Mitwirkung nicht unter Berufung auf zielstaatsbezogene Umstände verweigern, hinsichtlich derer das Bundesamt das Vorliegen eines Abschiebungsverbots verneint habe. Für die notwendige Kausalität reiche es aus, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass trotz ordnungsgemäßer Mitwirkung eine Aufenthaltsbeendigung unmöglich gewesen wäre. Nicht erforderlich seien Konsequenzen für bereits eingeleitete aufenthaltsbeendende Maßnahmen. Der Ausschlussgrund greife trotz der geäußerten Bedenken an der marokkanischen Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2. Es sei davon auszugehen, dass sie diese bereits mit Geburt gemäß Art. 6 des marokkanischen Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1958 erworben habe. Andernfalls wäre sie inzwischen, seit Inkrafttreten der Neufassung des Gesetzes aus dem Jahre 2007, marokkanische Staatsangehörige.

8

Wegen ihrer beharrlichen Weigerung, an der Passbeschaffung mitzuwirken, hätten die Klägerinnen auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. der Bleiberechtsanordnung. Insofern könne dahinstehen, ob die Bleiberechtsanordnung aus dem Jahr 2006 noch anwendbar sei. Schließlich stehe den Klägerinnen auch kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu. Zwar könnten sie gegenwärtig ohne Pass oder Passersatzpapier nicht freiwillig nach Marokko ausreisen. Bei ernsthafter Mitwirkung der Klägerin zu 1 sei jedoch mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit zu rechnen, sodass sie nicht unverschuldet an ihrer freiwilligen Ausreise gehindert seien. Der Klägerin zu 2 sei auch kein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK zu erteilen. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise und Abschiebung im Hinblick auf den Schutz ihre Privatlebens könne jedenfalls für ausländische Kinder, die in Haushaltsgemeinschaft mit ihren in Deutschland geduldeten Eltern lebten, nicht allein aus ihrem langjährigen Aufenthalt in Deutschland und ihrer Integration in die hiesigen Verhältnisse abgeleitet werden.

9

Hiergegen richten sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revisionen der Klägerinnen.

Entscheidungsgründe

10

Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Ladung darauf hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).

11

Die zulässigen Revisionen der Klägerinnen sind unbegründet. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerinnen auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen in Übereinstimmung mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) abgelehnt. Ihrem Begehren steht mit Blick auf die Anspruchsgrundlagen sowohl des § 104a AufenthG (1.) als auch des § 25 Abs. 5 AufenthG (2.) entgegen, dass die Klägerin zu 1 die gebotene und zumutbare Mitwirkung an der Beschaffung von Passersatzpapieren verweigert hat.

12

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104a Abs. 1 AufenthG haben, da sie den in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 der Vorschrift enthaltenen Versagungstatbestand erfüllen. Danach ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der gesetzlichen Altfallregelung nur möglich, wenn der Ausländer behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat.

13

a) § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt voraus, dass die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtmäßig ist. Das ist hier der Fall. Sämtliche Asylanträge der Klägerinnen hatten keinen Erfolg. Hat das Bundesamt festgestellt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 60 AufenthG nicht bestehen, ist sowohl die Ausländerbehörde im Aufenthaltserlaubnisverfahren wie auch das Gericht in einem sich daran anschließenden Prozess an diese Entscheidung gebunden (§ 42 Satz 1 AsylVfG; vgl. dazu Urteil vom 27. Juni 2006 - BVerwG 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192 Rn. 12 und 17). Die Verwaltungsgerichte haben gegenüber den Klägerinnen mehrfach rechtskräftig festgestellt, dass ihrer Abschiebung nach Marokko keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote entgegenstehen. Daher kann ihr Vorbringen, die Gefahr einer geschlechtsspezifischen Verfolgung sei bislang nicht geprüft worden, ihrem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen.

14

Das Berufungsgericht hat auch zu Recht entschieden, dass keine inlandsbezogenen Abschiebungsverbote vorliegen. Entgegen dem Vorbringen der Revision lässt sich im vorliegenden Fall aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK kein Abschiebungsverbot zugunsten der Klägerin zu 2 ableiten. Das von diesen Bestimmungen u.a. geschützte Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst, auch soweit es keinen familiären Bezug hat, die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen - angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen - bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (Urteil vom 27. Januar 2009 - BVerwG 1 C 40.07 - BVerwGE 133, 72 Rn. 21; BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Mai 2007 - 2 BvR 304/07 - NVwZ 2007, 946 <947>; EGMR, Urteil vom 23. Juni 2008 - 1638/03 - Maslov - InfAuslR 2008, 333). Ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründet, kommt grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht (Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn. 20; offengelassen in: EGMR, Urteile vom 16. September 2004 - 11103/03 - Ghiban - NVwZ 2005, 1046 und vom 8. April 2008 - 21878/06 - Nnyanzi - ZAR 2010, 189 <190 f.>). Da der Klägerin zu 2 - wie ihrer Mutter - ausschließlich asylverfahrensrechtliche Aufenthaltsgestattungen und Duldungen erteilt worden sind, wurde ihr zu keiner Zeit ein Aufenthaltsrecht eingeräumt, das ein berechtigtes Vertrauen auf Fortbestand hätte begründen können. Der Beklagte hat den Klägerinnen nie eine Verfestigung ihres Aufenthalts in Aussicht gestellt; vielmehr hat er seit Abschluss des ersten Asylverfahrens konsequent auf die Beendigung ihres Aufenthalts hingewirkt.

15

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin zu 2 unterstellt, dass die Beendigung des Aufenthalts in ihre Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen würde, wäre der Eingriff gerechtfertigt (Art. 8 Abs. 2 EMRK). Die Aufenthaltsbeendigung der Klägerin zu 2 steht in Einklang mit geltendem Recht und dient einem legitimen Ziel, nämlich der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Sie erweist sich mit Blick darauf als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" und verhältnismäßig. Zwar ist die im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts neun Jahre alte Klägerin zu 2 in Deutschland geboren und hier aufgewachsen. Aber auch wenn die Jahre der Kindheit die Persönlichkeit in besonderer Weise prägen, kann in diesem Alter angesichts des fortschreitenden Sozialisationsprozesses noch nicht von einer irreversiblen Verwurzelung in die deutschen Lebensverhältnisse ausgegangen werden. Insoweit räumt die Revision selbst ein, dass die Klägerin zu 2 rudimentär arabisch spricht; zudem lässt sich in ihrem Alter Sprachkompetenz gut erwerben. Im Rahmen der Abwägung ist außerdem zu berücksichtigen, dass bei Minderjährigen das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern im Vordergrund steht. Die von Art. 6 Abs. 2 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Beziehung zwischen Eltern und Kindern führt dazu, dass Kinder in der familiären Gemeinschaft grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Erziehungsberechtigten teilen. In aller Regel - und so auch hier - erscheint es selbst einem in Deutschland geborenen ausländischen Kind zumutbar, nach mehrjährigem asylverfahrensbedingtem Aufenthalt das Land zusammen mit seinen Eltern bzw. einem Elternteil wieder zu verlassen und sich in dem Land seiner Staatsangehörigkeit zu integrieren. Dabei kann im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung auf der mangelnden Mitwirkung der Klägerin zu 1 bei der Passbeschaffung beruht; dieses Verhalten ihrer Mutter als ihrer gesetzlichen Vertreterin muss sich die Klägerin zu 2 zurechnen lassen.

16

b) Der objektive Tatbestand des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG knüpft an aufenthaltsbeendende Maßnahmen an. Entgegen der Auffassung der Revision setzt die Vorschrift nicht voraus, dass eine behördliche Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung bereits konkret eingeleitet worden war (so aber Fränkel, in: HK-AuslR, § 104a AufenthG Rn. 13). Andernfalls würde dieser Ausschlussgrund in besonders qualifizierten Fällen, wenn der ausreisepflichtige Ausländer z.B. noch vor der Möglichkeit einer Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen untergetaucht ist, nicht greifen. Diese Auffassung verfehlt den Zweck der Vorschrift, aufenthaltsrechtliche Pflichtverletzungen des Ausländers nicht durch die Gewährung eines Bleiberechts zu honorieren.

17

c) Hinauszögern oder Behindern behördlicher Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt kein aktives Tun des Ausländers voraus. Vielmehr greift der Ausschlusstatbestand grundsätzlich auch dann, wenn die Erfüllung von Mitwirkungspflichten verweigert wird und die mangelnde Mitwirkung ein gewisses Gewicht erreicht, sodass es gerechtfertigt erscheint, sie aktivem Handeln gleichzustellen und ein Bleiberecht zu versagen. Allerdings muss die Ausländerbehörde gesetzliche Mitwirkungspflichten z.B. zur Beschaffung von Identitätspapieren (§ 48 Abs. 3 AufenthG) konkret gegenüber dem Betroffenen aktualisiert haben, um aus der mangelnden Mitwirkung negative aufenthaltsrechtliche Folgen ziehen zu können. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung (BA S. 16 f.) festgestellt, dass die Klägerin zu 1 seitens des Beklagten aufgefordert worden ist, Pass- bzw. Passersatzpapieranträge zu unterschreiben und ihre Mitwirkung andauernd verletzt hat. An diese tatsächliche Feststellung ist das Revisionsgericht gebunden, da die Revision keine Verfahrensrügen erhoben hat (§ 137 Abs. 2 VwGO). Mit ihrem Vorbringen, der Beklagte habe nicht vorgetragen, wann konkret er die Klägerin zur Unterschrift aufgefordert habe, vermag die Revision die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts nicht erfolgreich infrage zu stellen.

18

Die konkret eingeforderte Mitwirkungshandlung muss rechtmäßig, insbesondere dem Betroffenen zumutbar gewesen sein (Urteil vom 10. November 2009 - BVerwG 1 C 19.08 - BVerwGE 135, 219 Rn. 20). Der Umstand, dass die Klägerinnen sich auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote berufen, stellt die Zumutbarkeit der geforderten Mitwirkungshandlungen nicht infrage. Denn insoweit sind die Ausländerbehörde und die Verwaltungsgerichte gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die Feststellungsbescheide des Bundesamtes gebunden.

19

d) Die Revision wendet ein, dass auch dann, wenn die Klägerin zu 1 das Antragsformular unterschrieben hätte, zumindest für die Klägerin zu 2 keine Papiere ausgestellt worden wären. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts erweise sich als nicht verifizierbare Annahme. Mit diesem Vorbringen stellt die Revision infrage, dass die Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung auf dem Verhalten der Klägerin zu 1 beruht; sie verfehlt jedoch den Maßstab, nach dem sich die Kausalität beurteilt.

20

Im Ansatz trifft es zu, dass die Tatbestandsmerkmale "hinauszögern" und "behindern" eine Kausalbeziehung zwischen dem Verhalten des Ausländers und dem Misserfolg der behördlichen Aufenthaltsbeendigung voraussetzen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Aufenthaltsbeendigung möglich ist, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für das Gegenteil vorliegen (BA S. 8). Das entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats, derzufolge dem Ausländer keine Handlungen abverlangt werden dürfen, die von vornherein ohne Einfluss auf die Möglichkeit der Ausreise oder erkennbar aussichtslos sind (Beschlüsse vom 3. Juni 2006 - BVerwG 1 B 132.05 - und vom 10. März 2009 - BVerwG 1 B 4.09 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 3 und 11 zu § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Unterhalb dieser Schwelle besteht hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einer Verletzung von Mitwirkungspflichten und der Erfolglosigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen, der immer nur hypothetisch beurteilt werden kann, eine tatsächliche widerlegbare Vermutung zulasten des Ausländers (vgl. auch Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 20).

21

Legt man diesen Maßstab zugrunde, ist das Berufungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung in nachvollziehbarer Weise zu der Feststellung gelangt, dass die Klägerinnen die tatsächliche Kausalitätsvermutung nicht widerlegt haben. Ihre Einwände, die sie gegen die ausführliche Würdigung des Berufungsgerichts zum Erwerb der marokkanische Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2 (BA S. 19 ff.) erheben, greifen nicht durch. Zum einen wiederholt die Revision nur ihr Berufungsvorbringen, ohne sich mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinander zu setzen. Zum anderen übersieht sie, dass die Anwendung ausländischen Rechts zur Tatsachenfeststellung zählt (§ 173 VwGO i.V.m. § 293 ZPO), an die das Revisionsgericht gebunden ist, wenn keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben werden (§ 137 Abs. 2 VwGO).

22

e) § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt subjektiv ein vorsätzliches Verhalten des Ausländers voraus. Eine wissentliche und willentliche Behinderung oder Verzögerung aufenthaltsbeendender Maßnahmen liegt jedenfalls dann vor, wenn der Betroffene von der Ausländerbehörde ausdrücklich zur (zumutbaren und erheblichen) Mitwirkung angehalten wird und sich der Mitwirkung verweigert (Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 21). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht - wie bereits ausgeführt - festgestellt, dass der Beklagte die Klägerin zu 1 aufgefordert hat, das Antragsformular zur Ausstellung von Passersatzpapieren zu unterschreiben. Dem hat sich die Klägerin zu 1 verweigert. Ihre Motive sind, da sie sich auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote beruft, aufenthaltsrechtlich unbeachtlich, da (mehrfach) rechtskräftig festgestellt worden ist, dass keines der in § 60 AufenthG geregelten Abschiebungsverbote greift. Im Übrigen schließt die gesetzliche Ausreisepflicht die Obliegenheit für den Ausländer ein, sich auf seine Ausreise einzustellen, zur Ausreise bereit zu sein und einen dahingehenden Willen zu bilden. In diesem Rahmen ist ein ausreisepflichtiger Ausländer gehalten, zur Ausreise nicht nur willens und bereit zu sein, sondern auch an darauf zielenden Maßnahmen mitzuwirken (vgl. Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 14). Mit ihrem Verhalten, das sich die Klägerin zu 2 als gesetzlich Vertretene zurechnen lassen muss, hat die Klägerin zu 1 die Ausstellung von Passersatzpapieren vorsätzlich vereitelt.

23

f) Da bereits § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegensteht, bedarf es im vorliegenden Fall keiner weiteren Erörterung, wie sich die Regelung des § 104a Abs. 5 Satz 1 AufenthG auf den Prüfungsmaßstab für das streitgegenständliche Begehren auswirkt. Danach darf eine Aufenthaltserlaubnis nach der gesetzlichen Altfallregelung nur mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt werden. Diese Vorschrift schließt die (erstmalige) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 104a AufenthG für einen nach dem 31. Dezember 2009 liegenden Zeitraum aus. Die Konsequenzen aus der zeitlichen Beschränkung der erstrebten Rechtsfolge, die während des Revisionsverfahrens aktuell geworden ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen (vgl. aber Urteil vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 1 C 19.09 -).

24

2. Ein Anspruch der Klägerinnen nach § 25 Abs. 5 AufenthG scheidet aus, da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen der Bestimmung nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Gemäß Satz 3 der Vorschrift darf eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt nach Satz 4 insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

25

Die Klägerinnen sind vollziehbar ausreisepflichtig (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise kann sich auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, weil dann eine freiwillige Rückkehr grundsätzlich unzumutbar ist. Aber auch bei der Entscheidung über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist die Ausländerbehörde bei ehemaligen Asylbewerbern gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die (positive oder negative) Feststellung des Bundesamtes gebunden (Urteil vom 27. Juni 2006 a.a.O. Rn. 17). Demzufolge kann die Berufung auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote auch insoweit der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Jedoch ist davon auszugehen, dass die Klägerinnen tatsächlich nicht über gültige Reisedokumente verfügen (§ 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG). Damit erscheint ihre Ausreise derzeit und auf absehbare Zeit unmöglich.

26

Die Klägerinnen sind allerdings nicht unverschuldet an ihrer Ausreise gehindert. Ein Verschulden im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, da die Klägerinnen zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses vorsätzlich nicht erfüllt haben (§ 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG). Insoweit kann auf die Ausführungen zu § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwiesen werden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Tatbestand

1

Der Kläger will Entschädigungen erhalten, weil er in zwei Stellenbesetzungsverfahren trotz seiner Schwerbehinderung nicht zu Vorstellungsgesprächen eingeladen wurde.

2

Der Kläger ist Berufssoldat im Dienstrang eines Hauptmanns; er ist als Schwerbehinderter anerkannt. Er trat 1979 in die Bundeswehr ein, wo er im Stabsdienst verwendet wurde. Während der Zeit bei der Bundeswehr erwarb er berufliche Abschlüsse als Bürokaufmann, Personalfachkaufmann und staatlich geprüfter Betriebswirt. Seit 1991 ist der Kläger beim Bundesnachrichtendienst (BND) in der Auslandsaufklärung tätig.

3

Im November 2008 bewarb sich der Kläger um die der Besoldungsgruppe A 12 zugeordnete Stelle des Leiters der administrativen Unterstützung der Außenstelle des BND in Bonn. Die Stelle wurde innerhalb des BND ausgeschrieben für Beamte mit der Befähigung für die Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes sowie für Arbeitnehmer und Offiziere des militärfachlichen Dienstes mit vergleichbaren Fähigkeiten und Erfahrungen. In der Ausschreibung wurden insbesondere langjährige Berufserfahrung im allgemeinen Verwaltungsdienst, Kenntnisse im Tarif-, Dienst- und Arbeitsrecht sowie Kenntnisse im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen gefordert. Die Stelle wurde mit einer Beamtin besetzt, ohne dass der Kläger zuvor zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.

4

Im Mai 2009 bewarb sich der Kläger um die der Besoldungsgruppe A 12 zugeordnete Stelle eines Sachbearbeiters für die Analyse und Bewertung der Dienstposten verschiedener Abteilungen des BND. Die Stelle wurde innerhalb des BND ausgeschrieben für Beamte mit der Befähigung für die Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienstes sowie für Arbeitnehmer und Offiziere des militärfachlichen Dienstes mit vergleichbaren Fähigkeiten und Erfahrungen. In der Ausschreibung wurden insbesondere eine Ausbildung zum REFA-Organisator oder eine vergleichbare Qualifikation, umfassende Kenntnisse und Erfahrungen im Beamten-, Tarif- und Verwaltungsrecht sowie gründliche Kenntnisse der Aufbau- und Ablauforganisation des BND gefordert. Auch diese Stelle wurde mit einer Beamtin besetzt, ohne dass der Kläger zuvor zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde.

5

Der Kläger machte Entschädigungsansprüche in Höhe von jeweils drei Monatsgehältern geltend, weil ihn der BND trotz seiner fachlichen Eignung für beide Stellen nicht zu dem - für schwerbehinderte Bewerber vorgeschriebenen - Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Dies stelle eine entschädigungspflichtige Benachteiligung dar. Zwar habe er nicht in der allgemeinen Verwaltung des BND gearbeitet. Dies werde jedoch durch seine langjährige Tätigkeit im Stabsdienst der Bundeswehr und durch seine beruflichen Abschlüsse kompensiert. Die erforderlichen Kenntnisse im Tarif-, Dienst- und Arbeitsrecht habe er sich als langjähriges Mitglied des Personalrats angeeignet. Kenntnisse im Haushalts- und Kassenwesen könne er in Lehrgängen erwerben.

6

Der BND lehnte die Anträge durch Bescheide vom 4. Mai 2010 ab. In den Gründen heißt es, der Kläger habe nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen, weil die Stellen, um die er sich beworben habe, nur behördenintern ausgeschrieben worden seien. Die Stellen hätten aus nachrichtendienstlichen, personalwirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Gründen nicht mit Außenstehenden besetzt werden können. Vorstellungsgespräche hätten auch deshalb nicht stattfinden müssen, weil dem Kläger die fachliche Eignung für beide Stellen offensichtlich gefehlt habe. Er verfüge nicht über die in den Anforderungsprofilen genannten Voraussetzungen. Im BND sei er nur im Bereich der militärischen Aufklärung, nicht aber in der allgemeinen Verwaltung verwendet worden.

7

Im Dezember 2010 hat der Kläger Klage erhoben. Im April 2011 hat er Widerspruch gegen die ablehnenden Bescheide erhoben. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen, insbesondere zur Frage seiner fachlichen Eignung.

8

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm Entschädigung in Geld zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

9

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

10

Sie verteidigt die ablehnenden Bescheide. Entscheidungen über die Widersprüche hält sie für entbehrlich. Auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis hat sie die Auffassung vertreten, beide Stellen stünden in Zusammenhang mit der militärischen Auslandsaufklärung.

11

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vom BND vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keine Ansprüche auf Entschädigung in Geld, weil er bei der Besetzung der beiden Stellen (Dienstposten), um die er sich beworben hatte, nicht aufgrund seiner Schwerbehinderung benachteiligt wurde. Der BND war nicht gesetzlich verpflichtet, den Kläger in den Stellenbesetzungsverfahren wegen seiner Schwerbehinderung zu einem Vorstellungsgespräch zu laden. Eine derartige Verpflichtung hat nicht bestanden, weil der BND die Ausschreibungen berechtigterweise auf interne Bewerber, d.h. auf seine Beschäftigten beschränkt hat (unter 1.). Darüber hinaus war der BND rechtlich gehindert, die beiden Stellen mit Soldaten zu besetzen (unter 2.).

13

1. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 - AGG - (BGBl I S. 1897) gilt nach seinem § 24 nicht für Soldaten. An seine Stelle tritt das Gesetz über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten vom 14. August 2006 - SoldGG - (BGBl I S. 1897 <1904>). Im Unterschied zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz schützt das Soldatengleichbehandlungsgesetz nicht allgemein vor Benachteiligungen wegen einer Behinderung. Vielmehr wird nach § 1 Abs. 2 Satz 2 SoldGG lediglich der Schutz schwerbehinderter Soldaten vor Benachteiligungen nach Maßgabe des § 18 gewährleistet. Diese abweichende Behandlung verstößt nicht gegen die Richtlinie 2000/78/EG des Rats der Europäischen Gemeinschaften vom 27. November 2000 (ABl EG L 303/16), weil sie von Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie ermöglicht wird (Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 8.08 - Buchholz 450.1 § 5 WBO Nr. 1 Rn. 29 f.). Im Übrigen ergibt sich bei Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes kein günstigeres Ergebnis für den Kläger, weil die Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs in beiden Gesetzen deckungsgleich sind.

14

Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SoldGG können benachteiligte schwerbehinderte Soldaten eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, wenn gegen das in Absatz 1 geregelte Benachteiligungsverbot beim beruflichen Aufstieg verstoßen wird. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 SoldGG dürfen schwerbehinderte Soldaten bei einer Maßnahme, insbesondere beim beruflichen Aufstieg oder bei einem Befehl, nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden.

15

Eine derartige Benachteiligung liegt auch vor, wenn einem schwerbehinderten Soldaten ein gesetzlich eingeräumter Vorteil vorenthalten wird, durch den Nachteile aufgrund der Schwerbehinderung verhindert oder ausgeglichen werden sollen (vgl. zu § 3 Abs. 1 Satz 1, § 7 AGG: Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 5 C 16.10 - NJW 2011, 2452 Rn. 17 ).

16

Einen derartigen Vorteil für schwerbehinderte Menschen begründet § 82 Satz 2 SGB IX. Danach werden schwerbehinderte Menschen zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, wenn sie sich bei einem öffentlichen Arbeitgeber um einen Arbeitsplatz beworben haben oder von der Bundesagentur für Arbeit vorgeschlagen worden sind. Diese Bestimmung räumt schwerbehinderten Bewerbern nach Maßgabe von § 82 Satz 1 und Satz 3 SGB IX einen Anspruch darauf ein, von dem öffentlichen Arbeitsgeber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Sie sollen unabhängig von der Gestaltung und dem Ablauf des konkreten Stellenbesetzungsverfahrens die Gelegenheit erhalten, den öffentlichen Arbeitgeber in einem Vorstellungsgespräch von ihrer Leistungsfähigkeit und Eignung zu überzeugen. Dieser soll sich über die schriftlichen Bewerbungsunterlagen hinaus einen persönlichen Eindruck von schwerbehinderten Bewerbern, ihrem Auftreten und ihrer Leistungsfähigkeit verschaffen. Dadurch sollen die Erfolgschancen schwerbehinderter Bewerber verbessert werden. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers stellt das Vorstellungsgespräch ein geeignetes Mittel dar, um eventuelle Vorbehalte oder gar Vorurteile auszuräumen und Hilfskriterien zugunsten schwerbehinderter Bewerber stärker zur Geltung zu bringen. Dies gilt nach § 82 Satz 3 SGB IX auch bei Zweifeln an der fachlichen Eignung eines schwerbehinderten Bewerbers für die zu besetzende Stelle, solange die Eignung nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (Urteil vom 3. März 2011 a.a.O. Rn. 18 f.; BAG, Urteil vom 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - BAGE 119, 262 <266, Rn. 21>). Die Regelungen des § 82 SGB IX gelten nach § 128 Abs. 4 SGB IX für die im BND verwendeten Soldaten, weil sie mit den Besonderheiten ihres Dienstverhältnisses vereinbar sind. Es gibt keinen Grund, ihnen Schwerbehindertenrechte zu versagen, die den im BND tätigen Beamten und Tarifbeschäftigten zustehen.

17

Die Verletzung der Einladungspflicht begründet nach § 18 Abs. 1 Satz 3 SoldGG Indizien, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen (vgl. zu § 22 AGG: Urteil vom 3. März 2011 a.a.O. Rn. 27 f.; BAG, Urteile vom 12. September 2006 a.a.O. Rn. 22 und vom 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - BAGE 127, 367 Rn. 26).

18

Allerdings besteht die Einladungspflicht des öffentlichen Arbeitgebers und der damit korrespondierende Anspruch der schwerbehinderten Bewerber nach dem Wortlaut des § 82 Satz 2 SGB IX nur bei der Besetzung eines "solchen" Arbeitsplatzes. Diese Bezeichnung des zu besetzenden Arbeitsplatzes stellt den inhaltlichen Bezug zu Satz 1 her. Danach melden die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit, dass sie einen Arbeitsplatz besetzen wollen. Aufgrund der inhaltlichen Verknüpfung der Sätze 1 und 2 des § 82 SGB IX ist schwerbehinderten Bewerbern der gesetzliche Vorteil der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nur dann eingeräumt, wenn es um die Besetzung eines Arbeitsplatzes geht, der von der Meldepflicht (und dem damit korrespondierenden Informationsanspruch der Agentur für Arbeit) erfasst wird (LAG Saarbrücken, Beschluss vom 13. Februar 2008 - 1 TaBV 15/07 - LAGE § 82 SGB IX Nr. 2; LAG Köln, Beschluss vom 8. Februar 2010 - 5 TaBV 73/09 - Behindertenrecht 2011, 114).

19

Der Meldepflicht nach § 82 Satz 1 SGB IX unterliegen nur Arbeitsplätze, die auch externen, d.h. nicht bereits bei dem öffentlichen Arbeitgeber beschäftigten Bewerbern offen stehen. Die Meldepflicht besteht nicht, wenn der öffentliche Arbeitgeber den Arbeitsplatz intern für seine Beschäftigten ausschreibt, weil er sich berechtigterweise gegen die Besetzung mit einem externen Bewerber entschieden hat. Diese Beschränkung ergibt sich aus dem gesetzessystematischen Zusammenhang von § 82 Satz 1 und § 81 SGB IX und dem Normzweck dieser Vorschriften:

20

Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind die Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Nach Satz 2 des § 81 Abs. 1 SGB IX nehmen sie frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf. Nach Satz 3 schlägt diese oder ein Integrationsfachdienst den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor.

21

Die Meldepflicht der öffentlichen Arbeitgeber soll den Agenturen für Arbeit die Möglichkeit eröffnen, arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldete schwerbehinderte Bewerber vorzuschlagen. Der Arbeitgeber hat diese Personen in die Bewerberauswahl einzubeziehen und nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch zu laden. Die Meldung eines zu besetzenden Arbeitsplatzes an die Agentur für Arbeit, deren Besetzungsvorschläge und die Einladung der schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch stehen in einem untrennbaren inhaltlichen Zusammenhang. Es handelt sich um aufeinander abgestimmte Maßnahmen, die im Zusammenwirken die generell schlechteren Chancen der als arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen auf einen neuen Arbeitsplatz verbessern sollen.

22

Aus dem Zweck dieser gesetzlichen Förderungsmaßnahmen folgt zugleich, dass sie nur bei der Besetzung eines Arbeitsplatzes eingreifen, für den auch externe Bewerber in Betracht kommen. Ist der Arbeitsplatz dagegen aus sachlich gerechtfertigten Gründen nur für Beschäftigte des öffentlichen Arbeitgebers vorgesehen, steht fest, dass arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldete schwerbehinderte Menschen nicht zum Zuge kommen. Der Zweck der Förderungsmaßnahmen kann nicht erreicht werden. Daher sind Vorschläge der Agenturen für Arbeit, den Arbeitsplatz mit einem arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen zu besetzen, bei internen Ausschreibungen ebenso sinnlos wie Vorstellungsgespräche mit diesen Personen.

23

Die Förderung der schwerbehinderten Beschäftigten des öffentlichen Arbeitgebers, die sich um den intern ausgeschriebenen Arbeitsplatz bewerben, wird vom Normzweck der § 81 Abs. 1, § 82 Satz 1 bis 3 SGB IX nicht erfasst. Sie sind nicht als arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldet. Darüber hinaus bedarf es hier keines Vorstellungsgesprächs nach § 82 Satz 2 SGB IX, um dem Arbeitgeber einen Eindruck von den bei ihm beschäftigten schwerbehinderten Bewerbern zu verschaffen. Es kann davon ausgegangen werden, dass deren Leistungsprofil den Personalverantwortlichen, die über die Stellenbesetzung zu entscheiden haben, bekannt ist (LAG Saarbrücken, Beschluss vom 13. Februar 2008 a.a.O.; LAG Köln, Beschluss vom 8. Februar 2010 a.a.O.).

24

Allerdings ist der öffentliche Arbeitgeber von den gesetzlichen Pflichten nach § 81 Abs. 1, § 82 SGB IX und damit von der Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX nur entbunden, wenn die Entscheidung, einen Arbeitsplatz mit einem seiner Beschäftigten zu besetzen, sachlich gerechtfertigt ist. Dies hängt davon ab, ob im Einzelfall aufgabenbezogene, personalwirtschaftliche oder haushaltsrechtliche Gründe vorliegen, die nach ihrem Gewicht geeignet sind, den Ausschluss externer Bewerber zu tragen. Ansonsten könnten die öffentlichen Arbeitgeber die gesetzlich vorgeschriebene Förderung der als arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen durch interne Ausschreibungen umgehen.

25

In den vorliegenden Fällen war der BND berechtigt, nur eigene Beschäftigte in die Bewerberauswahl einzubeziehen. Diese Entscheidung ist wegen der Bewertungen der Stellen und wegen des Aufgabenbereichs des BND als Auslandsgeheimdienst gerechtfertigt. Beide Stellen sind der Besoldungsgruppe A 12 und damit einem Spitzenamt der Laufbahn des gehobenen Dienstes zugeordnet. Sie setzen voraus, dass die Stelleninhaber mit den besonderen Anforderungen vertraut sind, die eine gehobene Tätigkeit bei einem Geheimdienst mit sich bringt.

26

2. Der Kläger musste auch deshalb nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, weil ihm die fachliche Eignung offensichtlich fehlte (§ 82 Satz 3 SGB IX). Maßstab für die fachliche Eignung eines Bewerbers ist der Aufgabenbereich des zu besetzenden Arbeitsplatzes (Dienstpostens). Die fachliche Eignung fehlt auch dann offensichtlich, wenn die Besetzung des Dienstpostens mit dem Bewerber unabhängig von seiner beruflichen Qualifikation aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist. Die Auswahl eines derartigen Bewerbers verstieße gegen Art. 33 Abs. 2 GG (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194 <195>). So liegt der Fall hier:

27

Die Besetzung der ausgeschriebenen Stellen mit Soldaten ist nicht zulässig, weil sie gegen die Rahmenvereinbarung zwischen dem Bundesminister der Verteidigung und dem Bundeskanzleramt in der Fassung vom 13. Januar 1998 (RV) verstößt. Diese Vereinbarung ist Rechtsgrundlage für den Einsatz von Soldaten im BND. Da ihr Inhalt zwischen dem Bundesministerium für Verteidigung und dem Bundeskanzleramt (als Aufsichtsbehörde des BND) vereinbart worden ist, können weder diese Behörden noch der Präsident des BND davon einseitig durch inhaltlich abweichende Verwaltungsvorschriften oder eine abweichende Verwaltungspraxis abrücken. Vielmehr sind die beteiligten Stellen berechtigt und verpflichtet, die Rahmenvereinbarung zu beachten und anzuwenden (Urteil vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 13 und 16).

28

Nach § 8 Abs. 1 RV werden für die Wahrnehmung der Aufgaben, die der Bundesnachrichtendienst im Zusammenhang mit der militärischen Auslandsaufklärung zu erfüllen hat, auch Soldaten verwendet. Diese Bestimmung hat die Funktion, die Verwendung von Soldaten im BND auf Tätigkeiten im Bereich der militärischen Auslandsaufklärung zu beschränken. Wie der Begriff "im Zusammenhang" belegt, ist allerdings nicht erforderlich, dass die verwendeten Soldaten selbst militärische Aufklärung betreiben. Es genügt, dass die Aufgaben des ihnen übertragenen Dienstpostens im BND einen deutlichen Bezug zur militärischen Auslandsaufklärung aufweisen. Der erforderliche Zusammenhang ist etwa gegeben, wenn zu den Aufgaben die Verantwortung für die Auswahl der im BND verwendeten Soldaten, deren Aus- und Fortbildung und das Vorschlagsrecht für die bei Auslandseinsätzen eingesetzten Soldaten gehören (Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 = Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6).

29

Danach setzt ein Zusammenhang im Sinne des § 8 Abs. 1 RV jedenfalls voraus, dass der Dienstposten nach seinem Aufgabenzuschnitt in die Wahrnehmung von Aufgaben der militärischen Auslandsaufklärung einbezogen ist. Dieser inhaltliche Bezug kann in der Mitarbeit beim Sammeln und Auswerten von Nachrichten bestehen. Er ist auch dann gegeben, wenn eine Verantwortung für die Personen, die im Bereich der militärischen Auslandsaufklärung tätig sind, oder für die dabei eingesetzten Sachmittel besteht. Der Inhaber des Dienstpostens muss auf Auswahl und Einsatz der Personen und Sachmittel Einfluss nehmen können, die in der militärischen Auslandsaufklärung zum Einsatz kommen. Untergeordnete Hilfs- oder Vorbereitungstätigkeiten genügen nicht.

30

Der Vortrag des BND im Klageverfahren lässt darauf schließen, dass die Dienstposten, um die sich der Kläger beworben hatte, den erforderlichen Zusammenhang im Sinne des § 8 Abs. 1 RV nicht aufweisen. Es handelt sich nicht um Stellen, die mit personeller oder sachlicher Verantwortung für die Mitarbeit bei der militärischen Auslandsaufklärung verbunden sind:

31

Dies gilt zum einen für den Dienstposten des Leiters der administrativen Unterstützung der Außenstelle. Nach dem Anforderungsprofil der Stellenausschreibung handelt es sich um einen Dienstposten im Bereich der allgemeinen Verwaltung, mit dem keine Verantwortung im Bereich der militärischen Auslandsaufklärung verbunden ist. Bei der Bereitstellung von Ressourcen für den Aufgabenbereich der Entzifferung, die nach dem Vortrag des BND dem Leiter der administrativen Unterstützung obliegt, handelt es ich um eine Hilfstätigkeit ohne Einfluss auf die Wahrnehmung der Aufklärungsaufgaben.

32

Der Zusammenhang mit der militärischen Auslandsaufklärung fehlt auch für den Dienstposten des Sachbearbeiters für die Analyse und Bewertung der Dienstposten verschiedener Abteilungen des BND. Hier geht es darum zu prüfen und zu bewerten, wie die Aufgaben der Dienstposten zugeschnitten werden, wie die Dienstposten organisatorisch eingebunden werden und wie die Aufgaben im Gefüge der Ämterordnung zu gewichten sind. Der Umstand, dass auch Aufgaben der militärischen Auslandsaufklärung zu bewerten sind, reicht nicht aus, um den erforderlichen inhaltlichen Bezug zu diesem Tätigkeitsbereich herzustellen.

33

Damit erweisen sich die internen Stellenausschreibungen als fehlerhaft, weil sie sich auch an Soldaten wenden. Der Tätigkeitsbereich der Soldaten im BND kann nicht durch Stellenausschreibungen über § 8 Abs. 1 RV hinaus erweitert werden.

(1) Der Ausländer ist verpflichtet, seine Belange und für ihn günstige Umstände, soweit sie nicht offenkundig oder bekannt sind, unter Angabe nachprüfbarer Umstände unverzüglich geltend zu machen und die erforderlichen Nachweise über seine persönlichen Verhältnisse, sonstige erforderliche Bescheinigungen und Erlaubnisse sowie sonstige erforderliche Nachweise, die er erbringen kann, unverzüglich beizubringen. Die Ausländerbehörde kann ihm dafür eine angemessene Frist setzen. Sie setzt ihm eine solche Frist, wenn sie die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wegen fehlender oder unvollständiger Angaben aussetzt, und benennt dabei die nachzuholenden Angaben. Nach Ablauf der Frist geltend gemachte Umstände und beigebrachte Nachweise können unberücksichtigt bleiben. Der Ausländer, der eine ICT-Karte nach § 19b beantragt hat, ist verpflichtet, der zuständigen Ausländerbehörde jede Änderung mitzuteilen, die während des Antragsverfahrens eintritt und die Auswirkungen auf die Voraussetzungen der Erteilung der ICT-Karte hat.

(2) Absatz 1 findet im Widerspruchsverfahren entsprechende Anwendung.

(3) Der Ausländer soll auf seine Pflichten nach Absatz 1 sowie seine wesentlichen Rechte und Pflichten nach diesem Gesetz, insbesondere die Verpflichtungen aus den §§ 44a, 48, 49 und 81 hingewiesen werden. Im Falle der Fristsetzung ist er auf die Folgen der Fristversäumung hinzuweisen.

(4) Soweit es zur Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen nach diesem Gesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen erforderlich ist, kann angeordnet werden, dass ein Ausländer bei der zuständigen Behörde sowie den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich erscheint sowie eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit durchgeführt wird. Kommt der Ausländer einer Anordnung nach Satz 1 nicht nach, kann sie zwangsweise durchgesetzt werden. § 40 Abs. 1 und 2, die §§ 41, 42 Abs. 1 Satz 1 und 3 des Bundespolizeigesetzes finden entsprechende Anwendung.

(5) Der Ausländer, für den nach diesem Gesetz, dem Asylgesetz oder den zur Durchführung dieser Gesetze erlassenen Bestimmungen ein Dokument ausgestellt werden soll, hat auf Verlangen

1.
ein aktuelles Lichtbild nach Maßgabe einer nach § 99 Abs. 1 Nr. 13 und 13a erlassenen Rechtsverordnung vorzulegen oder bei der Aufnahme eines solchen Lichtbildes mitzuwirken und
2.
bei der Abnahme seiner Fingerabdrücke nach Maßgabe einer nach § 99 Absatz 1 Nummer 13 und 13a erlassenen Rechtsverordnung mitzuwirken.
Das Lichtbild und die Fingerabdrücke dürfen in Dokumente nach Satz 1 eingebracht und von den zuständigen Behörden zur Sicherung und einer späteren Feststellung der Identität verarbeitet werden.

(6) Ausländer, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach Kapitel 2 Abschnitt 3 oder 4 sind, sind verpflichtet, der zuständigen Ausländerbehörde innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis mitzuteilen, dass die Ausbildung oder die Erwerbstätigkeit, für die der Aufenthaltstitel erteilt wurde, vorzeitig beendet wurde. Der Ausländer ist bei Erteilung des Aufenthaltstitels über seine Verpflichtung nach Satz 1 zu unterrichten.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen, eine marokkanische Staatsangehörige und ihre Tochter, erstreben die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.

2

Die nach eigenen Angaben 1968 in Casablanca geborene Klägerin zu 1 reiste im Mai 2000 in das Bundesgebiet ein; die Klägerin zu 2 wurde hier am 31. Mai 2000 geboren. Die Klägerinnen beantragten Asyl, weil sie Repressalien seitens ihrer Familie befürchteten. Die ledige Klägerin zu 1 gab an, wegen ihrer Schwangerschaft von ihrem Stiefvater und ihren Brüdern geschlagen worden zu sein. Von den marokkanischen Behörden habe sie keine Hilfe erhalten. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 25. August 2000 ab. Im Anschluss an das erfolglose Klageverfahren wurde der weitere Aufenthalt der Klägerinnen geduldet.

3

Den am 3. März 2004 gestellten Asylfolgeantrag lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 15. März 2004 ab. Die auf Feststellung von Abschiebungshindernissen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 18. November 2005 ab; der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg. Auch ein weiterer Asylfolgeantrag vom März 2006 blieb erfolglos.

4

Noch während des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hatte der Beklagte die Klägerin zu 1 erstmals aufgefordert, ein Formular zur Beantragung von Passersatzpapieren auszufüllen. Das lehnte die Klägerin sowohl zu diesem Zeitpunkt als auch später ab.

5

Am 5. Februar 2007 beantragten die Klägerinnen beim Beklagten die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Bleiberechtsregelung des IMK-Beschlusses vom 17. November 2006. Der Beklagte lehnte die Anträge mit Bescheid vom 15. August 2007 ab, da die Klägerinnen Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert und behindert hätten. Die Klägerin zu 1 habe das ihr mehrfach vorgelegte Antragsformular auf Erteilung eines marokkanischen Passersatzpapiers nicht ausgefüllt. Trotz entsprechender Aufforderung habe sie auch keine Identitätsnachweise aus Marokko vorgelegt. Den Widerspruch wies die Bezirksregierung mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2007 zurück.

6

Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteil vom 28. Oktober 2008 ab. Die Berufungen der Klägerinnen hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. August 2009 zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

7

Die Klägerinnen hätten keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 104a Abs. 1 AufenthG, denn sie hätten den Ausschlussgrund des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwirklicht. Der Wortlaut dieser Vorschrift erfasse auch ein Verhalten, das sich in der Verletzung von Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung erschöpfe. Außer Betracht blieben nur gering gewichtige Pflichtverletzungen, wenn z.B. der Ausländer seinen Verpflichtungen später nachgekommen sei oder die Ausländerbehörde es versäumt habe, diese zu konkretisieren. Daran gemessen hätten die Klägerinnen ihre Mitwirkungspflichten nachhaltig und andauernd verletzt; das Verhalten der Klägerin zu 1 sei ihrer minderjährigen und von ihr vertretenen Tochter zuzurechnen. Die dagegen gerichteten Einwände der Klägerinnen griffen nicht durch. Die Klägerin zu 1 brauche keinen Pass ausgestellt zu bekommen, sondern könne zur Beschaffung von Identitätsnachweisen wie z.B. einer Abschrift ihrer Geburtsurkunde etc. einen Rechtsanwalt einschalten. Sie habe aber keinerlei Bemühungen in dieser Richtung entfaltet. Unerheblich sei, ob dem Beklagten alle für die Passbeantragung notwendigen Angaben bekannt seien. Jedenfalls fehle weiterhin die Unterschrift der Klägerin auf dem Antragsformular. Aufgrund der von ihr angeführten Bemühungen des Caritasverbands hätte nicht ernsthaft mit der Ausstellung von Personalpapieren gerechnet werden können, denn in dem Schreiben vom 29. Mai 2007 seien nicht einmal die Namen der Klägerinnen genannt worden. Die Motive der Klägerinnen minderten das Gewicht ihres Verhaltens nicht, denn ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer dürfe seine Mitwirkung nicht unter Berufung auf zielstaatsbezogene Umstände verweigern, hinsichtlich derer das Bundesamt das Vorliegen eines Abschiebungsverbots verneint habe. Für die notwendige Kausalität reiche es aus, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass trotz ordnungsgemäßer Mitwirkung eine Aufenthaltsbeendigung unmöglich gewesen wäre. Nicht erforderlich seien Konsequenzen für bereits eingeleitete aufenthaltsbeendende Maßnahmen. Der Ausschlussgrund greife trotz der geäußerten Bedenken an der marokkanischen Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2. Es sei davon auszugehen, dass sie diese bereits mit Geburt gemäß Art. 6 des marokkanischen Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1958 erworben habe. Andernfalls wäre sie inzwischen, seit Inkrafttreten der Neufassung des Gesetzes aus dem Jahre 2007, marokkanische Staatsangehörige.

8

Wegen ihrer beharrlichen Weigerung, an der Passbeschaffung mitzuwirken, hätten die Klägerinnen auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. der Bleiberechtsanordnung. Insofern könne dahinstehen, ob die Bleiberechtsanordnung aus dem Jahr 2006 noch anwendbar sei. Schließlich stehe den Klägerinnen auch kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu. Zwar könnten sie gegenwärtig ohne Pass oder Passersatzpapier nicht freiwillig nach Marokko ausreisen. Bei ernsthafter Mitwirkung der Klägerin zu 1 sei jedoch mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit zu rechnen, sodass sie nicht unverschuldet an ihrer freiwilligen Ausreise gehindert seien. Der Klägerin zu 2 sei auch kein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK zu erteilen. Eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise und Abschiebung im Hinblick auf den Schutz ihre Privatlebens könne jedenfalls für ausländische Kinder, die in Haushaltsgemeinschaft mit ihren in Deutschland geduldeten Eltern lebten, nicht allein aus ihrem langjährigen Aufenthalt in Deutschland und ihrer Integration in die hiesigen Verhältnisse abgeleitet werden.

9

Hiergegen richten sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revisionen der Klägerinnen.

Entscheidungsgründe

10

Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Ladung darauf hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).

11

Die zulässigen Revisionen der Klägerinnen sind unbegründet. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerinnen auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen in Übereinstimmung mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) abgelehnt. Ihrem Begehren steht mit Blick auf die Anspruchsgrundlagen sowohl des § 104a AufenthG (1.) als auch des § 25 Abs. 5 AufenthG (2.) entgegen, dass die Klägerin zu 1 die gebotene und zumutbare Mitwirkung an der Beschaffung von Passersatzpapieren verweigert hat.

12

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 104a Abs. 1 AufenthG haben, da sie den in § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Halbs. 2 der Vorschrift enthaltenen Versagungstatbestand erfüllen. Danach ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der gesetzlichen Altfallregelung nur möglich, wenn der Ausländer behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert hat.

13

a) § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt voraus, dass die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtmäßig ist. Das ist hier der Fall. Sämtliche Asylanträge der Klägerinnen hatten keinen Erfolg. Hat das Bundesamt festgestellt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 60 AufenthG nicht bestehen, ist sowohl die Ausländerbehörde im Aufenthaltserlaubnisverfahren wie auch das Gericht in einem sich daran anschließenden Prozess an diese Entscheidung gebunden (§ 42 Satz 1 AsylVfG; vgl. dazu Urteil vom 27. Juni 2006 - BVerwG 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192 Rn. 12 und 17). Die Verwaltungsgerichte haben gegenüber den Klägerinnen mehrfach rechtskräftig festgestellt, dass ihrer Abschiebung nach Marokko keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote entgegenstehen. Daher kann ihr Vorbringen, die Gefahr einer geschlechtsspezifischen Verfolgung sei bislang nicht geprüft worden, ihrem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen.

14

Das Berufungsgericht hat auch zu Recht entschieden, dass keine inlandsbezogenen Abschiebungsverbote vorliegen. Entgegen dem Vorbringen der Revision lässt sich im vorliegenden Fall aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK kein Abschiebungsverbot zugunsten der Klägerin zu 2 ableiten. Das von diesen Bestimmungen u.a. geschützte Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst, auch soweit es keinen familiären Bezug hat, die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen - angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen - bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (Urteil vom 27. Januar 2009 - BVerwG 1 C 40.07 - BVerwGE 133, 72 Rn. 21; BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Mai 2007 - 2 BvR 304/07 - NVwZ 2007, 946 <947>; EGMR, Urteil vom 23. Juni 2008 - 1638/03 - Maslov - InfAuslR 2008, 333). Ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte begründet, kommt grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht (Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239 Rn. 20; offengelassen in: EGMR, Urteile vom 16. September 2004 - 11103/03 - Ghiban - NVwZ 2005, 1046 und vom 8. April 2008 - 21878/06 - Nnyanzi - ZAR 2010, 189 <190 f.>). Da der Klägerin zu 2 - wie ihrer Mutter - ausschließlich asylverfahrensrechtliche Aufenthaltsgestattungen und Duldungen erteilt worden sind, wurde ihr zu keiner Zeit ein Aufenthaltsrecht eingeräumt, das ein berechtigtes Vertrauen auf Fortbestand hätte begründen können. Der Beklagte hat den Klägerinnen nie eine Verfestigung ihres Aufenthalts in Aussicht gestellt; vielmehr hat er seit Abschluss des ersten Asylverfahrens konsequent auf die Beendigung ihres Aufenthalts hingewirkt.

15

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin zu 2 unterstellt, dass die Beendigung des Aufenthalts in ihre Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreifen würde, wäre der Eingriff gerechtfertigt (Art. 8 Abs. 2 EMRK). Die Aufenthaltsbeendigung der Klägerin zu 2 steht in Einklang mit geltendem Recht und dient einem legitimen Ziel, nämlich der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Sie erweist sich mit Blick darauf als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" und verhältnismäßig. Zwar ist die im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts neun Jahre alte Klägerin zu 2 in Deutschland geboren und hier aufgewachsen. Aber auch wenn die Jahre der Kindheit die Persönlichkeit in besonderer Weise prägen, kann in diesem Alter angesichts des fortschreitenden Sozialisationsprozesses noch nicht von einer irreversiblen Verwurzelung in die deutschen Lebensverhältnisse ausgegangen werden. Insoweit räumt die Revision selbst ein, dass die Klägerin zu 2 rudimentär arabisch spricht; zudem lässt sich in ihrem Alter Sprachkompetenz gut erwerben. Im Rahmen der Abwägung ist außerdem zu berücksichtigen, dass bei Minderjährigen das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern im Vordergrund steht. Die von Art. 6 Abs. 2 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Beziehung zwischen Eltern und Kindern führt dazu, dass Kinder in der familiären Gemeinschaft grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Erziehungsberechtigten teilen. In aller Regel - und so auch hier - erscheint es selbst einem in Deutschland geborenen ausländischen Kind zumutbar, nach mehrjährigem asylverfahrensbedingtem Aufenthalt das Land zusammen mit seinen Eltern bzw. einem Elternteil wieder zu verlassen und sich in dem Land seiner Staatsangehörigkeit zu integrieren. Dabei kann im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung auf der mangelnden Mitwirkung der Klägerin zu 1 bei der Passbeschaffung beruht; dieses Verhalten ihrer Mutter als ihrer gesetzlichen Vertreterin muss sich die Klägerin zu 2 zurechnen lassen.

16

b) Der objektive Tatbestand des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG knüpft an aufenthaltsbeendende Maßnahmen an. Entgegen der Auffassung der Revision setzt die Vorschrift nicht voraus, dass eine behördliche Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung bereits konkret eingeleitet worden war (so aber Fränkel, in: HK-AuslR, § 104a AufenthG Rn. 13). Andernfalls würde dieser Ausschlussgrund in besonders qualifizierten Fällen, wenn der ausreisepflichtige Ausländer z.B. noch vor der Möglichkeit einer Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen untergetaucht ist, nicht greifen. Diese Auffassung verfehlt den Zweck der Vorschrift, aufenthaltsrechtliche Pflichtverletzungen des Ausländers nicht durch die Gewährung eines Bleiberechts zu honorieren.

17

c) Hinauszögern oder Behindern behördlicher Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt kein aktives Tun des Ausländers voraus. Vielmehr greift der Ausschlusstatbestand grundsätzlich auch dann, wenn die Erfüllung von Mitwirkungspflichten verweigert wird und die mangelnde Mitwirkung ein gewisses Gewicht erreicht, sodass es gerechtfertigt erscheint, sie aktivem Handeln gleichzustellen und ein Bleiberecht zu versagen. Allerdings muss die Ausländerbehörde gesetzliche Mitwirkungspflichten z.B. zur Beschaffung von Identitätspapieren (§ 48 Abs. 3 AufenthG) konkret gegenüber dem Betroffenen aktualisiert haben, um aus der mangelnden Mitwirkung negative aufenthaltsrechtliche Folgen ziehen zu können. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung (BA S. 16 f.) festgestellt, dass die Klägerin zu 1 seitens des Beklagten aufgefordert worden ist, Pass- bzw. Passersatzpapieranträge zu unterschreiben und ihre Mitwirkung andauernd verletzt hat. An diese tatsächliche Feststellung ist das Revisionsgericht gebunden, da die Revision keine Verfahrensrügen erhoben hat (§ 137 Abs. 2 VwGO). Mit ihrem Vorbringen, der Beklagte habe nicht vorgetragen, wann konkret er die Klägerin zur Unterschrift aufgefordert habe, vermag die Revision die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts nicht erfolgreich infrage zu stellen.

18

Die konkret eingeforderte Mitwirkungshandlung muss rechtmäßig, insbesondere dem Betroffenen zumutbar gewesen sein (Urteil vom 10. November 2009 - BVerwG 1 C 19.08 - BVerwGE 135, 219 Rn. 20). Der Umstand, dass die Klägerinnen sich auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote berufen, stellt die Zumutbarkeit der geforderten Mitwirkungshandlungen nicht infrage. Denn insoweit sind die Ausländerbehörde und die Verwaltungsgerichte gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die Feststellungsbescheide des Bundesamtes gebunden.

19

d) Die Revision wendet ein, dass auch dann, wenn die Klägerin zu 1 das Antragsformular unterschrieben hätte, zumindest für die Klägerin zu 2 keine Papiere ausgestellt worden wären. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts erweise sich als nicht verifizierbare Annahme. Mit diesem Vorbringen stellt die Revision infrage, dass die Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung auf dem Verhalten der Klägerin zu 1 beruht; sie verfehlt jedoch den Maßstab, nach dem sich die Kausalität beurteilt.

20

Im Ansatz trifft es zu, dass die Tatbestandsmerkmale "hinauszögern" und "behindern" eine Kausalbeziehung zwischen dem Verhalten des Ausländers und dem Misserfolg der behördlichen Aufenthaltsbeendigung voraussetzen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Aufenthaltsbeendigung möglich ist, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für das Gegenteil vorliegen (BA S. 8). Das entspricht der Rechtsprechung des erkennenden Senats, derzufolge dem Ausländer keine Handlungen abverlangt werden dürfen, die von vornherein ohne Einfluss auf die Möglichkeit der Ausreise oder erkennbar aussichtslos sind (Beschlüsse vom 3. Juni 2006 - BVerwG 1 B 132.05 - und vom 10. März 2009 - BVerwG 1 B 4.09 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 3 und 11 zu § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Unterhalb dieser Schwelle besteht hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einer Verletzung von Mitwirkungspflichten und der Erfolglosigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen, der immer nur hypothetisch beurteilt werden kann, eine tatsächliche widerlegbare Vermutung zulasten des Ausländers (vgl. auch Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 20).

21

Legt man diesen Maßstab zugrunde, ist das Berufungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung in nachvollziehbarer Weise zu der Feststellung gelangt, dass die Klägerinnen die tatsächliche Kausalitätsvermutung nicht widerlegt haben. Ihre Einwände, die sie gegen die ausführliche Würdigung des Berufungsgerichts zum Erwerb der marokkanische Staatsangehörigkeit der Klägerin zu 2 (BA S. 19 ff.) erheben, greifen nicht durch. Zum einen wiederholt die Revision nur ihr Berufungsvorbringen, ohne sich mit der Begründung der angefochtenen Entscheidung auseinander zu setzen. Zum anderen übersieht sie, dass die Anwendung ausländischen Rechts zur Tatsachenfeststellung zählt (§ 173 VwGO i.V.m. § 293 ZPO), an die das Revisionsgericht gebunden ist, wenn keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben werden (§ 137 Abs. 2 VwGO).

22

e) § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG setzt subjektiv ein vorsätzliches Verhalten des Ausländers voraus. Eine wissentliche und willentliche Behinderung oder Verzögerung aufenthaltsbeendender Maßnahmen liegt jedenfalls dann vor, wenn der Betroffene von der Ausländerbehörde ausdrücklich zur (zumutbaren und erheblichen) Mitwirkung angehalten wird und sich der Mitwirkung verweigert (Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 21). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht - wie bereits ausgeführt - festgestellt, dass der Beklagte die Klägerin zu 1 aufgefordert hat, das Antragsformular zur Ausstellung von Passersatzpapieren zu unterschreiben. Dem hat sich die Klägerin zu 1 verweigert. Ihre Motive sind, da sie sich auf das Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote beruft, aufenthaltsrechtlich unbeachtlich, da (mehrfach) rechtskräftig festgestellt worden ist, dass keines der in § 60 AufenthG geregelten Abschiebungsverbote greift. Im Übrigen schließt die gesetzliche Ausreisepflicht die Obliegenheit für den Ausländer ein, sich auf seine Ausreise einzustellen, zur Ausreise bereit zu sein und einen dahingehenden Willen zu bilden. In diesem Rahmen ist ein ausreisepflichtiger Ausländer gehalten, zur Ausreise nicht nur willens und bereit zu sein, sondern auch an darauf zielenden Maßnahmen mitzuwirken (vgl. Urteil vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 14). Mit ihrem Verhalten, das sich die Klägerin zu 2 als gesetzlich Vertretene zurechnen lassen muss, hat die Klägerin zu 1 die Ausstellung von Passersatzpapieren vorsätzlich vereitelt.

23

f) Da bereits § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegensteht, bedarf es im vorliegenden Fall keiner weiteren Erörterung, wie sich die Regelung des § 104a Abs. 5 Satz 1 AufenthG auf den Prüfungsmaßstab für das streitgegenständliche Begehren auswirkt. Danach darf eine Aufenthaltserlaubnis nach der gesetzlichen Altfallregelung nur mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt werden. Diese Vorschrift schließt die (erstmalige) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 104a AufenthG für einen nach dem 31. Dezember 2009 liegenden Zeitraum aus. Die Konsequenzen aus der zeitlichen Beschränkung der erstrebten Rechtsfolge, die während des Revisionsverfahrens aktuell geworden ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen (vgl. aber Urteil vom 26. Oktober 2010 - BVerwG 1 C 19.09 -).

24

2. Ein Anspruch der Klägerinnen nach § 25 Abs. 5 AufenthG scheidet aus, da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen der Bestimmung nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Gemäß Satz 3 der Vorschrift darf eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt nach Satz 4 insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

25

Die Klägerinnen sind vollziehbar ausreisepflichtig (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise kann sich auch aus zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, weil dann eine freiwillige Rückkehr grundsätzlich unzumutbar ist. Aber auch bei der Entscheidung über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist die Ausländerbehörde bei ehemaligen Asylbewerbern gemäß § 42 Satz 1 AsylVfG an die (positive oder negative) Feststellung des Bundesamtes gebunden (Urteil vom 27. Juni 2006 a.a.O. Rn. 17). Demzufolge kann die Berufung auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote auch insoweit der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Jedoch ist davon auszugehen, dass die Klägerinnen tatsächlich nicht über gültige Reisedokumente verfügen (§ 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG). Damit erscheint ihre Ausreise derzeit und auf absehbare Zeit unmöglich.

26

Die Klägerinnen sind allerdings nicht unverschuldet an ihrer Ausreise gehindert. Ein Verschulden im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, da die Klägerinnen zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses vorsätzlich nicht erfüllt haben (§ 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG). Insoweit kann auf die Ausführungen zu § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwiesen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.