Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 23. März 2017 - 4 LB 6/15

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2017:0323.4LB6.15.0A
23.03.2017

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 8. Kammer, Einzelrichter – vom 17. Oktober 2014 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der aus dem Irak stammende Kläger begehrt seine Einbürgerung.

2

Der Kläger reiste 1997 nach Deutschland ein, wurde als Asylberechtigter anerkannt und erhielt eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Seinen Namen gab er zunächst mit „A E B“ bzw. (im Asylverfahren) „A D“ an, geboren 1979 in Kirkuk.

3

Im Jahr 2002 wurde über eine mit Frau … im Irak geschlossene Ehe ein Familienbuch angelegt. Der Kläger erklärte, er wolle den Namen „A“ als Vornamen und den Namen „B“ als Familiennamen führen. Den Namen „E“ lege er ab. Zum Ehenamen wurde der Name „B“ bestimmt. In der Folge wurde die Vaterschaft des Klägers für insgesamt vier Kinder im Familienbuch bzw. Geburtenregister beurkundet (…, geb. am 21. Oktober 2002; …, geb. am 9. Oktober 2004; Zwillinge … und …, geb. am 3. März 2010).

4

Das Landeskriminalamt gelangte aufgrund einer kriminaltechnischen Untersuchung des klägerischen Reisepasses im Juni 2008 zu dem Ergebnis, der Passvordruck werde als echt bewertet. Bei der Ausreiseerlaubnis und der Quittung handele es sich um Totalfälschungen. Der Pass sei nicht amtlich ausgestellt worden. Es werde davon ausgegangen, dass es sich um ein in den Kriegswirren 1991 gestohlenes Blankodokument handele.

5

Frau … und die Kinder … und .. wurden im Juni 2009 eingebürgert.

6

Im Juni 2009 beantragte der Kläger (wiederholt) seine Einbürgerung. In seinem Lebenslauf gab er an, er habe im Irak die Hauptschule und die Berufsausbildung als Kfz-Mechaniker abgeschlossen. Nach der Einreise nach Deutschland habe er ab 2000 als Produktionshilfe, Reinigungskraft, Küchenhilfe, Fahrer, Lagerarbeiter, Pizzafahrer, Pizzabäcker, jeweils mit zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit gearbeitet.

7

Im September 2009 legte der Kläger bei der Ausländerbehörde irakische Personaldokumente vor, die auf den Namen „C  B  D“ lauteten, geboren 1970 in Arbil. Das Landeskriminalamt kam in einer urkundentechnischen Voruntersuchung dieser Dokumente zu dem Ergebnis, ein Fälschungsverdacht bestehe nicht. Die Befunderhebung und -bewertung beinhalte nicht die Problematik einer widerrechtlichen Ausstellung im Heimatland.

8

Die Asylanerkennung des Klägers wurde im Jahr 2010 widerrufen. In der Folge verzichtete der Kläger aufgrund einer Absprache mit der Ausländerbehörde (kein Widerruf der Niederlassungserlaubnis) auf den Flüchtlingsstatus.

9

Mit Bescheid vom 13. Januar 2010 lehnte die Beklagte die Einbürgerung unter Hinweis auf nachrichtlichendienstliche Erkenntnisse ab. Nach erfolglosem Widerspruch hat der Kläger Klage erhoben.

10

Einen Antrag, den Vatersnamen im Geburtseintrag der Kinder… und … in „C B  D“ zu berichtigen, hat das Amtsgericht Kiel abgelehnt (Beschlüsse vom 17. April 2013 – 28 III 7/10 und 28 III 9/10 –). Die dagegen erhobene Beschwerde hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht zurückgewiesen (Beschluss vom 11. Juli 2013 – 2 W 49/13; 2 W 48/13 –).

11

Der Kläger hat vorgetragen, sein Vater heiße B D E, seine Mutter …. Die Eltern seien verstorben. Er habe eine in Dänemark lebende Schwester … B D und im Irak noch zwei Brüder und vier Schwestern. Den Antrag auf Änderung des Geburtsregisters habe er im Jahr 2009 gestellt. Er habe vorher Angst gehabt, dass er abgeschoben werde, wenn er mitteile, dass seine Identität falsch sei.

12

Der Kläger hat beantragt,

13

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 13.01.2010 in Form des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2010 die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband zu gewähren.

14

Die Beklagte hat beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Das Verwaltungsgericht hat Frau … B D in der mündlichen Verhandlung angehört. Die Beklagte hat deren irakischen Personalausweis auf Echtheit untersuchen lassen. Der Kläger hat für die verwandtschaftliche Beziehung ein Abstammungsgutachten vorgelegt.

17

Mit Urteil vom 17. Oktober 2014 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 13. Januar 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 31. März 2010 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Kläger einzubürgern. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt: Die Identität des Klägers sei gesichert. Der vorgelegte Personalausweis mit dem Vornamen „C“, dem Vatersnamen „B“ und dem Großvatersnamen „D“ sowie mit dem Geburtsdatum 1. Juli 1970 sei ebenso wie die entsprechende Staatsangehörigkeitsurkunde vom Landeskriminalamt als echt bewertet worden. Die Echtheit lasse keine Schlussfolgerung auf die inhaltliche Richtigkeit zu. Der Kläger habe die Verwendung falscher Papiere bei der Einreise plausibel erklärt. Er habe durch die DNA-Analyse nachgewiesen, dass die in der mündlichen Verhandlung anwesende Frau … B D seine Schwester sei. Schließlich habe der Kläger noch ein Zeugnis aus dem Irak und eine Bescheinigung der irakischen Botschaft übersandt. Könne die Identität eines Einbürgerungsbewerbers festgestellt werden, scheitere die Einbürgerung nicht daran, dass im standesamtlichen Verfahren Zweifel an der Richtigkeit der Angaben verblieben seien. Der Kläger erfülle auch die Voraussetzungen von § 10 StAG. Er habe insbesondere die Inanspruchnahme aufstockender SGB II-Leistungen nicht zu vertreten (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG). Er sei gegenwärtig vollschichtig beschäftigt. Der Umstand, dass das damit erzielte Einkommen geringer sei als der maßgebliche Bedarf für seine Familie, sei nicht seiner Sphäre zuzurechnen, sondern Konsequenz des deutschen Arbeitsmarktes, der Arbeitsverhältnisse ermögliche, die bei vollschichtiger Tätigkeit Aufstockungsleistungen erforderlich mache. Der Kläger habe sich kontinuierlich um Arbeitsmöglichkeiten bemüht und sei von Anfang an bereit und in der Lage gewesen, einfache Tätigkeiten zu finden und zu übernehmen. Die Zeiten, in denen er arbeitssuchend gewesen sei, seien jeweils kurz gewesen. Es sei davon auszugehen, dass der derzeitige befristete Arbeitsvertrag verlängert werde oder der Kläger umgehend eine neue Beschäftigung finde. Anders als zunächst angenommen, sei die Einbürgerung auch nicht wegen einer Nähe zu Ansar al-Islam (AAI) ausgeschlossen. Es lägen keine hinreichend sicher festgestellten Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger zu Führungspersönlichkeiten dieser Gruppierung einen einbürgerungsschädlichen Kontakt gehabt habe. In den von der Beklagten angeführten Schreiben des Innenministeriums (des Verfassungsschutzes) werde lediglich in allgemeiner Form beschrieben, dass … bei dem Kläger übernachtet habe. Woher diese Erkenntnis stamme, werde nicht mitgeteilt. Der Kläger habe den Vorwurf substantiiert bestritten. Die Voraussetzungen für eine weitere Aufklärung der als Anknüpfungstatsachen in Frage kommenden Umstände lägen nicht vor. Unabhängig davon lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger gegenwärtig noch diese oder eine Nachfolgeorganisation unterstütze.

18

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten.

19

Der Arbeitsvertrag des Klägers über eine Vollzeittätigkeit bei der Servicegesellschaft des UKSH ist bis zum 31. Oktober 2015 verlängert worden. Danach ist der Kläger arbeitslos gewesen.

20

Der Kläger ist im Frühjahr 2016 in den Irak gereist. Dort ist ihm am 24. April 2016 ein Pass ausgestellt worden. Eine weitere Irakreise hat im Sommer 2016 stattgefunden

21

Mit Schreiben vom 29. Juli 2016 hat die Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG) die Absicht bekundet, den Kläger nach positiv verlaufenem Vorstellungsgespräch in ihrer Personalabteilung und erfolgreich abgeschlossener Qualifizierungsmaßnahme zum EU-Berufskraftfahrer im Personenverkehr beim TÜV-Nord-Schulungszentrum inklusive des Betriebspraktikums und im Falle, dass der Teilnehmer nachhaltig als geeignet erscheine, bei der KVG einzustellen.

22

Die Verfassungsschutzabteilung des Innenministeriums hat auf Anfrage der Beklagten mit Schreiben vom 3. November 2016 mitgeteilt, dass hinsichtlich der Einbürgerung keine Erkenntnisse zu Versagungsvoraussetzungen vorlägen.

23

Ein Arbeitsvertrag über eine Vollzeittätigkeit als Fahrer ab dem 1. Dezember 2016 ist zum 4. Januar 2017 gekündigt worden. Gegenwärtig beziehen der Kläger und seine Familie Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Der Kläger hat mit einem Bildungsgutschein des Jobcenters am 13. März 2017 eine Qualifizierung zum EU-Berufskraftfahrer im Personenverkehr begonnen.

24

Die Beklagte ist der Auffassung, vor der Einbürgerung bedürfe es der auf alle Lebensbereiche des Einbürgerungsbewerbers und seiner Familie bezogenen Identitätsvereinheitlichung. Die bisherigen Aliasidentitäten des Klägers seien mit Rechts- oder Bestandskraftwirkung für die deutschen Behörden durch das Verwaltungsgericht im Asyl- bzw. Asylwiderrufsverfahren, per Beschluss des Amtsgerichts Kiel und des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts bzw. durch Sozialleistungsträger festgestellt worden. Mit der Verpflichtung zur Einbürgerung werde die Beklagte gezwungen, für den Kläger eine zusätzliche deutsche Identität zu schaffen, ohne die bisherigen abweichenden Identitäten bereinigen zu können. Dies verstoße gegen das Gebot, mit einer Einbürgerungsentscheidung nicht zusätzliche unterschiedliche deutsche oder EU-rechtliche Identitäten zu schaffen. Sozialrechtliche und familienrechtliche Ansprüche müssten auf der Grundlage richtig bezeichneter verwandtschaftlicher Beziehungen durchsetzbar sein. Es sei zweifelhaft, ob der 2009 vorgelegte Pass dem Kläger zugeordnet werden könne. Der Kläger habe sich 1997 als sein jüngerer Cousin ausgegeben, um mit einem auf diesen ausgestellten Visum scheinbar legal einreisen zu können. Er habe also nicht wie viele Iraker eine erfundene Identität zum Schutz seiner Angehörigen vor politischer Verfolgung im Irak oder zum Schutz vor irakischen Nachstellungen noch in Deutschland verwendet.

25

Für die Frage der Unterhaltsfähigkeit müsse aufgeklärt werden, ob der Kläger seiner einbürgerungsrechtlichen Erwerbsobliegenheit auch unter dem Aspekt der Altersvorsorge ausreichend Rechnung getragen habe. Der Rentenversicherungsverlauf des Klägers müsse für den Zeitraum seit 2006 einer Prüfung unterzogen werden. Der Kläger beziehe mit seiner Familie ununterbrochen seit 2005 zumindest aufstockend SGB-II-Leistungen. Häufig hätten, wenn überhaupt, befristet oder unterbrochen Teilzeit- bzw. Minijob-Arbeitsverhältnisse bestanden. Die vorgelegten Bewerbungsschreiben bildeten eine Anpassung an die bürokratischen Erfordernisse der Arbeitsverwaltung ab, ein wirkliches Bemühen um Arbeit sei damit jedoch nicht zu behaupten.

26

Die Beklagte beantragt,

27

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

28

Der Kläger beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Der Kläger trägt vor, die für die Einbürgerung erforderliche Identitätsklärung setze nicht voraus, dass er mit seinem richtigen Namen in dem für seine in Deutschland geborenen Kinder geführten Geburtsregister eingetragen sei. Die Zweifel daran, dass er eine Rentenanwartschaft erworben habe, seien spekulativ. Ob der Unterhalt gesichert sei, sei nicht entscheidend. Er habe sein Bestes gegeben, um den Unterhalt durch Arbeit zu sichern. In der Zeit der Arbeitslosigkeit ab November 2015 habe er sich freiwillig bei der Einrichtung Jobstart gemeldet und ein intensives Bewerbungstraining absolviert. Er habe auf eigene Initiative monatlich zwischen vier und fünf Bewerbungen geschrieben und zwei zweiwöchige Praktika bei der KVG und IHK absolviert. Er beginne jetzt eine Ausbildung als Busfahrer.

31

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten zu diesem Verfahren (nebst Beiakte B) und zu dem Verfahren 14 A 10/07 sowie die Einbürgerungsvorgänge der Beklagten (Beiakten F, G, A, E, H, I und J) und die Ausländerakten (Beiakten D und C) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

32

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Die Ablehnung der Einbürgerung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einbürgerung und auch keinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung.

33

1. Der Kläger kann nicht nach § 10 StAG eingebürgert werden. Der Unterhalt seiner Familie ist nicht gesichert. Dies hat der Kläger zu vertreten (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG).

34

a) Gegenwärtig kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Fall 1 StAG). Tatsächlich bezieht die Familie in vollem Umfang Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.

35

Selbst wenn die gegenwärtige Situation allein nicht ausschlaggebend wäre, könnte die Sicherung des Lebensunterhalts nicht bejaht werden. Der gesetzliche Tatbestand stellt darauf ab, ob ein Einbürgerungsbewerber im Zeitpunkt der Einbürgerung entsprechende Leistungen in Anspruch nimmt oder hierauf in einem überschaubaren Zeitraum in der Zukunft angewiesen sein wird (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2009 – 5 C 22/08 –, juris Rn. 27). Demnach ist eine gewisse Nachhaltigkeit zu fordern. Es ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Einbürgerungsbewerber voraussichtlich dauerhaft in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Einkünften zu sichern. Bei der Beurteilung, ob der Lebensunterhalt durch eine eigene Erwerbstätigkeit gesichert ist, muss sowohl die bisherige Erwerbsbiographie als auch die gegenwärtige berufliche Situation des Einbürgerungsbewerbers in den Blick genommen werden. Wenn jemand langfristig in einem gesicherten Arbeitsverhältnis steht, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass dieses auch in Zukunft weiter bestehen wird (VGH Mannheim, Beschluss vom 2. April 2008 – 13 S 171/08 –, juris Rn. 10).

36

Nach diesen Maßstäben ist der Lebensunterhalt des Klägers und seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen auch bei einer längerfristigen Betrachtung nicht gesichert. Hierfür muss nicht auf die etwaige Notwendigkeit von aufstockenden Leistungen abgehoben werden, mit der bei dem Kläger infolge der Größe seiner Familie auch bei umfassendem Einsatz seiner Arbeitskraft zu rechnen ist – insofern ist von vornherein nicht anzunehmen, dass der Kläger dies zu vertreten hat (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Fall 2 StAG). Auch ist unerheblich, ob der Kläger ausreichende Vorsorge für das Alter betrieben hat, da es sich insofern nicht mehr um die Prognose für einen „überschaubaren“ Zeitraum handelt (vgl. OVG Bautzen, Urteil vom 17. Juni 2010 – 3 A 439/09 –, juris Rn. 30). Entscheidend ist vielmehr, dass die bisherige Erwerbsbiographie nicht erwarten lässt, der Kläger werde dauerhaft und ohne nennenswerte Unterbrechungen einer Vollzeittätigkeit nachgehen. In den letzten acht Jahren ist der Kläger – von Fördermaßnahmen abgesehen – lediglich über einen Zeitraum von weniger als zwei Jahren vollschichtig tätig gewesen. Hinzu kommen rund zehn Monate mit Teilzeittätigkeiten sowie verschiedene geringfügige Beschäftigungen. In Zeiten von insgesamt mehr als drei Jahren ist der Kläger entweder keiner Arbeit nachgegangen oder hat an Maßnahmen zur Eingliederung oder Qualifizierung teilgenommen. Ferner ist zu beachten, dass eine Reihe von Vollzeitarbeitsverträgen (Vertrag mit … Reinigung und Dienstleistung vom 15. Februar 2011, Vertrag mit … GmbH vom 30. Januar 2014, Vertrag mit China Imbiss Lieferservice …vom 28. November 2016) tatsächlich nicht zur Erzielung eines gegenüber dem Gericht nachgewiesenen Einkommens geführt haben (vgl. auch die von der Beklagten einholten Lebensläufe der Bundesagentur). Aus alldem wird erkennbar, dass der Kläger in der Vergangenheit – trotz des gelegentlichen Abschlusses von Vollzeitarbeitsverträgen – in der Regel vor allem deshalb auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende angewiesen war, weil er seine Arbeitskraft nicht oder nicht voll eingesetzt hat. Für die Voraussage, dass sich dieses Defizit wahrscheinlich wird beseitigen lassen, fehlt es an einer hinreichenden Tatsachenbasis. Die Absichtserklärung der KVG ändert daran nichts.

37

b) Der Kläger hat auch nicht nachgewiesen, dass er die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch nicht zu vertreten hat (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Fall 2 StAG).

38

Der Begriff des „Vertretenmüssens“ beschränkt sich nicht auf vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB). Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass der Ausländer durch ein ihm zurechenbares Handeln oder Unterlassen adäquat-kausal die Ursache für den – fortdauernden – Leistungsbezug gesetzt hat. Die Regelvorstellung ist, dass der Einbürgerungsbewerber, der einen gegenwärtigen Leistungsbezug zu vertreten hat, dies durch eine Verhaltensänderung (z.B. hinreichend intensive Bemühungen um eine Beschäftigung) auch soll beeinflussen können. Der Einbürgerungsbewerber hat erhöhte Sozialleistungen allerdings nur zu vertreten, wenn er bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände mit seinem Verhalten eine wesentliche, prägende Ursache für den Leistungsbezug insgesamt gesetzt hat. Er hat zudem für ein ihm zurechenbares und für aktuelle Sozialhilfeleistungen mitursächliches Verhalten nach Ablauf einer Frist von acht Jahren nicht mehr einzustehen (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2009 – 5 C 22/08 –, juris Rn. 23 f., 27 f.).

39

Die Einbürgerungsbehörde ist grundsätzlich befugt, selbstständig und eigenverantwortlich zu prüfen, ob ein Einbürgerungsbewerber in der Vergangenheit gegen die Obliegenheit zum Einsatz seiner Arbeitskraft verstoßen hat. Die Verhängung von Sperrzeiten durch die Arbeitsverwaltung oder sonstige leistungsrechtliche Reaktionen auf die Verletzung sozialrechtlicher Obliegenheiten können hierfür zwar eine gewisse Indizwirkung haben, sind aber nicht zwingende Voraussetzung. Sind solche Maßnahmen nicht verhängt worden, entfaltet dies keine die Einbürgerungsbehörde bindende Feststellungs- oder Tatbestandswirkung. Für den nach allgemeinen Grundsätzen dem Einbürgerungsbewerber obliegenden Nachweis, dass er Zeiten der Nichtbeschäftigung nicht zu vertreten hat, ist allerdings zu berücksichtigen, dass dieser bei einer nachträglichen einbürgerungsrechtlichen Neubewertung seiner zurückliegenden Bemühungen um Arbeit in Beweisnot geraten kann, wenn er keinen Anlass hatte, entsprechende Bemühungen systematisch zu erfassen und beweissicher zu dokumentieren (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2009, a.a.O. Rn. 20).

40

Bezogen auf den vorliegenden Fall ist zunächst zu festzustellen, dass der Kläger sich nach eigenen Angaben gegenwärtig als Busfahrer ausbilden lässt. Schon dieser Umstand erweckt Zweifel, ob sich der Kläger hinreichend bemüht, die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu vermeiden. Zwar sind grundsätzlich Fälle denkbar, in denen der Leistungsbezug nicht zu vertreten ist, wenn der Einbürgerungsbewerber eine Ausbildung absolviert. Das ist insbesondere bei Jugendlichen und Heranwachsenden anzunehmen, die noch keinen berufsbildenden Abschluss besitzen (vgl. VG Hannover, Urteil vom 26. Januar 2015 – 10 A 5224/14 –, juris Rn. 31; VAH-BMI Nr. 10.1.1.3; BT-Drs. 16/5065 S. 228). Ob dies auch für den Kläger gilt, der bereits ca. 20 Jahre in Deutschland lebt, nach eigenen Angaben 46 Jahre alt ist und in der Vergangenheit bereits zahlreiche Weiterbildungs- und Eingliederungsmaßnahmen mit Unterstützung der Arbeitsverwaltung durchlaufen hat, erscheint zweifelhaft. Für die Zweckmäßigkeit der Ausbildung spricht immerhin, dass die Kieler Verkehrsgesellschaft mit Schreiben vom 29. Juli 2016 die Absicht bekundet hat, den Kläger unter gewissen Voraussetzungen einzustellen, insbesondere nach erfolgreich abgeschlossener Qualifizierungsmaßnahme zum EU-Berufskraftfahrer im Personenverkehr.

41

Jedenfalls die erforderliche Gesamtbetrachtung ergibt aber, dass der Kläger den Leistungsbezug zu vertreten hat. Es darf nämlich die Frage nicht ausgeblendet werden, warum die gegenwärtige Qualifizierungsmaßnahme überhaupt als sinnvoll und erforderlich betrachtet werden kann, d.h. warum es dem Kläger bisher trotz langjährigem Aufenthalt in Deutschland nicht gelungen ist, langfristig einer gesicherten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Insofern ist das Verhalten des Klägers in der Vergangenheit über einen Zeitraum von maximal acht Jahren in die Beurteilung einzubeziehen.

42

Zwar wurden von der Arbeitsagentur – von einem Fall wegen unerlaubter Ortsabwesenheit und Meldeversäumnisses im Jahr 2016 abgesehen - keine Sperrzeiten oder Leistungskürzungen verhängt. Das besagen die von der Beklagten mehrfach abgefragten Auskünfte des Jobcenters (vom 30. Juli 2012, 14. November 2013, 1. April 2015, 6. Januar 2016, 16. September 2016 und 15. Februar 2017). Auch bestätigen diese Auskünfte überwiegend, der Kläger nutze alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit. Dabei wird allerdings zum Teil lediglich auf bestehende Arbeitsverhältnisse hingewiesen. In der Auskunft vom 14. November 2013 heißt es dagegen, es sei zu häufigen Fehlzeiten bei der Maßnahme gekommen, der Kläger wirke abwesend und desinteressiert. Es hätten häufig Gespräche stattgefunden, dass er intensiver mitarbeiten wolle. Dies sei nicht umgesetzt worden. Die Auskunft vom 6. Januar 2016 wiederum bescheinigt dem Kläger, sich intensiv um eine Arbeitsaufnahme zu bemühen (deutschlandweiter Bewerbungsradius, Suche nach vielen Berufssparten, offen für unterschiedliche Vermittlungsvorschläge). Wenig aussagekräftig ist wiederum die Auskunft vom 16. September 2016. Danach hat der Kläger letztmalig am 23. Juni 2016 Nachweise über Bewerbungsbemühungen vorgelegt. Auch die Auskunft vom 15. Februar 2017 bezieht sich neben einem viertägigen Praktikum und einer kurzfristigen Tätigkeit beim China-Imbiss lediglich auf eine Stellensuche als Auslieferungsfahrer. Insgesamt ergibt sich daraus – abgesehen davon, dass die Beurteilung durch die Arbeitsverwaltung ohnehin keine Bindungswirkung für das Einbürgerungsverfahren entfaltet – kein klares Bild.

43

Unter diesen Umständen ist von entscheidender Bedeutung, dass es dem Kläger gegenwärtig nicht gelingt, zumindest plausibel zu erläutern, dass die Zeiten ohne Beschäftigung bzw. ohne Vollzeitbeschäftigung nicht auf Obliegenheitsverletzungen zurückzuführen sind. Der Kläger hat keine ausreichenden Arbeitsbemühungen dargelegt. Sein konkreter Vortrag betrifft nicht den gesamten zu berücksichtigenden Achtjahreszeitraum, sondern nur die Zeit der Arbeitslosigkeit von November 2015 bis November 2016. Die hierzu vorgelegten durchschnittlich vier bis fünf Bewerbungen pro Monat sind zahlenmäßig zu gering, wenn man berücksichtigt, dass dem Kläger für die Arbeitssuche wöchentlich 40 Stunden zur Verfügung stehen. Es handelt sich darüber hinaus überwiegend um Initiativbewerbungen mit typischerweise geringen Erfolgsaussichten. Die Bewerbungen auf ausgeschriebene Stellen betreffen (fast) ausschließlich Tätigkeiten als Fahrer. Einerseits sind solche Bewerbungen zwar sinnvoll, weil der Kläger eine Fahrerlaubnis besitzt. Andererseits müssten die Bemühungen des Klägers um Arbeit aber ein breiteres Tätigkeitsspektrum abdecken.

44

Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger seine Bewerbungsbemühungen zum Teil nur vorgetäuscht hat. Ausweislich der Passstempel hat er sich zumindest vom 24. April bis 17. Mai und vom 31. Juli bis 6. September 2016 außerhalb Deutschlands aufgehalten. Dazu passen die angeblichen Bewerbungen vom 15. Mai und 8. August 2016 nicht.

45

Nach alledem sind die Zweifel daran, dass der Kläger die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch nicht zu vertreten, nicht ausgeräumt.

46

2. Der Kläger kann auch nicht gemäß § 9 StAG i.V.m. § 8 Abs. 1 StAG eingebürgert werden. Der Kläger ist – wie ausgeführt – nicht imstande, sich und seine Angehörigen zu ernähren (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG). Auf ein Vertretenmüssen kommt es hier nicht an.

47

Auch eine Einbürgerung nach Ermessen gemäß § 8 Abs. 2 StAG käme nicht in Betracht, denn dies würde voraussetzen, dass an der Einbürgerung ein öffentliches Interesse besteht oder eine besondere Härte vorliegt. Beides ist nicht der Fall.

48

Ein öffentliches Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG ist auch bei der Anwendung dieser Vorschrift auf den Ehegatten oder Lebenspartner eines Deutschen im Rahmen des § 9 Abs. 1 StAG nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbewerbers abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz fehlender Unterhaltsfähigkeit - insoweit gegebenenfalls auch im Falle eines Vertretenmüssens - einzubürgern (OVG Saarlouis, Urteil vom 28. Juni 2012 – 1 A 35/12 –, juris Rn. 61; OVG Lüneburg, Beschluss vom 7. Januar 2013 – 13 PA 243/12 –, juris Rn. 4; VGH Mannheim, Beschluss vom 3. Juli 2014 – 1 S 1167/14 –, juris Rn. 9). Dafür ist nichts ersichtlich.

49

Eine „besondere Härte“ muss durch atypische Umstände des Einzelfalles bedingt sein und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert werden können (BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 5 PKH 13/12 –, juris Rn. 7). Für solche Umstände, deren Vorbringen der Mitwirkungsobliegenheit des Einbürgerungsbewerbers unterfällt (BVerwG, Urteil vom 20. März 2012 – 5 C 5/11 –, juris Rn. 39), gibt es ebenfalls keinen Anhalt.

50

3. Da die Einbürgerung gegenwärtig bereits aus den vorstehenden Gründen nicht möglich ist, kann offenbleiben, ob die Identität des Klägers geklärt ist. Der Senat sieht sich jedoch durch das Berufungsvorbringen der Beklagten veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen: Sollte die Identität des Klägers als „C  B  D“ geklärt sein, so scheitert die Einbürgerung nicht daran, dass keine darüber hinausgehende „Vereinheitlichung“ der Identität stattgefunden hat. Diese zusätzliche Anforderung ergibt sich weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch lässt sie sich mit der Erwägung begründen, dass die Einbürgerung nicht dazu dient, einer Person eine vollkommen neue Identität oder eine zusätzliche Alias-Identität zu verschaffen. Dieses öffentliche Interesse rechtfertigt es allerdings, eine Identitätsprüfung in Einbürgerungsverfahren zu verlangen (BVerwG, Urteil vom 1. September 2011 – 5 C 27/10 –, juris Rn. 13). Steht die Identität des Klägers jedoch fest, so wird gerade keine „neue“ Identität geschaffen. Zwar ändert dies nichts daran, dass der Kläger in den Geburtseinträgen seiner Kinder mit einem Namen geführt wird, der sich – unterstellt – als unzutreffend erwiesen hat. Das Einbürgerungsverfahren dient jedoch nicht dazu, diesen Fehler zu berichtigen. Im Übrigen steht es der Beklagten frei, nach der Einbürgerung des Klägers ggf. von Amts wegen ein öffentlich-rechtliches Verfahren zur allgemein verbindlichen Namensfeststellung gemäß § 8 NamÄndG durchzuführen. Die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Oberlandesgerichts stehen dem nicht entgegen. Die Wirkung der gerichtlichen Entscheidung, mit der die Anordnung einer Berichtigung des Familienbuchs abgelehnt wird, erschöpft sich darin, dass die Unrichtigkeit der vorhandenen Eintragung jedenfalls nicht erwiesen ist (BayObLG, Beschluss vom 14. Januar 2000 – 1Z BR 45/99 –, juris Rn. 19). Eine darüber hinausgehende Bindungswirkung entfaltet sie nicht.

51

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

52

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.


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Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 23. März 2017 - 4 LB 6/15 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 28. Juni 2012 - 1 A 35/12

bei uns veröffentlicht am 28.06.2012

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. September 2011 - 2 K 209/10 - wird zurückgewiesen.Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 20. März 2012 - 5 C 5/11

bei uns veröffentlicht am 20.03.2012

Tatbestand 1 Der Kläger begehrt die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. 2

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 01. Sept. 2011 - 5 C 27/10

bei uns veröffentlicht am 01.09.2011

Tatbestand 1 Die Klägerin ist kurdische Volkszugehörige yezidischen Glaubens. Sie wurde nach eigenen Angaben am 17. Juli 1988 in der Türkei geboren. Als siebenjähriges K

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 02. Apr. 2008 - 13 S 171/08

bei uns veröffentlicht am 02.04.2008

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 6. September 2007 - 5 K 715/05 - wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streit
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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 26. Apr. 2017 - 7 K 2002/16

bei uns veröffentlicht am 26.04.2017

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand  1 Die ... im Irak geborene Klägerin begehrt ihre Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.2 Sie reiste am 25.11.1994 in die Bunderepublik ein und schloss i

Referenzen

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 6. September 2007 - 5 K 715/05 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der auf das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die auf seine Einbürgerung gerichtete Verpflichtungsklage des Klägers abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, dem Kläger stehe kein Einbürgerungsanspruch zu. Er sei nicht in der Lage, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie ohne Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs zu bestreiten (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG a.F.). Aktuell beziehe er zwar keine derartigen Leistungen; er habe jedoch in der Vergangenheit bis zum 31.5.2007 Leistungen nach SGB II bezogen. Es sei auch zu erwarten, dass in naher Zukunft wieder ein Leistungsbezug stattfinden werde. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung Einkünfte aus seinem Gewerbetrieb in Höhe von 800 bis 1.200 EUR und den Verdienst seiner Ehefrau in Höhe von 400 EUR angegeben; die monatliche Warmmiete betrage nach seinen Angaben 630 EUR plus Stromkosten in Höhe von 50 EUR. Selbst in Monaten mit hohem Ertrag lägen die Einkünfte unter dem Regelsatz des § 20 Abs. 2 SGB II für zwei Erwachsene und zwei Kinder. Weiter stehe der Einbürgerung des Klägers der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. entgegen. Er habe bis 2001 die PKK/ERNK aktiv unterstützt. Ob allein die Unterzeichnung der „PKK-Selbsterklärung“ für sich genommen eine Unterstützung der PKK darstelle, könne offenbleiben, weil er weitere gewichtige Unterstützungshandlungen geleistet habe. So habe er Spendengelder gesammelt, das offizielle Organ der PKK/ERNK verbreitet und an Demonstrationen und Veranstaltungen teilgenommen; weiter sei er vom LG Augsburg wegen gemeinschaftlicher Nötigung verurteilt worden, weil er eine Kreuzung blockiert habe, nachdem er zur Teilnahme an einer PKK-nahen Veranstaltung angereist und diese verboten worden sei. Ihm sei es weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren auch nur ansatzweise gelungen, eine individuelle Abwendung von diesen Bestrebungen glaubhaft zu machen. Sein gesamtes Verhalten während des Verfahrens und insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung sei darauf gerichtet gewesen, sein früheres Verhalten zu bagatellisieren und - wenn überhaupt - nur das zuzugeben, was ihm anhand der beigezogenen Akten nachzuweisen gewesen sei. Dies gelte auch in Bezug auf die Unterzeichnung der „PKK-Selbsterklärung“. Nachdem er sich im Strafverfahren inhaltlich zur PKK bekannt habe, mache er im Einbürgerungsverfahren geltend, den Inhalt der Erklärung nicht verstanden zu haben.
Der Kläger macht in der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Gerichts. Aufgrund der bestehenden Einkommensverhältnisse sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts der Bedarf der Familie ohne Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen gesichert, weil er neben den vom Verwaltungsgericht berücksichtigten Bezügen zusätzlich noch 308 EUR Kindergeld erhalte. Ferner übe er seit dem 1.1.2008 eine Nebentätigkeit aus, für die er ein monatliches Gehalt von gerundet 400 EUR beziehe. Weiter liege kein Ausschlussgrund gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. vor. Richtig sei, dass er die PKK/ERNK in der Vergangenheit unterstützt habe. Es hätten Sammlungen von Spendengeldern stattgefunden, des Weiteren habe er die „PKK-Selbsterklärung“ unterzeichnet und in der Vergangenheit an Veranstaltungen teilgenommen, die von der PKK/ERNK initiiert gewesen seien. Er habe jedoch glaubhaft gemacht, sich von der früheren Unterstützung der PKK/ERNK abgewandt zu haben. Seine Unterstützungshandlung stelle sich im Hinblick auf die Unterzeichnung der „PKK-Selbsterklärung“ nicht als so gewichtig dar, wie dies vom Verwaltungsgericht dargelegt werde. Die letzte Straftat wegen Zuwiderhandlung des Betätigungsverbots liege über zehn Jahre zurück. Mittlerweile sei er verheiratet, habe zwei Kinder und lebe von einer selbständigen Tätigkeit und einer Nebentätigkeit. Er sei zu dem Bewusstsein gelangt, dass er gewaltbesetzte Aktionen nicht mehr unterstütze. Er habe sich von den Zielen der PKK/ERNK distanziert und dokumentiere dies, indem er entsprechende Veranstaltungen nicht mehr besuche.
Aus diesem Vorbringen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der jeweils dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, DVBl. 2004, 838). Es kommt dabei darauf an, ob vom Antragsteller ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt worden ist, dass der Erfolg des Rechtsmittels mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie sein Misserfolg (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -, juris und vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Dazu müssen zum einen die angegriffenen Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen - zumindest im Kern - zutreffend herausgearbeitet werden (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30.4.1997 - 8 S 1040/97 -, VBlBW 1997, 299). Zum anderen sind schlüssige Bedenken gegen diese Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen, wobei sich der Darlegungsaufwand im Einzelfall nach den Umständen des jeweiligen Verfahrens richtet (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.7.1997 - 7 S 216/98 -, VBlBW 1998, 378 m.w.N.), insbesondere nach Umfang und Begründungstiefe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Streitstoff muss dabei unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil gesichtet, rechtlich durchdrungen und aufbereitet werden; erforderlich ist eine fallbezogene Begründung, die dem Berufungsgericht eine Beurteilung der Zulassungsfrage ohne weitere eigene aufwendige Ermittlungen ermöglicht (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 30.6.2006 - 5 B 99/05 -, juris). Selbst wenn aber - auf die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezogen - rechtliche Zweifel im oben genannten Sinn gegeben sind, ist ein Zulassungsantrag abzulehnen, wenn das Urteil jedenfalls im Ergebnis richtig ist; in diesem Fall wird nämlich ein Berufungsverfahren nicht zu einer Abänderung im Sinn des jeweiligen Beteiligten führen (siehe BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004, a.a.O.).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor, soweit der Kläger geltend macht, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei er zur Sicherung des Lebensunterhalts seiner Familie in der Lage.
a) Allerdings ist der Kläger nicht gehindert, sowohl den Kindergeldbezug als auch die mittlerweile ausgeübte Nebentätigkeit im Zulassungsverfahren vorzubringen. Bei dem Kindergeldbezug handelt es sich um keine neue Tatsache. Er hat schon im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorgelegen, ist von diesem aber nicht berücksichtigt worden. Diese Nichtberücksichtigung beruht zwar nicht auf einem Fehler des Verwaltungsgerichts, sondern darauf, dass ihn der Kläger auf die Frage nach seinen Einkünften nicht erwähnt hat. Dies führt indes nicht dazu, dass er im Zulassungsverfahren präkludiert und damit gehindert wäre, ernstliche Zweifel mit der fehlenden Berücksichtigung des Kindergeldes zu begründen. Bei der Prüfung, ob der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt, sind auch solche nach materiellem Recht entscheidungserhebliche und erstmals innerhalb der Antragsfrist vorgetragene Tatsachen zu berücksichtigen, die vom Verwaltungsgericht deshalb im Zeitpunkt seiner Entscheidung außer Betracht gelassen wurden, weil sie von den Beteiligten nicht vorgetragen und mangels entsprechender Anhaltspunkte auch nicht von Amts wegen zu ermitteln waren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.6.2002 - 7 AV 1.02 -, NVwZ-RR 2002, 894).
Die erst nach Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufgenommene Nebenbeschäftigung ist ebenfalls zu berücksichtigen. Ein Urteil ist auch dann im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unrichtig, wenn es mit dem materiellen Recht wegen einer Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht mehr in Einklang steht (vgl. Kopp/Schenke, 15. Aufl. 2007, § 124 Rn. 7c).
b) Indes bestehen auch unter Berücksichtigung des Kindergeldbezugs und der seit kurzem zusätzlich zu seiner selbständigen Tätigkeit ausgeübten Nebentätigkeit des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der Annahme des Verwaltungsgerichts, er sei nicht in der Lage, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie ohne Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs zu bestreiten (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG a.F.). Denn auch wenn man diese Gesichtspunkte in die Bewertung einbezieht, ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es sei zu erwarten, dass in naher Zukunft wieder ein Leistungsbezug stattfinden werde, im Ergebnis nicht ernsthaft in Frage gestellt.
10 
Hierbei ist davon auszugehen, dass bei der Frage, ob der Lebensunterhalt ohne die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder dem zwölften Buch des Sozialgesetzbuchs gesichert ist, nicht nur auf die aktuelle Situation abzustellen ist, sondern es ist auch eine gewisse Nachhaltigkeit zu fordern. Es ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Einbürgerungsbewerber voraussichtlich dauerhaft in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Einkünften zu sichern (Urteil des Senats vom 12.3.2008 - 13 S 1487/06 - juris; Berlit, GK-StAR, § 10 Rn. 230 f.; vgl. auch VG Berlin, Urteil vom 16.8.2005 - 2 A 99.04 -, juris; VG Braunschweig, Urteil vom 15.7.2003 - 5 A 89/03 -, juris; zur vergleichbaren Situation im Ausländerrecht: BVerwG, Beschluss vom 13.10.1983 - 1 B 115/83 -, NVwZ 1984, 381; Beschluss des Senats vom 13.3.2008 - 13 S 2524/07 -). Bei der Beurteilung, ob der Lebensunterhalt durch eine eigene Erwerbstätigkeit gesichert ist, muss sowohl die bisherige Erwerbsbiographie als auch die gegenwärtige berufliche Situation des Einbürgerungsbewerbers in den Blick genommen werden. Dabei sind die Anforderungen aber nicht zu überspannen. Wenn jemand langfristig in einem gesicherten Arbeitsverhältnis steht, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass dieses auch in Zukunft weiter bestehen wird. Allein die allgemeinen Risiken des Arbeitsmarktes oder das relativ höhere Arbeitsmarktrisiko von Ausländern stehen einer positiven Prognose nicht entgegen (vgl. Berlit, GK-StAR, § 10 Rn. 232).
11 
Wendet man diese Grundsätze auf den Fall des Klägers an, fällt die Prognose selbst dann negativ aus, wenn man von seinen Angaben ausgeht und die von dem Beklagten angeführten Zweifel an deren Richtigkeit außer Betracht lässt. Der Kläger war ab dem 1.9.2003 arbeitslos und hat in der Zeit vom 4.4.2004 bis zum 31.5.2007 - also über drei Jahre lang - Arbeitslosenhilfe bzw. Arbeitslosengeld II bezogen. Erst seit diesem Zeitpunkt erzielt er Einnahmen aus seiner selbständigen Tätigkeit (Änderungsschneiderei, Verkauf von Lederwaren) in einer Höhe, die ihn derzeit nach eigenen Angaben zusammen mit dem Einkommen seiner Ehefrau in Höhe von 400 EUR monatlich und dem Kindergeld dazu befähigt, den Lebensunterhalt seiner Familie zu sichern. Auch nach den Angaben des Klägers liegen seine Einkünfte indes nur geringfügig über dem Regelbedarf. Außerdem weisen die angegebenen Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers erhebliche Schwankungen auf. In Bezug auf die erst nach Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufgenommene Nebentätigkeit fehlt bislang jede Nachhaltigkeit. Allein schon der zeitliche Zusammenhang zwischen der Aufnahme dieser Nebentätigkeit und der Zustellung des klagabweisenden erstinstanzlichen Urteils sowie deren bislang nur kurze Dauer von etwas mehr als drei Monaten legt die Vermutung nahe, dass es sich hierbei nicht um eine dauerhafte und nachhaltige Beschäftigung handelt. Nach alledem ist weder die selbständige Tätigkeit des Klägers noch seine Nebentätigkeit mit einem langfristig gesicherten Arbeitsverhältnis vergleichbar, das eine positive Prognose erlauben könnte.
12 
2. Ohne Erfolg in der Sache macht der Kläger ferner geltend, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei in der Sache auch deshalb falsch, weil er entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts glaubhaft gemacht habe, sich von der früheren Unterstützung der PKK/ERNK abgewandt zu haben.
13 
a) Sollen „ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils“ gerade hinsichtlich einer Tatsachen- oder Beweiswürdigung – wie sie auch im vorliegenden Fall erfolgt ist – geltend gemacht werden, sind besondere Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe zu stellen (vgl. hierzu Nieders. OVG, Beschluss vom 18.1.2001 - 4 L 2401/00 -, juris). Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet nämlich das Verwaltungsgericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist bei der Würdigung aller erheblichen Tatsachen – nicht nur des Ergebnisses einer gegebenenfalls durchgeführten förmlichen Beweisaufnahme, sondern auch des Inhalts der Akten, des Vortrags der Beteiligten, eingeholter Auskünfte usw. – frei, d.h. nur an die innere Überzeugungskraft der in Betracht kommenden Gesichtspunkte und Argumente, an die Denkgesetze, anerkannten Erfahrungssätze und Auslegungsgrundsätze gebunden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., 2007, § 108 Rdnr. 4 m.w.N.). Ist das Gericht unter umfassender Würdigung des Akteninhalts und der Angaben der Beteiligten (sowie gegebenenfalls des Ergebnisses einer Beweisaufnahme) zu der Überzeugung gelangt, dass entscheidungserhebliche Tatsachen vorliegen oder nicht, können ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Würdigung nicht schon durch die Darlegung von Tatsachen hervorgerufen werden, die lediglich belegen, dass auch eine inhaltlich andere Überzeugung möglich gewesen wäre oder dass das Berufungsgericht bei seiner Würdigung nach Aktenlage (für die Würdigung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht fehlt dem Berufungsgericht im Zulassungsverfahren ohnehin regelmäßig der im Einzelfall wesentliche persönliche Eindruck von den Beteiligten und Zeugen) zu einem anderen Ergebnis gelangen könnte. Vielmehr bedarf es der Darlegung erheblicher Fehler bei der Tatsachen- oder Beweiswürdigung, die etwa dann vorliegen können, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen ist, gegen Denkgesetze verstoßen oder gesetzliche Beweisregeln missachtet hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, InfAuslR 1994, 424; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.12.2005 - 11 S 2318/04 -; Senatsbeschluss vom 23.8.2007 - 13 S 300/07 -).
14 
b) Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang rügt, seine Unterstützungshandlung stelle sich im Hinblick auf die Unterzeichnung der „PKK-Selbsterklärung“ nicht als so gewichtig dar, wie dies vom Verwaltungsgericht dargelegt werde, ist das Verwaltungsgerichts nicht von einer unzutreffenden Bewertung des Sachverhalts ausgegangen. Zum einen kommt es für die Frage, ob der Kläger inkriminierte Bestrebungen unterstützt hat, auf die Unterzeichnung der „PKK-Selbsterklärung“ nicht entscheidungserheblich an; das Verwaltungsgericht hat ausdrücklich offen gelassen, ob die Unterzeichnung der „PKK-Selbsterklärung“ für sich allein genommen eine Unterstützung der PKK darstellt, weil der Kläger weitere gewichtige Unterstützungshandlungen geleistet habe. Zum anderen ergibt sich aus der von dem Kläger angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 22.2.2007 - 5 C 20.05 -, BVerwGE 128, 140 = NVwZ 2007, 956 und - 5 C 10.06 -) nicht, dass die Unterzeichnung der „PKK-Selbsterklärung“ im Einbürgerungsverfahren überhaupt nicht berücksichtigt werden darf; das Bundesverwaltungsgericht hat lediglich entscheiden, allein die Unterzeichnung dieser Erklärung rechtfertige nicht die Annahme, der Unterzeichner habe Bestrebungen i.S.v. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. unterstützt. Liegen wie hier zahlreiche weitere Aktivitäten vor, darf die Unterzeichnung der „PKK-Selbsterklärung“ in die Gesamtwürdigung eingestellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.2.2007 - 5 C 21.06 -, Buchholz 130 § 11 StAG Nr. 4).
15 
Weshalb das Verwaltungsgericht schließlich bei der Frage des Abwendens das Gewicht der „PKK-Selbsterklärung“ verkannt haben sollte, ist nicht ersichtlich. Insoweit hat es lediglich als einen von vielen Belegen für seine Auffassung, der Kläger versuche, seine Aktivitäten zu verharmlosen, angeführt, er habe im Gerichtsverfahren erstmals geltend gemacht, den Inhalt der Erklärung nicht verstanden zu haben, während er sich im Strafverfahren noch inhaltlich zur PKK bekannt habe. Damit stellt das Verwaltungsgericht nicht auf die Unterzeichnung der „PKK-Selbsterklärung“ als solche ab, sondern auf die - nach Ansicht des Gerichts - verharmlosenden Einlassungen des Klägers hierzu.
16 
c) Weiter verhilft auch der Hinweis des Klägers auf den angeblich langen Zeitraum, in dem er keine Aktivitäten mehr entfaltet habe, seinem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Auch insoweit hat das Verwaltungsgericht keinen falschen rechtlichen Maßstab angelegt. Fraglich ist schon, ob dieser Vortrag des Klägers tatsächlich zutrifft. Der Beklagte trägt vor, der Kläger habe noch im März 2005 an einer Versammlung teilgenommen, bei der der Anwalt Öcalans über dessen Haftbedingungen informiert habe; das Verwaltungsgericht hat sich bei seiner Bewertung aus Nachweisgründen allein auf die Aktivitäten des Klägers beschränkt, die zu strafrechtlichen Verurteilungen geführt haben. Unabhängig davon ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass allein der bloße Zeitablauf kein Abwenden von inkriminierten Bestrebungen belegen kann. Vielmehr muss zusätzlich ein innerer Vorgang stattgefunden haben, der sich auf die inneren Gründe für die Handlungen bezieht und nachvollziehbar werden lässt, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit zukünftig die Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen - auch in Ansehung der durch die Einbürgerung erworbenen gesicherten Rechtsposition - auszuschließen ist (vgl. zuletzt Urteil des Senats vom 20.2.2008 - 13 S 457/06 -). Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen. Auf der Grundlage einer ausführlichen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung und einer umfassenden Würdigung seines Vorbringens ist es in seinem Einzelfall zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Voraussetzungen für ein glaubhaftes Abwenden von inkriminierten Bestrebungen nicht gegeben sind. Ein erheblicher Fehler bei der Tatsachen- oder Beweiswürdigung, der etwa dann vorliegen kann, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen ist, gegen Denkgesetze verstoßen oder gesetzliche Beweisregeln missachtet hat, ist somit auch insoweit nicht dargetan.
17 
d) Schließlich bestehen auch an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts keine ernstlichen Zweifel, soweit der Kläger sich darauf beruft, er habe glaubhaft gemacht, sich von der früheren Unterstützung der PKK/ ERNK abgewandt zu haben. Er hat insoweit keine erheblichen Gründe vorgebracht, die dafür sprechen, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil im Ergebnis einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten wird. Im Wesentlichen versucht er zu belegen, dass das Verwaltungsgericht bei der Würdigung der Tatsachen auch zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können. Er setzt der Bewertung des Verwaltungsgerichts seine eigene Bewertung entgegen und wiederholt im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag, mit dem sich das Verwaltungsgericht bereits eingehend befasst hat. Es hat ihn ausführlich in der mündlichen Verhandlung angehört und ist aufgrund des persönlichen Eindrucks, den es hierbei von ihm gewonnen hat, nachvollziehbar zu dem Schluss gekommen, die vorgetragene Abwendung von den inkriminierten Bestrebungen im Sinne des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. sei unglaubhaft; in dem angefochtenen Urteil setzt es sich hierbei im Einzelnen über mehrere Seiten hinweg mit dem Vorbringen des Klägers auseinander. Diese detailliert, schlüssig und nachvollziehbar begründete Würdigung des Verwaltungsgerichts hat der Kläger - gemessen an den unter a) genannten Grundsätzen -nicht ernstlich in Zweifel gezogen.
18 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 GKG.
19 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die Aufenthaltsdauer nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses verkürzt werden, wenn die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft seit drei Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.

(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt, das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. September 2011 - 2 K 209/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, ein 1943 geborener libanesischer Staatsangehöriger, der seit 1979 mit Ehefrau und Kindern im Bundesgebiet lebt, begehrt seine Einbürgerung.

Nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens wurde ihm am 27.10.1992 eine befristete Aufenthaltsbefugnis bzw. -erlaubnis aus humanitären Gründen erteilt, deren Geltung von der Ausländerbehörde jeweils verlängert wurde und die ihre Rechtsgrundlage seit dem 1.1.2005 in § 23 Abs. 1 AufenthG findet. Der Kläger war vom 12.4. bis zum 30.9.1980 - damals ohne Arbeitserlaubnis - und vom 31.8. bis zum 22.12.1982 erwerbstätig. Seit dem 22.10.1991 verfügte er bis zum Eintritt in das Rentenalter durchgehend über eine Arbeitserlaubnis für eine berufliche Tätigkeit jeder Art.

Ein Antrag vom 31.8.1992 auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis wurde durch Bescheid der Ausländerbehörde vom 5.1.1993 unter Hinweis auf das gesetzlich vorgegebene Erfordernis, dass der Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert sein müsse, abgelehnt. In den Folgejahren sind drei Versuche, eine Arbeitsstelle anzutreten, aktenkundig geworden. Eine 1996 initiierte Beschäftigung in Berlin scheiterte daran, dass der Kläger die von der Ausländerbehörde Berlin insoweit geforderte Einstellungszusicherung des künftigen Arbeitgebers nicht beibrachte. Ein weiterer Versuch, 1996 zwecks Arbeitsaufnahme nach Hamburg umzuziehen, schlug fehl, weil die dortige Ausländerbehörde davon ausging, dass der Bezug weiterer Sozialhilfe nicht auszuschließen sei und den Umzug daher ablehnte. Aus den gleichen Gründen wurde 2005 ein erneuter Antrag, zwecks Aufnahme einer Beschäftigung nach Berlin umzusiedeln, von der dortigen Ausländerbehörde abgelehnt.

Am 6.3.2003 beantragte der Kläger seine Einbürgerung.

Er nahm am 17.4.2004 an einem Deutschkurs teil, den er nicht bestand, da er bei einer Bestehensgrenze von 61 Punkten lediglich 26 Punkte erreichte.

Unter Hinweis hierauf und die Tatsache, dass der Kläger den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen bestreiten konnte, wobei er letzteres nach den Auskünften der Arbeits- und Sozialverwaltung mangels ausreichender Bemühungen um eine Arbeitsstelle zu vertreten habe, teilte der Beklagte dem Kläger mit Anhörungsschreiben vom 27.6.2006 mit, dass eine positive Bescheidung seines Einbürgerungsantrags nicht in Betracht komme.

Mit Schreiben vom 17.7.2006 bekundete der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass dieser stets in der Lage sei, auch umfangreiche, schwierige Sachverhalte sowie deren rechtliche Bewertung in einem deutsch geführten Gespräch zu verstehen und richtig zu bewerten. Zudem dürften sich seine Sprachkenntnisse seit dem Sprachtest 2004 weiter verbessert haben. Die Inanspruchnahme von Sozialleistungen habe der Kläger nicht zu vertreten. Er habe sich bereits kurz nach seinem Eintreffen in Deutschland eigenständig um Arbeit bemüht, damals aber keine Arbeitserlaubnis erhalten. 2005 sei eine Arbeitsaufnahme in Berlin an der Verweigerung der Zustimmung der Ausländerbehörde Berlin gescheitert. Er habe keinen Beruf gelernt und sei 63 Jahre alt, weswegen es so gut wie ausgeschlossen sei, dass er noch eine Stelle finden werde. Von mutwilliger Nichtarbeit könne keine Rede sein. Im Übrigen sei im Rahmen der Ermessensentscheidung die Dauer seines Aufenthalts und die Tatsache zu berücksichtigen, dass sechs seiner sieben Kinder in Deutschland leben und größtenteils längst eingebürgert seien. Die Beziehungen zu seinem Heimatland seien - mit Ausnahme weniger Besuche - abgerissen. Er beabsichtige, seinen Lebensabend in Deutschland zu verbringen.

In der Folge absolvierte der Kläger auf Vorschlag des Beklagten einen Integrationskurs Deutsch und nahm am 7.11.2008 erneut an einem Deutschtest teil, bei dem er bei einer Bestehensgrenze von 61 Punkten 56 Punkte erreichte.

Bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nahm der Kläger keine Erwerbstätigkeit mehr auf und lebte mit seiner Familie von Sozialleistungen. Seit Erreichen des Rentenalters bezieht er mangels Anspruchs auf eine Altersrente Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.

Auf erneute Anhörungsschreiben des Beklagten vom 8.12.2008 und vom 26.6.2009 machte der Kläger ergänzend geltend, sich seit vielen Jahren in die hiesigen Lebensverhältnisse eingefügt zu haben. Er habe auch nicht lediglich auf Veranlassung des Sozialamtes beim Arbeitsamt vorgesprochen, sondern sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet. Das Nichtbestehen der Sprachtests erkläre sich nicht aus mangelnden Sprachkenntnissen, sondern fehlender Vorbildung, die er altersbedingt nicht mehr ausgleichen könne.

Am 14.7.2009 beantragte der Kläger bei der Ausländerbehörde die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Der Antrag wurde durch Bescheid vom 19.11.2009 mangels dauerhafter Sicherung des Lebensunterhalts aus eigenen Mitteln abgelehnt. Der den diesbezüglich eingelegten Widerspruch zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 19.2.2010 ist in Bestandskraft erwachsen.

In einer beklagtenseits erbetenen Stellungnahme des Landesverwaltungsamtes vom 29.10.2009 heißt es, die 1980 seitens des Klägers begehrte Arbeitserlaubnis für eine Hilfsarbeitertätigkeit sei damals aus arbeitsmarktpolitischen Gründen abgelehnt worden. Am 31.8.1982 sei dem Kläger eine bis 22.12.1982 befristete Arbeitserlaubnis für eine Aushilfstätigkeit mit geringfügiger Beschäftigung erteilt worden. Einem Aktenvermerk vom 18.11.1996 zufolge wäre nach Auskunft der Ausländerbehörde Berlin eine Arbeitsaufnahme in Berlin möglich gewesen, wenn der Kläger eine Einstellungszusicherung vorgelegt und ein entsprechendes Einkommen nachgewiesen hätte. Dies sei nicht geschehen. Hinsichtlich des stattdessen am 12.12.1996 vorgelegten Arbeitsvertrags betreffend eine Beschäftigung in Hamburg sei ein Umzug von der dortigen Ausländerbehörde wegen der nicht auszuschließenden Möglichkeit weiterer Sozialhilfebedürftigkeit abgelehnt worden. Aus dem gleichen Grund habe die Ausländerbehörde Berlin einem Umzug zwecks Arbeitsaufnahme im Jahr 2005 nicht zugestimmt.

Mit Schreiben vom 26.11.2009 unterrichtete der Beklagte den Kläger über den Inhalt der Auskunft des Landesverwaltungsamtes. Der Kläger hielt dem entgegen, der Umstand, dass sich lediglich zwei Arbeitsverträge in den Akten befänden, könne nicht belegen, dass ansonsten keine Erwerbsbemühungen seinerseits stattgefunden hätten.

Durch Bescheid vom 3.3.2010, der am gleichen Tag zur Post gegeben wurde, lehnte der Beklagte den Einbürgerungsantrag des Klägers ab. Ein Anspruch auf Einbürgerung scheitere am Fehlen ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache. Da der Kläger mit 36 Jahren eingereist sei, habe er in jungen Jahren Zeit genug gehabt, die erforderlichen Sprachkenntnisse zu erwerben, so dass er sich nicht auf altersbedingte Defizite berufen könne. Daneben fehle es an den wirtschaftlichen Voraussetzungen, da der Kläger den Bezug öffentlicher Mittel mangels hinreichender Eigenbemühungen zu vertreten habe. Hindernisse infolge der ausländerrechtlichen Situation hätten jedenfalls seit dem 22.10.1991 nicht bestanden, weil der Kläger seitdem durchgehend - zunächst befristet und seit dem 22.7.2001 unbefristet - über eine Arbeitserlaubnis für eine berufliche Tätigkeit jeder Art verfügt habe. Die Versuche, zwecks Arbeitsaufnahme nach Berlin beziehungsweise Hamburg umzusiedeln, seien - bedingt durch den fehlenden Nachweis eines ausreichenden Verdienstes - gescheitert. Eine Einbürgerung im Ermessensweg sei ausgeschlossen, weil der nach den Nrn. 8.1.2.1.1 und 8.1.2.1.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise erforderliche Nachweis der Sprachkenntnisse nicht erbracht sei und es zudem an der Unterhaltsfähigkeit fehle. Auch liege seine Einbürgerung weder im öffentlichen Interesse, noch stelle ihre Versagung eine besondere Härte für den Kläger dar.

Mit seiner durch seine nunmehrige Prozessbevollmächtigte am 12.3.2010 erhobenen Klage hat der Kläger sein Einbürgerungsbegehren unter Hinweis auf Nr. 8.1.3.7 der Vorläufigen Anwendungshinweise weiterverfolgt. Hiernach sei den Anforderungen an die Sprachkenntnisse ausnahmsweise Genüge getan, wenn Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben in deutscher Sprache mündlich verständigen können. Dies habe der Beklagte bei der nach § 8 StAG zu treffenden Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Voraussetzungen gelte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Vertretenmüssen im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG einen gewissen Gegenwartsbezug voraussetze. Hiernach dürften aktuell nicht rückgängig zu machende Fernwirkungen vergangenen zurechenbaren Verhaltens einem Einbürgerungsbewerber nicht ohne jede zeitliche Grenze entgegengehalten werden.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 3.3.2010 zu verpflichten, ihn einzubürgern,

hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 3.3.2010 zu verpflichten, über den Antrag auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat seine Ansicht bekräftigt, wonach einer Anspruchseinbürgerung die unzureichenden Sprachkenntnisse entgegenstünden und eine Ermessenseinbürgerung wegen des Leistungsbezugs des Klägers ausgeschlossen sei. Im Rahmen des § 8 StAG sei die Frage des Vertretenmüssens ohne Relevanz. Eine besondere Härte oder ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG liege offensichtlich nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27.09.2011.ergangenes Urteil, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 17.10.2011, abgewiesen. Eine Einbürgerung nach § 10 StAG scheide aus, da der Kläger keinen für die Einbürgerung geeigneten Aufenthaltstitel inne habe. Der Kläger verfüge nicht über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht, sondern nur über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG, die nach den ausdrücklichen und durch Sinn und Zweck der Vorschrift gedeckten Vorgaben des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG zur Begründung eines Einbürgerungsanspruchs nicht ausreiche. Der auf Einbürgerung unter Ermessensgesichtspunkten nach Maßgabe des § 8 StAG gerichtete Hilfsantrag müsse ebenfalls ohne Erfolg bleiben. Insoweit sei entscheidend, dass der Kläger die in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG formulierten Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit nicht erfülle und die Voraussetzungen, unter denen nach § 8 Abs. 2 StAG eine Ausnahme von diesem Erfordernis möglich sei, nach den konkreten Umständen nicht vorlägen. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG stehe der Leistungsbezug einer positiven Ermessensentscheidung auch dann entgegen, wenn dieser im Einzelfall nicht zu vertreten sei. Auf die klägerseits in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gegenwartsbezug des Vertretenmüssens komme es daher nicht an. Ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG sei nicht ersichtlich, da der Kläger keine besonderen Integrationsleistungen erbracht habe. Dass er geltend mache, sich in das soziale Leben der Bundesrepublik Deutschland eingegliedert zu haben und sich im Alltagsleben ohne Probleme in deutscher Sprache verständigen zu können, entspreche nur dem Mindeststandard und belege keine besondere Integrationsleistung. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür aktenkundig, dass der Kläger einen maßgeblichen Beitrag zur Ermöglichung der Einbürgerung seiner Kinder geleistet habe. Ebenso wenig sei die Annahme einer besonderen Härte gerechtfertigt. Zwar gehöre der Kläger als „ältere Person mit langem Inlandsaufenthalt“ zu dem in Nr. 8.2 letzter Satz der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren besonders erwähnten Personenkreis, bei dem Gesichtspunkte der Vermeidung einer besonderen Härte grundsätzlich in Betracht kämen. Allerdings sei nicht erkennbar, inwieweit sich seine persönliche Situation durch eine Einbürgerung verbessern würde. Eben sowenig sei dargelegt, dass ihm ein weiteres Verbleiben im Status des Ausländers nicht mehr zuzumuten wäre. Ihm werde auch ohne die begehrte Einbürgerung nicht verwehrt, seinen Lebensabend in Deutschland zu verbringen.

Auf den am 26.10.2011 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen den den Hilfsantrag abweisenden Teil des erstinstanzlichen Urteils hat der Senat die Berufung beschränkt auf die Abweisung des Hilfsantrags durch Beschluss vom 2.2.2012, der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 8.2.2012, unter gleichzeitiger Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das zweitinstanzliche Verfahren zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung bekräftigt der Kläger in seinem am 29.2.2012 eingegangenen Schriftsatz seine Argumentation, wonach die fehlende Sicherung des Lebensunterhalts eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG nicht zwingend ausschließe. Es bedürfe im Rahmen der Ermessenserwägungen einer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gegenwartsbezug des Vertretenmüssens. Auch habe das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass das Ermessen bei Prüfung der Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung nicht derart ausgeübt werden solle, dass der Maßstab ein strengerer sei als bei der Anspruchseinbürgerung. Hiernach sei im Rahmen des § 8 StAG nach Maßgabe der konkreten Umstände eine Absenkung der Sprachanforderungen bis hin zum vollständigen Verzicht auf Kenntnisse der Schriftsprache gestattet. Zudem sei Nr. 8.1.1.4 der Vorläufigen Anwendungshinweise in den Blick zu nehmen, wo auf die Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 2 StAG verwiesen werde. Hiernach sei der Einbürgerungsbehörde ein Ermessen eröffnet, das öffentliche Interesse zu werten und in Beziehung zu dem Versagungsinteresse wegen fehlender Unterhaltsfähigkeit zu setzen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 27.9.2011 zu verpflichten, seinen Bescheid vom 3.3.2010 aufzuheben und über den Antrag auf Einbürgerung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, von dem einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG entgegenstehenden Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit könne nicht gem. § 8 Abs. 2 StAG abgesehen werden, denn es fehle - wie das Verwaltungsgericht ausgeführt habe - an einer besonderen Härte und ebenso am Bestehen eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift. In letzterem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Ausnahmevorschrift insbesondere die Einbürgerung staatsangehörigkeitsrechtlich besonders Schutzbedürftiger im Blick gehabt habe. Soweit daneben auch andere Gruppen - wie lebensältere Personen mit langem Inlandsaufenthalt - privilegiert sein könnten, sei zu beachten, dass die diesbezüglichen Vorgaben der Anwendungshinweise „60 Jahre“ und „12-jähriger Aufenthalt“ nur Ausdruck einer Regelvermutung der faktlichen Integration dieser Personen seien, die aber im Einzelfall durch die Persönlichkeit und Vita des Betroffenen widerlegt sein könne. Fallbezogen widerlege die gesamte Vita des Klägers auch bei Außerachtlassung des Leistungsbezugs dessen faktische Integration, so dass ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG tatbestandlich nicht bestehe. Dies spiegele sich auch in dem ungewöhnlichen Umstand wider, dass der Kläger trotz seines 30-jährigen Aufenthalts in Deutschland noch immer keinen verfestigten (Dauer-)Aufenthaltstitel habe. Fordere man - wie das Verwaltungsgericht - für die Feststellung eines öffentlichen Interesses zudem besondere Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers, so scheide die Annahme eines öffentlichen Interesses im Falle des Klägers erst recht aus. Selbst wenn man die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 StAG noch bejahen und damit den Weg zu einer Ausübung des Ermessens unter umfassender Würdigung der für und gegen den Kläger bzw. dessen Integration sprechenden Umstände eröffnen würde, könne dies im Ergebnis nicht zu einer dem Kläger günstigen Entscheidung führen. Zugunsten des Klägers sei zu berücksichtigen, dass er bereits seit über 30 Jahren in Deutschland lebe und zwischenzeitlich „lebensälter“ sei, was Änderungen seines Integrationsstandes und seiner wirtschaftlichen Verhältnisse erschwere bzw. ausschließe. Außerdem könne er sich zumindest auf einfache Art verständigen. Gegebenenfalls könne für die Integration eines Einbürgerungsbewerbers auch eine positive und durchgängige Integration seiner gesamten Familie sprechen, die jedoch hinsichtlich der Familie des Klägers nach Aktenlage gerade nicht festzustellen sei. Gegen seine Integration sprächen seine (allenfalls) „alltagstauglichen Deutschkenntnisse“. Er erfülle noch nicht einmal das nach altem Recht zu fordernde Sprachniveau A 2, wobei nicht erkennbar sei, warum er, der bereits mit Mitte dreißig nach Deutschland gekommen sei, nicht erfolgreich Deutsch gelernt habe. Seit 1996 habe er freien Zugang zum Arbeitsmarkt gehabt. Dass er dennoch keine Erwerbsmöglichkeit gefunden habe, erkläre sich nicht allein aus seiner mangelnden beruflichen Vorbildung. Er habe wegen seiner unterbliebenen bzw. nur geringfügigen Erwerbstätigkeit hinreichende zeitliche Möglichkeiten gehabt, seine Deutschkenntnisse und damit auch seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Da Sprachkenntnisse ein wesentlicher Faktor für eine wirtschaftliche Integration seien, seien ihm seine fehlenden Spracherwerbsbemühungen vorzuhalten. In Folge der früheren Versäumnisse sei er nun zeitlebens auf öffentliche Leistungen angewiesen. Anders als im Rahmen eines Einbürgerungsanspruchs nach § 10 StAG, der gerade einer gelungenen Integration entspringe, sei der Zeitfaktor im Rahmen der Ermessensausübung durchaus berücksichtigungsfähig. Insoweit könne nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG zurückgegriffen werden. Eine Beschränkung des Betrachtungszeitraums auf acht Jahre würde in diesem Zusammenhang stets dazu führen, dass bei „älteren Personen“ auf die Mindestvoraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG irgendwann generell zu verzichten wäre, was über die Zielsetzung des § 8 Abs. 2 StAG, eine umfassende Ermessensausübung zu eröffnen, hinausgehen würde. Fallbezogen seien die wirtschaftliche Situation und Erwerbsbiographie auch der Grund, weswegen der Kläger überhaupt „nur“ einen „schwachen“ Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 AufenthG besitze, weswegen eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG ausgeschlossen sei. Eine Gewichtung der zeitlichen Komponente des Vertretenmüssens des Leistungsbezugs im Rahmen des § 8 StAG sei indes nach allem Gesagten nicht geboten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (2 Hefte, 1 Ordner), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, muss aber in der Sache ohne Erfolg bleiben.

Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage hinsichtlich des Hilfsantrags, den allein der Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgt, zu Recht abgewiesen. Ihm ist zudem darin zuzustimmen, dass dem Kläger mit Blick auf das Fehlen eines insoweit geeigneten Aufenthaltstitels kein aus § 10 StAG herleitbarer Anspruch auf Einbürgerung zusteht. Dies hat der Kläger ausweislich der Beschränkung seines Berufungsbegehrens akzeptiert. Sein im Berufungsverfahren weiter verfolgter Antrag, den Beklagten zu verpflichten, über seinen Einbürgerungsantrag in Anwendung des § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 StAG erneut nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ist unbegründet.

1. Ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch auf Neubescheidung setzt zunächst voraus, dass die durch die Vorschrift vorgegebenen gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Ist dies zu bejahen, so steht die Einbürgerung im grundsätzlich weiten Ermessen des Beklagten als zuständiger Einbürgerungsbehörde.(Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht - GK-StAR -, Stand 25. Erg.lfg. August 2011, § 8 Rdnr. 170 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 27.5.2010 - 5 C 8/09 -, NVwZ 2010, 1502 ff.)

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 8 Abs. 1 StAG ist geklärt, dass der Einbürgerungsbehörde ein Einbürgerungsermessen nach dieser Vorschrift nur eingeräumt ist, wenn neben den sonstigen in der Vorschrift aufgeführten und vorliegend außer Streit stehenden Voraussetzungen das auf den Nachweis der wirtschaftlichen Integration zielende Tatbestandsmerkmal der Nr. 4 erfüllt ist.(BVerwG, Urteil vom 27.2.1958 - I C 99.56 -, BVerwGE 6, 207 ff.) Hiernach muss der Ausländer im Stande sein, sich und seine Angehörigen aus eigener Kraft zu ernähren. Ist dies nicht der Fall, weil der Ausländer auf den Bezug von (ergänzenden) Sozialleistungen angewiesen ist, spielt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der obergerichtlichen Rechtsprechung(OVG Berlin, Beschluss vom 9.10.1995 - 5 M 25.95 -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.3.1996 - 13 S 1908/95 -, jeweils juris) zu § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG keine Rolle, ob der Ausländer seine Bedürftigkeit zu vertreten hat. Auf Kritik von Seiten der Kommentarliteratur(GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnr. 124), wonach dieses keine Ausnahmen zulassende Verständnis des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG den seit Inkrafttreten der Vorschrift im Jahr 1914 zu verzeichnenden sozialpolitischen Veränderungen nicht angemessen Rechnung trage, hat das Bundesverwaltungsgericht seine am Wortlaut orientierte Auslegung der Vorschrift in der Vergangenheit mehrfach bekräftigt. Es hat dies damit begründet, dass der Gesetzgeber das Staatsangehörigkeitsrecht - u.a. auch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG - wiederholt geändert, dabei die Einbürgerung für bestimmte Personenkreise mit Wirkung zum 1.1.1991 erleichtert und geregelt habe, unter welchen Voraussetzungen die Inanspruchnahme von Sozialleistungen der Einbürgerung nicht entgegenstehe. Dies berücksichtigend verbiete es sich, die unverändert gebliebene Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, die in diese neuere Gesetzgebung nicht einbezogen worden sei, teleologisch zu reduzieren.(BVerwG, Beschlüsse vom 5.5.1997 - 1 B 94/97 -, NVwZ-RR 1997, 738 f., und vom 10.7.1997 - 1 B 141/97 -, NVwZ 1998, 183 f.; Urteil vom 22.6.1999 - 1 C 16/98 -, InfAuslR 1999, 501 ff.) Zu der Frage, wann ein Einbürgerungsbewerber sich und seine Angehörigen auf Dauer aus eigenen Mitteln ernähren kann, hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.7.1998 - 13 S 2212/96 -, InfAuslR 1998, 509 ff.) überzeugend ausgeführt, dass er zumindest über eigene Einnahmen in Höhe der Regelsätze der Sozialhilfe verfügen muss.

Fallbezogen scheitert ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags am Nichtvorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung der Nr. 4 der Vorschrift, da der Kläger für sich und seine Ehefrau fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Gestalt der bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII bezieht. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass dieser Leistungsbezug einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG auch dann entgegensteht, wenn der Kläger den Umstand, der ihn zur Inanspruchnahme dieser Leistungen berechtigt, nicht zu vertreten hat.

Da es im Rahmen der Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG nicht darauf ankommt, ob der Einbürgerungsbewerber seine Bedürftigkeit zu vertreten hat, ist aus Rechtsgründen kein Raum für die von dem Kläger reklamierte entsprechende Heranziehung der vom Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 19.2.2009 - 5 C 22/08 -, NVwZ 2009, 843 ff.) entwickelten Grundsätze zur Frage, unter welchen Voraussetzungen sich frühere Versäumnisse nicht mehr als wesentliche, prägende Ursache für den Leistungsbezug darstellen und daher vom Einbürgerungsbewerber nicht mehr im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG zu vertreten sind. Dies ist sachgerecht, denn die gesetzlichen Erleichterungen, die diese Vorschrift gewährt, rechtfertigen sich - wie das Bundesverwaltungsgericht in dem klägerseits zitierten Urteil vom 19.2.2009 ausdrücklich hervorgehoben hat - daraus, dass bei zurechenbar unzureichender wirtschaftlicher Integration schon die erforderliche Voraufenthaltszeit eines achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalts oder der für den Einbürgerungsanspruch erforderliche Aufenthaltsstatus gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht erreicht werden kann, weil die aufenthaltsrechtlichen Vorschriften (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) regelmäßig einen gesicherten Lebensunterhalt verlangen. Dies gilt insbesondere auch für die Ersetzung einer - wie im Fall des Klägers - nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen erteilten oder verlängerten befristeten Aufenthaltserlaubnis durch eine Niederlassungserlaubnis, da deren Erteilung nach den §§ 26 Abs. 4 i.V.m. 9 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ebenfalls voraussetzt, dass der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist.

Der Kläger begründet seine Ansicht, im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG dürfe hinsichtlich der Unterhaltsfähigkeit kein strengerer Maßstab als im Rahmen des § 10 StAG angelegt werden, mit den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010.(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O.) Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Ausführungen, wonach die Anspruchsvoraussetzungen bzw. Ausschlussgründe der §§ 10 und 11 StAG der Sache nach bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG berücksichtigt werden dürfen, ausdrücklich unter dem Vorbehalt stehen, dass sie in § 8 Abs. 1 StAG nicht schon auf der Tatbestandsebene modifiziert sind. Gerade dies ist der Fall, denn die tatbestandlichen Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit sind in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG anders - insbesondere unter Anlegung strengerer Kriterien - geregelt als in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG.

Im Übrigen verkennt der Kläger bei seiner Argumentation, ihm dürften die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zugerechnet werden, dass die diesbezüglich vom Bundesverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht entwickelten Kriterien in seinem Fall nicht erfüllt sind. Denn der hiernach maßgebliche Zeitraum von acht Jahren ist noch nicht verstrichen. Dem Kläger ist entgegenzuhalten, dass er und seine Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft seit Erreichen des Rentenalters im Juli 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter beziehen, weil er sich seit Erhalt seiner Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nur unzureichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat und daher keinen Anspruch auf eine Altersrente erwerben konnte. Ausweislich der Ausländerakte ist der Kläger seitens der Ausländerbehörde frühzeitig schriftlich darauf hingewiesen worden, dass eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden kann, wenn der Lebensunterhalt der Familie aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert ist (Schreiben der Ausländerbehörde vom 4.11.1992, Bl. 173 f. der Ausländerakte, und Bescheid vom 5.1.1993 betreffend die Ablehnung der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, Bl. 178 f. der Ausländerakte). Aktenkundig sind indes lediglich drei - von vornherein wenig erfolgversprechende - Versuche, eine Arbeitsstelle zu finden, nämlich seine Bewerbungen 1996 in Berlin bzw. Hamburg und 2005 erneut in Berlin. Die jeweiligen Ausländerbehörden lehnten eine Aufnahme des Klägers in ihren Zuständigkeitsbereich jeweils ab, und zwar wegen Nichtbeibringung der geforderten Einstellungszusicherung (Bl. 219 der Ausländerakte) bzw. weil nach der Höhe des voraussichtlichen Verdienstes nicht auszuschließen war, dass er weiterhin auf den Bezug von Sozialleistungen angewiesen sein würde (Bl. 230 und 279 der Ausländerakte). Sonstige - insbesondere ortsnahe und insofern erfolgversprechendere - Bemühungen des Klägers um eine Beschäftigung trägt dieser selbst nicht vor. Er gibt lediglich an, sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet zu haben (Bl. 176 der Einbürgerungsakte). Erfolglos gebliebene Bewerbungen behauptet er nicht. Zudem tritt er der Feststellung in dem angefochtenen, die Einbürgerung ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 3.3.2010, es könne nicht von einem unverschuldeten Bezug öffentlicher Mittel ausgegangen werden, im Klage- und Berufungsverfahren nur insoweit entgegen, als er geltend macht, mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien ihm die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zurechenbar. Dies trifft indes gerade nicht zu. Denn der Sachverhalt stellt sich so dar, dass dem Kläger seit Erhalt einer Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 unzureichende Bemühungen um eine Arbeitsstelle entgegenzuhalten sind. Seit Beendigung dieser langen Zeit mangelnder Anstrengungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes sind im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erst ca. vier Jahre verstrichen, so dass der Kläger aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon aus tatsächlichen Gründen nicht zu seinen Gunsten herleiten kann, dass er für seine jahrelang unzureichenden Bemühungen nicht mehr einzustehen habe.

2. Aus § 8 Abs. 2 StAG leitet sich ein Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags ebenfalls nicht her.

Nach dieser Vorschrift kann von dem Unbescholtenheitserfordernis des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG und dem Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden. Der Gesetzgeber hat diese Ausnahmevorschrift, die bezüglich der Nr. 4 am 1.1.2005 und bezüglich der Nr. 2 am 28.9.2007 in Kraft getreten ist, neu in das Staatsangehörigkeitsgesetz eingefügt, weil er im Hinblick auf die Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG mit ihren speziellen Voraussetzungen auch bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG eine Ausnahmeregelung als erforderlich ansah. Bei den Tatbestandsvoraussetzungen „Gründe des öffentlichen Interesses“ und „Vermeidung einer besonderen Härte“ handelt es sich jeweils um unbestimmte Rechtsbegriffe, die inhaltlicher Konkretisierung bedürfen und deren Auslegung und Anwendung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Fallbezogen spricht nichts für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands.

Die Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 2 StAG ist für die Auslegung der Vorschrift nicht ergiebig. Sie führt lediglich einen - hier nicht einschlägigen - Beispielsfall einer besonderen Härte an. Hinweise zum Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Gründe des öffentlichen Interesses“ fehlen vollständig.(BT-Drs. 14/7387, S. 107, und 15/420, S. 116)

In der Rechtsprechung ist bisher nur in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Vermeidung einer besonderen Härte geklärt, welche konkreten Anforderungen die gesetzliche Neuregelung an das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls stellt.

Das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 20.3.2012 - 5 C 5.11 -) hat vor kurzem entschieden, dass eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen sein muss und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden könnte. Es hat damit die bisher zu den Anforderungen an das Vorliegen einer besonderen Härte ergangene obergerichtliche Rechtsprechung(HessVGH, Beschluss vom 21.10.2008 - 5 A 1820.08.Z -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009 - 13 S 2428.08 -, jeweils juris), u.a. des Senats(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.6.2010 - 1 A 88/10 -, juris), bestätigt. Dies zugrundelegend kommt fallbezogen ein Einbürgerungsermessen des Beklagten zur Vermeidung einer besonderen Härte nicht in Betracht. Die Argumentation des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, eine besondere Härte liege darin, dass er wegen seines Alters außer Stande sei, an seinem Angewiesensein auf den Bezug von Sozialleistungen noch etwas zu ändern, geht fehl. Denn diese Situation wird weder durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen noch könnte sie durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der Würdigung der Versagung der Einbürgerung als besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG selbst in Fällen, in denen der Betroffene den Bezug von Sozialhilfeleistungen nicht zu vertreten hat, bereits mehrfach - u.a. in seinem vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 20.3.2012 in Bezug genommenen Beschluss vom 11.6.2009 - eine Absage erteilt.(OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 11.6.2009 - OVG 5 M 30.08 -, und vom 8.2.2010 - OVG 5 M 48.09 -, jeweils juris) Auch dies überzeugt.

Zur Frage, wann die Voraussetzungen des alternativen Tatbestandsmerkmals „aus Gründen des öffentlichen Interesses“ erfüllt sind, hat sich das Bundesverwaltungsgericht noch nicht dezidiert geäußert. In seinem Urteil vom 20.3.2012 hat es allerdings beanstandet, dass das Berufungsgericht das Vorbringen des dortigen Einbürgerungsbewerbers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, in tatsächlicher Hinsicht nicht hinterfragt und nicht geprüft habe, wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien.

Die obergerichtliche Rechtsprechung hat sich zu den Anforderungen, die an das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu stellen sind, ebenfalls noch nicht festgelegt. In den Entscheidungen, in denen § 8 Abs. 2 StAG Erwähnung findet, heißt es - sofern das Vorliegen eines öffentlichen Interesses angeprüft wird - jeweils ohne nähere Darlegung, ein solches sei nicht erkennbar.(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 21.10.2011 - 1 S 135/11 -, NVwZ-RR 2012, 160 f.) An erstinstanzlichen Entscheidungen finden sich ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach(VG Ansbach, Urteil vom 10.9.2008 - AN 15 K 08.00780 -, juris) und mehrere Urteile des Verwaltungsgerichts des Saarlandes(VG des Saarlandes, Urteile vom 9.2.2010 - 2 K 530/09 -, vom 14.12.2010 - 2 K 445/09 -, vom 22.11.2011 - 2 K 560/10 - und vom 31.1.2012 - 2 K 667/10 -, jeweils juris), u.a. auch das im Verfahren des Klägers ergangene Urteil vom 27.9.2011.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat zu der dortigen Fallgestaltung ausgeführt, Anhaltspunkte für Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn von § 8 Abs. 2 StAG lägen nicht vor, auch wenn die Beachtung einer Staatenlosigkeit wegen der Verpflichtung, die Einbürgerung so weit wie möglich zu erleichtern, hierzu gezählt werde. Auch spiele die von dem Kläger angeführte, im öffentlichen Interesse liegende einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer ausreichenden Integration in die deutschen Verhältnisse keine ausschlaggebende Rolle. Eine klare Aussage dazu, wann Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn des Abs. 2 vorliegen, enthalten diese Ausführungen nicht.

Nach dem in den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts des Saarlandes zum Ausdruck kommenden Verständnis der in § 8 Abs. 2 StAG getroffenen Ausnahmeregelung soll das Vorliegen von Gründen des öffentlichen Interesses voraussetzen, dass der Einbürgerungsbewerber besondere Integrationsleistungen erbracht hat.

In der Kommentarliteratur wird gefordert, den Begriff des öffentlichen Interesses weit auszulegen. Anknüpfungspunkt der Argumentation sind die Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht - StAR-VwV - zur Handhabung des durch § 8 Abs. 1 StAG eröffneten Ermessens und die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG, die noch einer (für die Einbürgerungsbehörden) verbindlichen Umsetzung durch Änderung der StAR-VwV bedürfen. Das öffentliche Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei im Zusammenhang zu sehen mit den vom Bundesministerium des Inneren vorgegebenen Einbürgerungserleichterungen, die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen seien und das öffentliche Interesse an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck brächten. Seien die Voraussetzungen einer solchen Einbürgerungserleichterung erfüllt, sei regelmäßig auch ein Abweichen vom Unterhaltserfordernis angezeigt.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 157; Hailbronner/Renner/Maaßen, a.a.O., § 8 Rdnr. 48) Zu eng, jedenfalls nicht abschließend, seien die Vorgaben der Nr. 8.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise. Denn der Gesetzgeber habe - anders als dort gefordert - nicht ein „besonderes“ oder gar „herausragendes“ öffentliches Interesse zur Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung gemacht, sondern ein „schlichtes“ öffentliches Interesse. Ein solches manifestiere sich grundsätzlich in allen in der Verwaltungspraxis anerkannten und in der StAR-VwV bezeichneten Einbürgerungserleichterungen.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 159 f.)

Diese Auslegung erscheint zu weitgehend. Sie beruht offenbar auf der Annahme, der Begriff des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei identisch mit dem in den Nummern 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV umschriebenen öffentlichen Interesse, das in den Fällen des § 8 Abs. 1 StAG im Rahmen des Einbürgerungsermessens eine dem Einbürgerungsbewerber positive Entscheidung ermöglichen kann. Wenngleich die Verwendung des Begriffs „öffentliches Interesse“ in Abs. 2 der Vorschrift dieses Verständnis auf den ersten Blick durchaus rechtfertigen könnte, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die Annahme, der Gesetzgeber habe das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Interesse“ im Sinn der zur Förderung einer einheitlichen Handhabung des Einbürgerungsermessens erlassenen Vorgaben der StAG-VwV zu § 8 Abs. 1 StAG verstanden wissen wollen, nicht tragfähig ist.

In Bezug auf § 8 Abs. 1 StAG verlangt das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteile 27.2.1957 - I C 165.55 -, BVerwGE 4, 298 ff., vom 30.9.1958 - I C 20.58 -, BVerwGE 7, 237 ff., vom 21.10.1986 - 1 C 44.84 -, BVerwGE 75, 86 ff., und vom 27.5.2010, a.a.O., m.w.N.) bisher in ständiger Rechtsprechung von den Einbürgerungsbehörden, bei der Ermessensausübung darauf abzustellen, ob ein staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht. Die Behörde habe zu prüfen, ob die Einbürgerung sowohl nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers als auch nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im staatlichen Interesse erwünscht ist, ohne dass eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Einbürgerungsbewerbers stattfinde. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner zuletzt zur Problematik ergangenen bereits in Bezug genommenen Entscheidung vom 27.5.2010 offen gelassen, ob es ungeachtet der diesbezüglichen Kritik(Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 50; GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnrn. 178 ff.) daran festhalten wird, dass bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG ohne Abwägung des privaten Interesses des Einbürgerungsbewerbers allein das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung zu berücksichtigen ist. Allerdings spricht im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 StAG - wie noch auszuführen sein wird - alles dafür, Einbürgerungserleichterungen, die den persönlichen Verhältnissen des Einbürgerungsbewerbers Rechnung tragen sollen, nicht als ausreichend zur Begründung eines öffentlichen Interesses zu erachten, sondern ein spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung als unverzichtbar zu fordern.

Die Vorgaben der StAR-VwV, insbesondere die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, die nach Ansicht der Kommentarliteratur ein öffentliches Interesse auch im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck bringen können, sind am 1.2.2001, also lange bevor der Gesetzgeber die Einfügung des heutigen § 8 Abs. 2 StAG beschlossen hat, in Kraft getreten. Nach Nr. 8.0 StAR-VwV kann bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG eine Einbürgerung nach Ermessen der Behörde erfolgen, wenn im Einzelfall ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung festgestellt werden kann. In diesem Zusammenhang heißt es unter Nr. 8.1.2, dass die Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 allgemeine Grundsätze für die Ermessensausübung enthalten und festlegen, unter welchen Voraussetzungen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung anzunehmen ist. Demgemäß sind die unter Nr. 8.1.2 StAR-VwV fixierten allgemeinen Grundsätze für die Ermessensausübung und die unter Nr. 8.1.3 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen für bestimmte Personengruppen vom Bundesministerium des Inneren mit dem Ziel konzipiert worden, den Einbürgerungsbehörden durch Konkretisierung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Rahmen für eine einheitliche Bewältigung der speziell bei der Anwendung des § 8 Abs. 1 StAG zu erwartenden Problemstellungen vorzugeben.

Dass jede zu § 8 Abs. 1 StAG anerkannte Einbürgerungserleichterung gleichzeitig ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zum Ausdruck bringt, ist indes nicht anzunehmen.

Das öffentliche Interesse jeweils inhaltsgleich zu verstehen, hieße zunächst, dass einerseits eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 1 der Vorschrift nur in Betracht kommt, wenn u.a. die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und 4 und gleichzeitig die im Rahmen der Ermessensbetätigung nach der StAR-VwV zu prüfenden Kriterien, von deren Vorliegen das Bestehen eines öffentlichen Interesses abhängt, allesamt erfüllt sind, dass andererseits aber eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 2 der Vorschrift bei Vorliegen der gleichen das öffentliche Interesse bestimmenden Kriterien ohne Weiteres auch möglich wäre, wenn der Einbürgerungsbewerber den tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und/oder 4 nicht genügt. Dies kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Denn die unter Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 erfassten Kriterien für das Vorliegen des im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG von der Rechtsprechung geforderten öffentlichen Interesses tragen durchaus unterschiedlichen Anliegen Rechnung, die teils primär private Belange des Einbürgerungsbewerbers und teils ausschließlich staatliche Belange im Blick haben. Die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen sind von daher nicht in gleicher Weise geeignet, im Rahmen der Ausnahmevorschrift des Abs. 2 Berücksichtigung zu finden. Die Tatbestandsmerkmale der Unbescholtenheit und der Unterhaltsfähigkeit im Sinn der Nrn. 2 und 4 des § 8 Abs. 1 StAG wären bei dem von der Kommentarliteratur vertretenen Verständnis des in Abs. 2 der Vorschrift verwendeten Begriffs des öffentlichen Interesses ihrer Bedeutung als das Einbürgerungsermessen erst eröffnende Tatbestandsvoraussetzungen vollständig enthoben, ohne dass dies nach dem sachlichen Zusammenhang gerechtfertigt wäre.

Speziell mit Blick auf § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG spricht gegen eine begriffliche Identität, dass § 8 Abs. 2 StAG den Einbürgerungsbehörden die Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung unabhängig davon einräumt, ob der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit selbst zu vertreten hat. In einer Vielzahl von Fällen, in denen einer positiven Entscheidung nach Abs. 1 das Nichtvorliegen der tatbestandlichen Anforderungen der Nr. 4 entgegensteht, stünde es auch im Falle rein privatnütziger, besondere persönliche Umstände berücksichtigender Einbürgerungserleichterungen im Ermessen der Einbürgerungsbehörde, ob sie grundsätzlich oder je nach den Umständen des Einzelfalls fordert, dass der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit nicht zu vertreten hat.

Die aufgezeigte Problematik wird anhand des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts deutlich. Ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG ist dem Beklagten mit Blick auf Nr. 4 der Vorschrift nicht eröffnet. Dessen ungeachtet genügt der Kläger allen unter Nr. 8.1.2 i.V.m. Nr. 8.1.3.7 und unter Nrn. 8.1.2.2 bis 8.1.2.6 festgelegten Kriterien, die im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG den Begriff des öffentlichen Interesses konkretisieren sollen. Denn auch dem Erfordernis ausreichender Sprachkenntnisse wäre mit Blick auf die - seinen persönlichen Belangen Rechnung tragende - Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 Genüge getan, da insoweit bei Personen, die - wie er - das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, ausreicht, wenn sie sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben mündlich in deutscher Sprache verständigen können. Zu Zweifeln, ob der Kläger sich in dieser Weise verständigen kann, besteht angesichts seiner Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Veranlassung. Der Klarstellung halber sei angemerkt, dass der Senat der Ansicht des Beklagten, bei Anwendung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV sei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob nicht die Vita des Einbürgerungsbewerbers der Anwendung dieser Verwaltungsvorschrift entgegensteht, nicht zu folgen vermag. Sinn und Zweck dieser aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Verwaltungsvorschrift ist es, den besonderen persönlichen Verhältnissen und dem typischerweise nur noch eingeschränkten Leistungsvermögen älterer Personen im Falle eines langjährigen Inlandsaufenthalts im Rahmen der Ermessensausübung angemessen Rechnung zu tragen, und zwar unabhängig davon, ob ihnen der Erwerb weitergehender Sprachkenntnisse in jüngeren Jahren nach ihren persönlichen Fähigkeiten und ihren Lebensverhältnissen zumutbar gewesen wäre.

Die Annahme, dass der Tatbestand des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG mit dem durch die Vorgaben der StAR-VwV zu Abs. 1 der Vorschrift konkretisierten öffentlichen Interesse identisch ist, hätte somit fallbezogen zur Folge, dass der Beklagte den Kläger auf der Grundlage des Abs. 2 wegen Eingreifens der Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV einbürgern könnte, ohne dass er kraft Gesetzes oder auch nur kraft Verwaltungsvorschrift gehalten wäre zu prüfen, ob dieser seine fehlende Unterhaltsfähigkeit zu vertreten hat. Es erscheint fernliegend, dass dies der Intention des Gesetzgebers entspricht.

Die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG sprechen - ungeachtet des Umstands, dass sie die Gerichte nicht zu binden vermögen und selbst im Verhältnis zu den Behörden noch einer verbindlichen Umsetzung bedürfen - ebenfalls gegen die von der Kommentarliteratur befürwortete weite Auslegung der Vorschrift. Denn deren Nr. 8.2 verweist gerade nicht auf die Gesamtheit der in Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, deren Vorliegen ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG rechtfertigen kann. Vielmehr soll ein Absehen von dem Unbescholtenheitserfordernis bzw. der Unterhaltsfähigkeit nach Nr. 8.2 StAR-VwV z.B. in Betracht kommen, wenn bereits Einbürgerungserleichterungen, einschließlich vorübergehender oder dauerhafter Hinnahme von Mehrstaatigkeit, bei einem besonderen (Nr. 8.1.3.5 StAR-VwV) oder herausragenden (Nr. 8.1.2.6.3.6 StAR-VwV) öffentlichen Interesse - Verkürzung der Mindestdauer des Inlandsaufenthalts bei Vorliegen eines besonderen Einbürgerungsinteresses oder Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei einem herausragenden öffentlichen Einbürgerungsinteresse - eingeräumt worden sind. In den beispielhaft genannten Anwendungsfällen setzt ein Absehen von der Unterhaltsfähigkeit mithin voraus, dass ein besonderes oder herausragendes Einbürgerungsinteresse besteht. Dazu, ob weitere, gegebenenfalls welche, Fallgestaltungen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG denkbar sind, verhalten sich die Vorläufigen Anwendungshinweise nicht. Allerdings spricht der Umstand, dass die in der StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen nicht allesamt in Bezug genommen werden, eindeutig dafür, dass jedenfalls nach dem Verständnis des Bundesministeriums des Inneren nicht jede zu Abs. 1 der Vorschrift vorgesehene Einbürgerungserleichterung den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG nahe legen soll, sondern vorrangig oder ausschließlich solche, die einem spezifisch staatlichen Interesse zu dienen bestimmt sind.

Allein ein solches Verständnis der Vorschrift erscheint aus Sicht des Senats sachgerecht. Ermessensgesichtspunkte und Einbürgerungserleichterungen, die nach der Rechtsprechung und den insoweit geltenden Verwaltungsvorschriften der StAR-VwV zwar im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG beachtlich und grundsätzlich dort geeignet sind, eine dem Ausländer positive Einbürgerungsentscheidung zu ermöglichen, aber nicht irgendwie gearteten staatlichen Interessen dienen, sondern vorrangig besonderen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des Ausländers angemessen Rechnung tragen sollen, vermögen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nicht zu begründen.

So kann sich beispielsweise daraus, dass im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 StAG und zweifelsfrei ebenso des Absatzes 2 der Vorschrift eine Aufenthaltserlaubnis, die nach § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen auf Dauer zugesagt ist, als erforderlicher Aufenthalt ausreichen soll (Nr. 8.1.2.4 StAR-VwV), kein im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG beachtliches öffentliches Interesse an der Einbürgerung ergeben. Gleiches gilt etwa hinsichtlich der die allgemein geltenden Sprachanforderungen einschränkenden Einbürgerungserleichterungen für minderjährige Kinder (Nr. 8.1.3.6 StAR-VwV) und ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV).

Nach allem ist ein öffentliches Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit - insoweit gegebenenfalls auch im Falle eines Vertretenmüssens - einzubürgern. Nur bei Bestehen eines solchen durch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses verlangt die Vorschrift der Einbürgerungsbehörde die Betätigung ihres Einbürgerungsermessens ab.

Nach Einschätzung des Senats entspricht dies der - wenngleich bisher nicht ausdrücklich formulierten - Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts. Wie ausgeführt, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.3.2012 in einem Fall, in dem ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG wegen Nichterfüllung des Unbescholtenheitserfordernisses ausgeschlossen war, beanstandet, dass es an der nötigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung fehle, ob ein öffentliches Interesse im Sinne des Absatzes 2 der Vorschrift besteht. Denn das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, nicht zum Anlass genommen zu überprüfen, ob und inwieweit dies zutreffe und wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien. Damit hat es, ohne die tatbestandlichen Anforderungen eines öffentlichen Interesses im Sinne des Absatzes 2 näher zu definieren, deren Vorliegen jedenfalls nicht davon abhängig gemacht, ob eine der in der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zu Absatz 1 der Vorschrift allgemein anerkannten, das öffentliche Interesse im Sinne des Absatzes 1 kennzeichnenden Einbürgerungserleichterungen greift, sondern bezogen auf den konkreten Sachverhalt die Prüfung gefordert, ob die Wahrnehmung einer repräsentativen Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG begründet. Dies kann nur dahingehend verstanden werden, dass im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein spezifisch staatliches Interesse an einem ausnahmsweisen Absehen von den strengen Voraussetzungen des Abs. 1 Nrn. 2 und/oder 4 besteht.

Mithin ist nicht zu erwarten, dass das Bundesverwaltungsgericht den Vorschlag der Kommentarliteratur, jedwede anerkannte Einbürgerungserleichterung als geeignet anzusehen, ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu begründen, aufgreifen könnte.

Demgemäß füllt allein die dem Kläger zugute kommende Einbürgerungserleichterung für ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV) den Tatbestand eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift nicht aus. Gleichzeitig ist festzustellen, dass Anhaltspunkte für das Bestehen eines durch spezifisch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers, also eines Erwünschtseins seiner Einbürgerung aufgrund allgemeiner politischer, wirtschaftlicher und kultureller Gesichtspunkte, weder ersichtlich noch dargetan sind. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Ansicht vertreten, für ein „Erwünschtsein“ im Sinne eines staatlichen Interesses an seiner Einbürgerung müsse ausreichen, dass er schon über 30 Jahre und damit sehr lange in Deutschland lebe und hier auf Dauer bleibeberechtigt sei. Zudem hätten seine Kinder sich ebenfalls hier niedergelassen, seien zum Teil schon lange eingebürgert und berufstätig, so dass sie als Steuerzahler zum Gemeinwohl beitrügen. Dies reicht - so erfreulich die Entwicklung der Kinder sicherlich ist - mit Blick auf den hier allein interessierenden Kläger zur Begründung eines staatlichen Interesses im vorbezeichneten Sinne nicht aus. Dass das Alter und ein langjähriger Aufenthalt im Inland einem Einbürgerungsbewerber im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG einbürgerungserleichternd zugute kommen können, vermag - wie ausgeführt - für sich genommen nicht automatisch den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu rechtfertigen, und kann auch im Zusammenspiel mit einer gelungenen Integration der Kinder ein solches Interesse nicht begründen. Denn § 8 Abs. 2 StAG enthält nach der gesetzlichen Konzeption einen Ausnahmetatbestand und setzt daher voraus, dass der konkrete Fall sich in einer spezifischen Weise von der in der Mehrzahl der Zuwandererfamilien zu beobachtenden Integration der Kinder in die hiesigen Verhältnisse - zusätzlich - positiv abhebt. Anhaltspunkte hierfür sind nicht vorgetragen oder ersichtlich. Dem Beklagten ist mithin ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 2 StAG nicht eröffnet.

Wegen Fehlens diesbezüglicher tatsächlicher Anhaltspunkte und damit mangels Entscheidungsrelevanz bedarf keiner Entscheidung, ob - wie das Verwaltungsgericht annimmt - ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG auch bei besonderen Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers zu bejahen ist. Angemerkt sei lediglich, dass für eine solche Auslegung der Vorschrift die - wenngleich in anderem Zusammenhang verwendete - Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010 „zur Vermeidung einer Härte oder wegen anderweitiger Integrationsleistungen“(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O., juris-Rdnr. 36 (vgl. auch Rdnr. 39)) sprechen mag.

3. Nach alldem bleibt festzuhalten, dass dem Kläger weder auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 StAG noch des § 8 Abs. 2 StAG ein Anspruch darauf zusteht, dass der Beklagte erneut über sein Einbürgerungsbegehren entscheidet.

Die Berufung gegen das den diesbezüglich gestellten Hilfsantrag des Klägers abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt daher der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 42.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, muss aber in der Sache ohne Erfolg bleiben.

Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage hinsichtlich des Hilfsantrags, den allein der Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgt, zu Recht abgewiesen. Ihm ist zudem darin zuzustimmen, dass dem Kläger mit Blick auf das Fehlen eines insoweit geeigneten Aufenthaltstitels kein aus § 10 StAG herleitbarer Anspruch auf Einbürgerung zusteht. Dies hat der Kläger ausweislich der Beschränkung seines Berufungsbegehrens akzeptiert. Sein im Berufungsverfahren weiter verfolgter Antrag, den Beklagten zu verpflichten, über seinen Einbürgerungsantrag in Anwendung des § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 StAG erneut nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ist unbegründet.

1. Ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch auf Neubescheidung setzt zunächst voraus, dass die durch die Vorschrift vorgegebenen gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Ist dies zu bejahen, so steht die Einbürgerung im grundsätzlich weiten Ermessen des Beklagten als zuständiger Einbürgerungsbehörde.(Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht - GK-StAR -, Stand 25. Erg.lfg. August 2011, § 8 Rdnr. 170 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 27.5.2010 - 5 C 8/09 -, NVwZ 2010, 1502 ff.)

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 8 Abs. 1 StAG ist geklärt, dass der Einbürgerungsbehörde ein Einbürgerungsermessen nach dieser Vorschrift nur eingeräumt ist, wenn neben den sonstigen in der Vorschrift aufgeführten und vorliegend außer Streit stehenden Voraussetzungen das auf den Nachweis der wirtschaftlichen Integration zielende Tatbestandsmerkmal der Nr. 4 erfüllt ist.(BVerwG, Urteil vom 27.2.1958 - I C 99.56 -, BVerwGE 6, 207 ff.) Hiernach muss der Ausländer im Stande sein, sich und seine Angehörigen aus eigener Kraft zu ernähren. Ist dies nicht der Fall, weil der Ausländer auf den Bezug von (ergänzenden) Sozialleistungen angewiesen ist, spielt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der obergerichtlichen Rechtsprechung(OVG Berlin, Beschluss vom 9.10.1995 - 5 M 25.95 -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.3.1996 - 13 S 1908/95 -, jeweils juris) zu § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG keine Rolle, ob der Ausländer seine Bedürftigkeit zu vertreten hat. Auf Kritik von Seiten der Kommentarliteratur(GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnr. 124), wonach dieses keine Ausnahmen zulassende Verständnis des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG den seit Inkrafttreten der Vorschrift im Jahr 1914 zu verzeichnenden sozialpolitischen Veränderungen nicht angemessen Rechnung trage, hat das Bundesverwaltungsgericht seine am Wortlaut orientierte Auslegung der Vorschrift in der Vergangenheit mehrfach bekräftigt. Es hat dies damit begründet, dass der Gesetzgeber das Staatsangehörigkeitsrecht - u.a. auch § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG - wiederholt geändert, dabei die Einbürgerung für bestimmte Personenkreise mit Wirkung zum 1.1.1991 erleichtert und geregelt habe, unter welchen Voraussetzungen die Inanspruchnahme von Sozialleistungen der Einbürgerung nicht entgegenstehe. Dies berücksichtigend verbiete es sich, die unverändert gebliebene Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG, die in diese neuere Gesetzgebung nicht einbezogen worden sei, teleologisch zu reduzieren.(BVerwG, Beschlüsse vom 5.5.1997 - 1 B 94/97 -, NVwZ-RR 1997, 738 f., und vom 10.7.1997 - 1 B 141/97 -, NVwZ 1998, 183 f.; Urteil vom 22.6.1999 - 1 C 16/98 -, InfAuslR 1999, 501 ff.) Zu der Frage, wann ein Einbürgerungsbewerber sich und seine Angehörigen auf Dauer aus eigenen Mitteln ernähren kann, hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.7.1998 - 13 S 2212/96 -, InfAuslR 1998, 509 ff.) überzeugend ausgeführt, dass er zumindest über eigene Einnahmen in Höhe der Regelsätze der Sozialhilfe verfügen muss.

Fallbezogen scheitert ein auf § 8 Abs. 1 StAG gestützter Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags am Nichtvorliegen der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung der Nr. 4 der Vorschrift, da der Kläger für sich und seine Ehefrau fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Gestalt der bedarfsorientierten Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel des SGB XII bezieht. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass dieser Leistungsbezug einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG auch dann entgegensteht, wenn der Kläger den Umstand, der ihn zur Inanspruchnahme dieser Leistungen berechtigt, nicht zu vertreten hat.

Da es im Rahmen der Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG nicht darauf ankommt, ob der Einbürgerungsbewerber seine Bedürftigkeit zu vertreten hat, ist aus Rechtsgründen kein Raum für die von dem Kläger reklamierte entsprechende Heranziehung der vom Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 19.2.2009 - 5 C 22/08 -, NVwZ 2009, 843 ff.) entwickelten Grundsätze zur Frage, unter welchen Voraussetzungen sich frühere Versäumnisse nicht mehr als wesentliche, prägende Ursache für den Leistungsbezug darstellen und daher vom Einbürgerungsbewerber nicht mehr im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG zu vertreten sind. Dies ist sachgerecht, denn die gesetzlichen Erleichterungen, die diese Vorschrift gewährt, rechtfertigen sich - wie das Bundesverwaltungsgericht in dem klägerseits zitierten Urteil vom 19.2.2009 ausdrücklich hervorgehoben hat - daraus, dass bei zurechenbar unzureichender wirtschaftlicher Integration schon die erforderliche Voraufenthaltszeit eines achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalts oder der für den Einbürgerungsanspruch erforderliche Aufenthaltsstatus gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht erreicht werden kann, weil die aufenthaltsrechtlichen Vorschriften (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) regelmäßig einen gesicherten Lebensunterhalt verlangen. Dies gilt insbesondere auch für die Ersetzung einer - wie im Fall des Klägers - nach Maßgabe des § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen erteilten oder verlängerten befristeten Aufenthaltserlaubnis durch eine Niederlassungserlaubnis, da deren Erteilung nach den §§ 26 Abs. 4 i.V.m. 9 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG ebenfalls voraussetzt, dass der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist.

Der Kläger begründet seine Ansicht, im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG dürfe hinsichtlich der Unterhaltsfähigkeit kein strengerer Maßstab als im Rahmen des § 10 StAG angelegt werden, mit den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010.(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O.) Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Ausführungen, wonach die Anspruchsvoraussetzungen bzw. Ausschlussgründe der §§ 10 und 11 StAG der Sache nach bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG berücksichtigt werden dürfen, ausdrücklich unter dem Vorbehalt stehen, dass sie in § 8 Abs. 1 StAG nicht schon auf der Tatbestandsebene modifiziert sind. Gerade dies ist der Fall, denn die tatbestandlichen Anforderungen an die Unterhaltsfähigkeit sind in § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG anders - insbesondere unter Anlegung strengerer Kriterien - geregelt als in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG.

Im Übrigen verkennt der Kläger bei seiner Argumentation, ihm dürften die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zugerechnet werden, dass die diesbezüglich vom Bundesverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht entwickelten Kriterien in seinem Fall nicht erfüllt sind. Denn der hiernach maßgebliche Zeitraum von acht Jahren ist noch nicht verstrichen. Dem Kläger ist entgegenzuhalten, dass er und seine Ehefrau als Bedarfsgemeinschaft seit Erreichen des Rentenalters im Juli 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter beziehen, weil er sich seit Erhalt seiner Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 nur unzureichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat und daher keinen Anspruch auf eine Altersrente erwerben konnte. Ausweislich der Ausländerakte ist der Kläger seitens der Ausländerbehörde frühzeitig schriftlich darauf hingewiesen worden, dass eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden kann, wenn der Lebensunterhalt der Familie aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert ist (Schreiben der Ausländerbehörde vom 4.11.1992, Bl. 173 f. der Ausländerakte, und Bescheid vom 5.1.1993 betreffend die Ablehnung der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, Bl. 178 f. der Ausländerakte). Aktenkundig sind indes lediglich drei - von vornherein wenig erfolgversprechende - Versuche, eine Arbeitsstelle zu finden, nämlich seine Bewerbungen 1996 in Berlin bzw. Hamburg und 2005 erneut in Berlin. Die jeweiligen Ausländerbehörden lehnten eine Aufnahme des Klägers in ihren Zuständigkeitsbereich jeweils ab, und zwar wegen Nichtbeibringung der geforderten Einstellungszusicherung (Bl. 219 der Ausländerakte) bzw. weil nach der Höhe des voraussichtlichen Verdienstes nicht auszuschließen war, dass er weiterhin auf den Bezug von Sozialleistungen angewiesen sein würde (Bl. 230 und 279 der Ausländerakte). Sonstige - insbesondere ortsnahe und insofern erfolgversprechendere - Bemühungen des Klägers um eine Beschäftigung trägt dieser selbst nicht vor. Er gibt lediglich an, sich wiederholt und regelmäßig bei den Arbeitsämtern in H., V. und A-Stadt als arbeitssuchend gemeldet zu haben (Bl. 176 der Einbürgerungsakte). Erfolglos gebliebene Bewerbungen behauptet er nicht. Zudem tritt er der Feststellung in dem angefochtenen, die Einbürgerung ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 3.3.2010, es könne nicht von einem unverschuldeten Bezug öffentlicher Mittel ausgegangen werden, im Klage- und Berufungsverfahren nur insoweit entgegen, als er geltend macht, mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien ihm die Fernwirkungen seines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens aktuell nicht mehr zurechenbar. Dies trifft indes gerade nicht zu. Denn der Sachverhalt stellt sich so dar, dass dem Kläger seit Erhalt einer Arbeitserlaubnis im Oktober 1991 bis zum Eintritt in das Rentenalter im Juli 2008 unzureichende Bemühungen um eine Arbeitsstelle entgegenzuhalten sind. Seit Beendigung dieser langen Zeit mangelnder Anstrengungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes sind im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erst ca. vier Jahre verstrichen, so dass der Kläger aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon aus tatsächlichen Gründen nicht zu seinen Gunsten herleiten kann, dass er für seine jahrelang unzureichenden Bemühungen nicht mehr einzustehen habe.

2. Aus § 8 Abs. 2 StAG leitet sich ein Anspruch des Klägers auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags ebenfalls nicht her.

Nach dieser Vorschrift kann von dem Unbescholtenheitserfordernis des § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG und dem Erfordernis der Unterhaltsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden. Der Gesetzgeber hat diese Ausnahmevorschrift, die bezüglich der Nr. 4 am 1.1.2005 und bezüglich der Nr. 2 am 28.9.2007 in Kraft getreten ist, neu in das Staatsangehörigkeitsgesetz eingefügt, weil er im Hinblick auf die Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG mit ihren speziellen Voraussetzungen auch bei der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG eine Ausnahmeregelung als erforderlich ansah. Bei den Tatbestandsvoraussetzungen „Gründe des öffentlichen Interesses“ und „Vermeidung einer besonderen Härte“ handelt es sich jeweils um unbestimmte Rechtsbegriffe, die inhaltlicher Konkretisierung bedürfen und deren Auslegung und Anwendung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Fallbezogen spricht nichts für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands.

Die Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 2 StAG ist für die Auslegung der Vorschrift nicht ergiebig. Sie führt lediglich einen - hier nicht einschlägigen - Beispielsfall einer besonderen Härte an. Hinweise zum Verständnis des Tatbestandsmerkmals „Gründe des öffentlichen Interesses“ fehlen vollständig.(BT-Drs. 14/7387, S. 107, und 15/420, S. 116)

In der Rechtsprechung ist bisher nur in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Vermeidung einer besonderen Härte geklärt, welche konkreten Anforderungen die gesetzliche Neuregelung an das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls stellt.

Das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 20.3.2012 - 5 C 5.11 -) hat vor kurzem entschieden, dass eine besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG durch atypische Umstände des Einzelfalls bedingt und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen sein muss und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden könnte. Es hat damit die bisher zu den Anforderungen an das Vorliegen einer besonderen Härte ergangene obergerichtliche Rechtsprechung(HessVGH, Beschluss vom 21.10.2008 - 5 A 1820.08.Z -, und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009 - 13 S 2428.08 -, jeweils juris), u.a. des Senats(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.6.2010 - 1 A 88/10 -, juris), bestätigt. Dies zugrundelegend kommt fallbezogen ein Einbürgerungsermessen des Beklagten zur Vermeidung einer besonderen Härte nicht in Betracht. Die Argumentation des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, eine besondere Härte liege darin, dass er wegen seines Alters außer Stande sei, an seinem Angewiesensein auf den Bezug von Sozialleistungen noch etwas zu ändern, geht fehl. Denn diese Situation wird weder durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen noch könnte sie durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest abgemildert werden. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der Würdigung der Versagung der Einbürgerung als besondere Härte im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG selbst in Fällen, in denen der Betroffene den Bezug von Sozialhilfeleistungen nicht zu vertreten hat, bereits mehrfach - u.a. in seinem vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 20.3.2012 in Bezug genommenen Beschluss vom 11.6.2009 - eine Absage erteilt.(OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 11.6.2009 - OVG 5 M 30.08 -, und vom 8.2.2010 - OVG 5 M 48.09 -, jeweils juris) Auch dies überzeugt.

Zur Frage, wann die Voraussetzungen des alternativen Tatbestandsmerkmals „aus Gründen des öffentlichen Interesses“ erfüllt sind, hat sich das Bundesverwaltungsgericht noch nicht dezidiert geäußert. In seinem Urteil vom 20.3.2012 hat es allerdings beanstandet, dass das Berufungsgericht das Vorbringen des dortigen Einbürgerungsbewerbers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, in tatsächlicher Hinsicht nicht hinterfragt und nicht geprüft habe, wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien.

Die obergerichtliche Rechtsprechung hat sich zu den Anforderungen, die an das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu stellen sind, ebenfalls noch nicht festgelegt. In den Entscheidungen, in denen § 8 Abs. 2 StAG Erwähnung findet, heißt es - sofern das Vorliegen eines öffentlichen Interesses angeprüft wird - jeweils ohne nähere Darlegung, ein solches sei nicht erkennbar.(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2009, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 21.10.2011 - 1 S 135/11 -, NVwZ-RR 2012, 160 f.) An erstinstanzlichen Entscheidungen finden sich ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach(VG Ansbach, Urteil vom 10.9.2008 - AN 15 K 08.00780 -, juris) und mehrere Urteile des Verwaltungsgerichts des Saarlandes(VG des Saarlandes, Urteile vom 9.2.2010 - 2 K 530/09 -, vom 14.12.2010 - 2 K 445/09 -, vom 22.11.2011 - 2 K 560/10 - und vom 31.1.2012 - 2 K 667/10 -, jeweils juris), u.a. auch das im Verfahren des Klägers ergangene Urteil vom 27.9.2011.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat zu der dortigen Fallgestaltung ausgeführt, Anhaltspunkte für Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn von § 8 Abs. 2 StAG lägen nicht vor, auch wenn die Beachtung einer Staatenlosigkeit wegen der Verpflichtung, die Einbürgerung so weit wie möglich zu erleichtern, hierzu gezählt werde. Auch spiele die von dem Kläger angeführte, im öffentlichen Interesse liegende einheitliche Staatsangehörigkeit in der Familie gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer ausreichenden Integration in die deutschen Verhältnisse keine ausschlaggebende Rolle. Eine klare Aussage dazu, wann Gründe des öffentlichen Interesses im Sinn des Abs. 2 vorliegen, enthalten diese Ausführungen nicht.

Nach dem in den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts des Saarlandes zum Ausdruck kommenden Verständnis der in § 8 Abs. 2 StAG getroffenen Ausnahmeregelung soll das Vorliegen von Gründen des öffentlichen Interesses voraussetzen, dass der Einbürgerungsbewerber besondere Integrationsleistungen erbracht hat.

In der Kommentarliteratur wird gefordert, den Begriff des öffentlichen Interesses weit auszulegen. Anknüpfungspunkt der Argumentation sind die Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Staatsangehörigkeitsrecht - StAR-VwV - zur Handhabung des durch § 8 Abs. 1 StAG eröffneten Ermessens und die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG, die noch einer (für die Einbürgerungsbehörden) verbindlichen Umsetzung durch Änderung der StAR-VwV bedürfen. Das öffentliche Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei im Zusammenhang zu sehen mit den vom Bundesministerium des Inneren vorgegebenen Einbürgerungserleichterungen, die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen seien und das öffentliche Interesse an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck brächten. Seien die Voraussetzungen einer solchen Einbürgerungserleichterung erfüllt, sei regelmäßig auch ein Abweichen vom Unterhaltserfordernis angezeigt.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 157; Hailbronner/Renner/Maaßen, a.a.O., § 8 Rdnr. 48) Zu eng, jedenfalls nicht abschließend, seien die Vorgaben der Nr. 8.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise. Denn der Gesetzgeber habe - anders als dort gefordert - nicht ein „besonderes“ oder gar „herausragendes“ öffentliches Interesse zur Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung gemacht, sondern ein „schlichtes“ öffentliches Interesse. Ein solches manifestiere sich grundsätzlich in allen in der Verwaltungspraxis anerkannten und in der StAR-VwV bezeichneten Einbürgerungserleichterungen.(GK-StAG, a.a.O., § 8 Rdnr. 159 f.)

Diese Auslegung erscheint zu weitgehend. Sie beruht offenbar auf der Annahme, der Begriff des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG sei identisch mit dem in den Nummern 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV umschriebenen öffentlichen Interesse, das in den Fällen des § 8 Abs. 1 StAG im Rahmen des Einbürgerungsermessens eine dem Einbürgerungsbewerber positive Entscheidung ermöglichen kann. Wenngleich die Verwendung des Begriffs „öffentliches Interesse“ in Abs. 2 der Vorschrift dieses Verständnis auf den ersten Blick durchaus rechtfertigen könnte, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass die Annahme, der Gesetzgeber habe das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Interesse“ im Sinn der zur Förderung einer einheitlichen Handhabung des Einbürgerungsermessens erlassenen Vorgaben der StAG-VwV zu § 8 Abs. 1 StAG verstanden wissen wollen, nicht tragfähig ist.

In Bezug auf § 8 Abs. 1 StAG verlangt das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteile 27.2.1957 - I C 165.55 -, BVerwGE 4, 298 ff., vom 30.9.1958 - I C 20.58 -, BVerwGE 7, 237 ff., vom 21.10.1986 - 1 C 44.84 -, BVerwGE 75, 86 ff., und vom 27.5.2010, a.a.O., m.w.N.) bisher in ständiger Rechtsprechung von den Einbürgerungsbehörden, bei der Ermessensausübung darauf abzustellen, ob ein staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht. Die Behörde habe zu prüfen, ob die Einbürgerung sowohl nach den persönlichen Verhältnissen des Bewerbers als auch nach allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gesichtspunkten im staatlichen Interesse erwünscht ist, ohne dass eine Abwägung mit den persönlichen Interessen des Einbürgerungsbewerbers stattfinde. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner zuletzt zur Problematik ergangenen bereits in Bezug genommenen Entscheidung vom 27.5.2010 offen gelassen, ob es ungeachtet der diesbezüglichen Kritik(Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 8 Rdnr. 50; GK-StAR, a.a.O., § 8 Rdnrn. 178 ff.) daran festhalten wird, dass bei der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 1 StAG ohne Abwägung des privaten Interesses des Einbürgerungsbewerbers allein das öffentliche Interesse an einer Einbürgerung zu berücksichtigen ist. Allerdings spricht im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 StAG - wie noch auszuführen sein wird - alles dafür, Einbürgerungserleichterungen, die den persönlichen Verhältnissen des Einbürgerungsbewerbers Rechnung tragen sollen, nicht als ausreichend zur Begründung eines öffentlichen Interesses zu erachten, sondern ein spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung als unverzichtbar zu fordern.

Die Vorgaben der StAR-VwV, insbesondere die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, die nach Ansicht der Kommentarliteratur ein öffentliches Interesse auch im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG an der Einbürgerung des durch sie privilegierten Personenkreises zum Ausdruck bringen können, sind am 1.2.2001, also lange bevor der Gesetzgeber die Einfügung des heutigen § 8 Abs. 2 StAG beschlossen hat, in Kraft getreten. Nach Nr. 8.0 StAR-VwV kann bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG eine Einbürgerung nach Ermessen der Behörde erfolgen, wenn im Einzelfall ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung festgestellt werden kann. In diesem Zusammenhang heißt es unter Nr. 8.1.2, dass die Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 allgemeine Grundsätze für die Ermessensausübung enthalten und festlegen, unter welchen Voraussetzungen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung anzunehmen ist. Demgemäß sind die unter Nr. 8.1.2 StAR-VwV fixierten allgemeinen Grundsätze für die Ermessensausübung und die unter Nr. 8.1.3 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen für bestimmte Personengruppen vom Bundesministerium des Inneren mit dem Ziel konzipiert worden, den Einbürgerungsbehörden durch Konkretisierung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Rahmen für eine einheitliche Bewältigung der speziell bei der Anwendung des § 8 Abs. 1 StAG zu erwartenden Problemstellungen vorzugeben.

Dass jede zu § 8 Abs. 1 StAG anerkannte Einbürgerungserleichterung gleichzeitig ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG zum Ausdruck bringt, ist indes nicht anzunehmen.

Das öffentliche Interesse jeweils inhaltsgleich zu verstehen, hieße zunächst, dass einerseits eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 1 der Vorschrift nur in Betracht kommt, wenn u.a. die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und 4 und gleichzeitig die im Rahmen der Ermessensbetätigung nach der StAR-VwV zu prüfenden Kriterien, von deren Vorliegen das Bestehen eines öffentlichen Interesses abhängt, allesamt erfüllt sind, dass andererseits aber eine Ermessenseinbürgerung nach Abs. 2 der Vorschrift bei Vorliegen der gleichen das öffentliche Interesse bestimmenden Kriterien ohne Weiteres auch möglich wäre, wenn der Einbürgerungsbewerber den tatbestandlichen Voraussetzungen der Nrn. 2 und/oder 4 nicht genügt. Dies kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Denn die unter Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 erfassten Kriterien für das Vorliegen des im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG von der Rechtsprechung geforderten öffentlichen Interesses tragen durchaus unterschiedlichen Anliegen Rechnung, die teils primär private Belange des Einbürgerungsbewerbers und teils ausschließlich staatliche Belange im Blick haben. Die dort vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen sind von daher nicht in gleicher Weise geeignet, im Rahmen der Ausnahmevorschrift des Abs. 2 Berücksichtigung zu finden. Die Tatbestandsmerkmale der Unbescholtenheit und der Unterhaltsfähigkeit im Sinn der Nrn. 2 und 4 des § 8 Abs. 1 StAG wären bei dem von der Kommentarliteratur vertretenen Verständnis des in Abs. 2 der Vorschrift verwendeten Begriffs des öffentlichen Interesses ihrer Bedeutung als das Einbürgerungsermessen erst eröffnende Tatbestandsvoraussetzungen vollständig enthoben, ohne dass dies nach dem sachlichen Zusammenhang gerechtfertigt wäre.

Speziell mit Blick auf § 8 Abs. 1 Nr. 4 StAG spricht gegen eine begriffliche Identität, dass § 8 Abs. 2 StAG den Einbürgerungsbehörden die Möglichkeit einer Ermessenseinbürgerung unabhängig davon einräumt, ob der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit selbst zu vertreten hat. In einer Vielzahl von Fällen, in denen einer positiven Entscheidung nach Abs. 1 das Nichtvorliegen der tatbestandlichen Anforderungen der Nr. 4 entgegensteht, stünde es auch im Falle rein privatnütziger, besondere persönliche Umstände berücksichtigender Einbürgerungserleichterungen im Ermessen der Einbürgerungsbehörde, ob sie grundsätzlich oder je nach den Umständen des Einzelfalls fordert, dass der Ausländer seine fehlende Unterhaltsfähigkeit nicht zu vertreten hat.

Die aufgezeigte Problematik wird anhand des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts deutlich. Ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG ist dem Beklagten mit Blick auf Nr. 4 der Vorschrift nicht eröffnet. Dessen ungeachtet genügt der Kläger allen unter Nr. 8.1.2 i.V.m. Nr. 8.1.3.7 und unter Nrn. 8.1.2.2 bis 8.1.2.6 festgelegten Kriterien, die im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG den Begriff des öffentlichen Interesses konkretisieren sollen. Denn auch dem Erfordernis ausreichender Sprachkenntnisse wäre mit Blick auf die - seinen persönlichen Belangen Rechnung tragende - Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 Genüge getan, da insoweit bei Personen, die - wie er - das 60. Lebensjahr vollendet und seit 12 Jahren ihren rechtmäßigen Aufenthalt im Inland haben, ausreicht, wenn sie sich ohne nennenswerte Probleme im Alltagsleben mündlich in deutscher Sprache verständigen können. Zu Zweifeln, ob der Kläger sich in dieser Weise verständigen kann, besteht angesichts seiner Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Veranlassung. Der Klarstellung halber sei angemerkt, dass der Senat der Ansicht des Beklagten, bei Anwendung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV sei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob nicht die Vita des Einbürgerungsbewerbers der Anwendung dieser Verwaltungsvorschrift entgegensteht, nicht zu folgen vermag. Sinn und Zweck dieser aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Verwaltungsvorschrift ist es, den besonderen persönlichen Verhältnissen und dem typischerweise nur noch eingeschränkten Leistungsvermögen älterer Personen im Falle eines langjährigen Inlandsaufenthalts im Rahmen der Ermessensausübung angemessen Rechnung zu tragen, und zwar unabhängig davon, ob ihnen der Erwerb weitergehender Sprachkenntnisse in jüngeren Jahren nach ihren persönlichen Fähigkeiten und ihren Lebensverhältnissen zumutbar gewesen wäre.

Die Annahme, dass der Tatbestand des öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG mit dem durch die Vorgaben der StAR-VwV zu Abs. 1 der Vorschrift konkretisierten öffentlichen Interesse identisch ist, hätte somit fallbezogen zur Folge, dass der Beklagte den Kläger auf der Grundlage des Abs. 2 wegen Eingreifens der Einbürgerungserleichterung der Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV einbürgern könnte, ohne dass er kraft Gesetzes oder auch nur kraft Verwaltungsvorschrift gehalten wäre zu prüfen, ob dieser seine fehlende Unterhaltsfähigkeit zu vertreten hat. Es erscheint fernliegend, dass dies der Intention des Gesetzgebers entspricht.

Die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Inneren vom 17.4.2009 zu § 8 Abs. 2 StAG sprechen - ungeachtet des Umstands, dass sie die Gerichte nicht zu binden vermögen und selbst im Verhältnis zu den Behörden noch einer verbindlichen Umsetzung bedürfen - ebenfalls gegen die von der Kommentarliteratur befürwortete weite Auslegung der Vorschrift. Denn deren Nr. 8.2 verweist gerade nicht auf die Gesamtheit der in Nrn. 8.1.2 bis 8.1.3.9.2 StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen, deren Vorliegen ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG rechtfertigen kann. Vielmehr soll ein Absehen von dem Unbescholtenheitserfordernis bzw. der Unterhaltsfähigkeit nach Nr. 8.2 StAR-VwV z.B. in Betracht kommen, wenn bereits Einbürgerungserleichterungen, einschließlich vorübergehender oder dauerhafter Hinnahme von Mehrstaatigkeit, bei einem besonderen (Nr. 8.1.3.5 StAR-VwV) oder herausragenden (Nr. 8.1.2.6.3.6 StAR-VwV) öffentlichen Interesse - Verkürzung der Mindestdauer des Inlandsaufenthalts bei Vorliegen eines besonderen Einbürgerungsinteresses oder Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei einem herausragenden öffentlichen Einbürgerungsinteresse - eingeräumt worden sind. In den beispielhaft genannten Anwendungsfällen setzt ein Absehen von der Unterhaltsfähigkeit mithin voraus, dass ein besonderes oder herausragendes Einbürgerungsinteresse besteht. Dazu, ob weitere, gegebenenfalls welche, Fallgestaltungen eines öffentlichen Interesses im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG denkbar sind, verhalten sich die Vorläufigen Anwendungshinweise nicht. Allerdings spricht der Umstand, dass die in der StAR-VwV vorgesehenen Einbürgerungserleichterungen nicht allesamt in Bezug genommen werden, eindeutig dafür, dass jedenfalls nach dem Verständnis des Bundesministeriums des Inneren nicht jede zu Abs. 1 der Vorschrift vorgesehene Einbürgerungserleichterung den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG nahe legen soll, sondern vorrangig oder ausschließlich solche, die einem spezifisch staatlichen Interesse zu dienen bestimmt sind.

Allein ein solches Verständnis der Vorschrift erscheint aus Sicht des Senats sachgerecht. Ermessensgesichtspunkte und Einbürgerungserleichterungen, die nach der Rechtsprechung und den insoweit geltenden Verwaltungsvorschriften der StAR-VwV zwar im Rahmen des § 8 Abs. 1 StAG beachtlich und grundsätzlich dort geeignet sind, eine dem Ausländer positive Einbürgerungsentscheidung zu ermöglichen, aber nicht irgendwie gearteten staatlichen Interessen dienen, sondern vorrangig besonderen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des Ausländers angemessen Rechnung tragen sollen, vermögen ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nicht zu begründen.

So kann sich beispielsweise daraus, dass im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 StAG und zweifelsfrei ebenso des Absatzes 2 der Vorschrift eine Aufenthaltserlaubnis, die nach § 23 Abs. 1 AufenthG aus humanitären Gründen auf Dauer zugesagt ist, als erforderlicher Aufenthalt ausreichen soll (Nr. 8.1.2.4 StAR-VwV), kein im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG beachtliches öffentliches Interesse an der Einbürgerung ergeben. Gleiches gilt etwa hinsichtlich der die allgemein geltenden Sprachanforderungen einschränkenden Einbürgerungserleichterungen für minderjährige Kinder (Nr. 8.1.3.6 StAR-VwV) und ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV).

Nach allem ist ein öffentliches Interesse im Sinn des § 8 Abs. 2 StAG nur gegeben, wenn nach dem konkreten Sachverhalt ein sich vom Durchschnittsfall eines Einbürgerungsbegehrens abhebendes spezifisch staatliches Interesse an der Einbürgerung besteht, das es ausnahmsweise rechtfertigen kann, den Ausländer trotz mangelnder Unbescholtenheit und/oder fehlender Unterhaltsfähigkeit - insoweit gegebenenfalls auch im Falle eines Vertretenmüssens - einzubürgern. Nur bei Bestehen eines solchen durch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses verlangt die Vorschrift der Einbürgerungsbehörde die Betätigung ihres Einbürgerungsermessens ab.

Nach Einschätzung des Senats entspricht dies der - wenngleich bisher nicht ausdrücklich formulierten - Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichts. Wie ausgeführt, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.3.2012 in einem Fall, in dem ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 1 StAG wegen Nichterfüllung des Unbescholtenheitserfordernisses ausgeschlossen war, beanstandet, dass es an der nötigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung fehle, ob ein öffentliches Interesse im Sinne des Absatzes 2 der Vorschrift besteht. Denn das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers, sein journalistischer Arbeitsplatz betreffe den Nahen Osten und er erfülle eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, nicht zum Anlass genommen zu überprüfen, ob und inwieweit dies zutreffe und wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten seien. Damit hat es, ohne die tatbestandlichen Anforderungen eines öffentlichen Interesses im Sinne des Absatzes 2 näher zu definieren, deren Vorliegen jedenfalls nicht davon abhängig gemacht, ob eine der in der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zu Absatz 1 der Vorschrift allgemein anerkannten, das öffentliche Interesse im Sinne des Absatzes 1 kennzeichnenden Einbürgerungserleichterungen greift, sondern bezogen auf den konkreten Sachverhalt die Prüfung gefordert, ob die Wahrnehmung einer repräsentativen Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG begründet. Dies kann nur dahingehend verstanden werden, dass im Rahmen des § 8 Abs. 2 StAG entscheidend darauf abzustellen ist, ob ein spezifisch staatliches Interesse an einem ausnahmsweisen Absehen von den strengen Voraussetzungen des Abs. 1 Nrn. 2 und/oder 4 besteht.

Mithin ist nicht zu erwarten, dass das Bundesverwaltungsgericht den Vorschlag der Kommentarliteratur, jedwede anerkannte Einbürgerungserleichterung als geeignet anzusehen, ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu begründen, aufgreifen könnte.

Demgemäß füllt allein die dem Kläger zugute kommende Einbürgerungserleichterung für ältere Personen (Nr. 8.1.3.7 StAR-VwV) den Tatbestand eines öffentlichen Interesses im Sinne der genannten Vorschrift nicht aus. Gleichzeitig ist festzustellen, dass Anhaltspunkte für das Bestehen eines durch spezifisch staatliche Belange vorgegebenen öffentlichen Interesses an der Einbürgerung des Klägers, also eines Erwünschtseins seiner Einbürgerung aufgrund allgemeiner politischer, wirtschaftlicher und kultureller Gesichtspunkte, weder ersichtlich noch dargetan sind. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Ansicht vertreten, für ein „Erwünschtsein“ im Sinne eines staatlichen Interesses an seiner Einbürgerung müsse ausreichen, dass er schon über 30 Jahre und damit sehr lange in Deutschland lebe und hier auf Dauer bleibeberechtigt sei. Zudem hätten seine Kinder sich ebenfalls hier niedergelassen, seien zum Teil schon lange eingebürgert und berufstätig, so dass sie als Steuerzahler zum Gemeinwohl beitrügen. Dies reicht - so erfreulich die Entwicklung der Kinder sicherlich ist - mit Blick auf den hier allein interessierenden Kläger zur Begründung eines staatlichen Interesses im vorbezeichneten Sinne nicht aus. Dass das Alter und ein langjähriger Aufenthalt im Inland einem Einbürgerungsbewerber im Sinne des § 8 Abs. 1 StAG einbürgerungserleichternd zugute kommen können, vermag - wie ausgeführt - für sich genommen nicht automatisch den Schluss auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG zu rechtfertigen, und kann auch im Zusammenspiel mit einer gelungenen Integration der Kinder ein solches Interesse nicht begründen. Denn § 8 Abs. 2 StAG enthält nach der gesetzlichen Konzeption einen Ausnahmetatbestand und setzt daher voraus, dass der konkrete Fall sich in einer spezifischen Weise von der in der Mehrzahl der Zuwandererfamilien zu beobachtenden Integration der Kinder in die hiesigen Verhältnisse - zusätzlich - positiv abhebt. Anhaltspunkte hierfür sind nicht vorgetragen oder ersichtlich. Dem Beklagten ist mithin ein Einbürgerungsermessen nach § 8 Abs. 2 StAG nicht eröffnet.

Wegen Fehlens diesbezüglicher tatsächlicher Anhaltspunkte und damit mangels Entscheidungsrelevanz bedarf keiner Entscheidung, ob - wie das Verwaltungsgericht annimmt - ein öffentliches Interesse im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG auch bei besonderen Integrationsleistungen des Einbürgerungsbewerbers zu bejahen ist. Angemerkt sei lediglich, dass für eine solche Auslegung der Vorschrift die - wenngleich in anderem Zusammenhang verwendete - Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27.5.2010 „zur Vermeidung einer Härte oder wegen anderweitiger Integrationsleistungen“(BVerwG, Urteil vom 27.5.2010, a.a.O., juris-Rdnr. 36 (vgl. auch Rdnr. 39)) sprechen mag.

3. Nach alldem bleibt festzuhalten, dass dem Kläger weder auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 StAG noch des § 8 Abs. 2 StAG ein Anspruch darauf zusteht, dass der Beklagte erneut über sein Einbürgerungsbegehren entscheidet.

Die Berufung gegen das den diesbezüglich gestellten Hilfsantrag des Klägers abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt daher der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 42.1 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.

2

Der 1977 in Bagdad geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger. Er reiste im Dezember 2000 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Das Bundesamt stellte auf diesen Antrag im Februar 2001 Abschiebungshindernisse fest. Der Kläger erhielt fortan Aufenthaltstitel, zuletzt im Dezember 2007 eine Niederlassungserlaubnis.

3

Das Amtsgericht verurteilte den Kläger Anfang 2004 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen.

4

Im Dezember 2007 beantragte der Kläger seine Einbürgerung. Auf dem Formblatt der Beklagten füllte er die Rubrik für Strafverurteilungen nicht aus, sondern kreuzte das Feld "keine Straftaten" an. Ferner gab er an, seit September 2006 als freier Journalist bei der D. tätig zu sein, wobei sein journalistischer Arbeitsbereich den Nahen Osten betreffe. Er habe eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland.

5

Mit Bescheid vom 16. Juni 2008 lehnte die Beklagte den Einbürgerungsantrag des Klägers ab, weil seine Strafverurteilung die Unbedenklichkeitsgrenze von 90 Tagessätzen mehr als geringfügig übersteige.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Einbürgerung mit Urteil vom 10. Februar 2010 abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 14. März 2011 die Entscheidung der Vorinstanz geändert und die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides verpflichtet, den Einbürgerungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Der Kläger habe weder einen Einbürgerungsanspruch aus § 10 Abs. 1 StAG noch aus § 8 Abs. 1 StAG, weil er die Voraussetzung der Straffreiheit nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG nicht erfülle und die Bagatellgrenze des § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG (Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen) nicht einhalte. Er habe jedoch einen Anspruch auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags aus § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG, da die gegen ihn verhängte Geldstrafe von 120 Tagessätzen den Rahmen von 90 Tagessätzen nur geringfügig übersteige. Das Tatbestandsmerkmal "geringfügig" im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG sei so auszulegen, dass es bei einer Überschreitung der Bagatellgrenze um nicht mehr als 30 Tagessätze Geldstrafe oder einen Monat Freiheitsstrafe noch erfüllt sei. Andernfalls werde der Vorschrift kein ausreichendes praktisches Anwendungsspektrum insbesondere bei Freiheitsstrafen belassen. Denn eine oberhalb der Bagatellgrenze von drei Monaten liegende Verurteilung zu einer Einzelfreiheitsstrafe betrage in der Praxis fast immer mindestens vier Monate, weil die Strafgerichte nahezu ausschließlich nach Monaten bemessene Einzelstrafen verhängten. Wenn demnach eine Überschreitung um einen Monat Freiheitsstrafe geringfügig sei, müsse dies auch für eine Überschreitung um 30 Tagessätze gelten. Denn die Geringfügigkeitsgrenze müsse für Geld- und Freiheitsstrafen einheitlich festgelegt werden.

7

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG. Bereits der Wortsinn des Merkmals "geringfügig" schließe es aus, dieses im Fall des Überschreitens der Bagatellgrenze um ein Drittel - wie hier - als erfüllt anzusehen. Was unter dem unbestimmten Rechtsbegriff geringfügig zu verstehen sei, sei nach dem Willen des Gesetzgebers der Präzisierung in einer Verwaltungsvorschrift, nämlich den Vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesministeriums des Innern, zu entnehmen. Deshalb sei eine Überschreitung nur geringfügig, wenn die Strafe oder die Summe der Strafen die Bagatellgrenze um nicht mehr als 21 Tagessätze Geldstrafe bzw. drei Wochen Freiheitsstrafe übersteige.

8

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Rechtsansicht der Beklagten an.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) nicht in Einklang. Weil der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht abschließend entscheiden kann, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

10

Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend ausgeführt, dass dem Kläger kein Anspruch auf Einbürgerung aus § 10 Abs. 1 StAG zusteht, weil er die Einbürgerungsvoraussetzung der Straffreiheit nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG nicht erfüllt und seine Verurteilung zu 120 Tagessätzen Geldstrafe nicht nach § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG unbeachtlich ist. Es hat jedoch zu Unrecht angenommen, dass der Kläger einen Anspruch auf Neubescheidung seines Einbürgerungsantrags nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG besitzt, weil die Überschreitung des Rahmens um 30 Tagessätze noch geringfügig im Sinne dieser Vorschrift sei (1.). Ob dem Kläger ein Anspruch auf eine Ermessensentscheidung der Beklagten nach § 8 Abs. 2 StAG zusteht, kann auf der Grundlage der vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilt werden, so dass die Sache der Zurückverweisung bedarf (2.).

11

1. Die Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung der Beklagten nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Verurteilung außer Betracht bleiben kann, wenn die Strafe oder die Summe der Strafen geringfügig den Rahmen nach den Sätzen 1 und 2 übersteigt. Diese Tatbestandsvoraussetzung ist entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts hier nicht erfüllt.

12

a) Bei dem Merkmal geringfügig handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Soweit sich die Verwaltungspraxis - auch der Beklagten - auf die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Staatsangehörigkeitsgesetz (in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 5. Februar 2009 Stand: 17. April 2009 - VAH-StAG -) stützt, nach deren Ziffer 12a.1.3 eine geringfügige Überschreitung vorliegt, wenn die Strafe oder die Summe der Strafen die Bagatellgrenze um nicht mehr als 21 Tagessätze bzw. drei Wochen Freiheitsstrafe übersteigt, ist dies für die Gerichte nicht bindend. Daran vermag auch der Hinweis in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 23. April 2007 (BTDrucks 16/5065 S. 230) zur neu gefassten Regelung des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG, dass der unbestimmte Rechtsbegriff geringfügig durch Verwaltungsvorschriften präzisiert werde, nichts zu ändern. Zwar ist damit nicht ausgeschlossen, dass die in Ziffer 12a.1.3 VAH-StAG genannte Zahl von 21 Tagessätzen (bzw. 3 Wochen Freiheitsstrafe) eine gesetzeskonforme Bestimmung dieses Rechtsbegriffs enthält. Ob dies zutrifft, bedarf jedoch keiner Entscheidung, weil jedenfalls die hier in Rede stehende Überschreitung des gesetzlichen Rahmens bei Geldstrafen um 30 Tagessätze nicht mehr geringfügig ist.

13

b) Eine Strafverurteilung, welche die gesetzliche Unbeachtlichkeitsgrenze von Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten (§ 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 StAG) um ein Drittel überschreitet, übersteigt diese nicht "geringfügig" im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG. Das ergibt sich aus einer Gesamtschau von Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck dieser Gesetzesbestimmung.

14

aa) Bereits der Wortlaut des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG weist deutlich in die Richtung, dass eine Verurteilung zu 120 Tagessätzen nicht vernachlässigt werden darf. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird das Wort geringfügig in seinem Bedeutungsgehalt mit den Worten unbedeutend, unwesentlich, nicht ins Gewicht fallend und belanglos umschrieben; dementsprechend wird das Substantiv Geringfügigkeit mit Unbedeutendheit, Belanglosigkeit, Kleinigkeit und unwesentliche Sache gleichgesetzt (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006, S. 676; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 9. Aufl. 2011, S. 603.). Daran gemessen spricht ganz Überwiegendes dagegen, dass die Überschreitung eines vorgegebenen Rahmens um ein Drittel noch als geringfügig angesehen werden kann. 30 Tagessätze Geldstrafe (mehr) erweisen sich im Verhältnis zu dem Bezugsrahmen von 90 Tagessätzen nicht als eine Kleinigkeit, als unbedeutend oder als unwesentlich.

15

Diese Bewertung entspricht der Bedeutung, die dem Begriff "geringfügig" in Vorschriften beigemessen wird, in denen das Wort - wie in § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG - auf eine quantitativ bestimmte oder bestimmbare Größe bezogen ist. So wird etwa für die Frage, ob eine Zuvielforderung kostenrechtlich noch verhältnismäßig "geringfügig" im Sinne von § 92 Abs. 2 ZPO ist, allgemein davon ausgegangen, dass die Grenze der Geringfügigkeit bei 10 % der Bezugsgröße verläuft (s. Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl. 2011, § 92 Rn. 8; Schneider, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 3. Aufl. 2011, § 92 Rn. 8; vgl. auch Bayerischer VerfGH, Entscheidung vom 20. November 2000 - Vf. 14-VI-00 - juris Rn. 6, 14 m.w.N.; vgl. ferner die weiteren Nachweise und Beispiele im Urteil des erstinstanzlich entscheidenden VG Köln vom 10. Februar 2010 - 10 K 4788/08 - juris Rn. 32 f.).

16

Die klare Tendenz der Wortlautauslegung, dass eine Überschreitung um ein Drittel nicht mehr geringfügig ist, wird durch die Anwendung weiterer Auslegungskriterien bestätigt.

17

bb) Dies gilt zunächst für die Auslegung am Maßstab der Gesetzessystematik. § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG steht in einem engen Kontext mit § 12a Abs. 1 Satz 1 und 2 StAG sowie mit § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG. Die zuletzt genannte Vorschrift statuiert den Grundsatz, dass Ausländer, die wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt worden sind, keinen Anspruch auf Einbürgerung haben. Eine Ausnahme macht das Gesetz in § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 StAG, indem es die sog. Bagatellgrenzen konkretisiert und anordnet, dass Verurteilungen von bis zu 90 Tagessätzen Geldstrafe oder 3 Monaten Freiheitsstrafe bei der Einbürgerung außer Acht bleiben. Werden diese Grenzen nicht eingehalten, so lässt § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG eine weitere Ausnahme zu, indem die Vorschrift noch eine Einzelfallprüfung ermöglicht; dies jedoch nur unter der einschränkenden Voraussetzung, dass die Überschreitung des Rahmens geringfügig ist. Diese systematische Stellung des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG als (weitere) Ausnahme spricht dagegen, den Bedeutungsgehalt des Wortes geringfügig entgegen dem Befund der grammatikalischen Auslegung weit zu fassen.

18

Die Gesetzessystematik streitet ferner dagegen, das Merkmal der Geringfügigkeit einer auf den Einzelfall bezogenen wertenden Betrachtung zu unterziehen (vgl. aber Berlit, in: GK-StAR, Stand: November 2010, § 12a Rn. 42; Hailbronner, in: Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 12a StAG Rn. 9). Zum einen liefe dies darauf hinaus, bereits bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals der Geringfügigkeit eine Interessenabwägung vorzunehmen, wie sie erst für die Ermessensentscheidung geboten ist. Hierdurch würde die oben beschriebene Normstruktur des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG durchbrochen. Zum anderen bezieht sich die Vorschrift mit ihrer Verweisung auf den Rahmen der Sätze 1 und 2 gerade auf die dort vorgegebenen Quantitäten (nämlich die in § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 StAG genannten 90 Tagessätze Geldstrafe bzw. 3 Monate Freiheitsstrafe). Diese Bezugnahme spricht dafür, auch den Begriff geringfügig in quantitativer Weise zu bestimmen. Der bei einer solchen Betrachtungsweise nahe liegende Schluss, dass jedenfalls eine Überschreitung der Bezugsgröße um ein Drittel nicht mehr geringfügig ist, trägt überdies auch dem im Staatsangehörigkeitsrecht bedeutsamen Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Rechnung (vgl. dazu Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 28.10 - DVBl 2012, 106 Rn. 20).

19

cc) Die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt diese Auslegung. § 12a StAG hat seine hier anwendbare und seit dem 28. August 2007 geltende Fassung durch das Änderungsgesetz vom 19. August 2007 erhalten (Art. 5 Nr. 10 des EU-Richtlinienumsetzungsgesetzes - BGBl I S. 1970). Mit diesem Gesetz ist die Regelung in dreifacher Hinsicht verschärft worden. Zunächst sind die Grenzwerte für Bagatellstraftaten in § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 StAG deutlich herabgesetzt worden. Nach der bis August 2007 geltenden Fassung des Gesetzes blieben noch Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen und zu Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten außer Betracht. Des Weiteren ist eine Verschärfung gegenüber der alten Rechtslage herbeigeführt worden, indem der Gesetzgeber im neu gefassten § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG die Zusammenrechnung von Bagatellstraftaten vorgesehen hat, und zwar auch dann, wenn das Strafgericht keine Gesamtstrafe gebildet hat. Eine dritte und hier ebenfalls bedeutsame Verschärfung ist im Hinblick auf das Nichtberücksichtigungsermessen bei Verurteilungen zu einer höheren als der in Bezug genommenen Strafe eingetreten. Während nach der früheren Regelung (§ 12a Abs. 1 Satz 2 StAG a.F.) bei allen Überschreitungen eine Ermessensentscheidung zu treffen war, ob die Straftat im Einzelfall außer Betracht bleiben konnte, ordnet der Gesetzgeber nach dem nunmehr geltenden § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG nur noch dann eine Ermessensentscheidung über das Absehen von einer Verurteilung an, wenn die Strafe oder die Summe der Strafen den genannten Rahmen geringfügig überschreitet. Diese vom Gesetzgeber bewusst angestrebten Verschärfungen würden in ihrer Wirkung umso stärker relativiert werden, je weiter das Merkmal geringfügig ausgelegt wird. Deshalb gebietet es die in der Verschärfung zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Intention, die Anzahl der Fälle, in denen trotz Überschreitung der Unbeachtlichkeitsgrenze noch eine Ermessensentscheidung über die Nichtberücksichtigung der Verurteilung nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG zu treffen ist, auf ein solches Maß zu beschränken, wie es der Wortlaut nahe legt.

20

Der dahin gehende gesetzgeberische Wille kommt auch in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck. In der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BTDrucks 16/5065 S. 229 f.) heißt es zur Änderung des Satzes 1 von § 12a Abs. 1 StAG, dass die bisherigen Grenzen für Bagatellstraftaten, die nicht einbürgerungshinderlich sind, als zu hoch angesehen werden und deshalb um die Hälfte gesenkt werden sollen. Dies entspreche auch einer Anregung der Innenministerkonferenz vom Mai 2006. Der damit in Bezug genommene Beschluss Nr. 7 der 180. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder stellte fest, dass die bisherigen Bagatellgrenzen, innerhalb derer Straftaten die Einbürgerung nicht hindern, unverhältnismäßig hoch seien. Um die Rechtstreue des Einbürgerungsbewerbers sicherzustellen, solle "in der Regel künftig bereits eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen die Einbürgerung ausschließen". Wenn sich der Gesetzgeber durch diese Bezugnahme die Forderung der Innenministerkonferenz zu eigen gemacht hat, dass "in der Regel" bereits eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen die Einbürgerung ausschließen soll, darf die im Gesetz vorgesehene Ausnahmeregelung des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG (Einzelfallprüfung bei geringfügiger Überschreitung) nicht entgegen dem Ergebnis der Wortlautinterpretation weit verstanden werden.

21

dd) Auch der Sinn und Zweck der Regelung steht einem weiten Verständnis entgegen.

22

Mit dem grundsätzlichen Erfordernis der Straffreiheit in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG will der Gesetzgeber zum einen demjenigen Einbürgerungsbewerber keinen Anspruch auf Einbürgerung einräumen, der ein Rechtsgut verletzt hat, das die Bundesrepublik Deutschland als der Staat, in den er eingebürgert werden will, für so wesentlich hält, dass dessen Verletzung mit Strafe bewehrt ist. Zum anderen stellt der Gesetzgeber damit klar, dass es nicht Aufgabe der Einbürgerungsbehörde ist, selbst festzustellen, ob der Ausländer eine Straftat begangen hat. Erforderlich aber auch hinreichend ist, dass der Verstoß gegen ein Strafgesetz in einer strafgerichtlichen Entscheidung festgestellt worden ist (Urteil vom 29. März 2007 - BVerwG 5 C 33.05 - BVerwGE 128, 271 Rn. 18). Mit der Regelung in § 12a Abs. 1 Satz 1 StAG über die Unbeachtlichkeit sog. Bagatellstraftaten wird dabei im Interesse der Rechtssicherheit eine klare Grenze vorgegeben, welche Straftaten bei der Entscheidung über die Einbürgerung unbeachtlich sind und welche nicht. Dies erleichtert zugleich den Verwaltungsvollzug, zumal die Einbürgerungsbehörden und im Streitfall die Verwaltungsgerichte grundsätzlich von der Richtigkeit der (rechtskräftigen) Verurteilung und des Strafmaßes ausgehen dürfen (vgl. Beschluss vom 16. Juli 2010 - BVerwG 5 B 2.10 - juris Rn. 18).

23

Der Zweck des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG besteht vor diesem Hintergrund darin, in "Grenzfällen" eine (weitere) Ausnahme durch die Möglichkeit einer Einzelfallprüfung zuzulassen. Diese individuelle Prüfung soll aber - wie sich insbesondere aus der bewussten Verschärfung der Vorschrift durch die Einfügung des Merkmals der Geringfügigkeit ergibt - nur bei unbedeutenden bzw. marginalen Abweichungen von der Unbeachtlichkeitsgrenze stattfinden. Dieser Zwecksetzung entspricht das schon durch den allgemeinen Wortsinn nahe gelegte Auslegungsergebnis, dass eine Überschreitung der Bezugsgröße um 30 Tagessätze - also um ein Drittel - nicht mehr geringfügig ist.

24

c) Das im Wege der grammatikalischen, systematischen, genetischen und teleologischen Auslegung gewonnene Ergebnis wird durch die Begründung des Berufungsgerichts nicht in Frage gestellt. Seinem hiergegen vorgebrachten Argument, dass der Vorschrift wegen der Praxis der Strafgerichte, Einzelfreiheitsstrafen nahezu ausschließlich in monatlicher Stufung zu verhängen, kein genügendes praktisches Anwendungsspektrum belassen werde (UA S. 11), vermag der Senat nicht zu folgen.

25

Dabei geht der Senat für die revisionsgerichtliche Prüfung von der tatsächlichen Feststellung des Berufungsgerichts aus, dass die Strafgerichte in der Praxis "nahezu ausschließlich" nach Monaten bemessene (Einzel-)Freiheitsstrafen verhängen. Es bedarf insoweit keiner abschließenden Entscheidung, ob diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend ist, weil es sich um eine Tatsachenfeststellung im Sinne von § 137 Abs. 2 VwGO handelt, die von der Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden ist. Auch wenn es sich - wofür Überwiegendes spricht - bei den Erhebungen zur Strafzumessungspraxis der Strafgerichte um generelle, der allgemeinen Auslegung der materiellrechtlichen Rechtsnorm (hier des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG) dienende Tatsachen (sog. legal facts) handelt, die von § 137 Abs. 2 VwGO nicht erfasst werden und vom Revisionsgericht im Zweifel selbst aufgeklärt werden dürften (vgl. Urteil vom 6. November 2002 - BVerwG 6 C 8.02 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 89 S. 24 f.; Beschluss vom 2. Februar 2011 - BVerwG 6 B 37.10 - juris Rn. 11), kann sie der Senat hier zugrunde legen. Denn die Feststellung des Berufungsgerichts über die Strafzumessungspraxis der Strafgerichte bei Freiheitsstrafen steht weder zwischen den Beteiligten im Streit noch ergeben sich sonst aufklärungsbedürftige Zweifel an ihrem Wahrheitsgehalt.

26

aa) Im Hinblick auf die hier in Rede stehende Regelung über Geldstrafen liegt die Gefahr eines praktischen Leerlaufens des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG aber auch dann nicht vor, wenn eine Überschreitung um 30 Tagessätze nicht mehr als geringfügig angesehen wird. Das Berufungsgericht hat nämlich nicht festgestellt, dass die Strafgerichte Geldstrafen nur in Stufen von 30 Tagessätzen verhängen. Hierfür gibt es auch sonst keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr kann es - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert und zwischen den Beteiligten unstreitig - als offenkundig angesehen werden, dass in der Strafpraxis auch Abstufungen in geringeren Schritten (etwa von 10 Tagessätzen) häufig sind (vgl. VG Ansbach, Urteile vom 18. Mai 2011 - AN 15 K 10.01673 - juris Rn. 27 und vom 16. März 2011 - AN 15 K 10.02233 - juris Rn. 25). Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass die Geldstrafe mindestens 5 Tagessätze beträgt (§ 40 Abs. 1 Satz 2 StGB).

27

bb) Ebenso wenig besteht die Gefahr, dass bei Zugrundelegung der Auslegung des Senats die Regelung des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG insgesamt leerläuft. Das Berufungsgericht hat nämlich auch nicht festgestellt, dass für das Merkmal der Geringfügigkeit im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG (insgesamt) kein praktischer Anwendungsbereich vorhanden sei. Neben den Anwendungsfällen im Hinblick auf Geldstrafen verbleibt ein solcher, wie auch das Berufungsgericht (UA S. 11) einräumt, sowohl im Hinblick auf die Bildung von Gesamtstrafen als auch auf diejenigen Fälle, in denen mehrere Geldstrafen oder Freiheitsstrafen und Geldstrafen gemäß § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG zusammenzurechnen sind.

28

cc) Dem Oberverwaltungsgericht ist auch nicht deshalb zu folgen, weil bei isolierter Betrachtung der Verurteilungen zu Freiheitsstrafe dem § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG insoweit nur dann ein ins Gewicht fallender praktischer Anwendungsbereich verbleibt, wenn die Geringfügigkeitsgrenze auf vier Monate festgesetzt wird. Zweifelhaft ist bereits, ob dem Hinweis auf die Strafzumessungspraxis der Strafgerichte bei Freiheitsstrafen überhaupt durchgreifende Bedeutung für die Auslegung des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG zukommen kann. Es begegnet nicht unerheblichen Bedenken, die Bestimmung des Inhalts von § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG maßgeblich an der Verfahrensweise der Strafgerichte auszurichten, die von Gesetzes wegen nicht gehalten sind, (kürzere) Freiheitsstrafen allein in Monatsschritten zu verhängen. § 39 StGB sieht nämlich eine Bemessung der Freiheitsstrafe unter einem Jahr nach vollen Wochen und Monaten vor, weshalb in der Rechtspraxis auch Stufungen in Wochen vorgekommen und für zulässig erachtet worden sind (vgl. BayObLG, Urteil vom 10. Juni 1976 - RReg 2 St 73/76 - NJW 1976, 1951 f.; KG Berlin, Beschluss vom 15. November 2005 - (3) 1 Ss 398/05 - juris Rn. 3).

29

Selbst wenn man unter Zurückstellung dieser Bedenken dem Ansatz des Berufungsgerichts folgt, greift seine Argumentation nicht durch. Aus seiner Feststellung zum praktischen Anwendungsbereich des § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG im Hinblick auf (Einzel-)Freiheitsstrafen folgt nicht, dass etwa aus teleologischen Gründen eine Auslegung geboten ist, welche eine Überschreitung des Bezugsrahmens um ein Drittel (also um einen Monat Freiheitsstrafe) noch als geringfügig im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG ansieht. Soweit aus der genannten Feststellung zu schließen ist, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift bei (Einzel-)Freiheitsstrafen numerisch deutlich kleiner ist als bei Geldstrafen, steht dies mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift gerade in Einklang.

30

Denn die Freiheitsstrafe ist, auch wenn ihre Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, gegenüber der Geldstrafe kein geringeres Übel (BGH, Urteil vom 17. Januar 1989 - 1 StR 730/88 - JR 1989, 425 f.), sondern regelmäßig die schwerere Strafe (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 1997 - 2 StR 464/97 - wistra 1998, 58; Häger, in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl. 2007, Vor § 38 Rn. 39 m.w.N.). Sie darf gerade bei kurzen Freiheitsstrafen nur unter besonderen Voraussetzungen angeordnet werden. Diese Wertung kommt insbesondere in § 47 Abs. 1 StGB zum Ausdruck, wonach das Gericht eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten nur verhängen darf, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Der zurückhaltende Gebrauch von der Freiheitsstrafe, die grundsätzlich nur als ultima ratio verhängt werden soll, ergibt sich im Verhältnis zur Geldstrafe als Folge des Grundsatzes, das zugefügte Übel möglichst gering zu halten (Theune, in: Leipziger Kommentar zum StGB, § 47 Rn. 2). Wenn aber die Freiheitsstrafe im Verhältnis zur Geldstrafe regelmäßig die schwerere Strafe ist, darf sie wegen der oben erörterten Zwecksetzung des § 12a Abs. 1 StAG im Hinblick auf die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze nach Satz 3 nicht großzügiger behandelt werden als die Geldstrafe. Vielmehr ist die Ein-Drittel-Grenze für (Einzel-)Freiheitsstrafen - auch wenn es insoweit rechtstatsächlich nur wenige praktische Anwendungsfälle geben mag - erst recht anzuwenden.

31

Diesem Ergebnis lässt sich - anders als das Berufungsgericht meint - nicht entgegenhalten, dass im Falle der Zusammenrechnung von Straftaten nach der Umrechnungsvorschrift des § 12a Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 StAG einem Tagessatz Geldstrafe ein Tag Freiheitsstrafe entspricht. Diese Regel findet ihre Vorbilder in den Umrechnungsregelungen des Strafgesetzbuchs (vgl. etwa § 54 Abs. 3, § 51 Abs. 4 Satz 1, § 47 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2, § 43 Satz 2 StGB). Dieser Umrechnungsfaktor liegt auch der Regelung des § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 StAG zugrunde, weil die Bagatellgrenzen für Freiheits- und Geldstrafen im Verhältnis zueinander dem Umrechnungsmaßstab entsprechen (90 Tagessätze = 3 Monate Freiheitsstrafe). Aus diesem systematischen Zusammenhang lässt sich zwar folgern, dass eine abstrakte Festlegung, wann eine Überschreitung bei Freiheitsstrafen einerseits und bei Geldstrafen andererseits noch geringfügig ist, der Umrechnungsregel entsprechen sollte. Dem wird jedoch gerade auch dadurch Rechnung getragen, dass eine Überschreitung des jeweiligen Rahmens um ein Drittel entsprechend dieser Regel sowohl für die Geldstrafe als auch für die Freiheitsstrafe als nicht mehr geringfügig anzusehen ist.

32

Diese Begrenzung führt schließlich auch nicht zu vom Gesetz nicht gewollten Härtefällen. In zeitlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass einem Einbürgerungsbewerber die im Bundeszentralregister erfassten Straftaten nur solange entgegengehalten werden dürfen, wie die Tilgungsfristen noch laufen und das Verwertungsverbot des § 51 BZRG nicht eingreift (vgl. Urteil vom 20. März 2012 - BVerwG 5 C 1.11 - UA S. 37 ff., zur Veröffentlichung vorgesehen). Überdies können im Rahmen einer Entscheidung über die Ermessenseinbürgerung (§ 8 Abs. 1 StAG) - auch wenn Verurteilungen vorliegen, die den Rahmen mehr als geringfügig übersteigen - etwaige Besonderheiten des Einzelfalles nach § 8 Abs. 2 StAG (im Falle eines "öffentlichen Interesses" an der Einbürgerung oder "zur Vermeidung einer besonderen Härte") berücksichtigt werden.

33

d) Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen hatte die Beklagte hier keine Ermessensentscheidung nach § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG zu treffen, weil die Tatbestandsvoraussetzung des geringfügigen Übersteigens im Fall des Klägers wegen seiner Verurteilung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen nicht erfüllt ist.

34

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist weiterhin die Prüfung der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG (a). Der Senat kann jedoch hierüber auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht selbst abschließend entscheiden (b).

35

a) Ein Einbürgerungsbegehren ist grundsätzlich hinsichtlich aller in Betracht kommender Einbürgerungsgrundlagen zu prüfen (Urteile vom 17. März 2004 - BVerwG 1 C 5.03 - NVwZ 2004, 997; vom 20. April 2004 - BVerwG 1 C 16.03 - BVerwGE 120, 305 <308> und vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 5 C 8.05 - BVerwGE 124, 268 <276>). Etwas anderes kann zwar ausnahmsweise gelten, wenn der Einbürgerungsbewerber seinen Antrag auf die Prüfung der Anspruchsnorm des § 10 StAG begrenzt. Für eine solche Begrenzung des Begehrens, die eine Prüfung der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG ausnimmt, bedürfte es jedoch eindeutiger Hinweise (vgl. Urteil vom 20. März 2012 - BVerwG 5 C 1.11 - UA S. 13 f., zur Veröffentlichung vorgesehen). Daran fehlt es hier. Der Kläger hat seinen Antrag, wovon - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren in dieser Weise beschränkt.

36

b) Ob eine Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG in Betracht kommt, lässt sich mangels genügender Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen.

37

Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG insofern nicht vorliegen, als der Kläger die Einbürgerungsvoraussetzung der Straffreiheit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG nicht erfüllt. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass - wie das Berufungsgericht (UA S. 7) ebenfalls zutreffend ausführt - die Regelung des § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG in ihrer seit August 2007 geltenden Fassung ausweislich ihres klaren Wortlauts nicht mehr nur bei der Anspruchseinbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG, sondern auch bei der Ermesseneinbürgerung nach § 8 Abs. 1 StAG Anwendung findet (so zutreffend OVG Saarlouis, Beschluss vom 10. Juni 2010 - 1 A 88/10 - juris Rn. 6 ff.; Marx, in: GK-StAR, Stand: Oktober 2009, § 8 Rn. 93; Berlit, in: GK-StAR, Stand: November 2010, § 12a Rn. 13.3). Denn die Verurteilung des Klägers zu 120 Tagessätzen Geldstrafe ist - wie bereits dargelegt - nicht nach § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG unbeachtlich.

38

Das Berufungsgericht hat hingegen nicht geprüft, ob die Beklagte verpflichtet war, eine Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 2 StAG zu treffen. Nach dieser Vorschrift kann im Einzelfall aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte von der Voraussetzung der Straffreiheit in § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG abgesehen werden. § 8 Abs. 2 StAG ist auch dann noch anwendbar, wenn - wie hier - die Grenze der Bagatellstraftaten mehr als geringfügig im Sinne von § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG überschritten worden ist (vgl. OVG Saarlouis, Beschluss vom 10. Juni 2010 a.a.O. Rn. 10 ff.; Berlit, InfAuslR 2007, 457 <465>).

39

Zwar lässt sich auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen eine "besondere Härte" im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG nicht annehmen. Denn eine solche Härte muss durch atypische Umstände des Einzelfalles bedingt sein und gerade durch die Verweigerung der Einbürgerung hervorgerufen werden und deshalb durch eine Einbürgerung vermieden oder zumindest entscheidend abgemildert werden können (so zutreffend etwa OVG Saarlouis, Urteil vom 12. Oktober 2011 - 1 A 246/11 - juris Rn. 79; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Juni 2009 - 5 M 30.08 - juris Rn. 2 m.w.N.). Für solche Umstände, deren Vorbringen der Mitwirkungsobliegenheit des Einbürgerungsbewerbers unterfällt, gibt es nach den bisherigen Feststellungen keinen Anhalt.

40

Der Senat kann aber jedenfalls deshalb nicht abschließend in der Sache entscheiden, weil es an der nötigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung fehlt, ob ein öffentliches Interesse im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG besteht. Das Berufungsgericht (UA S. 4) hat lediglich auf den Vortrag des Klägers im Verwaltungsverfahren Bezug genommen, dass sein journalistischer Arbeitsplatz bei der D. den Nahen Osten betreffe und er eine repräsentative Funktion für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland erfülle. Es hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob und inwieweit dieser Vortrag zutrifft, und es hat nicht geprüft, wie diese und gegebenenfalls weitere bedeutsame Umstände im Hinblick auf das Vorliegen eines öffentlichen Interesses im Sinne von § 8 Abs. 2 StAG zu bewerten sind. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

41

Sollte das Berufungsgericht im Anschluss an die nachzuholende Prüfung zu der Einschätzung gelangen, dass der Kläger die Tatbestandsvoraussetzung des § 8 Abs. 2 StAG erfüllt und dementsprechend eine Ermessensentscheidung nach dieser Vorschrift zu treffen war, wird es im Rahmen der Kontrolle dieser Entscheidung zum einen zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Stellung des Einbürgerungsantrags im Dezember 2007 wie auch ihrer Entscheidung hierüber (am 16. Juni 2008) für die Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG noch nicht zuständig war (vgl. § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Zuständigkeit in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten vom 5. Oktober 2004 - GVBl I S. 612), sondern diese Zuständigkeit erst ab 1. Juli 2008 erlangt hat (vgl. § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Zuständigkeit in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten vom 3. Juni 2008 - GVBl NRW I S. 468). Insoweit weist der Senat darauf hin, dass es § 114 Satz 2 VwGO in Fällen, in denen es für die Prüfung der Rechtmäßigkeit auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommt, nicht ausschließt, dass die Behörde eine Ermessensentscheidung erstmals im gerichtlichen Verfahren trifft und zur gerichtlichen Überprüfung stellt, wenn sich aufgrund neuer Umstände die Notwendigkeit einer Ermessensausübung erst nach Klageerhebung ergibt (Urteil vom 13. Dezember 2011 - BVerwG 1 C 14.10 - juris Rn. 8). Zum anderen wird das Berufungsgericht - worauf es im Zusammenhang mit § 12a Abs. 1 Satz 3 StAG bereits eingegangen ist (UA S. 15) - im Fall einer etwaigen Kontrolle der Ermessensentscheidung nach § 8 Abs. 2 StAG zu berücksichtigen haben, dass die Behörde auch im Rahmen dieser Entscheidung als gewichtigen Gesichtspunkt zu Lasten des Klägers in Ansatz bringen darf, dass er die Strafverurteilung in seinem Einbürgerungsantrag verschwiegen hat.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist kurdische Volkszugehörige yezidischen Glaubens. Sie wurde nach eigenen Angaben am 17. Juli 1988 in der Türkei geboren. Als siebenjähriges Kind reiste sie gemeinsam mit ihren Eltern und Schwestern ohne Ausweispapiere in die Bundesrepublik Deutschland ein. Mit Bescheid vom 31. Mai 1999 wurde sie als Asylberechtigte anerkannt. Dem lag eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Lüneburg zu Grunde, nach der die Familie auf Grund ihres yezidischen Glaubens in der Türkei einer mittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung ausgesetzt war.

2

Die Klägerin ist Inhaberin eines Reiseausweises für Flüchtlinge. In ihrem im Juli 2004 ausgestellten Ausweis war vermerkt: "Identität nicht nachgewiesen". In dem Ausweis vom Oktober 2008 heißt es: "Die eingetragenen Personalien beruhen auf eigenen Angaben des Ausländers". Nach einer Mitteilung des türkischen Generalkonsulats vom 6. Juli 1995 sind die Klägerin und ihre Familie nicht in der Türkei registriert.

3

Seit Juni 1999 besitzt die Klägerin eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die seit Januar 2005 als Niederlassungserlaubnis fortgilt. Sie ist nicht vorbestraft, hat in Deutschland das Abitur abgelegt und erhält als Studentin für sich und ihren Sohn Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz.

4

Im September 2004 beantragte die Klägerin ihre Einbürgerung. Dabei legte sie das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und die sogenannte Loyalitätserklärung ab. Auf Anfrage der Einbürgerungsbehörde erklärte sie, dass sie nicht in der Lage sei, ihre Identität nachzuweisen. Auf die Aufforderung des Beklagten, sich gegebenenfalls unter Einschaltung einer Mittelsperson um (amtliche) Dokumente zu bemühen, die Aufschluss über ihre Identität geben könnten, reagierte die Klägerin nicht. Die Beklagte lehnte die Einbürgerung der Klägerin mit Bescheid vom 22. Januar 2007 in erster Linie wegen der ungeklärten Identität ab. Die Klägerin habe trotz Hinweises auf ihre gesetzliche Mitwirkungs- und Nachweispflicht innerhalb der gesetzten Frist keine Identitätsnachweise vorgelegt. Ihr nicht näher begründeter Widerspruch blieb erfolglos.

5

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 6. Mai 2009 abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens zog die Klägerin aus dem Bereich der Beklagten fort. Die Beklagte führte mit Zustimmung des nunmehr zuständigen Landkreises und der Klägerin das Verfahren fort. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, die Klägerin in den deutschen Staatsverband einzubürgern. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG 2005. Sie erfülle alle ausdrücklich normierten Tatbestandsvoraussetzungen. Die Einbürgerung dürfe nicht wegen der ungeklärten Identität der Klägerin versagt werden. Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 StAG 2005 fordere anders als § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG keine Identitätsklärung als Regelvoraussetzung. Nach der Systematik des Gesetzes werde die Identität im ausländerrechtlichen Verfahren geklärt, während das Staatsangehörigkeitsrecht keine erneute Prüfung vorsehe. Das Staatsangehörigkeitsgesetz knüpfe an die von der Ausländerbehörde erteilten Aufenthaltstitel und Ausweispapiere an. In der Regel werde dadurch die Identität des Ausländers hinreichend bestimmt. Soweit dies nach § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise nicht der Fall sei, habe der Gesetzgeber im aufenthaltsrechtlichen Verfahren bewusst darauf verzichtet und im Ausweiserteilungsverfahren nach Art. 28 GFK eine abgestufte Identitätsermittlungspflicht vorgesehen. Da ein Reiseausweis nach Art. 28 GFK erst ausgestellt werden dürfe, wenn die Identität des Ausländers hinreichend geklärt sei oder mit zumutbaren Mitteln nicht weiter aufgeklärt werden könne, sei eine erneute Überprüfung der Identität durch die Staatsangehörigkeitsbehörde nicht vorgesehen. Schließlich folge aus der Entstehungsgeschichte des § 10 StAG, dass die Einbürgerungsvoraussetzungen abschließend festgelegt worden seien. Für ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der geklärten Identität bestehe daher kein Raum. Im Übrigen spreche viel dafür, dass die Identität der Klägerin ausreichend geklärt und weitere Bemühungen um die Beschaffung von Dokumenten aussichtslos seien.

6

Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, die Prüfung der Identität sei nach der gesetzlichen Systematik nicht allein den Ausländerbehörden vorbehalten. Sinn und Zweck des gesamten Staatsangehörigkeitsrechts und des § 10 StAG 2005 erforderten eine Auslegung der Vorschrift, bei der zumindest in Zweifelsfällen - wenn durch die Ausländerbehörde etwa aus humanitären Gründen auf eine zweifelsfreie Identifizierung verzichtet worden sei - auch die Einbürgerungsbehörde eine Identitätsklärung vornehmen dürfe und müsse. Nur so könne sichergestellt werden, dass nicht Personen, die über ihre Identität gegenüber der Ausländerbehörde getäuscht hätten, deutsche Staatsangehörige würden. Soweit das Oberverwaltungsgericht die Identität der Klägerin als weitgehend geklärt angesehen habe, handele es sich nicht um eine selbstständig tragende Urteilsbegründung. Tatsächlich bestünden konkrete Verdachtsmomente für eine Identitätsfälschung, weil der Vater der Klägerin im Rahmen des Asylverfahrens ge- bzw. verfälschte Nüfen vorgelegt habe, seine Angaben mit denen des angeblichen Onkels der Klägerin in dessen Asylverfahren nicht übereinstimmten und die Familie nach Mitteilung des türkischen Generalkonsulats Hannover vom 6. Juli 1995 nicht in der Türkei registriert worden sei. Die Yeziden siedelten nicht nur im Südosten der Türkei, sondern auch im Nordosten Syriens und im Norden des Irak.

7

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass im Einbürgerungsverfahren nach § 10 Abs. 1 StAG keine Identitätsprüfung durchzuführen ist, verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Einbürgerung hat. Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9

1. Für die Beurteilung des Falles ist, weil die Klägerin ihren Einbürgerungsantrag bereits im September 2004 gestellt hat, die Übergangsregelung des § 40c StAG anzuwenden mit der Folge, dass § 10 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes in der Fassung des Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950, im Folgenden: StAG 2005) maßgeblich ist. Nach dieser Vorschrift ist ein Ausländer, der seit acht Jahren seinen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland hat, auf Antrag einzubürgern, wenn er sich erstens zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt und eine sogenannte Loyalitätserklärung abgibt, zweitens im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines vergleichbaren langfristigen Aufenthaltstitels ist, drittens seinen Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bestreiten kann, viertens seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert und fünftens nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist.

10

Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass die Klägerin seit mehr als acht Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet lebt, ihre unbefristete Aufenthaltserlaubnis als Niederlassungserlaubnis fortgilt (§ 101 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), sie die erforderlichen Bekenntnisse zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung abgegeben hat und keine einbürgerungsschädlichen Sozialleistungen bezieht. Soweit sie für sich und ihren Sohn BAföG-Leistungen erhält, handelt es sich bereits nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG 2005 nicht um Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII. Unstreitig ist mittlerweile auch, dass die Klägerin ihre frühere Staatsangehörigkeit nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG (= § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 Halbs. 1 StAG 2005) nicht aufgeben muss, weil sie als Asylberechtigte einen Reiseausweis nach der Genfer Flüchtlingskonvention besitzt. Konkrete Anhaltspunkte für eine strafrechtliche Verurteilung oder für Ausschlussgründe nach § 11 StAG haben sich bei einer Überprüfung anhand der angegebenen Personalien der Klägerin ebenfalls nicht ergeben.

11

2. Zwingende Voraussetzung einer Anspruchseinbürgerung nach § 10 StAG 2005 ist zudem, dass die Identität des Einbürgerungsbewerbers geklärt ist und feststeht. Zwar hat dieses Erfordernis im Wortlaut des § 10 Abs. 1 StAG 2005 keine ausdrückliche Erwähnung gefunden. Die Klärung offener Identitätsfragen ist jedoch notwendige Voraussetzung und unverzichtbarer Bestandteil der Prüfung der in §§ 10 und 11 StAG 2005 genannten Einbürgerungsvoraussetzungen und Ausschlussgründe.

12

Die Angaben zur Person bilden gleichsam die Basis für alle weiteren Ermittlungen. Auf der Grundlage der angegebenen Personalien (wie Titel, Vorname, Nachname, Geburtsname, Geburtsdatum, Geburtsort, Familienstand) werden alle weiteren Anfragen bei in- und ausländischen Behörden durchgeführt. Nur wenn Gewissheit besteht, dass ein Einbürgerungsbewerber die Person ist, für die er sich ausgibt, kann nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden, ob und welche ausländische Staatsangehörigkeit der Einbürgerungsbewerber besitzt, ob er im In- oder Ausland wegen einer Straftat verurteilt worden ist, ob tatsächliche Anhaltspunkte für eine Verfolgung oder Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen bestehen oder ob ein Ausweisungsgrund vorliegt. Die Identitätsprüfung stellt daher nicht nur einen unverzichtbaren Teil der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG vorgesehenen Statusprüfung dar (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 5. März 2009 - 19 A 1657/06 - NVwZ-RR 2009, 661). Sie bildet auch eine notwendige Voraussetzung der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und § 11 StAG vorgesehenen Sicherheitsüberprüfung. In diesem Sinne wird die Identitätsprüfung im Gesetz unausgesprochen vorausgesetzt (VGH Mannheim, Urteil vom 17. März 2009 - 13 S 3209/08 - UA S. 20).

13

Die Erforderlichkeit einer Identitätsprüfung erschließt sich auch aus dem Sinn und Zweck einer Verleihung der Staatsangehörigkeit durch rechtsgestaltenden Verwaltungsakt. Mit der am Ende des individuellen Einbürgerungsverfahrens stehenden Aushändigung der Einbürgerungsurkunde nach § 16 Satz 1 StAG wird einer bestimmten Person mit einer in der Urkunde festgehaltenen Identität eine neue Staatsangehörigkeit verliehen. Damit werden einerseits Identitätsmerkmale wie Name, Vorname und Geburtsdatum deklaratorisch beurkundet und andererseits wird die Staatsangehörigkeit konstitutiv geändert. Schon das öffentliche Interesse daran, dass die Einbürgerungsurkunde auch im Hinblick auf die beurkundeten Personalien richtig ist, macht eine Überprüfung der diesbezüglichen Identitätsangaben erforderlich. Eine Überprüfung der Frage, unter welchen Personalien ein Einbürgerungsbewerber im Ausland registriert ist, ist aber auch deswegen zwingend geboten, weil die Einbürgerung nicht dazu dient, einer Person eine vollkommen neue Identität oder eine zusätzliche Alias-Identität zu verschaffen. Es besteht ein erhebliches staatliches Interesse daran zu verhindern, dass ein und dieselbe Person im Rechtsverkehr mit mehreren unterschiedlichen Identitäten und amtlichen Ausweispapieren auftreten kann.

14

Einer Klärung der Identität im Einbürgerungsverfahren steht nicht entgegen, dass diese bereits regelmäßig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG im aufenthaltsrechtlichen Erlaubnisverfahren zu prüfen ist. § 5 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG gilt allein für die Erteilung eines Aufenthaltstitels, nicht für die Einbürgerung. Dieser Vorschrift ist auch keine Zuständigkeitsverteilung zwischen Ausländer- und Einbürgerungsbehörde zu entnehmen. Identitätsfeststellungen der Ausländerbehörde haben auch keine Bindungswirkung für das nachfolgende Einbürgerungsverfahren. Erst recht hindert ein nach § 5 Abs. 3 AufenthG zulässiges Absehen von der Feststellung der Identität die Einbürgerungsbehörde nicht, eine solche Prüfung im staatsangehörigkeitsrechtlichen Verfahren durchzuführen.

15

Eine Identitätsprüfung ist schließlich nicht deswegen generell ausgeschlossen, weil für die Klägerin als anerkannter Flüchtling nach Art. 34 Satz 1 GFK ein besonderes Wohlwollensgebot gilt. Nach dieser Vorschrift hat die Bundesrepublik Deutschland als vertragsschließender Staat so weit wie möglich die Eingliederung und Einbürgerung anerkannter Flüchtlinge zu erleichtern. Die Bestimmung wirkt zwar insbesondere auf die Betätigung des Einbürgerungsermessens ein (grundlegend Urteil vom 1. Juli 1975 - BVerwG 1 C 44.70 - BVerwGE 49, 44 <48>), setzt jedoch zwingende nationale Einbürgerungsvoraussetzungen für Flüchtlinge nicht außer Kraft und ermächtigt auch nicht die Einbürgerungsbehörden, sich im Einzelfall über sie hinwegzusetzen (vgl. Urteile vom 27. September 1988 - BVerwG 1 C 3.85 - Buchholz 130 § 9 RuStAG Nr. 10 und vom 10. Juli 1984 - BVerwG 1 C 30.81 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 24 S. 37).

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Da die Prüfung der Identität notwendige Voraussetzung und unverzichtbarer Bestandteil der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 5 und § 11 StAG zwingend vorgeschriebenen Status- und Sicherheitsprüfungen ist, kann sie auch bei anerkannten Flüchtlingen nicht entfallen. Zwar hat der Gesetzgeber die Einbürgerung von Flüchtlingen dadurch erleichtert, dass er in § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG (= § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 Halbs. 1 StAG 2005) auf die Aufgabe der fremden Staatsangehörigkeit verzichtet hat. Er hat damit den vielfach bestehenden Schwierigkeiten anerkannter Flüchtlinge, eine Entlassung aus dem Staatsverband ihres Herkunftsstaates zu erreichen, Rechnung getragen. Dies lässt jedoch die Notwendigkeit der Identitätsprüfung im Einbürgerungsverfahren nicht entfallen. Die völlig ungeprüfte Übernahme der Identitätsangaben von Flüchtlingen würde - wie das Bundesverwaltungsgericht bereits zur Erteilung eines Reiseausweises nach Art. 28 Abs. 1 GFK ausgeführt hat - erhebliche Missbrauchsgefahren nach sich ziehen (vgl. Urteil vom 17. März 2004 - BVerwG 1 C 1.03 - BVerwGE 120, 206 <213>). Daher kann den bei anerkannten Flüchtlingen typischerweise bestehenden Beweisschwierigkeiten in Bezug auf ihre Identität nur durch Erleichterungen bei der Beweisführung und durch deren Berücksichtigung bei der Mitwirkungspflicht, nicht aber durch einen generellen Verzicht auf die Identitätsprüfung Rechnung getragen werden.

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Dem grundsätzlichen Erfordernis einer Identitätsprüfung kann auch nicht entgegengehalten werden, dass im Falle des gesetzlichen Staatsangehörigkeitserwerbs durch Geburt gemäß § 4 Abs. 3 StAG keine Identitätsfeststellung vorgesehen ist und dass auch Kinder von Flüchtlingen mit ungeklärter Identität nach dieser Vorschrift kraft Gesetzes in den deutschen Staatsverband aufgenommen werden. Unabhängig davon, dass diese Rechtsfrage bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist, könnte eine insoweit bestehende Ungleichbehandlung ohne Weiteres damit gerechtfertigt werden, dass die staatlichen Sicherheitsinteressen bei der Einbürgerung im Inland geborener Kinder ein geringeres Gewicht haben als bei der Einbürgerung von Erwachsenen und ihren im Ausland geborenen Kindern, die im Ausland regelmäßig mit bestimmter Identität registriert sind und eine für die Einbürgerung relevante Vorgeschichte haben könnten.

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3. Die Identität der Klägerin ist auch nicht in einem vorangegangenen Verfahren verbindlich festgestellt worden.

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Der vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im Asylverfahren ausgestellte Bescheid vom 31. Mai 1999 entfaltet nach § 4 Satz 1 AsylVfG nur insoweit Bindungswirkung, als alle staatlichen Instanzen von der Asylberechtigung der Klägerin ausgehen müssen. Auch aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 21. April 1999 - 5 A 572/95 - im Asylrechtsstreit der Klägerin ergibt sich keine weitergehende Bindungswirkung. Die Rechtskraft dieser Entscheidung begründet eine verbindliche Feststellung nach § 121 VwGO nur im Verhältnis der damaligen Prozessbeteiligten, zu denen die beklagte Stadt nicht gehört (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 1 C 3.02 - BVerwGE 117, 276 <281>).

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Die von der Ausländerbehörde im Juni 1999 ausgestellte unbefristete Aufenthaltserlaubnis entfaltet nur insoweit Tatbestandswirkung, als darin die Rechtmäßigkeit des dauerhaften Aufenthalts der Klägerin begründet wird. Darin erschöpft sich der für die Tatbestandswirkung maßgebliche Regelungsgehalt des Verwaltungsakts im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG (vgl. zur Tatbestandswirkung allgemein Urteile vom 30. Januar 2003 - BVerwG 4 CN 14.01 - BVerwGE 117, 351 <354 f.> und vom 4. Juli 1986 - BVerwG 4 C 31.84 - BVerwGE 74, 315 <320>). Hingegen nimmt die Richtigkeit der in den Bescheiden festgehaltenen Personalien als bloße Vorfrage nicht an der Tatbestandswirkung teil.

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Ebenso wenig besitzt der im Oktober 2008 ausgestellte Reiseausweis für Flüchtlinge nach Art. 28 Abs. 1 GFK eine Bindungswirkung hinsichtlich der angegebenen Personalien. Zwar hat ein solcher Reiseausweis neben der Funktion, Konventionsflüchtlingen Reisen außerhalb des Aufnahmestaates zu ermöglichen, grundsätzlich auch die Funktion, die Identität des Ausweisinhabers zu bescheinigen. Er kann ebenso wie ein anderer Reisepass den (widerlegbaren) Nachweis erbringen, dass sein Inhaber die in ihm beschriebene und abgebildete Person ist (vgl. Urteil vom 17. März 2004 a.a.O. S. 212). Ist die Identität eines Flüchtlings jedoch ungeklärt und nicht weiter aufklärbar, kann diese Funktion als Legitimationspapier durch den Vermerk, dass die angegebenen Personalien auf eigenen Angaben beruhen, aufgehoben werden (Urteil vom 17. März 2004 a.a.O. S. 216 f.). Durch den entsprechenden Vermerk im Ausweis der Klägerin vom Oktober 2008 hat die Ausstellungsbehörde jede Gewähr für die Richtigkeit der Identitätsangaben abgelehnt, so dass auch keine andere Behörde auf die Richtigkeit dieser Angaben im Sinne eines auch nur widerlegbaren Nachweises vertrauen kann. In gleicher Weise hatte die Ausstellungsbehörde in dem nicht mehr gültigen früheren Reiseausweis vom Juli 2004 durch den Zusatz "Identität nicht nachgewiesen" die Identifikationsfunktion des Ausweises beseitigt.

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4. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Oberverwaltungsgericht bei Durchführung der erforderlichen Identitätsprüfung zu einem anderen Ergebnis in der Sache gekommen wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestehen begründete Zweifel an der Identität einer Person, wenn geeignete Dokumente zum Nachweis der Identität fehlen oder wenn gefälschte Urkunden vorgelegt werden (Urteil vom 17. März 2004 a.a.O. S. 215). Im Hinblick auf ihren Prüfauftrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 und 5 sowie § 11 StAG dürfen sich die Einbürgerungsbehörden grundsätzlich nicht mit den eigenen Angaben des Einbürgerungsbewerbers zu seiner Person begnügen, sondern sie müssen regelmäßig die Vorlage eines Ausweises oder anderer Identitätsnachweise des Einbürgerungsbewerbers verlangen. Dies folgt auch aus § 37 Abs. 1 StAG i.V.m. § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, in dem von der Beibringung von Nachweisen zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen die Rede ist. Dies gilt unabhängig davon, dass im Einzelfall die typischerweise bestehende Beweisnot von Flüchtlingen eine Beweiserleichterung gebieten kann.

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Zwar hat das Berufungsgericht in seiner Entscheidung hilfsweise ausgeführt, dass vieles für die Richtigkeit der von der Klägerin angegebenen Personalien und für eine ausreichende Klärung der Identität der Klägerin spreche. Es hat aber nicht im Rahmen einer Beweiserhebung verbleibende Identitätszweifel ausgeräumt. So hat die Beklagte nicht nur geltend gemacht, dass die Klägerin keinerlei Dokumente zum Identitätsnachweis vorgelegt habe, was mit der Beweisnot von Flüchtlingen und Flüchtlingskindern erklärt werden könne. Sie hat jedenfalls im Revisionsverfahren auch vorgetragen, dass der Vater der Klägerin bei seiner Einreise gefälschte Nüfen vorgelegt habe, dass bei der Familie bei Einreise ein arabisches (nicht türkisches) Adressbuch gefunden worden sei und dass erhebliche Unstimmigkeiten zwischen den identitätsrelevanten Aussagen des Vaters der Klägerin in seinem Asylverfahren und ihres Onkels in dessen Asylverfahren bestünden. Mit diesen Einwänden befasst sich das Berufungsurteil nicht.

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Auch bedarf es der Überprüfung, ob die Auskunft des türkischen Generalkonsulats vom 6. Juli 1995, dass die Familie der Klägerin nicht unter den angegebenen Personalien in der Türkei registriert sei, mit dem Hinweis auf die allgemein bestehenden Unzulänglichkeiten des türkischen Melderegisters ausgeräumt werden kann. Denn auch wenn das türkische Melderegister fehleranfällig geführt wird, erklärt dies nicht ohne Weiteres, dass gar kein Mitglied einer mehrköpfigen Familie unter den angegebenen Personalien erfasst ist. Das Oberverwaltungsgericht hat sich auch nicht dahingehend festgelegt, dass die Mitteilung des türkischen Generalkonsulats selbst als staatliche Verfolgungsmaßnahme türkischer Behörden gegenüber der yezidischen Minderheit zu werten sei. Ebenso wenig ist festgestellt worden, dass die türkischen Meldebehörden in der Heimatregion der Klägerin an der mittelbaren Gruppenverfolgung der Yeziden in der Form mitgewirkt hätten, dass sie sich generell nicht nur bei der Geburt der Klägerin, sondern auch schon bei der Geburt der Eltern der Klägerin geweigert hätten, Yeziden ins Melderegister einzutragen. Da somit Zweifel an der Identität der Klägerin nicht ausgeräumt sind, ist der Rechtsstreit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur Nachholung tatrichterlicher Feststellungen an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

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5. Für das weitere Verfahren wird darauf hingewiesen, dass das Berufungsgericht wegen der nicht ausgeräumten Zweifel an der Identität der Klägerin weitere Nachforschungen anzustellen hat (§ 86 Abs. 1 VwGO). Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin nach § 37 Abs. 1 StAG, § 82 Abs. 1 AufenthG an der Klärung ihrer Identität auch im Gerichtsverfahren mitzuwirken hat. Verweigert ein Einbürgerungsbewerber die ihm im Einzelfall zumutbare Mitwirkung, kann dies im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 VwGO berücksichtigt werden. Der Einbürgerungsbewerber trägt dann auch das Risiko, im Falle der Unaufklärbarkeit seiner wahren Identität zur vollen Überzeugung des Gerichts daran zu scheitern, dass ihm die materielle Beweislast für die Erfüllung der Einbürgerungsvoraussetzungen obliegt.

(1) Ist zweifelhaft, welchen Familiennamen ein Deutscher im Sinne des Grundgesetzes, ein Staatenloser oder heimatloser Ausländer mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland oder ein Asylberechtigter oder ausländischer Flüchtling mit Wohnsitz im Inland zu führen berechtigt ist, kann die nach Landesrecht zuständige Behörde den zu führenden Namen auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen mit allgemein verbindlicher Wirkung feststellen. Die Vorschriften der §§ 2, 3 Absatz 2, der §§ 4 und 5 finden entsprechende Anwendung.

(2) Ist in einem auf Antrag eines Beteiligten eingeleiteten Verfahren die Entscheidung von der Beurteilung einer familienrechtlichen Vorfrage abhängig, so kann die nach Landesrecht zuständige Behörde das Verfahren auf Antrag oder von Amts wegen aussetzen und den Antragsteller zur Herbeiführung einer Entscheidung über diese Vorfrage auf den Rechtsweg verweisen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.