Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Entscheidung, 05. Sept. 2007 - 1 A 44/07

bei uns veröffentlicht am05.09.2007

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Beklagte die Klägerin ursprünglich für die Jahre 1999 und 2000 zu Niederschlagswassergebühren von mehr als jeweils 109.986,00 EUR herangezogen hat; insoweit ist das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. September 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 11 K 10/06 - wirkungslos.

Die Berufung wird zurückgewiesen, soweit das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Heranziehung der Klägerin zu Gebühren für das Einleiten des auf den Teilflächen TEG 2.1b, 2.2b, 3, 4.1, 5, 6.1, 9, 9.1, 10a, 10.1, 10.2, 11.1a, 11.2 und 11 der BAB 6 (Bezeichnung nach den Lageplänen der IBZ-GmbH vom November 2006) im Jahr 2000 angefallenen Niederschlagswassers in die öffentliche Abwasseranlage in Höhe von 64.158,72 EUR abgewiesen hat.

Unter entsprechender Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. September 2006 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 11 K 10/06 - wird der Bescheid des Beklagten vom 10. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2005 sowie der in der mündlichen Verhandlung vom 5. September 2007 zu Protokoll erklärten Änderung aufgehoben, soweit die Klägerin darin zu Niederschlagswassergebühren für das Jahr 1999 in Höhe von 109.986,00 EUR herangezogen worden ist.

Die Entscheidung über die Berufung im Übrigen sowie die Kostenentscheidung bleiben vorbehalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Mittelstadt St. Ingbert hat am 05.09.2000 eine Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Abwasseranlage (Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung, ABGS) erlassen, die rückwirkend zum 01.01.1999 in Kraft gesetzt worden ist. Mit der Satzung vom 05.09.2000 ist die getrennte Erhebung von Schmutz- und Niederschlagswassergebühren im Gebiet des Beklagten eingeführt worden.

Mit an das Landesamt für Straßenwesen gerichtetem Bescheid des Beklagten vom 10.08.2001 wurden für die Jahre 1999 und 2000 Kanalbenutzungsgebühren für die Ableitung des Niederschlagswassers eines Teils der Autobahnfläche der BAB 6 in Höhe von insgesamt 472.000,00 DM (= 241.329,76 EUR) festgesetzt, wobei eine gebührenrelevante Fläche von 200.000 m² zugrunde gelegt wurde. In dem Bescheid findet sich der folgende Hinweis: „Wir weisen Sie darauf hin, dass trotz mehrmaliger Aufforderung kein Fragebogen zur Niederschlagswassergebühr von Ihnen abgegeben wurde. Die in der Tabelle aufgeführten Flächenangaben beziehen sich auf Auswertungen von Luftbildkarten.“

Gegen den Heranziehungsbescheid vom 10.08.2001 legte das Landesamt für Straßenwesen am 30.08.2001 unter Hinweis auf eine Vereinbarung vom 27.07./22.08.1990 über die anteilige Kostenübernahme für den Bau eines Staukanals an der Autobahn A 6, Abschnitt Betzental-Sengscheid, die die Heranziehung ausschließe, Widerspruch ein. Dieser wurde mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27.01.2005 ergangenem Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Saarpfalz-Kreises zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid wurde an das Saarland, vertreten durch den Landesbetrieb für Straßenbau, gerichtet.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 03.02.2005 per Einschreiben an den Landesbetrieb für Straßenbau abgesandt.

Am 02.03.2005 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage erhoben.

Zur Begründung hat die Klägerin ausgeführt, die rückwirkende Inkraftsetzung der ABGS zum 01.01.1999 sei unzulässig. Dies gelte sowohl für eine echte als auch für eine unechte Rückwirkung. Ihr stehe insoweit Vertrauensschutz zu. Sie habe nicht erkennen können, ob die Abwassergebührensatzung der Mittelstadt St. Ingbert ohne Niederschlagswassergebühren wegen Überschreitung einer von der Rechtsprechung gefundenen 12 %-Grenze ungültig gewesen sei. Sie habe daher davon ausgehen können und müssen, dass die Erhebung von Niederschlagswassergebühren nicht in Betracht komme und wie in der Vergangenheit das Niederschlagswasser kostenfrei entsorgt werde. Zudem verstoße die Satzung wegen einer fehlenden Übergangsregelung gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Übermaßverbotes. Außerdem sei die konkrete Berechnung der Niederschlagswassergebühr unzutreffend. Der Beklagte gehe pauschal von einer gebührenrelevanten Fläche in Höhe von 200.000 m² aus. Wie der Beklagte zu dieser Quadratmeterfläche gekommen sei, sei nicht ersichtlich. Im Übrigen habe der Beklagte auch nicht nachgewiesen, inwieweit tatsächlich die BAB 6 in das Kanalnetz der Stadt St. Ingbert entwässere. Es sei nicht ihre Aufgabe, die Aufgaben des Beklagten hinsichtlich der korrekten Flächenberechnung zu übernehmen und auch noch im Einzelnen vorzurechnen und darzulegen, inwieweit das Oberflächenwasser in die städtische Kanalisation gelange. Der weitaus größere Teil des von der BAB 6 abfließenden Oberflächenwassers versickere in den Banketten. Es liege jedenfalls keine bewusste und zielgerichtete Zuführung an oder in das städtische Kanalnetz vor. Allenfalls für das Niederschlagswasser im Bereich der Südstraße könne etwas anderes gelten.

Aus der Vereinbarung vom 27.07./22.08.1990 über die anteilige Kostenübernahme für den Bau eines Staukanals an der BAB 6, Abschnitt Betzental-Sengscheid, ergebe sich, dass sie für diesen Abschnitt keine Niederschlagswassergebühren zu zahlen habe. Außerdem folge aus den Ortsdurchfahrtenrichtlinien - ODR -, dass sie überhaupt nicht zur "Beitragszahlung" heranzuziehen sei. Nach den ODR beteilige sich die Bundesrepublik Deutschland bzw. das Saarland nur dann an den Kosten einer Ortsdurchfahrt, wenn zugleich geregelt werde, dass durch die Zahlung dieses Zuschusses der Zuschussgeber zukünftig von Gebühren für die Ableitung des Oberflächenwassers befreit werde. Dies sei eine seit vielen Jahren gefestigte Praxis. Aufgrund dieser ODR und des späteren Abschlusses entsprechender Verträge mit den Kommunen sei eine Befreiung von der Niederschlagswassergebühr erfolgt. Die spätere Erfindung der Niederschlagswassergebühr könne nicht dazu führen, dass aufgrund einer Umstellung des Abrechnungswesens und der nunmehr möglichen Erhebung von Niederschlagsgebühren sie nunmehr als Gebührenpflichtige angesehen werde. Dies sei – wie sich aus den ODR ergebe – nie beabsichtigt gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Kanalbenutzungsgebührenbescheid des Beklagten vom 10.08.2001 und den aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27.01.2005 ergangenen Widerspruchsbescheid – Az.: 147/2003 – aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, die rückwirkende Inkraftsetzung der Satzung sei nicht zu beanstanden, da die frühere Abwassergebührensatzung wegen des darin normierten sogenannten Frischwassermaßstabes mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig und damit nichtig gewesen sei. Für das Abrechnungsjahr 1999 seien bereits keine endgültigen, sondern nur vorläufige Gebührenbescheide verschickt worden. Es handele sich daher vorliegend auch nur um eine unechte Rückwirkung, weil die Gebührenpflicht in der Vergangenheit wegen der Nichtigkeit des Gebührenmaßstabes in der damaligen Gebührensatzung noch nicht entstanden gewesen sei. Zudem habe für die Gebührenpflichtigen kein Vertrauensschutz auf den Fortbestand der damaligen Satzungsregelung bestanden, da diese Regelung nichtig gewesen sei. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes hindere den Ortsgesetzgeber nicht, eine wegen eines Fehlers im Gebührenmaßstab unwirksame Satzung durch eine neue Satzung mit geändertem Gebührenmaßstab rückwirkend zu ersetzen. Die Oberflächenwässer der BAB 6 gelangten in die städtische Kanalisation und seien damit gebührenpflichtig. Es würden anstatt der ursprünglich angesetzten 200.000 m² nur noch ca. 170.000 m² berechnet, da ein Teil (Bereich Sengscheid) als Einleitung in ein Gewässer anerkannt worden sei. Außerdem seien die Flächen, für die Vereinbarungen mit der Zusage der gebührenfreien Einleitung vorgelegen hätten und bei denen Finanzierungshilfen zu Stauraumkanälen seitens des Landes geleistet worden seien, aus der Berechnung herausgenommen worden.

Mit auf die mündliche Verhandlung vom 22.09.2006 ergangenem Urteil – 11 K 10/06 – hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung der Mittelstadt St. Ingbert vom 05.09.2000 seien für die streitigen Autobahnteilstücke der BAB 6 erfüllt, für die die Klägerin die Straßenbaulast trage. Die "Richtlinien für die Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesfernstraßen - Ortsdurchfahrtsrichtlinien (ODR)" vom 02.01.1976 in der Fassung vom 11.10.1993 stünden einer Heranziehung der Klägerin nicht entgegen, da eine bloße Verwaltungsvorschrift nicht einseitig die durch ein Landesgesetz in Verbindung mit einer gemeindlichen Satzung geregelten Abgabenpflichten abändern könne. Leite die Klägerin Niederschlagswasser im Rahmen der ihr obliegenden Straßenbaulast und der damit zusammenhängenden Abwasserbeseitigungspflicht in die gemeindliche Kanalisation ein, so sei sie insoweit gebührenpflichtig.

Die rückwirkende Inkraftsetzung der Satzungsbestimmungen zum 01.01.1999 sei zulässig, da der Klägerin kein Vertrauensschutz zustehe. Dies gelte selbst dann, wenn man für das Jahr 1999 von einer echten Rückwirkung ausgehe. Es spreche allerdings einiges dafür, von einer zulässigen unechten Rückwirkung der ABGS auszugehen, weil für das Jahr 1999 wegen des Gebührenmaßstabs der reinen Frischwassermenge eine fehlerhafte Abwassergebührensatzung vorgelegen habe. Aber auch eine echte Rückwirkung sei vorliegend zulässig, weil der Klägerin kein schutzwürdiges Vertrauen zustehe. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Zulässigkeit des reinen Frischwassermaßstabs sei die Vorgängersatzung vom 25.02.1992 in der Fassung vom 10.11.1999 ungültig und die Einführung eines gesplitteten Abwassergebührenmaßstabes für die Schmutzwasserbeseitigung einerseits und die Niederschlagswasserbeseitigung andererseits geboten gewesen. Dem habe der Beklagte mit der rückwirkend erlassenen ABGS Rechnung getragen. Mit der Erhebung der Niederschlagswassergebühr sei auch keine neue Gebühr eingeführt, sondern lediglich der bisher bestehende Gebührenmaßstab geändert worden, da schon in der Vorgängersatzung die Entsorgung des Niederschlagswassers Bestandteil der Abwassergebühr gewesen sei. Nur der Gebührenmaßstab sei ein anderer gewesen, da die Abwassergebühr nach dem Frischwasserverbrauch bemessen worden sei.Bei dieser Sachlage sei ein etwaiges Vertrauen der Klägerin darauf, im Jahre 1999 von einer Niederschlagswassergebührenpflicht verschont zu bleiben, nicht schutzwürdig. Es sei auch nicht geboten, die Folgen einer aus Rechtsgründen erforderlich gewordenen Änderung des Gebührenmaßstabes rückwirkend nur denjenigen zugute kommen zu lassen, die hierdurch begünstigt werden, und den dadurch Benachteiligten für die Vergangenheit die Vorteile des früheren - rechtswidrigen - Gebührenmaßstabes zu belassen. Die Einführung des gesplitteten Gebührenmaßstabs verstoße auch nicht wegen des Fehlens einer schonenden Überleitung gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Übermaßverbots. Hinsichtlich der Höhe der Gebühr im Einzelnen habe der Beklagte die gebührenrelevante Fläche zu Recht anhand von Luftbildkarten geschätzt, da die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei. Die Vereinbarung vom 27.07./22.08.1990 über die anteilige Kostenübernahme für den Bau eines Staukanals an der Autobahn A 6, Abschnitt Betzental-Sengscheid, enthalte keine Erklärung der "unentgeltlichen" Aufnahme des Oberflächenwassers.

Dieses Urteil ist der Klägerin zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am 09.10.2006 zugestellt worden.

Auf den am 07.11.2006 eingegangenen Antrag, der am 11.12.2006 (einem Montag) begründet wurde, hat der Senat mit Beschluss vom 15.03.2007 - 1 Q 44/06 - die Berufung zugelassen. Die Berufungsbegründung ist am 17.04.2007 eingegangen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte vorgebracht, nach weiteren Überprüfungen sehe er inzwischen lediglich noch eine Teilfläche der Autobahn von 182.300 m² als niederschlagswassergebührenrelevant an, und hat deshalb den Heranziehungsbescheid vom 10.08.2001 dahingehend geändert, dass die Klägerin für die Jahre 1999 und 2000 jeweils 109.986,00 EUR an Niederschlagswassergebühren zahlen muss. Im Umfang der Gebührenherabsetzung haben die Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt erklärt.

Die Klägerin führt zur Begründung der verbliebenen Berufung aus, die Frage der Straßenbaulast habe nicht unbedingt etwas mit der Frage der Gebührenpflicht für das Niederschlagswasser zu tun. Die Annahme sei verfehlt, dass derjenige, der für die Herstellung einer Straße zuständig sei, auch die Kosten der Entsorgung des Oberflächenwassers zu tragen habe. Allein aus der Straßenbaulast könne nicht auf die Gebührenpflicht für Niederschlagswasser geschlossen werden. Völlig unklar sei vorliegend zudem, in welchem Umfang das Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasseranlage gelange. Das sich auf der Bundesautobahn ansammelnde Oberflächenwasser werde keineswegs zu 100% in die Kanalisation der Stadt St. Ingbert geleitet. Ein erheblicher Teil des Oberflächenwassers fließe über die Böschungen hinweg und versickere dabei; zum Teil lande es in Mulden und versickere dort sogar vollständig. 80 % des Oberflächenwassers gelange von der Autobahn in die städtische Kanalisation. Den entsprechenden Anteil könne man durch Versuche genauer feststellen, was jedoch nicht sie durchführen könne, sondern nur der Beklagte.

Zur Konkretisierung dieses Vortrags legt die Klägerin zwei Karten vor, in denen die Autobahn in Teilflächen untergliedert ist, die nach den Ermittlungen der IBZ-GmbH vom November 2006 „direkt“ oder „indirekt“ in die städtische Kanalisation des Beklagten entwässern. Hierzu hat die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung erläutert, dass in den „Teileinzugsgebieten über LfS-Kanal direkt in städt. Kanal“ das Regenwasser von der Straßenfläche über Einlaufschächte, Rinnen, Gräben und LfS-Kanäle in die gemeindliche Kanalisation gelange; bei den „Teileinzugsgebieten über Böschung/Mulden indirekt in städt. Kanal“ laufe das Regenwasser über eine kürzere oder längere Strecke oberirdisch über unbefestigte Flächen; Teilmengen gelangten bei stärkerem Regen sicherlich irgendwo in die gemeindliche Kanalisation.

Im Weiteren bringt die Klägerin vor, sie halte auch in Kenntnis des erstinstanzlichen Urteils daran fest, dass Einleitungen in den Staukanal Betzental-Sengscheid aufgrund der getroffenen Vereinbarung für sie gebührenfrei seien.

Zu rügen sei außerdem das Fehlen einer Ausnahmeregelung wie in § 13 ABGS hinsichtlich der Frischwassermengen, die nachweisbar nicht in die öffentliche Abwasseranlage eingeleitet würden. § 13 Abs. 1 und Abs. 3 ABGS passe nicht auf das von der Bundesautobahn abfließende Oberflächenwasser, das auf einer Böschung oder einem Hang versickere und überhaupt nicht in die Kanalisation gelange. Bereits aufgrund dieser Regelungslücke seien die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

Fraglich sei zudem, ob das Kommunalabgabengesetz überhaupt auf die Entsorgung von Oberflächenwasser der Bundesautobahn Anwendung finden könne, da eine Bundesautobahn im öffentlichen Interesse errichtet werde. Wenn somit öffentliche Verkehrsaufgaben wahrgenommen würden, sei nicht ersichtlich, mit welcher Begründung diese Flächen der Gebührenerhebung nach dem Kommunalabgabengesetz unterfallen sollten. Wenn in § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG die Rede davon sei, dass die Satzung den Kreis der Abgabenpflichtigen bestimmen müsse und vorliegend insoweit auf die Grundstückseigentümer und nicht den Träger der Straßenbaulast abgestellt werde, sei dies ein weiterer Beleg dafür, dass der Träger der Straßenbaulast nicht Normadressat sei. Eine Abwassergebührensatzung sei außerdem nichtig, wenn dem Satzungsgeber bei seiner Beschlussfassung keine Gebührenkalkulation vorgelegen habe. Deshalb sei der Beklagte verpflichtet gewesen, vor Erstellung der Gebührensatzung bzw. vor Festlegung der Niederschlagswassergebühr die versiegelte Fläche, die Grundlage der Niederschlagswassergebühr sei, zu ermitteln. Dass dies vor Verabschiedung der Satzung geschehen sei, sei nicht ersichtlich. So habe der Beklagte nicht ermittelt, in welchem Umfang tatsächlich von der Bundesautobahn in den Abwasserkanal entwässert werde.

Die Frage des Vertrauensschutzes sei vorliegend zu prüfen, da der Beklagte die Erhebung einer Niederschlagswassergebühr rückwirkend ab dem 01.01.1999 eingeführt habe. Ihr - der Klägerin - sei nicht bekannt gewesen, ob eine solche Gebühr in St. Ingbert habe eingeführt werden müssen. Wenn eine Kommune in Kenntnis der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte Jahre lang keine Niederschlagswassergebühr einführe, müsse ein Anlieger davon ausgehen können, dass die Voraussetzungen für die Einführung einer gespaltenen Abwassergebühr nicht erfüllt seien.

Die Klägerin beantragt,

unter entsprechender Abänderung des angefochtenen Urteils den Bescheid des Beklagten vom 10.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 sowie der heute zu Protokoll erklärten Änderung aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er führt aus, auf die Frage der Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung einer Niederschlagswassergebühr für die Entsorgung von Niederschlagswasser der in seinem Gebiet verlaufenden Bundesautobahn finde das Kommunalabgabengesetz Anwendung. Dies sei durch die grundlegende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.03.1997 geklärt. Die Klägerin habe während des Verwaltungsverfahrens nicht dargelegt, welchen Kenntnisstand sie bezüglich der Einleitungen habe oder nachgefragt, ob vielleicht beim Beklagten genauere Erkenntnisse über die Einleitung des Niederschlagswassers von der Bundesautobahn existierten. Die Klägerin sei ihrer in § 17 Abs. 1 ABGS statuierten Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Deshalb sei zunächst eine Schätzung der Berechnungsgrundlagen erfolgt, die verfahrensbegleitend präzisiert worden sei. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Gebührenerhebung sei zu beachten, dass die Stadt St. Ingbert für ihre versiegelten Verkehrsflächen ebenfalls gebührenpflichtig sei. Bezüglich der Frage der Rückwirkung der betreffenden Satzung werde auf den erstinstanzlichen Vortrag sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil vom 22.09.2006 Bezug genommen.

Zu den angesprochenen Kalkulationsgrundlagen werde darauf verwiesen, dass im Vorfeld der Einführung der gesplitteten Abwassergebühr eine Fragebogenaktion durchgeführt worden sei, wobei alle relevanten versiegelten und überbauten Grundstücksflächen, die in die Kanalisation entwässerten, erfragt worden seien. Die öffentlichen Flächen seien anhand des städtischen Straßenkatasters ermittelt worden. Lediglich bei den Grundstückseigentümern, die keinen Fragebogen abgegeben hätten, seien diese Flächen geschätzt worden. Da die Klägerin trotz Anfrage und mehreren Besprechungen nicht bereit gewesen sei, die entsprechenden Daten zu liefern, sei die Autobahnfläche anhand von Luftbildauswertungen ermittelt worden. Die Kosten der Entsorgung des Niederschlagswassers seien anhand der existierenden Kostenrechnungsdaten ermittelt worden. In Gebieten mit Trennsystemen seien die Kosten für die Niederschlagsentwässerung direkt auf den zutreffenden Kostenstellen erfasst. Bei Anlagenteilen, die direkt Schmutzwasser- bzw. Niederschlagswasserkosten hätten zugeordnet werden können, wie z.B. Regenrückhaltebecken, Regenüberlaufbecken und Schmutzwasserpumpwerken seien die Kosten ebenfalls direkt auf den zutreffenden Kostenstellen erfasst. Die Kosten, die nicht eindeutig den Schmutzwasser- oder Regenwasserkosten zuordenbar gewesen seien, seien nach dem Verhältnis der Kosten aufgeteilt worden, die entstehen würden, würde man die Abwasseranlage im Trennsystem bauen und betreiben. Dazu sei für die vorhandenen Mischwasserkanäle ein fiktives Trennsystem berechnet worden. Auf Grundlage dieser umfassenden Betrachtung sei für die Gebührenberechnung der Stadt St. Ingbert ein Schmutzwasserkostenanteil von 64% und ein Niederschlagswasserkostenanteil von 36% ermittelt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den in der mündlichen Verhandlung erörterten Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte des Verfahrens 1 A 43/07 sowie der einschlägigen Behördenunterlagen (3 Hefte) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Soweit die Klägerin und der Beklagte den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung im Anschluss an eine zuvor zu Protokoll erklärte Bescheidänderung übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung der §§ 92 Abs. 3, 125 Abs. 1 VwGO einzustellen und das erstinstanzliche Urteil in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO für wirkungslos zu erklären. Die Erledigung bezieht sich, wie sich aus einem Vergleich der im angefochtenen Bescheid vom 10.08.2001 ursprünglich erhobenen Gebührenforderung für die Jahre 1999 und 2000 in Höhe von jeweils 120.664,88 (= 236.000,00 DM) und dem nunmehr noch streitgegenständlichen Betrag von jeweils 109.986,00 EUR ergibt, auf einen Teilbetrag in Höhe von - zusammen - 21.357,76 EUR.

Gegenstand der Berufung ist der Bescheid des Beklagten vom 10.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 sowie der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung. Damit ergibt sich für das vorliegende Verfahren noch eine streitige Heranziehung zu Niederschlagswassergebühren für die Jahre 1999 und 2000 in Höhe von jeweils 109.986,00 EUR.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO den inhaltlichen Vorgaben des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden.

Die Berufung ist begründet, soweit sich die Klage gegen die Festsetzung der Niederschlagswassergebühr für das Jahr 1999 in Höhe von 109.986,00 EUR richtet (II.); unbegründet ist die Berufung demgegenüber, soweit sie die Festsetzung der Niederschlagswassergebühr für das Jahr 2000 betrifft, in Höhe eines Teilbetrages von 64.158,72 EUR (I.); im Übrigen - Anforderung weiterer 45.827,28 EUR Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2000 - sind weitere Ermittlungen hinsichtlich eventuell noch zusätzlich gebührenpflichtiger Teilflächen der BAB 6 erforderlich (III.). In dieser Situation hält es der Senat für sinnvoll, ein Teilurteil (§ 110 VwGO) zu erlassen.

I.

Durch den angefochtenen Bescheid vom 10.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 sowie der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung wird die Klägerin für das Jahr 2000 als Eigentümerin der künstlich befestigten Grundfläche der BAB 6 mit Blick auf das von dort abfließende Niederschlagswasser zu Gebühren in Höhe von 109.986,00 EUR herangezogen. So war insbesondere auch in Bezug auf die Schuldnerstellung der Klägerin der Verwaltungsakt vom Beklagten gemeint, und in diesem Sinne wurde er von der Klägerin, wie insbesondere die Klageschrift zeigt, verstanden. Die verwaltungsverfahrensrechtlichen Mindestanforderungen der §§ 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.05.1998 (ABl. S. 691), 157 Abs. 1 Satz 2 AO sind erfüllt.

In der Sache ist diese Gebührenanforderung nach dem derzeitigen Stand der Sachverhaltsfeststellung jedenfalls in Höhe eines Teilbetrags von 64.158,72 EUR gerechtfertigt, da insoweit die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Abwasseranlage vom 05.09.2000 (Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung - ABGS) eine nicht gegen höherrangiges Recht verstoßende Rechtsgrundlage darstellt (1.), deren Voraussetzungen gegeben sind (2.). Zudem ist die Inanspruchnahme der Klägerin rechtmäßig, da sie Eigentümer der Straßenflächen ist (3.), das Rückwirkungsverbot nicht verletzt ist (4.), es bei der Anwendung der ABGS keiner Übergangsvorschrift bedurfte (5.) und die Ortsdurchfahrtsrichtlinien nicht einschlägig sind (6.).

1. Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu den angefochtenen Niederschlagswassergebühren dem Grunde nach sind die §§ 9, 10 und 12 ABGS.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 ABGS erhebt die Mittelstadt St. Ingbert für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlagen unter anderem durch das Einleiten von Niederschlagswasser Gebühren (Abwassergebühren). Die Niederschlags-wassergebühr bemisst sich nach der Größe der künstlich befestigten Flächen eines Grundstücks, von denen das aus Niederschlägen stammende Wasser in die öffentliche Abwasseranlage gelangt (§ 12 Abs. 1 Satz 1 AGBS). Gemäß § 10 Abs. 1 ABGS sind in der Regel die Eigentümer der Grundstücke, auf denen das Abwasser anfällt, gebührenpflichtig. Bis zu ihrer Änderung am 18.06.2003 durch die 5. Änderungssatzung enthielt die ABGS keine Regelung über die Inanspruchnahme des Straßenbaulastträgers anstelle des Eigentümers.

a) Die Regelungen der §§ 9, 10 und 12 ABGS sind mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie harmonieren insbesondere mit den Vorschriften der §§ 4 Abs. 2, 6 Abs. 1 KAG.

Es steht außer Frage, dass jedenfalls das auf einem Teil der Autobahn anfallende Niederschlagswasser tatsächlich in die städtische Kanalisation gelangt und dass dies sowohl von der Klägerin als auch dem Beklagten so gewollt ist. Die Klägerin sorgt nach ihrem eigenen Vortrag seit Jahrzehnten durch den Bau und die Unterhaltung von Einlaufschächten, Kanälen, Rinnen und Gräben für eine direkte Ableitung eines Teils des Niederschlagswassers von der Autobahn in die städtische Kanalisation, und dem Beklagten sind die Einlaufstellen seit langer Zeit bekannt. Die Nutzung der gemeindlichen Abwasseranlage - auch - für die Entwässerung der Bundesautobahn sowie der Bundes- und Landstraßen geschieht seit langem in St. Ingbert einvernehmlich, wie nicht zuletzt beispielhaft die Vereinbarung zwischen den Beteiligten über Bau, Betrieb und Finanzierung des Staukanals Betzental-Sengscheid zeigt. Das einschlägige Ortsrecht nennt denn auch ohne Einschränkung die Ableitung des Niederschlagswassers als Aufgabe der städtischen Kanalisation (§§ 1 Abs. 1 und 2, 2 Abs. 1 der Satzung der Mittelstadt St. Ingbert über die Entwässerung der Grundstücke, den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage und deren Benutzung – Abwassersatzung vom 26.2.1992 -) und erklärt jede solche Inanspruchnahme für gebührenpflichtig (§ 9 Abs. 1 Satz 1 ABGS). Dass der durch die §§ 4 Abs. 2, 6 Abs. 1 KAG im Kern vorgegebene und durch das einschlägige Satzungsrecht konkretisierte Gebührentatbestand der Inanspruchnahme beziehungsweise Benutzung einer öffentlichen Einrichtung durch das Einleiten des auf der Autobahn anfallenden Niederschlagswassers in die Kanalisation der Mittelstadt St. Ingbert erfüllt wird, steht damit fest.

b) Das Erheben von Gebühren für diese Niederschlagswassereinleitung wird nicht durch anderweitige Regelungen ausgeschlossen.

Das Saarländische Kommunalabgabengesetz enthält - ebenso wie das saarländische Straßen- und Wasserrecht - keine Regelung, die eine Gebührenpflicht für die Einleitung von Niederschlagswasser von dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Flächen in eine kommunale Entwässerungseinrichtung ausschließt. Insofern unterscheidet sich das Recht im Saarland von dem Recht in Baden-Württemberg, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Hessen.

aa) So ist in § 17 Abs. 3 des Kommunalabgabengesetzes Baden-Württemberg vom 17.03.2005 geregelt, dass die anteiligen Kosten, die auf die Entwässerung von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen entfallen, bei den für die Gebührenbemessung anzusetzenden Kosten außer Betracht bleiben. Vergleichbare Regelungen enthalten § 6 Abs. 2 Satz 8 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg vom 31.03.2004 und § 11 Abs. 3 des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes vom 26.08.2004. In diesen Bundesländern verbietet sich damit eine kommunalabgabenrechtliche Abwälzung der Straßenentwässerungskosten von der Gemeinde auf Dritte.

bb) In Rheinland-Pfalz ist die Rechtslage von einer Sonderregelung innerhalb des Kommunalabgabengesetzes vom 20.06.1995 (KAG 1996) geprägt, die eine Gebührenpflicht für die Straßenentwässerung bei Nutzung einer kommunalen Entwässerungseinrichtung ausschließt. Dies ist zwar nicht unmittelbar dem Gesetz zu entnehmen, sondern ergibt sich in erster Linie aus der Rechtsgeschichte. Gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 KAG 1996 bleiben bei der Kostenrechnung für Benutzungsgebühren die Kosten für solche Leistungen, die nicht den Gebührenschuldnern zugute kommen, bei der Ermittlung der entgeltfähigen Kosten außer Ansatz, soweit sie erheblich sind. Diese Regelung schließt es nach ihrem Wortlaut allerdings nicht von vornherein aus, auch diejenigen Kosten in die Gebührenerhebung für die Nutzung einer Entwässerungseinrichtung einzubeziehen, die durch die Oberflächenentwässerung von öffentlichen Straßen entstehen. Jedoch lässt eine Ermittlung des Regelungsgehalts der fraglichen Norm unter Anwendung der sogenannten historischen Auslegungsmethode für den Bereich des Landes Rheinland-Pfalz ein solches Normverständnis nicht zu. Ursprünglich bestimmte nämlich § 10 Abs. 4 Nr. 2 a) des Kommunalabgabengesetzes vom 05.05.1986 ausdrücklich, dass in die laufenden Entgelte für die Abwasserbeseitigung nicht die Kostenanteile für die Entwässerung von öffentlichen Verkehrsanlagen einzubeziehen seien. Die sich daraus ergebende eindeutige Rechtslage sollte durch den nunmehr einschlägigen § 8 Abs. 4 Satz 1 KAG 1996 nicht geändert werden. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien eindeutig ergibt, sollten nach dem Willen des Gesetzgebers auch nach In-Kraft-Treten des KAG 1996 die Aufwendungen für die Straßenentwässerung nicht als gebühren- oder beitragsfähige Kosten behandelt werden. Die sich so dokumentierende Eindeutigkeit des gebotenen Regelungsverständnisses lässt es demnach für den Bereich des Landes Rheinland-Pfalz nicht zu, die fraglichen Aufwendungen zum Gegenstand einer Gebührenerhebung zu machen

so OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.02.2001 - 12 A 11746/00 - AS RP-SL 29, 50, m.w.N. und daran anschließend BGH, Urteil vom 18.07.2002 – III ZR 287/01 – UPR 2002, 441 = NVwZ 2002, 1535 = BauR 2002, 1831.

cc) In Hessen findet sich eine Regelung zur Frage der Gebührenpflicht der Entwässerung von Straßenflächen im Straßengesetz. In § 20 Abs. 5 des Hessischen Straßengesetzes (HStrG) in der Fassung vom 08.06.2003 ist geregelt, dass sich der Träger der Straßenbaulast an den Kosten der Herstellung oder Erneuerung der von der Gemeinde oder einem Abwasserverband eingerichteten Abwasseranlage in dem Umfang beteiligt, wie es der Bau einer eigenen Straßenentwässerung erfordern würde, wenn eine Straßenentwässerung über diese Anlage erfolgt und nicht über eine straßeneigene. Der Gemeinde obliegt die schadlose Abführung des Straßenoberflächenwassers. Für die Inanspruchnahme der Entwässerungsanlage ist darüber hinaus kein Entgelt zu erheben. Zwischen dem Träger der Straßenbaulast und der für die Abwasserentsorgung zuständigen Körperschaft kann eine Pauschalregelung getroffen werden. Dies ist als abschließende Regelung konzipiert und schließt damit eine Gebührenerhebung aus.

Vor der Einführung dieser Sonderregelung war in Hessen allerdings davon auszugehen, dass sich bei widmungsgemäß entsprechend weiter Zweckbestimmung einer gemeindlichen Entwässerungseinrichtung die gebührenpflichtige Leistung auch auf die Oberflächenentwässerung öffentlicher Straßen erstreckte, so dass ein mit der Gemeinde nicht identischer Straßenbaulastträger der Gebührenpflicht unterlag

so Lohmann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht - Stand: Januar 2007 -, § 6 Rdnr. 658a.

Vergleichbare Bestimmungen wie in den genannten Bundesländern weisen weder das Saarländische Kommunalabgabengesetz noch das Saarländische Straßengesetz (SStrG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.10.1977 (ABl. S. 969) auf, so dass insoweit keine Regelungen bestehen, die einer Gebührenpflichtigkeit der Straßenentwässerung entgegenstehen würden.

dd) Der Senat folgt nicht der Rechtsprechung des OVG Schleswig-Holstein

Beschluss vom 25.04.2003 - 2 MB 33/03 – juris (Ls.), daran anschließend auch VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 03.03.2004 – 4 A 23/03 – juris; so auch Lichtenfeld in Driehaus, a.a.O., § 6 Rdnrn. 746 f. für die Rechtslage in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt,

wonach der nicht mit dem kommunalen Träger der Abwasserbeseitigung identische Träger der Straßenbaulast, der Niederschlagswasser in die gemeindliche Kanalisation einleitet, nicht zu Abwassergebühren herangezogen werden kann.

Die Begründung dieser Ansicht, dass der Straßenbaulastträger nicht zu den Straßenentwässerungskosten über Gebühren herangezogen werden könne, weil die Straßenentwässerung nicht Teil der Grundstücksentwässerung sei und deshalb Kosten, die auf die Straßenentwässerung entfallen, nicht gebührenfähig seien, ist nicht zwingend. Dass für die laufenden Kosten der Entwässerung von Gemeindestraßen keine Gebühren erhoben wurden, findet seinen Grund u.a. darin, dass der Frischwassermaßstab das Abwassergebührenrecht über Jahrzehnte hinweg beherrscht hat und daher für die Ableitung allein von Niederschlagswasser eine Umlage im Wege der Gebührenerhebung ausgeschlossen war. Diese rechtshistorische Tatsache macht es aber unter Geltung der gesplitteten Abwassergebühr nicht unabdingbar, das alte System unter Einbeziehung der klassifizierten Straßen fortzuführen, zumal sich hinsichtlich dieser das Problem des Zusammenfallens von Gläubiger- und Schuldnerstellung nicht stellt. So ist es - ohne dahingehende gesetzliche Bestimmung - keineswegs zwingend, aus der Abgrenzung von Erschließungsbeiträgen und Straßenausbaubeiträgen eine abschließende Zuordnung der Kosten der Straßenentwässerung und einen Ausschluss der Gebührenpflicht für die Ableitung des Niederschlagswassers von öffentlichen Straßen zu folgern. Denn Beiträge und Gebühren verfolgen unterschiedliche Ansätze und sind in den jeweiligen Kommunalabgabengesetzen auch an unterschiedlichen Stellen geregelt

vgl. §§ 6, 8 KAG des Saarlandes und des Landes Schleswig-Holstein.

Nach den Regelungen des Saarländischen Kommunalabgabengesetzes und des Saarländischen Straßengesetzes kann daher der Eigentümer der Straßenflächen oder der Träger der Straßenbaulast, der Niederschlagswasser in die gemeindliche Kanalisation einleitet, zu Niederschlagswassergebühren herangezogen werden, wenn dies die gemeindliche Satzung vorsieht

wie hier für die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.10.1996 - 9 A 4145/94 - Städte- und Gemeinderat 1997, 83 = ZKF 1997, 110 = NWVBl 1997, 220 = ZfW 1998, 330 und Schulte/Wiesemann in Driehaus, a.a.O., § 6 Rdnr. 352d sowie für die Rechtslage in Hessen bis zum Jahr 2003 Lohmann in Driehaus, a.a.O., § 6 Rdnr. 658a.

Eine Beteiligung des Straßeneigentümers oder des Straßenbaulastträgers an den Kosten für die Entwässerung der Straßen muss daher im Saarland - anders als z.B. in Rheinland-Pfalz - nicht auf anderer Grundlage wie z.B. Geschäftsführung ohne Auftrag oder öffentlich-rechtliche Erstattung vollzogen werden

zur Rechtslage in Rheinland-Pfalz vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.02.2001 und BGH, Urteil vom 18.07.2002, jeweils a.a.O..

c) § 50b Abs. 4 des Saarländischen Wassergesetzes (SWG) vom 30.07.2004 (ABl. S. 1994) steht der Erhebung von Gebühren für die Entwässerung öffentlicher Straßenflächen im Saarland ebenfalls nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift obliegt den Trägern öffentlicher Verkehrsanlagen die Abwasserbeseitigung an Stelle der beseitigungspflichtigen Körperschaften, soweit es sich um Niederschlagswasser handelt. Damit wird lediglich eine Aussage hinsichtlich der Entsorgungspflicht des Straßenbaulastträgers für das auf den Straßen anfallende Niederschlagswasser getroffen. Es fehlt jedoch eine Aussage hinsichtlich einer möglichen Gebührenfreiheit oder -pflicht für diese Entsorgung, so dass diese Vorschrift der Erhebung von Niederschlagswassergebühren nicht entgegensteht. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber beim Erlass dieser Vorschrift die Frage einer eventuellen Gebührenpflicht auch nicht regeln wollte. Vielmehr ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien

Landtags-Drucksache 11/1296, S. 81,

dass § 50b Abs. 4 SWG lediglich der „Klarstellung“ dienen soll, „dass für die Träger öffentlicher Verkehrsanlagen hinsichtlich der (Abwasser-)Beseitigungspflicht bei Niederschlagswasser aufgrund von Bundes- und Landesstraßenrecht besondere Zuständigkeiten bestehen.“

d) § 3 Abs. 1 FStrG steht einer Gebührenpflicht der Klägerin ebenfalls nicht entgegen. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 06.03.1997

- 8 B 246/96 - UPR 1997, 328 = DVBl 1997, 1065 = BayVBl 1997, 570 = Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 86 = NVwZ-RR 1998, 130 = NuR 1998, 482

entschieden hat, steht die Regelung der Straßenbaulast in § 3 Abs. 1, § 4, § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG der Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme einer kommunalen Abwasserbeseitigungseinrichtung bei der Oberflächenentwässerung von Bundesautobahnen nicht entgegen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Beschluss folgendes ausgeführt:

„Die Straßenbaulast umfaßt alle mit dem Bau und der Unterhaltung einer Straße zusammenhängenden Aufgaben; der Straßenbaulastträger ist danach im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit verpflichtet, die Straße in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern (§ 3 Abs. 1 FStrG). Dazu zählt - wie sich aus § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG ergibt - auch die Einrichtung und Unterhaltung von Anlagen zur Oberflächenentwässerung der Fahrbahn. Trägt - wie hier (vgl. § 5 Abs. 1 FStrG) - der Staat oder eine Körperschaft die Straßenbaulast, so ist die Verpflichtung zunächst auf die Etatisierung ausreichender Straßenbaumittel gerichtet; soweit die Länder oder Landschaftsverbände wie im vorliegenden Fall die Bundesstraßen im Auftrag des Bundes verwalten (Art. 90 Abs. 2 GG), beschränkt sich dessen Verpflichtung als Träger der Straßenbaulast schwerpunktmäßig auf die Bereitstellung des Budgets und die Deckung der laufenden Ausgaben ("Finanzierungslast"), die tatsächliche Straßenverwaltung ist Sache der beauftragten Körperschaft (vgl. Salzwedel in Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 10. Aufl., 1995, S. 787 Rn. 40). Dabei kann dahinstehen, ob mit Blick auf die sich aus dem Eigentum ergebenden Straßenbauaufgaben des Bundes nach Art. 90 Abs. 1 GG dieser faktischen Aufspaltung unmittelbare rechtliche Bedeutung zukommt oder nicht vielmehr der Begriff der Straßenbaulast im Sinne von § 3 FStrG damit identisch ist (so Kodal, Straßenrecht, 5. Aufl., S. 37 Rn. 14 und 15.1). Jedenfalls steht fest und wird - soweit ersichtlich - von niemandem in Zweifel gezogen, daß der umfassenden Sachaufgabe der Straßenbaulast durch vielerlei Maßnahmen nachgekommen werden kann, der W e g der Erfüllung der Bau- und Unterhaltungspflichten des Baulastträgers also durch die Aufgabe nicht vorbestimmt ist (vgl. Kodal, a.a.O., S. 37 Rn. 15.3). Es kommt hinzu, daß das einschlägige Landesrecht (vgl. jetzt § 53 Abs. 3 LWG NW) zulässigerweise die Pflicht zur Beseitigung von Niederschlagswasser, welches von Straßenoberflächen außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile anfällt, ebenfalls dem Träger der Straßenbaulast auferlegt.

Das Oberverwaltungsgericht hat deshalb zutreffend erkannt, daß die - auch - von der Straßenbaulast umfaßte Pflicht zur Oberflächenentwässerung der Fahrbahn einer Straße und die landesrechtliche Pflicht zur Beseitigung dieser Abwässer mit der Erhebung von Gebühren für die dabei in Anspruch genommenen städtischen Einrichtungen auf der Grundlage einer kommunalen Entwässerungsgebührensatzung nicht im Widerspruch steht. Die Art und Weise der technischen Umsetzung der Oberflächenentwässerung und ihre rechtliche Regelung bestimmt die Baulast nämlich nicht im Einzelnen. Solange die Maßgaben des Wasserrechts beachtet werden, ist der Straßenbaulastträger vielmehr darin frei, ob er sich zur Erfüllung der ihm obliegenden Pflicht einer eigenen Abwassereinrichtung bedienen will oder - in Absprache mit einer Kommune - eine vorhandene städtische Kanalisation benutzt. Denn der Träger der Straßenbaulast ist zur Benutzung städtischer Anlagen insoweit - wie dargelegt - nicht verpflichtet und die Satzungsregelungen des Beklagten setzen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine rechtlich verbindliche Nutzungsverpflichtung auch nicht voraus (BU S. 12); sie belassen vielmehr die Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der im Rahmen der Straßenbaulast und der Abwasserbeseitigungspflicht zu bewältigenden Entwässerung der Fahrbahnen dem jeweils zuständigen Hoheitsträger. Dieser kann hierfür - wie schon erwähnt - eigene Anlagen bauen und unterhalten oder eine vorhandene kommunale Kanalisation in Anspruch nehmen. Die im letztgenannten Fall einsetzende Gebührenpflicht ist dann eine unmittelbare Folge der Entscheidung des Straßenbaulastträgers zugunsten dieses Weges der Pflichterfüllung unter Nutzung bereits von Dritten geschaffener Anlagen und greift nicht unzulässig in die bundesrechtlich geregelte Straßenbaulast ein. Ob - wie die Beschwerde vorbringt - in Fällen der vorliegenden Art auch eine vertragliche Vereinbarung über die (einmalige) Beteiligung an den Herstellungskosten der Abwasserbeseitigungsanlage anstelle der dauernden Belastung mit Benutzungsgebühren zulässig und sachgerechter wäre (vgl. Ziff. 14 der Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen ), kann dahinstehen. Diese Frage stellt sich in dem hier zu beurteilenden Fall deshalb nicht, weil die hier getroffene Entscheidung für die Benutzung gemeindlicher Einrichtungen ohne vertragliche Absprache und ohne einmalige Kostenbeteiligung mit der daraus nach Landesrecht resultierenden Gebührenpflicht von der etwaigen Möglichkeit einer Vertragslösung nicht berührt wird.“

Nach diesem Beschluss steht fest, dass eine Abwassersatzung, die eine Gebührenpflicht für die Entwässerung der Fahrbahnen einer im Eigentum des Bundes stehenden Straße begründet, nicht gegen Bundesrecht verstößt. Wenn daher der Straßenbaulastträger – im vorliegenden Fall die Klägerin - sich entschließt, zur Erfüllung seiner Pflicht zur Oberflächenentwässerung eine vorhandene städtische Kanalisation zu benutzen, so begründet dies im Falle einer entsprechende Gebührensatzung eine Gebührenpflicht

so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.10.1996, a.a.O., und Schulte/Wiesemann in Driehaus, a.a.O., § 6 Rdnr. 352d.

2. Die Voraussetzungen der §§ 10, 12 ABGS sind vorliegend jedenfalls bezüglich einer Autobahnteilfläche von 106.342 m² gegeben.

a) Bei einer Teilfläche der BAB 6 von 106.342 m² steht nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens fest, dass das von der befestigten Straßenfläche abfließende Niederschlagswasser mittels technischer Vorkehrungen direkt in die Kanalisation der Mittelstadt St. Ingbert geleitet wird. Das löst nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ABGS eine Gebührenpflicht aus. Für die übrigen Flächen bedarf es dagegen weiterer Ermittlungen.

Für folgende asphaltierten oder sonst künstlich befestigten Autobahnteilflächen ist nach den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 11.12.2006 zur Gerichtsakte gereichten Karten der IBZ-GmbH vom November 2006 davon auszugehen, dass diese im Einvernehmen der Beteiligten direkt - das heißt: über Einlaufschächte, Gräben, Rinnen und Kanäle des Landesbetriebs für Straßenbau - in die städtische Kanalisation entwässern, so dass eine Gebührenpflicht besteht:

Bezeichnung der Teilflächen der BAB
6, die nach den Feststellungen der IBZ-
GmbH direkt in die Kanalisation der
Mittelstadt St. Ingbert entwässern

 Größe der Teilflächen in m²

TEG2.1b

12.111

TEG2.2b

6.257

TEG3

9.089

TEG4.1

8.342

TEG5

7.179

TEG6.1

6.585

TEG9

13.600

TEG9.1

5.362

TEG10a

12.235

TEG10.1

3.723

TEG10.2

11.395

TEG11.1a

827

TEG11.2

1.120

TEG11

8.517

Summe:

106.342

Das Vorliegen von Direkteinleitungen wird insoweit durch die zeichnerische Darstellung der Regenwasserkanäle und durch die ganz überwiegend mit den Ermittlungen des Beklagten übereinstimmende Lage der Einleitungsstellen in die städtische Kanalisation klar bestätigt.

Damit ergibt sich eine Gebührenforderung des Beklagten für diese Flächen in Höhe von 64.158,72 EUR (106.342 m² x 1,18 DM = 125.483,56 DM).

Die Gültigkeit des satzungsmäßig festgelegten Gebührensatzes für die Jahre 1999 und 2000 von 1,18 DM/m² in Frage zu stellen, besteht keine Veranlassung. Zwar hatte die Klägerin insoweit zunächst Bedenken angemeldet, diese dann aber nach dem ausführlichen und in der Sache überzeugenden Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 08.05.2007 nicht mehr aufgegriffen. Auf Befragen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie nach einem Hinweis auf die vorgelegten Berechnungen des Beklagten sowie darauf, dass der Senat den Gebührensatz bei vergleichender Betrachtung nicht für auffällig hoch halte, erklärt, ihre ursprünglichen Bedenken nicht aufrecht zu erhalten

zur Kontrolldichte im Verwaltungsrechtsstreit in Bezug auf einen Gebührensatz vgl. BVerwG, Urteil vom 17.4.2002 - 9 CN 1.01 - BVerwGE 116, 188 = KStZ 2002, 213 = DVBl. 2002, 1409 mit Anmerkung von Sendler.

b) Hinsichtlich folgender Flächen ist eine Entscheidungsreife nicht gegeben, da es insoweit weiterer Ermittlungen bedarf, ob und in welchem Umfang eine - gegebenenfalls mittelbare - Entwässerung in die städtische Kanalisation erfolgt:

Bezeichnung der Teilflächen der BAB
6, die nach den Feststellungen der IBZ-
GmbH allenfalls mittelbar – nämlich
über Böschungen und/oder Mulden – in
die Kanalisation der Mittelstadt St.
Ingbert entwässern

 Größe der Teilflächen in m²

TEG1b

800

TEG2.1a

3.062

TEG2.2a

5.423

TEG3a

1.537

TEG4

2.383

TEG6

3.641

TEG7

1.231

TEG8

4.487

TEG10b

2.820

TEG11.1b

1.943

TEG11.3

1.318

Summe:

28.645

c) Nicht eindeutig ist derzeit, ob und inwieweit für die Entwässerung der Teilflächen TEG1a (13.642 m²) und TEG2 (6.338 m²), die nach den Karten der IBZ-GmbH ebenfalls direkt in die städtische Kanalisation entwässern, eine Gebührenpflicht der Klägerin besteht, da diese Flächen zum Teil vom Geltungsbereich der Vereinbarung vom 27.7./22.08.1990 über die „anteilige Kostenübernahme für den Bau des Staukanals an der Autobahn A 6, Abschnitt Betzental-Sengscheid, innerhalb der Gemarkung St. Ingbert, und Ablösung der hiermit anfallenden Unterhaltungskosten“ erfasst werden, die möglicherweise eine Gebührenfreiheit für die in diesen Staukanal entwässernden Autobahnteilflächen begründet. Insoweit muss zunächst geklärt werden, ob die grundsätzliche Abrede über die Ablösung in § 2 der Vereinbarung rechnerisch umgesetzt und der so ermittelte Betrag tatsächlich gezahlt wurde.

d) Im Weiteren besteht eine Differenz von (182.300 m² - 154.967 m² =) 27.333 m² zwischen der von der IBZ-GmbH im Auftrag der Klägerin einerseits und vom Beklagten andererseits ermittelten künstlich befestigten und an die städtische Kanalisation angeschlossenen Autobahnteilfläche. Eine Erklärung für diese Differenz konnte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht gefunden werden.

3. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin bei der BAB 6 sowohl Eigentümer als auch Straßenbaulastträger ist, stellt sich im vorliegenden Fall nicht das Problem, ob eine Heranziehung des Eigentümers einer öffentlichen Verkehrsfläche zu Niederschlagswassergebühren ausscheidet, wenn Eigentum und Straßenbaulast auseinander fallen

vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 07.11.2000 – 5 TZ 114/00 -, ESVGH 51, 74.

4. Das im Rechtsstaatsprinzip im Sinne von Art. 60 Abs. 1 der Saarländischen Verfassung (SVerf), aber auch im Saarländischen Kommunalabgabengesetz verankerte Rückwirkungsverbot ist vorliegend durch die Heranziehung der Klägerin zu Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2000 nicht verletzt, obwohl die erstmals die Erhebung von Niederschlagswassergebühren in St. Ingbert vorsehende Satzung erst am 29.08.2000 beschlossen und am 11.09.2000 bekannt gemacht wurde.

Eine Rechtsnorm entfaltet Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist. Grundsätzlich erlaubt die Verfassung nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum gelten (sogenannte echte Rückwirkung), ist in der Regel unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muss grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Neuregelung darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird. Dieses Vertrauen wird verletzt, wenn eine Rechtsvorschrift an abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Betreffende bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Rechtsfolgenlage findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14.05.1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200 = DVBl 1986, 814 = NJW 1987, 1749 und vom 03.12.1997 - 2 BvR 882/97 - BVerfGE 97, 67 = DVBl 1998, 465 = NJW 1998, 1547 = DÖV 1998, 465; BVerwG, Urteil vom 13.09.2006 - 6 C 10.06 - NVwZ-RR 2007, 192 = Buchholz 451.61 KWG Nr. 20.

Vorliegend ist jedoch mit Blick auf das Jahr 2000 keine echte Rückwirkung gegeben. Denn es ist grundsätzlich zulässig, während eines laufenden Veranlagungszeitraumes Änderungen an der Erhebung der Steuern bzw. Gebühren vorzunehmen

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14.05.1986 und vom 03.12.1997, a.a.O..

Da nach § 16 Abs. 1 und 3 ABGS die Niederschlagswassergebühr in einem festen Jahresbetrag für das jeweilige laufende Jahr erhoben wird, konnte sich hinsichtlich der Frage einer Änderung der Gebührensatzung während des laufenden Jahres ein schutzwürdiges Vertrauen grundsätzlich nicht bilden, da insoweit kein abgeschlossener Gebührenzeitraum vorlag. Denn jeder muss damit rechnen, dass bis zum Ablauf des Kalenderjahres und damit des Veranlagungszeitraumes Änderungen in der Gebührenerhebung vorgenommen werden. Insofern konnte sich bei der Klägerin für das Jahr 2000 kein schutzwürdiges Vertrauen bilden, dass sie in diesem Jahr weiter gebührenfrei bleiben würde.

5. Einer Übergangsvorschrift, wie von der Klägerin gefordert, bedurfte es im vorliegenden Fall nicht. Denn eine solche Vorschrift ist allenfalls dann erforderlich, wenn es durch die Einführung einer neuen Gebühr bzw. eines neuen Gebührenmaßstabes zu unverhältnismäßigen Belastungen des Gebührenschuldners kommt

vgl. Urteil des Senats vom 14.01.1999 - 1 N 1/97 - SKZ 1999, 294 Leitsatz 118.

Es ist jedoch im vorliegenden Fall nicht festzustellen, dass es für die Klägerin zu unverhältnismäßigen Belastungen durch die Einführung der Niederschlagswassergebühr ohne Übergangsvorschrift kommt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin naturgemäß nicht durch die Erhebung von Gebühren in eine finanzielle Notlage geraten kann. Außerdem bemüht sie sich bis heute - über acht Jahre nach Einführung der Niederschlagswassergebühr in St. Ingbert - nicht um eine Änderung der Autobahnentwässerung.

6. Die Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen – Ortsdurchfahrtsrichtlinien (ODR) – vom 2.1.1976 in der Fassung vom 11.10.1993 schließen eine Gebührenpflicht der Klägerin für die BAB 6 nicht aus. Diese Richtlinien gelten, wie sich aus ihrem Wortlaut ergibt, nur für die Ortsdurchfahrten, das heißt die innerhalb der geschlossenen Ortslage liegenden Teile der Bundesstraßen, und damit nicht für Bundesautobahnen (vgl. § 1 Abs. 2 FStrG). Die Ortsdurchfahrtsrichtlinien greifen vorliegend also bereits tatbestandlich nicht ein.

II.

Die Berufung hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Festsetzung einer Niederschlagswassergebühr für das Jahr 1999 in Höhe von 109.986,00 EUR richtet. Der Bescheid des Beklagten vom 10.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 sowie der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung ist insoweit rechtswidrig, weil einer Heranziehung der Klägerin zu einer Niederschlagswassergebühr für das Jahr 1999 das Rückwirkungsverbot entgegensteht und das Vertrauen der Klägerin schutzwürdig ist.

Das vom Satzungsgeber durch § 20 Abs. 1 Satz 1 ABGS rückwirkend zum 01.01.1999 bewirkte Inkrafttreten der Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung verstößt in seiner Anwendung im Falle der Klägerin gegen das Rückwirkungsverbot, da sie damit für einen bereits abgeschlossenen Veranlagungszeitraum erstmals zu Niederschlagswassergebühren herangezogen wird. Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 ABGS ist mit Blick auf das Rückwirkungsverbot einschränkend verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die rückwirkende Inkraftsetzung nur für solche Benutzer gilt, die bereits unter der Geltung der Vorgängersatzung gebührenpflichtig waren und für die stets außer Frage stand, dass sie auch weiterhin - wenn auch nach Maßgabe eines geänderten Gebührenmaßstabes - gebührenpflichtig sein werden. Hinsichtlich dieser Nutzer, die in der Vergangenheit für die Einleitung von Schmutz- und Niederschlagswasser einheitlich nach dem Frischwassermaßstab veranlagt worden sind, ist in der Rechtsprechung - wie das Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt hat - allgemein anerkannt, dass durch die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr lediglich der Gebührenmaßstab geändert wird und dass diese Änderung rückwirkend zulässig ist, wenn der Frischwassermaßstab nach den konkreten Gegebenheiten im Gemeindegebiet unzulässig beziehungsweise aller Wahrscheinlichkeit nach unzulässig war. Die vorliegende Fallgestaltung zeichnet sich demgegenüber dadurch aus, dass die Klägerin, die seit Jahren und mit Kenntnis des Beklagten ausschließlich Niederschlagswasser in die gemeindliche Abwasserbeseitigungsanlage einleitet, dies unter der Geltung der Vorgängersatzung tun durfte, ohne der satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu unterliegen und erstmals durch die Satzung vom 05.09.2000 der Abwassergebührenpflicht unterworfen wurde. So sah die Vorgängersatzung keine Gebühr für Niederschlagswasser vor. Denn nach § 12 Abs. 1 und 2 der Satzung der Mittelstadt St. Ingbert über die Erhebung von Beiträgen und Benutzungsgebühren für die öffentliche Abwasseranlage (Kanalisation) vom 25.02.1992 bestimmte sich die Höhe der Benutzungsgebühr allein nach der Menge der aus öffentlichen oder sonstigen Wasserversorgungsanlagen zugeführten Wassermenge. Insofern vollzog diese Satzung gebührenrechtlich nicht die Regelungen der Abwassersatzung vom 26.02.1992, nach deren § 18 Abs. 2 der Beklagte für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlagen eine Benutzungsgebühr erhob, wobei nach § 2 Abs. 1 Abwassersatzung zum Abwasser auch das von Niederschlägen aus den Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser) gehörte.

Die in § 20 Abs. 1 ABGS angeordnete, ein bereits vollständig abgeschlossenes Veranlagungsjahr einbeziehende rückwirkende Entstehung der Gebührenpflicht stellt sich daher bezogen auf die Klägerin als Benutzerin, die nach bisherigem Satzungsrecht nicht gebührenpflichtig war, als echte Rückwirkung dar. Ein Fall echter Rückwirkung ist nämlich gegeben, wenn eine Rechtsvorschrift an bereits abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als die vorangegangenen Bestimmungen. Eine Regelung, die rückwirkend öffentliche Leistungspflichten auferlegt, ist wegen des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatzes des Vertrauensschutzes grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist vorliegend nicht geboten.

Dass die Rechtsprechung im Falle einer nichtigen Vorgängersatzung deren Ersetzung durch eine neue rückwirkend in Kraft tretende Satzung und damit eine Ausnahme vom Verbot der echten Rückwirkung zulässt

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 - 8 C 170.81 - BVerwGE 67, 129 = NVwZ 1983, 612 = Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 21 = KStZ 1983, 205 = DÖV 1983, 941 = BayVBl 1984, 408; Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005 - Vf. 3-VII-03 - BayVBl. 2005, 361 und 399,

rechtfertigt sich daraus, dass das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage ausnahmsweise nicht schutzwürdig ist, wenn der Betroffene nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge von der neuen Satzung zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste. Dies bedeutet, dass eine rückwirkend in Kraft gesetzte Neuregelung in dem Umfang zulässig ist, in dem sie einen Mangel der Vorgängersatzung behebt

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 - 8 C 170.81 - BVerwGE 67, 129 = NVwZ 1983, 612 = Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 21 = KStZ 1983, 205 = DÖV 1983, 941 = BayVBl 1984, 408.

Behebt die Satzungsänderung hingegen nicht nur den zur Nichtigkeit der Vorgängersatzung führenden Mangel, sondern nimmt der Satzungsgeber gleichzeitig Änderungen an rechtlich unbedenklichen Satzungsbestimmungen vor, die zu einer stärkeren Belastung aller Gebührenpflichtigen oder einer bestimmten Gruppe von Gebührenpflichtigen führt, so lässt sich eine rückwirkende Inkraftsetzung dieser einschneidenderen Regelungen nicht mit dem Gesichtspunkt der Ersetzung einer nichtigen Satzungsbestimmung durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm verfassungsrechtlich rechtfertigen

vgl. Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005, a.a.O., S. 403.

Fallbezogen bedeutet dies, dass die Benutzer, die zwar Schmutz- und Niederschlagswasser einleiten, hierfür aber nach altem Satzungsrecht allein nach dem Frischwassermaßstab veranlagt wurden, infolge der Gerichtsverfahren der 90er Jahre angesichts der konkreten Gegebenheiten im Gemeindegebiet des Beklagten mit der Ersetzung des Frischwassermaßstabes durch eine gesplittete Abwassergebühr rechnen mussten. Auch die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass der Satzungsgeber damals Veranlassung hatte, seine Satzung diesbezüglich zu überarbeiten. Dass die Einführung der gesplitteten Gebühr im Einzelfall - etwa wegen umfangreicher versiegelter Flächen - zu einer Erhöhung der Gebührenbelastung führen konnte, ist als unmittelbare Folge des neuen Maßstabes systemimmanent und spielt im Rahmen der Rückwirkungsproblematik keine Rolle

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 und Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005, jeweils a.a.O..

Anders stellt sich die Rechtslage in Bezug auf die Klägerin dar. Ihr gegenüber lässt sich die rückwirkende Heranziehung nicht mit dem Gesichtspunkt der Ersetzung einer nichtigen Satzungsbestimmung durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm verfassungsrechtlich rechtfertigen. Im Verhältnis zu der Klägerin hat der Satzungsgeber die Einführung einer gesplitteten Abwassergebühr zum Anlass genommen, einen rechtlich nicht zu beanstandenden Teil seines bisherigen Abwasserbeseitigungsgebührenrechts zu ändern und die Klägerin dadurch erstmals der Abwassergebührenpflicht unterworfen. Hiermit brauchte die Klägerin nicht zu rechnen.

Die Vorgängersatzung begründete hinsichtlich der Eigentümer/Baulastträger der Bundesfern- und Landstraßen keine Abwasserbeseitigungsgebührenpflicht, was aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden war. Nach den landesrechtlichen Vorgaben sind die saarländischen Gemeinden zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, von den Eigentümern/Baulastträgern der durch ihr Gemeindegebiet verlaufenden Bundesfern- und Landstraßen Gebühren für die Beseitigung des auf den Fahrbahnen anfallenden Niederschlagswassers zu erheben; das heißt, es war keineswegs zwingend, anlässlich der Einführung der gesplitteten Abwassergebühr auch die Straßeneigentümer/-baulastträger der satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu unterwerfen. Das Kommunalabgabengesetz eröffnet insoweit zwar die Möglichkeit der Gebührenerhebung, sieht diese aber nicht als verbindlich vor. Wahlweise steht den Gemeinden offen, Kostenerstattungsansprüche geltend zu machen oder im Wege von Vereinbarungen betreffend bestimmte Streckenabschnitte eine Beteiligung der Straßenbaulastträger an den Kosten der Abwasserbeseitigung herbeizuführen, wie dies in der Vergangenheit durch den Beklagten des Öfteren geschehen ist. Ebenso war die bisher offenbar - auch in der Mittelstadt St. Ingbert - geübte Praxis, die Einleitung des von den Fahrbahnen der Bundesfern- und Landstraßen abfließenden Niederschlagswassers in die gemeindliche Kanalisation insgesamt oder hinsichtlich bestimmter Streckenabschnitte unentgeltlich hinzunehmen, jedenfalls unter der Prämisse rechtlich zulässig, dass der hierdurch bedingte Kostenaufwand - wie es nach Bekunden des Beklagten in der mündlichen Verhandlung in seiner Gemeinde üblich gewesen war - gesondert ermittelt und nicht auf die damals allein gebührenpflichtigen Bezieher von Frischwasser umgelegt worden ist. Der Satzungsgeber nahm mithin die Abschaffung des Frischwassermaßstabes zum Anlass, hinsichtlich der Entwässerung der Bundesfern- und Landstraßen erstmals eine Abwassergebührenpflicht einzuführen. Hiermit brauchte die Klägerin trotz der Diskussion um die Zulässigkeit des reinen Frischwassermaßstabes im Gemeindegebiet des Beklagten nicht zu rechnen, da sie betreffende gebührenrechtliche Konsequenzen keineswegs zwingend waren. Zudem war seitens des Beklagten – anders als hinsichtlich der Frischwasserbezieher - nichts unternommen worden, um die Klägerin frühzeitig auf die gemeindlichen Absichten aufmerksam zu machen.

Als sich nämlich 1999 abzeichnete, dass eine neue Satzung unter Einführung der gesplitteten Abwassergebühr erarbeitet werden sollte, wurde zwar die bereits bisher gebührenpflichtige Bevölkerung entsprechend informiert und sind insoweit auch nur vorläufige Gebührenbescheide erlassen worden. Eine Information der Straßeneigentümer/-baulastträger über die Absicht, eine gesonderte Niederschlagswassergebühr unter Einbeziehung der Fahrbahnflächen der Bundesfern- und Landstraßen einzuführen, unterblieb indessen. Die Klägerin brauchte nach alledem hinsichtlich des Jahres 1999 nicht mit der Entstehung einer satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu rechnen. Ihre rückwirkende Veranlagung für dieses Jahr verletzt daher das Rückwirkungsverbot.

Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass der Beklagte zur Zeit des Bescheiderlasses auf anderer Rechtsgrundlage einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Klägerin hätte geltend machen können, ohne dass demgegenüber die Einrede der Verjährung gegriffen hätte. Entscheidet die Gemeinde sich nämlich wie vorliegend für die Erhebung einer Kommunalabgabe, so muss sie die insoweit maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften über die Zulässigkeit der Gebührenerhebung und damit unter anderem das in Art. 60 Abs. 1 SVerf verankerte Verbot der Rückwirkung beachten. Die durch Leistungsbescheid erfolgende Einforderung der Gebühr enthält für den Zahlungspflichtigen im Vergleich zu seiner Inanspruchnahme aufgrund eines Kostenerstattungsanspruchs eine zusätzliche Beschwer. Wählt die Gemeinde diesen Weg, so muss ihr zu diesem Zweck geschaffenes Satzungsrecht die maßgeblichen landesrechtlichen Vorgaben einschließlich des Rückwirkungsverbots beachten.

III.

Hinsichtlich des noch nicht entschiedenen Teils der Gebührenfestsetzung des Beklagten für das Jahr 2000 in Höhe von 45.827,28 EUR bedarf es der weiteren Aufklärung im Tatsächlichen; insoweit wird auf den beiliegenden Aufklärungsbeschluss verwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Gründe

Soweit die Klägerin und der Beklagte den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung im Anschluss an eine zuvor zu Protokoll erklärte Bescheidänderung übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung der §§ 92 Abs. 3, 125 Abs. 1 VwGO einzustellen und das erstinstanzliche Urteil in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO für wirkungslos zu erklären. Die Erledigung bezieht sich, wie sich aus einem Vergleich der im angefochtenen Bescheid vom 10.08.2001 ursprünglich erhobenen Gebührenforderung für die Jahre 1999 und 2000 in Höhe von jeweils 120.664,88 (= 236.000,00 DM) und dem nunmehr noch streitgegenständlichen Betrag von jeweils 109.986,00 EUR ergibt, auf einen Teilbetrag in Höhe von - zusammen - 21.357,76 EUR.

Gegenstand der Berufung ist der Bescheid des Beklagten vom 10.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 sowie der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung. Damit ergibt sich für das vorliegende Verfahren noch eine streitige Heranziehung zu Niederschlagswassergebühren für die Jahre 1999 und 2000 in Höhe von jeweils 109.986,00 EUR.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO den inhaltlichen Vorgaben des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden.

Die Berufung ist begründet, soweit sich die Klage gegen die Festsetzung der Niederschlagswassergebühr für das Jahr 1999 in Höhe von 109.986,00 EUR richtet (II.); unbegründet ist die Berufung demgegenüber, soweit sie die Festsetzung der Niederschlagswassergebühr für das Jahr 2000 betrifft, in Höhe eines Teilbetrages von 64.158,72 EUR (I.); im Übrigen - Anforderung weiterer 45.827,28 EUR Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2000 - sind weitere Ermittlungen hinsichtlich eventuell noch zusätzlich gebührenpflichtiger Teilflächen der BAB 6 erforderlich (III.). In dieser Situation hält es der Senat für sinnvoll, ein Teilurteil (§ 110 VwGO) zu erlassen.

I.

Durch den angefochtenen Bescheid vom 10.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 sowie der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung wird die Klägerin für das Jahr 2000 als Eigentümerin der künstlich befestigten Grundfläche der BAB 6 mit Blick auf das von dort abfließende Niederschlagswasser zu Gebühren in Höhe von 109.986,00 EUR herangezogen. So war insbesondere auch in Bezug auf die Schuldnerstellung der Klägerin der Verwaltungsakt vom Beklagten gemeint, und in diesem Sinne wurde er von der Klägerin, wie insbesondere die Klageschrift zeigt, verstanden. Die verwaltungsverfahrensrechtlichen Mindestanforderungen der §§ 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.05.1998 (ABl. S. 691), 157 Abs. 1 Satz 2 AO sind erfüllt.

In der Sache ist diese Gebührenanforderung nach dem derzeitigen Stand der Sachverhaltsfeststellung jedenfalls in Höhe eines Teilbetrags von 64.158,72 EUR gerechtfertigt, da insoweit die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Abwasseranlage vom 05.09.2000 (Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung - ABGS) eine nicht gegen höherrangiges Recht verstoßende Rechtsgrundlage darstellt (1.), deren Voraussetzungen gegeben sind (2.). Zudem ist die Inanspruchnahme der Klägerin rechtmäßig, da sie Eigentümer der Straßenflächen ist (3.), das Rückwirkungsverbot nicht verletzt ist (4.), es bei der Anwendung der ABGS keiner Übergangsvorschrift bedurfte (5.) und die Ortsdurchfahrtsrichtlinien nicht einschlägig sind (6.).

1. Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu den angefochtenen Niederschlagswassergebühren dem Grunde nach sind die §§ 9, 10 und 12 ABGS.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 ABGS erhebt die Mittelstadt St. Ingbert für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlagen unter anderem durch das Einleiten von Niederschlagswasser Gebühren (Abwassergebühren). Die Niederschlags-wassergebühr bemisst sich nach der Größe der künstlich befestigten Flächen eines Grundstücks, von denen das aus Niederschlägen stammende Wasser in die öffentliche Abwasseranlage gelangt (§ 12 Abs. 1 Satz 1 AGBS). Gemäß § 10 Abs. 1 ABGS sind in der Regel die Eigentümer der Grundstücke, auf denen das Abwasser anfällt, gebührenpflichtig. Bis zu ihrer Änderung am 18.06.2003 durch die 5. Änderungssatzung enthielt die ABGS keine Regelung über die Inanspruchnahme des Straßenbaulastträgers anstelle des Eigentümers.

a) Die Regelungen der §§ 9, 10 und 12 ABGS sind mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie harmonieren insbesondere mit den Vorschriften der §§ 4 Abs. 2, 6 Abs. 1 KAG.

Es steht außer Frage, dass jedenfalls das auf einem Teil der Autobahn anfallende Niederschlagswasser tatsächlich in die städtische Kanalisation gelangt und dass dies sowohl von der Klägerin als auch dem Beklagten so gewollt ist. Die Klägerin sorgt nach ihrem eigenen Vortrag seit Jahrzehnten durch den Bau und die Unterhaltung von Einlaufschächten, Kanälen, Rinnen und Gräben für eine direkte Ableitung eines Teils des Niederschlagswassers von der Autobahn in die städtische Kanalisation, und dem Beklagten sind die Einlaufstellen seit langer Zeit bekannt. Die Nutzung der gemeindlichen Abwasseranlage - auch - für die Entwässerung der Bundesautobahn sowie der Bundes- und Landstraßen geschieht seit langem in St. Ingbert einvernehmlich, wie nicht zuletzt beispielhaft die Vereinbarung zwischen den Beteiligten über Bau, Betrieb und Finanzierung des Staukanals Betzental-Sengscheid zeigt. Das einschlägige Ortsrecht nennt denn auch ohne Einschränkung die Ableitung des Niederschlagswassers als Aufgabe der städtischen Kanalisation (§§ 1 Abs. 1 und 2, 2 Abs. 1 der Satzung der Mittelstadt St. Ingbert über die Entwässerung der Grundstücke, den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage und deren Benutzung – Abwassersatzung vom 26.2.1992 -) und erklärt jede solche Inanspruchnahme für gebührenpflichtig (§ 9 Abs. 1 Satz 1 ABGS). Dass der durch die §§ 4 Abs. 2, 6 Abs. 1 KAG im Kern vorgegebene und durch das einschlägige Satzungsrecht konkretisierte Gebührentatbestand der Inanspruchnahme beziehungsweise Benutzung einer öffentlichen Einrichtung durch das Einleiten des auf der Autobahn anfallenden Niederschlagswassers in die Kanalisation der Mittelstadt St. Ingbert erfüllt wird, steht damit fest.

b) Das Erheben von Gebühren für diese Niederschlagswassereinleitung wird nicht durch anderweitige Regelungen ausgeschlossen.

Das Saarländische Kommunalabgabengesetz enthält - ebenso wie das saarländische Straßen- und Wasserrecht - keine Regelung, die eine Gebührenpflicht für die Einleitung von Niederschlagswasser von dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Flächen in eine kommunale Entwässerungseinrichtung ausschließt. Insofern unterscheidet sich das Recht im Saarland von dem Recht in Baden-Württemberg, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Hessen.

aa) So ist in § 17 Abs. 3 des Kommunalabgabengesetzes Baden-Württemberg vom 17.03.2005 geregelt, dass die anteiligen Kosten, die auf die Entwässerung von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen entfallen, bei den für die Gebührenbemessung anzusetzenden Kosten außer Betracht bleiben. Vergleichbare Regelungen enthalten § 6 Abs. 2 Satz 8 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg vom 31.03.2004 und § 11 Abs. 3 des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes vom 26.08.2004. In diesen Bundesländern verbietet sich damit eine kommunalabgabenrechtliche Abwälzung der Straßenentwässerungskosten von der Gemeinde auf Dritte.

bb) In Rheinland-Pfalz ist die Rechtslage von einer Sonderregelung innerhalb des Kommunalabgabengesetzes vom 20.06.1995 (KAG 1996) geprägt, die eine Gebührenpflicht für die Straßenentwässerung bei Nutzung einer kommunalen Entwässerungseinrichtung ausschließt. Dies ist zwar nicht unmittelbar dem Gesetz zu entnehmen, sondern ergibt sich in erster Linie aus der Rechtsgeschichte. Gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 KAG 1996 bleiben bei der Kostenrechnung für Benutzungsgebühren die Kosten für solche Leistungen, die nicht den Gebührenschuldnern zugute kommen, bei der Ermittlung der entgeltfähigen Kosten außer Ansatz, soweit sie erheblich sind. Diese Regelung schließt es nach ihrem Wortlaut allerdings nicht von vornherein aus, auch diejenigen Kosten in die Gebührenerhebung für die Nutzung einer Entwässerungseinrichtung einzubeziehen, die durch die Oberflächenentwässerung von öffentlichen Straßen entstehen. Jedoch lässt eine Ermittlung des Regelungsgehalts der fraglichen Norm unter Anwendung der sogenannten historischen Auslegungsmethode für den Bereich des Landes Rheinland-Pfalz ein solches Normverständnis nicht zu. Ursprünglich bestimmte nämlich § 10 Abs. 4 Nr. 2 a) des Kommunalabgabengesetzes vom 05.05.1986 ausdrücklich, dass in die laufenden Entgelte für die Abwasserbeseitigung nicht die Kostenanteile für die Entwässerung von öffentlichen Verkehrsanlagen einzubeziehen seien. Die sich daraus ergebende eindeutige Rechtslage sollte durch den nunmehr einschlägigen § 8 Abs. 4 Satz 1 KAG 1996 nicht geändert werden. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien eindeutig ergibt, sollten nach dem Willen des Gesetzgebers auch nach In-Kraft-Treten des KAG 1996 die Aufwendungen für die Straßenentwässerung nicht als gebühren- oder beitragsfähige Kosten behandelt werden. Die sich so dokumentierende Eindeutigkeit des gebotenen Regelungsverständnisses lässt es demnach für den Bereich des Landes Rheinland-Pfalz nicht zu, die fraglichen Aufwendungen zum Gegenstand einer Gebührenerhebung zu machen

so OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.02.2001 - 12 A 11746/00 - AS RP-SL 29, 50, m.w.N. und daran anschließend BGH, Urteil vom 18.07.2002 – III ZR 287/01 – UPR 2002, 441 = NVwZ 2002, 1535 = BauR 2002, 1831.

cc) In Hessen findet sich eine Regelung zur Frage der Gebührenpflicht der Entwässerung von Straßenflächen im Straßengesetz. In § 20 Abs. 5 des Hessischen Straßengesetzes (HStrG) in der Fassung vom 08.06.2003 ist geregelt, dass sich der Träger der Straßenbaulast an den Kosten der Herstellung oder Erneuerung der von der Gemeinde oder einem Abwasserverband eingerichteten Abwasseranlage in dem Umfang beteiligt, wie es der Bau einer eigenen Straßenentwässerung erfordern würde, wenn eine Straßenentwässerung über diese Anlage erfolgt und nicht über eine straßeneigene. Der Gemeinde obliegt die schadlose Abführung des Straßenoberflächenwassers. Für die Inanspruchnahme der Entwässerungsanlage ist darüber hinaus kein Entgelt zu erheben. Zwischen dem Träger der Straßenbaulast und der für die Abwasserentsorgung zuständigen Körperschaft kann eine Pauschalregelung getroffen werden. Dies ist als abschließende Regelung konzipiert und schließt damit eine Gebührenerhebung aus.

Vor der Einführung dieser Sonderregelung war in Hessen allerdings davon auszugehen, dass sich bei widmungsgemäß entsprechend weiter Zweckbestimmung einer gemeindlichen Entwässerungseinrichtung die gebührenpflichtige Leistung auch auf die Oberflächenentwässerung öffentlicher Straßen erstreckte, so dass ein mit der Gemeinde nicht identischer Straßenbaulastträger der Gebührenpflicht unterlag

so Lohmann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht - Stand: Januar 2007 -, § 6 Rdnr. 658a.

Vergleichbare Bestimmungen wie in den genannten Bundesländern weisen weder das Saarländische Kommunalabgabengesetz noch das Saarländische Straßengesetz (SStrG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.10.1977 (ABl. S. 969) auf, so dass insoweit keine Regelungen bestehen, die einer Gebührenpflichtigkeit der Straßenentwässerung entgegenstehen würden.

dd) Der Senat folgt nicht der Rechtsprechung des OVG Schleswig-Holstein

Beschluss vom 25.04.2003 - 2 MB 33/03 – juris (Ls.), daran anschließend auch VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 03.03.2004 – 4 A 23/03 – juris; so auch Lichtenfeld in Driehaus, a.a.O., § 6 Rdnrn. 746 f. für die Rechtslage in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt,

wonach der nicht mit dem kommunalen Träger der Abwasserbeseitigung identische Träger der Straßenbaulast, der Niederschlagswasser in die gemeindliche Kanalisation einleitet, nicht zu Abwassergebühren herangezogen werden kann.

Die Begründung dieser Ansicht, dass der Straßenbaulastträger nicht zu den Straßenentwässerungskosten über Gebühren herangezogen werden könne, weil die Straßenentwässerung nicht Teil der Grundstücksentwässerung sei und deshalb Kosten, die auf die Straßenentwässerung entfallen, nicht gebührenfähig seien, ist nicht zwingend. Dass für die laufenden Kosten der Entwässerung von Gemeindestraßen keine Gebühren erhoben wurden, findet seinen Grund u.a. darin, dass der Frischwassermaßstab das Abwassergebührenrecht über Jahrzehnte hinweg beherrscht hat und daher für die Ableitung allein von Niederschlagswasser eine Umlage im Wege der Gebührenerhebung ausgeschlossen war. Diese rechtshistorische Tatsache macht es aber unter Geltung der gesplitteten Abwassergebühr nicht unabdingbar, das alte System unter Einbeziehung der klassifizierten Straßen fortzuführen, zumal sich hinsichtlich dieser das Problem des Zusammenfallens von Gläubiger- und Schuldnerstellung nicht stellt. So ist es - ohne dahingehende gesetzliche Bestimmung - keineswegs zwingend, aus der Abgrenzung von Erschließungsbeiträgen und Straßenausbaubeiträgen eine abschließende Zuordnung der Kosten der Straßenentwässerung und einen Ausschluss der Gebührenpflicht für die Ableitung des Niederschlagswassers von öffentlichen Straßen zu folgern. Denn Beiträge und Gebühren verfolgen unterschiedliche Ansätze und sind in den jeweiligen Kommunalabgabengesetzen auch an unterschiedlichen Stellen geregelt

vgl. §§ 6, 8 KAG des Saarlandes und des Landes Schleswig-Holstein.

Nach den Regelungen des Saarländischen Kommunalabgabengesetzes und des Saarländischen Straßengesetzes kann daher der Eigentümer der Straßenflächen oder der Träger der Straßenbaulast, der Niederschlagswasser in die gemeindliche Kanalisation einleitet, zu Niederschlagswassergebühren herangezogen werden, wenn dies die gemeindliche Satzung vorsieht

wie hier für die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.10.1996 - 9 A 4145/94 - Städte- und Gemeinderat 1997, 83 = ZKF 1997, 110 = NWVBl 1997, 220 = ZfW 1998, 330 und Schulte/Wiesemann in Driehaus, a.a.O., § 6 Rdnr. 352d sowie für die Rechtslage in Hessen bis zum Jahr 2003 Lohmann in Driehaus, a.a.O., § 6 Rdnr. 658a.

Eine Beteiligung des Straßeneigentümers oder des Straßenbaulastträgers an den Kosten für die Entwässerung der Straßen muss daher im Saarland - anders als z.B. in Rheinland-Pfalz - nicht auf anderer Grundlage wie z.B. Geschäftsführung ohne Auftrag oder öffentlich-rechtliche Erstattung vollzogen werden

zur Rechtslage in Rheinland-Pfalz vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.02.2001 und BGH, Urteil vom 18.07.2002, jeweils a.a.O..

c) § 50b Abs. 4 des Saarländischen Wassergesetzes (SWG) vom 30.07.2004 (ABl. S. 1994) steht der Erhebung von Gebühren für die Entwässerung öffentlicher Straßenflächen im Saarland ebenfalls nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift obliegt den Trägern öffentlicher Verkehrsanlagen die Abwasserbeseitigung an Stelle der beseitigungspflichtigen Körperschaften, soweit es sich um Niederschlagswasser handelt. Damit wird lediglich eine Aussage hinsichtlich der Entsorgungspflicht des Straßenbaulastträgers für das auf den Straßen anfallende Niederschlagswasser getroffen. Es fehlt jedoch eine Aussage hinsichtlich einer möglichen Gebührenfreiheit oder -pflicht für diese Entsorgung, so dass diese Vorschrift der Erhebung von Niederschlagswassergebühren nicht entgegensteht. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber beim Erlass dieser Vorschrift die Frage einer eventuellen Gebührenpflicht auch nicht regeln wollte. Vielmehr ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien

Landtags-Drucksache 11/1296, S. 81,

dass § 50b Abs. 4 SWG lediglich der „Klarstellung“ dienen soll, „dass für die Träger öffentlicher Verkehrsanlagen hinsichtlich der (Abwasser-)Beseitigungspflicht bei Niederschlagswasser aufgrund von Bundes- und Landesstraßenrecht besondere Zuständigkeiten bestehen.“

d) § 3 Abs. 1 FStrG steht einer Gebührenpflicht der Klägerin ebenfalls nicht entgegen. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 06.03.1997

- 8 B 246/96 - UPR 1997, 328 = DVBl 1997, 1065 = BayVBl 1997, 570 = Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 86 = NVwZ-RR 1998, 130 = NuR 1998, 482

entschieden hat, steht die Regelung der Straßenbaulast in § 3 Abs. 1, § 4, § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG der Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme einer kommunalen Abwasserbeseitigungseinrichtung bei der Oberflächenentwässerung von Bundesautobahnen nicht entgegen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Beschluss folgendes ausgeführt:

„Die Straßenbaulast umfaßt alle mit dem Bau und der Unterhaltung einer Straße zusammenhängenden Aufgaben; der Straßenbaulastträger ist danach im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit verpflichtet, die Straße in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern (§ 3 Abs. 1 FStrG). Dazu zählt - wie sich aus § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG ergibt - auch die Einrichtung und Unterhaltung von Anlagen zur Oberflächenentwässerung der Fahrbahn. Trägt - wie hier (vgl. § 5 Abs. 1 FStrG) - der Staat oder eine Körperschaft die Straßenbaulast, so ist die Verpflichtung zunächst auf die Etatisierung ausreichender Straßenbaumittel gerichtet; soweit die Länder oder Landschaftsverbände wie im vorliegenden Fall die Bundesstraßen im Auftrag des Bundes verwalten (Art. 90 Abs. 2 GG), beschränkt sich dessen Verpflichtung als Träger der Straßenbaulast schwerpunktmäßig auf die Bereitstellung des Budgets und die Deckung der laufenden Ausgaben ("Finanzierungslast"), die tatsächliche Straßenverwaltung ist Sache der beauftragten Körperschaft (vgl. Salzwedel in Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 10. Aufl., 1995, S. 787 Rn. 40). Dabei kann dahinstehen, ob mit Blick auf die sich aus dem Eigentum ergebenden Straßenbauaufgaben des Bundes nach Art. 90 Abs. 1 GG dieser faktischen Aufspaltung unmittelbare rechtliche Bedeutung zukommt oder nicht vielmehr der Begriff der Straßenbaulast im Sinne von § 3 FStrG damit identisch ist (so Kodal, Straßenrecht, 5. Aufl., S. 37 Rn. 14 und 15.1). Jedenfalls steht fest und wird - soweit ersichtlich - von niemandem in Zweifel gezogen, daß der umfassenden Sachaufgabe der Straßenbaulast durch vielerlei Maßnahmen nachgekommen werden kann, der W e g der Erfüllung der Bau- und Unterhaltungspflichten des Baulastträgers also durch die Aufgabe nicht vorbestimmt ist (vgl. Kodal, a.a.O., S. 37 Rn. 15.3). Es kommt hinzu, daß das einschlägige Landesrecht (vgl. jetzt § 53 Abs. 3 LWG NW) zulässigerweise die Pflicht zur Beseitigung von Niederschlagswasser, welches von Straßenoberflächen außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile anfällt, ebenfalls dem Träger der Straßenbaulast auferlegt.

Das Oberverwaltungsgericht hat deshalb zutreffend erkannt, daß die - auch - von der Straßenbaulast umfaßte Pflicht zur Oberflächenentwässerung der Fahrbahn einer Straße und die landesrechtliche Pflicht zur Beseitigung dieser Abwässer mit der Erhebung von Gebühren für die dabei in Anspruch genommenen städtischen Einrichtungen auf der Grundlage einer kommunalen Entwässerungsgebührensatzung nicht im Widerspruch steht. Die Art und Weise der technischen Umsetzung der Oberflächenentwässerung und ihre rechtliche Regelung bestimmt die Baulast nämlich nicht im Einzelnen. Solange die Maßgaben des Wasserrechts beachtet werden, ist der Straßenbaulastträger vielmehr darin frei, ob er sich zur Erfüllung der ihm obliegenden Pflicht einer eigenen Abwassereinrichtung bedienen will oder - in Absprache mit einer Kommune - eine vorhandene städtische Kanalisation benutzt. Denn der Träger der Straßenbaulast ist zur Benutzung städtischer Anlagen insoweit - wie dargelegt - nicht verpflichtet und die Satzungsregelungen des Beklagten setzen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eine rechtlich verbindliche Nutzungsverpflichtung auch nicht voraus (BU S. 12); sie belassen vielmehr die Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der im Rahmen der Straßenbaulast und der Abwasserbeseitigungspflicht zu bewältigenden Entwässerung der Fahrbahnen dem jeweils zuständigen Hoheitsträger. Dieser kann hierfür - wie schon erwähnt - eigene Anlagen bauen und unterhalten oder eine vorhandene kommunale Kanalisation in Anspruch nehmen. Die im letztgenannten Fall einsetzende Gebührenpflicht ist dann eine unmittelbare Folge der Entscheidung des Straßenbaulastträgers zugunsten dieses Weges der Pflichterfüllung unter Nutzung bereits von Dritten geschaffener Anlagen und greift nicht unzulässig in die bundesrechtlich geregelte Straßenbaulast ein. Ob - wie die Beschwerde vorbringt - in Fällen der vorliegenden Art auch eine vertragliche Vereinbarung über die (einmalige) Beteiligung an den Herstellungskosten der Abwasserbeseitigungsanlage anstelle der dauernden Belastung mit Benutzungsgebühren zulässig und sachgerechter wäre (vgl. Ziff. 14 der Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen ), kann dahinstehen. Diese Frage stellt sich in dem hier zu beurteilenden Fall deshalb nicht, weil die hier getroffene Entscheidung für die Benutzung gemeindlicher Einrichtungen ohne vertragliche Absprache und ohne einmalige Kostenbeteiligung mit der daraus nach Landesrecht resultierenden Gebührenpflicht von der etwaigen Möglichkeit einer Vertragslösung nicht berührt wird.“

Nach diesem Beschluss steht fest, dass eine Abwassersatzung, die eine Gebührenpflicht für die Entwässerung der Fahrbahnen einer im Eigentum des Bundes stehenden Straße begründet, nicht gegen Bundesrecht verstößt. Wenn daher der Straßenbaulastträger – im vorliegenden Fall die Klägerin - sich entschließt, zur Erfüllung seiner Pflicht zur Oberflächenentwässerung eine vorhandene städtische Kanalisation zu benutzen, so begründet dies im Falle einer entsprechende Gebührensatzung eine Gebührenpflicht

so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.10.1996, a.a.O., und Schulte/Wiesemann in Driehaus, a.a.O., § 6 Rdnr. 352d.

2. Die Voraussetzungen der §§ 10, 12 ABGS sind vorliegend jedenfalls bezüglich einer Autobahnteilfläche von 106.342 m² gegeben.

a) Bei einer Teilfläche der BAB 6 von 106.342 m² steht nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens fest, dass das von der befestigten Straßenfläche abfließende Niederschlagswasser mittels technischer Vorkehrungen direkt in die Kanalisation der Mittelstadt St. Ingbert geleitet wird. Das löst nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ABGS eine Gebührenpflicht aus. Für die übrigen Flächen bedarf es dagegen weiterer Ermittlungen.

Für folgende asphaltierten oder sonst künstlich befestigten Autobahnteilflächen ist nach den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 11.12.2006 zur Gerichtsakte gereichten Karten der IBZ-GmbH vom November 2006 davon auszugehen, dass diese im Einvernehmen der Beteiligten direkt - das heißt: über Einlaufschächte, Gräben, Rinnen und Kanäle des Landesbetriebs für Straßenbau - in die städtische Kanalisation entwässern, so dass eine Gebührenpflicht besteht:

Bezeichnung der Teilflächen der BAB
6, die nach den Feststellungen der IBZ-
GmbH direkt in die Kanalisation der
Mittelstadt St. Ingbert entwässern

 Größe der Teilflächen in m²

TEG2.1b

12.111

TEG2.2b

6.257

TEG3

9.089

TEG4.1

8.342

TEG5

7.179

TEG6.1

6.585

TEG9

13.600

TEG9.1

5.362

TEG10a

12.235

TEG10.1

3.723

TEG10.2

11.395

TEG11.1a

827

TEG11.2

1.120

TEG11

8.517

Summe:

106.342

Das Vorliegen von Direkteinleitungen wird insoweit durch die zeichnerische Darstellung der Regenwasserkanäle und durch die ganz überwiegend mit den Ermittlungen des Beklagten übereinstimmende Lage der Einleitungsstellen in die städtische Kanalisation klar bestätigt.

Damit ergibt sich eine Gebührenforderung des Beklagten für diese Flächen in Höhe von 64.158,72 EUR (106.342 m² x 1,18 DM = 125.483,56 DM).

Die Gültigkeit des satzungsmäßig festgelegten Gebührensatzes für die Jahre 1999 und 2000 von 1,18 DM/m² in Frage zu stellen, besteht keine Veranlassung. Zwar hatte die Klägerin insoweit zunächst Bedenken angemeldet, diese dann aber nach dem ausführlichen und in der Sache überzeugenden Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 08.05.2007 nicht mehr aufgegriffen. Auf Befragen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie nach einem Hinweis auf die vorgelegten Berechnungen des Beklagten sowie darauf, dass der Senat den Gebührensatz bei vergleichender Betrachtung nicht für auffällig hoch halte, erklärt, ihre ursprünglichen Bedenken nicht aufrecht zu erhalten

zur Kontrolldichte im Verwaltungsrechtsstreit in Bezug auf einen Gebührensatz vgl. BVerwG, Urteil vom 17.4.2002 - 9 CN 1.01 - BVerwGE 116, 188 = KStZ 2002, 213 = DVBl. 2002, 1409 mit Anmerkung von Sendler.

b) Hinsichtlich folgender Flächen ist eine Entscheidungsreife nicht gegeben, da es insoweit weiterer Ermittlungen bedarf, ob und in welchem Umfang eine - gegebenenfalls mittelbare - Entwässerung in die städtische Kanalisation erfolgt:

Bezeichnung der Teilflächen der BAB
6, die nach den Feststellungen der IBZ-
GmbH allenfalls mittelbar – nämlich
über Böschungen und/oder Mulden – in
die Kanalisation der Mittelstadt St.
Ingbert entwässern

 Größe der Teilflächen in m²

TEG1b

800

TEG2.1a

3.062

TEG2.2a

5.423

TEG3a

1.537

TEG4

2.383

TEG6

3.641

TEG7

1.231

TEG8

4.487

TEG10b

2.820

TEG11.1b

1.943

TEG11.3

1.318

Summe:

28.645

c) Nicht eindeutig ist derzeit, ob und inwieweit für die Entwässerung der Teilflächen TEG1a (13.642 m²) und TEG2 (6.338 m²), die nach den Karten der IBZ-GmbH ebenfalls direkt in die städtische Kanalisation entwässern, eine Gebührenpflicht der Klägerin besteht, da diese Flächen zum Teil vom Geltungsbereich der Vereinbarung vom 27.7./22.08.1990 über die „anteilige Kostenübernahme für den Bau des Staukanals an der Autobahn A 6, Abschnitt Betzental-Sengscheid, innerhalb der Gemarkung St. Ingbert, und Ablösung der hiermit anfallenden Unterhaltungskosten“ erfasst werden, die möglicherweise eine Gebührenfreiheit für die in diesen Staukanal entwässernden Autobahnteilflächen begründet. Insoweit muss zunächst geklärt werden, ob die grundsätzliche Abrede über die Ablösung in § 2 der Vereinbarung rechnerisch umgesetzt und der so ermittelte Betrag tatsächlich gezahlt wurde.

d) Im Weiteren besteht eine Differenz von (182.300 m² - 154.967 m² =) 27.333 m² zwischen der von der IBZ-GmbH im Auftrag der Klägerin einerseits und vom Beklagten andererseits ermittelten künstlich befestigten und an die städtische Kanalisation angeschlossenen Autobahnteilfläche. Eine Erklärung für diese Differenz konnte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht gefunden werden.

3. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin bei der BAB 6 sowohl Eigentümer als auch Straßenbaulastträger ist, stellt sich im vorliegenden Fall nicht das Problem, ob eine Heranziehung des Eigentümers einer öffentlichen Verkehrsfläche zu Niederschlagswassergebühren ausscheidet, wenn Eigentum und Straßenbaulast auseinander fallen

vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 07.11.2000 – 5 TZ 114/00 -, ESVGH 51, 74.

4. Das im Rechtsstaatsprinzip im Sinne von Art. 60 Abs. 1 der Saarländischen Verfassung (SVerf), aber auch im Saarländischen Kommunalabgabengesetz verankerte Rückwirkungsverbot ist vorliegend durch die Heranziehung der Klägerin zu Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2000 nicht verletzt, obwohl die erstmals die Erhebung von Niederschlagswassergebühren in St. Ingbert vorsehende Satzung erst am 29.08.2000 beschlossen und am 11.09.2000 bekannt gemacht wurde.

Eine Rechtsnorm entfaltet Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist. Grundsätzlich erlaubt die Verfassung nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum gelten (sogenannte echte Rückwirkung), ist in der Regel unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muss grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Neuregelung darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird. Dieses Vertrauen wird verletzt, wenn eine Rechtsvorschrift an abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Betreffende bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Rechtsfolgenlage findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14.05.1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200 = DVBl 1986, 814 = NJW 1987, 1749 und vom 03.12.1997 - 2 BvR 882/97 - BVerfGE 97, 67 = DVBl 1998, 465 = NJW 1998, 1547 = DÖV 1998, 465; BVerwG, Urteil vom 13.09.2006 - 6 C 10.06 - NVwZ-RR 2007, 192 = Buchholz 451.61 KWG Nr. 20.

Vorliegend ist jedoch mit Blick auf das Jahr 2000 keine echte Rückwirkung gegeben. Denn es ist grundsätzlich zulässig, während eines laufenden Veranlagungszeitraumes Änderungen an der Erhebung der Steuern bzw. Gebühren vorzunehmen

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14.05.1986 und vom 03.12.1997, a.a.O..

Da nach § 16 Abs. 1 und 3 ABGS die Niederschlagswassergebühr in einem festen Jahresbetrag für das jeweilige laufende Jahr erhoben wird, konnte sich hinsichtlich der Frage einer Änderung der Gebührensatzung während des laufenden Jahres ein schutzwürdiges Vertrauen grundsätzlich nicht bilden, da insoweit kein abgeschlossener Gebührenzeitraum vorlag. Denn jeder muss damit rechnen, dass bis zum Ablauf des Kalenderjahres und damit des Veranlagungszeitraumes Änderungen in der Gebührenerhebung vorgenommen werden. Insofern konnte sich bei der Klägerin für das Jahr 2000 kein schutzwürdiges Vertrauen bilden, dass sie in diesem Jahr weiter gebührenfrei bleiben würde.

5. Einer Übergangsvorschrift, wie von der Klägerin gefordert, bedurfte es im vorliegenden Fall nicht. Denn eine solche Vorschrift ist allenfalls dann erforderlich, wenn es durch die Einführung einer neuen Gebühr bzw. eines neuen Gebührenmaßstabes zu unverhältnismäßigen Belastungen des Gebührenschuldners kommt

vgl. Urteil des Senats vom 14.01.1999 - 1 N 1/97 - SKZ 1999, 294 Leitsatz 118.

Es ist jedoch im vorliegenden Fall nicht festzustellen, dass es für die Klägerin zu unverhältnismäßigen Belastungen durch die Einführung der Niederschlagswassergebühr ohne Übergangsvorschrift kommt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin naturgemäß nicht durch die Erhebung von Gebühren in eine finanzielle Notlage geraten kann. Außerdem bemüht sie sich bis heute - über acht Jahre nach Einführung der Niederschlagswassergebühr in St. Ingbert - nicht um eine Änderung der Autobahnentwässerung.

6. Die Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen – Ortsdurchfahrtsrichtlinien (ODR) – vom 2.1.1976 in der Fassung vom 11.10.1993 schließen eine Gebührenpflicht der Klägerin für die BAB 6 nicht aus. Diese Richtlinien gelten, wie sich aus ihrem Wortlaut ergibt, nur für die Ortsdurchfahrten, das heißt die innerhalb der geschlossenen Ortslage liegenden Teile der Bundesstraßen, und damit nicht für Bundesautobahnen (vgl. § 1 Abs. 2 FStrG). Die Ortsdurchfahrtsrichtlinien greifen vorliegend also bereits tatbestandlich nicht ein.

II.

Die Berufung hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Festsetzung einer Niederschlagswassergebühr für das Jahr 1999 in Höhe von 109.986,00 EUR richtet. Der Bescheid des Beklagten vom 10.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 sowie der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung ist insoweit rechtswidrig, weil einer Heranziehung der Klägerin zu einer Niederschlagswassergebühr für das Jahr 1999 das Rückwirkungsverbot entgegensteht und das Vertrauen der Klägerin schutzwürdig ist.

Das vom Satzungsgeber durch § 20 Abs. 1 Satz 1 ABGS rückwirkend zum 01.01.1999 bewirkte Inkrafttreten der Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung verstößt in seiner Anwendung im Falle der Klägerin gegen das Rückwirkungsverbot, da sie damit für einen bereits abgeschlossenen Veranlagungszeitraum erstmals zu Niederschlagswassergebühren herangezogen wird. Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 ABGS ist mit Blick auf das Rückwirkungsverbot einschränkend verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die rückwirkende Inkraftsetzung nur für solche Benutzer gilt, die bereits unter der Geltung der Vorgängersatzung gebührenpflichtig waren und für die stets außer Frage stand, dass sie auch weiterhin - wenn auch nach Maßgabe eines geänderten Gebührenmaßstabes - gebührenpflichtig sein werden. Hinsichtlich dieser Nutzer, die in der Vergangenheit für die Einleitung von Schmutz- und Niederschlagswasser einheitlich nach dem Frischwassermaßstab veranlagt worden sind, ist in der Rechtsprechung - wie das Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt hat - allgemein anerkannt, dass durch die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr lediglich der Gebührenmaßstab geändert wird und dass diese Änderung rückwirkend zulässig ist, wenn der Frischwassermaßstab nach den konkreten Gegebenheiten im Gemeindegebiet unzulässig beziehungsweise aller Wahrscheinlichkeit nach unzulässig war. Die vorliegende Fallgestaltung zeichnet sich demgegenüber dadurch aus, dass die Klägerin, die seit Jahren und mit Kenntnis des Beklagten ausschließlich Niederschlagswasser in die gemeindliche Abwasserbeseitigungsanlage einleitet, dies unter der Geltung der Vorgängersatzung tun durfte, ohne der satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu unterliegen und erstmals durch die Satzung vom 05.09.2000 der Abwassergebührenpflicht unterworfen wurde. So sah die Vorgängersatzung keine Gebühr für Niederschlagswasser vor. Denn nach § 12 Abs. 1 und 2 der Satzung der Mittelstadt St. Ingbert über die Erhebung von Beiträgen und Benutzungsgebühren für die öffentliche Abwasseranlage (Kanalisation) vom 25.02.1992 bestimmte sich die Höhe der Benutzungsgebühr allein nach der Menge der aus öffentlichen oder sonstigen Wasserversorgungsanlagen zugeführten Wassermenge. Insofern vollzog diese Satzung gebührenrechtlich nicht die Regelungen der Abwassersatzung vom 26.02.1992, nach deren § 18 Abs. 2 der Beklagte für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlagen eine Benutzungsgebühr erhob, wobei nach § 2 Abs. 1 Abwassersatzung zum Abwasser auch das von Niederschlägen aus den Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser) gehörte.

Die in § 20 Abs. 1 ABGS angeordnete, ein bereits vollständig abgeschlossenes Veranlagungsjahr einbeziehende rückwirkende Entstehung der Gebührenpflicht stellt sich daher bezogen auf die Klägerin als Benutzerin, die nach bisherigem Satzungsrecht nicht gebührenpflichtig war, als echte Rückwirkung dar. Ein Fall echter Rückwirkung ist nämlich gegeben, wenn eine Rechtsvorschrift an bereits abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als die vorangegangenen Bestimmungen. Eine Regelung, die rückwirkend öffentliche Leistungspflichten auferlegt, ist wegen des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatzes des Vertrauensschutzes grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist vorliegend nicht geboten.

Dass die Rechtsprechung im Falle einer nichtigen Vorgängersatzung deren Ersetzung durch eine neue rückwirkend in Kraft tretende Satzung und damit eine Ausnahme vom Verbot der echten Rückwirkung zulässt

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 - 8 C 170.81 - BVerwGE 67, 129 = NVwZ 1983, 612 = Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 21 = KStZ 1983, 205 = DÖV 1983, 941 = BayVBl 1984, 408; Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005 - Vf. 3-VII-03 - BayVBl. 2005, 361 und 399,

rechtfertigt sich daraus, dass das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage ausnahmsweise nicht schutzwürdig ist, wenn der Betroffene nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge von der neuen Satzung zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste. Dies bedeutet, dass eine rückwirkend in Kraft gesetzte Neuregelung in dem Umfang zulässig ist, in dem sie einen Mangel der Vorgängersatzung behebt

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 - 8 C 170.81 - BVerwGE 67, 129 = NVwZ 1983, 612 = Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 21 = KStZ 1983, 205 = DÖV 1983, 941 = BayVBl 1984, 408.

Behebt die Satzungsänderung hingegen nicht nur den zur Nichtigkeit der Vorgängersatzung führenden Mangel, sondern nimmt der Satzungsgeber gleichzeitig Änderungen an rechtlich unbedenklichen Satzungsbestimmungen vor, die zu einer stärkeren Belastung aller Gebührenpflichtigen oder einer bestimmten Gruppe von Gebührenpflichtigen führt, so lässt sich eine rückwirkende Inkraftsetzung dieser einschneidenderen Regelungen nicht mit dem Gesichtspunkt der Ersetzung einer nichtigen Satzungsbestimmung durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm verfassungsrechtlich rechtfertigen

vgl. Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005, a.a.O., S. 403.

Fallbezogen bedeutet dies, dass die Benutzer, die zwar Schmutz- und Niederschlagswasser einleiten, hierfür aber nach altem Satzungsrecht allein nach dem Frischwassermaßstab veranlagt wurden, infolge der Gerichtsverfahren der 90er Jahre angesichts der konkreten Gegebenheiten im Gemeindegebiet des Beklagten mit der Ersetzung des Frischwassermaßstabes durch eine gesplittete Abwassergebühr rechnen mussten. Auch die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass der Satzungsgeber damals Veranlassung hatte, seine Satzung diesbezüglich zu überarbeiten. Dass die Einführung der gesplitteten Gebühr im Einzelfall - etwa wegen umfangreicher versiegelter Flächen - zu einer Erhöhung der Gebührenbelastung führen konnte, ist als unmittelbare Folge des neuen Maßstabes systemimmanent und spielt im Rahmen der Rückwirkungsproblematik keine Rolle

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 und Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005, jeweils a.a.O..

Anders stellt sich die Rechtslage in Bezug auf die Klägerin dar. Ihr gegenüber lässt sich die rückwirkende Heranziehung nicht mit dem Gesichtspunkt der Ersetzung einer nichtigen Satzungsbestimmung durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm verfassungsrechtlich rechtfertigen. Im Verhältnis zu der Klägerin hat der Satzungsgeber die Einführung einer gesplitteten Abwassergebühr zum Anlass genommen, einen rechtlich nicht zu beanstandenden Teil seines bisherigen Abwasserbeseitigungsgebührenrechts zu ändern und die Klägerin dadurch erstmals der Abwassergebührenpflicht unterworfen. Hiermit brauchte die Klägerin nicht zu rechnen.

Die Vorgängersatzung begründete hinsichtlich der Eigentümer/Baulastträger der Bundesfern- und Landstraßen keine Abwasserbeseitigungsgebührenpflicht, was aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden war. Nach den landesrechtlichen Vorgaben sind die saarländischen Gemeinden zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, von den Eigentümern/Baulastträgern der durch ihr Gemeindegebiet verlaufenden Bundesfern- und Landstraßen Gebühren für die Beseitigung des auf den Fahrbahnen anfallenden Niederschlagswassers zu erheben; das heißt, es war keineswegs zwingend, anlässlich der Einführung der gesplitteten Abwassergebühr auch die Straßeneigentümer/-baulastträger der satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu unterwerfen. Das Kommunalabgabengesetz eröffnet insoweit zwar die Möglichkeit der Gebührenerhebung, sieht diese aber nicht als verbindlich vor. Wahlweise steht den Gemeinden offen, Kostenerstattungsansprüche geltend zu machen oder im Wege von Vereinbarungen betreffend bestimmte Streckenabschnitte eine Beteiligung der Straßenbaulastträger an den Kosten der Abwasserbeseitigung herbeizuführen, wie dies in der Vergangenheit durch den Beklagten des Öfteren geschehen ist. Ebenso war die bisher offenbar - auch in der Mittelstadt St. Ingbert - geübte Praxis, die Einleitung des von den Fahrbahnen der Bundesfern- und Landstraßen abfließenden Niederschlagswassers in die gemeindliche Kanalisation insgesamt oder hinsichtlich bestimmter Streckenabschnitte unentgeltlich hinzunehmen, jedenfalls unter der Prämisse rechtlich zulässig, dass der hierdurch bedingte Kostenaufwand - wie es nach Bekunden des Beklagten in der mündlichen Verhandlung in seiner Gemeinde üblich gewesen war - gesondert ermittelt und nicht auf die damals allein gebührenpflichtigen Bezieher von Frischwasser umgelegt worden ist. Der Satzungsgeber nahm mithin die Abschaffung des Frischwassermaßstabes zum Anlass, hinsichtlich der Entwässerung der Bundesfern- und Landstraßen erstmals eine Abwassergebührenpflicht einzuführen. Hiermit brauchte die Klägerin trotz der Diskussion um die Zulässigkeit des reinen Frischwassermaßstabes im Gemeindegebiet des Beklagten nicht zu rechnen, da sie betreffende gebührenrechtliche Konsequenzen keineswegs zwingend waren. Zudem war seitens des Beklagten – anders als hinsichtlich der Frischwasserbezieher - nichts unternommen worden, um die Klägerin frühzeitig auf die gemeindlichen Absichten aufmerksam zu machen.

Als sich nämlich 1999 abzeichnete, dass eine neue Satzung unter Einführung der gesplitteten Abwassergebühr erarbeitet werden sollte, wurde zwar die bereits bisher gebührenpflichtige Bevölkerung entsprechend informiert und sind insoweit auch nur vorläufige Gebührenbescheide erlassen worden. Eine Information der Straßeneigentümer/-baulastträger über die Absicht, eine gesonderte Niederschlagswassergebühr unter Einbeziehung der Fahrbahnflächen der Bundesfern- und Landstraßen einzuführen, unterblieb indessen. Die Klägerin brauchte nach alledem hinsichtlich des Jahres 1999 nicht mit der Entstehung einer satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu rechnen. Ihre rückwirkende Veranlagung für dieses Jahr verletzt daher das Rückwirkungsverbot.

Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass der Beklagte zur Zeit des Bescheiderlasses auf anderer Rechtsgrundlage einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Klägerin hätte geltend machen können, ohne dass demgegenüber die Einrede der Verjährung gegriffen hätte. Entscheidet die Gemeinde sich nämlich wie vorliegend für die Erhebung einer Kommunalabgabe, so muss sie die insoweit maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften über die Zulässigkeit der Gebührenerhebung und damit unter anderem das in Art. 60 Abs. 1 SVerf verankerte Verbot der Rückwirkung beachten. Die durch Leistungsbescheid erfolgende Einforderung der Gebühr enthält für den Zahlungspflichtigen im Vergleich zu seiner Inanspruchnahme aufgrund eines Kostenerstattungsanspruchs eine zusätzliche Beschwer. Wählt die Gemeinde diesen Weg, so muss ihr zu diesem Zweck geschaffenes Satzungsrecht die maßgeblichen landesrechtlichen Vorgaben einschließlich des Rückwirkungsverbots beachten.

III.

Hinsichtlich des noch nicht entschiedenen Teils der Gebührenfestsetzung des Beklagten für das Jahr 2000 in Höhe von 45.827,28 EUR bedarf es der weiteren Aufklärung im Tatsächlichen; insoweit wird auf den beiliegenden Aufklärungsbeschluss verwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Entscheidung, 05. Sept. 2007 - 1 A 44/07

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Entscheidung, 05. Sept. 2007 - 1 A 44/07

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Entscheidung, 05. Sept. 2007 - 1 A 44/07 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Gesetz über das Kreditwesen


Kreditwesengesetz - KWG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 269 Klagerücknahme


(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, a

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 1 Einteilung der Bundesstraßen des Fernverkehrs


(1) Bundesstraßen des Fernverkehrs (Bundesfernstraßen) sind öffentliche Straßen, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind. In der geschlossenen Ortslage (§ 5 Abs. 4) gehören zum

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 5 Träger der Straßenbaulast


(1) Der Bund ist Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. Bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen Dritter bleiben unberührt

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 90


(1) Der Bund bleibt Eigentümer der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs. Das Eigentum ist unveräußerlich. (2) Die Verwaltung der Bundesautobahnen wird in Bundesverwaltung geführt. Der Bund kann sich zur Erledigung seiner Auf

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 3 Straßenbaulast


(1) Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Die Träger der Straßenbaulast haben nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 110


Ist nur ein Teil des Streitgegenstands zur Entscheidung reif, so kann das Gericht ein Teilurteil erlassen.

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 4 Sicherheitsvorschriften


Die Träger der Straßenbaulast haben dafür einzustehen, dass ihre Bauten allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Behördlicher Genehmigungen, Erlaubnisse und Abnahmen durch andere als die Straßenbaubehörden bedarf es nicht. Straßenbaube

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Entscheidung, 05. Sept. 2007 - 1 A 44/07 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Entscheidung, 05. Sept. 2007 - 1 A 44/07 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2002 - III ZR 287/01

bei uns veröffentlicht am 18.07.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 287/01 Verkündet am: 18. Juli 2002 F i t t e r e r Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FStrG §§ 3, 5; Rh

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Entscheidung, 05. Sept. 2007 - 1 A 43/07

bei uns veröffentlicht am 05.09.2007

Tenor Unter entsprechender Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. September 2006 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 11 K 9/06 - werden die Bescheide des Beklagten vom 24. Januar 2002 in der Gestalt
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Entscheidung, 05. Sept. 2007 - 1 A 44/07.

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Entscheidung, 05. Sept. 2007 - 1 A 43/07

bei uns veröffentlicht am 05.09.2007

Tenor Unter entsprechender Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. September 2006 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 11 K 9/06 - werden die Bescheide des Beklagten vom 24. Januar 2002 in der Gestalt

Referenzen

Tenor

Unter entsprechender Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. September 2006 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 11 K 9/06 - werden die Bescheide des Beklagten vom 24. Januar 2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10. Juni 2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17. Dezember 2003, des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom 5. September 2007 zu Protokoll erklärten Änderung aufgehoben, soweit der Kläger darin zu Niederschlagswassergebühren für das Jahr 1999 in Höhe von 93.623,46 EUR und für das Jahr 2000 in Höhe von mehr als 55.133,00 EUR herangezogen worden ist.

Die Entscheidung über die Berufung im Übrigen sowie die Kostenentscheidung bleiben vorbehalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Mittelstadt St. Ingbert hat am 05.09.2000 eine Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Abwasseranlage (Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung - ABGS) erlassen, die rückwirkend zum 01.01.1999 in Kraft gesetzt worden ist. Mit der Satzung vom 05.09.2000 ist die getrennte Erhebung von Schmutz- und Niederschlagswassergebühren im Gebiet des Beklagten eingeführt worden.

Mit an das Landesamt für Straßenwesen gerichtetem Bescheid des Beklagten vom 24.01.2002 (Abgabenkontonummer …029) wurden für die Jahre 1999 und 2000 Kanalbenutzungsgebühren für die Ableitung des Niederschlagswassers von im Bereich St. Ingbert-Mitte gelegenen Flächen der Bundes- und Landstraßen in Höhe von insgesamt 120.308,92 EUR (= 235.303,80 DM) festgesetzt, wobei eine gebührenrelevante Fläche von 99.705 m 2 zugrunde gelegt wurde. Mit weiterem an das Landesamt für Straßenwesen gerichteten Bescheid vom 24.01.2002 (Abgabenkontonummer …037) wurden für die Flächen der Bundes- und Landstraßen in St. Ingbert-Ortsteile für die Jahre 1999 und 2000 Kanalbenutzungsgebühren in Höhe von insgesamt 61.044,30 EUR (= 119.392,40 DM) festsetzt, wobei eine gebührenrelevante Fläche von 50.590 m 2 zugrunde gelegt wurde. In beiden Bescheiden findet sich der folgende Hinweis: „Wir weisen Sie darauf hin, dass trotz mehrmaliger Aufforderung kein Fragebogen zur Niederschlagswassergebühr von Ihnen abgegeben wurde. Die in der Tabelle aufgeführten Daten beziehen sich auf Auswertungen von Luftbildkarten.“

Gegen diese Bescheide legte das Landesamt für Straßenwesen jeweils am 21.02.2002 Widerspruch ein. Zur Begründung trug es vor, den Trägern der öffentlichen Verkehrsanlagen obliege gemäß § 50 b Abs. 4 SWG die Beseitigung des Niederschlagswassers selbst. Sie hätten diese Aufgabe durch eigene Anlagen zu erledigen oder könnten sich bei der Erfüllung dieser Pflicht Dritter bedienen, was nur in einem partnerschaftlichen Vertragsverhältnis geregelt werden könne. Grundsätzlich gehöre die Oberflächenentwässerung zur Baulast. Innerhalb der Ortslage müsse das anfallende Niederschlagswasser in der Regel gemeinsam mit dem häuslichen Abwasser entsorgt werden. Diese Problematik habe der Bundesgesetzgeber bereits vor mehr als 40 Jahren erkannt und die Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen – Ortsdurchfahrtsrichtlinien (ODR) – vom 18.08.1962 erlassen, die auch im Saarland verbindlich eingeführt worden seien. Mit ihnen werde unter anderem die Gemeinsamkeit einer Entwässerungsanlage geregelt. Mit der Stadt St. Ingbert bzw. den jeweiligen Vorgängergemeinden seien Vereinbarungen getroffen worden, dass eine gemeinsame Ortskanalisation gebaut werde, an deren Kosten sich die Straßenbauverwaltung beteilige und im Gegenzug sich die Kommune unwiderruflich verpflichte, das Oberflächenwasser der Bundes- bzw. Landstraßen gebührenfrei in ihre Anlagen aufzunehmen und schadlos zu entsorgen. Darüber hinaus seien zwischen der Stadt St. Ingbert und dem Saarland als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland ab dem 01.01.1970 Vereinbarungen über die laufende Unterhaltung und Instandsetzung sowie den Winterdienst (UI-Maßnahmen) der Ortsdurchfahrt der Bundesstraße B 40 und der Ortsdurchfahrten von verschiedenen Landstraßen I. und II. Ordnung geschlossen worden. Für die Erfüllung der laufenden Unterhaltungs- und Instandsetzungs- sowie der Winterdienstaufgaben erhalte die Stadt einen jährlichen Pauschalbetrag, der sich zurzeit auf 54.361,44 EUR belaufe.

Mit Schreiben vom 10.06.2003 half der Beklagte den Widersprüchen mit Blick auf elf vorgelegte und seiner Meinung nach jeweils für bestimmte Straßenabschnitte eine gebührenfreie Einleitung gewährende Vereinbarungen in Höhe von jährlich 23.807,40 m 2 x 1,18 DM = 28.092,73 DM (= 14.363,58 EUR) ab. Eine weitere Abhilfe im Hinblick auf die UI-Vereinbarungen bezüglich der Ortsdurchfahrten der Bundesstraße B 40 sowie der Landstraßen I. und II. Ordnung wurde mit der Begründung abgelehnt, die Pauschale werde nur für die Unterhaltung und Instandsetzung der Straßendecke und der Straßeneinläufe entrichtet, nicht aber für die Niederschlagswasserableitung. Zudem enthielten die UI-Vereinbarungen keinen Hinweis darauf, dass die Oberflächenwasser der Bundes- und Landstraßen gebührenfrei eingeleitet werden dürften.

Mit an das Saarland, vertreten durch das Ministerium für Wirtschaft, gerichtetem Bescheid vom 17.12.2003 setzte der Beklagte die Abwassergebühren für die Jahre 1999 bis 2002 für die an die städtische Kanalisation angeschlossenen Flächen der Bundes- und Landstraßen neu fest. Für die Jahre 1999 bis 2001 wurde ein Betrag von jeweils 109.840,04 EUR (= 214.828,44 DM) und für das Jahr 2002 von 87.387,84 EUR festgesetzt. Dabei ging der Beklagte von einer gebührenrelevanten Fläche von 182.058 m² aus. Das Ministerium erhob am 23.12.2003 Widerspruch.

Die Widersprüche vom 21.02.2002 wurden mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27.01.2005 ergangenem Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Saarpfalz-Kreises zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid wurde an das Saarland, vertreten durch den Landesbetrieb für Straßenbau, gerichtet.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 03.02.2005 per Einschreiben an den Landesbetrieb für Straßenbau abgesandt.

Am 02.03.2005 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Klage erhoben.

Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, die rückwirkende Inkraftsetzung der ABGS zum 01.01.1999 sei unzulässig. Dies gelte sowohl für das Jahr 1999 als auch für das Jahr 2000. Für das Jahr 2000 könne dahin gestellt bleiben, ob eine echte oder eine unechte Rückwirkung vorliege, da ihm auf jeden Fall Vertrauensschutz zustehe. Er habe nicht erkennen können, ob eine Abwassergebührensatzung ohne Niederschlagswassergebühren wegen Überschreitung einer von der Rechtsprechung gefundenen 12 %-Grenze ungültig gewesen sei. Insoweit habe er davon ausgehen können und müssen, dass wie in der Vergangenheit das Niederschlagswasser kostenfrei entsorgt werde. Zudem verstoße die Satzung wegen einer fehlenden Übergangsregelung gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Übermaßverbotes. Auch die konkrete Berechnung der Niederschlagswassergebühr sei unzutreffend. Es sei nicht seine Sache, die Aufgaben des Beklagten hinsichtlich der korrekten Flächenberechnung zu übernehmen und im Einzelnen vorzurechnen und darzulegen, inwieweit das Oberflächenwasser in die städtische Kanalisation gelange. Im Hinblick auf die Ortsdurchfahrtenrichtlinien - ODR - sei er letztlich überhaupt nicht zur "Beitragszahlung" heranzuziehen. Nach den ODR beteilige sich die Bundesrepublik Deutschland bzw. das Saarland nur dann an den Kosten einer Ortsdurchfahrt, wenn zugleich geregelt werde, dass durch die Zahlung dieses Zuschusses der Zuschussgeber zukünftig von Gebühren für die Ableitung des Oberflächenwassers befreit werde, was eine seit vielen Jahren gefestigte Praxis sei. Aufgrund dieser ODR und des späteren Abschlusses entsprechender Verträge mit den Kommunen sei eine Befreiung von der Niederschlagswassergebühr erfolgt. Die spätere Erfindung der Niederschlagswassergebühr könne nicht dazu führen, dass er aufgrund einer Umstellung des Abrechnungswesens und der nunmehr möglichen Erhebung von Niederschlagswassergebühren jetzt als Gebührenpflichtiger angesehen werde.

Der Kläger hat beantragt,

die Kanalbenutzungsgebührenbescheide des Beklagten vom 24.01.2002 und den aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27.01.2005 ergangenen Widerspruchsbescheid – Az.: 148 und 149/2003 – aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, die rückwirkende Inkraftsetzung der Satzung sei nicht zu beanstanden, weil der in der früheren Abwassergebührensatzung normierte Gebührenmaßstab „Frischwassermenge“ mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig und damit nichtig gewesen sei. Der Anteil der Mehrkosten für die Niederschlagswasserentsorgung liege in St. Ingbert mit 14,43 % über der vom Bundesverwaltungsgericht als zulässig angesehenen Grenze von 12 %. Im Übrigen seien für das Abrechnungsjahr 1999 keine endgültigen, sondern nur vorläufige Gebührenbescheide verschickt worden. Es handele sich vorliegend um eine unechte Rückwirkung, weil die Gebührenpflicht in der Vergangenheit wegen der Nichtigkeit des Gebührenmaßstabes in der damaligen Gebührensatzung noch nicht entstanden gewesen sei. Zudem habe für die Gebührenpflichtigen kein Vertrauensschutz auf den Fortbestand der damaligen Satzungsregelung bestanden, da diese Regelung nichtig gewesen sei.

Mit auf die mündliche Verhandlung vom 22.09.2006 ergangenem Urteil – 11 K 9/06 – hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung der Mittelstadt St. Ingbert vom 05.09.2000 seien für die streitigen Teilstücke der Bundes- und Landstraßen erfüllt, für die der Kläger die Straßenbaulast trage. Die "Richtlinien für die Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesfernstraßen - Ortsdurchfahrtsrichtlinien (ODR)" vom 02.01.1976 in der Fassung vom 11.10.1993 stünden einer Heranziehung des Klägers nicht entgegen, da eine bloße Verwaltungsvorschrift nicht einseitig die durch ein Landesgesetz in Verbindung mit einer gemeindlichen Satzung geregelten Abgabenpflichten abändern könne. Leite der Kläger Niederschlagswasser im Rahmen der ihm obliegenden Straßenbaulast und der damit zusammenhängenden Abwasserbeseitigungspflicht in die gemeindliche Kanalisation ein, so sei er insoweit gebührenpflichtig.

Die rückwirkende Inkraftsetzung der Satzungsbestimmungen zum 01.01.1999 sei zulässig, da dem Kläger kein Vertrauensschutz zustehe. Dies gelte selbst dann, wenn man für das Jahr 1999 von einer echten Rückwirkung ausgehe. Es spreche allerdings einiges dafür, von einer zulässigen unechten Rückwirkung der ABGS auszugehen, weil für das Jahr 1999 wegen des Gebührenmaßstabs der reinen Frischwassermenge eine fehlerhafte Abwassergebührensatzung vorgelegen habe. Aber auch eine echte Rückwirkung sei vorliegend zulässig, weil dem Kläger kein schutzwürdiges Vertrauen zustehe. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Zulässigkeit des reinen Frischwassermaßstabs sei die Vorgängersatzung vom 25.02.1992 in der Fassung vom 10.11.1999 ungültig und die Einführung eines gesplitteten Abwassergebührenmaßstabes für die Schmutzwasserbeseitigung einerseits und für die Niederschlagswasserbeseitigung andererseits geboten gewesen. Dem habe der Beklagte mit der rückwirkend erlassenen ABGS Rechnung getragen. Mit der Erhebung der Niederschlagswassergebühr sei auch keine neue Gebühr eingeführt, sondern es sei lediglich der bisher bestehende Gebührenmaßstab geändert worden, da schon in der Vorgängersatzung die Entsorgung des Niederschlagswassers Bestandteil der Abwassergebühr gewesen sei. Nur der Gebührenmaßstab sei ein anderer gewesen, da die Abwassergebühr nach dem Frischwasserverbrauch bemessen worden sei.Bei dieser Sachlage sei ein etwaiges Vertrauen des Klägers darauf, im Jahre 1999 von einer Niederschlagswassergebührenpflicht verschont zu bleiben, nicht schutzwürdig. Es sei auch nicht geboten, die Folgen einer aus Rechtsgründen erforderlich gewordenen Änderung des Gebührenmaßstabes rückwirkend nur denjenigen zugute kommen zu lassen, die hierdurch begünstigt werden, und den dadurch Benachteiligten für die Vergangenheit die Vorteile des früheren - rechtswidrigen - Gebührenmaßstabes zu belassen. Die Einführung des gesplitteten Gebührenmaßstabs verstoße auch nicht wegen des Fehlens einer schonenden Überleitung gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Übermaßverbots. Hinsichtlich der Höhe der Gebühr im Einzelnen habe der Beklagte die gebührenrelevante Fläche der Bundes- und Landstraßen zu Recht anhand von Luftbildkarten geschätzt, da der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei.

Dieses Urteil ist dem Kläger zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 09.10.2006 zugestellt worden.

Auf den am 07.11.2006 eingegangenen Antrag, der am 11.12.2006 (einem Montag) begründet wurde, hat der Senat mit Beschluss vom 15.03.2007 - 1 Q 43/06 - die Berufung zugelassen. Die Berufungsbegründung ist am 17.04.2007 eingegangen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte vorgebracht, die Gebührenforderung für die Jahre 1999 und 2000 belaufe sich nach weiteren Überprüfungen auf jeweils 93.623,46 EUR für 153.434 m² Straßenfläche, wobei sich die Verteilung auf die einzelnen Straßen aus einer unter anderem dem Kläger und dem Oberverwaltungsgericht vorliegenden Liste ergebe. In diesem Sinne ändere er die angefochtene Heranziehung ab. Weiter hat der Beklagte ausdrücklich klargestellt, dass sich die angefochtenen Bescheide gegen den Kläger als Eigentümer der veranlagten Straßenflächen richteten, was auch für die Bundesstraße B 40 gelte.

Der Kläger hat daraufhin den Neufestsetzungsbescheid vom 17.12.2003 und die vorstehend erwähnte Änderung in seine Klage einbezogen.

Der Kläger führt zur Begründung seiner Berufung aus, der Bund habe Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen - Ortsdurchfahrtsrichtlinien (ODR) - erlassen. Die Länder seien ihm für die in ihrer Baulast liegenden Landstraßen gefolgt und hätten diese Regelungen wortgleich eingeführt. Unter dem Datum vom 05.09.1978 habe der Bundesminister für Verkehr ein Vereinbarungsmuster für gemeinschaftliche Baumaßnahmen in Ortsdurchfahrten eingeführt. Die Richtlinien und die Mustervereinbarung seien verbindlich. Die Vertreter der Kommunen hätten vor der Einführung bei der Erarbeitung dieser Regelungen mitgewirkt, seien also bereit gewesen, diese anzunehmen und damit umzugehen. Es habe Jahrzehnte lang außer Frage gestanden, dass der Bund beziehungsweise das Land mit der Zahlung eines Zuschusses für die Errichtung der Straße alle sich aus seiner Sicht ergebenden Verpflichtungen erfüllt habe. Es sei nirgendwo ersichtlich und zu keinem Zeitpunkt gewollt und vereinbart worden, dass der Bund oder das Land zukünftig für die Kosten der Entsorgung des auf den Bundes- beziehungsweise Landstraßen anfallenden Oberflächenwassers aufkommen müsse. Mit der Frage der Straßenbaulast habe die etwaige Entschädigung für die Oberflächenwasserentsorgung nichts zu tun. Das erstinstanzliche Gericht habe sich von dem Gedanken leiten lassen, dass durch einseitig erlassene Ortsdurchfahrtsrichtlinien zwingende Bestimmungen des Kommunal-abgabenrechtes nicht außer Kraft gesetzt werden könnten. Wenn indes das Kommunalabgabenrecht überhaupt nicht anwendbar sei, sondern nur ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch übrig bleibe, könne sich etwas anderes sehr wohl aus öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen oder Bestimmungen ergeben. Es sei wenig wahrscheinlich, dass der Ortssatzungsgeber berechtigt sei, landesweit verbindlich eingeführte Richtlinien durch eine Satzung außer Kraft zu setzen.

Die Frage des Vertrauensschutzes sei vorliegend zu prüfen, da der Beklagte die Erhebung einer Niederschlagswassergebühr rückwirkend ab dem 01.01.1999 eingeführt habe. Dem Kläger sei nicht bekannt gewesen, ob eine solche Gebühr in St. Ingbert habe eingeführt werden müssen. Wenn eine Kommune in Kenntnis der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte Jahre lang keine Niederschlagswassergebühr einführe, müsse er davon ausgehen können, dass die Voraussetzungen für die Einführung einer Niederschlagswassergebühr nicht erfüllt seien. Außerdem sei die neue Gebührensatzung vollumfänglich unwirksam, wenn wie vorliegend die Kalkulationsgrundlage für den Abwassergebührensatz fehle.

Er – der Kläger – sei schließlich nicht Eigentümer der Grundfläche der Bundesstraße B 40 und auch sonst nicht für die Ableitung des dort anfallenden Niederschlagswassers verantwortlich.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die die Jahre 1999 und 2000 betreffenden Gebührenbescheide des Beklagten vom 24.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17.12.2003, des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 und der heute zu Protokoll erklärten Änderung aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er führt aus, herangezogen habe er in der fraglichen Zeit satzungskonform stets den Grundstückseigentümer. Dies sei bei den veranlagten Bundes- und Landstraßen der Kläger, auch wenn dieser teilweise nicht gleichzeitig Träger der Straßenbaulast sei.

Die Ortsdurchfahrtsrichtlinien fänden nur Anwendung, wenn die jeweilige Gemeinde sich unwiderruflich verpflichte, das in ihre Mischkanalisation von den Bundesstraßen abfließende Niederschlagswasser unentgeltlich aufzunehmen und schadlos abzuführen. Es seien zwischen Bund und Land einerseits und der Mittelstadt St. Ingbert beziehungsweise den Vorgängergemeinden andererseits mehrere entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen worden. Für die Bereiche, bei denen Gebühren angefordert worden seien, lägen aber keine entsprechenden Vereinbarungen vor. Die rückwirkende Inkraftsetzung der Gebührensatzung sei nicht zu beanstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den in der mündlichen Verhandlung erörterten Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte des Verfahrens 1 A 44/07 sowie der einschlägigen Behördenunterlagen (3 Hefte) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung sind die Bescheide des Beklagten vom 24.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17.12.2003, des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung. Damit ergibt sich für das vorliegende Verfahren eine streitige Anforderung von Niederschlagswassergebühren für die Jahre 1999 und 2000 in Höhe von jeweils 93.623,46 EUR. Dabei hat der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass die genannten Bescheide gegenüber dem Kläger als persönlichen Schuldner ergangen sind, wobei die Gebührenpflicht an dessen Eigentum an den streitgegenständlichen Straßen-flächen anknüpfe. Dies entspricht den Eintragungen in Spalte A der Liste zur Konkretisierung der aktuellen Gebührenberechnung und war, wie insbesondere die Klageschrift zeigt, so schon zuvor vom Kläger verstanden worden.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO den inhaltlichen Vorgaben des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden.

Die Berufung ist begründet, soweit sich die Klage gegen die Festsetzung der Niederschlagswassergebühren für das Jahr 1999 in Höhe von 93.623,46 EUR (I.) richtet, sowie hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 38.490,46 EUR, soweit sie die für das Jahr 2000 festgesetzten Niederschlagswassergebühren betrifft (II.). Im Übrigen – weitere 55.133,00 EUR Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2000 - sind weitere Ermittlungen hinsichtlich der dem Grundsatz nach gebührenpflichtigen Flächen der Landstraßen erforderlich (III.). In dieser Situation hält es der Senat für sinnvoll, ein Teilurteil (§ 110 VwGO) zu erlassen.

I.

Die Bescheide des Beklagten vom 24.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17.12.2003, des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung sind hinsichtlich der für das Jahr 1999 festgesetzten Niederschlagswassergebühr rechtswidrig, weil insoweit einer Heranziehung des Klägers das Rückwirkungsverbot entgegensteht und das Vertrauen des Klägers schutzwürdig ist.

Das im Rechtsstaatsprinzip im Sinne von Art. 60 Abs. 1 der Saarländischen Verfassung (SVerf), aber auch im Saarländischen Kommunalabgabengesetz – KAG – vom 29.05.1998 (ABl. S. 691) verankerte Rückwirkungsverbot ist vorliegend durch die Heranziehung des Klägers zu Niederschlagswassergebühren für das Jahr 1999 verletzt.

Eine Rechtsnorm entfaltet Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist. Grundsätzlich erlaubt die Verfassung nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum gelten (sogenannte echte Rückwirkung), ist in der Regel unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muss grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Neuregelung darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird. Dieses Vertrauen wird verletzt, wenn eine Rechtsvorschrift an abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Betreffende bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Rechtsfolgenlage findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14.05.1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200 = DVBl 1986, 814 = NJW 1987, 1749 und vom 03.12.1997 - 2 BvR 882/97 - BVerfGE 97, 67 = DVBl 1998, 465 = NJW 1998, 1547 = DÖV 1998, 465; BVerwG, Urteil vom 13.09.2006 - 6 C 10.06 - NVwZ-RR 2007, 192 = Buchholz 451.61 KWG Nr. 20.

Das vom Satzungsgeber durch § 20 Abs. 1 Satz 1 der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Abwasseranlage vom 05.09.2000 (Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung - ABGS) rückwirkend zum 01.01.1999 bewirkte Inkrafttreten der Satzung verstößt in seiner das Jahr 1999 betreffenden Anwendung im Falle des Klägers gegen das Rückwirkungsverbot, da er damit für einen bereits abgeschlossenen Veranlagungszeitraum erstmals zu Niederschlagswassergebühren herangezogen wird.

Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 ABGS ist mit Blick auf das Rückwirkungsverbot einschränkend verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die rückwirkende Inkraftsetzung nur für solche Benutzer gilt, die bereits unter der Geltung der Vorgängersatzung gebührenpflichtig waren und für die stets außer Frage stand, dass sie auch weiterhin - wenn auch nach Maßgabe eines geänderten Gebührenmaßstabes - gebührenpflichtig sein werden. Hinsichtlich dieser Nutzer, die in der Vergangenheit für die Einleitung von Schmutz- und Niederschlagswasser einheitlich nach dem Frischwassermaßstab veranlagt worden sind, ist in der Rechtsprechung - wie das Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt hat - allgemein anerkannt, dass durch die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr lediglich der Gebührenmaßstab geändert wird und dass diese Änderung rückwirkend zulässig ist, wenn der Frischwassermaßstab nach den konkreten Gegebenheiten im Gemeindegebiet unzulässig beziehungsweise aller Wahrscheinlichkeit nach unzulässig war. Die vorliegende Fallgestaltung zeichnet sich demgegenüber dadurch aus, dass der Kläger, der seit Jahren und mit Kenntnis des Beklagten ausschließlich Niederschlagswasser in die gemeindliche Abwasserbeseitigungsanlage einleitet, dies unter der Geltung der Vorgängersatzung tun durfte, ohne der satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu unterliegen und erstmals durch die Satzung vom 05.09.2000 der Abwassergebührenpflicht unterworfen wurde. So sah die Vorgängersatzung keine Gebühr für Niederschlagswasser vor. Denn nach § 12 Abs. 1 und 2 der Satzung der Mittelstadt St. Ingbert über die Erhebung von Beiträgen und Benutzungsgebühren für die öffentliche Abwasseranlage (Kanalisation) vom 25.02.1992 bestimmte sich die Höhe der Benutzungsgebühr allein nach der Menge der aus öffentlichen oder sonstigen Wasserversorgungsanlagen zugeführten Wassermenge. Insofern vollzog diese Satzung gebührenrechtlich nicht die Regelungen der Satzung der Mittelstadt St. Ingbert über die Entwässerung der Grundstücke, den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage und deren Benutzung (Abwassersatzung ) vom 26.02.1992, nach deren § 18 Abs. 2 der Beklagte für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlagen eine Benutzungsgebühr erhob, wobei nach § 2 Abs. 1 Abwassersatzung zum Abwasser auch das von Niederschlägen aus den Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser) gehörte.

Die in § 20 Abs. 1 ABGS angeordnete, ein bereits vollständig abgeschlossenes Veranlagungsjahr, nämlich das Jahr 1999, einbeziehende rückwirkende Ent-stehung der Gebührenpflicht stellt sich daher bezogen auf den Kläger als Benutzer, der nach bisherigem Satzungsrecht nicht gebührenpflichtig war, als echte Rückwirkung dar. Ein Fall echter Rückwirkung ist nämlich gegeben, wenn eine Rechtsvorschrift an bereits abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als die vorangegangenen Bestimmungen. Eine Regelung, die rückwirkend öffentliche Leistungspflichten auferlegt, ist wegen des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatzes des Vertrauensschutzes grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist vorliegend nicht geboten.

Dass die Rechtsprechung im Falle einer nichtigen Vorgängersatzung deren Ersetzung durch eine neue rückwirkend in Kraft tretende Satzung und damit eine Ausnahme vom Verbot der echten Rückwirkung zulässt

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 - 8 C 170.81 - BVerwGE 67, 129 = NVwZ 1983, 612 = Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 21 = KStZ 1983, 205 = DÖV 1983, 941 = BayVBl 1984, 408; Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005 - Vf. 3-VII-03 - BayVBl. 2005, 361 und 399,

rechtfertigt sich daraus, dass das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage ausnahmsweise nicht schutzwürdig ist, wenn der Betroffene nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge von der neuen Satzung zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste. Dies bedeutet, dass eine rückwirkend in Kraft gesetzte Neuregelung in dem Umfang zulässig ist, in dem sie einen Mangel der Vorgängersatzung behebt

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 - 8 C 170.81 - BVerwGE 67, 129 = NVwZ 1983, 612 = Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 21 = KStZ 1983, 205 = DÖV 1983, 941 = BayVBl 1984, 408.

Behebt die Satzungsänderung hingegen nicht nur den zur Nichtigkeit der Vorgängersatzung führenden Mangel, sondern nimmt der Satzungsgeber gleichzeitig Änderungen an rechtlich unbedenklichen Satzungsbestimmungen vor, die zu einer stärkeren Belastung aller Gebührenpflichtigen oder einer bestimmten Gruppe von Gebührenpflichtigen führt, so lässt sich eine rückwirkende Inkraftsetzung dieser einschneidenderen Regelungen nicht mit dem Gesichtspunkt der Ersetzung einer nichtigen Satzungsbestimmung durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm verfassungsrechtlich rechtfertigen

vgl. Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005, a.a.O., S. 403.

Fallbezogen bedeutet dies, dass die Benutzer, die zwar Schmutz- und Niederschlagswasser einleiten, hierfür aber nach altem Satzungsrecht allein nach dem Frischwassermaßstab veranlagt wurden, infolge der Gerichtsverfahren der 90er Jahre angesichts der konkreten Gegebenheiten im Gemeindegebiet des Beklagten mit der Ersetzung des Frischwassermaßstabes durch eine gesplittete Abwassergebühr rechnen mussten. Auch der Kläger stellt nicht in Abrede, dass der Satzungsgeber damals Veranlassung hatte, seine Satzung diesbezüglich zu überarbeiten. Dass die Einführung der gesplitteten Gebühr im Einzelfall - etwa wegen umfangreicher versiegelter Flächen - zu einer Erhöhung der Gebührenbelastung führen konnte, ist als unmittelbare Folge des neuen Maßstabes systemimmanent und spielt im Rahmen der Rückwirkungsproblematik keine Rolle

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 und Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005, jeweils a.a.O..

Anders stellt sich die Rechtslage in Bezug auf den Kläger dar. Ihm gegenüber lässt sich die rückwirkende Heranziehung nicht mit dem Gesichtspunkt der Ersetzung einer nichtigen Satzungsbestimmung durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm verfassungsrechtlich rechtfertigen. Im Verhältnis zum Kläger hat der Satzungsgeber die Einführung einer gesplitteten Abwassergebühr zum Anlass genommen, einen rechtlich nicht zu beanstandenden Teil seines bisherigen Abwasserbeseitigungsgebührenrechts zu ändern und den Kläger dadurch erstmals der Abwassergebührenpflicht unterworfen. Hiermit brauchte der Kläger nicht zu rechnen.

Die Vorgängersatzung begründete hinsichtlich der Eigentümer/Baulastträger der Bundesfern- und Landstraßen keine Abwasserbeseitigungsgebührenpflicht, was aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden war. Nach den landesrechtlichen Vorgaben sind nämlich, wie der Senat in seinem den Beteiligten vorliegenden Urteil vom heutigen Tag – 1 A 44/07 – ausführlich dargelegt hat, die saarländischen Gemeinden zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, von den Eigentümern/Baulastträgern der durch ihr Gemeindegebiet verlaufenden Bundesfern- und Landstraßen Gebühren für die Beseitigung des auf den Fahrbahnen anfallenden Niederschlagswassers zu erheben; das heißt, es war keineswegs zwingend, anlässlich der Einführung der gesplitteten Abwassergebühr auch die Straßeneigentümer/-baulastträger der satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu unterwerfen. Das Kommunalabgabengesetz eröffnet insoweit zwar die Möglichkeit der Gebührenerhebung, sieht diese aber nicht als verbindlich vor. Wahlweise steht den Gemeinden offen, Kostenerstattungsansprüche geltend zu machen oder im Wege von Vereinbarungen betreffend bestimmte Streckenabschnitte eine Beteiligung der Straßenbaulastträger an den Kosten der Abwasserbeseitigung herbeizuführen, wie dies in der Vergangenheit durch den Beklagten des Öfteren geschehen ist. Ebenso war die bisher offenbar - auch in der Mittelstadt St. Ingbert - geübte Praxis, die Einleitung des von den Fahrbahnen der Bundesfern- und Landstraßen abfließenden Niederschlagswassers in die gemeindliche Kanalisation insgesamt oder hinsichtlich bestimmter Streckenabschnitte unentgeltlich hinzunehmen, jedenfalls unter der Prämisse rechtlich zulässig, dass der hierdurch bedingte Kostenaufwand - wie es nach Bekunden des Beklagten in der mündlichen Verhandlung in seiner Gemeinde üblich gewesen war - gesondert ermittelt und nicht auf die damals allein gebührenpflichtigen Bezieher von Frischwasser umgelegt worden ist. Der Satzungsgeber nahm mithin die Abschaffung des Frischwassermaßstabes zum Anlass, hinsichtlich der Entwässerung der Bundesfern- und Landstraßen erstmals eine Abwassergebührenpflicht einzuführen. Hiermit brauchte der Kläger trotz der Diskussion um die Zulässigkeit des reinen Frischwassermaßstabes im Gemeindegebiet des Beklagten nicht zu rechnen, da ihn betreffende gebührenrechtliche Konsequenzen keineswegs zwingend waren. Zudem war seitens des Beklagten – anders als hinsichtlich der Frischwasserbezieher - nichts unternommen worden, um den Kläger frühzeitig auf die gemeindlichen Absichten aufmerksam zu machen.

Als sich nämlich 1999 abzeichnete, dass eine neue Satzung unter Einführung der gesplitteten Abwassergebühr erarbeitet werden soll, wurde zwar die bereits bisher gebührenpflichtige Bevölkerung entsprechend informiert und sind insoweit auch nur vorläufige Gebührenbescheide erlassen worden. Eine Information der Straßeneigentümer/-baulastträger über die Absicht, eine gesonderte Niederschlagswassergebühr unter Einbeziehung der Fahrbahnflächen der Bundesfern- und Landstraßen einzuführen, unterblieb indessen. Der Kläger brauchte nach alledem hinsichtlich des Jahres 1999 nicht mit der Entstehung einer satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu rechnen. Seine rückwirkende Veranlagung für dieses Jahr verletzt daher das Rückwirkungsverbot.

Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass der Beklagte zur Zeit des Bescheiderlasses auf anderer Rechtsgrundlage einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Kläger hätte geltend machen können, ohne dass demgegenüber die Einrede der Verjährung gegriffen hätte. Entscheidet die Gemeinde sich nämlich wie vorliegend für die Erhebung einer Kommunalabgabe, so muss sie die insoweit maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften über die Zulässigkeit der Gebührenerhebung und damit unter anderem das in Art. 60 Abs. 1 SVerf verankerte Verbot der Rückwirkung beachten. Die durch Leistungsbescheid erfolgende Einforderung der Gebühr enthält für den Zahlungspflichtigen im Vergleich zu seiner Inanspruchnahme aufgrund eines Kostenerstattungsanspruchs eine zusätzliche Beschwer. Wählt die Gemeinde diesen Weg, so muss ihr zu diesem Zweck geschaffenes Satzungsrecht die maßgeblichen landesrechtlichen Vorgaben einschließlich des Rückwirkungsverbots beachten.

II.

Die Bescheide des Beklagten vom 24.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17.12.2003, des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung sind bezüglich der für das Jahr 2000 festgesetzten Niederschlagswassergebühren rechtswidrig, soweit Gebühren in Höhe von 38.490,46 EUR für die Flächen der Bundesstraße B 40 festge-setzt sind. Einer Heranziehung des Klägers zu Niederschlagswassergebühren für die Flächen der durch das Gebiet der Mittelstadt St. Ingbert verlaufenden Teile der Bundesstraße B 40 steht entgegen, dass dieser nicht Träger der Straßenbaulast für diese Flächen ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 ABGS sind in der Regel die Eigentümer der Grundstücke, auf denen das Abwasser anfällt, gebührenpflichtig. Bis zu ihrer Änderung am 18.06.2003 durch die 5. Änderungssatzung enthielt die ABGS dagegen keine Regelung über die Inanspruchnahme des Straßenbaulastträgers.

Auf Grund der bis zur Änderung am 18.06.2003 bestehenden Rechtslage war es dem Beklagten allerdings nicht möglich, den Eigentümer einer Straßenfläche zu Niederschlagswassergebühren heranziehen, wenn dieser nicht zugleich Träger der Straßenbaulast war.

Dies folgt zunächst aus § 50b Abs. 4 des Saarländischen Wassergesetzes (SWG) vom 30.07.2004 (ABl. S. 1994). Nach dieser Vorschrift obliegt den Trägern öffentlicher Verkehrsanlagen die Abwasserbeseitigung an Stelle der beseitigungspflichtigen Körperschaften, soweit es sich um Niederschlagswasser handelt. Dabei ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien

Landtags-Drucksache 11/1296, S. 81,

dass § 50b Abs. 4 SWG der „Klarstellung“ dienen soll, „dass für die Träger öffentlicher Verkehrsanlagen hinsichtlich der (Abwasser-)Beseitigungspflicht bei Niederschlagswasser aufgrund von Bundes- und Landesstraßenrecht besondere Zuständigkeiten bestehen“. Entsprechende straßenrechtliche Regelungen hinsichtlich der Entsorgungspflicht des Straßenbaulastträgers für das auf den Straßen anfallende Niederschlagswasser finden sich in § 3 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) vom 20.02.2003 (BGBl I S. 286) für die Bundesfernstraßen und in den §§ 9 Abs. 1, 11 Abs. 1 des Saarländischen Straßengesetzes (SStrG) vom 15.10.1977 (ABl. S. 969) für die Landstraßen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FStrG umfasst die Straßenbaulast alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Hierzu gehört auch die Einrichtung und Unterhaltung von Anlagen, die das von der Straße abfließende Wasser aufnehmen

so auch BVerwG, Beschluss vom 06.03.1997 - 8 B 246/96 - UPR 1997, 328 = DVBl 1997, 1065 = BayVBl 1997, 570 = Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 86 = NVwZ-RR 1998, 130 = NuR 1998, 482; Marschall/Schroeter/Kastner, Kommentar zum Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl., § 3 FStrG Rdnr. 4.

§ 9 Abs. 1 SStrG besagt mit Blick auf Landstraßen dasselbe wie § 3 Abs. 1 FStrG für Bundesfernstraßen. Nach § 11 Abs. 1 SStrG steht dem Träger der Straßenbaulast zudem die Ausübung der Rechte und Pflichten des Eigentümers in dem Umfang zu, wie es die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs erfordert. Damit obliegt dem Straßenbaulastträger auch die Straßen-oberflächenentwässerung

so auch Hessischer VGH, Beschluss vom 07.11.2000 – 5 TZ 114/00 - ESVGH 51, 74 zu § 13 Abs. 1 des Hessischen Straßengesetzes.

Die genannten Regelungen führen dazu, dass die Straßenoberflächenentwässerung beim – nur ausnahmsweise vorkommenden - Auseinanderfallen von privatrechtlichem Eigentum und Straßenbaulast dem Träger der Straßenbaulast obliegt. Daraus folgt, dass der Eigentümer einer Straßenfläche nicht mit Entwässerungsgebühren belastet werden kann, wenn ihm nicht zugleich die Straßenbaulast obliegt

so auch Hessischer VGH, Beschluss vom 07.11.2000, a.a.O, und OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12.07.2000 -2 L 28/99 -, KStZ 2001, 93 = NVwZ 2001, 588; ferner Nolte, Gebührenpflicht des Landes als Straßeneigentümerin für die Benutzung kommunaler Abwassereinrichtungen, NVwZ 2001, 1378.

Wenn daher eine Satzung über die Erhebung von Niederschlagswassergebühren nur die Heranziehung des Eigentümers und nicht auch die des Straßenbaulastträgers vorsieht, kann für Straßenabschnitte, bei denen Baulastträger und Eigentümer nicht identisch sind, keiner von beiden für Gebühren für die Ableitung des Oberflächenwassers von den betroffenen Straßen in Anspruch genommen werden. Denn entscheidend ist in diesem Zusammenhang, wer die Entwässerungseinrichtungen in Anspruch nimmt beziehungsweise nutzt, da das Saarländische Kommunalabgabengesetz n den §§ 4 Abs. 2, 6 Abs. 1 KAG ausdrücklich die Erhebung von Gebühren – nur - von den denjenigen zulässt, die eine öffentliche Einrichtung in Anspruch nehmen beziehungsweise nutzen. Das ist jedoch nach den Regelungen im Straßenrecht nicht der Eigentümer der Straßenflächen, sondern der Straßenbaulastträger, da ihm die Entsorgungspflicht für das auf den Straßen anfallende Niederschlagswasser obliegt. Dies wird durch § 50b Abs. 4 SWG noch einmal ausdrücklich klargestellt.

Daher kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob die streitgegenständliche Heranziehung des Klägers zu Niederschlagswassergebühren auch deshalb fehlerhaft ist, weil dieser nach Darstellung des Klägers nicht Eigentümer der Flächen der Bundesstraße B 40 ist, so dass - sollte dies zutreffen - bereits die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 ABGS nicht vorliegen. Denn auf jeden Fall ist der Kläger nicht Straßenbaulastträger für die Bundesstraße B 40 im Gebiet der Mittelstadt St. Ingbert. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FStrG ist der Bund grundsätzlich Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. § 5 Abs. 2 bis 3a FStrG legt fest, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Gemeinde Träger der Baulast ist. Dafür, dass vorliegend teilweise ein Übergang der Straßenbaulast auf den Kläger erfolgt wäre, spricht nichts.

Da somit der Kläger nicht Träger der Straßenbaulast für die Bundesstraße B 40 ist, durfte ihn der Beklagte nicht für das Jahr 2000 zu Niederschlagswassergebühren für die Entwässerung dieser Straße heranziehen. Eben das ist aber geschehen. Insoweit hat der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal klargestellt, dass er den Kläger bewusst als Eigentümer der streitgegenständlichen Straßenflächen in Anspruch genommen hat, also als persönlichen Schuldner der Niederschlagswassergebühren, nicht aber als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland. Somit sind die angefochtenen Gebührenbescheide auf jeden Fall insoweit rechtswidrig, als sie sich gegen den Kläger als Gebührenschuldner für die Oberflächenwasserableitung der Bundesstraße B 40 richten.

Es durften daher die in der der aktuellen Gebührenberechnung zugrunde liegenden Tabelle unter Nr. 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 21, 25, 26 und 36 ausgewiesenen Flächen der Bundesstraße B 40 von insgesamt 63.797,30 m² (66.422,70 m² abzüglich der auf Grund von Vereinbarungen als nicht gebührenpflichtig angesehenen Flächen von 2.625,40 m²) nicht in die Berechnung der Niederschlagswassergebührenpflicht des Klägers für das Jahr 2000 einbezogen werden. Damit sind die angefochtenen Bescheide in Höhe von 38.490,46 EUR (= 63.797,30 m² x 1,18 DM = 75.280,81 DM) rechtswidrig und folglich aufzuheben.

III.

Hinsichtlich des verbleibenden Betrages von (93.623,46 EUR - 38.490,46 EUR =) 55.133,00 EUR ist der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif, da es weiterer Ermittlungen bedarf.

Dabei ist von einer grundsätzlichen Gebührenpflichtigkeit des Klägers für die Entwässerung der im Gebiet der Mittelstadt St. Ingbert verlaufenden Landstraßen auszugehen. Der Anspruch des Beklagten auf Erhebung von Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2000 für die Entwässerung der Landstraßen nach den §§ 9, 10 und 12 ABGS besteht dem Grunde nach, da deren Voraussetzungen vorliegen, die Vorschriften nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen, das Rückwirkungsverbot nicht verletzt ist und es bei der Anwendung der ABGS keiner Übergangsvorschrift bedurfte. Es wird insoweit auf die Ausführungen des Senats in dem bereits erwähnten Urteil vom heutigen Tage - 1 A 44/07- Bezug genommen.

Entgegen der Ansicht des Klägers stehen der Erhebung von Niederschlagswassergebühren für die Flächen der Landstraßen die Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen – Ortsdurchfahrtsrichtlinien (ODR) – vom 02.01.1976 in der Fassung vom 11.10.1993 nicht entgegen. Die Ortsdurchfahrtsrichtlinien gelten, wie bereits ihre Überschrift zeigt, unmittelbar nur für die Bundesstraßen und nicht auch für die in der Straßenbaulast des Landes stehenden Landstraßen. Wie sich jedoch aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen ergibt, wurden die entsprechenden Ortsdurchfahrtsrichtlinien – die erste stammt aus dem Jahr 1959 – stets auch auf die Landstraßen im Saarland angewendet. Dies bestätigen die vorgelegten Vereinbarungen für Landstraßen, die im Vollzug der Ortsdurchfahrtsrichtlinien abgeschlossen worden sind. Allerdings gelten diese Richtlinien nur für die Ortsdurchfahrten, das heißt nach näherer Maßgabe der §§ 5 Abs. 4 FStrG, 4 SStrG die innerhalb der geschlossenen Ortslage liegenden Teile der Bundes- und Landstraßen, und nicht für die Abschnitte der genannten Straßen, die außerhalb davon liegen. Deshalb erfassen die Ortsdurchfahrtsrichtlinien bereits tatbestandlich nicht die Teile der Bundes- und Landstraßen, die außerhalb der geschlossenen Ortslage liegen. Aber auch für die Ortsdurchfahrten gelten die Ortsdurchfahrtsrichtlinien nicht unmittelbar. Sie führen insbesondere nicht aus sich heraus zur Gebührenfreiheit des Straßenbaulastträgers für die Einleitung von Niederschlagswasser in die gemeindliche Kanalisation. Zwar ist in Ziff. 14 Abs. 2 ODR geregelt, dass, wenn die Gemeinde eine Mischkanalisation einrichtet, sich der Bund an den Kosten beteiligt, wenn sich die Gemeinde unwiderruflich bereit erklärt, das Oberflächenwasser unentgeltlich aufzunehmen. Das gleiche gilt, wenn eine abgängige Mischkanalisation von Grund auf erneuert wird. Die Unterhaltung der Mischkanalisation obliegt der Gemeinde, ohne dass der Bund hierfür Beiträge leistet. Wie sich jedoch aus Ziff. 21 Abs. 1 ODR ergibt, gilt Ziff. 14 Abs. 2 ODR nicht automatisch, sondern es bedarf in jedem Einzelfall einer entsprechenden Vereinbarung vor Beginn einer Baumaßnahme. Dies wurde auch in der Vergangenheit so praktiziert, wie sich aus den vorgelegten Vereinbarungen über die Beteiligung des Klägers an Straßen- und Kanalbaumaßnahmen der Mittelstadt St. Ingbert bzw. deren Vorgängergemeinden ergibt. Dabei stammt die älteste vorgelegte Vereinbarung bereits aus dem Jahr 1968, was zeigt, dass derartige Vereinbarungen lange Zeit vor Einführung der Niederschlagswassergebühr geschlossen wurden. Insofern kann der Kläger nicht mit seiner Argumentation durchdringen, vor Einführung von Niederschlagswassergebühren habe überhaupt kein Anlass für den Abschluss von Vereinbarungen über die unentgeltliche Einleitung von Niederschlagswasser bestanden. Auch kann der Vorhalt des Klägers nicht durchgreifen, dass ein jahrzehntelanger Konsens bestanden habe, dass der Bund bzw. das Land mit der Zahlung eines Zuschusses für die Errichtung der Straße alle aus seiner Sicht ergebenden Verpflichtungen erfüllt habe, ohne dass es hierzu noch einer besonderen Vereinbarung bedurft hätte.

Im Übrigen wäre es kaum nachvollziehbar, dass der Kläger Vereinbarungen über die unentgeltliche Einleitung von Niederschlagswasser im Gegenzug für die Beteiligung an den Kosten von Baumaßnahmen abschließt, wenn die Ortsdurchfahrtsrichtlinien unmittelbar gelten würden, also diese Rechtsfolge bereits ohne jegliche vertragliche Vereinbarung einträte.

Außerdem handelt es sich bei den Ortsdurchfahrtsrichtlinien nur um interne Verwaltungsrichtlinien, die ihrer Rechtsnatur nach nicht in der Lage sind, das materielle Satzungsrecht der Mittelstadt St. Ingbert zu beeinflussen

sinngemäß ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.10.1996 – 9 A 4145/94 – Städte- und Gemeinderat 1997, 83 = ZKF 1997, 110 = NWVBl 1997, 220 = ZfW1998, 330.

Weiterer Aufklärung im Tatsächlichen bedarf es, ob und gegebenenfalls inwieweit bei der Gebührenberechnung im Eigentum des Klägers stehende Flächen der Landstraßen berücksichtigt worden sind, die in der Straßenbaulast der Mittelstadt St. Ingbert stehen, so dass für sie auf Grund der dargelegten Grundsätze keine Niederschlagswassergebühr vom Kläger verlangt werden darf.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Gründe

Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung sind die Bescheide des Beklagten vom 24.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17.12.2003, des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung. Damit ergibt sich für das vorliegende Verfahren eine streitige Anforderung von Niederschlagswassergebühren für die Jahre 1999 und 2000 in Höhe von jeweils 93.623,46 EUR. Dabei hat der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass die genannten Bescheide gegenüber dem Kläger als persönlichen Schuldner ergangen sind, wobei die Gebührenpflicht an dessen Eigentum an den streitgegenständlichen Straßen-flächen anknüpfe. Dies entspricht den Eintragungen in Spalte A der Liste zur Konkretisierung der aktuellen Gebührenberechnung und war, wie insbesondere die Klageschrift zeigt, so schon zuvor vom Kläger verstanden worden.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO den inhaltlichen Vorgaben des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden.

Die Berufung ist begründet, soweit sich die Klage gegen die Festsetzung der Niederschlagswassergebühren für das Jahr 1999 in Höhe von 93.623,46 EUR (I.) richtet, sowie hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 38.490,46 EUR, soweit sie die für das Jahr 2000 festgesetzten Niederschlagswassergebühren betrifft (II.). Im Übrigen – weitere 55.133,00 EUR Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2000 - sind weitere Ermittlungen hinsichtlich der dem Grundsatz nach gebührenpflichtigen Flächen der Landstraßen erforderlich (III.). In dieser Situation hält es der Senat für sinnvoll, ein Teilurteil (§ 110 VwGO) zu erlassen.

I.

Die Bescheide des Beklagten vom 24.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17.12.2003, des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung sind hinsichtlich der für das Jahr 1999 festgesetzten Niederschlagswassergebühr rechtswidrig, weil insoweit einer Heranziehung des Klägers das Rückwirkungsverbot entgegensteht und das Vertrauen des Klägers schutzwürdig ist.

Das im Rechtsstaatsprinzip im Sinne von Art. 60 Abs. 1 der Saarländischen Verfassung (SVerf), aber auch im Saarländischen Kommunalabgabengesetz – KAG – vom 29.05.1998 (ABl. S. 691) verankerte Rückwirkungsverbot ist vorliegend durch die Heranziehung des Klägers zu Niederschlagswassergebühren für das Jahr 1999 verletzt.

Eine Rechtsnorm entfaltet Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist. Grundsätzlich erlaubt die Verfassung nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum gelten (sogenannte echte Rückwirkung), ist in der Regel unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muss grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Neuregelung darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird. Dieses Vertrauen wird verletzt, wenn eine Rechtsvorschrift an abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Betreffende bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Rechtsfolgenlage findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14.05.1986 - 2 BvL 2/83 - BVerfGE 72, 200 = DVBl 1986, 814 = NJW 1987, 1749 und vom 03.12.1997 - 2 BvR 882/97 - BVerfGE 97, 67 = DVBl 1998, 465 = NJW 1998, 1547 = DÖV 1998, 465; BVerwG, Urteil vom 13.09.2006 - 6 C 10.06 - NVwZ-RR 2007, 192 = Buchholz 451.61 KWG Nr. 20.

Das vom Satzungsgeber durch § 20 Abs. 1 Satz 1 der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Abwasseranlage vom 05.09.2000 (Abwasserbeitrags- und Gebührensatzung - ABGS) rückwirkend zum 01.01.1999 bewirkte Inkrafttreten der Satzung verstößt in seiner das Jahr 1999 betreffenden Anwendung im Falle des Klägers gegen das Rückwirkungsverbot, da er damit für einen bereits abgeschlossenen Veranlagungszeitraum erstmals zu Niederschlagswassergebühren herangezogen wird.

Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 ABGS ist mit Blick auf das Rückwirkungsverbot einschränkend verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die rückwirkende Inkraftsetzung nur für solche Benutzer gilt, die bereits unter der Geltung der Vorgängersatzung gebührenpflichtig waren und für die stets außer Frage stand, dass sie auch weiterhin - wenn auch nach Maßgabe eines geänderten Gebührenmaßstabes - gebührenpflichtig sein werden. Hinsichtlich dieser Nutzer, die in der Vergangenheit für die Einleitung von Schmutz- und Niederschlagswasser einheitlich nach dem Frischwassermaßstab veranlagt worden sind, ist in der Rechtsprechung - wie das Verwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt hat - allgemein anerkannt, dass durch die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr lediglich der Gebührenmaßstab geändert wird und dass diese Änderung rückwirkend zulässig ist, wenn der Frischwassermaßstab nach den konkreten Gegebenheiten im Gemeindegebiet unzulässig beziehungsweise aller Wahrscheinlichkeit nach unzulässig war. Die vorliegende Fallgestaltung zeichnet sich demgegenüber dadurch aus, dass der Kläger, der seit Jahren und mit Kenntnis des Beklagten ausschließlich Niederschlagswasser in die gemeindliche Abwasserbeseitigungsanlage einleitet, dies unter der Geltung der Vorgängersatzung tun durfte, ohne der satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu unterliegen und erstmals durch die Satzung vom 05.09.2000 der Abwassergebührenpflicht unterworfen wurde. So sah die Vorgängersatzung keine Gebühr für Niederschlagswasser vor. Denn nach § 12 Abs. 1 und 2 der Satzung der Mittelstadt St. Ingbert über die Erhebung von Beiträgen und Benutzungsgebühren für die öffentliche Abwasseranlage (Kanalisation) vom 25.02.1992 bestimmte sich die Höhe der Benutzungsgebühr allein nach der Menge der aus öffentlichen oder sonstigen Wasserversorgungsanlagen zugeführten Wassermenge. Insofern vollzog diese Satzung gebührenrechtlich nicht die Regelungen der Satzung der Mittelstadt St. Ingbert über die Entwässerung der Grundstücke, den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage und deren Benutzung (Abwassersatzung ) vom 26.02.1992, nach deren § 18 Abs. 2 der Beklagte für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlagen eine Benutzungsgebühr erhob, wobei nach § 2 Abs. 1 Abwassersatzung zum Abwasser auch das von Niederschlägen aus den Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser) gehörte.

Die in § 20 Abs. 1 ABGS angeordnete, ein bereits vollständig abgeschlossenes Veranlagungsjahr, nämlich das Jahr 1999, einbeziehende rückwirkende Ent-stehung der Gebührenpflicht stellt sich daher bezogen auf den Kläger als Benutzer, der nach bisherigem Satzungsrecht nicht gebührenpflichtig war, als echte Rückwirkung dar. Ein Fall echter Rückwirkung ist nämlich gegeben, wenn eine Rechtsvorschrift an bereits abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als die vorangegangenen Bestimmungen. Eine Regelung, die rückwirkend öffentliche Leistungspflichten auferlegt, ist wegen des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatzes des Vertrauensschutzes grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist vorliegend nicht geboten.

Dass die Rechtsprechung im Falle einer nichtigen Vorgängersatzung deren Ersetzung durch eine neue rückwirkend in Kraft tretende Satzung und damit eine Ausnahme vom Verbot der echten Rückwirkung zulässt

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 - 8 C 170.81 - BVerwGE 67, 129 = NVwZ 1983, 612 = Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 21 = KStZ 1983, 205 = DÖV 1983, 941 = BayVBl 1984, 408; Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005 - Vf. 3-VII-03 - BayVBl. 2005, 361 und 399,

rechtfertigt sich daraus, dass das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage ausnahmsweise nicht schutzwürdig ist, wenn der Betroffene nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge von der neuen Satzung zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste. Dies bedeutet, dass eine rückwirkend in Kraft gesetzte Neuregelung in dem Umfang zulässig ist, in dem sie einen Mangel der Vorgängersatzung behebt

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 - 8 C 170.81 - BVerwGE 67, 129 = NVwZ 1983, 612 = Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 21 = KStZ 1983, 205 = DÖV 1983, 941 = BayVBl 1984, 408.

Behebt die Satzungsänderung hingegen nicht nur den zur Nichtigkeit der Vorgängersatzung führenden Mangel, sondern nimmt der Satzungsgeber gleichzeitig Änderungen an rechtlich unbedenklichen Satzungsbestimmungen vor, die zu einer stärkeren Belastung aller Gebührenpflichtigen oder einer bestimmten Gruppe von Gebührenpflichtigen führt, so lässt sich eine rückwirkende Inkraftsetzung dieser einschneidenderen Regelungen nicht mit dem Gesichtspunkt der Ersetzung einer nichtigen Satzungsbestimmung durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm verfassungsrechtlich rechtfertigen

vgl. Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005, a.a.O., S. 403.

Fallbezogen bedeutet dies, dass die Benutzer, die zwar Schmutz- und Niederschlagswasser einleiten, hierfür aber nach altem Satzungsrecht allein nach dem Frischwassermaßstab veranlagt wurden, infolge der Gerichtsverfahren der 90er Jahre angesichts der konkreten Gegebenheiten im Gemeindegebiet des Beklagten mit der Ersetzung des Frischwassermaßstabes durch eine gesplittete Abwassergebühr rechnen mussten. Auch der Kläger stellt nicht in Abrede, dass der Satzungsgeber damals Veranlassung hatte, seine Satzung diesbezüglich zu überarbeiten. Dass die Einführung der gesplitteten Gebühr im Einzelfall - etwa wegen umfangreicher versiegelter Flächen - zu einer Erhöhung der Gebührenbelastung führen konnte, ist als unmittelbare Folge des neuen Maßstabes systemimmanent und spielt im Rahmen der Rückwirkungsproblematik keine Rolle

vgl. BVerwG, Urteil vom 15.04.1983 und Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 12.01.2005, jeweils a.a.O..

Anders stellt sich die Rechtslage in Bezug auf den Kläger dar. Ihm gegenüber lässt sich die rückwirkende Heranziehung nicht mit dem Gesichtspunkt der Ersetzung einer nichtigen Satzungsbestimmung durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm verfassungsrechtlich rechtfertigen. Im Verhältnis zum Kläger hat der Satzungsgeber die Einführung einer gesplitteten Abwassergebühr zum Anlass genommen, einen rechtlich nicht zu beanstandenden Teil seines bisherigen Abwasserbeseitigungsgebührenrechts zu ändern und den Kläger dadurch erstmals der Abwassergebührenpflicht unterworfen. Hiermit brauchte der Kläger nicht zu rechnen.

Die Vorgängersatzung begründete hinsichtlich der Eigentümer/Baulastträger der Bundesfern- und Landstraßen keine Abwasserbeseitigungsgebührenpflicht, was aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden war. Nach den landesrechtlichen Vorgaben sind nämlich, wie der Senat in seinem den Beteiligten vorliegenden Urteil vom heutigen Tag – 1 A 44/07 – ausführlich dargelegt hat, die saarländischen Gemeinden zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, von den Eigentümern/Baulastträgern der durch ihr Gemeindegebiet verlaufenden Bundesfern- und Landstraßen Gebühren für die Beseitigung des auf den Fahrbahnen anfallenden Niederschlagswassers zu erheben; das heißt, es war keineswegs zwingend, anlässlich der Einführung der gesplitteten Abwassergebühr auch die Straßeneigentümer/-baulastträger der satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu unterwerfen. Das Kommunalabgabengesetz eröffnet insoweit zwar die Möglichkeit der Gebührenerhebung, sieht diese aber nicht als verbindlich vor. Wahlweise steht den Gemeinden offen, Kostenerstattungsansprüche geltend zu machen oder im Wege von Vereinbarungen betreffend bestimmte Streckenabschnitte eine Beteiligung der Straßenbaulastträger an den Kosten der Abwasserbeseitigung herbeizuführen, wie dies in der Vergangenheit durch den Beklagten des Öfteren geschehen ist. Ebenso war die bisher offenbar - auch in der Mittelstadt St. Ingbert - geübte Praxis, die Einleitung des von den Fahrbahnen der Bundesfern- und Landstraßen abfließenden Niederschlagswassers in die gemeindliche Kanalisation insgesamt oder hinsichtlich bestimmter Streckenabschnitte unentgeltlich hinzunehmen, jedenfalls unter der Prämisse rechtlich zulässig, dass der hierdurch bedingte Kostenaufwand - wie es nach Bekunden des Beklagten in der mündlichen Verhandlung in seiner Gemeinde üblich gewesen war - gesondert ermittelt und nicht auf die damals allein gebührenpflichtigen Bezieher von Frischwasser umgelegt worden ist. Der Satzungsgeber nahm mithin die Abschaffung des Frischwassermaßstabes zum Anlass, hinsichtlich der Entwässerung der Bundesfern- und Landstraßen erstmals eine Abwassergebührenpflicht einzuführen. Hiermit brauchte der Kläger trotz der Diskussion um die Zulässigkeit des reinen Frischwassermaßstabes im Gemeindegebiet des Beklagten nicht zu rechnen, da ihn betreffende gebührenrechtliche Konsequenzen keineswegs zwingend waren. Zudem war seitens des Beklagten – anders als hinsichtlich der Frischwasserbezieher - nichts unternommen worden, um den Kläger frühzeitig auf die gemeindlichen Absichten aufmerksam zu machen.

Als sich nämlich 1999 abzeichnete, dass eine neue Satzung unter Einführung der gesplitteten Abwassergebühr erarbeitet werden soll, wurde zwar die bereits bisher gebührenpflichtige Bevölkerung entsprechend informiert und sind insoweit auch nur vorläufige Gebührenbescheide erlassen worden. Eine Information der Straßeneigentümer/-baulastträger über die Absicht, eine gesonderte Niederschlagswassergebühr unter Einbeziehung der Fahrbahnflächen der Bundesfern- und Landstraßen einzuführen, unterblieb indessen. Der Kläger brauchte nach alledem hinsichtlich des Jahres 1999 nicht mit der Entstehung einer satzungsmäßigen Gebührenpflicht zu rechnen. Seine rückwirkende Veranlagung für dieses Jahr verletzt daher das Rückwirkungsverbot.

Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass der Beklagte zur Zeit des Bescheiderlasses auf anderer Rechtsgrundlage einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Kläger hätte geltend machen können, ohne dass demgegenüber die Einrede der Verjährung gegriffen hätte. Entscheidet die Gemeinde sich nämlich wie vorliegend für die Erhebung einer Kommunalabgabe, so muss sie die insoweit maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften über die Zulässigkeit der Gebührenerhebung und damit unter anderem das in Art. 60 Abs. 1 SVerf verankerte Verbot der Rückwirkung beachten. Die durch Leistungsbescheid erfolgende Einforderung der Gebühr enthält für den Zahlungspflichtigen im Vergleich zu seiner Inanspruchnahme aufgrund eines Kostenerstattungsanspruchs eine zusätzliche Beschwer. Wählt die Gemeinde diesen Weg, so muss ihr zu diesem Zweck geschaffenes Satzungsrecht die maßgeblichen landesrechtlichen Vorgaben einschließlich des Rückwirkungsverbots beachten.

II.

Die Bescheide des Beklagten vom 24.01.2002 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.06.2003, des Neufestsetzungsbescheides vom 17.12.2003, des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 und der in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2007 zu Protokoll erklärten Änderung sind bezüglich der für das Jahr 2000 festgesetzten Niederschlagswassergebühren rechtswidrig, soweit Gebühren in Höhe von 38.490,46 EUR für die Flächen der Bundesstraße B 40 festge-setzt sind. Einer Heranziehung des Klägers zu Niederschlagswassergebühren für die Flächen der durch das Gebiet der Mittelstadt St. Ingbert verlaufenden Teile der Bundesstraße B 40 steht entgegen, dass dieser nicht Träger der Straßenbaulast für diese Flächen ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 ABGS sind in der Regel die Eigentümer der Grundstücke, auf denen das Abwasser anfällt, gebührenpflichtig. Bis zu ihrer Änderung am 18.06.2003 durch die 5. Änderungssatzung enthielt die ABGS dagegen keine Regelung über die Inanspruchnahme des Straßenbaulastträgers.

Auf Grund der bis zur Änderung am 18.06.2003 bestehenden Rechtslage war es dem Beklagten allerdings nicht möglich, den Eigentümer einer Straßenfläche zu Niederschlagswassergebühren heranziehen, wenn dieser nicht zugleich Träger der Straßenbaulast war.

Dies folgt zunächst aus § 50b Abs. 4 des Saarländischen Wassergesetzes (SWG) vom 30.07.2004 (ABl. S. 1994). Nach dieser Vorschrift obliegt den Trägern öffentlicher Verkehrsanlagen die Abwasserbeseitigung an Stelle der beseitigungspflichtigen Körperschaften, soweit es sich um Niederschlagswasser handelt. Dabei ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien

Landtags-Drucksache 11/1296, S. 81,

dass § 50b Abs. 4 SWG der „Klarstellung“ dienen soll, „dass für die Träger öffentlicher Verkehrsanlagen hinsichtlich der (Abwasser-)Beseitigungspflicht bei Niederschlagswasser aufgrund von Bundes- und Landesstraßenrecht besondere Zuständigkeiten bestehen“. Entsprechende straßenrechtliche Regelungen hinsichtlich der Entsorgungspflicht des Straßenbaulastträgers für das auf den Straßen anfallende Niederschlagswasser finden sich in § 3 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) vom 20.02.2003 (BGBl I S. 286) für die Bundesfernstraßen und in den §§ 9 Abs. 1, 11 Abs. 1 des Saarländischen Straßengesetzes (SStrG) vom 15.10.1977 (ABl. S. 969) für die Landstraßen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FStrG umfasst die Straßenbaulast alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Hierzu gehört auch die Einrichtung und Unterhaltung von Anlagen, die das von der Straße abfließende Wasser aufnehmen

so auch BVerwG, Beschluss vom 06.03.1997 - 8 B 246/96 - UPR 1997, 328 = DVBl 1997, 1065 = BayVBl 1997, 570 = Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 86 = NVwZ-RR 1998, 130 = NuR 1998, 482; Marschall/Schroeter/Kastner, Kommentar zum Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl., § 3 FStrG Rdnr. 4.

§ 9 Abs. 1 SStrG besagt mit Blick auf Landstraßen dasselbe wie § 3 Abs. 1 FStrG für Bundesfernstraßen. Nach § 11 Abs. 1 SStrG steht dem Träger der Straßenbaulast zudem die Ausübung der Rechte und Pflichten des Eigentümers in dem Umfang zu, wie es die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs erfordert. Damit obliegt dem Straßenbaulastträger auch die Straßen-oberflächenentwässerung

so auch Hessischer VGH, Beschluss vom 07.11.2000 – 5 TZ 114/00 - ESVGH 51, 74 zu § 13 Abs. 1 des Hessischen Straßengesetzes.

Die genannten Regelungen führen dazu, dass die Straßenoberflächenentwässerung beim – nur ausnahmsweise vorkommenden - Auseinanderfallen von privatrechtlichem Eigentum und Straßenbaulast dem Träger der Straßenbaulast obliegt. Daraus folgt, dass der Eigentümer einer Straßenfläche nicht mit Entwässerungsgebühren belastet werden kann, wenn ihm nicht zugleich die Straßenbaulast obliegt

so auch Hessischer VGH, Beschluss vom 07.11.2000, a.a.O, und OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12.07.2000 -2 L 28/99 -, KStZ 2001, 93 = NVwZ 2001, 588; ferner Nolte, Gebührenpflicht des Landes als Straßeneigentümerin für die Benutzung kommunaler Abwassereinrichtungen, NVwZ 2001, 1378.

Wenn daher eine Satzung über die Erhebung von Niederschlagswassergebühren nur die Heranziehung des Eigentümers und nicht auch die des Straßenbaulastträgers vorsieht, kann für Straßenabschnitte, bei denen Baulastträger und Eigentümer nicht identisch sind, keiner von beiden für Gebühren für die Ableitung des Oberflächenwassers von den betroffenen Straßen in Anspruch genommen werden. Denn entscheidend ist in diesem Zusammenhang, wer die Entwässerungseinrichtungen in Anspruch nimmt beziehungsweise nutzt, da das Saarländische Kommunalabgabengesetz n den §§ 4 Abs. 2, 6 Abs. 1 KAG ausdrücklich die Erhebung von Gebühren – nur - von den denjenigen zulässt, die eine öffentliche Einrichtung in Anspruch nehmen beziehungsweise nutzen. Das ist jedoch nach den Regelungen im Straßenrecht nicht der Eigentümer der Straßenflächen, sondern der Straßenbaulastträger, da ihm die Entsorgungspflicht für das auf den Straßen anfallende Niederschlagswasser obliegt. Dies wird durch § 50b Abs. 4 SWG noch einmal ausdrücklich klargestellt.

Daher kann im vorliegenden Fall offen bleiben, ob die streitgegenständliche Heranziehung des Klägers zu Niederschlagswassergebühren auch deshalb fehlerhaft ist, weil dieser nach Darstellung des Klägers nicht Eigentümer der Flächen der Bundesstraße B 40 ist, so dass - sollte dies zutreffen - bereits die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 ABGS nicht vorliegen. Denn auf jeden Fall ist der Kläger nicht Straßenbaulastträger für die Bundesstraße B 40 im Gebiet der Mittelstadt St. Ingbert. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 FStrG ist der Bund grundsätzlich Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. § 5 Abs. 2 bis 3a FStrG legt fest, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Gemeinde Träger der Baulast ist. Dafür, dass vorliegend teilweise ein Übergang der Straßenbaulast auf den Kläger erfolgt wäre, spricht nichts.

Da somit der Kläger nicht Träger der Straßenbaulast für die Bundesstraße B 40 ist, durfte ihn der Beklagte nicht für das Jahr 2000 zu Niederschlagswassergebühren für die Entwässerung dieser Straße heranziehen. Eben das ist aber geschehen. Insoweit hat der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal klargestellt, dass er den Kläger bewusst als Eigentümer der streitgegenständlichen Straßenflächen in Anspruch genommen hat, also als persönlichen Schuldner der Niederschlagswassergebühren, nicht aber als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland. Somit sind die angefochtenen Gebührenbescheide auf jeden Fall insoweit rechtswidrig, als sie sich gegen den Kläger als Gebührenschuldner für die Oberflächenwasserableitung der Bundesstraße B 40 richten.

Es durften daher die in der der aktuellen Gebührenberechnung zugrunde liegenden Tabelle unter Nr. 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 21, 25, 26 und 36 ausgewiesenen Flächen der Bundesstraße B 40 von insgesamt 63.797,30 m² (66.422,70 m² abzüglich der auf Grund von Vereinbarungen als nicht gebührenpflichtig angesehenen Flächen von 2.625,40 m²) nicht in die Berechnung der Niederschlagswassergebührenpflicht des Klägers für das Jahr 2000 einbezogen werden. Damit sind die angefochtenen Bescheide in Höhe von 38.490,46 EUR (= 63.797,30 m² x 1,18 DM = 75.280,81 DM) rechtswidrig und folglich aufzuheben.

III.

Hinsichtlich des verbleibenden Betrages von (93.623,46 EUR - 38.490,46 EUR =) 55.133,00 EUR ist der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif, da es weiterer Ermittlungen bedarf.

Dabei ist von einer grundsätzlichen Gebührenpflichtigkeit des Klägers für die Entwässerung der im Gebiet der Mittelstadt St. Ingbert verlaufenden Landstraßen auszugehen. Der Anspruch des Beklagten auf Erhebung von Niederschlagswassergebühren für das Jahr 2000 für die Entwässerung der Landstraßen nach den §§ 9, 10 und 12 ABGS besteht dem Grunde nach, da deren Voraussetzungen vorliegen, die Vorschriften nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen, das Rückwirkungsverbot nicht verletzt ist und es bei der Anwendung der ABGS keiner Übergangsvorschrift bedurfte. Es wird insoweit auf die Ausführungen des Senats in dem bereits erwähnten Urteil vom heutigen Tage - 1 A 44/07- Bezug genommen.

Entgegen der Ansicht des Klägers stehen der Erhebung von Niederschlagswassergebühren für die Flächen der Landstraßen die Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen – Ortsdurchfahrtsrichtlinien (ODR) – vom 02.01.1976 in der Fassung vom 11.10.1993 nicht entgegen. Die Ortsdurchfahrtsrichtlinien gelten, wie bereits ihre Überschrift zeigt, unmittelbar nur für die Bundesstraßen und nicht auch für die in der Straßenbaulast des Landes stehenden Landstraßen. Wie sich jedoch aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen ergibt, wurden die entsprechenden Ortsdurchfahrtsrichtlinien – die erste stammt aus dem Jahr 1959 – stets auch auf die Landstraßen im Saarland angewendet. Dies bestätigen die vorgelegten Vereinbarungen für Landstraßen, die im Vollzug der Ortsdurchfahrtsrichtlinien abgeschlossen worden sind. Allerdings gelten diese Richtlinien nur für die Ortsdurchfahrten, das heißt nach näherer Maßgabe der §§ 5 Abs. 4 FStrG, 4 SStrG die innerhalb der geschlossenen Ortslage liegenden Teile der Bundes- und Landstraßen, und nicht für die Abschnitte der genannten Straßen, die außerhalb davon liegen. Deshalb erfassen die Ortsdurchfahrtsrichtlinien bereits tatbestandlich nicht die Teile der Bundes- und Landstraßen, die außerhalb der geschlossenen Ortslage liegen. Aber auch für die Ortsdurchfahrten gelten die Ortsdurchfahrtsrichtlinien nicht unmittelbar. Sie führen insbesondere nicht aus sich heraus zur Gebührenfreiheit des Straßenbaulastträgers für die Einleitung von Niederschlagswasser in die gemeindliche Kanalisation. Zwar ist in Ziff. 14 Abs. 2 ODR geregelt, dass, wenn die Gemeinde eine Mischkanalisation einrichtet, sich der Bund an den Kosten beteiligt, wenn sich die Gemeinde unwiderruflich bereit erklärt, das Oberflächenwasser unentgeltlich aufzunehmen. Das gleiche gilt, wenn eine abgängige Mischkanalisation von Grund auf erneuert wird. Die Unterhaltung der Mischkanalisation obliegt der Gemeinde, ohne dass der Bund hierfür Beiträge leistet. Wie sich jedoch aus Ziff. 21 Abs. 1 ODR ergibt, gilt Ziff. 14 Abs. 2 ODR nicht automatisch, sondern es bedarf in jedem Einzelfall einer entsprechenden Vereinbarung vor Beginn einer Baumaßnahme. Dies wurde auch in der Vergangenheit so praktiziert, wie sich aus den vorgelegten Vereinbarungen über die Beteiligung des Klägers an Straßen- und Kanalbaumaßnahmen der Mittelstadt St. Ingbert bzw. deren Vorgängergemeinden ergibt. Dabei stammt die älteste vorgelegte Vereinbarung bereits aus dem Jahr 1968, was zeigt, dass derartige Vereinbarungen lange Zeit vor Einführung der Niederschlagswassergebühr geschlossen wurden. Insofern kann der Kläger nicht mit seiner Argumentation durchdringen, vor Einführung von Niederschlagswassergebühren habe überhaupt kein Anlass für den Abschluss von Vereinbarungen über die unentgeltliche Einleitung von Niederschlagswasser bestanden. Auch kann der Vorhalt des Klägers nicht durchgreifen, dass ein jahrzehntelanger Konsens bestanden habe, dass der Bund bzw. das Land mit der Zahlung eines Zuschusses für die Errichtung der Straße alle aus seiner Sicht ergebenden Verpflichtungen erfüllt habe, ohne dass es hierzu noch einer besonderen Vereinbarung bedurft hätte.

Im Übrigen wäre es kaum nachvollziehbar, dass der Kläger Vereinbarungen über die unentgeltliche Einleitung von Niederschlagswasser im Gegenzug für die Beteiligung an den Kosten von Baumaßnahmen abschließt, wenn die Ortsdurchfahrtsrichtlinien unmittelbar gelten würden, also diese Rechtsfolge bereits ohne jegliche vertragliche Vereinbarung einträte.

Außerdem handelt es sich bei den Ortsdurchfahrtsrichtlinien nur um interne Verwaltungsrichtlinien, die ihrer Rechtsnatur nach nicht in der Lage sind, das materielle Satzungsrecht der Mittelstadt St. Ingbert zu beeinflussen

sinngemäß ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.10.1996 – 9 A 4145/94 – Städte- und Gemeinderat 1997, 83 = ZKF 1997, 110 = NWVBl 1997, 220 = ZfW1998, 330.

Weiterer Aufklärung im Tatsächlichen bedarf es, ob und gegebenenfalls inwieweit bei der Gebührenberechnung im Eigentum des Klägers stehende Flächen der Landstraßen berücksichtigt worden sind, die in der Straßenbaulast der Mittelstadt St. Ingbert stehen, so dass für sie auf Grund der dargelegten Grundsätze keine Niederschlagswassergebühr vom Kläger verlangt werden darf.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

Ist nur ein Teil des Streitgegenstands zur Entscheidung reif, so kann das Gericht ein Teilurteil erlassen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 287/01
Verkündet am:
18. Juli 2002
F i t t e r e r
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
FStrG §§ 3, 5; RhPfKAG § 8
Nimmt der Bund für die ihm obliegende Entwässerung von Bundesstraßen die
gemeindliche Abwasserkanalisation in Anspruch, so kann die Gemeinde hierfür
in Rheinland-Pfalz kein (privatrechtliches) Entgelt auf der Grundlage ihrer Entwässerungssatzung
verlangen. Ihr kann jedoch gegen die Bundesrepublik
Deutschland ein gesetzlicher Zahlungsanspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung
ohne Auftrag oder in Gestalt eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs
zustehen.
Eine Änderung der Klage liegt nicht vor, wenn der Kläger, der eine vertragliche
Vergütung fordert, sich nachträglich hilfsweise auf gesetzliche Anspruchs-
grundlagen (Geschäftsführung ohne Auftrag, ungerechtfertigte Bereicherung)
beruft. Das gilt auch dann, wenn gesetzliche Ausgleichsansprüche sich nach
öffentlichem Recht beurteilen.
BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - III ZR 287/01 -OLG Koblenz
LG Koblenz
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 16. November 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die klagende rheinland-pfälzische Verbandsgemeinde beseitigt durch einen Eigenbetrieb das im Gemeindegebiet anfallende Abwasser. Sie schließt hierzu auf der Grundlage ihrer Entwässerungssatzung und der ergänzenden "Allgemeinen Entsorgungsbedingungen für Abwasser" mit den Eigentümern der angeschlossenen Grundstücke privatrechtliche Verträge und verlangt von ihnen für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlage laufende Entgelte ("Abwassergebühren").

Die beklagte Bundesrepublik Deutschland ist Träger der Straßenbaulast für die das Gebiet der Klägerin durchquerenden Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen 260 und 261. Diese Straßenteile entwässern überwiegend in das Kanalsystem der Klägerin. Für den Großteil der Streckenabschnitte haben die Parteien gesonderte Verträge mit unterschiedlicher Kostenbeteiligung des Bundes geschlossen. Das auf den restlichen Teilflächen von insgesamt 5.425 m² auftreffende Niederschlagswasser leitet die Beklagte ohne eine Vereinbarung und ohne Gegenleistung seit Jahrzehnten in die gemeindliche Abwasserkanalisation ein.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Beklagte insoweit als Eigentümer der Bundesstraßen und Straßenbaulastträger auf Zahlung eines Entgelts für die Jahre 1996 bis 1998 von 21.700 DM in Anspruch genommen. Sie hat die Auffassung vertreten, nach ihren Allgemeinen Entsorgungsbedingungen sei mit der Beklagten wie mit jedem anderen Eigentümer angeschlossener Grundstücke ein Vertrag zustande gekommen, der diese zur Zahlung laufender Entgelte für die Abwasserbeseitigung nach dem Maßstab der entwässerten Flächen verpflichte. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. In zweiter Instanz hat sich die Klägerin hilfsweise auf Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigte Bereicherung berufen und die Klageforderung aufgrund entsprechender Neuberechnung auf 22.784,31 DM erhöht. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Zahlungsansprüche weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


1. Nach der Ansicht des Berufungsgerichts ist gesetzliche Grundlage für jedes Verlangen der Klägerin nach Zahlung eines Entgelts für die Abwasserentsorgung - sei es als öffentlich-rechtliche Gebühr, sei es als privatrechtliches Entgelt - allein das Kommunalabgabengesetz von Rheinland-Pfalz (RhPfKAG in der Fassung vom 20. Juni 1995, GVBl. S. 175). Durch Satzung und Allgemeine Entsorgungsbedingungen könnten die kommunalen Gebietskörperschaften keine über das Kommunalabgabengesetz hinausgehenden Zahlungspflichten begründen. Auf der Grundlage des Kommunalabgabengesetzes lasse sich aber für Rheinland-Pfalz eine Beitragspflicht des Bundes für die Inanspruchnahme der Abwasserbeseitigung nicht rechtfertigen. Gemäû § 8 Abs. 4 Satz 1 RhPfKAG 1996 blieben Kosten für solche Leistungen, die nicht den Gebührenund Beitragsschuldnern zugute kämen, bei der Ermittlung der entgeltsfähigen Kosten auûer Ansatz. Hierzu gehörten nach der Gesetzesbegründung auch die Aufwendungen für die Straûenentwässerung. Diese Kosten könnten damit weder zum Gegenstand einer Gebührenerhebung noch eines privatrechtlichen Entgelts gemacht werden.
2. Weitere privatrechtliche Anspruchsgrundlagen (Geschäftsführung ohne Auftrag, Bereicherungsrecht) kämen nicht in Betracht. Die Abwasserentsorgung sei sowohl für die Beklagte als Straûenbaulastträger als auch für die Klägerin gemäû § 52 des Landeswassergesetzes von Rheinland-Pfalz eine sich aus dem öffentlichen Recht ergebende und durch dieses bestimmte Aufgabe. Rechte und Pflichten seien daher grundsätzlich öffentlich-rechtlich. Danach richte sich auch der Charakter möglicher gesetzlicher Schuldverhältnisse. Die Klägerin sei nicht befugt, deren Rechtscharakter einseitig durch Satzung zu ändern.
3. Zugunsten der Klägerin komme allerdings ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch wegen Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht. Soweit die Klägerin indes ihr Begehren hilfsweise hierauf stütze, handele es sich um eine Klageänderung gemäû § 263 ZPO, da die Voraussetzungen für einen Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag einen grundlegend anderen Tatsachenvortrag erforderten als für einen Anspruch aus einem privatrechtlichen Entsorgungsvertrag. Diese Klageänderung sei nicht sachdienlich. Zum einen sei sie erstmals im Berufungsverfahren geltend gemacht worden und zum anderen seien die ordentlichen Gerichte für eine Entscheidung hierüber nicht zuständig, so daû entgegen dem Wortlaut des § 17 a Abs. 5 GVG gemäû § 17 a Abs. 2 GVG einen Verweisung an das zuständige Verwaltungsgericht erfolgen müûte.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Der Senat versteht das Berufungsgericht so, daû es mit Blick auf § 8 Abs. 4 Satz 1 RhPfKAG nicht erst die Wirksamkeit, sondern bereits das Zustandekommen eines Vertrags über den Anschluû der streitigen Straûengrundstücke an die Abwasserbeseitigungsanlage der Klägerin und die Ableitung des dort anfallenden Niederschlagswassers verneint. Das trifft zu. Die Klägerin kann deswegen kein vertragliches Entgelt nach ihrer Entwässerungssatzung und den Allgemeinen Entsorgungsbedingungen für die Benutzung ihres Kanalnetzes durch die Beklagte verlangen.

a) Der Umstand allein, daû die Beklagte faktisch die Kanalisation der Klägerin für die hier nach § 5 Abs. 1 FStrG dem Bund auch hinsichtlich der Ortsdurchfahrten obliegende Straûenentwässerung in Anspruch nimmt, vermag einen Vertragsschluû nicht zu begründen. Nach § 12 Abs. 2 Buchst. b der bis zum Jahre 1996 geltenden Entwässerungssatzung der Klägerin vom 10. Dezember 1991 sollte zwar dafür selbst eine nur tatsächliche Inanspruchnahme ihrer Abwasserbeseitigungseinrichtung genügen. Die Regeln des bürgerlichen Rechts über den Abschluû von Verträgen (§§ 145 ff. BGB), die beiderseitige Willenserklärungen der Parteien voraussetzen, stehen jedoch nicht zur Disposition der Gemeinde. Allerdings hat auch der Bundesgerichtshof in einigen älteren Entscheidungen angenommen, daû Vertragsverhältnisse, etwa im Bereich sozialer Daseinsfürsorge, nicht bloû durch rechtsgeschäftlichen Vertragsschluû , sondern nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch durch rein tatsächliches Verhalten entstehen können (sogenannte faktische Vertragsverhältnisse ; BGHZ 21, 319, 334 ff. [Parkplatz]; 23, 175, 177 f. [Versorgungsunternehmen ]; 23, 249, 261 [Hoferbfolge]; vgl. hierzu MünchKomm/Kramer, BGB, 4. Aufl., Einleitung Rn. 62 ff. vor § 241; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Ein-
führung Rn. 25 vor § 145). Der Bundesgerichtshof löst diese Fälle aber nunmehr mit rechtsgeschäftlichen Kategorien (vgl. BGHZ 95, 393, 399).

b) Ein Vertragsschluû während des streitigen Zeitraums von 1996 bis 1998 durch beiderseits schlüssiges Verhalten (s. hierzu Senatsurteil vom 28. Februar 1991 - III ZR 49/90 - LM Nr. 2 zu § 17 a GVG = WM 1991, 1394, 1397) scheitert jedenfalls an der Bestimmung des § 8 Abs. 4 RhPfKAG und zuvor an der entsprechenden Vorschrift des § 10 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a RhPfKAG vom 5. Mai 1986 (GVBl. S. 103).
Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 RhPfKAG vom 20. Juni 1995 bleiben bei der Ermittlung der entgeltsfähigen Kosten für Benutzungsgebühren die (nicht nur unerheblichen ) Kosten für solche Leistungen auûer Ansatz, die nicht den Gebührenschuldnern zugute kommen. Im Bereich der Abwasserbeseitigung gehören hierzu auch diejenigen Kostenanteile, die auf öffentliche Verkehrsanlagen entfallen und von deren Trägern zu übernehmen sind. Das war in § 10 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a des vorausgegangenen Kommunalabgabengesetzes vom 5. Mai 1986 noch ausdrücklich bestimmt und sollte durch die Neufassung inhaltlich nicht geändert werden (Begründung des Regierungsentwurfs, LTDrucks. 12/5443 S. 26; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Februar 2001 - 12 A 11746/00 - dokumentiert bei Juris). Diese einrichtungsfremden Kosten können in Rheinland-Pfalz darum nicht Gegenstand einer Abwassergebühr der Gemeinde sein (OVG Rheinland-Pfalz aaO; ebenso Driehaus/Lichtenfeld, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 746 a für Niedersachsen und SachsenAnhalt ; anders: Jeromin in Jeromin/Prinz, Kommentar zum Landeswassergesetz Rheinland-Pfalz und zum Wasserhaushaltsgesetz, § 53 LWG Rn. 7; für das nordrhein-westfälische Landesrecht: OVG Nordrhein-Westfalen ZfW 1998,
330, 331 ff. mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht DVBl 1997, 1065 = NVwZ-RR 1998, 130; Driehaus /Schulte/ Wiesemann, aaO, § 6 Rn. 352 d; Nolte, NVwZ 2001, 1378, 1380). Entsprechendes gilt für die von den Gemeinden gemäû § 7 Abs. 9 RhPfKAG anstelle von Benutzungsgebühren erhobenen privatrechtlichen Entgelte. Hieraus ergibt sich zugleich, daû auch auf der "Benutzerseite" keine Straûenbaulastträger (als Eigentümer angeschlossener Straûengrundstücke) stehen können (Driehaus / Lichtenfeld aaO). Weder die Beklagte noch die Klägerin konnten daher objektiv ein Interesse an einer solchen rechtlich unzulässigen Gestaltung haben. Inwieweit der Beklagten angesichts des jahrzehntelang zurückliegenden Kanalanschlusses und der seitdem ständig und widerspruchslos unentgeltlich geduldeten Einleitung des Abwassers insofern überhaupt eine entsprechende Willenserklärung und ein Erklärungsbewuûtsein unterstellt werden darf oder dieses ausnahmsweise verzichtbar wäre (vgl. dazu BGHZ 109, 171, 177), kann offenbleiben.
2. Über gesetzliche Ausgleichsansprüche der Klägerin (insbesondere aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung) hat das Berufungsgericht in der Sache nur entschieden, soweit sie von der Klägerin aus Privatrecht hergeleitet wurden. Im übrigen - hinsichtlich einer Klagebegründung mit Ansprüchen wegen öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag oder einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch - hat es einen anderen Streitgegenstand und eine unzulässige Klageänderung gemäû § 263 ZPO angenommen. Das verkennt den Begriff des Streitgegenstands und verletzt zugleich die in § 17 Abs. 2 GVG normierte Pflicht des Gerichts, den
Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden.

a) Nach der heute herrschenden und auch vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen prozeûrechtlichen Auffassung ist Gegenstand des Rechtsstreits ein prozessualer Anspruch; er wird bestimmt durch das allgemeine Rechtsziel und die erstrebte konkrete Rechtsfolge, wie sie sich aus dem Klageantrag ergeben, sowie aus dem Lebenssachverhalt (Klagegrund ), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (Senatsurteil vom 7. März 2002 - III ZR 73/01 - NJW 2002, 1503 m.w.N.). Auf die materiellrechtliche Begründung der Klage kommt es dabei regelmäûig nicht an. Der einheitliche Lebenssachverhalt wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daû unterschiedliche konkurrierende Ansprüche zu ihrer Schlüssigkeit zwangsläufig einen mehr oder weniger abweichenden Tatsachenvortrag erfordern. Mit Rücksicht hierauf ist es anerkannt, daû bei einer auf Vertragserfüllung gestützten Klage das Gericht, falls es einen (wirksamen) Vertragsschluû verneint, auch gesetzliche Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung zu prüfen hat, soweit sie an die vermeintlich vertraglich erbrachten Leistungen anknüpfen und dasselbe Klageziel rechtfertigen. Selbst dann, wenn das Gericht dies übersieht, erfaût nach § 322 Abs. 1 ZPO die Rechtskraft seines klageabweisenden Urteils den gesamten prozessualen Anspruch , daher auch derartige nicht behandelte Anspruchsgrundlagen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2002 - X ZR 144/00 - Umdruck S. 7, zur Veröffentlichung bestimmt). So hat es das Berufungsgericht hinsichtlich weiterer privatrechtlicher Anspruchsgrundlagen zutreffend selbst gesehen, diese darum im einzelnen abgehandelt und beschieden.

b) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz liegt es aber im Streitfall auch nicht insoweit anders, als es um öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlagen für die Klageforderung geht. Der von der Klägerin zur Entscheidung gestellte Lebenssachverhalt wird durch die tatsächliche Nutzung ihres Kanalnetzes seitens der Beklagten als Eigentümer und Straûenbaulastträger der Bundesstraûen gekennzeichnet. Inwieweit dieses Rechtsverhältnis dem öffentlichen Recht angehört oder zivilrechtlich geprägt ist, entscheidet sich aufgrund einer rechtlichen Würdigung. Die hierbei vorzunehmende rechtliche Zuordnung ändert indessen nichts an der Einheitlichkeit dieses Sachverhalts als der tatsächlichen Begründung der Klage.
Über den gesamten prozessualen Anspruch haben deshalb die zuständigen Zivilgerichte gemäû § 17 Abs. 2 GVG umfassend und abschlieûend zu urteilen.

III.

Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Weder läût sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen aufrechterhalten noch kann der Senat zugunsten der Klägerin in der Sache selbst entscheiden.
1. Gesetzliche Ersatz- oder Erstattungsansprüche der Klägerin bestimmen sich, wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, nach öffentlichem Recht. Die Abwasserbeseitigung ist eine öffentliche Aufgabe, ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Straûenbaulastträger oder der Gemeinde wahrgenommen wird; sie erfolgt daher grundsätzlich auch in den Formen des öffentlichen Rechts. Daû die Klägerin ihr Verhältnis zu den Anschluûnehmern in ihrer Entwässerungs-
satzung hier zulässigerweise privatrechtlich gestaltet hat, ist im Verhältnis zur Beklagten ohne Belang. Der Bund unterfällt mit seinen an die Abwasseranlage der Klägerin angeschlossenen Straûenflächen, wie ausgeführt, gerade nicht der Satzungsgewalt der Klägerin.
2. Als Klagegrundlage scheidet § 12 Abs. 10 RhPfLStrG aus. Die Vorschrift sieht zwar eine Beteiligung des Straûenbaulastträgers auch an den laufenden Kosten der Kanalisation entsprechend den Mengen des Oberflächenwassers von der Fahrbahn vor, sofern die Fahrbahnentwässerung nicht in eine straûeneigene Kanalisation erfolgt. Diese landesrechtliche Regelung gilt aber nicht für die Bundesfernstraûen (§ 1 Abs. 6 RhPfLStrG). Das Klagebegehren könnten hier somit nur Ansprüche auf Aufwendungsersatz aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag oder auf Ausgleich der der Beklagten durch die tatsächliche Übernahme der Abwasserbeseitigung seitens der Klägerin zugeflossenen Bereicherung (öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch) rechtfertigen. Zu den Voraussetzungen solcher Ansprüche hat das Berufungsgericht insgesamt nichts festgestellt. Der Senat sieht im gegenwärtigen Verfahrensstadium deswegen keinen Anlaû, hierauf näher einzugehen.
3. Bundesrecht oder das maûgebende rheinland-pfälzische Landesrecht schlieûen derartige Forderungen nicht aus.

a) Die Regelungen des Bundesfernstraûengesetzes in § 1 Abs. 4 Nr. 1 und in den §§ 3 und 4 stehen einer Belastung des Bundes mit Abwassergebühren für die Inanspruchnahme kommunaler Abwassereinrichtungen bei der Oberflächenentwässerung von Bundesstraûen nicht entgegen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in dem bereits erwähnten Beschluû vom 6. März
1997 (DVBl 1997, 1065 = NVwZ-RR 1998, 130) dargelegt. Der erkennende Senat schlieût sich dem an. Diese Grundsätze lassen sich auf die hier in Rede stehenden Ausgleichszahlungen auf sonstiger gesetzlicher Grundlage übertragen.

b) § 8 Abs. 4 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 RhPfKAG entfaltet entgegen der Revisionserwiderung keine Sperrwirkung derart, daû wegen der Unzulässigkeit einer Gebührenerhebung gegenüber dem Bund als Straûenbaulastträger auch alle auf anderer Rechtsgrundlage beruhenden Aufwendungs- und Auslagenersatzansprüche der Gemeinde unbegründet wären. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 findet zwar das Kommunalabgabengesetz auf Aufwendungs- und Auslagenersatz entsprechende Anwendung. Diese Regelung betrifft aber nur im Zusammenhang mit Gebührentatbeständen stehende Kosten. Auûerhalb dieser Bestimmungen gelten die allgemeinen Regeln.

c) Entgegen der von der Revisionserwiderung weiterhin vertretenen Ansicht sind Kostenerstattungsansprüche der Klägerin für den hier allein streitigen Zeitraum von 1996 bis 1998 nicht verwirkt (§ 242 BGB). Die Klägerin hat Zahlung laufender Entgelte hinsichtlich der nicht durch besondere Vereinbarungen erfaûten Teilflächen der Bundesstraûen zwar erst mit Schreiben vom 25. November 1998 und 2. Juni 1999 gefordert, nachdem sie und ihre Rechtsvorgänger die Einleitung des Abwassers in ihr Kanalsystem insoweit seit Jahrzehnten unentgeltlich geduldet hatten. Ob dieser Zeitablauf für eine Verwirkung aller - auch erst in späteren Jahren entstandener - Zahlungsansprüche ausreichen kann, mag zweifelhaft sein, kann aber dahinstehen. Hinzu müûten jedenfalls besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände treten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigten, der Berechtigte
werde seine Ansprüche nicht mehr geltend machen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2001 - VII ZR 416/99 - NJW 2001, 1649 m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall schon deswegen, weil über eine grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten zur Kostenbeteiligung an der von ihr mitgenutzten gemeindlichen Abwasserkanalisation kein vernünftiger Zweifel bestehen konnte. Nach Nr. 14 Abs. 2 der Ortsdurchfahrtenrichtlinien des Bundesministers für Verkehr vom 2. Januar 1976 (VkBl 1976 S. 219) in der Fassung vom 2. April 1996 (VkBl 1996 S. 207; abgedruckt bei Marschall/Schroeter/Kastner, FStrG, 5. Aufl., Anhang B 1 und B 1 a), kann sich der Bund an den Baukosten durch Zahlung eines einmaligen Betrags beteiligen. Das haben die Parteien hier weitgehend auch vollzogen; lediglich die streitigen Teilflächen sind dabei übergangen worden. Die Beklagte hatte folglich keinen begründeten Anlaû, damit zu rechnen, die Klägerin werde ihr gesetzlich zustehende Ansprüche - welchen Inhalts auch immer - insoweit überhaupt nicht mehr geltend machen.
4. Die Revisionserwiderung stellt noch zur Überprüfung durch den Senat, ob die Beklagte für Ansprüche der Klägerin auf nichtvertraglicher Grundlage passivlegitimiert sei. Die Revisionserwiderung meint, da gemäû Art. 90 Abs. 2 GG die Verwaltungstätigkeit und insbesondere die straûenbaulichen Maûnahmen bei Bundesstraûen in den Händen der Landesbehörden lägen, könne die Klägerin mit der Oberflächenentwässerung auch nur ein Geschäft für diese geführt haben. Richtiger Beklagter sei damit, unabhängig von einem etwaigen internen Rückgriffsrecht, das Land Rheinland-Pfalz.
Dem folgt der Senat nicht. Der Bund ist nach § 5 Abs. 1 FStrG Träger der Straûenbaulast für die Bundesfernstraûen und damit auch zu deren Entwässerung verpflichtet. Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen
Selbstverwaltungsorgane verwalten zwar die Bundesfernstraûen im Auftrage des Bundes (Art. 90 Abs. 2 GG). Den Bund trifft dabei aber gemäû § 104 a Abs. 2 GG stets die finanzielle Verantwortung (sogenannte finanzielle Baulast; vgl. Senatsbeschluû vom 19. September 1979 - III ZR 121/78 - VersR 1980, 48; BVerwGE 52, 226, 229). Die Länder gehen darum bei ihrer Straûenverwaltung Zahlungspflichten zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland ein, wie es auch die vorgelegten Verträge mit der Klägerin oder der Ortsgemeinde Bad E. belegen. Ferner soll der Bund Gebührenschuldner bei der Einleitung von Abwasser in die kommunale Kanalisation sein (BVerwG DVBl 1997, 1065 = NVwZ 1998, 130; OVG Nordrhein-Westfalen ZfW 1998, 330; Nolte, NVwZ 2001, 1378, 1380). Für das anstelle einer solchen Gebühr erhobene privatrechtliche Entgelt müûte dasselbe gelten, worauf der Senat beiläufig bereits in seinem Beschluû vom 30. Juli 1998 - III ZB 34/97 - unter Ziffer 3 hingewiesen hat (insoweit in BGHR GVG § 13 Abwasserbeseitigung 1 nicht abgedruckt). Auch die Revision zieht dies nicht in Zweifel. Darüber hinaus hat der Senat aber auch Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen die Bundesrepublik Deutschland als Träger der Straûenbaulast im Zusammenhang mit dem Bau von Bundesfernstraûen für denkbar gehalten (Urteil vom 15. Dezember 1977 - III ZR 159/75 - NJW 1978, 1258 = DÖV 1978, 688 m. Anm. Püttner). Nicht anders als diese Fallgestaltungen ist die hier in Rede stehende auftragslose Geschäftsführung der Gemeinde durch tatsächliche Übernahme der Straûenentwässerung für den Bund zu behandeln. Die den Ländern dabei durch Art. 90 Abs. 2 GG zugewiesenen Verwaltungsbefugnisse sind dadurch gewahrt, daû sie die Bundesrepublik Deutschland auch insoweit vertreten.

IV.


Hiernach kann das angefochtene Urteil nicht bestehenbleiben. Der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es zur Hilfsbegründung der Klage die fehlenden Feststellungen nachholen kann.
Rinne Richter am Bundesgerichtshof Streck Schlick ist im Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Rinne Kapsa Galke

(1) Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Die Träger der Straßenbaulast haben nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes sowie behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel, möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, zu berücksichtigen. Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesautobahnen und Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesstraßen, die als Kraftfahrstraßen ausgewiesen sind, sind bedarfsabhängig durch den Träger der Straßenbaulast so zu bauen und zu unterhalten, dass auf ihnen auch öffentlicher Radverkehr abgewickelt werden kann.

(2) Soweit die Träger der Straßenbaulast unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit zur Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 außerstande sind, haben sie auf einen nicht verkehrssicheren Zustand durch Verkehrszeichen hinzuweisen. Diese hat die Straßenbaubehörde oder auf Bundesautobahnen die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes vorbehaltlich anderweitiger Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde aufzustellen.

(3) Die Träger der Straßenbaulast sollen nach besten Kräften über die ihnen nach Absatz 1 obliegenden Aufgaben hinaus die Bundesfernstraßen bei Schnee- und Eisglätte räumen und streuen. Landesrechtliche Vorschriften über die Pflichten Dritter zum Schneeräumen und Streuen sowie zur polizeimäßigen Reinigung bleiben unberührt.

Die Träger der Straßenbaulast haben dafür einzustehen, dass ihre Bauten allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Behördlicher Genehmigungen, Erlaubnisse und Abnahmen durch andere als die Straßenbaubehörden bedarf es nicht. Straßenbaubehörde im Sinne dieses Gesetzes ist auch das Fernstraßen-Bundesamt, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht. Für Baudenkmäler gilt Satz 2 nur, soweit ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt worden ist.

(1) Bundesstraßen des Fernverkehrs (Bundesfernstraßen) sind öffentliche Straßen, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind. In der geschlossenen Ortslage (§ 5 Abs. 4) gehören zum zusammenhängenden Verkehrsnetz die zur Aufnahme des weiträumigen Verkehrs notwendigen Straßen.

(2) Sie gliedern sich in

1.
Bundesautobahnen,
2.
Bundesstraßen mit den Ortsdurchfahrten (§ 5 Abs. 4).

(3) Bundesautobahnen sind Bundesfernstraßen, die nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt und so angelegt sind, dass sie frei von höhengleichen Kreuzungen und für Zu- und Abfahrt mit besonderen Anschlussstellen ausgestattet sind. Sie sollen getrennte Fahrbahnen für den Richtungsverkehr haben.

(4) Zu den Bundesfernstraßen gehören

1.
der Straßenkörper; das sind besonders der Straßengrund, der Straßenunterbau, die Straßendecke, die Brücken, Tunnel, Durchlässe, Dämme, Gräben, Entwässerungsanlagen, Böschungen, Stützmauern, Lärmschutzanlagen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen;
2.
der Luftraum über dem Straßenkörper;
3.
das Zubehör; das sind die Verkehrszeichen, die Verkehrseinrichtungen und -anlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen, und die Bepflanzung;
3a.
Einrichtungen zur Erhebung von Maut und zur Kontrolle der Einhaltung der Mautpflicht;
4.
die Nebenanlagen; das sind solche Anlagen, die überwiegend den Aufgaben der Straßenbauverwaltung der Bundesfernstraßen dienen, z. B. Straßenmeistereien, Gerätehöfe, Lager, Lagerplätze, Entnahmestellen, Hilfsbetriebe und -einrichtungen;
5.
die Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen (§ 15 Abs. 1).

(5) Für die Bundesfernstraßen werden Straßenverzeichnisse geführt. Das Fernstraßen-Bundesamt bestimmt die Nummerung und Bezeichnung der Bundesfernstraßen.

(1) Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Die Träger der Straßenbaulast haben nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes sowie behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel, möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, zu berücksichtigen. Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesautobahnen und Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesstraßen, die als Kraftfahrstraßen ausgewiesen sind, sind bedarfsabhängig durch den Träger der Straßenbaulast so zu bauen und zu unterhalten, dass auf ihnen auch öffentlicher Radverkehr abgewickelt werden kann.

(2) Soweit die Träger der Straßenbaulast unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit zur Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 außerstande sind, haben sie auf einen nicht verkehrssicheren Zustand durch Verkehrszeichen hinzuweisen. Diese hat die Straßenbaubehörde oder auf Bundesautobahnen die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes vorbehaltlich anderweitiger Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde aufzustellen.

(3) Die Träger der Straßenbaulast sollen nach besten Kräften über die ihnen nach Absatz 1 obliegenden Aufgaben hinaus die Bundesfernstraßen bei Schnee- und Eisglätte räumen und streuen. Landesrechtliche Vorschriften über die Pflichten Dritter zum Schneeräumen und Streuen sowie zur polizeimäßigen Reinigung bleiben unberührt.

(1) Bundesstraßen des Fernverkehrs (Bundesfernstraßen) sind öffentliche Straßen, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind. In der geschlossenen Ortslage (§ 5 Abs. 4) gehören zum zusammenhängenden Verkehrsnetz die zur Aufnahme des weiträumigen Verkehrs notwendigen Straßen.

(2) Sie gliedern sich in

1.
Bundesautobahnen,
2.
Bundesstraßen mit den Ortsdurchfahrten (§ 5 Abs. 4).

(3) Bundesautobahnen sind Bundesfernstraßen, die nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt und so angelegt sind, dass sie frei von höhengleichen Kreuzungen und für Zu- und Abfahrt mit besonderen Anschlussstellen ausgestattet sind. Sie sollen getrennte Fahrbahnen für den Richtungsverkehr haben.

(4) Zu den Bundesfernstraßen gehören

1.
der Straßenkörper; das sind besonders der Straßengrund, der Straßenunterbau, die Straßendecke, die Brücken, Tunnel, Durchlässe, Dämme, Gräben, Entwässerungsanlagen, Böschungen, Stützmauern, Lärmschutzanlagen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen;
2.
der Luftraum über dem Straßenkörper;
3.
das Zubehör; das sind die Verkehrszeichen, die Verkehrseinrichtungen und -anlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen, und die Bepflanzung;
3a.
Einrichtungen zur Erhebung von Maut und zur Kontrolle der Einhaltung der Mautpflicht;
4.
die Nebenanlagen; das sind solche Anlagen, die überwiegend den Aufgaben der Straßenbauverwaltung der Bundesfernstraßen dienen, z. B. Straßenmeistereien, Gerätehöfe, Lager, Lagerplätze, Entnahmestellen, Hilfsbetriebe und -einrichtungen;
5.
die Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen (§ 15 Abs. 1).

(5) Für die Bundesfernstraßen werden Straßenverzeichnisse geführt. Das Fernstraßen-Bundesamt bestimmt die Nummerung und Bezeichnung der Bundesfernstraßen.

(1) Der Bund ist Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. Bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen Dritter bleiben unberührt.

(2) Die Gemeinden mit mehr als 80 000 Einwohnern sind Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen. Maßgebend ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl. Das Ergebnis einer Volkszählung wird mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr verbindlich, in dem die Volkszählung stattgefunden hat. Werden Gemeindegrenzen geändert oder neue Gemeinden gebildet, so ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl des neuen Gemeindegebietes maßgebend. In diesen Fällen wechselt die Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten, wenn sie bisher dem Bund oblag, mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr der Gebietsänderung, sonst mit der Gebietsänderung.

(2a) Die Gemeinde bleibt abweichend von Absatz 2 Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde erklärt. Eine Gemeinde mit mehr als 50 000, aber weniger als 80 000 Einwohnern wird Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde verlangt. Absatz 2 Satz 2 und 4 gilt entsprechend. Die oberste Landesstraßenbaubehörde unterrichtet das Fernstraßen-Bundesamt über die Erklärung der Gemeinde nach Satz 1 oder das Verlangen der Gemeinde nach Satz 2.

(3) In den Ortsdurchfahrten der übrigen Gemeinden ist die Gemeinde Träger der Straßenbaulast für Gehwege und Parkplätze.

(3a) Führt die Ortsdurchfahrt über Straßen und Plätze, die erheblich breiter angelegt sind als die Bundesstraße, so ist von der Straßenbaubehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde die seitliche Begrenzung der Ortsdurchfahrten besonders festzulegen. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, so entscheidet die oberste Landesstraßenbaubehörde.

(4) Eine Ortsdurchfahrt ist der Teil einer Bundesstraße, der innerhalb der geschlossenen Ortslage liegt und auch der Erschließung der anliegenden Grundstücke oder der mehrfachen Verknüpfung des Ortsstraßennetzes dient. Geschlossene Ortslage ist der Teil des Gemeindebezirkes, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist. Einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung unterbrechen den Zusammenhang nicht. Die oberste Landesstraßenbaubehörde setzt im Benehmen mit der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Gemeinde die Ortsdurchfahrt fest und kann dabei mit Zustimmung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und der Kommunalaufsichtsbehörde von der Regel der Sätze 1 und 2 abweichen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass abweichend von Satz 4 an Stelle der höheren Verwaltungsbehörde eine andere Behörde zuständig ist. Sie können diese Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Der Bund bleibt Eigentümer der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs. Das Eigentum ist unveräußerlich.

(2) Die Verwaltung der Bundesautobahnen wird in Bundesverwaltung geführt. Der Bund kann sich zur Erledigung seiner Aufgaben einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen. Diese Gesellschaft steht im unveräußerlichen Eigentum des Bundes. Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Gesellschaft und deren Tochtergesellschaften ist ausgeschlossen. Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(3) Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften verwalten die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrage des Bundes.

(4) Auf Antrag eines Landes kann der Bund die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs, soweit sie im Gebiet dieses Landes liegen, in Bundesverwaltung übernehmen.

(1) Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Die Träger der Straßenbaulast haben nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes sowie behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel, möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, zu berücksichtigen. Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesautobahnen und Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesstraßen, die als Kraftfahrstraßen ausgewiesen sind, sind bedarfsabhängig durch den Träger der Straßenbaulast so zu bauen und zu unterhalten, dass auf ihnen auch öffentlicher Radverkehr abgewickelt werden kann.

(2) Soweit die Träger der Straßenbaulast unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit zur Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 außerstande sind, haben sie auf einen nicht verkehrssicheren Zustand durch Verkehrszeichen hinzuweisen. Diese hat die Straßenbaubehörde oder auf Bundesautobahnen die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes vorbehaltlich anderweitiger Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde aufzustellen.

(3) Die Träger der Straßenbaulast sollen nach besten Kräften über die ihnen nach Absatz 1 obliegenden Aufgaben hinaus die Bundesfernstraßen bei Schnee- und Eisglätte räumen und streuen. Landesrechtliche Vorschriften über die Pflichten Dritter zum Schneeräumen und Streuen sowie zur polizeimäßigen Reinigung bleiben unberührt.

(1) Bundesstraßen des Fernverkehrs (Bundesfernstraßen) sind öffentliche Straßen, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind. In der geschlossenen Ortslage (§ 5 Abs. 4) gehören zum zusammenhängenden Verkehrsnetz die zur Aufnahme des weiträumigen Verkehrs notwendigen Straßen.

(2) Sie gliedern sich in

1.
Bundesautobahnen,
2.
Bundesstraßen mit den Ortsdurchfahrten (§ 5 Abs. 4).

(3) Bundesautobahnen sind Bundesfernstraßen, die nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt und so angelegt sind, dass sie frei von höhengleichen Kreuzungen und für Zu- und Abfahrt mit besonderen Anschlussstellen ausgestattet sind. Sie sollen getrennte Fahrbahnen für den Richtungsverkehr haben.

(4) Zu den Bundesfernstraßen gehören

1.
der Straßenkörper; das sind besonders der Straßengrund, der Straßenunterbau, die Straßendecke, die Brücken, Tunnel, Durchlässe, Dämme, Gräben, Entwässerungsanlagen, Böschungen, Stützmauern, Lärmschutzanlagen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen;
2.
der Luftraum über dem Straßenkörper;
3.
das Zubehör; das sind die Verkehrszeichen, die Verkehrseinrichtungen und -anlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen, und die Bepflanzung;
3a.
Einrichtungen zur Erhebung von Maut und zur Kontrolle der Einhaltung der Mautpflicht;
4.
die Nebenanlagen; das sind solche Anlagen, die überwiegend den Aufgaben der Straßenbauverwaltung der Bundesfernstraßen dienen, z. B. Straßenmeistereien, Gerätehöfe, Lager, Lagerplätze, Entnahmestellen, Hilfsbetriebe und -einrichtungen;
5.
die Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen (§ 15 Abs. 1).

(5) Für die Bundesfernstraßen werden Straßenverzeichnisse geführt. Das Fernstraßen-Bundesamt bestimmt die Nummerung und Bezeichnung der Bundesfernstraßen.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

Ist nur ein Teil des Streitgegenstands zur Entscheidung reif, so kann das Gericht ein Teilurteil erlassen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 287/01
Verkündet am:
18. Juli 2002
F i t t e r e r
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
FStrG §§ 3, 5; RhPfKAG § 8
Nimmt der Bund für die ihm obliegende Entwässerung von Bundesstraßen die
gemeindliche Abwasserkanalisation in Anspruch, so kann die Gemeinde hierfür
in Rheinland-Pfalz kein (privatrechtliches) Entgelt auf der Grundlage ihrer Entwässerungssatzung
verlangen. Ihr kann jedoch gegen die Bundesrepublik
Deutschland ein gesetzlicher Zahlungsanspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung
ohne Auftrag oder in Gestalt eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs
zustehen.
Eine Änderung der Klage liegt nicht vor, wenn der Kläger, der eine vertragliche
Vergütung fordert, sich nachträglich hilfsweise auf gesetzliche Anspruchs-
grundlagen (Geschäftsführung ohne Auftrag, ungerechtfertigte Bereicherung)
beruft. Das gilt auch dann, wenn gesetzliche Ausgleichsansprüche sich nach
öffentlichem Recht beurteilen.
BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - III ZR 287/01 -OLG Koblenz
LG Koblenz
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 16. November 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die klagende rheinland-pfälzische Verbandsgemeinde beseitigt durch einen Eigenbetrieb das im Gemeindegebiet anfallende Abwasser. Sie schließt hierzu auf der Grundlage ihrer Entwässerungssatzung und der ergänzenden "Allgemeinen Entsorgungsbedingungen für Abwasser" mit den Eigentümern der angeschlossenen Grundstücke privatrechtliche Verträge und verlangt von ihnen für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlage laufende Entgelte ("Abwassergebühren").

Die beklagte Bundesrepublik Deutschland ist Träger der Straßenbaulast für die das Gebiet der Klägerin durchquerenden Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen 260 und 261. Diese Straßenteile entwässern überwiegend in das Kanalsystem der Klägerin. Für den Großteil der Streckenabschnitte haben die Parteien gesonderte Verträge mit unterschiedlicher Kostenbeteiligung des Bundes geschlossen. Das auf den restlichen Teilflächen von insgesamt 5.425 m² auftreffende Niederschlagswasser leitet die Beklagte ohne eine Vereinbarung und ohne Gegenleistung seit Jahrzehnten in die gemeindliche Abwasserkanalisation ein.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Beklagte insoweit als Eigentümer der Bundesstraßen und Straßenbaulastträger auf Zahlung eines Entgelts für die Jahre 1996 bis 1998 von 21.700 DM in Anspruch genommen. Sie hat die Auffassung vertreten, nach ihren Allgemeinen Entsorgungsbedingungen sei mit der Beklagten wie mit jedem anderen Eigentümer angeschlossener Grundstücke ein Vertrag zustande gekommen, der diese zur Zahlung laufender Entgelte für die Abwasserbeseitigung nach dem Maßstab der entwässerten Flächen verpflichte. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. In zweiter Instanz hat sich die Klägerin hilfsweise auf Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigte Bereicherung berufen und die Klageforderung aufgrund entsprechender Neuberechnung auf 22.784,31 DM erhöht. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Zahlungsansprüche weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


1. Nach der Ansicht des Berufungsgerichts ist gesetzliche Grundlage für jedes Verlangen der Klägerin nach Zahlung eines Entgelts für die Abwasserentsorgung - sei es als öffentlich-rechtliche Gebühr, sei es als privatrechtliches Entgelt - allein das Kommunalabgabengesetz von Rheinland-Pfalz (RhPfKAG in der Fassung vom 20. Juni 1995, GVBl. S. 175). Durch Satzung und Allgemeine Entsorgungsbedingungen könnten die kommunalen Gebietskörperschaften keine über das Kommunalabgabengesetz hinausgehenden Zahlungspflichten begründen. Auf der Grundlage des Kommunalabgabengesetzes lasse sich aber für Rheinland-Pfalz eine Beitragspflicht des Bundes für die Inanspruchnahme der Abwasserbeseitigung nicht rechtfertigen. Gemäû § 8 Abs. 4 Satz 1 RhPfKAG 1996 blieben Kosten für solche Leistungen, die nicht den Gebührenund Beitragsschuldnern zugute kämen, bei der Ermittlung der entgeltsfähigen Kosten auûer Ansatz. Hierzu gehörten nach der Gesetzesbegründung auch die Aufwendungen für die Straûenentwässerung. Diese Kosten könnten damit weder zum Gegenstand einer Gebührenerhebung noch eines privatrechtlichen Entgelts gemacht werden.
2. Weitere privatrechtliche Anspruchsgrundlagen (Geschäftsführung ohne Auftrag, Bereicherungsrecht) kämen nicht in Betracht. Die Abwasserentsorgung sei sowohl für die Beklagte als Straûenbaulastträger als auch für die Klägerin gemäû § 52 des Landeswassergesetzes von Rheinland-Pfalz eine sich aus dem öffentlichen Recht ergebende und durch dieses bestimmte Aufgabe. Rechte und Pflichten seien daher grundsätzlich öffentlich-rechtlich. Danach richte sich auch der Charakter möglicher gesetzlicher Schuldverhältnisse. Die Klägerin sei nicht befugt, deren Rechtscharakter einseitig durch Satzung zu ändern.
3. Zugunsten der Klägerin komme allerdings ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch wegen Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht. Soweit die Klägerin indes ihr Begehren hilfsweise hierauf stütze, handele es sich um eine Klageänderung gemäû § 263 ZPO, da die Voraussetzungen für einen Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag einen grundlegend anderen Tatsachenvortrag erforderten als für einen Anspruch aus einem privatrechtlichen Entsorgungsvertrag. Diese Klageänderung sei nicht sachdienlich. Zum einen sei sie erstmals im Berufungsverfahren geltend gemacht worden und zum anderen seien die ordentlichen Gerichte für eine Entscheidung hierüber nicht zuständig, so daû entgegen dem Wortlaut des § 17 a Abs. 5 GVG gemäû § 17 a Abs. 2 GVG einen Verweisung an das zuständige Verwaltungsgericht erfolgen müûte.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Der Senat versteht das Berufungsgericht so, daû es mit Blick auf § 8 Abs. 4 Satz 1 RhPfKAG nicht erst die Wirksamkeit, sondern bereits das Zustandekommen eines Vertrags über den Anschluû der streitigen Straûengrundstücke an die Abwasserbeseitigungsanlage der Klägerin und die Ableitung des dort anfallenden Niederschlagswassers verneint. Das trifft zu. Die Klägerin kann deswegen kein vertragliches Entgelt nach ihrer Entwässerungssatzung und den Allgemeinen Entsorgungsbedingungen für die Benutzung ihres Kanalnetzes durch die Beklagte verlangen.

a) Der Umstand allein, daû die Beklagte faktisch die Kanalisation der Klägerin für die hier nach § 5 Abs. 1 FStrG dem Bund auch hinsichtlich der Ortsdurchfahrten obliegende Straûenentwässerung in Anspruch nimmt, vermag einen Vertragsschluû nicht zu begründen. Nach § 12 Abs. 2 Buchst. b der bis zum Jahre 1996 geltenden Entwässerungssatzung der Klägerin vom 10. Dezember 1991 sollte zwar dafür selbst eine nur tatsächliche Inanspruchnahme ihrer Abwasserbeseitigungseinrichtung genügen. Die Regeln des bürgerlichen Rechts über den Abschluû von Verträgen (§§ 145 ff. BGB), die beiderseitige Willenserklärungen der Parteien voraussetzen, stehen jedoch nicht zur Disposition der Gemeinde. Allerdings hat auch der Bundesgerichtshof in einigen älteren Entscheidungen angenommen, daû Vertragsverhältnisse, etwa im Bereich sozialer Daseinsfürsorge, nicht bloû durch rechtsgeschäftlichen Vertragsschluû , sondern nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch durch rein tatsächliches Verhalten entstehen können (sogenannte faktische Vertragsverhältnisse ; BGHZ 21, 319, 334 ff. [Parkplatz]; 23, 175, 177 f. [Versorgungsunternehmen ]; 23, 249, 261 [Hoferbfolge]; vgl. hierzu MünchKomm/Kramer, BGB, 4. Aufl., Einleitung Rn. 62 ff. vor § 241; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Ein-
führung Rn. 25 vor § 145). Der Bundesgerichtshof löst diese Fälle aber nunmehr mit rechtsgeschäftlichen Kategorien (vgl. BGHZ 95, 393, 399).

b) Ein Vertragsschluû während des streitigen Zeitraums von 1996 bis 1998 durch beiderseits schlüssiges Verhalten (s. hierzu Senatsurteil vom 28. Februar 1991 - III ZR 49/90 - LM Nr. 2 zu § 17 a GVG = WM 1991, 1394, 1397) scheitert jedenfalls an der Bestimmung des § 8 Abs. 4 RhPfKAG und zuvor an der entsprechenden Vorschrift des § 10 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a RhPfKAG vom 5. Mai 1986 (GVBl. S. 103).
Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 RhPfKAG vom 20. Juni 1995 bleiben bei der Ermittlung der entgeltsfähigen Kosten für Benutzungsgebühren die (nicht nur unerheblichen ) Kosten für solche Leistungen auûer Ansatz, die nicht den Gebührenschuldnern zugute kommen. Im Bereich der Abwasserbeseitigung gehören hierzu auch diejenigen Kostenanteile, die auf öffentliche Verkehrsanlagen entfallen und von deren Trägern zu übernehmen sind. Das war in § 10 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a des vorausgegangenen Kommunalabgabengesetzes vom 5. Mai 1986 noch ausdrücklich bestimmt und sollte durch die Neufassung inhaltlich nicht geändert werden (Begründung des Regierungsentwurfs, LTDrucks. 12/5443 S. 26; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Februar 2001 - 12 A 11746/00 - dokumentiert bei Juris). Diese einrichtungsfremden Kosten können in Rheinland-Pfalz darum nicht Gegenstand einer Abwassergebühr der Gemeinde sein (OVG Rheinland-Pfalz aaO; ebenso Driehaus/Lichtenfeld, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 746 a für Niedersachsen und SachsenAnhalt ; anders: Jeromin in Jeromin/Prinz, Kommentar zum Landeswassergesetz Rheinland-Pfalz und zum Wasserhaushaltsgesetz, § 53 LWG Rn. 7; für das nordrhein-westfälische Landesrecht: OVG Nordrhein-Westfalen ZfW 1998,
330, 331 ff. mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht DVBl 1997, 1065 = NVwZ-RR 1998, 130; Driehaus /Schulte/ Wiesemann, aaO, § 6 Rn. 352 d; Nolte, NVwZ 2001, 1378, 1380). Entsprechendes gilt für die von den Gemeinden gemäû § 7 Abs. 9 RhPfKAG anstelle von Benutzungsgebühren erhobenen privatrechtlichen Entgelte. Hieraus ergibt sich zugleich, daû auch auf der "Benutzerseite" keine Straûenbaulastträger (als Eigentümer angeschlossener Straûengrundstücke) stehen können (Driehaus / Lichtenfeld aaO). Weder die Beklagte noch die Klägerin konnten daher objektiv ein Interesse an einer solchen rechtlich unzulässigen Gestaltung haben. Inwieweit der Beklagten angesichts des jahrzehntelang zurückliegenden Kanalanschlusses und der seitdem ständig und widerspruchslos unentgeltlich geduldeten Einleitung des Abwassers insofern überhaupt eine entsprechende Willenserklärung und ein Erklärungsbewuûtsein unterstellt werden darf oder dieses ausnahmsweise verzichtbar wäre (vgl. dazu BGHZ 109, 171, 177), kann offenbleiben.
2. Über gesetzliche Ausgleichsansprüche der Klägerin (insbesondere aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung) hat das Berufungsgericht in der Sache nur entschieden, soweit sie von der Klägerin aus Privatrecht hergeleitet wurden. Im übrigen - hinsichtlich einer Klagebegründung mit Ansprüchen wegen öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag oder einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch - hat es einen anderen Streitgegenstand und eine unzulässige Klageänderung gemäû § 263 ZPO angenommen. Das verkennt den Begriff des Streitgegenstands und verletzt zugleich die in § 17 Abs. 2 GVG normierte Pflicht des Gerichts, den
Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden.

a) Nach der heute herrschenden und auch vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen prozeûrechtlichen Auffassung ist Gegenstand des Rechtsstreits ein prozessualer Anspruch; er wird bestimmt durch das allgemeine Rechtsziel und die erstrebte konkrete Rechtsfolge, wie sie sich aus dem Klageantrag ergeben, sowie aus dem Lebenssachverhalt (Klagegrund ), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (Senatsurteil vom 7. März 2002 - III ZR 73/01 - NJW 2002, 1503 m.w.N.). Auf die materiellrechtliche Begründung der Klage kommt es dabei regelmäûig nicht an. Der einheitliche Lebenssachverhalt wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daû unterschiedliche konkurrierende Ansprüche zu ihrer Schlüssigkeit zwangsläufig einen mehr oder weniger abweichenden Tatsachenvortrag erfordern. Mit Rücksicht hierauf ist es anerkannt, daû bei einer auf Vertragserfüllung gestützten Klage das Gericht, falls es einen (wirksamen) Vertragsschluû verneint, auch gesetzliche Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung zu prüfen hat, soweit sie an die vermeintlich vertraglich erbrachten Leistungen anknüpfen und dasselbe Klageziel rechtfertigen. Selbst dann, wenn das Gericht dies übersieht, erfaût nach § 322 Abs. 1 ZPO die Rechtskraft seines klageabweisenden Urteils den gesamten prozessualen Anspruch , daher auch derartige nicht behandelte Anspruchsgrundlagen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2002 - X ZR 144/00 - Umdruck S. 7, zur Veröffentlichung bestimmt). So hat es das Berufungsgericht hinsichtlich weiterer privatrechtlicher Anspruchsgrundlagen zutreffend selbst gesehen, diese darum im einzelnen abgehandelt und beschieden.

b) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz liegt es aber im Streitfall auch nicht insoweit anders, als es um öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlagen für die Klageforderung geht. Der von der Klägerin zur Entscheidung gestellte Lebenssachverhalt wird durch die tatsächliche Nutzung ihres Kanalnetzes seitens der Beklagten als Eigentümer und Straûenbaulastträger der Bundesstraûen gekennzeichnet. Inwieweit dieses Rechtsverhältnis dem öffentlichen Recht angehört oder zivilrechtlich geprägt ist, entscheidet sich aufgrund einer rechtlichen Würdigung. Die hierbei vorzunehmende rechtliche Zuordnung ändert indessen nichts an der Einheitlichkeit dieses Sachverhalts als der tatsächlichen Begründung der Klage.
Über den gesamten prozessualen Anspruch haben deshalb die zuständigen Zivilgerichte gemäû § 17 Abs. 2 GVG umfassend und abschlieûend zu urteilen.

III.

Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Weder läût sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen aufrechterhalten noch kann der Senat zugunsten der Klägerin in der Sache selbst entscheiden.
1. Gesetzliche Ersatz- oder Erstattungsansprüche der Klägerin bestimmen sich, wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, nach öffentlichem Recht. Die Abwasserbeseitigung ist eine öffentliche Aufgabe, ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Straûenbaulastträger oder der Gemeinde wahrgenommen wird; sie erfolgt daher grundsätzlich auch in den Formen des öffentlichen Rechts. Daû die Klägerin ihr Verhältnis zu den Anschluûnehmern in ihrer Entwässerungs-
satzung hier zulässigerweise privatrechtlich gestaltet hat, ist im Verhältnis zur Beklagten ohne Belang. Der Bund unterfällt mit seinen an die Abwasseranlage der Klägerin angeschlossenen Straûenflächen, wie ausgeführt, gerade nicht der Satzungsgewalt der Klägerin.
2. Als Klagegrundlage scheidet § 12 Abs. 10 RhPfLStrG aus. Die Vorschrift sieht zwar eine Beteiligung des Straûenbaulastträgers auch an den laufenden Kosten der Kanalisation entsprechend den Mengen des Oberflächenwassers von der Fahrbahn vor, sofern die Fahrbahnentwässerung nicht in eine straûeneigene Kanalisation erfolgt. Diese landesrechtliche Regelung gilt aber nicht für die Bundesfernstraûen (§ 1 Abs. 6 RhPfLStrG). Das Klagebegehren könnten hier somit nur Ansprüche auf Aufwendungsersatz aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag oder auf Ausgleich der der Beklagten durch die tatsächliche Übernahme der Abwasserbeseitigung seitens der Klägerin zugeflossenen Bereicherung (öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch) rechtfertigen. Zu den Voraussetzungen solcher Ansprüche hat das Berufungsgericht insgesamt nichts festgestellt. Der Senat sieht im gegenwärtigen Verfahrensstadium deswegen keinen Anlaû, hierauf näher einzugehen.
3. Bundesrecht oder das maûgebende rheinland-pfälzische Landesrecht schlieûen derartige Forderungen nicht aus.

a) Die Regelungen des Bundesfernstraûengesetzes in § 1 Abs. 4 Nr. 1 und in den §§ 3 und 4 stehen einer Belastung des Bundes mit Abwassergebühren für die Inanspruchnahme kommunaler Abwassereinrichtungen bei der Oberflächenentwässerung von Bundesstraûen nicht entgegen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in dem bereits erwähnten Beschluû vom 6. März
1997 (DVBl 1997, 1065 = NVwZ-RR 1998, 130) dargelegt. Der erkennende Senat schlieût sich dem an. Diese Grundsätze lassen sich auf die hier in Rede stehenden Ausgleichszahlungen auf sonstiger gesetzlicher Grundlage übertragen.

b) § 8 Abs. 4 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 RhPfKAG entfaltet entgegen der Revisionserwiderung keine Sperrwirkung derart, daû wegen der Unzulässigkeit einer Gebührenerhebung gegenüber dem Bund als Straûenbaulastträger auch alle auf anderer Rechtsgrundlage beruhenden Aufwendungs- und Auslagenersatzansprüche der Gemeinde unbegründet wären. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 findet zwar das Kommunalabgabengesetz auf Aufwendungs- und Auslagenersatz entsprechende Anwendung. Diese Regelung betrifft aber nur im Zusammenhang mit Gebührentatbeständen stehende Kosten. Auûerhalb dieser Bestimmungen gelten die allgemeinen Regeln.

c) Entgegen der von der Revisionserwiderung weiterhin vertretenen Ansicht sind Kostenerstattungsansprüche der Klägerin für den hier allein streitigen Zeitraum von 1996 bis 1998 nicht verwirkt (§ 242 BGB). Die Klägerin hat Zahlung laufender Entgelte hinsichtlich der nicht durch besondere Vereinbarungen erfaûten Teilflächen der Bundesstraûen zwar erst mit Schreiben vom 25. November 1998 und 2. Juni 1999 gefordert, nachdem sie und ihre Rechtsvorgänger die Einleitung des Abwassers in ihr Kanalsystem insoweit seit Jahrzehnten unentgeltlich geduldet hatten. Ob dieser Zeitablauf für eine Verwirkung aller - auch erst in späteren Jahren entstandener - Zahlungsansprüche ausreichen kann, mag zweifelhaft sein, kann aber dahinstehen. Hinzu müûten jedenfalls besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände treten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigten, der Berechtigte
werde seine Ansprüche nicht mehr geltend machen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2001 - VII ZR 416/99 - NJW 2001, 1649 m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall schon deswegen, weil über eine grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten zur Kostenbeteiligung an der von ihr mitgenutzten gemeindlichen Abwasserkanalisation kein vernünftiger Zweifel bestehen konnte. Nach Nr. 14 Abs. 2 der Ortsdurchfahrtenrichtlinien des Bundesministers für Verkehr vom 2. Januar 1976 (VkBl 1976 S. 219) in der Fassung vom 2. April 1996 (VkBl 1996 S. 207; abgedruckt bei Marschall/Schroeter/Kastner, FStrG, 5. Aufl., Anhang B 1 und B 1 a), kann sich der Bund an den Baukosten durch Zahlung eines einmaligen Betrags beteiligen. Das haben die Parteien hier weitgehend auch vollzogen; lediglich die streitigen Teilflächen sind dabei übergangen worden. Die Beklagte hatte folglich keinen begründeten Anlaû, damit zu rechnen, die Klägerin werde ihr gesetzlich zustehende Ansprüche - welchen Inhalts auch immer - insoweit überhaupt nicht mehr geltend machen.
4. Die Revisionserwiderung stellt noch zur Überprüfung durch den Senat, ob die Beklagte für Ansprüche der Klägerin auf nichtvertraglicher Grundlage passivlegitimiert sei. Die Revisionserwiderung meint, da gemäû Art. 90 Abs. 2 GG die Verwaltungstätigkeit und insbesondere die straûenbaulichen Maûnahmen bei Bundesstraûen in den Händen der Landesbehörden lägen, könne die Klägerin mit der Oberflächenentwässerung auch nur ein Geschäft für diese geführt haben. Richtiger Beklagter sei damit, unabhängig von einem etwaigen internen Rückgriffsrecht, das Land Rheinland-Pfalz.
Dem folgt der Senat nicht. Der Bund ist nach § 5 Abs. 1 FStrG Träger der Straûenbaulast für die Bundesfernstraûen und damit auch zu deren Entwässerung verpflichtet. Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen
Selbstverwaltungsorgane verwalten zwar die Bundesfernstraûen im Auftrage des Bundes (Art. 90 Abs. 2 GG). Den Bund trifft dabei aber gemäû § 104 a Abs. 2 GG stets die finanzielle Verantwortung (sogenannte finanzielle Baulast; vgl. Senatsbeschluû vom 19. September 1979 - III ZR 121/78 - VersR 1980, 48; BVerwGE 52, 226, 229). Die Länder gehen darum bei ihrer Straûenverwaltung Zahlungspflichten zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland ein, wie es auch die vorgelegten Verträge mit der Klägerin oder der Ortsgemeinde Bad E. belegen. Ferner soll der Bund Gebührenschuldner bei der Einleitung von Abwasser in die kommunale Kanalisation sein (BVerwG DVBl 1997, 1065 = NVwZ 1998, 130; OVG Nordrhein-Westfalen ZfW 1998, 330; Nolte, NVwZ 2001, 1378, 1380). Für das anstelle einer solchen Gebühr erhobene privatrechtliche Entgelt müûte dasselbe gelten, worauf der Senat beiläufig bereits in seinem Beschluû vom 30. Juli 1998 - III ZB 34/97 - unter Ziffer 3 hingewiesen hat (insoweit in BGHR GVG § 13 Abwasserbeseitigung 1 nicht abgedruckt). Auch die Revision zieht dies nicht in Zweifel. Darüber hinaus hat der Senat aber auch Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen die Bundesrepublik Deutschland als Träger der Straûenbaulast im Zusammenhang mit dem Bau von Bundesfernstraûen für denkbar gehalten (Urteil vom 15. Dezember 1977 - III ZR 159/75 - NJW 1978, 1258 = DÖV 1978, 688 m. Anm. Püttner). Nicht anders als diese Fallgestaltungen ist die hier in Rede stehende auftragslose Geschäftsführung der Gemeinde durch tatsächliche Übernahme der Straûenentwässerung für den Bund zu behandeln. Die den Ländern dabei durch Art. 90 Abs. 2 GG zugewiesenen Verwaltungsbefugnisse sind dadurch gewahrt, daû sie die Bundesrepublik Deutschland auch insoweit vertreten.

IV.


Hiernach kann das angefochtene Urteil nicht bestehenbleiben. Der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es zur Hilfsbegründung der Klage die fehlenden Feststellungen nachholen kann.
Rinne Richter am Bundesgerichtshof Streck Schlick ist im Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Rinne Kapsa Galke

(1) Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Die Träger der Straßenbaulast haben nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes sowie behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel, möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, zu berücksichtigen. Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesautobahnen und Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesstraßen, die als Kraftfahrstraßen ausgewiesen sind, sind bedarfsabhängig durch den Träger der Straßenbaulast so zu bauen und zu unterhalten, dass auf ihnen auch öffentlicher Radverkehr abgewickelt werden kann.

(2) Soweit die Träger der Straßenbaulast unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit zur Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 außerstande sind, haben sie auf einen nicht verkehrssicheren Zustand durch Verkehrszeichen hinzuweisen. Diese hat die Straßenbaubehörde oder auf Bundesautobahnen die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes vorbehaltlich anderweitiger Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde aufzustellen.

(3) Die Träger der Straßenbaulast sollen nach besten Kräften über die ihnen nach Absatz 1 obliegenden Aufgaben hinaus die Bundesfernstraßen bei Schnee- und Eisglätte räumen und streuen. Landesrechtliche Vorschriften über die Pflichten Dritter zum Schneeräumen und Streuen sowie zur polizeimäßigen Reinigung bleiben unberührt.

Die Träger der Straßenbaulast haben dafür einzustehen, dass ihre Bauten allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Behördlicher Genehmigungen, Erlaubnisse und Abnahmen durch andere als die Straßenbaubehörden bedarf es nicht. Straßenbaubehörde im Sinne dieses Gesetzes ist auch das Fernstraßen-Bundesamt, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht. Für Baudenkmäler gilt Satz 2 nur, soweit ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt worden ist.

(1) Bundesstraßen des Fernverkehrs (Bundesfernstraßen) sind öffentliche Straßen, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind. In der geschlossenen Ortslage (§ 5 Abs. 4) gehören zum zusammenhängenden Verkehrsnetz die zur Aufnahme des weiträumigen Verkehrs notwendigen Straßen.

(2) Sie gliedern sich in

1.
Bundesautobahnen,
2.
Bundesstraßen mit den Ortsdurchfahrten (§ 5 Abs. 4).

(3) Bundesautobahnen sind Bundesfernstraßen, die nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt und so angelegt sind, dass sie frei von höhengleichen Kreuzungen und für Zu- und Abfahrt mit besonderen Anschlussstellen ausgestattet sind. Sie sollen getrennte Fahrbahnen für den Richtungsverkehr haben.

(4) Zu den Bundesfernstraßen gehören

1.
der Straßenkörper; das sind besonders der Straßengrund, der Straßenunterbau, die Straßendecke, die Brücken, Tunnel, Durchlässe, Dämme, Gräben, Entwässerungsanlagen, Böschungen, Stützmauern, Lärmschutzanlagen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen;
2.
der Luftraum über dem Straßenkörper;
3.
das Zubehör; das sind die Verkehrszeichen, die Verkehrseinrichtungen und -anlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen, und die Bepflanzung;
3a.
Einrichtungen zur Erhebung von Maut und zur Kontrolle der Einhaltung der Mautpflicht;
4.
die Nebenanlagen; das sind solche Anlagen, die überwiegend den Aufgaben der Straßenbauverwaltung der Bundesfernstraßen dienen, z. B. Straßenmeistereien, Gerätehöfe, Lager, Lagerplätze, Entnahmestellen, Hilfsbetriebe und -einrichtungen;
5.
die Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen (§ 15 Abs. 1).

(5) Für die Bundesfernstraßen werden Straßenverzeichnisse geführt. Das Fernstraßen-Bundesamt bestimmt die Nummerung und Bezeichnung der Bundesfernstraßen.

(1) Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Die Träger der Straßenbaulast haben nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes sowie behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel, möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, zu berücksichtigen. Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesautobahnen und Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesstraßen, die als Kraftfahrstraßen ausgewiesen sind, sind bedarfsabhängig durch den Träger der Straßenbaulast so zu bauen und zu unterhalten, dass auf ihnen auch öffentlicher Radverkehr abgewickelt werden kann.

(2) Soweit die Träger der Straßenbaulast unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit zur Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 außerstande sind, haben sie auf einen nicht verkehrssicheren Zustand durch Verkehrszeichen hinzuweisen. Diese hat die Straßenbaubehörde oder auf Bundesautobahnen die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes vorbehaltlich anderweitiger Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde aufzustellen.

(3) Die Träger der Straßenbaulast sollen nach besten Kräften über die ihnen nach Absatz 1 obliegenden Aufgaben hinaus die Bundesfernstraßen bei Schnee- und Eisglätte räumen und streuen. Landesrechtliche Vorschriften über die Pflichten Dritter zum Schneeräumen und Streuen sowie zur polizeimäßigen Reinigung bleiben unberührt.

(1) Bundesstraßen des Fernverkehrs (Bundesfernstraßen) sind öffentliche Straßen, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind. In der geschlossenen Ortslage (§ 5 Abs. 4) gehören zum zusammenhängenden Verkehrsnetz die zur Aufnahme des weiträumigen Verkehrs notwendigen Straßen.

(2) Sie gliedern sich in

1.
Bundesautobahnen,
2.
Bundesstraßen mit den Ortsdurchfahrten (§ 5 Abs. 4).

(3) Bundesautobahnen sind Bundesfernstraßen, die nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt und so angelegt sind, dass sie frei von höhengleichen Kreuzungen und für Zu- und Abfahrt mit besonderen Anschlussstellen ausgestattet sind. Sie sollen getrennte Fahrbahnen für den Richtungsverkehr haben.

(4) Zu den Bundesfernstraßen gehören

1.
der Straßenkörper; das sind besonders der Straßengrund, der Straßenunterbau, die Straßendecke, die Brücken, Tunnel, Durchlässe, Dämme, Gräben, Entwässerungsanlagen, Böschungen, Stützmauern, Lärmschutzanlagen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen;
2.
der Luftraum über dem Straßenkörper;
3.
das Zubehör; das sind die Verkehrszeichen, die Verkehrseinrichtungen und -anlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen, und die Bepflanzung;
3a.
Einrichtungen zur Erhebung von Maut und zur Kontrolle der Einhaltung der Mautpflicht;
4.
die Nebenanlagen; das sind solche Anlagen, die überwiegend den Aufgaben der Straßenbauverwaltung der Bundesfernstraßen dienen, z. B. Straßenmeistereien, Gerätehöfe, Lager, Lagerplätze, Entnahmestellen, Hilfsbetriebe und -einrichtungen;
5.
die Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen (§ 15 Abs. 1).

(5) Für die Bundesfernstraßen werden Straßenverzeichnisse geführt. Das Fernstraßen-Bundesamt bestimmt die Nummerung und Bezeichnung der Bundesfernstraßen.

(1) Der Bund ist Träger der Straßenbaulast für die Bundesfernstraßen, soweit nicht die Baulast anderen nach gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen obliegt. Bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen Dritter bleiben unberührt.

(2) Die Gemeinden mit mehr als 80 000 Einwohnern sind Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen. Maßgebend ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl. Das Ergebnis einer Volkszählung wird mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr verbindlich, in dem die Volkszählung stattgefunden hat. Werden Gemeindegrenzen geändert oder neue Gemeinden gebildet, so ist die bei der Volkszählung festgestellte Einwohnerzahl des neuen Gemeindegebietes maßgebend. In diesen Fällen wechselt die Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten, wenn sie bisher dem Bund oblag, mit Beginn des dritten Haushaltsjahres nach dem Jahr der Gebietsänderung, sonst mit der Gebietsänderung.

(2a) Die Gemeinde bleibt abweichend von Absatz 2 Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde erklärt. Eine Gemeinde mit mehr als 50 000, aber weniger als 80 000 Einwohnern wird Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen, wenn sie es mit Zustimmung der obersten Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der obersten Landesstraßenbaubehörde verlangt. Absatz 2 Satz 2 und 4 gilt entsprechend. Die oberste Landesstraßenbaubehörde unterrichtet das Fernstraßen-Bundesamt über die Erklärung der Gemeinde nach Satz 1 oder das Verlangen der Gemeinde nach Satz 2.

(3) In den Ortsdurchfahrten der übrigen Gemeinden ist die Gemeinde Träger der Straßenbaulast für Gehwege und Parkplätze.

(3a) Führt die Ortsdurchfahrt über Straßen und Plätze, die erheblich breiter angelegt sind als die Bundesstraße, so ist von der Straßenbaubehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde die seitliche Begrenzung der Ortsdurchfahrten besonders festzulegen. Kommt ein Einvernehmen nicht zustande, so entscheidet die oberste Landesstraßenbaubehörde.

(4) Eine Ortsdurchfahrt ist der Teil einer Bundesstraße, der innerhalb der geschlossenen Ortslage liegt und auch der Erschließung der anliegenden Grundstücke oder der mehrfachen Verknüpfung des Ortsstraßennetzes dient. Geschlossene Ortslage ist der Teil des Gemeindebezirkes, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist. Einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung unterbrechen den Zusammenhang nicht. Die oberste Landesstraßenbaubehörde setzt im Benehmen mit der höheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Gemeinde die Ortsdurchfahrt fest und kann dabei mit Zustimmung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und der Kommunalaufsichtsbehörde von der Regel der Sätze 1 und 2 abweichen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass abweichend von Satz 4 an Stelle der höheren Verwaltungsbehörde eine andere Behörde zuständig ist. Sie können diese Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen.

(1) Der Bund bleibt Eigentümer der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs. Das Eigentum ist unveräußerlich.

(2) Die Verwaltung der Bundesautobahnen wird in Bundesverwaltung geführt. Der Bund kann sich zur Erledigung seiner Aufgaben einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen. Diese Gesellschaft steht im unveräußerlichen Eigentum des Bundes. Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Gesellschaft und deren Tochtergesellschaften ist ausgeschlossen. Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(3) Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften verwalten die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrage des Bundes.

(4) Auf Antrag eines Landes kann der Bund die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs, soweit sie im Gebiet dieses Landes liegen, in Bundesverwaltung übernehmen.

(1) Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Die Träger der Straßenbaulast haben nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes sowie behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel, möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, zu berücksichtigen. Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesautobahnen und Betriebswege auf Brücken im Zuge von Bundesstraßen, die als Kraftfahrstraßen ausgewiesen sind, sind bedarfsabhängig durch den Träger der Straßenbaulast so zu bauen und zu unterhalten, dass auf ihnen auch öffentlicher Radverkehr abgewickelt werden kann.

(2) Soweit die Träger der Straßenbaulast unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit zur Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 außerstande sind, haben sie auf einen nicht verkehrssicheren Zustand durch Verkehrszeichen hinzuweisen. Diese hat die Straßenbaubehörde oder auf Bundesautobahnen die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes vorbehaltlich anderweitiger Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde aufzustellen.

(3) Die Träger der Straßenbaulast sollen nach besten Kräften über die ihnen nach Absatz 1 obliegenden Aufgaben hinaus die Bundesfernstraßen bei Schnee- und Eisglätte räumen und streuen. Landesrechtliche Vorschriften über die Pflichten Dritter zum Schneeräumen und Streuen sowie zur polizeimäßigen Reinigung bleiben unberührt.

(1) Bundesstraßen des Fernverkehrs (Bundesfernstraßen) sind öffentliche Straßen, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind. In der geschlossenen Ortslage (§ 5 Abs. 4) gehören zum zusammenhängenden Verkehrsnetz die zur Aufnahme des weiträumigen Verkehrs notwendigen Straßen.

(2) Sie gliedern sich in

1.
Bundesautobahnen,
2.
Bundesstraßen mit den Ortsdurchfahrten (§ 5 Abs. 4).

(3) Bundesautobahnen sind Bundesfernstraßen, die nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt und so angelegt sind, dass sie frei von höhengleichen Kreuzungen und für Zu- und Abfahrt mit besonderen Anschlussstellen ausgestattet sind. Sie sollen getrennte Fahrbahnen für den Richtungsverkehr haben.

(4) Zu den Bundesfernstraßen gehören

1.
der Straßenkörper; das sind besonders der Straßengrund, der Straßenunterbau, die Straßendecke, die Brücken, Tunnel, Durchlässe, Dämme, Gräben, Entwässerungsanlagen, Böschungen, Stützmauern, Lärmschutzanlagen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen;
2.
der Luftraum über dem Straßenkörper;
3.
das Zubehör; das sind die Verkehrszeichen, die Verkehrseinrichtungen und -anlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen, und die Bepflanzung;
3a.
Einrichtungen zur Erhebung von Maut und zur Kontrolle der Einhaltung der Mautpflicht;
4.
die Nebenanlagen; das sind solche Anlagen, die überwiegend den Aufgaben der Straßenbauverwaltung der Bundesfernstraßen dienen, z. B. Straßenmeistereien, Gerätehöfe, Lager, Lagerplätze, Entnahmestellen, Hilfsbetriebe und -einrichtungen;
5.
die Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen (§ 15 Abs. 1).

(5) Für die Bundesfernstraßen werden Straßenverzeichnisse geführt. Das Fernstraßen-Bundesamt bestimmt die Nummerung und Bezeichnung der Bundesfernstraßen.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.