Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 29. Mai 2012 - 1 B 161/12

bei uns veröffentlicht am29.05.2012

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 13. April 2012 - 2 L 378/12 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Beigeladenen zu 1. zur Last.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.457,55 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin beabsichtigt, die beiden Beigeladenen - derzeit Polizeihauptkommissare (Besoldungsgruppe A 12) - zu Ersten Polizeihauptkommissaren (Besoldungsgruppe A 13 g.D.) zu befördern. Die einschlägige Auswahlentscheidung beruht auf einer Auswertung aktueller Leistungsnachweise 2011 in Verbindung mit dienstlichen Beurteilungen 2010 und 2008. Der Antragsteller - ebenfalls Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A 12) - hat seine dienstlichen Beurteilungen 2010 und 2008 gerichtlich angefochten - Verwaltungsstreitverfahren 2 K 192/12 und 2 K 302/12 -, hält auch seinen aktuellen Leistungsnachweis 2011 für rechtswidrig und meint, bei sachgerechten Beurteilungen gebühre ihm beförderungsbezogen der Vorrang vor den Beigeladenen.

Unter Berufung hierauf hat er eine einstweilige Anordnung beantragt, durch die der Antragsgegnerin vorläufig untersagt werden soll, die beabsichtigten Beförderungen zu vollziehen. Auf Nachfrage des Verwaltungsgerichts hat er ergänzend mitgeteilt, er wende sich gegen die Beförderung beider Beigeladenen.

Da die Beförderungen für Ende April 2012 vorgesehen waren, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 13.4.2012 der Antragsgegnerin untersagt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens vor dem Antragsteller einem anderen Beamten ein Amt der Besoldungsgruppe A 13 zu übertragen und diese „vorläufige Zwischenentscheidung“ damit begründet, sie sei zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) erforderlich.

Gegen diesen ihm am 15.5.2012 zugestellten Beschluss hat der Beigeladene zu 1. am 18.5.2012 Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, dass jedenfalls seine Beförderung erfolgen darf. Hierzu führt er aus, um dem Antragsteller effektiven Rechtsschutz zu gewähren, genüge die vorläufige Blockierung einer der beiden freien Planstellen und der Beförderung des Beigeladenen zu 2., da dieser nach der aktuellen Beförderungsrangfolge klar hinter ihm - dem Beigeladenen zu 1. - rangiere. Außerdem sei auszuschließen, dass der Antragsteller, selbst wenn seine beurteilungsbezogenen Einwendungen durchgreifen sollten, auch an ihm - dem Beigeladenen zu 1. - vorbeiziehe.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13.4.2012 entspricht der Rechtslage.

Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

u.a. Kammerbeschluss vom 29.7.2003 - 2 BvR 311/03 -, ZBR 2004, 45,

und des Bundesverwaltungsgerichts

u.a. Urteil vom 4.11.2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102; ebenso u.a. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 7. Aufl., S. 71 Rdnr. 85,

muss der Dienstherr, wenn ein bei der Beförderungsauswahl unterlegener Mitbewerber eine einstweilige Anordnung auf vorläufige Untersagung der Beförderung des/der erfolgreichen Bewerbers/Bewerber beantragt hat, die Ernennung bis zum Abschluss dieses gerichtlichen Verfahrens unterlassen. Diese Rechtsfolge tritt unmittelbar kraft Verfassungsrechts, nämlich Art. 19 Abs. 4 GG also auch ohne dahingehenden Gerichtsbeschluss, ein. Erst recht kommt es nicht auf die Erfolgsaussichten des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an. Es geht nämlich ausschließlich um die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes vor Vornahme einer Beförderung.

Der Umfang dieses vorläufigen Verbotes richtet sich, wenn es um die Besetzung mehrerer Stellen geht, nach dem Antrag des unterlegenen Bewerbers. Dieser kann sich - etwa zur Begrenzung seines Kostenrisikos - von vornherein darauf beschränken, nur die Auswahl eines Mitbewerbers oder einzelner Mitbewerber zu beanstanden, oder sich - beispielsweise nach dem Erlangen zusätzlicher Informationen über die Gründe für die Beförderungsauswahl - im Laufe des Verfahrens zu einer solchen Beschränkung entschließen. Dann besteht das vorläufige Beförderungsverbot nur in diesen Grenzen

so überzeugend Schnellenbach, a.a.O., Rdnr. 86.

Da der Antragsteller auf Nachfrage des Verwaltungsgerichts mit Schriftsatz vom 20.4.2012 ausdrücklich erklärt hat, er wolle die Beförderung beider Beigeladenen vorläufig untersagt wissen, besteht demgegenüber derzeit ein umfassendes vorläufiges Beförderungsverbot.

in diesem Sinne auch VGH Kassel, Beschluss vom 18.2.1991 - 1 TG 85/91 -, NVwZ - RR 1992, 34, und Schnellenbach, a.a.O., Rdnr. 86.

Dies im Beschluss vom 13.4.2012 klarstellend verlautbart zu haben, war und ist angesichts der Meinungsverschiedenheiten der Beteiligten über den Umfang des kraft Verfassungsrechts bestehenden Beförderungsverbotes geboten.

Bei seiner abschließenden Entscheidung über den Anordnungsantrag wird das Verwaltungsgericht - sollte es die Beförderungsauswahl für rechtswidrig halten - besonders zu prüfen haben, ob es zur Wahrung der Rechte des Antragstellers nötig ist, beide oder aber nur eine der beiden geplanten Beförderungen zu untersagen. Für die insoweit maßgeblichen Kriterien wird auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.11.1993

- 2 ER 301/93 -, ZBR 1994, 52,

den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 12.1.2011

- 1 B 1585/10 -, ZBR 2011, 275,

und die Ausführungen von Schnellenbach

a.a.O., Rdnr. 86,

verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, wobei zu einem Ausspruch gemäß § 162 Abs. 3 VwGO zugunsten des Beigeladenen zu 2. keine Veranlassung besteht.

Die Streitwertfestsetzung rechtfertigt sich aus den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 29. Mai 2012 - 1 B 161/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 29. Mai 2012 - 1 B 161/12

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 29. Mai 2012 - 1 B 161/12 zitiert 4 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 29. Mai 2012 - 1 B 161/12 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 29. Mai 2012 - 1 B 161/12.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 06. Nov. 2018 - M 5 E 18.4999

bei uns veröffentlicht am 06.11.2018

Tenor Dem Antragsgegner wird bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den vorliegenden Eilantrag untersagt, einen anderen Bewerber auf dem mit Mitteilungsblatt Nr. 12 vom 12. Juli 2018 ausgeschriebenen Dienstposten Sachbearbeite

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 22. Nov. 2012 - 2 VR 5/12

bei uns veröffentlicht am 22.11.2012

Tenor Soweit der Antragsteller und die Antragsgegnerin das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Referenzen

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.