Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 27. Apr. 2015 - 2 LB 28/14

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2015:0427.2LB28.14.0A
bei uns veröffentlicht am27.04.2015

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts - Einzelrichter - vom 16.10.2014 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu den Kosten der Bestattung ihres verstorbenen leiblichen Vaters.

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Am 27.03.2009 verstarb in ... der am ... geborene .... Mit Schreiben vom 09.04.2009 wandte sich die Beklagte an das Bestattungshaus ... und erteilte unter Hinweis auf ein zuvor geführtes Telefonat den Auftrag, den Leichnam im Rahmen eines Schlichtbegräbnisses (ohne Trauerfeier) zu bestatten. Es solle die Feuerbestattung mit nachfolgender anonymer Beisetzung der Urne vorgenommen werden. Zur Bestattung verpflichtete Personen seien nicht ermittelbar.

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In einem internen Schreiben vom 14.04.2009 findet sich die Mitteilung des Standesamtes der Beklagten, dass eine Tochter des Verstorbenen - die Klägerin - gefunden worden sei.

4

Mit Schreiben vom 15.04.2009 setzte die Beklagte die Klägerin von dem Sterbefall und über die bestehende Bestattungspflicht in Kenntnis. Sie habe die Möglichkeit in den bereits erteilten Bestattungsauftrag einzutreten und die Bestattung selbst zu regeln. Die Kosten einer im Wege der Ersatzvornahme durchgeführten Bestattung wären in einem gesonderten Leistungsbescheid mit zusätzlichen Gebühren anzufordern. Sollte die Tragung der Bestattungskosten nicht zumutbar sein, werde anheimgestellt, die Übernahme der Bestattungskosten gem. § 74 SGB XII zu beantragen.

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Mit Rechnung vom 22.05.2009 bezifferte das Bestattungshaus die Bestattungskosten auf insgesamt 2.336,52 €. Abzüglich des Geldbörsenachlasses i.H.v. 22,50 € wurden 2.314,02 € in Rechnung gestellt.

6

Mit Schreiben vom 27.04.2010 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, sie zur Erstattung der Bestattungskosten i.H.v. 2.453,61 € zzgl. einer Verwaltungsgebühr i.H.v. 184,00 € heranzuziehen. Hierauf reagierte die Klägerin mit einem am 23.05.2010 eingegangenen Schreiben. Sie werde einen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten demnächst einreichen, dies aus finanziellen Gründen, vor allem aber, weil der Verstorbene nicht ihr Vater, sondern nur ihr Erzeuger gewesen sei. Er habe nie Unterhalt gezahlt. Als zehnjähriges Mädchen habe sie versucht, mit ihm telefonisch Kontakt aufzunehmen. Da habe er knallhart gesagt, dass er sie nicht haben und nicht sehen wolle. Sie, die Klägerin, wolle mit dem Verstorbenen nichts zu tun haben. Sie habe für Sterbeurkunde, Erbausschlagung und Notarkosten schon mehr Geld für ihn ausgegeben als er jemals für sie.

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Am 03.09.2010 erließ die Beklagte den streitbefangenen Leistungsbescheid und forderte von der Klägerin die Zahlung i.H.v. 2.545,61 €. Hiergegen legte die Klägerin am 29.09.2010 Widerspruch ein. Der gem. § 74 SGB XII gestellte Antrag sei vom Bereich Soziale Sicherung zwar abgelehnt worden, hiergegen sei jedoch Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden worden sei. Bis zur endgültigen Entscheidung sehe sie sich nicht in der Lage, die Summe aufzubringen.

8

Am 08.03.2013 teilte der Bereich Soziale Sicherung mit, dass der Widerspruch gegen die Ablehnung der Bestattungskostenübernahme mit Bescheid vom 10.03.2011 zurückgewiesen worden sei.

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Nach nochmaliger Anhörung am 12.07.2013 wies die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 08.08.2013 zurück. Aufgrund weitergeführter Korrespondenz wurden die Gründe für die Zurückweisung des Widerspruchs mit Schreiben vom 12.08.2013 erläutert. Sowohl dem Widerspruchsbescheid vom 08.08.2013 wie auch dem Schreiben vom 31.10.2013 ist eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt. Beide Schreiben wurden mit einfacher Post versandt.

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Die Klägerin hat am 28.11.2013 Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Ihre Inanspruchnahme sei grob unbillig. Der Verstorbene sei zwar ihr Erzeuger, er habe sich jedoch zu keinem Zeitpunkt als ihr Vater zu erkennen gegeben bzw. eine Vaterrolle ausgeübt. Der Verstorbene habe nie Unterhalt gezahlt, mit Ausnahme des im Widerspruch angesprochenen missglückten Kontaktaufnahmeversuchs habe es nie einen Kontakt gegeben. Es sei unbillig, dass sie - die Klägerin - nunmehr in Anspruch genommen werde, um die Beerdigungskosten für einen Mann zu bezahlen, der nie Kontakt mit ihr hätte haben wollen.

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Die Klägerin hat beantragt,

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den Leistungsbescheid der Beklagten vom 03. September 2010 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 08. August 2013 aufzuheben.

13

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Einzelrichterurteil vom 16.10.2014 stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Bescheide seien rechtswidrig, weil die Heranziehung der Klägerin eine unbillige Härte i.S.d. § 21 Abs. 2 VVKVO darstelle.

16

Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene und von der Beklagten eingelegte Berufung. Eine unbillige Härte liege nicht vor. Allein das Fehlen einer persönlichen Beziehung stelle keinen Umstand dar, der geeignet wäre, eine solche Härte darzustellen.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

21

Sie tritt dem angefochtenen Urteil bei. Es habe zu keinem Zeitpunkt ein Vater-Tochter-Verhältnis gegeben. Zudem sei das Zurückweisen des Kontaktversuchs ein entscheidender Vorfall gewesen, der sie bis heute belaste.

22

Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden; wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvortrags im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

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Die Klage ist in zulässiger Weise erhoben worden. Sie war insbesondere nicht verfristet. Zwar war seit der Zusendung des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2013 bis zur Klagerhebung am 28.11.2013 ein deutlich längerer als einen Monat dauernder Zeitraum verstrichen. Da der Widerspruchsbescheid jedoch lediglich mit einfacher Post versandt worden war, hatte die einmonatige Klagefrist des § 74 VwGO nicht zu laufen begonnen.

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Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 03.09.2010 und der Widerspruchsbescheid vom 08.08.2013 erweisen sich als rechtmäßig. Die Beklagte zieht die Klägerin zu Recht zu den Kosten für die Bestattung ihres leiblichen Vaters heran.

26

Rechtsgrundlage des Kostenbescheides ist § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattG i.V.m. §§ 230, 238, 249 LVwG i.V.m. der Landesverordnung über die Kosten im Vollzugs- und Vollstreckungsverfahren (VVKVO). Gem. § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattG hat bei Nichtvorhandensein oder Säumigkeit eines Bestattungspflichtigen die für den Sterbe- oder Auffindungsort zuständige Gemeinde entsprechend §§ 230 und 238 LVwG für die Bestattung zu sorgen.

27

Mit § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattG wollte der Landesgesetzgeber die im Senatsurteil vom 17.03.2008 - 2 LB 35/07 - gerügte Lücke im Gesetzeswerk schließen und für die bestattende Gemeinde die bisher nicht vorhandene Ermächtigung dafür schaffen, die Erstattung der Bestattungskosten vom säumigen Bestattungspflichtigen zu verlangen. Das Bestattungsgesetz sieht die gemeindliche Pflicht zur Vornahme der Bestattung gem. § 27 BestattG als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe an und bestimmt durch den Rechtsfolgenverweis auf die §§ 230 und 238 LVwG, dass die Gemeinde die Bestattung ohne vorherigen (Grund-)Verwaltungsakt als Ersatzvornahme im sofortigen Vollzug vorzunehmen und den Kostenersatz auf dem damit vorgezeichneten Wege nach § 249 LVwG zu erreichen hat. Dies führt gem. § 249 Abs. 3 bis 5 LVwG zur Anwendung der VVKVO (vgl. Senatsbeschl. v. 04.03.2014 - 2 O 21/13 -).

28

Zwar bestimmt § 27 Abs. 3 BestattG, dass für Amtshandlungen nach diesem Gesetz von den Gemeinden Kosten (Gebühren und Auslagen) nach dem Kommunalabgabengesetz erhoben werden, was zur Folge hätte, dass die Auslagen im Rahmen des § 5 Abs. 5 KAG zu erstatten wären. § 13 Abs. 2 Satz 2 BestattG weist jedoch den Weg zur Ersatzvornahme im sofortigen Vollzug und damit zum vollstreckungsrechtlichen Regime und formuliert damit eine Ausnahme von der allgemeinen Regel.

29

Die Beklagte hat die Bestattung in rechtlich bedenkenfreier Form vorgenommen. Die Klägerin war als Tochter des Verstorbenen gem. § 2 Nr. 12 lit. c BestattG bestattungspflichtig und konnte erst am 14.04.2009 ermittelt werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Ermittlungsbemühungen der Beklagten nachlässig betrieben worden wären oder dass weitere vor- oder gleichrangige Bestattungspflichtige vorhanden wären, sind nicht erkennbar. Angesichts der neuntägigen Bestattungsfrist des § 16 Abs. 1 2.HS BestattG ist auch nichts dagegen zu erinnern, dass der Bestattungsauftrag für den am 27.03.2009 Verstorbenen bereits erteilt worden war. Der Klägerin wurde darüber hinaus mit Schreiben vom 15.04.2009 angeboten, in den bestehenden Bestattungsauftrag einzutreten und die Urne beizusetzen.

30

Steht die Bestattungspflicht eines Angehörigen fest, wird die Gemeinde ermächtigt, die erstattungsfähigen Kosten für die von ihr veranlasste Bestattung gegenüber dem Pflichtigen geltend zu machen. Bei der Entscheidung hierüber handelt sich um einen Fall des intendierten Ermessens, d.h. in der Regel ist nur die Entscheidung für die Inanspruchnahme des Pflichtigen ermessensfehlerfrei (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 09.06.2008 - 4 ZB 07.2815 -, BayVBl 2009. 537 m.w.N.). Die Angehörigen eines Verstorbenen stehen diesem im Sinne einer Solidargemeinschaft ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit regelmäßig näher als die Allgemeinheit, so dass es vorrangig ihnen obliegen muss, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht geht es vor allem darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen.

31

Eine vorgenommene Erbausschlagung entbindet den Kostenpflichtigen weder von seiner allein ordnungsrechtlich begründeten Bestattungs- noch von der Kostenpflicht. Auch soweit § 1968 BGB regelt, dass den Erben die Verpflichtung zur Tragung der Bestattungskosten trifft, hindert dies die Inanspruchnahme eines Bestattungspflichtigen für die aus der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht resultierenden Kosten nicht. Es ist deshalb unerheblich, ob der Bestattungspflichtige die Erbschaft gem. § 1942 ff BGB ausgeschlagen hat. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u. a. für die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht, welche auf einem vom Zivilrecht unabhängigen Rechtsgrund beruhen (Verwaltungsgericht Dessau, Urt. v. 26.04.2006 - 1 A 34/06 -; Verwaltungsgericht Stade, Urt. v. 27.07.2006- 1 A 539/05 - ; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urt. v. 19.10.2005 - 1 S 681/04 -; Verwaltungsgericht Bremen, Urt. v. 20.08.2009 - S 5 K 3522/08 -).

32

Die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die gem. § 1968 BGB aus der Erbenstellung erwachsende zivilrechtliche Pflicht, die Beerdigungskosten zu tragen, sind vielmehr streng voneinander zu unterscheiden. Zwar geht für den Fall der Erbausschlagung die Vorschrift des § 1953 Abs. 1 BGB davon aus, dass der Ausschlagende so behandelt wird, als sei er nie Erbe gewesen, so dass ihn zivilrechtlich keine Kostenpflichten treffen. Dieser Umstand hat jedoch keine Auswirkungen auf das öffentlich-rechtliche Verhältnis (OVG Saarlouis, Urt. v. 27.12.2007 - 1 A 40/07 -; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urt. v. 19.10.2004 - 1 S 681/04 VBlBW 2005, 141; OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.12.2002 - 8 LA 158/02 -; Verwaltungsgericht Chemnitz, Beschl. v. 22.06.2000 - 3 K 810/00 -; Verwaltungsgericht Dresden, Urt. v. 24.02.2010 - 4 K 1946/06 -; Verwaltungsgericht Braunschweig, Urt. v. 01.09.2005 - 5 A 208/05 -; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urt. v. 18.02.2009 - 23 K 1676/08 -; Verwaltungsgericht Gießen, Urt. v. 05.04.2000, NVwZ-RR 2000, 795; Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urt. v. 12.12.2003 - 3 K 1991/03 -; VG Koblenz, Urt. v. 14.06.2005 - 6 K 93/05.Ko -; Stelkens/Seifert, DVBl. 2008, 1537 [1539] m. w. N.; Repkewitz, VBlBW 2010, 228).

33

Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus einem anderen Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft weiterhin bestehen (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. vom 14.12.2011 - 4 C 11.1910 -). Dies gilt u.a. für die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht (Verwaltungsgericht des Saarlandes, Beschl. v. 08.12.2010- 11 L 2288/10 -, NVwZ-RR 2011, 392 = KKZ2012, 161).

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Der nach den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen Bestattungspflichtige hat jedoch die Möglichkeit, in einem zivilgerichtlichen Verfahren Ersatzansprüche gegen den Erben oder einen anderen zur Tragung der Bestattungskosten Verpflichteten geltend zu machen, da diese nach § 1968 BGB bzw. nach den anderen rechtlichen Bestimmungen zivilrechtlich zur Tragung der Beerdigungskosten verpflichtet sind (Verwaltungsgericht Münster, Urt. v. 12.11.2010- 7 K 1240/10-, FamRZ 2011, 927 und ZEV2011, 604).

35

Anders als in den Bestattungsgesetzen anderer Bundesländer (vgl. Verwaltungsgericht Oldenburg, Urt. v. 05.09.2012 - 5 A 1368/11 -, BTPrax 2012, 257; ebenso OVG Niedersachsen, Beschl. v. 19.12.2012-8 LA 150/12-, FamRZ 2013, 1251; anders dann Beschl. v. 09.07.2013 - 8 ME 86/13 -, NJW 2013, 2983) berührt nach schleswig-holsteinischem Landesrecht eine bestehende unbillige Härte eine nach dem Bestattungsgesetz bestehende Bestattungspflicht nicht (mit der Folge, dass ein evtl. vorhandener Nachrangiger nachrückte), sondern ist bei der Frage der der Bestattung nachfolgenden Heranziehung zu den aufgewandten Kosten zu erörtern.

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Der bestehenden Bestattungspflicht kann deshalb das familiäre Verhältnis zum Verstorbenen nicht erfolgreich entgegen halten. Denn die unbeschränkte öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht verstößt nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung auch in Härtefällen, in denen die Durchführung der Bestattung für den Pflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint, weder gegen die allgemeine Handlungsfreiheit des Bestattungspflichtigen nach Art. 2 Abs. 1 GG noch gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsgebot. Da die Bestattungspflicht vor allem der Gefahrenabwehr dient, können innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit keine längeren Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen und über dessen etwaige Verfehlungen angestellt werden, sondern müssen möglichst schnell und eindeutig festzustellende objektive Maßstäbe eingreifen. Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht von der schon gewohnheitsrechtlich den nächsten Angehörigen obliegenden Totenfürsorge bei gestörten Familienverhältnissen abzusehen und stattdessen die Kosten der Bestattung auf die Allgemeinheit zu verlagern.

37

Anders als in anderen Bundesländern ist in Schleswig-Holstein auch nicht auf den verfassungsrechtlich aus Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zurückzugreifen, um Härtefällen zu begegnen. Schleswig-Holstein hat mit dem Verweis auf die §§ 230, 238 LVwG den Weg gewählt, gem. § 249 Abs. 3 bis 5 LVwG die Zumutbarkeit der Kostentragung im Rahmen des § 21 Abs. 2 VVKVO prüfen zu lassen. Nach dieser Vorschrift kann von einer Berechnung und Beitreibung der Gebühren und Auslagen teilweise oder ganz abgesehen werden, wenn die Beitreibung der Kosten für die Schuldnerin oder den Schuldner eine unbillige Härte bedeutete.

38

Mit dem Verweis auf die VVKVO und damit auch auf deren § 21 Abs. 2 ist indes auch bestimmt, dass das Vorliegen einer unbilligen Härte bereits im Festsetzungsverfahren zu berücksichtigen ist und nicht erst in einer der Festsetzung nachgelagerten Entscheidung über Billigkeitsmaßnahmen. Deshalb ist der Gesichtspunkt einer eventuell vorliegenden unbilligen Härte schon im Anfechtungsverfahren gegen den Kostenheranziehungsbescheid zu behandeln. Anders als auf dem Gebiet des Abgabenrechts ist der Kostenschuldner nicht auf ein gesondertes Verpflichtungsverfahren auf Erlass einer Billigkeitsmaßnahme verwiesen.

39

Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kostenschuldners spielen bei der Heranziehung zu den Kosten einer behördlich vorgenommenen Bestattung und deshalb auch bei der Erörterung einer unbilligen Härte keine Rolle. Ist der Bestattungspflichtige aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, die Bestattungskosten zu tragen, so hat er einen Kostenerstattungsanspruch gem. § 74 SGB XII. Dieser geht einem Anspruch auf ein Absehen von der Heranziehung aus Billigkeitsgründen vor.

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Der bloße Vortrag, man sei finanziell nicht in der Lage, die Kosten für die Bestattung aufzubringen, ist deshalb unerheblich (OVG des Saarlandes, Beschl. v. 11.06.2010 - 1 A 8/10 -). Soweit die Bestattungskosten nicht anderweitig, etwa durch zivilrechtliche Ausgleichsansprüche, gedeckt werden können, verbleibt dem Bestattungspflichtigen die Möglichkeit, beim zuständigen Sozialhilfeträger einen Antrag auf Kostenerstattung nach § 74 SGB XII zu stellen (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 13.7.2005 - 8 PA 37/05 -). Allein der Bezug von Sozialhilfe bzw. bescheidene finanzielle Verhältnisse können die Annahme einer unbilligen Härte i.S.d. § 21 Abs. 2 VVKVO somit nicht begründen.

41

Ein Entfallen der Kostenerstattungspflicht aus Billigkeitsgründen kommt daher nur in besonderen Ausnahmesituationen in Betracht, in denen einem Angehörigen schlichtweg unzumutbar ist, für die Bestattung des Verstorbenen endgültig oder auch nur vorläufig Sorge zu tragen. Entgegen der insbesondere von den Verwaltungsgerichten des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen vertretenen Ansicht sind die zivilrechtlichen Bestimmungen, nach denen die Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatten (§ 1579 BGB) oder Verwandter in gerader Linie (§ 1611 BGB) wegen grober Unbilligkeit eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, als Maßstab für die Unzumutbarkeit nicht geeignet. Anders als die Unterhaltspflicht stellt die Bestattungspflicht kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen Verstorbenem und bestattungspflichtigem Angehörigen dar. Bei der Pflicht zum Bestatten des Verstorbenen handelt es sich vielmehr nur um eine einmalige, mit von vornherein begrenzten Kosten verbundene. Aus diesem Grunde darf und muss die Schwelle, ab derer von einer Unzumutbarkeit auszugehen ist und die Kostentragungspflicht auf die Allgemeinheit übergeht, eine erheblich höhere sein.

42

Dennoch ist ein Absehen von der Kostenheranziehung nicht völlig ausgeschlossen. Die Heranziehung eines öffentlich-rechtlich Bestattungspflichtigen zu den Bestattungskosten kann in dem Falle eine unbillige Härte bilden, in dem die Familienverhältnisse so nachhaltig gestört sind, dass die Übernahme der Bestattungskosten für den Pflichtigen als grob unbillig anzusehen ist (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.07.2009 - 19 A 448/07 -, Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 09.06.2008 - 4 Z.B. 07.2815 -, BayVBl 2009, 537; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Urt. v. 27.12.2007 - 1 A 40/07 -; Verwaltungsgericht Halle, Urt. v. 20.11.2009 - 4 A 318/09 -; Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urt. v. 16.01.2007- 11 K 1326/06 -).

43

Der Begriff der unbilligen Härte ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der in § 21 Abs. 2 VVKVO mit einer Ermessensentscheidung gekoppelt ist. Diese in der Gesetzestechnik sehr oft aufzufindende Konstruktion bedeutet, dass der Behörde auf der Tatbestandsseite bei der Bewertung des Sachverhaltes ein Beurteilungsspielraum zusteht, der vom Verwaltungsgericht jedoch sehr weitgehend überprüfbar ist. Auf der Rechtsfolgenseite darf diese im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung, ob die Heranziehung des Bestattungspflichtigen zur Kostenerstattung nach Lage des Einzelfalles unbillig ist, von den Verwaltungsgerichten zwar nur nach den für die Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen geltenden Grundsätzen geprüft werden, also nach dem in § 114 VwGO festgeschriebenen Prüfungsschema. Gleichwohl kommt es aber in diesem Fall dennoch auch auf der Rechtsfolgenseite zu einer weitgehenden Nachprüfbarkeit und dies deshalb, weil der Maßstab der Billigkeit Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens bestimmt (vgl. zu der Regelung in § 14 Abs. 2 KostO NRW: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 02.021996 - 19 A 3802/95 -, NVwZ-RR 1997, 99 = Städte und Gemeinderat 1997, 26).

44

Die Heranziehung eines öffentlich-rechtlich Bestattungspflichtigen zu den Bestattungskosten kann insbesondere unverhältnismäßig sein in den Fällen, in denen die Familienverhältnisse so nachhaltig gestört sind, dass die Übernahme der Bestattungskosten für den Pflichtigen als grob unbillig anzusehen ist (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.07.2009 - 19 A 448/07 -, Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 09.06.2008 - 4 Z.B. 07.2815 -, BayVBl 2009, 537; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Urt. v. 27.12.2007 - 1 A 40/07 -; Verwaltungsgericht Halle, Urt. v. 20.11.2009 - 4 A 318/09 -; Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urt. v. 16.01.2007 - 11 K 1326/06 -).

45

So wird in der Rechtsprechung einheitlich vertreten, dass dies bei schweren Straftaten des Verstorbenen zu Lasten des an sich Bestattungspflichtigen der Fall sein kann (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschlüsse vom 19.12.2011 - 4 C 11.2581 -, und vom 09.06.2008 - 4 ZB 07.2815 -; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 13.07.2005 - 8 PA 37/05 - und vom 19.05.2003 - 8 ME 76/03 -).

46

Bei der Frage, ob die familiären Verhältnisse als derart gestört anzusehen sind, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Denn das Gesetz bestimmt die nahen Angehörigen zu Bestattungspflichtigen, ohne darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang diese nach zivilrechtlichen Grundsätzen dem Verstorbenen gegenüber unterhaltspflichtig gewesen und ob die Familienverhältnisse intakt gewesen sind. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung der Reihenfolge beruht auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers unterliegenden Rechtsgrund. Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, dass der Gesetzgeber hierbei an die den nächsten Angehörigen gewohnheitsrechtlich obliegende Totenfürsorge anknüpft und diese auch bei gestörten Familienverhältnissen vorgesehen hat, anstatt die Kosten der Bestattung auf die Allgemeinheit zu verlagern (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 09.06.2008 - 4 ZB 07.2815 -, BayVBl 2009, 537 m.w.N.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 13.07.2005-8 PA 37/05 -).

47

Dass sich ein Elternteil um sein Kind nicht gekümmert hat oder sich nicht kümmern konnte, führt für sich deshalb noch nicht dazu, dass die dem Kind obliegende Bestattungspflicht auf die Allgemeinheit übergehen müsste (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 19.12.2011 - 4 C 11.2581 -). Denn Grundlage für die Bestattungspflicht ist gerade nicht die Solidargemeinschaft der Familie, die sich durch ein gegenseitiges Geben und Nehmen auszeichnet. Der Vortrag, es habe in der Beziehung zum Verstorbenen eine vollständige Aufgabe der familiären Bande vorgelegen, es gebe gar kein familiäres Verhältnis mehr, das zerrüttet sein könnte, ist vor dem Hintergrund der obergerichtlichen Rechtsprechung unbehelflich (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 12.09.2013 - 4 ZB 12.2526 -).

48

Besteht ein rechtliches Näheverhältnis in Form enger Verwandtschaft, so kommt eine Unzumutbarkeit der Tragung der Beerdigungskosten allein aufgrund der näheren Umstände der persönlichen Beziehung zwischen Pflichtigem und Verstorbenem, d.h. unabhängig von den finanziellen Verhältnissen des Pflichtigen, nur dann in Betracht, wenn diese Umstände der persönlichen Beziehung so schwer wiegen, dass die rechtliche Nähebeziehung dahinter vollständig zurücktritt. Das setzt voraus, dass ein schweres vorwerfbares Fehlverhalten des Verstorbenen gegenüber dem Pflichtigen vorliegt.

49

Der bloße Umstand, dass sich Familienmitglieder räumlich und emotional voneinander entfernt haben und die traditionellen familiären Beziehungen nicht mehr unterhalten worden sind, führt deshalb nicht bereits zur Anerkennung einer besonderen Härte, aufgrund derer von der Heranziehung zur Kostenerstattung abgesehen werden kann. Nicht ausreichend sind Unterhaltspflichtverletzungen (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 09.06.2008 - 4 ZB 07.2815 -; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 01.08.2008 - 8 LB 55/07 -; Verwaltungsgericht Köln, Urt. v. 20.03.2009 - 27 K 5617/07 -) oder ein zerrüttetes Verhältnis des Verstorbenen zu dessen nahen Angehörigen, das zu einem über Jahrzehnte ausbleibendem Kontakt führt (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 01.08.2008 - 8 LB 55/07 -). Hat ein bestattungspflichtiges leibliches Kind seinen verstorbenen Vater nicht gekannt und auch keinen persönlichen Kontakt mit ihm gehabt, so reicht dies nicht aus, um eine unbillige Härte i.S.d. der Verschonungsregelungen anzunehmen (Verwaltungsgericht Köln, Urt. v. 30.05.2012 - 9 K 1361/11 -). Kein Härtefall ist nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts z.B. in einem Fall gegeben, in dem die Hinterbliebene erst nach 45 Jahren ihren später verstorbenen Vater ausfindig gemacht hat, der zuvor ihre Mutter im Säuglingsalter der Tochter verlassen hatte und der weder Unterhalt gezahlt noch eine persönliche Beziehung unterhalten hatte (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 13.07.2005 - 8 PA 37/05 -, NdsRpfl 2005, 382 = NordÖR 2005, 434 = FEVS 57, 228).

50

Hat ein bestattungspflichtiges leibliches Kind seinen verstorbenen Vater nicht gekannt und auch keinen persönlichen Kontakt mit ihm gehabt, so reicht dies nicht aus, um eine unbillige Härte i.S.d. der Verschonungsregelungen anzunehmen (Verwaltungsgericht Köln, Urt. v. 30.05.2012 - 9 K 1361/11 -). Zu fordern ist vielmehr die nachhaltige Störung der Familienverhältnisse.

51

Auch die ausschließlich zivilrechtliche Frage danach, ob der Verstorbene in der Vergangenheit einer bestehenden Unterhaltspflicht nicht nachgekommen ist, spielt in diesem Zusammenhang keine ausschlaggebende Rolle (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 09.06.2008, BayVBl. 2009, 537; OVG Saarlouis, Urt. v. 27.12.2007 - 1 A 40/07 -; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 21.11.2006 - 8 PA 118/06 -; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urt. v. 19.10.2004, VBlBW 2005, 141; Verwaltungsgericht Chemnitz, Urt. v. 30.07.2008 - 1 K 1629/04 -; Verwaltungsgericht Gießen, Urt. v. 05.04.2000, NVwZ-RR 2000, 795; Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urt. v. 10.07.2001 - 11 K 2827/00-; Repkewitz, VBlBW 2010, 228 ; BVerwG, Beschl. v. 19.08.1994, NVwZ-RR 1995, 283), denn dies ist kein so gravierendes Erlebnis, dass die Bestattung von dem Betroffenen emotional nicht geleistet werden könnte. So wird die Verletzung der Kindesunterhaltspflicht von einem Kind als nicht so gravierend wahrgenommen werden wie eine massive Verletzung der körperlichen Integrität.

52

Dies gilt auch und gerade vor dem Hintergrund, dass der Betroffene möglicherweise einen Anspruch auf Übernahme der Kosten durch das Sozialamt nach § 74 SGB XII hat. Denn diese Vorschrift erfasst nicht nur den Fall, dass der Betreffende finanziell nicht in der Lage ist, die Kosten zu tragen. Vielmehr kann sich die Unzumutbarkeit der Kostentragung im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen dem Bestattungspflichtigen und dem Verstorbenen ergeben (vgl. dazu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 09.06.2008 - 4 ZB 07.2815 -; OVG des Saarlandes, Urteil vom 27.12.2007 - 1 A 40/07 -; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 - 1 S 681/04 -; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 13.07.2005 - 8 PA 37/05 -).

53

Besteht aber diese Möglichkeit, so besteht ein Bedürfnis nach Ausnahmen nur in eingeschränktem Maße. Es erscheint deshalb sachgerecht, diese auf die genannten gravierenden Eingriffe in die körperliche Integrität zu beschränken. Da das Gesetz selbst keine Ausnahmen vorsieht, ist insoweit eine restriktive Anwendung geboten. Nur wenn die Bestattung die Menschenwürde des an sich Bestattungspflichtigen verletzt, ist er hiervon entbunden. Dies kann aber nur bei einem Ereignis der Fall sein, das so gravierend ist, dass es für den Betroffenen eine enorme Belastung darstellt, also eine traumatische Wirkung entfaltet. Bei einem Kind wird dies wohl regelmäßig nur ein Ereignis sein können, das sich gravierend auf sein körperliches Wohlbefinden auswirkt. Denn etwa finanzielle Einschränkungen (die auf einem Fehlverhalten anderer beruhen) wird ein Kind nur eingeschränkt als negativ wahrnehmen und sie deshalb als nicht derart gravierend empfinden.

54

Nach diesen Maßstäben führen die von der Klägerin vorgetragenen Umstände nicht zu einem Entfallen der Kostentragungspflicht. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf ihren Vortrag, der Verstorbene habe zu ihr seit ihrer Geburt keinen Kontakt gehalten, es habe nie ein Vater-Tochter-Verhältnis bestanden, der Verstorbene habe für sie nie Unterhalt gezahlt und sogar eine von ihr versuchte Kontaktaufnahme schroff und in einer sie verletzenden Weise zurückgewiesen.

55

Da das Gesetz bei der Zuweisung der Bestattungspflicht allein auf den Angehörigenstatus abstellt, nicht jedoch auf das tatsächliche Bestehen eines verwandtschaftlichen Näheverhältnisses, kann aus der Intensität der familienrechtlichen Bande nicht darauf geschlossen werden, ob eine vom Gesetzgeber nicht in Betracht gezogene Härte vorliegt. Von Bedeutung darf allein sein, ob über das Nichtbestehen familiärer Beziehungen hinaus Vorkommnisse vorliegen, die das Verhältnis des Bestattungspflichtigen zum Verstorbenen derart schwer belastet haben, dass es den Betroffenen unerträglich träfe, nun für die Kosten der Bestattung aufzukommen. Dies ist für den vorliegenden Fall im Ergebnis zu verneinen.

56

Dass zwischen der Klägerin und ihrem leiblichen Vater nie eine Vater-Kind-Beziehung bestanden hatte, führt nach den oben dargelegten Maßstäben der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht zu einer unbilligen Härte, die die Pflicht zur Kostenerstattung beeinflussen könnte. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht in § 12 Abs. 2 Satz 1 BestattG den Hinterbliebenen zugewiesen und in § 2 Nr. 12 BestattG bestimmt, dass die Hinterbliebeneneigenschaft allein an den Angehörigenstatus bis zum zweiten Grad in auf- oder absteigender Linie oder an die Verwandtschaft in der Seitenlinie anknüpft. Wenn aber der Gesetzgeber ein rein formales Zuweisungskriterium anspricht, können inhaltliche Kriterien wie das Intaktsein dieser Beziehung im Rahmen der Hinterbliebeneneigenschaft und der daran anknüpfenden Kostenerstattungspflicht keine Rolle spielen. Gründe, eine unbillige Härte anzunehmen, sind deshalb außerhalb dieses Bereiches zu suchen.

57

Hier käme als Anknüpfungspunkt für die Annahme einer unbilligen Härte in Betracht, dass der Verstorbene einen telefonischen Kontaktversuch, den die Klägerin im Alter von zehn Jahren unternommen hatte, schroff zurückgewiesen hatte. Die Erinnerung an diesen Vorfall mag für die Klägerin schmerzhaft und unangenehm sein. Gleichwohl gerät das damalige Fehlverhalten des Verstorbenen bei weitem nicht an den Grad der Intensität, bei dem die Rechtsprechung eine Verschonung von der Kostentragungspflicht anerkannt hat (schwere Straftaten des Verstorbenen gegenüber dem Hinterbliebenen wie Tötungsversuch, sexueller Missbrauch o.ä.).

58

Auf die Berufung war die Klage mit der gesetzlichen Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

59

Die Revision war nicht zuzulassen, da die streitigen Fragen allein das nichtrevisible Landesrecht betreffen.


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Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung

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Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger  26.693,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.02.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der klägerischen Beteiligung an der I GmbH und Co. KG in Höhe von 50.000,00 DM.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Annahme der Übertragung des Kommanditanteils des Klägers  an der I GmbH und Co. KG mit einem Beteiligungsbetrag in Höhe von 50.000,00 DM in Verzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger zu 55 % und die Beklagte zu 1) zu 45 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt der Kläger zu 10 % und die der Beklagten zu 2) vollständig.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


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Der Erbe trägt die Kosten der Beerdigung des Erblassers.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. Dezember 2003 - 3 K 1991/03 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Tragung von Bestattungskosten.
Am xx.x.2003 verstarb in Karlsruhe der am xx.x.19xx geborene, zuletzt in xxx, xxx, wohnhaft gewesene, geschiedene xxx xxx. Nachdem zunächst keine bestattungspflichtigen Angehörigen ermittelt werden konnten, ordnete die Beklagte am 14.1.2003 die Feuerbestattung des Verstorbenen auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe an. Von den dadurch entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 2.171,16 EUR forderte die Beklagte den nach Abzug des Sterbegeldes der Krankenkasse noch offenen Betrag von 1.646,16 EUR mit Bescheid vom 18.3.2003 vom Kläger an, den sie in der Zwischenzeit als das am x.x.19xx in Kandel geborene, nichteheliche Kind und nächsten Angehörigen des Verstorbenen ermittelt hatte. Weitere Angehörige des Verstorbenen konnten nicht festgestellt werden. Der Kläger erhob gegen den Bescheid mit Schreiben vom 3.4.2003 Widerspruch, den er damit begründete, dass er seit seiner Geburt weder schriftlich noch mündlich Kontakt zu dem Verstorbenen gehabt habe. Auch hätten weder er noch seine Mutter irgendwelche Unterstützung in Form von Unterhalt oder ähnlichem erhalten. Außerdem habe er die Erbschaft vor dem Notariat 3 in Karlsruhe am 28.3.2003 ausgeschlagen. Aus diesen Gründen sei für ihn eine Kostenerstattung nicht zumutbar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.6.2003 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium unter anderem aus, die Einwendungen des Klägers seien nicht geeignet, diesen von seiner Kostentragungspflicht zu entbinden. Er sei als Sohn und nächster Angehöriger bestattungspflichtig. Daran ändere auch die Erbschaftsausschlagung nichts, da die Kostentragungspflicht ihre Grundlage nicht in der bürgerlich-rechtlichen Erbenstellung, sondern in der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der Angehörigen finde, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen.
Die hiergegen rechtzeitig erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 12.12.2003 - dem Antrag der Beklagten entsprechend - ab. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die Bestattung zu Recht auf Kosten des bestattungspflichtigen Klägers veranlasst. Der Kläger sei als bestattungspflichtige Person gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG verpflichtet, die entstandenen Kosten für die Bestattung seines verstorbenen Vaters zu tragen. Auch wenn nie ein Kontakt zwischen dem Kläger und seinem verstorbenen Vater bestanden habe, sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, von seiner Inanspruchnahme abzusehen. Die Bestattungspflicht werde nicht davon abhängig gemacht, dass zwischen den Angehörigen vor dem Todesfall soziale Kontakte unterhalten worden seien. Ebenso wenig komme es auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen an. Nicht gefolgt werden könne auch dem Einwand des Klägers, dass er nach der zum Zeitpunkt seiner Geburt im Jahre 19xx geltenden Rechtslage als nichteheliches Kind nicht als mit seinem Erzeuger verwandt gegolten habe, weshalb er heute auch nicht als Angehöriger des Verstorbenen im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG angesehen werden könne. Denn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids in der Fassung des Widerspruchsbescheids sei der Kläger rechtlich als Angehöriger des Verstorbenen zu betrachten gewesen, ohne dass hierin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung gesehen werden könne. Ferner sei rechtlich unerheblich, dass der Kläger nicht in Baden-Württemberg wohnhaft sei. Entscheidend sei allein, dass der Todesfall im Land Baden-Württemberg eingetreten sei und die zuständige Behörde die Bestattung veranlasst habe. Schließlich könne unerörtert bleiben, ob eine Kostentragungspflicht bei Vorliegen einer unbilligen Härte ausgeschlossen sei. Denn eine solche sei vorliegend nicht ersichtlich. Unberührt bleibe jedoch der Anspruch des Bestattungspflichtigen auf Übernahme der erforderlichen Kosten durch den Sozialhilfeträger des Bestattungsorts, wenn ihm die Übernahme der Bestattungskosten nicht zugemutet werden könne. Unerheblich sei schließlich die vom Kläger hilfsweise erklärte Aufrechnung mit Forderungen gegenüber der Beklagten.
Mit Beschluss vom 8.3.2004 hat der Senat auf Antrag des Klägers die Berufung zugelassen.
Zur Begründung seiner Berufung vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Ein Angehörigkeitsverhältnis zwischen ihm und dem Verstorbenen habe nie bestanden. Er bestreite, dass er überhaupt von dem Verstorbenen gezeugt worden sei. Einen entsprechenden Nachweis habe die Beklagte nicht geführt. Davon abgesehen habe zum Zeitpunkt seiner Geburt nach der damals geltenden Bestimmung des § 1589 Abs. 2 BGB ein uneheliches Kind und dessen Vater nicht als verwandt gegolten. Dass diese Bestimmung später entfallen sei, dürfe nicht zu seinen Lasten gehen. Er sei daher auch heute nicht im bestattungsrechtlichen Sinne als Angehöriger des Verstorbenen zu betrachten. Im Übrigen verstoße die Anwendung der Bestimmungen des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes im vorliegenden Fall gegen verfassungsrechtliche Grundsätze; seine Heranziehung zu den Bestattungskosten sei „menschenrechtswidrig“. Das Bestattungsgesetz sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass in den Fällen, in denen keinerlei Kontakt zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen bestanden habe, eine Kostenerstattung nicht vorgenommen werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12.12.2003 - 3 K 1991/03 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 18.3.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.6.2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt ergänzend aus: Aus dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 5.9.1958 - 7 C 324/58 - ergebe sich eindeutig, dass der Verstorbene als außerehelicher Vater des Klägers gelte und dass er verurteilt worden sei, dem Kläger von dessen Geburt bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres als Unterhalt eine vierteljährlich vorauszahlbare Geldrente in Höhe von 135,-- DM zu bezahlen. Wenn der Kläger seinen Unterhaltsanspruch nicht vollstreckt habe oder habe vollstrecken lassen, so könne er jetzt auch nicht mit der Behauptung gehört werden, er habe seinen Vater nie gekannt und nie Unterhalt von ihm bezogen. Eine Aufrechnung mit Forderungen gegen die Beklagte oder das Land Baden-Württemberg komme unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.
12 
Dem Senat liegen die einschlägigen Behörden- und Gerichtsakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die im Zulassungs- und Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der nach Schließung der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 27.10.2004 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (vgl. hierzu unten S. 12).
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18.3.2003 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.6.2003 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von der Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seines Vaters angefallenen Kosten herangezogen.
15 
Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg vom 21.7.1970 (GBl. S. 395) in der Fassung vom 7.2.1994 (GBl. S.86). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde - im vorliegenden Fall die Beklagte gemäß § 31 Abs. 3 Bestattungsverordnung - BestattVO - i.V.m. § 62 Abs. 4 PolG als Ortspolizeibehörde - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt wird. Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5.12.1996, NJW 1997, 3113 f.).
16 
Die Voraussetzungen für eine Veranlassung der Bestattung durch die Beklagte lagen vor. Nach § 30 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Für die Bestattung müssen die Angehörigen sorgen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BestattG). In Betracht kommen der Ehegatte, die volljährigen Kinder, die Eltern, die Großeltern, die volljährigen Geschwister und Enkelkinder des Verstorbenen in der genannten Reihenfolge (vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Wird durch die Angehörigen nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt, so hat die zuständige Behörde sie anzuordnen oder auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht die Leiche einem anatomischen Institut zugeführt wird (§ 31 Abs. 2 BestattG). Die Bestattung muss grundsätzlich spätestens 96 Stunden nach dem Eintritt des Todes erfolgt sein (§ 37 Abs. 1 BestattG).
17 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte entsprechend diesen gesetzlichen Vorgaben gehandelt. Sie ist zutreffend davon ausgegangen, dass nicht bzw. nicht rechtzeitig für die Bestattung des Verstorbenen gesorgt werden würde (vgl. § 31 Abs. 1 BestattG). Dass die Leiche nicht einem anatomischen Institut zugeführt wurde, ist rechtlich unschädlich. Hierzu bestand keine Veranlassung, weil aus anderen entsprechenden Fällen seit Jahren bekannt ist, dass die anatomischen Institute des Landes nur noch tote Körper übernehmen, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten eine Körperspende mit dem betreffenden Institut schriftlich vereinbart hat (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96-). Für die Annahme einer solche Vereinbarung ist nichts ersichtlich.
18 
Entgegen dem Berufungsvorbringen war der Kläger auch Bestattungspflichtiger im Sinne der genannten Regelungen. Nach den Ermittlungen der Beklagten war der Verstorbene geschieden und der Kläger daher als volljähriger Sohn und einziger ermittelbarer Angehöriger verpflichtet, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen (vgl. § 31 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Da durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 3.9.1958 (7 C 324/58) gerichtlich festgestellt ist, dass der Verstorbene als Vater des Klägers gilt und zu Unterhaltsleistungen an diesen verurteilt wurde, dies auch durch den Randvermerk auf dem Geburtsregister des Standesamts Kandel vom 29.9.1970 und durch Eintragung im Familienbuch des Klägers (AS. 35 der VG-Akte) bestätigt wird, kann vom Kläger die Vaterschaft des Verstorbenen nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden, zumal er selbst vor dem Notariat 3 in Karlsruhe anlässlich seiner Erbschaftsausschlagung erklärt hat, dass der Verstorbene sein Erzeuger sei und nach seinen Darlegungen in der Klageschrift vom 1.7.2003 (AS. 3 der VG-Akte) auch seine Mutter ihm gegenüber dies bekundet hat.
19 
Die Inanspruchnahme des Klägers als Angehöriger scheitert auch nicht daran, dass er kein eheliches Kind des Verstorbenen war. Eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern wird in den einschlägigen Regelungen  des Bestattungsgesetzes nicht getroffen. Damit zählen zu den bestattungspflichtigen Angehörigen grundsätzlich sowohl eheliche wie nichteheliche volljährige Kinder.
20 
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers auch nicht für diejenigen nichtehelichen Kinder, die - wie der Kläger - noch unter der Geltung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. geboren wurden. Nach dieser Regelung hat ein nichteheliches Kind als nicht mit seinem Erzeuger verwandt gegolten. Auf die damalige Rechtslage kann sich jedoch der Kläger in vorliegendem Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen. Das NEhelG vom 19.8.1969 (BGBl. I S. 1243) brachte eine grundlegende Neuordnung der Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder. Mit der Streichung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. wurden die ehelichen und nichtehelichen Kinder rechtlich grundsätzlich gleichgestellt; das Gesetz unterscheidet nunmehr bei der Verwandtschaft nicht mehr zwischen ehelicher und nichtehelicher Abstammung. Diese geänderte Rechtslage war dem Landesgesetzgeber bei Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes vom 21.7.1970 auch bewusst. Da er eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern im Zusammenhang mit der Bestattungspflicht nicht vorgenommen hat, ohne dass darin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zu sehen ist, ist der Kläger im hier allein maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung rechtlich als Angehöriger des Verstorbenen auch im Sinne des Bestattungsrechts anzusehen.
21 
Der Einwand des Klägers, die Erbschaft sei ausgeschlagen worden, ist rechtlich unbeachtlich. Wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96 -, NJW 1997, 3113, und Urteil vom 25.9.2001 - 1 S 974/01 -, NVwZ 2002, 995 f.) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 19.8.1994 - 1 B 149.94 -, NVwZ-RR 1995, 283) zutreffend dargelegt haben, kommt es auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen nicht an, da die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten zu tragen.
22 
Rechtlich unerheblich für seine Inanspruchnahme als Bestattungspflichtiger auf der Grundlage des Bestattungsgesetzes für Baden-Württemberg ist ferner, dass der Kläger nicht in Baden-Württemberg wohnt. Maßgebend für die Bestattungspflicht und für die hieran anknüpfende Heranziehung zu den Kosten der Bestattung ist allein, ob der Todesfall im Land Baden-Württemberg eingetreten ist und deshalb hier die Bestattung durch ordnungsbehördliches Einschreiten veranlasst wurde. Der Senat teilt die vom Verwaltungsgericht näher dargelegte Rechtsauffassung und verweist auf die dortigen Ausführungen (§ 130 b VwGO).
23 
Soweit der Kläger sinngemäß verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung der hier einschlägigen Bestimmungen des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes in den Fällen unbilliger Härte aufwirft, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Berufung.
24 
Die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht verstoßen auch insoweit nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Es ist zwar zutreffend, dass das Bestattungsgesetz keine Regelung enthält, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten; bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde grundsätzlich kein Ermessen eingeräumt. Es ist indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Bestattungspflicht für volljährige Kinder des Verstorbenen und dementsprechend eine Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme oder Einschränkungen der Verpflichtung, etwa bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen, besteht von Verfassungs wegen nicht (siehe auch VG Karlsruhe, Urteil vom 10.9.2001, NJW 2002, 3491 f.). Dass die Bestattungspflicht - anders als die familiäre Unterhaltspflicht, bei der eine Beschränkung oder ein Wegfall der Verpflichtung in Fällen grober Unbilligkeit vorgesehen ist (vgl. §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nrn. 2 - 7, 1611 BGB), - keine Ausnahmen kennt, lässt sich zum einen damit rechtfertigen, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr dient und damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden können. Vielmehr müssen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten, objektive Maßstäbe eingreifen. Zum anderen knüpfen die Regelungen und die Rangfolge der nach §§ 30, 31, 21 BestattG zur Bestattung Verpflichteten an die den nächsten Angehörigen - und nicht den Erben oder der Allgemeinheit - gewohnheitsrechtlich obliegende Totenfürsorge an. Recht und Pflicht der Totenfürsorge sind kein von dem Verstorbenen ererbtes Recht, sondern Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses, das über den Tod hinaus fortdauert und gegenüber dem toten Familienmitglied Pietät und Pflege seines Andenkens gebietet. Auch wenn die nächsten Angehörigen enterbt sind, haben sie über die Bestattung zu bestimmen. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge beruht damit auf einem vom Zivilrecht völlig unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden Rechtsgrund (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Es ist daher entgegen dem Vorbringen des Klägers auch nicht ohne weiteres möglich, Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen. Insbesondere begründet die Bestattungspflicht anders als die familiäre Unterhaltspflicht kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen und lässt sich damit auch bei gröbsten Verfehlungen des Verstorbenen nicht mit den Situationen vergleichen, die der Gesetzgeber in den Regelungen der §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 - 7 und 1611 BGB in den Blick genommen hat (vgl. hierzu auch Stelkens, Cohrs, NVwZ 2002, 917 f., 920).
25 
Vor allem bedeutet die - ausnahmslose - Bestattungspflicht nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige auch mit den Kosten belastet bleibt. So besteht jedenfalls für den Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen ein Ausgleichsanspruch des Bestattungspflichtigen gegenüber dem Erben. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen auch andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3, 1615 Abs. 2, 1615 m BGB).
26 
In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, besteht nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des § 11 BSHG ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 29.1.2004, Az: 5 C 2/03, Juris) handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet.  Der Anspruch aus § 15 BSHG soll eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten; der Kreis möglicher Berechtigter bestimmt sich nach der anderweitig begründeten Verpflichtung, (zunächst) die Bestattungskosten zu tragen. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Wie das Kriterium der „Zumutbarkeit“ zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche Notlage des „Verpflichteten“ behoben werden. Vielmehr wird an „die fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger“ angeknüpft, deren Maß von der nach der „Besonderheit des Einzelfalles“ zu beurteilenden Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hierzu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der „Zumutbarkeit“ im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 29.1.2004, a.a.O. m.w.N.). Nach alledem ist mit Blick auf das Zusammenspiel dieser Regelungen und unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 15 BSHG die ausnahmslos begründete Bestattungspflicht naher Angehöriger und die daraus folgende Kostentragungspflicht mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.
27 
Der Leistungsbescheid ist auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Bestattung in einfacher, ortsüblicher und würdiger Form vornehmen lassen (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996, a.a.O.). Einwände gegen den Ansatz der Kosten und deren Höhe hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen.
28 
Der Anspruch der Beklagten auf Kostenerstattung ist schließlich nicht durch die - hilfsweise - erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch oder einer Gegenforderung des Klägers gegen das beklagte Land bzw. die Beklagte erloschen. Es ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ersichtlich, inwieweit der Kläger gegenüber der Beklagten oder dem Land Baden-Württemberg Schadensersatzansprüche haben könnte. Die Aufrechnung mit einem - noch klärungsbedürftigen - Kostenübernahmeanspruch aus § 15 BSHG scheitert bereits daran, dass insoweit bei dem zuständigen Sozialhilfeträger noch kein entsprechender Antrag gestellt wurde. Aus diesem Grunde ist auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht in Betracht zu ziehen.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
30 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
13 
Der nach Schließung der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 27.10.2004 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (vgl. hierzu unten S. 12).
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18.3.2003 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.6.2003 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von der Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seines Vaters angefallenen Kosten herangezogen.
15 
Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg vom 21.7.1970 (GBl. S. 395) in der Fassung vom 7.2.1994 (GBl. S.86). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde - im vorliegenden Fall die Beklagte gemäß § 31 Abs. 3 Bestattungsverordnung - BestattVO - i.V.m. § 62 Abs. 4 PolG als Ortspolizeibehörde - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt wird. Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5.12.1996, NJW 1997, 3113 f.).
16 
Die Voraussetzungen für eine Veranlassung der Bestattung durch die Beklagte lagen vor. Nach § 30 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Für die Bestattung müssen die Angehörigen sorgen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BestattG). In Betracht kommen der Ehegatte, die volljährigen Kinder, die Eltern, die Großeltern, die volljährigen Geschwister und Enkelkinder des Verstorbenen in der genannten Reihenfolge (vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Wird durch die Angehörigen nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt, so hat die zuständige Behörde sie anzuordnen oder auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht die Leiche einem anatomischen Institut zugeführt wird (§ 31 Abs. 2 BestattG). Die Bestattung muss grundsätzlich spätestens 96 Stunden nach dem Eintritt des Todes erfolgt sein (§ 37 Abs. 1 BestattG).
17 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte entsprechend diesen gesetzlichen Vorgaben gehandelt. Sie ist zutreffend davon ausgegangen, dass nicht bzw. nicht rechtzeitig für die Bestattung des Verstorbenen gesorgt werden würde (vgl. § 31 Abs. 1 BestattG). Dass die Leiche nicht einem anatomischen Institut zugeführt wurde, ist rechtlich unschädlich. Hierzu bestand keine Veranlassung, weil aus anderen entsprechenden Fällen seit Jahren bekannt ist, dass die anatomischen Institute des Landes nur noch tote Körper übernehmen, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten eine Körperspende mit dem betreffenden Institut schriftlich vereinbart hat (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96-). Für die Annahme einer solche Vereinbarung ist nichts ersichtlich.
18 
Entgegen dem Berufungsvorbringen war der Kläger auch Bestattungspflichtiger im Sinne der genannten Regelungen. Nach den Ermittlungen der Beklagten war der Verstorbene geschieden und der Kläger daher als volljähriger Sohn und einziger ermittelbarer Angehöriger verpflichtet, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen (vgl. § 31 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Da durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 3.9.1958 (7 C 324/58) gerichtlich festgestellt ist, dass der Verstorbene als Vater des Klägers gilt und zu Unterhaltsleistungen an diesen verurteilt wurde, dies auch durch den Randvermerk auf dem Geburtsregister des Standesamts Kandel vom 29.9.1970 und durch Eintragung im Familienbuch des Klägers (AS. 35 der VG-Akte) bestätigt wird, kann vom Kläger die Vaterschaft des Verstorbenen nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden, zumal er selbst vor dem Notariat 3 in Karlsruhe anlässlich seiner Erbschaftsausschlagung erklärt hat, dass der Verstorbene sein Erzeuger sei und nach seinen Darlegungen in der Klageschrift vom 1.7.2003 (AS. 3 der VG-Akte) auch seine Mutter ihm gegenüber dies bekundet hat.
19 
Die Inanspruchnahme des Klägers als Angehöriger scheitert auch nicht daran, dass er kein eheliches Kind des Verstorbenen war. Eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern wird in den einschlägigen Regelungen  des Bestattungsgesetzes nicht getroffen. Damit zählen zu den bestattungspflichtigen Angehörigen grundsätzlich sowohl eheliche wie nichteheliche volljährige Kinder.
20 
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers auch nicht für diejenigen nichtehelichen Kinder, die - wie der Kläger - noch unter der Geltung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. geboren wurden. Nach dieser Regelung hat ein nichteheliches Kind als nicht mit seinem Erzeuger verwandt gegolten. Auf die damalige Rechtslage kann sich jedoch der Kläger in vorliegendem Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen. Das NEhelG vom 19.8.1969 (BGBl. I S. 1243) brachte eine grundlegende Neuordnung der Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder. Mit der Streichung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. wurden die ehelichen und nichtehelichen Kinder rechtlich grundsätzlich gleichgestellt; das Gesetz unterscheidet nunmehr bei der Verwandtschaft nicht mehr zwischen ehelicher und nichtehelicher Abstammung. Diese geänderte Rechtslage war dem Landesgesetzgeber bei Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes vom 21.7.1970 auch bewusst. Da er eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern im Zusammenhang mit der Bestattungspflicht nicht vorgenommen hat, ohne dass darin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zu sehen ist, ist der Kläger im hier allein maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung rechtlich als Angehöriger des Verstorbenen auch im Sinne des Bestattungsrechts anzusehen.
21 
Der Einwand des Klägers, die Erbschaft sei ausgeschlagen worden, ist rechtlich unbeachtlich. Wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96 -, NJW 1997, 3113, und Urteil vom 25.9.2001 - 1 S 974/01 -, NVwZ 2002, 995 f.) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 19.8.1994 - 1 B 149.94 -, NVwZ-RR 1995, 283) zutreffend dargelegt haben, kommt es auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen nicht an, da die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten zu tragen.
22 
Rechtlich unerheblich für seine Inanspruchnahme als Bestattungspflichtiger auf der Grundlage des Bestattungsgesetzes für Baden-Württemberg ist ferner, dass der Kläger nicht in Baden-Württemberg wohnt. Maßgebend für die Bestattungspflicht und für die hieran anknüpfende Heranziehung zu den Kosten der Bestattung ist allein, ob der Todesfall im Land Baden-Württemberg eingetreten ist und deshalb hier die Bestattung durch ordnungsbehördliches Einschreiten veranlasst wurde. Der Senat teilt die vom Verwaltungsgericht näher dargelegte Rechtsauffassung und verweist auf die dortigen Ausführungen (§ 130 b VwGO).
23 
Soweit der Kläger sinngemäß verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung der hier einschlägigen Bestimmungen des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes in den Fällen unbilliger Härte aufwirft, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Berufung.
24 
Die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht verstoßen auch insoweit nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Es ist zwar zutreffend, dass das Bestattungsgesetz keine Regelung enthält, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten; bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde grundsätzlich kein Ermessen eingeräumt. Es ist indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Bestattungspflicht für volljährige Kinder des Verstorbenen und dementsprechend eine Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme oder Einschränkungen der Verpflichtung, etwa bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen, besteht von Verfassungs wegen nicht (siehe auch VG Karlsruhe, Urteil vom 10.9.2001, NJW 2002, 3491 f.). Dass die Bestattungspflicht - anders als die familiäre Unterhaltspflicht, bei der eine Beschränkung oder ein Wegfall der Verpflichtung in Fällen grober Unbilligkeit vorgesehen ist (vgl. §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nrn. 2 - 7, 1611 BGB), - keine Ausnahmen kennt, lässt sich zum einen damit rechtfertigen, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr dient und damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden können. Vielmehr müssen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten, objektive Maßstäbe eingreifen. Zum anderen knüpfen die Regelungen und die Rangfolge der nach §§ 30, 31, 21 BestattG zur Bestattung Verpflichteten an die den nächsten Angehörigen - und nicht den Erben oder der Allgemeinheit - gewohnheitsrechtlich obliegende Totenfürsorge an. Recht und Pflicht der Totenfürsorge sind kein von dem Verstorbenen ererbtes Recht, sondern Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses, das über den Tod hinaus fortdauert und gegenüber dem toten Familienmitglied Pietät und Pflege seines Andenkens gebietet. Auch wenn die nächsten Angehörigen enterbt sind, haben sie über die Bestattung zu bestimmen. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge beruht damit auf einem vom Zivilrecht völlig unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden Rechtsgrund (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Es ist daher entgegen dem Vorbringen des Klägers auch nicht ohne weiteres möglich, Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen. Insbesondere begründet die Bestattungspflicht anders als die familiäre Unterhaltspflicht kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen und lässt sich damit auch bei gröbsten Verfehlungen des Verstorbenen nicht mit den Situationen vergleichen, die der Gesetzgeber in den Regelungen der §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 - 7 und 1611 BGB in den Blick genommen hat (vgl. hierzu auch Stelkens, Cohrs, NVwZ 2002, 917 f., 920).
25 
Vor allem bedeutet die - ausnahmslose - Bestattungspflicht nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige auch mit den Kosten belastet bleibt. So besteht jedenfalls für den Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen ein Ausgleichsanspruch des Bestattungspflichtigen gegenüber dem Erben. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen auch andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3, 1615 Abs. 2, 1615 m BGB).
26 
In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, besteht nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des § 11 BSHG ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 29.1.2004, Az: 5 C 2/03, Juris) handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet.  Der Anspruch aus § 15 BSHG soll eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten; der Kreis möglicher Berechtigter bestimmt sich nach der anderweitig begründeten Verpflichtung, (zunächst) die Bestattungskosten zu tragen. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Wie das Kriterium der „Zumutbarkeit“ zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche Notlage des „Verpflichteten“ behoben werden. Vielmehr wird an „die fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger“ angeknüpft, deren Maß von der nach der „Besonderheit des Einzelfalles“ zu beurteilenden Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hierzu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der „Zumutbarkeit“ im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 29.1.2004, a.a.O. m.w.N.). Nach alledem ist mit Blick auf das Zusammenspiel dieser Regelungen und unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 15 BSHG die ausnahmslos begründete Bestattungspflicht naher Angehöriger und die daraus folgende Kostentragungspflicht mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.
27 
Der Leistungsbescheid ist auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Bestattung in einfacher, ortsüblicher und würdiger Form vornehmen lassen (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996, a.a.O.). Einwände gegen den Ansatz der Kosten und deren Höhe hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen.
28 
Der Anspruch der Beklagten auf Kostenerstattung ist schließlich nicht durch die - hilfsweise - erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch oder einer Gegenforderung des Klägers gegen das beklagte Land bzw. die Beklagte erloschen. Es ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ersichtlich, inwieweit der Kläger gegenüber der Beklagten oder dem Land Baden-Württemberg Schadensersatzansprüche haben könnte. Die Aufrechnung mit einem - noch klärungsbedürftigen - Kostenübernahmeanspruch aus § 15 BSHG scheitert bereits daran, dass insoweit bei dem zuständigen Sozialhilfeträger noch kein entsprechender Antrag gestellt wurde. Aus diesem Grunde ist auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht in Betracht zu ziehen.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
30 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Der Erbe trägt die Kosten der Beerdigung des Erblassers.

(1) Wird die Erbschaft ausgeschlagen, so gilt der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt.

(2) Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit dem Erbfall erfolgt.

(3) Das Nachlassgericht soll die Ausschlagung demjenigen mitteilen, welchem die Erbschaft infolge der Ausschlagung angefallen ist. Es hat die Einsicht der Erklärung jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.

Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Februar 2007 - 11 K 50/06 - wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zahlung der Bestattungskosten für seine verstorbene Schwester.

Er ist der ältere der beiden Brüder der am … in einem H. in A-Stadt verstorbenen Frau B.. Außer ihren beiden Brüdern hatte die Verstorbene keine Angehörigen. Die Erbschaft hat der Kläger ausgeschlagen.

Nach Bekanntwerden des Todesfalls wies der Beklagte den Kläger auf seine Pflichten nach dem Saarländischen Bestattungsgesetz hin. Dieser erklärte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, und auch nicht verpflichtet, die Bestattungskosten zu übernehmen, da er die Erbschaft ausgeschlagen habe. Außerdem verfüge er über kein ausreichendes Vermögen, um die Beerdigungskosten zu zahlen. Zu seiner Schwester habe er im Übrigen seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt. Der Kläger beantragte vorsorglich bei dem Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII.

Der Beklagte ordnete daraufhin die Feuerbestattung der Verstorbenen in Form einer anonymen Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt an.

Nach Anhörung und Stellungnahme des Klägers forderte der Beklagte diesen mit Verfügung vom 2.3.2006, die dem Kläger am 9.3.2006 zugestellt wurde, auf, die entstandenen Kosten für die Bestattung seiner Schwester in Höhe von insgesamt 1.982,03 Euro (Kosten des Bestatters in Höhe von 1.543,03 Euro und Gebühren des Friedhofs der Kreisstadt A-Stadt in Höhe von 439,00 Euro) zu erstatten. Gleichzeitig erging ein Kostenfestsetzungsbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100, 00 Euro festgesetzt wurden.

Am 30.3.2006 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, es fehle eine Ermächtigungsgrundlage für seine Heranziehung zur Kostenerstattung. § 26 Abs. 1 BestattG sei verfassungswidrig. Die Regelung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil die Kostenlast das älteste Geschwisterteil treffe und diese Differenzierung keinen sachlichen Grund darstelle. Es gebe auch kein Gewohnheitsrecht, wonach immer das älteste Geschwisterteil vor dem jüngeren in Haftung zu nehmen sei. Die maßgebliche Vorschrift des Bestattungsgesetzes verstoße auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie keine Billigkeitsregelung enthalte. Selbst unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 227 AO sei der angegriffene Bescheid rechtswidrig. Zwischen ihm und seiner verstorbenen Schwester habe seit ihrer Kindheit kein familiäres Verhältnis bestanden. Er habe seit 1953 keine persönlichen Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Sie habe ihn stets „drangsaliert“ und ein Leben geführt, das mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen sei. Daher sei es für ihn unerträglich, für sie finanziell einstehen zu sollen.

Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises A-Stadt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8.6.2006 zurück. In der Begründung heißt es im Wesentlichen, ausschlaggebend für die Bestattungspflicht sei allein die Angehörigeneigenschaft. Zwar seien die vom Kläger geäußerten Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 26 BestattG durchaus beachtlich. Mangels Verwerfungskompetenz des Kreisrechtsausschusses sei diese Norm jedoch uneingeschränkt anzuwenden und auf ihrer Grundlage ein Leistungsanspruch des Beklagten gegeben. Da es sich um eine gebundene Norm handele, bestehe auch kein Spielraum, die persönlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Verstorbenen zu berücksichtigen.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 15.6.2006 zugestellt.

Am 3.7.2006 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in seiner Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufzuheben.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug genommen. Auf einen entsprechenden Hinweis des Verwaltungsgerichts, wonach sich die Kostenerhebung auch nach Inkrafttreten des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen Regelung wohl weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG) bestimme, hat er die Auffassung vertreten, § 26 Abs. 2 BestattG sei ein Spezialgesetz. Daher seien die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften nicht einschlägig. Weiterhin hat er auf ein Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 19.10.2004 (1 S 681/04) verwiesen. Darin werde festgestellt, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr diene und Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses sei, das über den Tod hinaus fortwirke. Anders als die familiäre Unterhaltspflicht kenne die Bestattungspflicht keine Ausnahmen. Dies sei durch den Umstand gerechtfertigt, dass innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit keine längeren Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden könnten. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme von der Bestattungspflicht, z.B. bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 74 SGB XII nicht. Außerdem hat er auf zwei Entscheidungen des OVG C-Stadt (in NJW 2000, 3513 f.) und des VG Gießen (in NVwZ-RR 2000, 437 f.) verwiesen. Soweit ein mit der Situation der §§ 1361 Abs. 3 (Herabsetzung des ehelichen Unterhaltsanspruches aus Billigkeitsgründen), 1579 (Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Scheidung der Ehe), 1611 (Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Verwandten) BGB vergleichbarer Fall vorliege, sei mit den zitierten Entscheidungen von einem Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Beerdigungskosten nach § 74 SGB XII durch den Sozialhilfeträger auszugehen. Damit sei in allen Fällen persönlicher Unbilligkeit sichergestellt, dass die Bestattungskosten im Ergebnis nicht vom Bestattungspflichtigen getragen werden müssten. Unter diesen Umständen erscheine die Auferlegung der Bestattungspflicht als solche nicht als unverhältnismäßig. Daher habe eine Härtefallprüfung nicht von Seiten des Ordnungsamtes, sondern durch den Träger der Sozialhilfe zu erfolgen. Auch die Gebührenfestsetzung sei auf der Grundlage der Saarländischen Gebührenordnung rechtmäßig erfolgt.

Der Kläger hat hierauf erwidert, es sei zwischen Primär- und Sekundärebene zu unterscheiden. Die Bestattungspflicht betreffe ausschließlich die Primärebene. Auf der Sekundärebene müsse nach Billigkeitsmaßstäben von einer Kostenerstattungspflicht abgesehen werden. Wenn die Billigkeitsentscheidung vom Träger der Sozialhilfe zu treffen wäre, hätte dies zur Folge, dass zwei unterschiedliche Behörden in derselben Angelegenheit zu entscheiden hätten. Dies sei mit einem einheitlichen Ermessensvorgang nicht in Einklang zu bringen.

Das Sozialamt des Landkreises A-Stadt hat dem Kläger mit Schreiben vom 27.10.2006 mitgeteilt, über seinen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten könne erst endgültig entschieden werden, wenn das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht abgeschlossen sei. Falls das Verwaltungsgericht die Bestattungspflicht des Klägers verneinen würde, stünde ihm nach § 74 SGB XII auch kein Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten zu, da einen solchen nur die nach § 26 Abs. 1 BestattG Verpflichteten haben könnten.

Mit aufgrund der Beratung vom 9.2.2007 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in der Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufgehoben. Zur Begründung ist maßgeblich ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Klägers seien jedenfalls derzeit nicht erfüllt. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus der Friedhofsgebührensatzung der Kreisstadt A-Stadt , denn zur Gebührenzahlung sei nur derjenige verpflichtet, der die Bestattung selbst oder über einen Beauftragten wissentlich und willentlich veranlasst habe, was bei dem Kläger gerade nicht der Fall sei. Auch § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Satz 2 BestattG begründe nicht die Gebührenpflicht, da diese Vorschrift keine eigenständige Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch der Ortspolizeibehörde gegenüber einem Bestattungspflichtigen darstelle. Sie sei nur Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde. Von dieser primären Gefahrenabwehrkompetenz sei jedoch die Frage der Kostenerstattungspflicht auf der Sekundärebene zu trennen. Die Kostenerhebung bestimme sich auch nach Inkrafttreten des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen Regelung weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme. Etwas anderes ergebe sich nicht aus den Worten „auf Kosten“ in § 26 Abs. 2 BestattG. Diese beinhalteten lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme nach § 46 SPolG. Hätte der Gesetzgeber, dem die einschlägige Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte bekannt gewesen sei, eine eigenständige Anspruchsgrundlage im Bestattungsgesetz schaffen wollen, so hätte es bereits aus Gründen der Rechtsklarheit einer präzisen und unmissverständlichen Formulierung als Anspruchsgrundlage bedurft, die dann im Übrigen auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen gehabt hätte und diesen aufgrund seines Verfassungsrangs nicht einfach hätte negieren dürfen. Auf die Frage der Wirksamkeit von § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG komme es daher nicht mehr an. Der angefochtene Leistungsbescheid genüge aber auch nicht den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§ 90 Abs. 1 i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG). Es liege jedenfalls ein Ermessensfehler nach § 114 VwGO vor. Nach der Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte sei grundsätzlich anerkannt, dass die Heranziehung zum Ersatz der Bestattungskosten für den Pflichtigen im Einzelfall eine besondere bzw. grob unbillige Härte bedeuten könne, welche in Analogie zu den §§ 1579, 1611 BGB eine Inanspruchnahme auszuschließen vermöge. Lege man den unstreitigen Vortrag des Klägers zugrunde, erscheine jedoch zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen, dass vorliegend nach der Rechtsprechung von einer derartigen besonderen bzw. grob unbilligen Härte jedenfalls im Sinne von § 20 Satz 1 SGebG i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LHO beziehungsweise § 227 AO auszugehen sein könnte. Dem brauche vorliegend jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, da weder der Ausgangs- noch der Widerspruchsbescheid erkennen lasse, dass die vom Kläger vorgetragenen Härtegründe sachlich gewürdigt worden und die erforderliche Ermessensentscheidung im Rahmen von § 20 SGebG getroffen worden sei. Aus § 74 SGB XII ergebe sich nichts anderes. Nach dieser Vorschrift würden zwar die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden könne, diese zu tragen. Insoweit habe aber bereits das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes mit Urteil vom 25.8.2003 - 2 R 18/03- unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.6.1997 - 5 C 13/96-) zu der im Wesentlichen wortgleichen Vorgängervorschrift des § 15 BSHG entschieden, dass der Sozialhilfeanspruch ersichtlich an das Bestehen der entsprechenden Kostenpflicht anknüpfe.

Gegen das am 21.2.2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12.3.2007 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die er am 16.4.2007 begründet hat. Er ist -entgegen der in dem Urteil des Verwaltungsgerichts vertretenen Auffassung- der Ansicht, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine taugliche Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsbescheid dar. Billigkeits- und Härtefallgesichtspunkte seien im Rahmen der Kostenübernahme vom Träger der Sozialhilfe zu prüfen. Es sei Wille des Gesetzgebers gewesen, mit § 26 Abs. 2 BestattG eine eigene Anspruchsgrundlage zu schaffen. Auch der Umstand, dass diese Vorschrift hätte präziser und unmissverständlicher formuliert werden können, lasse nicht den Schluss zu, dass sie keine Rechtsgrundlage darstelle. Aus dem Wortlaut der Norm ergebe sich, dass es sich um eine Anspruchsgrundlage handele. Auch die Systematik dieser Vorschrift spreche für den Charakter als Rechtsgrundlage. Die Regelung sei vergleichbar mit der zivilrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag. Auch aus dem Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 BestattG ergebe sich, dass es sich bei Absatz 2 der Vorschrift um eine eigenständige Rechtsgrundlage handele. Dort sei nämlich ausdrücklich von einer rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Verpflichtung zur Kostenübernahme die Rede.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes (Az.: 11 K 50/06) vom 9.2.2007 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine Ermächtigungsgrundlage lediglich für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Eine Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung beinhalte diese Regelung jedoch nicht. Außerdem sei die Bestimmung verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber von einer Billigkeitsregelung abgesehen habe. Im Übrigen nimmt er Bezug auf seine bisherigen Ausführungen und macht sich die Urteilsbegründung zu Eigen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung über die Berufung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Band), des Kreisrechtsausschusses (1 Band) und des Sozialamtes des Landkreises A-Stadt (1 Band) Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung war.

Entscheidungsgründe

Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz - BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs. 3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst.

Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.

Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991

Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,

eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte

vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.

Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“

Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in Rheinland-Pfalz -

vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz

nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge- der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie, Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist. Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede auf

vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).

Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten (z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach dem Alter der Person richtet

ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.

Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.

Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf), soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird

vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (Willkürverbot)

BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).

Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R. siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien (z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942 ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1 GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.

Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst

vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.

Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.

Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt, entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen

vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen

oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem Landesvollstreckungsrecht verlangen

vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.

Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung

in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.

Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert

so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.

Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl. Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“

Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.

Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..

Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.

§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.

Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2 HaftpflichtG).

Der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,

hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt (Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG). Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist

vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..

Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG) unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79 BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist

Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.

Das Bundesverwaltungsgericht

Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,

hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele, der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch Kostenentlastung verwandelt

vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).

Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann

vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.

Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet

vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..

Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.

Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.

Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.

Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird

vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe

Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,

die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet

u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.

Das OVG Münster

Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,

hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre, unterbleiben müsse.

Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611 Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen

vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.

Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,

in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von § 15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist, festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht (mehr) einschlägig.

Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt (vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in Rechnung gestellt werden dürfen

Gaedke, a.a.O., S. 117.

Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).

Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz - BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs. 3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst.

Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.

Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991

Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,

eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte

vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.

Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“

Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in Rheinland-Pfalz -

vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz

nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge- der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie, Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist. Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede auf

vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).

Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten (z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach dem Alter der Person richtet

ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.

Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.

Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf), soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird

vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (Willkürverbot)

BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).

Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R. siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien (z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942 ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1 GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.

Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst

vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.

Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.

Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt, entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen

vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen

oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem Landesvollstreckungsrecht verlangen

vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.

Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung

in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.

Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert

so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.

Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl. Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“

Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.

Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..

Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.

§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.

Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2 HaftpflichtG).

Der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,

hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt (Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG). Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist

vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..

Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG) unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79 BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist

Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.

Das Bundesverwaltungsgericht

Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,

hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele, der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch Kostenentlastung verwandelt

vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).

Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann

vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.

Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet

vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..

Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.

Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.

Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.

Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird

vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe

Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,

die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet

u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.

Das OVG Münster

Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,

hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre, unterbleiben müsse.

Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611 Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen

vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.

Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,

in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von § 15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist, festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht (mehr) einschlägig.

Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt (vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in Rechnung gestellt werden dürfen

Gaedke, a.a.O., S. 117.

Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).

Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. Dezember 2003 - 3 K 1991/03 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Tragung von Bestattungskosten.
Am xx.x.2003 verstarb in Karlsruhe der am xx.x.19xx geborene, zuletzt in xxx, xxx, wohnhaft gewesene, geschiedene xxx xxx. Nachdem zunächst keine bestattungspflichtigen Angehörigen ermittelt werden konnten, ordnete die Beklagte am 14.1.2003 die Feuerbestattung des Verstorbenen auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe an. Von den dadurch entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 2.171,16 EUR forderte die Beklagte den nach Abzug des Sterbegeldes der Krankenkasse noch offenen Betrag von 1.646,16 EUR mit Bescheid vom 18.3.2003 vom Kläger an, den sie in der Zwischenzeit als das am x.x.19xx in Kandel geborene, nichteheliche Kind und nächsten Angehörigen des Verstorbenen ermittelt hatte. Weitere Angehörige des Verstorbenen konnten nicht festgestellt werden. Der Kläger erhob gegen den Bescheid mit Schreiben vom 3.4.2003 Widerspruch, den er damit begründete, dass er seit seiner Geburt weder schriftlich noch mündlich Kontakt zu dem Verstorbenen gehabt habe. Auch hätten weder er noch seine Mutter irgendwelche Unterstützung in Form von Unterhalt oder ähnlichem erhalten. Außerdem habe er die Erbschaft vor dem Notariat 3 in Karlsruhe am 28.3.2003 ausgeschlagen. Aus diesen Gründen sei für ihn eine Kostenerstattung nicht zumutbar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.6.2003 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium unter anderem aus, die Einwendungen des Klägers seien nicht geeignet, diesen von seiner Kostentragungspflicht zu entbinden. Er sei als Sohn und nächster Angehöriger bestattungspflichtig. Daran ändere auch die Erbschaftsausschlagung nichts, da die Kostentragungspflicht ihre Grundlage nicht in der bürgerlich-rechtlichen Erbenstellung, sondern in der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der Angehörigen finde, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen.
Die hiergegen rechtzeitig erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 12.12.2003 - dem Antrag der Beklagten entsprechend - ab. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die Bestattung zu Recht auf Kosten des bestattungspflichtigen Klägers veranlasst. Der Kläger sei als bestattungspflichtige Person gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG verpflichtet, die entstandenen Kosten für die Bestattung seines verstorbenen Vaters zu tragen. Auch wenn nie ein Kontakt zwischen dem Kläger und seinem verstorbenen Vater bestanden habe, sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, von seiner Inanspruchnahme abzusehen. Die Bestattungspflicht werde nicht davon abhängig gemacht, dass zwischen den Angehörigen vor dem Todesfall soziale Kontakte unterhalten worden seien. Ebenso wenig komme es auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen an. Nicht gefolgt werden könne auch dem Einwand des Klägers, dass er nach der zum Zeitpunkt seiner Geburt im Jahre 19xx geltenden Rechtslage als nichteheliches Kind nicht als mit seinem Erzeuger verwandt gegolten habe, weshalb er heute auch nicht als Angehöriger des Verstorbenen im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG angesehen werden könne. Denn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids in der Fassung des Widerspruchsbescheids sei der Kläger rechtlich als Angehöriger des Verstorbenen zu betrachten gewesen, ohne dass hierin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung gesehen werden könne. Ferner sei rechtlich unerheblich, dass der Kläger nicht in Baden-Württemberg wohnhaft sei. Entscheidend sei allein, dass der Todesfall im Land Baden-Württemberg eingetreten sei und die zuständige Behörde die Bestattung veranlasst habe. Schließlich könne unerörtert bleiben, ob eine Kostentragungspflicht bei Vorliegen einer unbilligen Härte ausgeschlossen sei. Denn eine solche sei vorliegend nicht ersichtlich. Unberührt bleibe jedoch der Anspruch des Bestattungspflichtigen auf Übernahme der erforderlichen Kosten durch den Sozialhilfeträger des Bestattungsorts, wenn ihm die Übernahme der Bestattungskosten nicht zugemutet werden könne. Unerheblich sei schließlich die vom Kläger hilfsweise erklärte Aufrechnung mit Forderungen gegenüber der Beklagten.
Mit Beschluss vom 8.3.2004 hat der Senat auf Antrag des Klägers die Berufung zugelassen.
Zur Begründung seiner Berufung vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Ein Angehörigkeitsverhältnis zwischen ihm und dem Verstorbenen habe nie bestanden. Er bestreite, dass er überhaupt von dem Verstorbenen gezeugt worden sei. Einen entsprechenden Nachweis habe die Beklagte nicht geführt. Davon abgesehen habe zum Zeitpunkt seiner Geburt nach der damals geltenden Bestimmung des § 1589 Abs. 2 BGB ein uneheliches Kind und dessen Vater nicht als verwandt gegolten. Dass diese Bestimmung später entfallen sei, dürfe nicht zu seinen Lasten gehen. Er sei daher auch heute nicht im bestattungsrechtlichen Sinne als Angehöriger des Verstorbenen zu betrachten. Im Übrigen verstoße die Anwendung der Bestimmungen des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes im vorliegenden Fall gegen verfassungsrechtliche Grundsätze; seine Heranziehung zu den Bestattungskosten sei „menschenrechtswidrig“. Das Bestattungsgesetz sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass in den Fällen, in denen keinerlei Kontakt zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen bestanden habe, eine Kostenerstattung nicht vorgenommen werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12.12.2003 - 3 K 1991/03 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 18.3.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.6.2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt ergänzend aus: Aus dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 5.9.1958 - 7 C 324/58 - ergebe sich eindeutig, dass der Verstorbene als außerehelicher Vater des Klägers gelte und dass er verurteilt worden sei, dem Kläger von dessen Geburt bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres als Unterhalt eine vierteljährlich vorauszahlbare Geldrente in Höhe von 135,-- DM zu bezahlen. Wenn der Kläger seinen Unterhaltsanspruch nicht vollstreckt habe oder habe vollstrecken lassen, so könne er jetzt auch nicht mit der Behauptung gehört werden, er habe seinen Vater nie gekannt und nie Unterhalt von ihm bezogen. Eine Aufrechnung mit Forderungen gegen die Beklagte oder das Land Baden-Württemberg komme unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.
12 
Dem Senat liegen die einschlägigen Behörden- und Gerichtsakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die im Zulassungs- und Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der nach Schließung der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 27.10.2004 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (vgl. hierzu unten S. 12).
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18.3.2003 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.6.2003 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von der Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seines Vaters angefallenen Kosten herangezogen.
15 
Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg vom 21.7.1970 (GBl. S. 395) in der Fassung vom 7.2.1994 (GBl. S.86). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde - im vorliegenden Fall die Beklagte gemäß § 31 Abs. 3 Bestattungsverordnung - BestattVO - i.V.m. § 62 Abs. 4 PolG als Ortspolizeibehörde - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt wird. Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5.12.1996, NJW 1997, 3113 f.).
16 
Die Voraussetzungen für eine Veranlassung der Bestattung durch die Beklagte lagen vor. Nach § 30 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Für die Bestattung müssen die Angehörigen sorgen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BestattG). In Betracht kommen der Ehegatte, die volljährigen Kinder, die Eltern, die Großeltern, die volljährigen Geschwister und Enkelkinder des Verstorbenen in der genannten Reihenfolge (vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Wird durch die Angehörigen nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt, so hat die zuständige Behörde sie anzuordnen oder auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht die Leiche einem anatomischen Institut zugeführt wird (§ 31 Abs. 2 BestattG). Die Bestattung muss grundsätzlich spätestens 96 Stunden nach dem Eintritt des Todes erfolgt sein (§ 37 Abs. 1 BestattG).
17 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte entsprechend diesen gesetzlichen Vorgaben gehandelt. Sie ist zutreffend davon ausgegangen, dass nicht bzw. nicht rechtzeitig für die Bestattung des Verstorbenen gesorgt werden würde (vgl. § 31 Abs. 1 BestattG). Dass die Leiche nicht einem anatomischen Institut zugeführt wurde, ist rechtlich unschädlich. Hierzu bestand keine Veranlassung, weil aus anderen entsprechenden Fällen seit Jahren bekannt ist, dass die anatomischen Institute des Landes nur noch tote Körper übernehmen, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten eine Körperspende mit dem betreffenden Institut schriftlich vereinbart hat (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96-). Für die Annahme einer solche Vereinbarung ist nichts ersichtlich.
18 
Entgegen dem Berufungsvorbringen war der Kläger auch Bestattungspflichtiger im Sinne der genannten Regelungen. Nach den Ermittlungen der Beklagten war der Verstorbene geschieden und der Kläger daher als volljähriger Sohn und einziger ermittelbarer Angehöriger verpflichtet, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen (vgl. § 31 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Da durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 3.9.1958 (7 C 324/58) gerichtlich festgestellt ist, dass der Verstorbene als Vater des Klägers gilt und zu Unterhaltsleistungen an diesen verurteilt wurde, dies auch durch den Randvermerk auf dem Geburtsregister des Standesamts Kandel vom 29.9.1970 und durch Eintragung im Familienbuch des Klägers (AS. 35 der VG-Akte) bestätigt wird, kann vom Kläger die Vaterschaft des Verstorbenen nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden, zumal er selbst vor dem Notariat 3 in Karlsruhe anlässlich seiner Erbschaftsausschlagung erklärt hat, dass der Verstorbene sein Erzeuger sei und nach seinen Darlegungen in der Klageschrift vom 1.7.2003 (AS. 3 der VG-Akte) auch seine Mutter ihm gegenüber dies bekundet hat.
19 
Die Inanspruchnahme des Klägers als Angehöriger scheitert auch nicht daran, dass er kein eheliches Kind des Verstorbenen war. Eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern wird in den einschlägigen Regelungen  des Bestattungsgesetzes nicht getroffen. Damit zählen zu den bestattungspflichtigen Angehörigen grundsätzlich sowohl eheliche wie nichteheliche volljährige Kinder.
20 
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers auch nicht für diejenigen nichtehelichen Kinder, die - wie der Kläger - noch unter der Geltung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. geboren wurden. Nach dieser Regelung hat ein nichteheliches Kind als nicht mit seinem Erzeuger verwandt gegolten. Auf die damalige Rechtslage kann sich jedoch der Kläger in vorliegendem Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen. Das NEhelG vom 19.8.1969 (BGBl. I S. 1243) brachte eine grundlegende Neuordnung der Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder. Mit der Streichung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. wurden die ehelichen und nichtehelichen Kinder rechtlich grundsätzlich gleichgestellt; das Gesetz unterscheidet nunmehr bei der Verwandtschaft nicht mehr zwischen ehelicher und nichtehelicher Abstammung. Diese geänderte Rechtslage war dem Landesgesetzgeber bei Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes vom 21.7.1970 auch bewusst. Da er eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern im Zusammenhang mit der Bestattungspflicht nicht vorgenommen hat, ohne dass darin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zu sehen ist, ist der Kläger im hier allein maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung rechtlich als Angehöriger des Verstorbenen auch im Sinne des Bestattungsrechts anzusehen.
21 
Der Einwand des Klägers, die Erbschaft sei ausgeschlagen worden, ist rechtlich unbeachtlich. Wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96 -, NJW 1997, 3113, und Urteil vom 25.9.2001 - 1 S 974/01 -, NVwZ 2002, 995 f.) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 19.8.1994 - 1 B 149.94 -, NVwZ-RR 1995, 283) zutreffend dargelegt haben, kommt es auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen nicht an, da die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten zu tragen.
22 
Rechtlich unerheblich für seine Inanspruchnahme als Bestattungspflichtiger auf der Grundlage des Bestattungsgesetzes für Baden-Württemberg ist ferner, dass der Kläger nicht in Baden-Württemberg wohnt. Maßgebend für die Bestattungspflicht und für die hieran anknüpfende Heranziehung zu den Kosten der Bestattung ist allein, ob der Todesfall im Land Baden-Württemberg eingetreten ist und deshalb hier die Bestattung durch ordnungsbehördliches Einschreiten veranlasst wurde. Der Senat teilt die vom Verwaltungsgericht näher dargelegte Rechtsauffassung und verweist auf die dortigen Ausführungen (§ 130 b VwGO).
23 
Soweit der Kläger sinngemäß verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung der hier einschlägigen Bestimmungen des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes in den Fällen unbilliger Härte aufwirft, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Berufung.
24 
Die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht verstoßen auch insoweit nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Es ist zwar zutreffend, dass das Bestattungsgesetz keine Regelung enthält, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten; bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde grundsätzlich kein Ermessen eingeräumt. Es ist indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Bestattungspflicht für volljährige Kinder des Verstorbenen und dementsprechend eine Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme oder Einschränkungen der Verpflichtung, etwa bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen, besteht von Verfassungs wegen nicht (siehe auch VG Karlsruhe, Urteil vom 10.9.2001, NJW 2002, 3491 f.). Dass die Bestattungspflicht - anders als die familiäre Unterhaltspflicht, bei der eine Beschränkung oder ein Wegfall der Verpflichtung in Fällen grober Unbilligkeit vorgesehen ist (vgl. §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nrn. 2 - 7, 1611 BGB), - keine Ausnahmen kennt, lässt sich zum einen damit rechtfertigen, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr dient und damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden können. Vielmehr müssen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten, objektive Maßstäbe eingreifen. Zum anderen knüpfen die Regelungen und die Rangfolge der nach §§ 30, 31, 21 BestattG zur Bestattung Verpflichteten an die den nächsten Angehörigen - und nicht den Erben oder der Allgemeinheit - gewohnheitsrechtlich obliegende Totenfürsorge an. Recht und Pflicht der Totenfürsorge sind kein von dem Verstorbenen ererbtes Recht, sondern Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses, das über den Tod hinaus fortdauert und gegenüber dem toten Familienmitglied Pietät und Pflege seines Andenkens gebietet. Auch wenn die nächsten Angehörigen enterbt sind, haben sie über die Bestattung zu bestimmen. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge beruht damit auf einem vom Zivilrecht völlig unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden Rechtsgrund (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Es ist daher entgegen dem Vorbringen des Klägers auch nicht ohne weiteres möglich, Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen. Insbesondere begründet die Bestattungspflicht anders als die familiäre Unterhaltspflicht kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen und lässt sich damit auch bei gröbsten Verfehlungen des Verstorbenen nicht mit den Situationen vergleichen, die der Gesetzgeber in den Regelungen der §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 - 7 und 1611 BGB in den Blick genommen hat (vgl. hierzu auch Stelkens, Cohrs, NVwZ 2002, 917 f., 920).
25 
Vor allem bedeutet die - ausnahmslose - Bestattungspflicht nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige auch mit den Kosten belastet bleibt. So besteht jedenfalls für den Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen ein Ausgleichsanspruch des Bestattungspflichtigen gegenüber dem Erben. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen auch andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3, 1615 Abs. 2, 1615 m BGB).
26 
In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, besteht nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des § 11 BSHG ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 29.1.2004, Az: 5 C 2/03, Juris) handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet.  Der Anspruch aus § 15 BSHG soll eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten; der Kreis möglicher Berechtigter bestimmt sich nach der anderweitig begründeten Verpflichtung, (zunächst) die Bestattungskosten zu tragen. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Wie das Kriterium der „Zumutbarkeit“ zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche Notlage des „Verpflichteten“ behoben werden. Vielmehr wird an „die fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger“ angeknüpft, deren Maß von der nach der „Besonderheit des Einzelfalles“ zu beurteilenden Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hierzu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der „Zumutbarkeit“ im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 29.1.2004, a.a.O. m.w.N.). Nach alledem ist mit Blick auf das Zusammenspiel dieser Regelungen und unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 15 BSHG die ausnahmslos begründete Bestattungspflicht naher Angehöriger und die daraus folgende Kostentragungspflicht mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.
27 
Der Leistungsbescheid ist auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Bestattung in einfacher, ortsüblicher und würdiger Form vornehmen lassen (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996, a.a.O.). Einwände gegen den Ansatz der Kosten und deren Höhe hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen.
28 
Der Anspruch der Beklagten auf Kostenerstattung ist schließlich nicht durch die - hilfsweise - erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch oder einer Gegenforderung des Klägers gegen das beklagte Land bzw. die Beklagte erloschen. Es ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ersichtlich, inwieweit der Kläger gegenüber der Beklagten oder dem Land Baden-Württemberg Schadensersatzansprüche haben könnte. Die Aufrechnung mit einem - noch klärungsbedürftigen - Kostenübernahmeanspruch aus § 15 BSHG scheitert bereits daran, dass insoweit bei dem zuständigen Sozialhilfeträger noch kein entsprechender Antrag gestellt wurde. Aus diesem Grunde ist auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht in Betracht zu ziehen.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
30 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
13 
Der nach Schließung der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 27.10.2004 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (vgl. hierzu unten S. 12).
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18.3.2003 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.6.2003 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von der Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seines Vaters angefallenen Kosten herangezogen.
15 
Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg vom 21.7.1970 (GBl. S. 395) in der Fassung vom 7.2.1994 (GBl. S.86). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde - im vorliegenden Fall die Beklagte gemäß § 31 Abs. 3 Bestattungsverordnung - BestattVO - i.V.m. § 62 Abs. 4 PolG als Ortspolizeibehörde - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt wird. Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5.12.1996, NJW 1997, 3113 f.).
16 
Die Voraussetzungen für eine Veranlassung der Bestattung durch die Beklagte lagen vor. Nach § 30 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Für die Bestattung müssen die Angehörigen sorgen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BestattG). In Betracht kommen der Ehegatte, die volljährigen Kinder, die Eltern, die Großeltern, die volljährigen Geschwister und Enkelkinder des Verstorbenen in der genannten Reihenfolge (vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Wird durch die Angehörigen nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt, so hat die zuständige Behörde sie anzuordnen oder auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht die Leiche einem anatomischen Institut zugeführt wird (§ 31 Abs. 2 BestattG). Die Bestattung muss grundsätzlich spätestens 96 Stunden nach dem Eintritt des Todes erfolgt sein (§ 37 Abs. 1 BestattG).
17 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte entsprechend diesen gesetzlichen Vorgaben gehandelt. Sie ist zutreffend davon ausgegangen, dass nicht bzw. nicht rechtzeitig für die Bestattung des Verstorbenen gesorgt werden würde (vgl. § 31 Abs. 1 BestattG). Dass die Leiche nicht einem anatomischen Institut zugeführt wurde, ist rechtlich unschädlich. Hierzu bestand keine Veranlassung, weil aus anderen entsprechenden Fällen seit Jahren bekannt ist, dass die anatomischen Institute des Landes nur noch tote Körper übernehmen, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten eine Körperspende mit dem betreffenden Institut schriftlich vereinbart hat (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96-). Für die Annahme einer solche Vereinbarung ist nichts ersichtlich.
18 
Entgegen dem Berufungsvorbringen war der Kläger auch Bestattungspflichtiger im Sinne der genannten Regelungen. Nach den Ermittlungen der Beklagten war der Verstorbene geschieden und der Kläger daher als volljähriger Sohn und einziger ermittelbarer Angehöriger verpflichtet, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen (vgl. § 31 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Da durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 3.9.1958 (7 C 324/58) gerichtlich festgestellt ist, dass der Verstorbene als Vater des Klägers gilt und zu Unterhaltsleistungen an diesen verurteilt wurde, dies auch durch den Randvermerk auf dem Geburtsregister des Standesamts Kandel vom 29.9.1970 und durch Eintragung im Familienbuch des Klägers (AS. 35 der VG-Akte) bestätigt wird, kann vom Kläger die Vaterschaft des Verstorbenen nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden, zumal er selbst vor dem Notariat 3 in Karlsruhe anlässlich seiner Erbschaftsausschlagung erklärt hat, dass der Verstorbene sein Erzeuger sei und nach seinen Darlegungen in der Klageschrift vom 1.7.2003 (AS. 3 der VG-Akte) auch seine Mutter ihm gegenüber dies bekundet hat.
19 
Die Inanspruchnahme des Klägers als Angehöriger scheitert auch nicht daran, dass er kein eheliches Kind des Verstorbenen war. Eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern wird in den einschlägigen Regelungen  des Bestattungsgesetzes nicht getroffen. Damit zählen zu den bestattungspflichtigen Angehörigen grundsätzlich sowohl eheliche wie nichteheliche volljährige Kinder.
20 
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers auch nicht für diejenigen nichtehelichen Kinder, die - wie der Kläger - noch unter der Geltung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. geboren wurden. Nach dieser Regelung hat ein nichteheliches Kind als nicht mit seinem Erzeuger verwandt gegolten. Auf die damalige Rechtslage kann sich jedoch der Kläger in vorliegendem Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen. Das NEhelG vom 19.8.1969 (BGBl. I S. 1243) brachte eine grundlegende Neuordnung der Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder. Mit der Streichung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. wurden die ehelichen und nichtehelichen Kinder rechtlich grundsätzlich gleichgestellt; das Gesetz unterscheidet nunmehr bei der Verwandtschaft nicht mehr zwischen ehelicher und nichtehelicher Abstammung. Diese geänderte Rechtslage war dem Landesgesetzgeber bei Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes vom 21.7.1970 auch bewusst. Da er eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern im Zusammenhang mit der Bestattungspflicht nicht vorgenommen hat, ohne dass darin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zu sehen ist, ist der Kläger im hier allein maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung rechtlich als Angehöriger des Verstorbenen auch im Sinne des Bestattungsrechts anzusehen.
21 
Der Einwand des Klägers, die Erbschaft sei ausgeschlagen worden, ist rechtlich unbeachtlich. Wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96 -, NJW 1997, 3113, und Urteil vom 25.9.2001 - 1 S 974/01 -, NVwZ 2002, 995 f.) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 19.8.1994 - 1 B 149.94 -, NVwZ-RR 1995, 283) zutreffend dargelegt haben, kommt es auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen nicht an, da die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten zu tragen.
22 
Rechtlich unerheblich für seine Inanspruchnahme als Bestattungspflichtiger auf der Grundlage des Bestattungsgesetzes für Baden-Württemberg ist ferner, dass der Kläger nicht in Baden-Württemberg wohnt. Maßgebend für die Bestattungspflicht und für die hieran anknüpfende Heranziehung zu den Kosten der Bestattung ist allein, ob der Todesfall im Land Baden-Württemberg eingetreten ist und deshalb hier die Bestattung durch ordnungsbehördliches Einschreiten veranlasst wurde. Der Senat teilt die vom Verwaltungsgericht näher dargelegte Rechtsauffassung und verweist auf die dortigen Ausführungen (§ 130 b VwGO).
23 
Soweit der Kläger sinngemäß verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung der hier einschlägigen Bestimmungen des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes in den Fällen unbilliger Härte aufwirft, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Berufung.
24 
Die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht verstoßen auch insoweit nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Es ist zwar zutreffend, dass das Bestattungsgesetz keine Regelung enthält, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten; bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde grundsätzlich kein Ermessen eingeräumt. Es ist indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Bestattungspflicht für volljährige Kinder des Verstorbenen und dementsprechend eine Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme oder Einschränkungen der Verpflichtung, etwa bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen, besteht von Verfassungs wegen nicht (siehe auch VG Karlsruhe, Urteil vom 10.9.2001, NJW 2002, 3491 f.). Dass die Bestattungspflicht - anders als die familiäre Unterhaltspflicht, bei der eine Beschränkung oder ein Wegfall der Verpflichtung in Fällen grober Unbilligkeit vorgesehen ist (vgl. §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nrn. 2 - 7, 1611 BGB), - keine Ausnahmen kennt, lässt sich zum einen damit rechtfertigen, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr dient und damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden können. Vielmehr müssen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten, objektive Maßstäbe eingreifen. Zum anderen knüpfen die Regelungen und die Rangfolge der nach §§ 30, 31, 21 BestattG zur Bestattung Verpflichteten an die den nächsten Angehörigen - und nicht den Erben oder der Allgemeinheit - gewohnheitsrechtlich obliegende Totenfürsorge an. Recht und Pflicht der Totenfürsorge sind kein von dem Verstorbenen ererbtes Recht, sondern Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses, das über den Tod hinaus fortdauert und gegenüber dem toten Familienmitglied Pietät und Pflege seines Andenkens gebietet. Auch wenn die nächsten Angehörigen enterbt sind, haben sie über die Bestattung zu bestimmen. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge beruht damit auf einem vom Zivilrecht völlig unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden Rechtsgrund (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Es ist daher entgegen dem Vorbringen des Klägers auch nicht ohne weiteres möglich, Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen. Insbesondere begründet die Bestattungspflicht anders als die familiäre Unterhaltspflicht kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen und lässt sich damit auch bei gröbsten Verfehlungen des Verstorbenen nicht mit den Situationen vergleichen, die der Gesetzgeber in den Regelungen der §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 - 7 und 1611 BGB in den Blick genommen hat (vgl. hierzu auch Stelkens, Cohrs, NVwZ 2002, 917 f., 920).
25 
Vor allem bedeutet die - ausnahmslose - Bestattungspflicht nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige auch mit den Kosten belastet bleibt. So besteht jedenfalls für den Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen ein Ausgleichsanspruch des Bestattungspflichtigen gegenüber dem Erben. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen auch andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3, 1615 Abs. 2, 1615 m BGB).
26 
In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, besteht nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des § 11 BSHG ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 29.1.2004, Az: 5 C 2/03, Juris) handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet.  Der Anspruch aus § 15 BSHG soll eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten; der Kreis möglicher Berechtigter bestimmt sich nach der anderweitig begründeten Verpflichtung, (zunächst) die Bestattungskosten zu tragen. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Wie das Kriterium der „Zumutbarkeit“ zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche Notlage des „Verpflichteten“ behoben werden. Vielmehr wird an „die fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger“ angeknüpft, deren Maß von der nach der „Besonderheit des Einzelfalles“ zu beurteilenden Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hierzu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der „Zumutbarkeit“ im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 29.1.2004, a.a.O. m.w.N.). Nach alledem ist mit Blick auf das Zusammenspiel dieser Regelungen und unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 15 BSHG die ausnahmslos begründete Bestattungspflicht naher Angehöriger und die daraus folgende Kostentragungspflicht mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.
27 
Der Leistungsbescheid ist auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Bestattung in einfacher, ortsüblicher und würdiger Form vornehmen lassen (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996, a.a.O.). Einwände gegen den Ansatz der Kosten und deren Höhe hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen.
28 
Der Anspruch der Beklagten auf Kostenerstattung ist schließlich nicht durch die - hilfsweise - erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch oder einer Gegenforderung des Klägers gegen das beklagte Land bzw. die Beklagte erloschen. Es ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ersichtlich, inwieweit der Kläger gegenüber der Beklagten oder dem Land Baden-Württemberg Schadensersatzansprüche haben könnte. Die Aufrechnung mit einem - noch klärungsbedürftigen - Kostenübernahmeanspruch aus § 15 BSHG scheitert bereits daran, dass insoweit bei dem zuständigen Sozialhilfeträger noch kein entsprechender Antrag gestellt wurde. Aus diesem Grunde ist auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht in Betracht zu ziehen.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
30 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Der Erbe trägt die Kosten der Beerdigung des Erblassers.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26. März 2009 - 11 K 592/08 - wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Zahlung der Kosten für die vom Beklagten veranlasste Bestattung ihres Vaters.

Sie ist das älteste Kind des am 5.6.2007 in A-Stadt verstorbenen Hans C.. Die Ehe ihres Vaters, aus der auch zwei Söhne hervorgegangen sind, wurde im Jahre 1986 rechtskräftig geschieden.

Am 13.6.2007 teilte das in A-Stadt ansässige Bestattungsunternehmen H. dem Beklagten unter Angabe von Namen und Adressen der Kinder des Verstorbenen mit, dass zwar einer der Söhne des Verstorbenen, Herr C., einen Bestattungsauftrag erteilt habe, dieser jedoch nicht ausgeführt werde, weil Zweifel an dessen Zahlungsfähigkeit bestünden. Noch am selben Tag beauftragte der Beklagte das Bestattungsunternehmen mit der Feuerbestattung des Verstorbenen, welcher am 14.6.2007 eingeäschert und am 19.6.2007 in einem Urnenreihengrab beigesetzt wurde. Für die Einäscherung stellte die Firma B, A-Stadt 295 EUR in Rechnung. Für die Bestattung einschließlich Benutzung der Trauerhalle und deren Ausschmückung sowie den Erwerb der Grabstelle setzte die Stadt A-Stadt Gebühren in Höhe von insgesamt 739 EUR fest. Das Bestattungsunternehmen berechnete für seine Dienste einen Pauschalpreis von 714 EUR.

Nach Anhörung der Klägerin forderte der Beklagte diese - ebenso wie ihre beiden Brüder - mit Bescheid vom 15.10.2007 unter Hinweis auf deren Bestattungspflicht nach § 26 des Saarländischen Bestattungsgesetzes (im Weiteren: BestattG) auf, die "für die im Wege der Ersatzvornahme (§§ 44 und 46 SPolG)... veranlasste Bestattung" ihres Vaters angefallenen Kosten in Höhe von insgesamt 1.748 EUR zu erstatten. Dabei wies er – wie schon in der Anhörung der Klägerin - darauf hin, dass nach § 32 Abs. 1 BestattG Leichen spätestens sieben Tage nach dem Eintritt des Todes zu bestatten seien und vorliegend, nach seiner Unterrichtung am 13.6.2007 darüber, dass sich niemand um die Beerdigung kümmere, im Hinblick auf die Bestattungsfrist eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit (§ 8 Abs. 1 SPolG) vorgelegen habe. Aus diesem Grunde sei der Auftrag zur Bestattung noch am selben Tage erteilt worden. Für sein Tätigwerden setzte der Beklagte gemäß § 1 Ziffer 4 der Polizeikostenverordnung eine Verwaltungsgebühr von 100 EUR fest.

Am 7.11.2007 erhob die Klägerin Widerspruch. Zur Begründung machte sie geltend, die Bestattung ihres Vaters im Wege einer polizeirechtlichen Ersatzvornahme sei nicht erforderlich gewesen, denn dafür sei nur Raum, wenn die Bestattungspflichtigen ihrer Pflicht nicht nachkämen. Ihr Bruder C. habe jedoch dem Bestattungsunternehmen H. einen Bestattungsauftrag erteilt, so dass unabhängig von etwaigen Zweifeln des Bestatters an dessen Zahlungsfähigkeit die Voraussetzungen für eine behördliche Veranlassung der Bestattung nicht vorgelegen hätten. Sie selbst habe erst kurz vor der Beerdigung vom Tode ihres Vaters erfahren. Das Erbe habe sie ausgeschlagen. Zwar sei ihr nicht bekannt, ob ihr Vater Vermögenswerte hinterlassen habe; möglicherweise hätte das von ihren Brüdern angetretene Erbe jedoch ausgereicht, die Bestattungskosten zu begleichen. Abgesehen davon habe zwischen ihrem verstorbenen Vater und einer Frau A., deren Adresse ihr nicht bekannt sei, eine auf Dauer angelegte nichteheliche Lebensgemeinschaft bestanden. Nach den einschlägigen Vorschriften sei die Lebensgefährtin vor den Kindern des Verstorbenen bestattungspflichtig.

Auf Nachfrage des Beklagten gaben Herr C. und die geschiedene Ehefrau des Verstorbenen laut Aktenvermerk vom 20.12.2007 in einem Gespräch vom selben Tage an, dass der Verstorbene keine Vermögenswerte hinterlassen habe. Herr C. erklärte weiter, dass sein Vater mit einer Frau A. aus der A-Straße (A-Stadt) befreundet gewesen sei; diese habe aber nicht bei seinem Vater gewohnt.

Mit Schreiben vom 20.12.2007 unterrichtete der Beklagte die Prozessbevollmächtigten der Klägerin über das Ergebnis seiner Ermittlungen sowie den Umstand, dass eine Frau A. nach den Unterlagen des Meldeamtes der Stadt A. weder unter der letzten Adresse noch unter einer früheren Adresse des Verstorbenen gemeldet gewesen sei. Ferner wies er darauf hin, dass Herr C. zum Zeitpunkt des Sterbefalls arbeitslos gewesen sei und nicht über die Geldmittel verfügt habe, um eine Beerdigung zu bezahlen. Das Sozialamt der Stadt A. habe ihm keine Zahlungszusage gegeben, weil "Anträge" der Geschwister gefehlt hätten.

Nachdem die Klägerin an ihrem Widerspruch festhielt, lehnte der Beklagte unter Berücksichtigung der von ihm nachträglich ermittelten Umstände eine Abhilfe ab.

Der Rechtsausschuss für den Regionalverband C-Stadt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7.5.2008 zurück. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, der Beklagte sei zu Recht von einer sein sofortiges Einschreiten rechtfertigenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 8 Abs. 1 SPolG ausgegangen, weil der Verstorbene nicht innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist bestattet worden und nicht zu erwarten gewesen sei, dass eines der Kinder des Verstorbenen an Stelle des Beklagten tätig geworden wäre. Eine eventuelle privatrechtliche Beziehung zwischen dem beteiligten Bestattungsunternehmen und einem Sohn des Verstorbenen ändere nichts an der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung, den Leichnam innerhalb der vorgegebenen Frist zu bestatten. Bei dieser Sachlage sei die Klägerin als die Älteste von drei Geschwistern gemäß § 26 BestattG zur Erstattung der dem Beklagten entstandenen Kosten für die Bestattung ihres Vaters verpflichtet. Frau A. komme als Schuldnerin der Bestattungskosten nicht in Betracht, weil es für eine nichteheliche Lebensgemeinschaft zwischen ihr und dem Verstorbenen keinen ausreichenden Anhaltspunkt gebe.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 28.5.2008 zugestellt.

Am 24.6.2008 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Zum Beweis dafür, dass ihr verstorbener Vater über einen Zeitraum von zumindest einem Jahr vor seinem Tod mit einer Frau A. in einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelebt habe, hat sie Beweis angeboten durch das Zeugnis von Frau A., deren ladungsfähige Anschrift - was nicht geschah - nachgereicht werden sollte, sowie den ehemaligen "Vermieter" und einen ehemaligen Nachbarn ihres Vaters.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 15.10.2007 und den Widerspruchsbescheid vom 7.5.2008 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat zur Begründung ausgeführt, die Klägerin sei als ältestes Kind des Verstorbenen zu Recht zur Erstattung der Bestattungskosten nach § 26 Abs. 2 BestattG herangezogen worden, weil sie ihrer Bestattungspflicht nicht genügt habe. Es komme nicht darauf an, ob zwischen dem Bruder der Klägerin und dem Bestattungsunternehmen H. ein Vertrag zur Durchführung der Bestattung zu Stande gekommen sei, denn die Bestattungspflicht erschöpfe sich nicht im Abschluss eines entsprechenden Vertrages, sondern verlange die tatsächliche Bestattung. Dem seien indes weder die Klägerin noch deren beide Brüder nachgekommen, so dass er - der Beklagte - habe tätig werden müssen. Im Übrigen werde bestritten, dass der verstorbene Vater der Klägerin in einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelebt habe. Die diesbezüglichen Ermittlungen hätten ergeben, dass eine Frau A. - was unstreitig ist - weder unter der letzten Wohnanschrift des Verstorbenen gemeldet gewesen sei noch im Einwohnermelderegister der Stadt A. eine auf den Sachvortrag der Klägerin passende Frau namens A. habe gefunden werden können.

Mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26.3.2009 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten vom 15.10.2007 und den Widerspruchsbescheid vom 7.5.2008 aufgehoben. Zur Begründung ist maßgeblich ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Klägerin wegen der Bestattungskosten seien nicht erfüllt. Die vorliegend einschlägige Vorschrift des § 26 Abs. 2 BestattG regele den Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des seiner Bestattungspflicht nicht nachkommenden Angehörigen spezialgesetzlich, weshalb - wie im Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27.12.2007 (1 A 40/07) ausgeführt - ein Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht bzw. auf die §§ 46 und 90 SPolG nicht zulässig sei. Der Beklagte habe indes erkennbar nach allgemeinem Polizeirecht gehandelt, da nach Wortlaut und Begründung des angefochtenen Bescheids "die Kosten für die im Wege der Ersatzvornahme (§ 44 und 46 SPolG)" veranlasste Bestattung gefordert würden und auf § 26 BestattG lediglich verwiesen werde. Auch seien die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 BestattG weder vom Beklagten noch von der Widerspruchsbehörde geprüft worden. Aus den Verwaltungsunterlagen ergebe sich nicht, dass der Beklagte die ihm durch Mitteilung seitens des Bestattungsunternehmens H. namentlich bekannten volljährigen Angehörigen des Verstorbenen, insbesondere die Klägerin, bezüglich der Wahrnehmung ihrer Bestattungspflicht befragt habe, obwohl ihm eine telefonische Kontaktaufnahme ohne weiteres möglich gewesen wäre. Zwar habe er in der mündlichen Verhandlung einen Aktenvermerk vom 9.3.2009 vorgelegt, demzufolge noch vor dem Eingang des Auftragsangebotes der Firma E. beim Beklagten die geschiedene Ehefrau des Verstorbenen telefonisch mitgeteilt habe, "die anderen Kinder … würden die Beerdigung nicht veranlassen". Auf eine solche Aussage eines Dritten, der nach den einschlägigen Regelungen mit der Bestattung des Verstorbenen nichts zu tun habe, dürfe sich die Ortspolizeibehörde nach dem klaren Gesetzeswortlaut aber nicht berufen, geschweige denn unter Verzicht auf eigene Ermittlungen verlassen.

Gegen das ihm am 2.4.2009 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 30.4.2009 den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und am 19.5.2009 begründet, woraufhin der Senat mit Beschluss vom 13.1.2010 (1 A 349/09) die Berufung zugelassen hat. Auf den ihm am 29.1.2010 zugestellten Zulassungsbeschluss hin hat der Beklagte mit am 19.2.2010 eingegangenem Schriftsatz die Berufung begründet.

Er ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe der Klage zu Unrecht stattgegeben, denn der angefochtene Bescheid über die Heranziehung zu Bestattungskosten sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Er habe entgegen der Urteilsbegründung erkennbar auf der Grundlage der §§ 26, 32 BestattG gehandelt. Mit Blick auf die spezialgesetzliche Regelung der Kostentragungspflicht in § 26 Abs. 2 BestattG erweise sich die Bezugnahme auf die allgemeine Kostenregelung für Ersatzvornahmen gemäß den §§ 44, 46 SPolG nach Maßgabe der im Zeitpunkt des Bescheiderlasses ihm noch nicht bekannten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes im Urteil vom 27.12.2007 (1 A 40/07) allenfalls als überflüssig, ohne dass die Entscheidung deshalb rechtswidrig sei. Des Weiteren seien die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 BestattG zutreffend geprüft worden. Im Zeitpunkt der Bestattung des Verstorbenen und der späteren Anhörung der Klägerin sowie bei Erlass des Kostenbescheides habe er aufgrund der ihm verfügbaren Erkenntnisse davon ausgehen müssen, dass die Klägerin als älteste Tochter des Verstorbenen bestattungspflichtig gewesen sei. Nach der glaubhaften Aussage ihrer Mutter habe ferner festgestanden, dass die Klägerin nicht bereit gewesen sei, ihrer Bestattungspflicht nachzukommen. Dies habe sich im späteren Verfahren als zutreffend erwiesen, denn weder im Verwaltungsverfahren noch vor dem Verwaltungsgericht habe die Klägerin behauptet, bestattungsbereit gewesen zu sein. Vielmehr habe sie ihr Vorbringen darauf beschränkt, ihre Bestattungspflicht in Abrede zu stellen. Des Weiteren müsse gesehen werden, dass im Zeitpunkt seines Einschreitens der Vater der Klägerin bereits acht Tage tot gewesen sei, die Zeit somit gedrängt habe, und nach seinen Ermittlungen die Bestattung von den Hinterbliebenen nicht veranlasst worden sei. Dies gelte auch hinsichtlich des Bruders der Klägerin, der sich vergeblich bemüht habe, das Bestattungsunternehmen B. zu beauftragen, denn da dieses letztlich nicht für ihn tätig geworden sei, sei die Bestattung von ihm nicht im Sinne des § 26 Abs. 2 BestattG tatsächlich veranlasst worden. Angesichts dessen sei es im Ergebnis rechtlich unschädlich, ob die Entscheidung des Beklagten, auf eine Kontaktaufnahme zur Klägerin vor der Bestattung zu verzichten, als unzureichende Ermittlungstätigkeit angesehen werden könne, weil jedenfalls die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Bestattung im Wege der Ersatzvornahme objektiv vorgelegen hätten. Soweit die Klägerin erstmals im vorliegenden Verfahren ihre Bereitschaft zur Bestattung ihres Vaters behaupte, sei sie mit diesem Vortrag ausgeschlossen. Selbst wenn man diesen Vortrag noch berücksichtigen und als richtig unterstellen würde, könnte dies eine Aufhebung seines Bescheides nicht rechtfertigen, denn die Klägerin sei, da er die - unstreitig - preisgünstigste Bestattung gewählt habe, mangels materiellen Schadens nicht in ihren Rechten verletzt.

Nicht zu überzeugen vermöge der Einwand der Klägerin, dass nicht sie, sondern eine angebliche Lebensgefährtin des Verstorbenen vorrangig bestattungs- und kostenpflichtig sei. Dabei könne dahinstehen, ob der nach der früheren, hier noch maßgeblichen Fassung des § 26 Abs. 1 BestattG geltende Vorrang der Bestattungspflicht des Partners einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft vor erbberechtigten Kindern, Eltern und Geschwistern des Verstorbenen verfassungsrechtlich unbedenklich (gewesen) sei. Vorliegend fehle es nämlich bereits an einem substanziellen Sachvortrag der Klägerin dahingehend, dass deren Vater vor seinem Tode tatsächlich in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelebt habe. Dazu genüge nicht die Angabe des Namens einer angeblichen Lebensgefährtin, wenn diese trotz entsprechender Ermittlungen nicht identifizierbar sei. Knüpfe man in Anlehnung an die Haushaltsgemeinschaft im Sozialrecht daran an, dass eine auf Dauer angelegte Lebenspartnerschaft dann bestehe, wenn die Partner zusammen leben und wirtschaften würden, so sei es vorliegend überdies nicht ausreichend, wenn der Verstorbene eine Liebesbeziehung unterhalten habe, die mit regelmäßigen Besuchen der Freundin in seiner Wohnung verbunden gewesen sei.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26.3.2009 (Az.: 11 K 592/08) die Klage gegen den Kostenbescheid vom 15.10.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7.5.2008 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist der Ansicht, der Beklagte habe, nachdem er von der fehlgeschlagenen Beauftragung des Bestattungsunternehmens durch ihren Bruder Kenntnis erlangt habe, vor seinem Eingreifen die übrigen Angehörigen und somit auch sie - die Klägerin - ermitteln und persönlich anhören müssen. Soweit der Beklagte sich auf ein Telefonat mit ihrer Mutter berufe, werde sowohl bestritten, dass dieses in den Verwaltungsunterlagen nicht dokumentierte Telefongespräch überhaupt stattgefunden habe, als auch der angebliche Inhalt des Gesprächs in Abrede gestellt, welcher erst mehr als zwei Jahre danach in einem Vermerk festgehalten worden sei. Die angeblichen Auskünfte ihrer Mutter seien überdies rechtlich unerheblich, da zwischen ihnen die Frage der Bestattung nicht besprochen worden sei. Sie - die Klägerin - habe vielmehr erst nach der Beerdigung vom Tode ihres Vaters erfahren. Der dem Beklagten unterlaufene Verfahrensfehler sei nicht - etwa nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 SVwVfG - heilbar, da sie zur Frage ihrer Bereitschaft, selbst für die Bestattung zu sorgen, naturgemäß nicht nach der Beerdigung mit heilender Wirkung angehört werden könne. Im Übrigen habe sie zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens erklärt, dass sie im Falle einer rechtzeitigen Benachrichtigung über den Tod ihres Vaters nicht für die Bestattung Sorge getragen hätte. Die Möglichkeit einer diesbezüglichen Entscheidung habe ihr der Beklagte durch sein fehlerhaftes Verhalten genommen. Nichts anderes gelte deshalb, weil sie sich im Rahmen der von ihr ergriffenen Rechtsbehelfe - in rechtlich zulässiger Weise - mit verschiedenen Argumenten, insbesondere der vorrangigen Bestattungspflicht anderer, gegen den Kostenbescheid zur Wehr gesetzt habe. Auch werde daran festgehalten, dass Frau A. die Lebensgefährtin ihres verstorbenen Vaters gewesen und deshalb vorrangig zur Erstattung der Bestattungskosten heranzuziehen sei.

Der Senat hat zur Frage des Verhältnisses zwischen dem am 5.6.2007 verstorbenen Herrn C. und Frau A. in den Jahren 2005, 2006 und 2007 die Herren A., B. und C. sowie Letzteren des Weiteren zu seinen Aktivitäten in Bezug auf die Beerdigung seines Vaters als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.6.2010 verwiesen.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten, des Rechtsausschusses für den Regionalverband C-Stadt sowie des Sozialamtes der Stadt A. Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die - zulässige - Klage muss unter Abänderung des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts abgewiesen werden. Der mit der Klage angefochtene Bescheid des Beklagten vom 15.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Rechtsausschusses für den Regionalverband C-Stadt vom 7.5.2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin ist verpflichtet, dem Beklagten die für die Bestattung ihres Vaters angefallenen Kosten in Höhe von 1.748 EUR zu erstatten und für das Tätigwerden des Beklagten eine Verwaltungsgebühr von 100 EUR zu entrichten.

Rechtsgrundlage für das Verlangen des Beklagten nach Erstattung der Bestattungskosten ist § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz – BestattG -) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920) in der bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 1.7.2009 (Amtsbl. S. 1240) am 31.7.2009 geltenden Fassung(BestattG a. F.). Nach § 26 Abs. 2 BestattG a. F. hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen anzuordnen oder selbst zu veranlassen, wenn bestattungspflichtige volljährige Angehörige des Verstorbenen nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln sind oder diese ihrer Pflicht nicht nachkommen und kein anderer die Bestattung veranlasst.

In der den Beteiligten bekannten Rechtsprechung des Senats

Urteil vom 27.12.2007 - 1 A 40/07 -, AS RP-SL 35, 353, dokumentiert bei juris,

ist geklärt, dass diese Vorschrift den Fall der im Wege der Ersatzvornahme durchzuführenden Bestattung spezialgesetzlich abschließend regelt, und zwar auch insoweit, als die zuständige Behörde ermächtigt wird, die angefallenen Kosten durch Leistungsbescheid gegenüber dem Bestattungspflichtigen geltend zu machen. Dieser hat die Kosten ohne Rücksicht auf sein persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalls zu erstatten. Für einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht bzw. dessen Regelungen über die Erstattung von Kosten der Ersatzvornahme in den §§ 46, 90 SPolG bleibt in den durch § 26 Abs. 2 BestattG geregelten Fallgestaltungen kein Raum.

Die mit Blick auf diese Rechtsprechung vom Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil vertretene Rechtsansicht, der angefochtene Bescheid sei schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil er sich nicht auf die speziellen Vorschriften des Bestattungsgesetzes, sondern auf eine Anwendung allgemeinen Polizeirechts stütze, ist verfehlt. Es ist nicht aufgezeigt oder sonst ersichtlich, dass die Rechtslage nach den jeweils einschlägigen Regelungen des Bestattungsrechts einerseits und des allgemeinen Polizeirechts andererseits in Bezug auf den zu beurteilenden Sachverhalt unterschiedlich ausgestaltet ist. Zudem hat der Beklagte die Vorschrift des § 26 BestattG in seinem Bescheid benannt und damit sowohl die Einschlägigkeit des Bestattungsgesetzes als auch das Eingreifen der genannten Vorschrift bejaht. Schließlich ergibt sich aus der für die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Verwaltungsakts maßgeblichen Begründung des Widerspruchsbescheides (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), dass die Klägerin ausschließlich auf der Grundlage des Bestattungsgesetzes herangezogen worden ist.

Sind die vom Verwaltungsgericht zur Begründung seiner stattgebenden Entscheidung angeführten Gründe demnach nicht tragfähig, so erweist sich das angegriffene Urteil auch aus anderen Gründen nicht als im Ergebnis richtig.

Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Klägerin zur Erstattung der Bestattungskosten nach § 26 Abs. 2 BestattG a. F. sind erfüllt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war die Klägerin bestattungspflichtig. Da weder sie noch ein anderer (Angehöriger) binnen der gesetzlich vorgegebenen Frist von sieben Tagen (§ 32 Abs. 1 BestattG a. F.) für die Bestattung ihres Vaters gesorgt hat, oblag es dem Beklagten als der für den Sterbeort zuständigen Ortspolizeibehörde (§§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG), die Bestattung auf ihre Kosten zu veranlassen.

Die Klägerin war als ältestes Kind des Verstorbenen gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Satz 2 BestattG a. F. ("die Kinder") und mangels Existenz eines im Sinne der Nrn. 1 bis 3 der Vorschrift vorrangig Bestattungspflichtigen zur Bestattung ihres Vaters verpflichtet. Diese Pflicht traf sie vorrangig gegenüber ihren beiden jüngeren Brüdern, da - was verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist

Urteil des Senats vom 27.12.2007 - 1 A 40/07 -, a.a.O., -

bei einer Mehrheit von Personen gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG a. F. jeweils die ältere Person der jüngeren bezüglich der Bestattungspflicht vorgeht.

Ihr gegenüber vorrangig bestattungspflichtige Personen waren nicht vorhanden. Insoweit sah § 26 Abs. 1 BestattG a. F. vor, dass vor den Kindern (§ 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BestattG a. F.) die Ehefrau/der Ehemann (Nr. 1), die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (Nr. 2) und die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft (Nr. 3) - jeweils mit Ausschlusswirkung für den jeweils im Rang nachfolgenden Angehörigen - bestattungspflichtig ist

so die Begründung des Gesetzentwurfes der saarländischen Landesregierung zum Bestattungsgesetz vom 4.4.2003, Landtags-Drucksache 12/853, S. 43.

Angesichts dessen scheidet die Mutter der Klägerin nach ihrer rechtskräftigen Scheidung vom Vater der Klägerin im Jahre 1986 als nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BestattG a. F. vorrangig Bestattungspflichtige aus.

Des Weiteren steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest, dass der Vater der Klägerin vor seinem Tod nicht in einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelebt hat, so dass die Voraussetzungen der vorrangigen Bestattungspflicht einer Lebenspartnerin nach Maßgabe des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BestattG a. F. nicht erfüllt waren.

An die Annahme einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BestattG a. F. sind strenge Anforderungen zu stellen. Mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die zu § 26 Abs. 1 BestattG a. F. verwendete Formulierung, wonach die "Angehörigen" in der durch die Vorschrift vorgegebenen Reihenfolge für die Bestattung zu sorgen haben, kann es nur bei einer engen Beziehung zwischen der/dem Verstorbenen und deren/dessen ehemaligen Partner/Partnerin gerechtfertigt seien, diese bzw. diesen als Angehörige(n) im Sinne des § 26 Abs. 1 BestattG a. F. anzusehen, welcher vor den Verwandten, insbesondere den Kindern des Verstorbenen, bestattungspflichtig ist und welchem daher hinsichtlich der Bestattung auch (Gestaltungs-)Rechte zukommen. Es ist daher angezeigt, zur Beurteilung der Frage, ob eine auf Dauer angelegte nichteheliche Lebensgemeinschaft bestanden hat, auf die Kriterien zurückzugreifen, die in der Rechtsprechung zu § 122 Bundessozialhilfegesetz zum Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft entwickelt worden sind. Danach ist die eheähnliche Gemeinschaft als eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft gekennzeichnet, die eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft voraussetzt und sich darüber hinaus durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen

BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 -1 BvL 8/97-, BVerfGE 87, 234 zu § 137 Abs. 2 a AFG; BVerwG, Urteil vom 17.5.1995 – 5 C 16/93 -, Buchholz 436.0 § 122 BSHG Nr. 5; vgl. auch dessen Beschluss vom 24.6.1999 – 5 B 114/98 – zu § 122 Satz 1 BSHG, jeweils zitiert nach juris.

Das Erfordernis einer engen persönlichen Bindung zwischen den Lebenspartnern kommt inzwischen - klarstellend - auch in der Neufassung des § 26 Abs. 1 BestattG durch Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes vom 1.7.2009 (Amtsbl. S. 1240) deutlicher als zuvor zum Ausdruck. Durch die dort zu Nr. 5 in Bezug genommene Vorschrift des § 7 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. Abs. 3 a SGB II wird nämlich der wechselseitige Wille der Lebenspartner gefordert, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, und dieser Wille u. a. vermutet, wenn die Partner länger als ein Jahr zusammenleben oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. Die hiernach für die Annahme einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BestattG a. F. maßgeblichen Kriterien waren nach dem Ergebnis der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Beweisaufnahme zur Frage des Verhältnisses des verstorbenen Vaters der Klägerin zu Frau A. in den Jahren 2005 bis einschließlich 2007 zu keinem Zeitpunkt erfüllt.

Zu dem Beweisthema vernommen wurden zunächst der Zeuge A., der sich nach seinen Angaben im Auftrag des Hauseigentümers, seines Vaters, um das Mietshaus kümmert, in welchem der Verstorbene bis zu seinem Tode wohnte, und der selbst seit 2001 im Nachbarhaus wohnt, sowie der Zeuge B., Sohn des vorgenannten Zeugen und seit April 2006 Inhaber der über der (ehemaligen) Mietwohnung des Verstorbenen gelegenen Wohnung. Beide gaben übereinstimmend an, dass der Vater der Klägerin bis 2006 allein gewohnt und längstens ein Jahr vor seinem Tod eine ihnen namentlich nicht bekannte Freundin mit eigener Wohnung (unbekannter Adresse) gehabt habe. Der Zeuge A. erklärte, Herr C. habe ihm die Freundin etwa sieben bis acht Monate vor seinem Tod vorgestellt. Er – der Zeuge - habe die beiden in der Folgezeit zunächst zwei- bis dreimal pro Woche, später öfter und zuletzt täglich zusammen gesehen. Sie hätten sich regelmäßig gegenseitig besucht. Die Freundin habe einen Schlüssel zur Wohnung des Herrn C. besessen, sei dort aber nicht eingezogen. Sie sei nach dem Tod des Herrn C. nicht mehr in der Wohnung gewesen; insbesondere habe sie nichts aus dieser herausgeholt. Er könne sich nicht daran erinnern, dass er Herrn C. - wie die Klägerin vorträgt - wegen des Aufenthalts seiner Freundin in der Wohnung auf eine Erhöhung der Nebenkosten angesprochen habe. Der Zeuge berichtete über gelegentliche Gespräche mit Herrn C. bzw. seiner Freundin, aus denen er wisse, dass Letztere gerne mit Herrn C. zusammengezogen wäre, während dieser beide Wohnungen habe beibehalten wollen.

Der Zeuge C. gab im Wesentlichen an, die Freundin seines Vaters habe A. geheißen. Sie und sein Vater seien ein "Pärchen" gewesen, hätten aber getrennt gewohnt. Frau A. habe ihn über den Tod seines Vaters informiert und den Termin der Beisetzung im Familien- und Freundeskreis mitgeteilt. Sie sei bei der Beerdigung anwesend gewesen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass - wie von den Zeugen glaubhaft und übereinstimmend bekundet – der Vater der Klägerin zwar in den letzten Monaten vor seinem Tod eine Freundin hatte, es aber eindeutig an einer Haushaltsgemeinschaft fehlte und darüber hinaus Anhaltspunkte für ein gemeinsames Wirtschaften beider nicht bestehen. Es mangelt somit an elementaren Voraussetzungen für die Annahme, dass zwischen ihnen eine auf Dauer angelegte nichteheliche Lebensgemeinschaft bestanden hat. Die damalige Freundin kommt daher als gegenüber der Klägerin als Kind des verstorbenen C. (§ 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BestattG a. F.) vorrangig Bestattungspflichtige gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BestattG a. F. nicht in Betracht.

Die somit bestattungspflichtige Klägerin hat gemäß § 26 Abs. 2 BestattG a. F. die Kosten zu erstatten, die dem Beklagten für die von ihm veranlasste Bestattung entstanden sind, denn entsprechend den weiteren gesetzlichen Voraussetzungen hat weder sie noch ein anderer binnen der regelmäßig zu beachtenden Bestattungsfrist von sieben Tagen für die Bestattung ihres Vaters gesorgt.

Dabei ist unter den Besonderheiten der vorliegenden Fallgestaltung nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Bestattung veranlasste, ohne zuvor mit den ihm namentlich von dem Beerdigungsinstitut benannten Kindern des Verstorbenen, insbesondere der Klägerin, persönlich Kontakt aufgenommen zu haben. Der in § 26 Abs. 2 BestattG umschriebene Grundsatz der Subsidiarität staatlichen Handelns ist gemessen an den konkreten Gegebenheiten, wie sie sich dem Beklagten zur Zeit seines Tätigwerdens darstellten, nicht verletzt. Nach genannter Vorschrift ist die Ortspolizeibehörde nur berechtigt, die Bestattung selbst zu veranlassen, wenn bestattungspflichtige volljährige Angehörige des Verstorbenen nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln sind oder diese ihrer Pflicht nicht nachkommen und kein anderer die Bestattung veranlasst. Im Regelfall bedeutet dies, dass die Behörde alle ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten ausschöpfen muss, um etwaige nahe Angehörige des Toten ausfindig zu machen und sodann klären muss, ob der oder die Bestattungspflichtige für die Bestattung des Verstorbenen sorgen wird

so zutreffend OVG Münster, Urteil vom 29.4.2008 - 19 A 3665/06 -, DVBl. 2008, 1067; ferner OVG Magdeburg, Beschluss vom 15.1.2010 - 4 L 464/08 -, jeweils zitiert nach juris.

Fallbezogen durfte sich der Beklagte indes auf die durch den Aktenvermerk vom 9.3.2009 hinreichend belegte telefonische Auskunft der Mutter der Klägerin vom 13.6.2007 verlassen, wonach der "Familie" der Todesfall bereits seit einigen Tagen bekannt gewesen sei und außer dem Sohn , der die Beerdigung seines Vaters allerdings nicht bezahlen könne, keines der anderen Kinder bereit sei, für die Bestattung zu sorgen.

Der Umfang der gemäß § 24 SVwVfG von Amts wegen gebotenen Ermittlungen richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls. Dieser war vorliegend maßgeblich dadurch geprägt, dass die siebentägige Bestattungsfrist des § 32 Abs. 1 Satz 1 BestattG a. F. zu der Zeit, als das Beerdigungsinstitut sich an den Beklagten wandte, bereits um einen Tag überschritten war. Angesichts dieses zeitlichen Hergangs war die Intensität der Ermittlungspflicht im Vergleich zu einer frühzeitigen Kenntnis vor Ablauf der Bestattungsfrist deutlich reduziert. Vor diesem Hintergrund ist der telefonischen Auskunft der Mutter der Klägerin größere Bedeutung beizumessen, als ihr bei frühzeitiger Kenntnis zukäme. Dessen ungeachtet stellt der zu beurteilende Sachverhalt sich als Grenzfall dar, denn es wäre dem Beklagten ohne nennenswerten bürokratischen und zeitlichen Aufwand möglich gewesen, den Versuch einer telefonischen Kontaktaufnahme mit der Klägerin zu unternehmen, um sich auf diesem Weg zu vergewissern, ob die Klägerin über den Sterbefall informiert war, sowie abzuklären, ob sie bereit ist, ihrer Bestattungspflicht nachzukommen. Dennoch hält der Senat die Entscheidung des Beklagten, sich auf die telefonische Auskunft der Mutter der Klägerin zu verlassen und von weiteren Ermittlungen abzusehen, gemessen an dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit für im Ergebnis hinnehmbar. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bemisst sich nicht nur, was dem Bürger im Einzelfall abverlangt werden darf, sondern ebenso, was einer Behörde an Ermittlungsaufwand konkret zumutbar ist. Hier war der Beklagte von dem Beerdigungsinstitut, bei dem einer der Söhne des Verstorbenen dessen Bestattung veranlassen wollte, darüber informiert worden, dass dessen Auftrag wegen erheblicher Zweifel an seiner Zahlungsfähigkeit nicht ausgeführt werden wird. Dass das Beerdigungsinstitut gleichzeitig die Namen der übrigen Kinder mitteilte, sprach dafür, dass nach dem Kenntnisstand des Beerdigungsinstituts auch keines dieser Kinder bereit oder finanziell in der Lage war, für die Kosten der von dem Bruder in Auftrag gegebenen Bestattung aufzukommen. Dieser vorläufige Befund wurde durch die telefonische Auskunft der Mutter der Klägerin, aus der sich ausweislich des Aktenvermerks ergab, dass die „Familie“ zwar über den Todesfall informiert war, aber keines der Kinder die Bestattung veranlassen wird, nachhaltig bestätigt. Dass der Beklagte sich in dieser – zudem maßgeblich durch den Ablauf der Bestattungsfrist geprägten - Situation entschieden hat, selbst sofort - also ohne weiteres Bemühen, einen bestattungsbereiten Angehörigen ausfindig zu machen - für die Bestattung Sorge zu tragen, ist unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten als gerade noch vertretbares und damit im Ergebnis rechtmäßiges behördliches Handeln zu qualifizieren.

Selbst wenn man – etwa mit Blick auf die von der Klägerin geäußerten Zweifel an der Richtigkeit des über das Telefongespräch des Sachbearbeiters des Beklagten mit ihrer Mutter gefertigten Vermerks vom 9.3.2009 - davon ausgeht, dass dem Beklagten ein Ermittlungsdefizit vorzuwerfen ist, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der von ihm ergriffenen Maßnahmen. Denn aus den beigezogenen Verwaltungsakten ergibt sich, dass der eventuelle Fehler für die Notwendigkeit, die Bestattung im Wege der Ersatzvornahme zu veranlassen, nicht ursächlich gewesen und damit rechtlich unerheblich ist

Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG des Bundes, 7. Aufl. 2008, § 46 Rdnrn. 19 ff. sowie § 45 Rdnrn. 116 ff..

Maßgebend für diese Einschätzung ist, dass es keine verlässlichen Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Klägerin auf einen Anruf des Beklagten hin für die Bestattung ihres Vaters gesorgt hätte. Diese Schlussfolgerung rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass sie bis zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über ihren Widerspruch nicht geltend gemacht hat, durch die beschriebene Verfahrensgestaltung an der Wahrnehmung der Totenfürsorge gegenüber ihrem Vater gehindert gewesen zu sein. Vielmehr hat sie sich auf das Anhörungsschreiben des Beklagten vom 30.8.2007 überhaupt nicht geäußert und im Rahmen des Widerspruchsverfahrens lediglich eingewandt, ihr Bruder C. habe sich um die Bestattung kümmern wollen und im Übrigen sei die Lebensgefährtin ihres Vaters vor ihr bestattungspflichtig. Insbesondere letzterer Einwand belegt, dass sie kein Interesse daran hatte, von den Gestaltungsmöglichkeiten, die das mit der Bestattungspflicht korrespondierende Recht auf Totenfürsorge ihr geboten hätte, Gebrauch zu machen. Gegen eine Bestattungsbereitschaft der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt spricht des Weiteren mit Gewicht, dass sie nach der glaubhaften zeugenschaftlichen Aussage ihres Bruders C. bei der Beerdigung ihres Vaters anwesend und somit vorab zumindest über den Zeitpunkt der Beisetzung informiert war und sie – soweit ersichtlich - dennoch keinen Einfluss etwa auf die Art und Weise oder die Örtlichkeit der Bestattung zu nehmen versucht hat. Ihre nachträgliche Argumentation, ihr könne nicht vorgeworfen werden, sich gegen den Erstattungsbescheid nur mit Einwendungen gegen das Bestehen ihrer Bestattungspflicht gewehrt zu haben, vermag nicht zu überzeugen. Der angefochtene Bescheid kann nicht schon deshalb als rechtswidrig qualifiziert werden, weil die Klägerin einen rechtlich relevanten Einwand - nämlich den Einwand, ihr Recht, die Totenfürsorge wahrzunehmen, sei missachtet worden - theoretisch hätte erheben können, in der konkreten Situation aber von diesem Recht mangels eines entsprechenden Interesses überhaupt keinen Gebrauch machen wollte

so auch in ähnlich gelagerten Fällen OVG Münster, Urteil vom 29.4.2008 - 19 A 3665/06 -, a.a.O., sowie VG Köln, Urteil vom 20.3.2009 - 27 K 5617/07 -, jeweils zitiert nach juris.

Der somit zu Recht erfolgten Inanspruchnahme der Klägerin zur Erstattung der dem Beklagten entstandenen Bestattungskosten steht nicht entgegen, dass sie nach ihren Angaben die Erbschaft ausgeschlagen hat (vgl. §§ 1942 ff. BGB). Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u. a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht, welche auf einem vom Zivilrecht unabhängigen Rechtsgrund beruhen

Urteil des Senats vom 27.12.2007 - 1 A 40/07 -, a.a.O..

Die vom Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid geforderte Erstattung von Kosten von insgesamt 1.748 EUR für die nach Maßgabe der §§ 27 Abs. 1 und § 28 Abs. 2, 3 BestattG durchgeführte Bestattung (Einäscherung und Beisetzung) begegnet der Höhe nach keinen Bedenken. Die entsprechenden Aufwendungen sind durch Rechnungen und einen Gebührenbescheid über die angefallenen Friedhofsgebühren sowie die sonstigen mit der Beisetzung verbundenen Kosten belegt. Einwendungen hat die Klägerin insoweit auch nicht vorgebracht.

Die mit dem angefochtenen Bescheid geforderte Verwaltungsgebühr in Höhe von 100 EUR rechtfertigt sich zwar nicht aus dem vom Beklagten zitierten § 1 Ziffer 4 der Polizeikostenverordnung, ist aber nach den hier einschlägigen §§ 1 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a, 7, 10 SGebG sowie § 5 Abs. 1 SGebG i.V.m. Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Gebührenrahmen: 50,00 bis 500 EUR) nach Grund und Höhe rechtmäßig festgesetzt worden.

Nach alledem ist die Klage unter entsprechender Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.748,-- Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,-- Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 1.848,-- Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die - zulässige - Klage muss unter Abänderung des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts abgewiesen werden. Der mit der Klage angefochtene Bescheid des Beklagten vom 15.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Rechtsausschusses für den Regionalverband C-Stadt vom 7.5.2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin ist verpflichtet, dem Beklagten die für die Bestattung ihres Vaters angefallenen Kosten in Höhe von 1.748 EUR zu erstatten und für das Tätigwerden des Beklagten eine Verwaltungsgebühr von 100 EUR zu entrichten.

Rechtsgrundlage für das Verlangen des Beklagten nach Erstattung der Bestattungskosten ist § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz – BestattG -) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920) in der bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 1.7.2009 (Amtsbl. S. 1240) am 31.7.2009 geltenden Fassung(BestattG a. F.). Nach § 26 Abs. 2 BestattG a. F. hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen anzuordnen oder selbst zu veranlassen, wenn bestattungspflichtige volljährige Angehörige des Verstorbenen nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln sind oder diese ihrer Pflicht nicht nachkommen und kein anderer die Bestattung veranlasst.

In der den Beteiligten bekannten Rechtsprechung des Senats

Urteil vom 27.12.2007 - 1 A 40/07 -, AS RP-SL 35, 353, dokumentiert bei juris,

ist geklärt, dass diese Vorschrift den Fall der im Wege der Ersatzvornahme durchzuführenden Bestattung spezialgesetzlich abschließend regelt, und zwar auch insoweit, als die zuständige Behörde ermächtigt wird, die angefallenen Kosten durch Leistungsbescheid gegenüber dem Bestattungspflichtigen geltend zu machen. Dieser hat die Kosten ohne Rücksicht auf sein persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalls zu erstatten. Für einen Rückgriff auf das allgemeine Polizeirecht bzw. dessen Regelungen über die Erstattung von Kosten der Ersatzvornahme in den §§ 46, 90 SPolG bleibt in den durch § 26 Abs. 2 BestattG geregelten Fallgestaltungen kein Raum.

Die mit Blick auf diese Rechtsprechung vom Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil vertretene Rechtsansicht, der angefochtene Bescheid sei schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil er sich nicht auf die speziellen Vorschriften des Bestattungsgesetzes, sondern auf eine Anwendung allgemeinen Polizeirechts stütze, ist verfehlt. Es ist nicht aufgezeigt oder sonst ersichtlich, dass die Rechtslage nach den jeweils einschlägigen Regelungen des Bestattungsrechts einerseits und des allgemeinen Polizeirechts andererseits in Bezug auf den zu beurteilenden Sachverhalt unterschiedlich ausgestaltet ist. Zudem hat der Beklagte die Vorschrift des § 26 BestattG in seinem Bescheid benannt und damit sowohl die Einschlägigkeit des Bestattungsgesetzes als auch das Eingreifen der genannten Vorschrift bejaht. Schließlich ergibt sich aus der für die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Verwaltungsakts maßgeblichen Begründung des Widerspruchsbescheides (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), dass die Klägerin ausschließlich auf der Grundlage des Bestattungsgesetzes herangezogen worden ist.

Sind die vom Verwaltungsgericht zur Begründung seiner stattgebenden Entscheidung angeführten Gründe demnach nicht tragfähig, so erweist sich das angegriffene Urteil auch aus anderen Gründen nicht als im Ergebnis richtig.

Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Klägerin zur Erstattung der Bestattungskosten nach § 26 Abs. 2 BestattG a. F. sind erfüllt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war die Klägerin bestattungspflichtig. Da weder sie noch ein anderer (Angehöriger) binnen der gesetzlich vorgegebenen Frist von sieben Tagen (§ 32 Abs. 1 BestattG a. F.) für die Bestattung ihres Vaters gesorgt hat, oblag es dem Beklagten als der für den Sterbeort zuständigen Ortspolizeibehörde (§§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG), die Bestattung auf ihre Kosten zu veranlassen.

Die Klägerin war als ältestes Kind des Verstorbenen gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Satz 2 BestattG a. F. ("die Kinder") und mangels Existenz eines im Sinne der Nrn. 1 bis 3 der Vorschrift vorrangig Bestattungspflichtigen zur Bestattung ihres Vaters verpflichtet. Diese Pflicht traf sie vorrangig gegenüber ihren beiden jüngeren Brüdern, da - was verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist

Urteil des Senats vom 27.12.2007 - 1 A 40/07 -, a.a.O., -

bei einer Mehrheit von Personen gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG a. F. jeweils die ältere Person der jüngeren bezüglich der Bestattungspflicht vorgeht.

Ihr gegenüber vorrangig bestattungspflichtige Personen waren nicht vorhanden. Insoweit sah § 26 Abs. 1 BestattG a. F. vor, dass vor den Kindern (§ 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BestattG a. F.) die Ehefrau/der Ehemann (Nr. 1), die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (Nr. 2) und die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft (Nr. 3) - jeweils mit Ausschlusswirkung für den jeweils im Rang nachfolgenden Angehörigen - bestattungspflichtig ist

so die Begründung des Gesetzentwurfes der saarländischen Landesregierung zum Bestattungsgesetz vom 4.4.2003, Landtags-Drucksache 12/853, S. 43.

Angesichts dessen scheidet die Mutter der Klägerin nach ihrer rechtskräftigen Scheidung vom Vater der Klägerin im Jahre 1986 als nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BestattG a. F. vorrangig Bestattungspflichtige aus.

Des Weiteren steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest, dass der Vater der Klägerin vor seinem Tod nicht in einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelebt hat, so dass die Voraussetzungen der vorrangigen Bestattungspflicht einer Lebenspartnerin nach Maßgabe des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BestattG a. F. nicht erfüllt waren.

An die Annahme einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BestattG a. F. sind strenge Anforderungen zu stellen. Mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die zu § 26 Abs. 1 BestattG a. F. verwendete Formulierung, wonach die "Angehörigen" in der durch die Vorschrift vorgegebenen Reihenfolge für die Bestattung zu sorgen haben, kann es nur bei einer engen Beziehung zwischen der/dem Verstorbenen und deren/dessen ehemaligen Partner/Partnerin gerechtfertigt seien, diese bzw. diesen als Angehörige(n) im Sinne des § 26 Abs. 1 BestattG a. F. anzusehen, welcher vor den Verwandten, insbesondere den Kindern des Verstorbenen, bestattungspflichtig ist und welchem daher hinsichtlich der Bestattung auch (Gestaltungs-)Rechte zukommen. Es ist daher angezeigt, zur Beurteilung der Frage, ob eine auf Dauer angelegte nichteheliche Lebensgemeinschaft bestanden hat, auf die Kriterien zurückzugreifen, die in der Rechtsprechung zu § 122 Bundessozialhilfegesetz zum Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft entwickelt worden sind. Danach ist die eheähnliche Gemeinschaft als eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft gekennzeichnet, die eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft voraussetzt und sich darüber hinaus durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen

BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 -1 BvL 8/97-, BVerfGE 87, 234 zu § 137 Abs. 2 a AFG; BVerwG, Urteil vom 17.5.1995 – 5 C 16/93 -, Buchholz 436.0 § 122 BSHG Nr. 5; vgl. auch dessen Beschluss vom 24.6.1999 – 5 B 114/98 – zu § 122 Satz 1 BSHG, jeweils zitiert nach juris.

Das Erfordernis einer engen persönlichen Bindung zwischen den Lebenspartnern kommt inzwischen - klarstellend - auch in der Neufassung des § 26 Abs. 1 BestattG durch Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes vom 1.7.2009 (Amtsbl. S. 1240) deutlicher als zuvor zum Ausdruck. Durch die dort zu Nr. 5 in Bezug genommene Vorschrift des § 7 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. Abs. 3 a SGB II wird nämlich der wechselseitige Wille der Lebenspartner gefordert, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, und dieser Wille u. a. vermutet, wenn die Partner länger als ein Jahr zusammenleben oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. Die hiernach für die Annahme einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BestattG a. F. maßgeblichen Kriterien waren nach dem Ergebnis der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Beweisaufnahme zur Frage des Verhältnisses des verstorbenen Vaters der Klägerin zu Frau A. in den Jahren 2005 bis einschließlich 2007 zu keinem Zeitpunkt erfüllt.

Zu dem Beweisthema vernommen wurden zunächst der Zeuge A., der sich nach seinen Angaben im Auftrag des Hauseigentümers, seines Vaters, um das Mietshaus kümmert, in welchem der Verstorbene bis zu seinem Tode wohnte, und der selbst seit 2001 im Nachbarhaus wohnt, sowie der Zeuge B., Sohn des vorgenannten Zeugen und seit April 2006 Inhaber der über der (ehemaligen) Mietwohnung des Verstorbenen gelegenen Wohnung. Beide gaben übereinstimmend an, dass der Vater der Klägerin bis 2006 allein gewohnt und längstens ein Jahr vor seinem Tod eine ihnen namentlich nicht bekannte Freundin mit eigener Wohnung (unbekannter Adresse) gehabt habe. Der Zeuge A. erklärte, Herr C. habe ihm die Freundin etwa sieben bis acht Monate vor seinem Tod vorgestellt. Er – der Zeuge - habe die beiden in der Folgezeit zunächst zwei- bis dreimal pro Woche, später öfter und zuletzt täglich zusammen gesehen. Sie hätten sich regelmäßig gegenseitig besucht. Die Freundin habe einen Schlüssel zur Wohnung des Herrn C. besessen, sei dort aber nicht eingezogen. Sie sei nach dem Tod des Herrn C. nicht mehr in der Wohnung gewesen; insbesondere habe sie nichts aus dieser herausgeholt. Er könne sich nicht daran erinnern, dass er Herrn C. - wie die Klägerin vorträgt - wegen des Aufenthalts seiner Freundin in der Wohnung auf eine Erhöhung der Nebenkosten angesprochen habe. Der Zeuge berichtete über gelegentliche Gespräche mit Herrn C. bzw. seiner Freundin, aus denen er wisse, dass Letztere gerne mit Herrn C. zusammengezogen wäre, während dieser beide Wohnungen habe beibehalten wollen.

Der Zeuge C. gab im Wesentlichen an, die Freundin seines Vaters habe A. geheißen. Sie und sein Vater seien ein "Pärchen" gewesen, hätten aber getrennt gewohnt. Frau A. habe ihn über den Tod seines Vaters informiert und den Termin der Beisetzung im Familien- und Freundeskreis mitgeteilt. Sie sei bei der Beerdigung anwesend gewesen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass - wie von den Zeugen glaubhaft und übereinstimmend bekundet – der Vater der Klägerin zwar in den letzten Monaten vor seinem Tod eine Freundin hatte, es aber eindeutig an einer Haushaltsgemeinschaft fehlte und darüber hinaus Anhaltspunkte für ein gemeinsames Wirtschaften beider nicht bestehen. Es mangelt somit an elementaren Voraussetzungen für die Annahme, dass zwischen ihnen eine auf Dauer angelegte nichteheliche Lebensgemeinschaft bestanden hat. Die damalige Freundin kommt daher als gegenüber der Klägerin als Kind des verstorbenen C. (§ 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BestattG a. F.) vorrangig Bestattungspflichtige gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BestattG a. F. nicht in Betracht.

Die somit bestattungspflichtige Klägerin hat gemäß § 26 Abs. 2 BestattG a. F. die Kosten zu erstatten, die dem Beklagten für die von ihm veranlasste Bestattung entstanden sind, denn entsprechend den weiteren gesetzlichen Voraussetzungen hat weder sie noch ein anderer binnen der regelmäßig zu beachtenden Bestattungsfrist von sieben Tagen für die Bestattung ihres Vaters gesorgt.

Dabei ist unter den Besonderheiten der vorliegenden Fallgestaltung nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Bestattung veranlasste, ohne zuvor mit den ihm namentlich von dem Beerdigungsinstitut benannten Kindern des Verstorbenen, insbesondere der Klägerin, persönlich Kontakt aufgenommen zu haben. Der in § 26 Abs. 2 BestattG umschriebene Grundsatz der Subsidiarität staatlichen Handelns ist gemessen an den konkreten Gegebenheiten, wie sie sich dem Beklagten zur Zeit seines Tätigwerdens darstellten, nicht verletzt. Nach genannter Vorschrift ist die Ortspolizeibehörde nur berechtigt, die Bestattung selbst zu veranlassen, wenn bestattungspflichtige volljährige Angehörige des Verstorbenen nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln sind oder diese ihrer Pflicht nicht nachkommen und kein anderer die Bestattung veranlasst. Im Regelfall bedeutet dies, dass die Behörde alle ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten ausschöpfen muss, um etwaige nahe Angehörige des Toten ausfindig zu machen und sodann klären muss, ob der oder die Bestattungspflichtige für die Bestattung des Verstorbenen sorgen wird

so zutreffend OVG Münster, Urteil vom 29.4.2008 - 19 A 3665/06 -, DVBl. 2008, 1067; ferner OVG Magdeburg, Beschluss vom 15.1.2010 - 4 L 464/08 -, jeweils zitiert nach juris.

Fallbezogen durfte sich der Beklagte indes auf die durch den Aktenvermerk vom 9.3.2009 hinreichend belegte telefonische Auskunft der Mutter der Klägerin vom 13.6.2007 verlassen, wonach der "Familie" der Todesfall bereits seit einigen Tagen bekannt gewesen sei und außer dem Sohn , der die Beerdigung seines Vaters allerdings nicht bezahlen könne, keines der anderen Kinder bereit sei, für die Bestattung zu sorgen.

Der Umfang der gemäß § 24 SVwVfG von Amts wegen gebotenen Ermittlungen richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls. Dieser war vorliegend maßgeblich dadurch geprägt, dass die siebentägige Bestattungsfrist des § 32 Abs. 1 Satz 1 BestattG a. F. zu der Zeit, als das Beerdigungsinstitut sich an den Beklagten wandte, bereits um einen Tag überschritten war. Angesichts dieses zeitlichen Hergangs war die Intensität der Ermittlungspflicht im Vergleich zu einer frühzeitigen Kenntnis vor Ablauf der Bestattungsfrist deutlich reduziert. Vor diesem Hintergrund ist der telefonischen Auskunft der Mutter der Klägerin größere Bedeutung beizumessen, als ihr bei frühzeitiger Kenntnis zukäme. Dessen ungeachtet stellt der zu beurteilende Sachverhalt sich als Grenzfall dar, denn es wäre dem Beklagten ohne nennenswerten bürokratischen und zeitlichen Aufwand möglich gewesen, den Versuch einer telefonischen Kontaktaufnahme mit der Klägerin zu unternehmen, um sich auf diesem Weg zu vergewissern, ob die Klägerin über den Sterbefall informiert war, sowie abzuklären, ob sie bereit ist, ihrer Bestattungspflicht nachzukommen. Dennoch hält der Senat die Entscheidung des Beklagten, sich auf die telefonische Auskunft der Mutter der Klägerin zu verlassen und von weiteren Ermittlungen abzusehen, gemessen an dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit für im Ergebnis hinnehmbar. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bemisst sich nicht nur, was dem Bürger im Einzelfall abverlangt werden darf, sondern ebenso, was einer Behörde an Ermittlungsaufwand konkret zumutbar ist. Hier war der Beklagte von dem Beerdigungsinstitut, bei dem einer der Söhne des Verstorbenen dessen Bestattung veranlassen wollte, darüber informiert worden, dass dessen Auftrag wegen erheblicher Zweifel an seiner Zahlungsfähigkeit nicht ausgeführt werden wird. Dass das Beerdigungsinstitut gleichzeitig die Namen der übrigen Kinder mitteilte, sprach dafür, dass nach dem Kenntnisstand des Beerdigungsinstituts auch keines dieser Kinder bereit oder finanziell in der Lage war, für die Kosten der von dem Bruder in Auftrag gegebenen Bestattung aufzukommen. Dieser vorläufige Befund wurde durch die telefonische Auskunft der Mutter der Klägerin, aus der sich ausweislich des Aktenvermerks ergab, dass die „Familie“ zwar über den Todesfall informiert war, aber keines der Kinder die Bestattung veranlassen wird, nachhaltig bestätigt. Dass der Beklagte sich in dieser – zudem maßgeblich durch den Ablauf der Bestattungsfrist geprägten - Situation entschieden hat, selbst sofort - also ohne weiteres Bemühen, einen bestattungsbereiten Angehörigen ausfindig zu machen - für die Bestattung Sorge zu tragen, ist unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten als gerade noch vertretbares und damit im Ergebnis rechtmäßiges behördliches Handeln zu qualifizieren.

Selbst wenn man – etwa mit Blick auf die von der Klägerin geäußerten Zweifel an der Richtigkeit des über das Telefongespräch des Sachbearbeiters des Beklagten mit ihrer Mutter gefertigten Vermerks vom 9.3.2009 - davon ausgeht, dass dem Beklagten ein Ermittlungsdefizit vorzuwerfen ist, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der von ihm ergriffenen Maßnahmen. Denn aus den beigezogenen Verwaltungsakten ergibt sich, dass der eventuelle Fehler für die Notwendigkeit, die Bestattung im Wege der Ersatzvornahme zu veranlassen, nicht ursächlich gewesen und damit rechtlich unerheblich ist

Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG des Bundes, 7. Aufl. 2008, § 46 Rdnrn. 19 ff. sowie § 45 Rdnrn. 116 ff..

Maßgebend für diese Einschätzung ist, dass es keine verlässlichen Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Klägerin auf einen Anruf des Beklagten hin für die Bestattung ihres Vaters gesorgt hätte. Diese Schlussfolgerung rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass sie bis zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über ihren Widerspruch nicht geltend gemacht hat, durch die beschriebene Verfahrensgestaltung an der Wahrnehmung der Totenfürsorge gegenüber ihrem Vater gehindert gewesen zu sein. Vielmehr hat sie sich auf das Anhörungsschreiben des Beklagten vom 30.8.2007 überhaupt nicht geäußert und im Rahmen des Widerspruchsverfahrens lediglich eingewandt, ihr Bruder C. habe sich um die Bestattung kümmern wollen und im Übrigen sei die Lebensgefährtin ihres Vaters vor ihr bestattungspflichtig. Insbesondere letzterer Einwand belegt, dass sie kein Interesse daran hatte, von den Gestaltungsmöglichkeiten, die das mit der Bestattungspflicht korrespondierende Recht auf Totenfürsorge ihr geboten hätte, Gebrauch zu machen. Gegen eine Bestattungsbereitschaft der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt spricht des Weiteren mit Gewicht, dass sie nach der glaubhaften zeugenschaftlichen Aussage ihres Bruders C. bei der Beerdigung ihres Vaters anwesend und somit vorab zumindest über den Zeitpunkt der Beisetzung informiert war und sie – soweit ersichtlich - dennoch keinen Einfluss etwa auf die Art und Weise oder die Örtlichkeit der Bestattung zu nehmen versucht hat. Ihre nachträgliche Argumentation, ihr könne nicht vorgeworfen werden, sich gegen den Erstattungsbescheid nur mit Einwendungen gegen das Bestehen ihrer Bestattungspflicht gewehrt zu haben, vermag nicht zu überzeugen. Der angefochtene Bescheid kann nicht schon deshalb als rechtswidrig qualifiziert werden, weil die Klägerin einen rechtlich relevanten Einwand - nämlich den Einwand, ihr Recht, die Totenfürsorge wahrzunehmen, sei missachtet worden - theoretisch hätte erheben können, in der konkreten Situation aber von diesem Recht mangels eines entsprechenden Interesses überhaupt keinen Gebrauch machen wollte

so auch in ähnlich gelagerten Fällen OVG Münster, Urteil vom 29.4.2008 - 19 A 3665/06 -, a.a.O., sowie VG Köln, Urteil vom 20.3.2009 - 27 K 5617/07 -, jeweils zitiert nach juris.

Der somit zu Recht erfolgten Inanspruchnahme der Klägerin zur Erstattung der dem Beklagten entstandenen Bestattungskosten steht nicht entgegen, dass sie nach ihren Angaben die Erbschaft ausgeschlagen hat (vgl. §§ 1942 ff. BGB). Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u. a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht, welche auf einem vom Zivilrecht unabhängigen Rechtsgrund beruhen

Urteil des Senats vom 27.12.2007 - 1 A 40/07 -, a.a.O..

Die vom Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid geforderte Erstattung von Kosten von insgesamt 1.748 EUR für die nach Maßgabe der §§ 27 Abs. 1 und § 28 Abs. 2, 3 BestattG durchgeführte Bestattung (Einäscherung und Beisetzung) begegnet der Höhe nach keinen Bedenken. Die entsprechenden Aufwendungen sind durch Rechnungen und einen Gebührenbescheid über die angefallenen Friedhofsgebühren sowie die sonstigen mit der Beisetzung verbundenen Kosten belegt. Einwendungen hat die Klägerin insoweit auch nicht vorgebracht.

Die mit dem angefochtenen Bescheid geforderte Verwaltungsgebühr in Höhe von 100 EUR rechtfertigt sich zwar nicht aus dem vom Beklagten zitierten § 1 Ziffer 4 der Polizeikostenverordnung, ist aber nach den hier einschlägigen §§ 1 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a, 7, 10 SGebG sowie § 5 Abs. 1 SGebG i.V.m. Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Gebührenrahmen: 50,00 bis 500 EUR) nach Grund und Höhe rechtmäßig festgesetzt worden.

Nach alledem ist die Klage unter entsprechender Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.748,-- Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,-- Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 1.848,-- Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann,
2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Februar 2007 - 11 K 50/06 - wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zahlung der Bestattungskosten für seine verstorbene Schwester.

Er ist der ältere der beiden Brüder der am … in einem H. in A-Stadt verstorbenen Frau B.. Außer ihren beiden Brüdern hatte die Verstorbene keine Angehörigen. Die Erbschaft hat der Kläger ausgeschlagen.

Nach Bekanntwerden des Todesfalls wies der Beklagte den Kläger auf seine Pflichten nach dem Saarländischen Bestattungsgesetz hin. Dieser erklärte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, und auch nicht verpflichtet, die Bestattungskosten zu übernehmen, da er die Erbschaft ausgeschlagen habe. Außerdem verfüge er über kein ausreichendes Vermögen, um die Beerdigungskosten zu zahlen. Zu seiner Schwester habe er im Übrigen seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt. Der Kläger beantragte vorsorglich bei dem Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII.

Der Beklagte ordnete daraufhin die Feuerbestattung der Verstorbenen in Form einer anonymen Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt an.

Nach Anhörung und Stellungnahme des Klägers forderte der Beklagte diesen mit Verfügung vom 2.3.2006, die dem Kläger am 9.3.2006 zugestellt wurde, auf, die entstandenen Kosten für die Bestattung seiner Schwester in Höhe von insgesamt 1.982,03 Euro (Kosten des Bestatters in Höhe von 1.543,03 Euro und Gebühren des Friedhofs der Kreisstadt A-Stadt in Höhe von 439,00 Euro) zu erstatten. Gleichzeitig erging ein Kostenfestsetzungsbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100, 00 Euro festgesetzt wurden.

Am 30.3.2006 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, es fehle eine Ermächtigungsgrundlage für seine Heranziehung zur Kostenerstattung. § 26 Abs. 1 BestattG sei verfassungswidrig. Die Regelung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil die Kostenlast das älteste Geschwisterteil treffe und diese Differenzierung keinen sachlichen Grund darstelle. Es gebe auch kein Gewohnheitsrecht, wonach immer das älteste Geschwisterteil vor dem jüngeren in Haftung zu nehmen sei. Die maßgebliche Vorschrift des Bestattungsgesetzes verstoße auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie keine Billigkeitsregelung enthalte. Selbst unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 227 AO sei der angegriffene Bescheid rechtswidrig. Zwischen ihm und seiner verstorbenen Schwester habe seit ihrer Kindheit kein familiäres Verhältnis bestanden. Er habe seit 1953 keine persönlichen Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Sie habe ihn stets „drangsaliert“ und ein Leben geführt, das mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen sei. Daher sei es für ihn unerträglich, für sie finanziell einstehen zu sollen.

Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises A-Stadt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8.6.2006 zurück. In der Begründung heißt es im Wesentlichen, ausschlaggebend für die Bestattungspflicht sei allein die Angehörigeneigenschaft. Zwar seien die vom Kläger geäußerten Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 26 BestattG durchaus beachtlich. Mangels Verwerfungskompetenz des Kreisrechtsausschusses sei diese Norm jedoch uneingeschränkt anzuwenden und auf ihrer Grundlage ein Leistungsanspruch des Beklagten gegeben. Da es sich um eine gebundene Norm handele, bestehe auch kein Spielraum, die persönlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Verstorbenen zu berücksichtigen.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 15.6.2006 zugestellt.

Am 3.7.2006 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in seiner Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufzuheben.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug genommen. Auf einen entsprechenden Hinweis des Verwaltungsgerichts, wonach sich die Kostenerhebung auch nach Inkrafttreten des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen Regelung wohl weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG) bestimme, hat er die Auffassung vertreten, § 26 Abs. 2 BestattG sei ein Spezialgesetz. Daher seien die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften nicht einschlägig. Weiterhin hat er auf ein Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 19.10.2004 (1 S 681/04) verwiesen. Darin werde festgestellt, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr diene und Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses sei, das über den Tod hinaus fortwirke. Anders als die familiäre Unterhaltspflicht kenne die Bestattungspflicht keine Ausnahmen. Dies sei durch den Umstand gerechtfertigt, dass innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit keine längeren Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden könnten. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme von der Bestattungspflicht, z.B. bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 74 SGB XII nicht. Außerdem hat er auf zwei Entscheidungen des OVG C-Stadt (in NJW 2000, 3513 f.) und des VG Gießen (in NVwZ-RR 2000, 437 f.) verwiesen. Soweit ein mit der Situation der §§ 1361 Abs. 3 (Herabsetzung des ehelichen Unterhaltsanspruches aus Billigkeitsgründen), 1579 (Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Scheidung der Ehe), 1611 (Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Verwandten) BGB vergleichbarer Fall vorliege, sei mit den zitierten Entscheidungen von einem Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Beerdigungskosten nach § 74 SGB XII durch den Sozialhilfeträger auszugehen. Damit sei in allen Fällen persönlicher Unbilligkeit sichergestellt, dass die Bestattungskosten im Ergebnis nicht vom Bestattungspflichtigen getragen werden müssten. Unter diesen Umständen erscheine die Auferlegung der Bestattungspflicht als solche nicht als unverhältnismäßig. Daher habe eine Härtefallprüfung nicht von Seiten des Ordnungsamtes, sondern durch den Träger der Sozialhilfe zu erfolgen. Auch die Gebührenfestsetzung sei auf der Grundlage der Saarländischen Gebührenordnung rechtmäßig erfolgt.

Der Kläger hat hierauf erwidert, es sei zwischen Primär- und Sekundärebene zu unterscheiden. Die Bestattungspflicht betreffe ausschließlich die Primärebene. Auf der Sekundärebene müsse nach Billigkeitsmaßstäben von einer Kostenerstattungspflicht abgesehen werden. Wenn die Billigkeitsentscheidung vom Träger der Sozialhilfe zu treffen wäre, hätte dies zur Folge, dass zwei unterschiedliche Behörden in derselben Angelegenheit zu entscheiden hätten. Dies sei mit einem einheitlichen Ermessensvorgang nicht in Einklang zu bringen.

Das Sozialamt des Landkreises A-Stadt hat dem Kläger mit Schreiben vom 27.10.2006 mitgeteilt, über seinen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten könne erst endgültig entschieden werden, wenn das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht abgeschlossen sei. Falls das Verwaltungsgericht die Bestattungspflicht des Klägers verneinen würde, stünde ihm nach § 74 SGB XII auch kein Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten zu, da einen solchen nur die nach § 26 Abs. 1 BestattG Verpflichteten haben könnten.

Mit aufgrund der Beratung vom 9.2.2007 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in der Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufgehoben. Zur Begründung ist maßgeblich ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Klägers seien jedenfalls derzeit nicht erfüllt. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus der Friedhofsgebührensatzung der Kreisstadt A-Stadt , denn zur Gebührenzahlung sei nur derjenige verpflichtet, der die Bestattung selbst oder über einen Beauftragten wissentlich und willentlich veranlasst habe, was bei dem Kläger gerade nicht der Fall sei. Auch § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Satz 2 BestattG begründe nicht die Gebührenpflicht, da diese Vorschrift keine eigenständige Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch der Ortspolizeibehörde gegenüber einem Bestattungspflichtigen darstelle. Sie sei nur Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde. Von dieser primären Gefahrenabwehrkompetenz sei jedoch die Frage der Kostenerstattungspflicht auf der Sekundärebene zu trennen. Die Kostenerhebung bestimme sich auch nach Inkrafttreten des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen Regelung weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme. Etwas anderes ergebe sich nicht aus den Worten „auf Kosten“ in § 26 Abs. 2 BestattG. Diese beinhalteten lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme nach § 46 SPolG. Hätte der Gesetzgeber, dem die einschlägige Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte bekannt gewesen sei, eine eigenständige Anspruchsgrundlage im Bestattungsgesetz schaffen wollen, so hätte es bereits aus Gründen der Rechtsklarheit einer präzisen und unmissverständlichen Formulierung als Anspruchsgrundlage bedurft, die dann im Übrigen auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen gehabt hätte und diesen aufgrund seines Verfassungsrangs nicht einfach hätte negieren dürfen. Auf die Frage der Wirksamkeit von § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG komme es daher nicht mehr an. Der angefochtene Leistungsbescheid genüge aber auch nicht den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§ 90 Abs. 1 i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG). Es liege jedenfalls ein Ermessensfehler nach § 114 VwGO vor. Nach der Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte sei grundsätzlich anerkannt, dass die Heranziehung zum Ersatz der Bestattungskosten für den Pflichtigen im Einzelfall eine besondere bzw. grob unbillige Härte bedeuten könne, welche in Analogie zu den §§ 1579, 1611 BGB eine Inanspruchnahme auszuschließen vermöge. Lege man den unstreitigen Vortrag des Klägers zugrunde, erscheine jedoch zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen, dass vorliegend nach der Rechtsprechung von einer derartigen besonderen bzw. grob unbilligen Härte jedenfalls im Sinne von § 20 Satz 1 SGebG i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LHO beziehungsweise § 227 AO auszugehen sein könnte. Dem brauche vorliegend jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, da weder der Ausgangs- noch der Widerspruchsbescheid erkennen lasse, dass die vom Kläger vorgetragenen Härtegründe sachlich gewürdigt worden und die erforderliche Ermessensentscheidung im Rahmen von § 20 SGebG getroffen worden sei. Aus § 74 SGB XII ergebe sich nichts anderes. Nach dieser Vorschrift würden zwar die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden könne, diese zu tragen. Insoweit habe aber bereits das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes mit Urteil vom 25.8.2003 - 2 R 18/03- unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.6.1997 - 5 C 13/96-) zu der im Wesentlichen wortgleichen Vorgängervorschrift des § 15 BSHG entschieden, dass der Sozialhilfeanspruch ersichtlich an das Bestehen der entsprechenden Kostenpflicht anknüpfe.

Gegen das am 21.2.2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12.3.2007 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die er am 16.4.2007 begründet hat. Er ist -entgegen der in dem Urteil des Verwaltungsgerichts vertretenen Auffassung- der Ansicht, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine taugliche Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsbescheid dar. Billigkeits- und Härtefallgesichtspunkte seien im Rahmen der Kostenübernahme vom Träger der Sozialhilfe zu prüfen. Es sei Wille des Gesetzgebers gewesen, mit § 26 Abs. 2 BestattG eine eigene Anspruchsgrundlage zu schaffen. Auch der Umstand, dass diese Vorschrift hätte präziser und unmissverständlicher formuliert werden können, lasse nicht den Schluss zu, dass sie keine Rechtsgrundlage darstelle. Aus dem Wortlaut der Norm ergebe sich, dass es sich um eine Anspruchsgrundlage handele. Auch die Systematik dieser Vorschrift spreche für den Charakter als Rechtsgrundlage. Die Regelung sei vergleichbar mit der zivilrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag. Auch aus dem Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 BestattG ergebe sich, dass es sich bei Absatz 2 der Vorschrift um eine eigenständige Rechtsgrundlage handele. Dort sei nämlich ausdrücklich von einer rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Verpflichtung zur Kostenübernahme die Rede.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes (Az.: 11 K 50/06) vom 9.2.2007 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine Ermächtigungsgrundlage lediglich für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Eine Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung beinhalte diese Regelung jedoch nicht. Außerdem sei die Bestimmung verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber von einer Billigkeitsregelung abgesehen habe. Im Übrigen nimmt er Bezug auf seine bisherigen Ausführungen und macht sich die Urteilsbegründung zu Eigen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung über die Berufung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Band), des Kreisrechtsausschusses (1 Band) und des Sozialamtes des Landkreises A-Stadt (1 Band) Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung war.

Entscheidungsgründe

Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz - BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs. 3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst.

Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.

Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991

Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,

eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte

vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.

Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“

Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in Rheinland-Pfalz -

vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz

nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge- der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie, Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist. Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede auf

vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).

Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten (z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach dem Alter der Person richtet

ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.

Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.

Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf), soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird

vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (Willkürverbot)

BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).

Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R. siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien (z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942 ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1 GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.

Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst

vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.

Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.

Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt, entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen

vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen

oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem Landesvollstreckungsrecht verlangen

vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.

Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung

in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.

Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert

so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.

Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl. Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“

Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.

Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..

Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.

§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.

Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2 HaftpflichtG).

Der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,

hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt (Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG). Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist

vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..

Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG) unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79 BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist

Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.

Das Bundesverwaltungsgericht

Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,

hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele, der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch Kostenentlastung verwandelt

vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).

Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann

vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.

Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet

vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..

Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.

Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.

Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.

Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird

vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe

Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,

die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet

u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.

Das OVG Münster

Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,

hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre, unterbleiben müsse.

Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611 Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen

vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.

Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,

in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von § 15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist, festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht (mehr) einschlägig.

Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt (vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in Rechnung gestellt werden dürfen

Gaedke, a.a.O., S. 117.

Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).

Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz - BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs. 3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst.

Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.

Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991

Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,

eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte

vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.

Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“

Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in Rheinland-Pfalz -

vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz

nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge- der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie, Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist. Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede auf

vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).

Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten (z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach dem Alter der Person richtet

ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.

Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.

Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf), soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird

vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (Willkürverbot)

BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).

Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R. siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien (z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942 ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1 GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.

Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst

vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.

Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.

Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt, entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen

vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen

oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem Landesvollstreckungsrecht verlangen

vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.

Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung

in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.

Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert

so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.

Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl. Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“

Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.

Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..

Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.

§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.

Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2 HaftpflichtG).

Der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,

hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt (Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG). Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist

vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..

Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG) unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79 BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist

Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.

Das Bundesverwaltungsgericht

Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,

hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele, der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch Kostenentlastung verwandelt

vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).

Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann

vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.

Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet

vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..

Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.

Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.

Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.

Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird

vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe

Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,

die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet

u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.

Das OVG Münster

Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,

hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre, unterbleiben müsse.

Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611 Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen

vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.

Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,

in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von § 15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist, festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht (mehr) einschlägig.

Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt (vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in Rechnung gestellt werden dürfen

Gaedke, a.a.O., S. 117.

Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).

Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004 durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde und dass die aus dem Bescheid vom 02.09.2004 abgeleitete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters rechtswidrig war.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Bestattungskosten ihres Vaters.
Die Klägerin ist die Tochter des am 20.04.2004 Verstorbenen (...), der noch einen Sohn (...) hinterlässt. Durch Urteil des Landgerichts Konstanz (...) wurde der Verstorbene wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes, der Klägerin im Alter von vier Jahren, rechtskräftig verurteilt.
Mit Leistungsbescheid vom 02.09.2004 wurde der Klägerin aufgegeben, der Stadt Mannheim die Kosten der Bestattung von ... kraft öffentlichen Rechts im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft mit ... in Höhe von EUR 2.110,53 zu erstatten. Der Bescheid wurde ihrem damaligen Bevollmächtigten (...) mit Postzustellungsurkunde am 10.09.2004 zugestellt. Eine schriftliche Vollmacht für die „Vertretung in der Nachlassangelegenheit ...“ vom 07.05.2004 lag beim Notariat - VIII Mannheim - Nachlassgericht unter dem Geschäftszeichen .... Am 02.09.2004 erging auch ein Leistungsbescheid an ihren Bruder.
Nachdem die Vollstreckung ergebnislos verlief, teilte der neue Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 30.01.2006 unter „Bezug auf die heute geführten Telefonate“ mit, „wir kamen überein, dass der Bescheid vom 02.04.2004 ... nicht wirksam“ der Klägerin „zugestellt wurde“; die Vollstreckung sei deshalb unzulässig.
Daraufhin erließ die Beklagte (Friedhöfe Mannheim) am 30.01.2006 einen (zweiten) Leistungsbescheid, in dem der Klägerin aufgegeben wurde, der Stadt Mannheim die Kosten der Bestattung von ... im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft mit ... in Höhe von 2.110,53 EUR zu erstatten. Des Weiteren wurde darin eine Zahlungsfrist bis spätestens zum 28.02.2006 gesetzt. Zur Begründung ist ausgeführt, sie sei als Tochter des Verstorbenen gesamtschuldnerisch mit ihrem Bruder dazu verpflichtet, den Friedhöfen Mannheim die Bestattungskosten zu erstatten. Die Verfügung wurde der Klägerin am 03.02.2006 zugestellt. Mit dem am 09.02.2006 eingegangenen Widerspruch vom 07.02.2006 „gegen den Bescheid vom 30.01.2006“ machte die Klägerin geltend: Der Erlass des Bescheides sei unzulässig, weil ein gleichlautender Bescheid bereits am 02.09.2004 erlassen und bislang nicht zurückgenommen worden sei. Die Höhe der Kosten sei unverhältnismäßig. Schließlich liege ein Verstoß gegen das Auswahlermessen vor. Der Verstorbene habe sie als vierjähriges Kind sexuell missbraucht. Noch heute leide sie unter den verübten Straftaten des Verstorbenen. Es sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar, sie zu den Beerdigungskosten für eine Person heranzuziehen, welche an ihr Straftaten gemäß § 176 StGB verübt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2006 hob das Regierungspräsidium Karlsruhe den Leistungsbescheid der Stadt Mannheim vom 30.01.2006 auf. Zugleich traf es folgende Feststellung: Der gleichlautende Bescheid vom 02.09.2004 ist rechtmäßig und bestandskräftig. Zur Begründung ist ausgeführt: Rechtsgrundlage für die Rücknahme sei § 48 Abs. 1 LVwVfG. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 29.04.2006 zugestellt.
Am 22.05.2006 hat die Klägerin Klage erhoben; in der mündlichen Verhandlung beantragte sie,
festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004 durch deren Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde und dass der Bescheid vom 02.09.2004 rechtswidrig war.
Zur Begründung trägt sie ergänzend vor: Streitgegenstand sei ausschließlich gewesen, dass bereits ein gleich lautender Bescheid, nämlich jener vom 02.09.2004, bestanden habe. Der Bescheid vom 02.09.2004 sei ... nicht wirksam zugestellt worden.
10 
In der mündlichen Verhandlung trug der Vertreter der Klägerin vor, aufgrund der Verurteilung ihres Vaters sei die Ehe ihrer Eltern letztlich geschieden worden. Das Sorgerecht für die Klägerin sei mit Beschluss des Amtsgerichts Konstanz vom 07.10.1976 an die Mutter übertragen worden, die sie, die Klägerin, in der Folgezeit in ein Kinderheim abgegeben habe, in dem sie bis zu ihrer Volljährigkeit gelebt habe. Mit dem Vater sei es zu keinerlei Kontakt mehr gekommen, mit ihrer Mutter nur sporadisch; ihre Mutter weise ihr die „Schuld“ zu. Sie leide heute noch unter den Folgen des Sexualdelikts und des Auseinanderbrechens der Familie. Jede Berührung mit dem Geschehen belaste sie.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Sie ist der Ansicht, die Klägerin sei zu Recht zu den Kosten der Bestattung ihres Vaters herangezogen worden. Die Regelungen über die Bestattungspflicht und die daraus folgende Kostentragungspflicht seien mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch insoweit vereinbar, als sie keine Ausnahme vorsehen, wenn die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheine. Insoweit werde auf die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Urt. v. 19.10.2004 - 1 S 681/04 -) verwiesen. § 15 BSHG bzw. nunmehr § 74 SGB XII stelle hinsichtlich der Kostentragungspflicht für Bestattungskosten eine einfach gesetzliche Ausformung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar.
14 
Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten der Beklagten (1 Heft) einschließlich der Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe (1 Heft) vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf deren Inhalt und den der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist zulässig und begründet.
16 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter einem Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind „die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm (des öffentlichen Rechts) sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder einer Sache“ zu verstehen (Kopp/ Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Aufl., § 43 Rdnr. 11 m.w.N.). Die Feststellung der Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes kann mit der Klage nach § 43 VwGO ebenso wenig begehrt werden wie die Klärung der Frage, ob überhaupt ein Verwaltungsakt vorliegt. Grundsätzlich nicht ausgeschlossen wird durch § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO im Hinblick auf die Möglichkeit des Rechtsschutzes gegen einen Verwaltungsakt eine Klage, die nicht die Berechtigung zu dessen Erlass zum Gegenstand hat, sondern ein durch den Verwaltungsakt begründetes, verändertes oder aufgehobenes Rechtsverhältnis. Ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts kann jederzeit dahin ausgelegt werden, die Rechtswidrigkeit der aufgrund des Verwaltungsakts den Betroffenen treffenden Belastungen festzustellen (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 7, 11, 26, 31 m.w.N.; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 43 Rdnr. 16; Pietzcker in: Schoch/Schmitt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 13. Aufl., 2006, § 43 VwGO Rdnr. 46 m.w.N.). Es kann auch die Frage der Unzulässigkeit der Vollstreckung eines inzwischen erledigten Grundverwaltungsakts begehrt werden, da mit der Anfechtung des Grundverwaltungsakts nicht seine Erledigung geltend gemacht werden kann (Pietzcker, a.a.O., § 43 Rdnr. 46 f.; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 26).
17 
Im vorliegenden Verfahren besteht Streit darüber, ob der erste Leistungsbescheid vom 02.09.2004 überhaupt wirksam zugestellt und damit wirksam (§ 43 Abs. 1 u. 2 LVwVfG) wurde und falls ja, ob er durch einen zweiten Leistungsbescheid (vom 30.01.2006) aufgehoben wurde und deshalb von der Beklagten nicht mehr als Vollstreckungsgrundlage gegen die Klägerin herangezogen werden kann. In der Sache geht es den Beteiligten darum, ob die Kostentragungspflicht aus dem Leistungsbescheid vom 02.09.2004 rechtmäßig ist. Der erste Teil des Feststellungsantrags betrifft die Frage der Wirksamkeit (§§ 41, 43 Abs. 1 u. 2 LVwVfG) und die des Fortbestehens des Bescheids vom 02.09.2004, der wegen der Aufhebung des zweiten Leistungsbescheids (v. 30.01.2006) durch den Widerspruchsbescheid als alleinige Vollstreckungsgrundlage in Betracht kommt. Letztlich geht es um das feststellungsfähige Rechtsverhältnis, ob die Erstattungspflicht durch den Bescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist, was insbesondere dessen ordnungsgemäße Zustellung voraussetzt, und ob eine Erstattungspflicht aufgrund dieses Bescheids fortbesteht oder durch den zweiten Bescheid (v. 30.01.2006) aufgehoben wurde. Wegen der Aufhebung des Leistungsbescheides vom 30.01.2006 durch den Widerspruchsbescheid ist unter den Beteiligten klärungsbedürftig, ob die sich aus dem Bescheid vom 02.09.2004 ergebende Kostentragungspflicht der Klägerin (zu Recht) fortbesteht, weil die Beklagte daraus zu vollstrecken beabsichtigt.
18 
Der Antrag auf Feststellung, dass der Bescheid vom 02.09.2004 rechtmäßig ist, ist mit Rücksicht auf die Spezialität der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) in einen Antrag auf Feststellung auszulegen (§ 88 VwGO), dass die im Bescheid vom 02.09.2004 festgesetzte Kostentragungspflicht für die Bestattungskosten ihres Vaters rechtswidrig ist.
19 
Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung dieser Rechtsverhältnisse. Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere gegeben, wenn die Rechtslage unklar ist, die zuständige Behörde insoweit anderer Auffassung als der Kläger ist und der Kläger sein künftiges Verhalten an der Feststellung orientieren will, oder er Grund zur Besorgnis der Gefährdung seiner Rechte hat (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 24 m.w.N.). Ein Interesse daran, festzustellen, ob der Erstbescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist und noch fortbesteht oder durch den (zweiten) Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde, besteht deshalb, weil die Beklagte, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht hat, nach wie vor diesen Bescheid als wirksam zugestellt wertet und daraus gegen die Klägerin auch künftig zu vollstrecken beabsichtigt. In dieser Ansicht sieht sich die Beklagte durch Ziff. 1 des Tenors im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.04.2006 bestätigt, mit dem der (zweite) (Leistungs-)Bescheid vom 30.01.2006 aufgehoben und die Rechtmäßigkeit des (ersten) Leistungsbescheids vom 02.09.2004 bestätigt wurde. Ein Interesse daran, zu klären, ob der Erstbescheid vom 02.09.2004 durch den (zweiten) Bescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde, besteht - trotz und wegen der Aufhebung des die Klägerin belastenden Teils des zweiten Leistungsbescheids durch den Widerspruchsbescheid - deshalb, weil die Klägerin mit dem Erlass eines neuen Leistungsbescheids rechnen müsste, wenn der erste Leistungsbescheid (v. 02.09.2004) nicht (mehr) mehr fortbestehen würde und deshalb keine wirksame Vollstreckungsgrundlage wäre. Wenn der zweite Bescheid vom 30.01.2006 den ersten Bescheid aufgehoben hätte, wäre dieser die Klägerin begünstigende Teil des zweiten Bescheids von der Widerspruchsbehörde nicht aufgehoben worden.
20 
Die Rechtsunsicherheit bezüglich der Vollstreckungsgrundlage rechtfertigt es auch, ein Feststellungsinteresse für den Antrag zu bejahen, festzustellen, ob die sich aus dem Bescheid vom 02.09.2004 ergebende Kostentragungspflicht der Klägerin rechtswidrig oder rechtmäßig war. Für die Vollstreckung ist zwar nur ein wirksamer Grundverwaltungsakt erforderlich, auf dessen Rechtmäßigkeit kommt es nicht an. Um weitere Rechtsstreitigkeiten in der Vollstreckung zu vermeiden, ist es aber sachdienlich, die unter den Beteiligten streitige Kostentragungspflicht aus dem Bescheid vom 02.09.2004 im Wege der Feststellungsklage zu klären. Es soll geklärt werden, ob ein neuer inhaltsgleicher Bescheid erlassen werden könnte, falls der Erstbescheid nicht mehr besteht.
21 
Dem Feststellungsantrag steht § 43 Abs. 2 VwGO nicht entgegen. Die Spezialität der Anfechtungsklage tritt nur hervor, wenn sich die Feststellungsklage unmittelbar gegen den Verwaltungsakt richtet. Insoweit sind nur Gesichtspunkte der Subsidiarität oder der Umgehung der Vorschriften der Anfechtungsklage von Bedeutung (Schoch/Schmitt-Aßmann/ Pietzner, a.a.O., § 43 Rdnr. 46 f.; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 26, § 167 Rdnr. 19 m.w.N.). Wie bereits ausgeführt, richtet sich der Feststellungsantrag bei sachdienlicher Auslegung (§ 88 VwGO) nicht gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 02.09.2004. Der Erstbescheid vom 02.09.2004 hätte zwar nach Einlegung eines Widerspruchs angefochten werden können. Nach Ergehen des zweiten Bescheides vom 30.01.2006 war dies aber entbehrlich, und zwar ungeachtet einer eventuellen Aufhebung des Bescheids vom 02.09.2004 durch den zweiten Bescheid, weil in der Folgezeit unter den Beteiligten die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides vom 30.01.2006 streitig war, gegen den die Klägerin am 07.02.2006 Widerspruch einlegte, woraufhin dieser mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2006 aufgehoben wurde. Hierdurch und durch die weitere Feststellung im Widerspruchsbescheid, der Bescheid vom 02.09.2004 sei rechtmäßig und bestandskräftig, entstand erneut Streit darüber, ob der (erste) Bescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist und, falls ja, ob er durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde und ob ersterer eine geeignete Vollstreckungsgrundlage bietet oder aus Sicht der Beklagten gar der Erlass eines neuen Leistungsbescheids geboten ist bzw. dies aus Sicht der Klägerin zu befürchten ist. Eine Umgehung der Vorschriften der Anfechtungsklage ist darin nicht zu sehen.
22 
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004 ist ordnungsgemäß zugestellt worden und wirksam geworden (1.). Er wurde durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben (2.). Die im Bescheid vom 02.09.2004 angeordnete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig (3.).
23 
1. Wie bereits im Beschluss des erkennenden Gerichts über die Gewährung von Prozesskostenhilfe vom 21.11.2006 ausgeführt worden ist, wurde der Bescheid vom 02.09.2004 ordnungsgemäß dem ehemaligen Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt, womit er wirksam geworden ist (§ 43 Abs. 1 S. 1 LVwVfG). Nach § 8 Abs. 1 S. 1 LVwZG können Zustellungen an den allgemein oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Vertreter gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat (S. 2). Der Wortlaut von S. 2 dieser Vorschrift und ihr Schutzzweck sind auch in Fällen wie hier erfüllt, wenn der Bevollmächtigte die schriftliche Vollmacht zwar nicht bei der die streitige Zustellung veranlassenden Behörde vorgelegt hat, sondern bei einer anderen Behörde, und erstere aufgrund anderer Anhaltspunkte, insbesondere eines Hinweises des Bevollmächtigten Kenntnis von der schriftlichen Vollmacht hat. Der Schutzzweck des § 8 Abs. 1 S. 2 LVwVfG geht dahin, die Partei vor Zustellungen zu schützen, wenn sie einem Bevollmächtigten schriftliche Vollmacht erteilt hat und der Behörde dies durch Vorlage der schriftlichen Vollmacht bekannt ist. Dieser Schutzzweck ist auch dann erfüllt, wenn überhaupt eine schriftliche Vollmacht für das Verfahren vorliegt, in dem die Zustellung bewirkt werden soll, die schriftliche Vollmacht bei einer Behörde oder wie hier bei einem Notariat vorgelegt wird und die die Zustellung veranlassende Behörde aufgrund äußerer Umstände auf das Vorhandensein einer schriftlichen Vollmacht schließen konnte. Letzteres ist hier der Fall. Beim Notariat - VIII Mannheim - Nachlassgericht lag unter der Geschäftsnummer ... eine schriftliche Vollmacht der Klägerin vom 07.05.2004 für ... „in der Nachlassangelegenheit ...“ vor. Diese Vollmacht bezieht sich nach ihrem Sinn und Zweck auf alle Verfahren, die mit der „Nachlassangelegenheit“ des Vaters der Klägerin zusammenhängen, auch auf das Verfahren wegen der Heranziehung zu den Bestattungskosten. In der Vollmacht ist ausdrücklich ausgeführt, sie umfasse insbesondere die Befugnis, Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen. Waren hiernach Wortlaut und Schutzzweck des § 8 Abs. 1 S. 2 LVwVfG gewahrt, so musste die Zustellung an den damaligen Bevollmächtigten (...) erfolgen. Der Bescheid vom 02.09.2004 ist durch die nach Aktenlage ordnungsgemäß erfolgte Zustellung an ... wirksam geworden (§ 43 Abs. 1 S. 1 LVwVfG).
24 
2. Durch Bescheid vom 30.01.2006 wurde der Erstbescheid vom 02.09.2004 konkludent aufgehoben, auch wenn dies nicht ausdrücklich aus dem (zweiten) Leistungsbescheid vom 30.01.2006 hervorgeht. Die Aufhebung des ersten Bescheids hätte zwar durch einen Hinweis auf § 48 LVwVfG ausdrücklich zum Ausdruck gebracht werden können, was mit keinem Wort geschehen ist, weder im Bescheid noch in sonstiger Weise, etwa durch Aktenvermerke. Für die Auslegung von Willensäußerungen der Verwaltung, auch in Form von Verwaltungsakten, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gemäß der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB nicht der innere, sondern der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.1980 - 6 C 55/79 - unter Hinweis auf BVerwGE 29, 310 ff.; 41, 305 ff.). Unklarheiten müssen hierbei zu Lasten der Verwaltung gehen (vgl. BVerwGE 41, 305, 306; 48, 279, 281 f.). Für den Empfängerhorizont erkennbare Anhaltspunkte dafür, dass der als „Leistungsbescheid“ gekennzeichnete Bescheid vom 30.01.2006 die Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters eigenständig und damit neu regelt, ergeben sich aus den aktualisierten Daten im „Leistungsbescheid“ vom „30.01.2006“, der Zahlungsfrist bis „spätestens 28.02.2006“ sowie aus dem per Telefax an die Friedhöfe Mannheim übermittelten Schreiben des zweiten Bevollmächtigten der Klägerin vom 30.01.2006. Aus letzterem geht hervor, dass im Hinblick auf die Rechtsunsicherheit über den Bestand des Bescheids vom 02.09.2004 und der drohenden Vollstreckung am Tage des Erlasses des Leistungsbescheids vom 30.01.2006 Telefongespräche stattfanden und man dabei „übereinkam“, wie es im Schreiben vom 30.01.2006 heißt, „dass der Bescheid vom 02.09.2004, welcher Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens gegen unsere Mandantin ist, nicht wirksam an unsere Mandantin zugestellt wurde“. Um die Rechtsunsicherheit über die ordnungsgemäße Zustellung des Erstbescheids auszuräumen, erließ die Beklagte einen Leistungsbescheid unter dem Datum vom „30.01.2006“, mit dem inhaltsgleich mit dem Erstbescheid der Klägerin aufgegeben wurde, der Stadt Mannheim die Kosten der Bestattung ihres Vaters in Höhe von 2.110,53 EUR zu erstatten. In Abänderung zum Ausgangsbescheid wurde eine neue Zahlungsfrist festgesetzt, nämlich bis spätestens zum 28.02.2006. Die Begründung ist inhaltlich gleich wie im Erstbescheid. Vor dem Hintergrund der Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit (§ 43 Abs. 1 LVwVfG) des (ersten) Bescheids vom 02.09.2004 und mit Rücksicht auf die aktualisierten Daten des Erlasses und der Zahlungsfrist im Leistungsbescheid vom „30.01.2006“, ist der Leistungsbescheid vom 30.01.2006 von dem für die Auslegung maßgeblichen Empfängerhorizont aus nur dahin zu verstehen, dass damit eine neue Zahlungspflicht begründet und der Erstbescheid (v. 02.09.2004) konkludent aufgehoben wurde. Von der Möglichkeit, den Erstbescheid neu zuzustellen, hat die Beklagte abgesehen.
25 
3. Die im Gebührenbescheid vom 02.09.2004 festgesetzte Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig.
26 
Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs ist § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG. Danach haften die Bestattungspflichtigen in der in § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG genannten Reihenfolge ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles, die eine Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen als Härte erscheinen lassen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004 - 1 S 681/04 - m.w.N.). Für die Kostentragungspflicht kommt es nicht auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen an, da die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten zu tragen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., m.w.N.).
27 
Nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg verstoßen die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht auch insoweit nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O.,). Diese Auffassung teilt das erkennende Gericht im Grundsatz.
28 
Ein Leistungsbescheid auf der Grundlage der § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG muss sich aber in jedem Einzelfall wie jeder andere belastende Verwaltungsakt am verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfGE 19, 342ff.) messen lassen. Er kann im Einzelfall trotz gesetzlicher Ausgleichsansprüche, die im Einzelfall die persönlichen Verhältnisse zwischen dem Verstorbenen und dem Pflichtigen berücksichtigen, unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig sein. Demgegenüber kann nicht unter Hinweis auf § 15 BSHG a.F. bzw. § 74 SGB XII i.d.F. v. 27.12.2003, gültig ab 01.01.2005 (BGBl. I. S. 3022), eingewendet werden, ein Anspruch nach diesen Bestimmungen sei hinsichtlich der Kostentragungspflicht für Bestattungskosten eine einfach gesetzliche Ausformung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der für die Kostentragungspflicht nach § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG keinen Raum mehr für eine darüber hinausgehende Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulasse. In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, bestand nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Das selbe regelt § 74 SGB XII in der ab 01.01.2005 gültigen Fassung vom 27.12.2003. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des § 11 BSHG war. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet. Der Anspruch aus § 15 BSHG sollte eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Wie das Kriterium der „Zumutbarkeit“ zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche Notlage des „Verpflichteten“ behoben werden, vielmehr wird an die „fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger“ angeknüpft, deren Maß von der nach der Besonderheit des Einzelfalles zu beurteilenden Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hier zu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der „Zumutbarkeit“ im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (BVerwG, Urt. v. 29.01.2004 - 5 C 2/03 - ; BVerwGE 116, 287 - 290). Im vorliegenden Fall bestehen unter Umständen Ausgleichsansprüche der Klägerin gegen ihren Bruder, weshalb ein Anspruch der Klägerin aus § 15 BSHG bzw. § 74 SGB XII mittlerweile von der Beklagten abgelehnt wurde. § 74 SGB XII gewährt aber nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten, sondern sieht von vornherein die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vor. Deshalb kann ein etwaiger Anspruchsinhaber nicht auf einen „vermutlich“ bestehenden, aber ungewissen Anspruch aus § 74 SGB XII verwiesen werden (OVG Saarland, Urt. v. 25.08.2003 - 2 R 18/03 - ). Ein auf § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG beruhender Leistungsbescheid kann deshalb im Einzelfall trotz der gesetzlichen Regelung von Ausgleichsansprüchen unverhältnismäßig sein (OVG Saarland, Urt. v. 25.08.2003 - 2 R 18/03 - ; vgl. VG Stade, Urt. v. 27.07.2006 - 1 A 539/05 - ; im Ergebnis ebenso OVG NW, Beschl. v. 02.02.1996 - 19 A 3802/95 -, NVwZ-RR 1997, 99 ff.; a.A. für Bayerisches Landesrecht VG Ansbach, Urt. v. 07.07.2005 - AN 4 K 05.02104 - ).
29 
Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss jede Einschränkung des Grundrechts in materieller Hinsicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (BVerfGE 75, 108 <154 f.>; 80, 137 <153>; 90, 145 <172>). Voraussetzung hierfür ist, dass sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich sind und eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe ergibt, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (BVerfGE 68, 155 <171>; 71, 183 <196 f.>; 72, 26 <31>; 77, 308 <332>; 81, 156 <189>). Grundrechtseingriffe dürfen nicht weiter gehen als es ihr Grund, der Schutz des Gemeinwohls, erfordert (vgl. BVerfGE 20, 351 <361>; 52, 1 <29 f.>), und sie dürfen insbesondere auch nicht im Blick auf den Regelungszweck zu einer übermäßigen Belastung führen (BVerfGE 110, 1, 33 ff.).
30 
Gründe des Allgemeinwohls rechtfertigen es zwar grundsätzlich, die Bestattungs- und Kostentragungspflicht ohne Rücksicht auf die familiären Verhältnisse zu regeln, solange ein Bestattungspflichtiger für die Kostentragung erreichbar ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O.,). Die Bestattungspflicht dient in erster Linie der Gefahrenabwehr und lässt damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen zu. Vielmehr müssen objektive Maßstäbe eingreifen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge sowie die daran anknüpfende Kostentragungspflicht beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden öffentlich-rechtlichen Rechtsgrund (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 19.08.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Dieser rechtfertigt es grundsätzlich, die Kosten der Bestattung dem nach Landesrecht Pflichtigen aufzuerlegen und nicht andere, insbesondere die öffentliche Hand damit zu belasten. Der Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr gebietet aber nicht ausnahmslos, den zur Gefahrenabwehr Verpflichteten auch mit den entstandenen Kosten zu belasten, wenn die Kostentragung für ihn unzumutbar ist.
31 
Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles kann das Interesse des Bestattungspflichtigen, von der Heranziehung zu den Bestattungskosten verschont zu bleiben, so gewichtig sein, dass es das öffentliche Interesse an der ausnahmslosen Bestattungs- und Kostentragungspflicht überwiegt. Dies ist dann der Fall, wenn der Bestattungspflichtige durch die Heranziehung zu den Bestattungskosten unzumutbar belastet wird. Unzumutbar ist eine durch Leistungsbescheid festgesetzte Kostentragungspflicht für das Opfer eines vom Bestatteten begangenen Sexualdelikts dann, wenn das Opfer durch die Kostentragungspflicht in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG unangemessen belastet wird oder die auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhende konkrete Gefahr besteht, dass das Opfer eines Sexualdelikts durch den Erlass eines Leistungsbescheids in einem Fall wie hier in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 1 S. 1 GG) verletzt wird. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles.
32 
Solche besonderen Umstände sind hier gegeben. Der Leistungsbescheid vom 02.09.2004 stellt aufgrund der Besonderheiten des Falles eine unverhältnismäßige Belastung der Klägerin in ihrer Rechtsstellung aus Art. 2 Abs. 1 S. 1 GG dar, die durch das mit der gesetzlichen Regelung der Kostentragungspflicht verbundene Ziel der §§ 37 Abs. 1, 31, 21 BestattG nicht mehr gerechtfertigt ist. Die Klägerin war im Alter von vier Jahren Opfer eines von ihrem verstorbenen Vater begangenen Sexualdelikts. Sie hatte seit der Tat keinerlei Kontakt mehr zu ihrem Vater und es gibt keinerlei Anzeichen für eine Aussöhnung zwischen Opfer und Täter oder eine wie auch immer geartete, gegebenenfalls nur auf Seiten des Opfers feststellbare, Befriedung der Folgen der Straftat und der familiären Verhältnisse. Die Unverhältnismäßigkeit lässt sich nicht deshalb verneinen, weil bereits geraume Zeit seit Begehung der Straftat vergangen ist, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine Aussöhnung oder Befriedung vorliegen und plausible Gründe dafür geltend gemacht werden, dass das Opfer durch den Erlass des Leistungsbescheids unverhältnismäßig schwer belastet wird, weil es zu den Kosten der Bestattung für den Täter herangezogen wird. Die Klägerin war im Alter von vier Jahren nicht nur Opfer eines von ihrem Vater begangenen Sexualdelikts, sie trafen auch die weiteren Folgen daraus, sie verlor hierdurch ihre Familie. Die Ehe ihrer Eltern wurde in der Folgezeit geschieden und sie wurde von ihrer allein erziehungsberechtigten Mutter in ein Kinderheim gegeben, in dem sie bis zu ihrer Volljährigkeit lebte. Mit ihrem Vater hatte sie nach dessen Verurteilung keinerlei Kontakt mehr, mit ihrer Mutter ihrem glaubhaften Vorbringen zufolge „nur sporadisch“. Eine Aussöhnung zwischen Opfer und Täter gab es nicht, auch keine dahingehenden Versuche eines der Beteiligten. Die Klägerin ließ durch ihren Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vortragen, jegliche Berührung mit dem begangenen Sexualdelikt, auch die Klärung ihrer Pflicht zur Kostentragung durch das Gericht, belaste sie schwer; dies ist nachvollziehbar und bedarf keiner weiteren Beweiserhebung. Als nachteilige Folgen des Sexualdelikts betrachtet sie auch ihre unzureichenden Ausbildungschancen und ihre derzeitige Arbeitslosigkeit. Die geltend gemachte Belastung hinderte sie den Angaben ihres Vertreters zufolge auch daran, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Aufgrund dieser Besonderheiten ist der auf die §§ 31, 21 BestattG gestützte Leistungsbescheid vom 02.09.2004 unverhältnismäßig und rechtswidrig. Die daraus abgeleitete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig. Dem diesbezüglichen Feststellungsantrag war stattzugeben.
33 
Es bedarf deshalb keiner Entscheidung darüber, ob der Gebührenbescheid gegen Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verstößt oder deshalb unverhältnismäßig ist, weil er wegen der Missachtung des zerrütteten Verhältnisses zwischen dem Bestatteten und dem an sich Kostentragungspflichtigen Ausdruck einer Behandlung ist, die die Subjektqualität des Kostentragungspflichtigen prinzipiell in Frage stellt, oder weil in der Behandlung im konkreten Fall eine willkürliche Missachtung der Würde des Menschen liegt (BVerfG, Urt. v. 15.02.2006 - 1 BvR 357/05 -, NJW 2006, 751 ff. m.w.N.; BVerfGE 30, 1 <26>).
34 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
35 
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 i.V.m. § 124a Abs. 1 VwGO gegeben ist.
36 
Beschluss
37 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf EUR 2.110,53 festgesetzt.
38 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Gründe

 
15 
Die Klage ist zulässig und begründet.
16 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter einem Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind „die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm (des öffentlichen Rechts) sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder einer Sache“ zu verstehen (Kopp/ Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Aufl., § 43 Rdnr. 11 m.w.N.). Die Feststellung der Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes kann mit der Klage nach § 43 VwGO ebenso wenig begehrt werden wie die Klärung der Frage, ob überhaupt ein Verwaltungsakt vorliegt. Grundsätzlich nicht ausgeschlossen wird durch § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO im Hinblick auf die Möglichkeit des Rechtsschutzes gegen einen Verwaltungsakt eine Klage, die nicht die Berechtigung zu dessen Erlass zum Gegenstand hat, sondern ein durch den Verwaltungsakt begründetes, verändertes oder aufgehobenes Rechtsverhältnis. Ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts kann jederzeit dahin ausgelegt werden, die Rechtswidrigkeit der aufgrund des Verwaltungsakts den Betroffenen treffenden Belastungen festzustellen (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 7, 11, 26, 31 m.w.N.; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 43 Rdnr. 16; Pietzcker in: Schoch/Schmitt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 13. Aufl., 2006, § 43 VwGO Rdnr. 46 m.w.N.). Es kann auch die Frage der Unzulässigkeit der Vollstreckung eines inzwischen erledigten Grundverwaltungsakts begehrt werden, da mit der Anfechtung des Grundverwaltungsakts nicht seine Erledigung geltend gemacht werden kann (Pietzcker, a.a.O., § 43 Rdnr. 46 f.; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 26).
17 
Im vorliegenden Verfahren besteht Streit darüber, ob der erste Leistungsbescheid vom 02.09.2004 überhaupt wirksam zugestellt und damit wirksam (§ 43 Abs. 1 u. 2 LVwVfG) wurde und falls ja, ob er durch einen zweiten Leistungsbescheid (vom 30.01.2006) aufgehoben wurde und deshalb von der Beklagten nicht mehr als Vollstreckungsgrundlage gegen die Klägerin herangezogen werden kann. In der Sache geht es den Beteiligten darum, ob die Kostentragungspflicht aus dem Leistungsbescheid vom 02.09.2004 rechtmäßig ist. Der erste Teil des Feststellungsantrags betrifft die Frage der Wirksamkeit (§§ 41, 43 Abs. 1 u. 2 LVwVfG) und die des Fortbestehens des Bescheids vom 02.09.2004, der wegen der Aufhebung des zweiten Leistungsbescheids (v. 30.01.2006) durch den Widerspruchsbescheid als alleinige Vollstreckungsgrundlage in Betracht kommt. Letztlich geht es um das feststellungsfähige Rechtsverhältnis, ob die Erstattungspflicht durch den Bescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist, was insbesondere dessen ordnungsgemäße Zustellung voraussetzt, und ob eine Erstattungspflicht aufgrund dieses Bescheids fortbesteht oder durch den zweiten Bescheid (v. 30.01.2006) aufgehoben wurde. Wegen der Aufhebung des Leistungsbescheides vom 30.01.2006 durch den Widerspruchsbescheid ist unter den Beteiligten klärungsbedürftig, ob die sich aus dem Bescheid vom 02.09.2004 ergebende Kostentragungspflicht der Klägerin (zu Recht) fortbesteht, weil die Beklagte daraus zu vollstrecken beabsichtigt.
18 
Der Antrag auf Feststellung, dass der Bescheid vom 02.09.2004 rechtmäßig ist, ist mit Rücksicht auf die Spezialität der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) in einen Antrag auf Feststellung auszulegen (§ 88 VwGO), dass die im Bescheid vom 02.09.2004 festgesetzte Kostentragungspflicht für die Bestattungskosten ihres Vaters rechtswidrig ist.
19 
Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung dieser Rechtsverhältnisse. Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere gegeben, wenn die Rechtslage unklar ist, die zuständige Behörde insoweit anderer Auffassung als der Kläger ist und der Kläger sein künftiges Verhalten an der Feststellung orientieren will, oder er Grund zur Besorgnis der Gefährdung seiner Rechte hat (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 24 m.w.N.). Ein Interesse daran, festzustellen, ob der Erstbescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist und noch fortbesteht oder durch den (zweiten) Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde, besteht deshalb, weil die Beklagte, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht hat, nach wie vor diesen Bescheid als wirksam zugestellt wertet und daraus gegen die Klägerin auch künftig zu vollstrecken beabsichtigt. In dieser Ansicht sieht sich die Beklagte durch Ziff. 1 des Tenors im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.04.2006 bestätigt, mit dem der (zweite) (Leistungs-)Bescheid vom 30.01.2006 aufgehoben und die Rechtmäßigkeit des (ersten) Leistungsbescheids vom 02.09.2004 bestätigt wurde. Ein Interesse daran, zu klären, ob der Erstbescheid vom 02.09.2004 durch den (zweiten) Bescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde, besteht - trotz und wegen der Aufhebung des die Klägerin belastenden Teils des zweiten Leistungsbescheids durch den Widerspruchsbescheid - deshalb, weil die Klägerin mit dem Erlass eines neuen Leistungsbescheids rechnen müsste, wenn der erste Leistungsbescheid (v. 02.09.2004) nicht (mehr) mehr fortbestehen würde und deshalb keine wirksame Vollstreckungsgrundlage wäre. Wenn der zweite Bescheid vom 30.01.2006 den ersten Bescheid aufgehoben hätte, wäre dieser die Klägerin begünstigende Teil des zweiten Bescheids von der Widerspruchsbehörde nicht aufgehoben worden.
20 
Die Rechtsunsicherheit bezüglich der Vollstreckungsgrundlage rechtfertigt es auch, ein Feststellungsinteresse für den Antrag zu bejahen, festzustellen, ob die sich aus dem Bescheid vom 02.09.2004 ergebende Kostentragungspflicht der Klägerin rechtswidrig oder rechtmäßig war. Für die Vollstreckung ist zwar nur ein wirksamer Grundverwaltungsakt erforderlich, auf dessen Rechtmäßigkeit kommt es nicht an. Um weitere Rechtsstreitigkeiten in der Vollstreckung zu vermeiden, ist es aber sachdienlich, die unter den Beteiligten streitige Kostentragungspflicht aus dem Bescheid vom 02.09.2004 im Wege der Feststellungsklage zu klären. Es soll geklärt werden, ob ein neuer inhaltsgleicher Bescheid erlassen werden könnte, falls der Erstbescheid nicht mehr besteht.
21 
Dem Feststellungsantrag steht § 43 Abs. 2 VwGO nicht entgegen. Die Spezialität der Anfechtungsklage tritt nur hervor, wenn sich die Feststellungsklage unmittelbar gegen den Verwaltungsakt richtet. Insoweit sind nur Gesichtspunkte der Subsidiarität oder der Umgehung der Vorschriften der Anfechtungsklage von Bedeutung (Schoch/Schmitt-Aßmann/ Pietzner, a.a.O., § 43 Rdnr. 46 f.; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 26, § 167 Rdnr. 19 m.w.N.). Wie bereits ausgeführt, richtet sich der Feststellungsantrag bei sachdienlicher Auslegung (§ 88 VwGO) nicht gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 02.09.2004. Der Erstbescheid vom 02.09.2004 hätte zwar nach Einlegung eines Widerspruchs angefochten werden können. Nach Ergehen des zweiten Bescheides vom 30.01.2006 war dies aber entbehrlich, und zwar ungeachtet einer eventuellen Aufhebung des Bescheids vom 02.09.2004 durch den zweiten Bescheid, weil in der Folgezeit unter den Beteiligten die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides vom 30.01.2006 streitig war, gegen den die Klägerin am 07.02.2006 Widerspruch einlegte, woraufhin dieser mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2006 aufgehoben wurde. Hierdurch und durch die weitere Feststellung im Widerspruchsbescheid, der Bescheid vom 02.09.2004 sei rechtmäßig und bestandskräftig, entstand erneut Streit darüber, ob der (erste) Bescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist und, falls ja, ob er durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde und ob ersterer eine geeignete Vollstreckungsgrundlage bietet oder aus Sicht der Beklagten gar der Erlass eines neuen Leistungsbescheids geboten ist bzw. dies aus Sicht der Klägerin zu befürchten ist. Eine Umgehung der Vorschriften der Anfechtungsklage ist darin nicht zu sehen.
22 
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004 ist ordnungsgemäß zugestellt worden und wirksam geworden (1.). Er wurde durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben (2.). Die im Bescheid vom 02.09.2004 angeordnete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig (3.).
23 
1. Wie bereits im Beschluss des erkennenden Gerichts über die Gewährung von Prozesskostenhilfe vom 21.11.2006 ausgeführt worden ist, wurde der Bescheid vom 02.09.2004 ordnungsgemäß dem ehemaligen Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt, womit er wirksam geworden ist (§ 43 Abs. 1 S. 1 LVwVfG). Nach § 8 Abs. 1 S. 1 LVwZG können Zustellungen an den allgemein oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Vertreter gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat (S. 2). Der Wortlaut von S. 2 dieser Vorschrift und ihr Schutzzweck sind auch in Fällen wie hier erfüllt, wenn der Bevollmächtigte die schriftliche Vollmacht zwar nicht bei der die streitige Zustellung veranlassenden Behörde vorgelegt hat, sondern bei einer anderen Behörde, und erstere aufgrund anderer Anhaltspunkte, insbesondere eines Hinweises des Bevollmächtigten Kenntnis von der schriftlichen Vollmacht hat. Der Schutzzweck des § 8 Abs. 1 S. 2 LVwVfG geht dahin, die Partei vor Zustellungen zu schützen, wenn sie einem Bevollmächtigten schriftliche Vollmacht erteilt hat und der Behörde dies durch Vorlage der schriftlichen Vollmacht bekannt ist. Dieser Schutzzweck ist auch dann erfüllt, wenn überhaupt eine schriftliche Vollmacht für das Verfahren vorliegt, in dem die Zustellung bewirkt werden soll, die schriftliche Vollmacht bei einer Behörde oder wie hier bei einem Notariat vorgelegt wird und die die Zustellung veranlassende Behörde aufgrund äußerer Umstände auf das Vorhandensein einer schriftlichen Vollmacht schließen konnte. Letzteres ist hier der Fall. Beim Notariat - VIII Mannheim - Nachlassgericht lag unter der Geschäftsnummer ... eine schriftliche Vollmacht der Klägerin vom 07.05.2004 für ... „in der Nachlassangelegenheit ...“ vor. Diese Vollmacht bezieht sich nach ihrem Sinn und Zweck auf alle Verfahren, die mit der „Nachlassangelegenheit“ des Vaters der Klägerin zusammenhängen, auch auf das Verfahren wegen der Heranziehung zu den Bestattungskosten. In der Vollmacht ist ausdrücklich ausgeführt, sie umfasse insbesondere die Befugnis, Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen. Waren hiernach Wortlaut und Schutzzweck des § 8 Abs. 1 S. 2 LVwVfG gewahrt, so musste die Zustellung an den damaligen Bevollmächtigten (...) erfolgen. Der Bescheid vom 02.09.2004 ist durch die nach Aktenlage ordnungsgemäß erfolgte Zustellung an ... wirksam geworden (§ 43 Abs. 1 S. 1 LVwVfG).
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2. Durch Bescheid vom 30.01.2006 wurde der Erstbescheid vom 02.09.2004 konkludent aufgehoben, auch wenn dies nicht ausdrücklich aus dem (zweiten) Leistungsbescheid vom 30.01.2006 hervorgeht. Die Aufhebung des ersten Bescheids hätte zwar durch einen Hinweis auf § 48 LVwVfG ausdrücklich zum Ausdruck gebracht werden können, was mit keinem Wort geschehen ist, weder im Bescheid noch in sonstiger Weise, etwa durch Aktenvermerke. Für die Auslegung von Willensäußerungen der Verwaltung, auch in Form von Verwaltungsakten, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gemäß der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB nicht der innere, sondern der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.1980 - 6 C 55/79 - unter Hinweis auf BVerwGE 29, 310 ff.; 41, 305 ff.). Unklarheiten müssen hierbei zu Lasten der Verwaltung gehen (vgl. BVerwGE 41, 305, 306; 48, 279, 281 f.). Für den Empfängerhorizont erkennbare Anhaltspunkte dafür, dass der als „Leistungsbescheid“ gekennzeichnete Bescheid vom 30.01.2006 die Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters eigenständig und damit neu regelt, ergeben sich aus den aktualisierten Daten im „Leistungsbescheid“ vom „30.01.2006“, der Zahlungsfrist bis „spätestens 28.02.2006“ sowie aus dem per Telefax an die Friedhöfe Mannheim übermittelten Schreiben des zweiten Bevollmächtigten der Klägerin vom 30.01.2006. Aus letzterem geht hervor, dass im Hinblick auf die Rechtsunsicherheit über den Bestand des Bescheids vom 02.09.2004 und der drohenden Vollstreckung am Tage des Erlasses des Leistungsbescheids vom 30.01.2006 Telefongespräche stattfanden und man dabei „übereinkam“, wie es im Schreiben vom 30.01.2006 heißt, „dass der Bescheid vom 02.09.2004, welcher Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens gegen unsere Mandantin ist, nicht wirksam an unsere Mandantin zugestellt wurde“. Um die Rechtsunsicherheit über die ordnungsgemäße Zustellung des Erstbescheids auszuräumen, erließ die Beklagte einen Leistungsbescheid unter dem Datum vom „30.01.2006“, mit dem inhaltsgleich mit dem Erstbescheid der Klägerin aufgegeben wurde, der Stadt Mannheim die Kosten der Bestattung ihres Vaters in Höhe von 2.110,53 EUR zu erstatten. In Abänderung zum Ausgangsbescheid wurde eine neue Zahlungsfrist festgesetzt, nämlich bis spätestens zum 28.02.2006. Die Begründung ist inhaltlich gleich wie im Erstbescheid. Vor dem Hintergrund der Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit (§ 43 Abs. 1 LVwVfG) des (ersten) Bescheids vom 02.09.2004 und mit Rücksicht auf die aktualisierten Daten des Erlasses und der Zahlungsfrist im Leistungsbescheid vom „30.01.2006“, ist der Leistungsbescheid vom 30.01.2006 von dem für die Auslegung maßgeblichen Empfängerhorizont aus nur dahin zu verstehen, dass damit eine neue Zahlungspflicht begründet und der Erstbescheid (v. 02.09.2004) konkludent aufgehoben wurde. Von der Möglichkeit, den Erstbescheid neu zuzustellen, hat die Beklagte abgesehen.
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3. Die im Gebührenbescheid vom 02.09.2004 festgesetzte Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig.
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Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs ist § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG. Danach haften die Bestattungspflichtigen in der in § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG genannten Reihenfolge ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles, die eine Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen als Härte erscheinen lassen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004 - 1 S 681/04 - m.w.N.). Für die Kostentragungspflicht kommt es nicht auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen an, da die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten zu tragen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., m.w.N.).
27 
Nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg verstoßen die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht auch insoweit nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O.,). Diese Auffassung teilt das erkennende Gericht im Grundsatz.
28 
Ein Leistungsbescheid auf der Grundlage der § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG muss sich aber in jedem Einzelfall wie jeder andere belastende Verwaltungsakt am verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfGE 19, 342ff.) messen lassen. Er kann im Einzelfall trotz gesetzlicher Ausgleichsansprüche, die im Einzelfall die persönlichen Verhältnisse zwischen dem Verstorbenen und dem Pflichtigen berücksichtigen, unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig sein. Demgegenüber kann nicht unter Hinweis auf § 15 BSHG a.F. bzw. § 74 SGB XII i.d.F. v. 27.12.2003, gültig ab 01.01.2005 (BGBl. I. S. 3022), eingewendet werden, ein Anspruch nach diesen Bestimmungen sei hinsichtlich der Kostentragungspflicht für Bestattungskosten eine einfach gesetzliche Ausformung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der für die Kostentragungspflicht nach § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG keinen Raum mehr für eine darüber hinausgehende Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulasse. In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, bestand nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Das selbe regelt § 74 SGB XII in der ab 01.01.2005 gültigen Fassung vom 27.12.2003. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des § 11 BSHG war. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet. Der Anspruch aus § 15 BSHG sollte eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Wie das Kriterium der „Zumutbarkeit“ zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche Notlage des „Verpflichteten“ behoben werden, vielmehr wird an die „fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger“ angeknüpft, deren Maß von der nach der Besonderheit des Einzelfalles zu beurteilenden Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hier zu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der „Zumutbarkeit“ im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (BVerwG, Urt. v. 29.01.2004 - 5 C 2/03 - ; BVerwGE 116, 287 - 290). Im vorliegenden Fall bestehen unter Umständen Ausgleichsansprüche der Klägerin gegen ihren Bruder, weshalb ein Anspruch der Klägerin aus § 15 BSHG bzw. § 74 SGB XII mittlerweile von der Beklagten abgelehnt wurde. § 74 SGB XII gewährt aber nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten, sondern sieht von vornherein die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vor. Deshalb kann ein etwaiger Anspruchsinhaber nicht auf einen „vermutlich“ bestehenden, aber ungewissen Anspruch aus § 74 SGB XII verwiesen werden (OVG Saarland, Urt. v. 25.08.2003 - 2 R 18/03 - ). Ein auf § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG beruhender Leistungsbescheid kann deshalb im Einzelfall trotz der gesetzlichen Regelung von Ausgleichsansprüchen unverhältnismäßig sein (OVG Saarland, Urt. v. 25.08.2003 - 2 R 18/03 - ; vgl. VG Stade, Urt. v. 27.07.2006 - 1 A 539/05 - ; im Ergebnis ebenso OVG NW, Beschl. v. 02.02.1996 - 19 A 3802/95 -, NVwZ-RR 1997, 99 ff.; a.A. für Bayerisches Landesrecht VG Ansbach, Urt. v. 07.07.2005 - AN 4 K 05.02104 - ).
29 
Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss jede Einschränkung des Grundrechts in materieller Hinsicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (BVerfGE 75, 108 <154 f.>; 80, 137 <153>; 90, 145 <172>). Voraussetzung hierfür ist, dass sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich sind und eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe ergibt, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (BVerfGE 68, 155 <171>; 71, 183 <196 f.>; 72, 26 <31>; 77, 308 <332>; 81, 156 <189>). Grundrechtseingriffe dürfen nicht weiter gehen als es ihr Grund, der Schutz des Gemeinwohls, erfordert (vgl. BVerfGE 20, 351 <361>; 52, 1 <29 f.>), und sie dürfen insbesondere auch nicht im Blick auf den Regelungszweck zu einer übermäßigen Belastung führen (BVerfGE 110, 1, 33 ff.).
30 
Gründe des Allgemeinwohls rechtfertigen es zwar grundsätzlich, die Bestattungs- und Kostentragungspflicht ohne Rücksicht auf die familiären Verhältnisse zu regeln, solange ein Bestattungspflichtiger für die Kostentragung erreichbar ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O.,). Die Bestattungspflicht dient in erster Linie der Gefahrenabwehr und lässt damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen zu. Vielmehr müssen objektive Maßstäbe eingreifen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge sowie die daran anknüpfende Kostentragungspflicht beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden öffentlich-rechtlichen Rechtsgrund (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 19.08.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Dieser rechtfertigt es grundsätzlich, die Kosten der Bestattung dem nach Landesrecht Pflichtigen aufzuerlegen und nicht andere, insbesondere die öffentliche Hand damit zu belasten. Der Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr gebietet aber nicht ausnahmslos, den zur Gefahrenabwehr Verpflichteten auch mit den entstandenen Kosten zu belasten, wenn die Kostentragung für ihn unzumutbar ist.
31 
Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles kann das Interesse des Bestattungspflichtigen, von der Heranziehung zu den Bestattungskosten verschont zu bleiben, so gewichtig sein, dass es das öffentliche Interesse an der ausnahmslosen Bestattungs- und Kostentragungspflicht überwiegt. Dies ist dann der Fall, wenn der Bestattungspflichtige durch die Heranziehung zu den Bestattungskosten unzumutbar belastet wird. Unzumutbar ist eine durch Leistungsbescheid festgesetzte Kostentragungspflicht für das Opfer eines vom Bestatteten begangenen Sexualdelikts dann, wenn das Opfer durch die Kostentragungspflicht in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG unangemessen belastet wird oder die auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhende konkrete Gefahr besteht, dass das Opfer eines Sexualdelikts durch den Erlass eines Leistungsbescheids in einem Fall wie hier in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 1 S. 1 GG) verletzt wird. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles.
32 
Solche besonderen Umstände sind hier gegeben. Der Leistungsbescheid vom 02.09.2004 stellt aufgrund der Besonderheiten des Falles eine unverhältnismäßige Belastung der Klägerin in ihrer Rechtsstellung aus Art. 2 Abs. 1 S. 1 GG dar, die durch das mit der gesetzlichen Regelung der Kostentragungspflicht verbundene Ziel der §§ 37 Abs. 1, 31, 21 BestattG nicht mehr gerechtfertigt ist. Die Klägerin war im Alter von vier Jahren Opfer eines von ihrem verstorbenen Vater begangenen Sexualdelikts. Sie hatte seit der Tat keinerlei Kontakt mehr zu ihrem Vater und es gibt keinerlei Anzeichen für eine Aussöhnung zwischen Opfer und Täter oder eine wie auch immer geartete, gegebenenfalls nur auf Seiten des Opfers feststellbare, Befriedung der Folgen der Straftat und der familiären Verhältnisse. Die Unverhältnismäßigkeit lässt sich nicht deshalb verneinen, weil bereits geraume Zeit seit Begehung der Straftat vergangen ist, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine Aussöhnung oder Befriedung vorliegen und plausible Gründe dafür geltend gemacht werden, dass das Opfer durch den Erlass des Leistungsbescheids unverhältnismäßig schwer belastet wird, weil es zu den Kosten der Bestattung für den Täter herangezogen wird. Die Klägerin war im Alter von vier Jahren nicht nur Opfer eines von ihrem Vater begangenen Sexualdelikts, sie trafen auch die weiteren Folgen daraus, sie verlor hierdurch ihre Familie. Die Ehe ihrer Eltern wurde in der Folgezeit geschieden und sie wurde von ihrer allein erziehungsberechtigten Mutter in ein Kinderheim gegeben, in dem sie bis zu ihrer Volljährigkeit lebte. Mit ihrem Vater hatte sie nach dessen Verurteilung keinerlei Kontakt mehr, mit ihrer Mutter ihrem glaubhaften Vorbringen zufolge „nur sporadisch“. Eine Aussöhnung zwischen Opfer und Täter gab es nicht, auch keine dahingehenden Versuche eines der Beteiligten. Die Klägerin ließ durch ihren Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vortragen, jegliche Berührung mit dem begangenen Sexualdelikt, auch die Klärung ihrer Pflicht zur Kostentragung durch das Gericht, belaste sie schwer; dies ist nachvollziehbar und bedarf keiner weiteren Beweiserhebung. Als nachteilige Folgen des Sexualdelikts betrachtet sie auch ihre unzureichenden Ausbildungschancen und ihre derzeitige Arbeitslosigkeit. Die geltend gemachte Belastung hinderte sie den Angaben ihres Vertreters zufolge auch daran, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Aufgrund dieser Besonderheiten ist der auf die §§ 31, 21 BestattG gestützte Leistungsbescheid vom 02.09.2004 unverhältnismäßig und rechtswidrig. Die daraus abgeleitete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig. Dem diesbezüglichen Feststellungsantrag war stattzugeben.
33 
Es bedarf deshalb keiner Entscheidung darüber, ob der Gebührenbescheid gegen Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verstößt oder deshalb unverhältnismäßig ist, weil er wegen der Missachtung des zerrütteten Verhältnisses zwischen dem Bestatteten und dem an sich Kostentragungspflichtigen Ausdruck einer Behandlung ist, die die Subjektqualität des Kostentragungspflichtigen prinzipiell in Frage stellt, oder weil in der Behandlung im konkreten Fall eine willkürliche Missachtung der Würde des Menschen liegt (BVerfG, Urt. v. 15.02.2006 - 1 BvR 357/05 -, NJW 2006, 751 ff. m.w.N.; BVerfGE 30, 1 <26>).
34 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
35 
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 i.V.m. § 124a Abs. 1 VwGO gegeben ist.
36 
Beschluss
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Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf EUR 2.110,53 festgesetzt.
38 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Februar 2007 - 11 K 50/06 - wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zahlung der Bestattungskosten für seine verstorbene Schwester.

Er ist der ältere der beiden Brüder der am … in einem H. in A-Stadt verstorbenen Frau B.. Außer ihren beiden Brüdern hatte die Verstorbene keine Angehörigen. Die Erbschaft hat der Kläger ausgeschlagen.

Nach Bekanntwerden des Todesfalls wies der Beklagte den Kläger auf seine Pflichten nach dem Saarländischen Bestattungsgesetz hin. Dieser erklärte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, und auch nicht verpflichtet, die Bestattungskosten zu übernehmen, da er die Erbschaft ausgeschlagen habe. Außerdem verfüge er über kein ausreichendes Vermögen, um die Beerdigungskosten zu zahlen. Zu seiner Schwester habe er im Übrigen seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt. Der Kläger beantragte vorsorglich bei dem Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII.

Der Beklagte ordnete daraufhin die Feuerbestattung der Verstorbenen in Form einer anonymen Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt an.

Nach Anhörung und Stellungnahme des Klägers forderte der Beklagte diesen mit Verfügung vom 2.3.2006, die dem Kläger am 9.3.2006 zugestellt wurde, auf, die entstandenen Kosten für die Bestattung seiner Schwester in Höhe von insgesamt 1.982,03 Euro (Kosten des Bestatters in Höhe von 1.543,03 Euro und Gebühren des Friedhofs der Kreisstadt A-Stadt in Höhe von 439,00 Euro) zu erstatten. Gleichzeitig erging ein Kostenfestsetzungsbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100, 00 Euro festgesetzt wurden.

Am 30.3.2006 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, es fehle eine Ermächtigungsgrundlage für seine Heranziehung zur Kostenerstattung. § 26 Abs. 1 BestattG sei verfassungswidrig. Die Regelung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil die Kostenlast das älteste Geschwisterteil treffe und diese Differenzierung keinen sachlichen Grund darstelle. Es gebe auch kein Gewohnheitsrecht, wonach immer das älteste Geschwisterteil vor dem jüngeren in Haftung zu nehmen sei. Die maßgebliche Vorschrift des Bestattungsgesetzes verstoße auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie keine Billigkeitsregelung enthalte. Selbst unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 227 AO sei der angegriffene Bescheid rechtswidrig. Zwischen ihm und seiner verstorbenen Schwester habe seit ihrer Kindheit kein familiäres Verhältnis bestanden. Er habe seit 1953 keine persönlichen Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Sie habe ihn stets „drangsaliert“ und ein Leben geführt, das mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen sei. Daher sei es für ihn unerträglich, für sie finanziell einstehen zu sollen.

Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises A-Stadt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8.6.2006 zurück. In der Begründung heißt es im Wesentlichen, ausschlaggebend für die Bestattungspflicht sei allein die Angehörigeneigenschaft. Zwar seien die vom Kläger geäußerten Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 26 BestattG durchaus beachtlich. Mangels Verwerfungskompetenz des Kreisrechtsausschusses sei diese Norm jedoch uneingeschränkt anzuwenden und auf ihrer Grundlage ein Leistungsanspruch des Beklagten gegeben. Da es sich um eine gebundene Norm handele, bestehe auch kein Spielraum, die persönlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Verstorbenen zu berücksichtigen.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 15.6.2006 zugestellt.

Am 3.7.2006 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in seiner Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufzuheben.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug genommen. Auf einen entsprechenden Hinweis des Verwaltungsgerichts, wonach sich die Kostenerhebung auch nach Inkrafttreten des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen Regelung wohl weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG) bestimme, hat er die Auffassung vertreten, § 26 Abs. 2 BestattG sei ein Spezialgesetz. Daher seien die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften nicht einschlägig. Weiterhin hat er auf ein Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 19.10.2004 (1 S 681/04) verwiesen. Darin werde festgestellt, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr diene und Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses sei, das über den Tod hinaus fortwirke. Anders als die familiäre Unterhaltspflicht kenne die Bestattungspflicht keine Ausnahmen. Dies sei durch den Umstand gerechtfertigt, dass innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit keine längeren Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden könnten. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme von der Bestattungspflicht, z.B. bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 74 SGB XII nicht. Außerdem hat er auf zwei Entscheidungen des OVG C-Stadt (in NJW 2000, 3513 f.) und des VG Gießen (in NVwZ-RR 2000, 437 f.) verwiesen. Soweit ein mit der Situation der §§ 1361 Abs. 3 (Herabsetzung des ehelichen Unterhaltsanspruches aus Billigkeitsgründen), 1579 (Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Scheidung der Ehe), 1611 (Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Verwandten) BGB vergleichbarer Fall vorliege, sei mit den zitierten Entscheidungen von einem Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Beerdigungskosten nach § 74 SGB XII durch den Sozialhilfeträger auszugehen. Damit sei in allen Fällen persönlicher Unbilligkeit sichergestellt, dass die Bestattungskosten im Ergebnis nicht vom Bestattungspflichtigen getragen werden müssten. Unter diesen Umständen erscheine die Auferlegung der Bestattungspflicht als solche nicht als unverhältnismäßig. Daher habe eine Härtefallprüfung nicht von Seiten des Ordnungsamtes, sondern durch den Träger der Sozialhilfe zu erfolgen. Auch die Gebührenfestsetzung sei auf der Grundlage der Saarländischen Gebührenordnung rechtmäßig erfolgt.

Der Kläger hat hierauf erwidert, es sei zwischen Primär- und Sekundärebene zu unterscheiden. Die Bestattungspflicht betreffe ausschließlich die Primärebene. Auf der Sekundärebene müsse nach Billigkeitsmaßstäben von einer Kostenerstattungspflicht abgesehen werden. Wenn die Billigkeitsentscheidung vom Träger der Sozialhilfe zu treffen wäre, hätte dies zur Folge, dass zwei unterschiedliche Behörden in derselben Angelegenheit zu entscheiden hätten. Dies sei mit einem einheitlichen Ermessensvorgang nicht in Einklang zu bringen.

Das Sozialamt des Landkreises A-Stadt hat dem Kläger mit Schreiben vom 27.10.2006 mitgeteilt, über seinen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten könne erst endgültig entschieden werden, wenn das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht abgeschlossen sei. Falls das Verwaltungsgericht die Bestattungspflicht des Klägers verneinen würde, stünde ihm nach § 74 SGB XII auch kein Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten zu, da einen solchen nur die nach § 26 Abs. 1 BestattG Verpflichteten haben könnten.

Mit aufgrund der Beratung vom 9.2.2007 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in der Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufgehoben. Zur Begründung ist maßgeblich ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Klägers seien jedenfalls derzeit nicht erfüllt. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus der Friedhofsgebührensatzung der Kreisstadt A-Stadt , denn zur Gebührenzahlung sei nur derjenige verpflichtet, der die Bestattung selbst oder über einen Beauftragten wissentlich und willentlich veranlasst habe, was bei dem Kläger gerade nicht der Fall sei. Auch § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Satz 2 BestattG begründe nicht die Gebührenpflicht, da diese Vorschrift keine eigenständige Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch der Ortspolizeibehörde gegenüber einem Bestattungspflichtigen darstelle. Sie sei nur Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde. Von dieser primären Gefahrenabwehrkompetenz sei jedoch die Frage der Kostenerstattungspflicht auf der Sekundärebene zu trennen. Die Kostenerhebung bestimme sich auch nach Inkrafttreten des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen Regelung weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme. Etwas anderes ergebe sich nicht aus den Worten „auf Kosten“ in § 26 Abs. 2 BestattG. Diese beinhalteten lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme nach § 46 SPolG. Hätte der Gesetzgeber, dem die einschlägige Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte bekannt gewesen sei, eine eigenständige Anspruchsgrundlage im Bestattungsgesetz schaffen wollen, so hätte es bereits aus Gründen der Rechtsklarheit einer präzisen und unmissverständlichen Formulierung als Anspruchsgrundlage bedurft, die dann im Übrigen auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen gehabt hätte und diesen aufgrund seines Verfassungsrangs nicht einfach hätte negieren dürfen. Auf die Frage der Wirksamkeit von § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG komme es daher nicht mehr an. Der angefochtene Leistungsbescheid genüge aber auch nicht den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§ 90 Abs. 1 i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG). Es liege jedenfalls ein Ermessensfehler nach § 114 VwGO vor. Nach der Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte sei grundsätzlich anerkannt, dass die Heranziehung zum Ersatz der Bestattungskosten für den Pflichtigen im Einzelfall eine besondere bzw. grob unbillige Härte bedeuten könne, welche in Analogie zu den §§ 1579, 1611 BGB eine Inanspruchnahme auszuschließen vermöge. Lege man den unstreitigen Vortrag des Klägers zugrunde, erscheine jedoch zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen, dass vorliegend nach der Rechtsprechung von einer derartigen besonderen bzw. grob unbilligen Härte jedenfalls im Sinne von § 20 Satz 1 SGebG i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LHO beziehungsweise § 227 AO auszugehen sein könnte. Dem brauche vorliegend jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, da weder der Ausgangs- noch der Widerspruchsbescheid erkennen lasse, dass die vom Kläger vorgetragenen Härtegründe sachlich gewürdigt worden und die erforderliche Ermessensentscheidung im Rahmen von § 20 SGebG getroffen worden sei. Aus § 74 SGB XII ergebe sich nichts anderes. Nach dieser Vorschrift würden zwar die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden könne, diese zu tragen. Insoweit habe aber bereits das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes mit Urteil vom 25.8.2003 - 2 R 18/03- unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.6.1997 - 5 C 13/96-) zu der im Wesentlichen wortgleichen Vorgängervorschrift des § 15 BSHG entschieden, dass der Sozialhilfeanspruch ersichtlich an das Bestehen der entsprechenden Kostenpflicht anknüpfe.

Gegen das am 21.2.2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12.3.2007 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die er am 16.4.2007 begründet hat. Er ist -entgegen der in dem Urteil des Verwaltungsgerichts vertretenen Auffassung- der Ansicht, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine taugliche Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsbescheid dar. Billigkeits- und Härtefallgesichtspunkte seien im Rahmen der Kostenübernahme vom Träger der Sozialhilfe zu prüfen. Es sei Wille des Gesetzgebers gewesen, mit § 26 Abs. 2 BestattG eine eigene Anspruchsgrundlage zu schaffen. Auch der Umstand, dass diese Vorschrift hätte präziser und unmissverständlicher formuliert werden können, lasse nicht den Schluss zu, dass sie keine Rechtsgrundlage darstelle. Aus dem Wortlaut der Norm ergebe sich, dass es sich um eine Anspruchsgrundlage handele. Auch die Systematik dieser Vorschrift spreche für den Charakter als Rechtsgrundlage. Die Regelung sei vergleichbar mit der zivilrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag. Auch aus dem Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 BestattG ergebe sich, dass es sich bei Absatz 2 der Vorschrift um eine eigenständige Rechtsgrundlage handele. Dort sei nämlich ausdrücklich von einer rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Verpflichtung zur Kostenübernahme die Rede.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes (Az.: 11 K 50/06) vom 9.2.2007 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine Ermächtigungsgrundlage lediglich für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Eine Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung beinhalte diese Regelung jedoch nicht. Außerdem sei die Bestimmung verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber von einer Billigkeitsregelung abgesehen habe. Im Übrigen nimmt er Bezug auf seine bisherigen Ausführungen und macht sich die Urteilsbegründung zu Eigen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung über die Berufung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Band), des Kreisrechtsausschusses (1 Band) und des Sozialamtes des Landkreises A-Stadt (1 Band) Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung war.

Entscheidungsgründe

Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz - BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs. 3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst.

Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.

Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991

Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,

eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte

vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.

Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“

Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in Rheinland-Pfalz -

vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz

nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge- der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie, Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist. Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede auf

vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).

Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten (z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach dem Alter der Person richtet

ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.

Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.

Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf), soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird

vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (Willkürverbot)

BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).

Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R. siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien (z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942 ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1 GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.

Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst

vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.

Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.

Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt, entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen

vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen

oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem Landesvollstreckungsrecht verlangen

vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.

Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung

in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.

Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert

so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.

Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl. Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“

Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.

Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..

Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.

§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.

Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2 HaftpflichtG).

Der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,

hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt (Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG). Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist

vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..

Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG) unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79 BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist

Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.

Das Bundesverwaltungsgericht

Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,

hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele, der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch Kostenentlastung verwandelt

vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).

Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann

vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.

Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet

vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..

Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.

Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.

Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.

Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird

vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe

Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,

die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet

u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.

Das OVG Münster

Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,

hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre, unterbleiben müsse.

Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611 Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen

vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.

Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,

in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von § 15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist, festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht (mehr) einschlägig.

Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt (vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in Rechnung gestellt werden dürfen

Gaedke, a.a.O., S. 117.

Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).

Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz - BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs. 3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst.

Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.

Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991

Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,

eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte

vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.

Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“

Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in Rheinland-Pfalz -

vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz

nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge- der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie, Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist. Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede auf

vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).

Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten (z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach dem Alter der Person richtet

ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.

Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.

Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf), soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird

vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (Willkürverbot)

BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).

Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R. siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien (z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942 ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1 GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.

Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst

vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.

Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.

Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt, entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen

vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen

oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem Landesvollstreckungsrecht verlangen

vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.

Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung

in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.

Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert

so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.

Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl. Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“

Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.

Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..

Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.

§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.

Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2 HaftpflichtG).

Der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,

hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt (Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG). Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist

vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..

Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG) unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79 BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist

Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.

Das Bundesverwaltungsgericht

Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,

hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele, der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch Kostenentlastung verwandelt

vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).

Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann

vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.

Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet

vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..

Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.

Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.

Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.

Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird

vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe

Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,

die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet

u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.

Das OVG Münster

Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,

hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre, unterbleiben müsse.

Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611 Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen

vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.

Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,

in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von § 15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist, festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht (mehr) einschlägig.

Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt (vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in Rechnung gestellt werden dürfen

Gaedke, a.a.O., S. 117.

Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).

Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004 durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde und dass die aus dem Bescheid vom 02.09.2004 abgeleitete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters rechtswidrig war.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Bestattungskosten ihres Vaters.
Die Klägerin ist die Tochter des am 20.04.2004 Verstorbenen (...), der noch einen Sohn (...) hinterlässt. Durch Urteil des Landgerichts Konstanz (...) wurde der Verstorbene wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes, der Klägerin im Alter von vier Jahren, rechtskräftig verurteilt.
Mit Leistungsbescheid vom 02.09.2004 wurde der Klägerin aufgegeben, der Stadt Mannheim die Kosten der Bestattung von ... kraft öffentlichen Rechts im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft mit ... in Höhe von EUR 2.110,53 zu erstatten. Der Bescheid wurde ihrem damaligen Bevollmächtigten (...) mit Postzustellungsurkunde am 10.09.2004 zugestellt. Eine schriftliche Vollmacht für die „Vertretung in der Nachlassangelegenheit ...“ vom 07.05.2004 lag beim Notariat - VIII Mannheim - Nachlassgericht unter dem Geschäftszeichen .... Am 02.09.2004 erging auch ein Leistungsbescheid an ihren Bruder.
Nachdem die Vollstreckung ergebnislos verlief, teilte der neue Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 30.01.2006 unter „Bezug auf die heute geführten Telefonate“ mit, „wir kamen überein, dass der Bescheid vom 02.04.2004 ... nicht wirksam“ der Klägerin „zugestellt wurde“; die Vollstreckung sei deshalb unzulässig.
Daraufhin erließ die Beklagte (Friedhöfe Mannheim) am 30.01.2006 einen (zweiten) Leistungsbescheid, in dem der Klägerin aufgegeben wurde, der Stadt Mannheim die Kosten der Bestattung von ... im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft mit ... in Höhe von 2.110,53 EUR zu erstatten. Des Weiteren wurde darin eine Zahlungsfrist bis spätestens zum 28.02.2006 gesetzt. Zur Begründung ist ausgeführt, sie sei als Tochter des Verstorbenen gesamtschuldnerisch mit ihrem Bruder dazu verpflichtet, den Friedhöfen Mannheim die Bestattungskosten zu erstatten. Die Verfügung wurde der Klägerin am 03.02.2006 zugestellt. Mit dem am 09.02.2006 eingegangenen Widerspruch vom 07.02.2006 „gegen den Bescheid vom 30.01.2006“ machte die Klägerin geltend: Der Erlass des Bescheides sei unzulässig, weil ein gleichlautender Bescheid bereits am 02.09.2004 erlassen und bislang nicht zurückgenommen worden sei. Die Höhe der Kosten sei unverhältnismäßig. Schließlich liege ein Verstoß gegen das Auswahlermessen vor. Der Verstorbene habe sie als vierjähriges Kind sexuell missbraucht. Noch heute leide sie unter den verübten Straftaten des Verstorbenen. Es sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar, sie zu den Beerdigungskosten für eine Person heranzuziehen, welche an ihr Straftaten gemäß § 176 StGB verübt habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2006 hob das Regierungspräsidium Karlsruhe den Leistungsbescheid der Stadt Mannheim vom 30.01.2006 auf. Zugleich traf es folgende Feststellung: Der gleichlautende Bescheid vom 02.09.2004 ist rechtmäßig und bestandskräftig. Zur Begründung ist ausgeführt: Rechtsgrundlage für die Rücknahme sei § 48 Abs. 1 LVwVfG. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 29.04.2006 zugestellt.
Am 22.05.2006 hat die Klägerin Klage erhoben; in der mündlichen Verhandlung beantragte sie,
festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004 durch deren Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde und dass der Bescheid vom 02.09.2004 rechtswidrig war.
Zur Begründung trägt sie ergänzend vor: Streitgegenstand sei ausschließlich gewesen, dass bereits ein gleich lautender Bescheid, nämlich jener vom 02.09.2004, bestanden habe. Der Bescheid vom 02.09.2004 sei ... nicht wirksam zugestellt worden.
10 
In der mündlichen Verhandlung trug der Vertreter der Klägerin vor, aufgrund der Verurteilung ihres Vaters sei die Ehe ihrer Eltern letztlich geschieden worden. Das Sorgerecht für die Klägerin sei mit Beschluss des Amtsgerichts Konstanz vom 07.10.1976 an die Mutter übertragen worden, die sie, die Klägerin, in der Folgezeit in ein Kinderheim abgegeben habe, in dem sie bis zu ihrer Volljährigkeit gelebt habe. Mit dem Vater sei es zu keinerlei Kontakt mehr gekommen, mit ihrer Mutter nur sporadisch; ihre Mutter weise ihr die „Schuld“ zu. Sie leide heute noch unter den Folgen des Sexualdelikts und des Auseinanderbrechens der Familie. Jede Berührung mit dem Geschehen belaste sie.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Sie ist der Ansicht, die Klägerin sei zu Recht zu den Kosten der Bestattung ihres Vaters herangezogen worden. Die Regelungen über die Bestattungspflicht und die daraus folgende Kostentragungspflicht seien mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch insoweit vereinbar, als sie keine Ausnahme vorsehen, wenn die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheine. Insoweit werde auf die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Urt. v. 19.10.2004 - 1 S 681/04 -) verwiesen. § 15 BSHG bzw. nunmehr § 74 SGB XII stelle hinsichtlich der Kostentragungspflicht für Bestattungskosten eine einfach gesetzliche Ausformung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar.
14 
Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten der Beklagten (1 Heft) einschließlich der Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe (1 Heft) vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf deren Inhalt und den der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist zulässig und begründet.
16 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter einem Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind „die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm (des öffentlichen Rechts) sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder einer Sache“ zu verstehen (Kopp/ Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Aufl., § 43 Rdnr. 11 m.w.N.). Die Feststellung der Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes kann mit der Klage nach § 43 VwGO ebenso wenig begehrt werden wie die Klärung der Frage, ob überhaupt ein Verwaltungsakt vorliegt. Grundsätzlich nicht ausgeschlossen wird durch § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO im Hinblick auf die Möglichkeit des Rechtsschutzes gegen einen Verwaltungsakt eine Klage, die nicht die Berechtigung zu dessen Erlass zum Gegenstand hat, sondern ein durch den Verwaltungsakt begründetes, verändertes oder aufgehobenes Rechtsverhältnis. Ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts kann jederzeit dahin ausgelegt werden, die Rechtswidrigkeit der aufgrund des Verwaltungsakts den Betroffenen treffenden Belastungen festzustellen (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 7, 11, 26, 31 m.w.N.; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 43 Rdnr. 16; Pietzcker in: Schoch/Schmitt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 13. Aufl., 2006, § 43 VwGO Rdnr. 46 m.w.N.). Es kann auch die Frage der Unzulässigkeit der Vollstreckung eines inzwischen erledigten Grundverwaltungsakts begehrt werden, da mit der Anfechtung des Grundverwaltungsakts nicht seine Erledigung geltend gemacht werden kann (Pietzcker, a.a.O., § 43 Rdnr. 46 f.; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 26).
17 
Im vorliegenden Verfahren besteht Streit darüber, ob der erste Leistungsbescheid vom 02.09.2004 überhaupt wirksam zugestellt und damit wirksam (§ 43 Abs. 1 u. 2 LVwVfG) wurde und falls ja, ob er durch einen zweiten Leistungsbescheid (vom 30.01.2006) aufgehoben wurde und deshalb von der Beklagten nicht mehr als Vollstreckungsgrundlage gegen die Klägerin herangezogen werden kann. In der Sache geht es den Beteiligten darum, ob die Kostentragungspflicht aus dem Leistungsbescheid vom 02.09.2004 rechtmäßig ist. Der erste Teil des Feststellungsantrags betrifft die Frage der Wirksamkeit (§§ 41, 43 Abs. 1 u. 2 LVwVfG) und die des Fortbestehens des Bescheids vom 02.09.2004, der wegen der Aufhebung des zweiten Leistungsbescheids (v. 30.01.2006) durch den Widerspruchsbescheid als alleinige Vollstreckungsgrundlage in Betracht kommt. Letztlich geht es um das feststellungsfähige Rechtsverhältnis, ob die Erstattungspflicht durch den Bescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist, was insbesondere dessen ordnungsgemäße Zustellung voraussetzt, und ob eine Erstattungspflicht aufgrund dieses Bescheids fortbesteht oder durch den zweiten Bescheid (v. 30.01.2006) aufgehoben wurde. Wegen der Aufhebung des Leistungsbescheides vom 30.01.2006 durch den Widerspruchsbescheid ist unter den Beteiligten klärungsbedürftig, ob die sich aus dem Bescheid vom 02.09.2004 ergebende Kostentragungspflicht der Klägerin (zu Recht) fortbesteht, weil die Beklagte daraus zu vollstrecken beabsichtigt.
18 
Der Antrag auf Feststellung, dass der Bescheid vom 02.09.2004 rechtmäßig ist, ist mit Rücksicht auf die Spezialität der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) in einen Antrag auf Feststellung auszulegen (§ 88 VwGO), dass die im Bescheid vom 02.09.2004 festgesetzte Kostentragungspflicht für die Bestattungskosten ihres Vaters rechtswidrig ist.
19 
Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung dieser Rechtsverhältnisse. Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere gegeben, wenn die Rechtslage unklar ist, die zuständige Behörde insoweit anderer Auffassung als der Kläger ist und der Kläger sein künftiges Verhalten an der Feststellung orientieren will, oder er Grund zur Besorgnis der Gefährdung seiner Rechte hat (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 24 m.w.N.). Ein Interesse daran, festzustellen, ob der Erstbescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist und noch fortbesteht oder durch den (zweiten) Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde, besteht deshalb, weil die Beklagte, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht hat, nach wie vor diesen Bescheid als wirksam zugestellt wertet und daraus gegen die Klägerin auch künftig zu vollstrecken beabsichtigt. In dieser Ansicht sieht sich die Beklagte durch Ziff. 1 des Tenors im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.04.2006 bestätigt, mit dem der (zweite) (Leistungs-)Bescheid vom 30.01.2006 aufgehoben und die Rechtmäßigkeit des (ersten) Leistungsbescheids vom 02.09.2004 bestätigt wurde. Ein Interesse daran, zu klären, ob der Erstbescheid vom 02.09.2004 durch den (zweiten) Bescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde, besteht - trotz und wegen der Aufhebung des die Klägerin belastenden Teils des zweiten Leistungsbescheids durch den Widerspruchsbescheid - deshalb, weil die Klägerin mit dem Erlass eines neuen Leistungsbescheids rechnen müsste, wenn der erste Leistungsbescheid (v. 02.09.2004) nicht (mehr) mehr fortbestehen würde und deshalb keine wirksame Vollstreckungsgrundlage wäre. Wenn der zweite Bescheid vom 30.01.2006 den ersten Bescheid aufgehoben hätte, wäre dieser die Klägerin begünstigende Teil des zweiten Bescheids von der Widerspruchsbehörde nicht aufgehoben worden.
20 
Die Rechtsunsicherheit bezüglich der Vollstreckungsgrundlage rechtfertigt es auch, ein Feststellungsinteresse für den Antrag zu bejahen, festzustellen, ob die sich aus dem Bescheid vom 02.09.2004 ergebende Kostentragungspflicht der Klägerin rechtswidrig oder rechtmäßig war. Für die Vollstreckung ist zwar nur ein wirksamer Grundverwaltungsakt erforderlich, auf dessen Rechtmäßigkeit kommt es nicht an. Um weitere Rechtsstreitigkeiten in der Vollstreckung zu vermeiden, ist es aber sachdienlich, die unter den Beteiligten streitige Kostentragungspflicht aus dem Bescheid vom 02.09.2004 im Wege der Feststellungsklage zu klären. Es soll geklärt werden, ob ein neuer inhaltsgleicher Bescheid erlassen werden könnte, falls der Erstbescheid nicht mehr besteht.
21 
Dem Feststellungsantrag steht § 43 Abs. 2 VwGO nicht entgegen. Die Spezialität der Anfechtungsklage tritt nur hervor, wenn sich die Feststellungsklage unmittelbar gegen den Verwaltungsakt richtet. Insoweit sind nur Gesichtspunkte der Subsidiarität oder der Umgehung der Vorschriften der Anfechtungsklage von Bedeutung (Schoch/Schmitt-Aßmann/ Pietzner, a.a.O., § 43 Rdnr. 46 f.; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 26, § 167 Rdnr. 19 m.w.N.). Wie bereits ausgeführt, richtet sich der Feststellungsantrag bei sachdienlicher Auslegung (§ 88 VwGO) nicht gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 02.09.2004. Der Erstbescheid vom 02.09.2004 hätte zwar nach Einlegung eines Widerspruchs angefochten werden können. Nach Ergehen des zweiten Bescheides vom 30.01.2006 war dies aber entbehrlich, und zwar ungeachtet einer eventuellen Aufhebung des Bescheids vom 02.09.2004 durch den zweiten Bescheid, weil in der Folgezeit unter den Beteiligten die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides vom 30.01.2006 streitig war, gegen den die Klägerin am 07.02.2006 Widerspruch einlegte, woraufhin dieser mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2006 aufgehoben wurde. Hierdurch und durch die weitere Feststellung im Widerspruchsbescheid, der Bescheid vom 02.09.2004 sei rechtmäßig und bestandskräftig, entstand erneut Streit darüber, ob der (erste) Bescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist und, falls ja, ob er durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde und ob ersterer eine geeignete Vollstreckungsgrundlage bietet oder aus Sicht der Beklagten gar der Erlass eines neuen Leistungsbescheids geboten ist bzw. dies aus Sicht der Klägerin zu befürchten ist. Eine Umgehung der Vorschriften der Anfechtungsklage ist darin nicht zu sehen.
22 
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004 ist ordnungsgemäß zugestellt worden und wirksam geworden (1.). Er wurde durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben (2.). Die im Bescheid vom 02.09.2004 angeordnete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig (3.).
23 
1. Wie bereits im Beschluss des erkennenden Gerichts über die Gewährung von Prozesskostenhilfe vom 21.11.2006 ausgeführt worden ist, wurde der Bescheid vom 02.09.2004 ordnungsgemäß dem ehemaligen Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt, womit er wirksam geworden ist (§ 43 Abs. 1 S. 1 LVwVfG). Nach § 8 Abs. 1 S. 1 LVwZG können Zustellungen an den allgemein oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Vertreter gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat (S. 2). Der Wortlaut von S. 2 dieser Vorschrift und ihr Schutzzweck sind auch in Fällen wie hier erfüllt, wenn der Bevollmächtigte die schriftliche Vollmacht zwar nicht bei der die streitige Zustellung veranlassenden Behörde vorgelegt hat, sondern bei einer anderen Behörde, und erstere aufgrund anderer Anhaltspunkte, insbesondere eines Hinweises des Bevollmächtigten Kenntnis von der schriftlichen Vollmacht hat. Der Schutzzweck des § 8 Abs. 1 S. 2 LVwVfG geht dahin, die Partei vor Zustellungen zu schützen, wenn sie einem Bevollmächtigten schriftliche Vollmacht erteilt hat und der Behörde dies durch Vorlage der schriftlichen Vollmacht bekannt ist. Dieser Schutzzweck ist auch dann erfüllt, wenn überhaupt eine schriftliche Vollmacht für das Verfahren vorliegt, in dem die Zustellung bewirkt werden soll, die schriftliche Vollmacht bei einer Behörde oder wie hier bei einem Notariat vorgelegt wird und die die Zustellung veranlassende Behörde aufgrund äußerer Umstände auf das Vorhandensein einer schriftlichen Vollmacht schließen konnte. Letzteres ist hier der Fall. Beim Notariat - VIII Mannheim - Nachlassgericht lag unter der Geschäftsnummer ... eine schriftliche Vollmacht der Klägerin vom 07.05.2004 für ... „in der Nachlassangelegenheit ...“ vor. Diese Vollmacht bezieht sich nach ihrem Sinn und Zweck auf alle Verfahren, die mit der „Nachlassangelegenheit“ des Vaters der Klägerin zusammenhängen, auch auf das Verfahren wegen der Heranziehung zu den Bestattungskosten. In der Vollmacht ist ausdrücklich ausgeführt, sie umfasse insbesondere die Befugnis, Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen. Waren hiernach Wortlaut und Schutzzweck des § 8 Abs. 1 S. 2 LVwVfG gewahrt, so musste die Zustellung an den damaligen Bevollmächtigten (...) erfolgen. Der Bescheid vom 02.09.2004 ist durch die nach Aktenlage ordnungsgemäß erfolgte Zustellung an ... wirksam geworden (§ 43 Abs. 1 S. 1 LVwVfG).
24 
2. Durch Bescheid vom 30.01.2006 wurde der Erstbescheid vom 02.09.2004 konkludent aufgehoben, auch wenn dies nicht ausdrücklich aus dem (zweiten) Leistungsbescheid vom 30.01.2006 hervorgeht. Die Aufhebung des ersten Bescheids hätte zwar durch einen Hinweis auf § 48 LVwVfG ausdrücklich zum Ausdruck gebracht werden können, was mit keinem Wort geschehen ist, weder im Bescheid noch in sonstiger Weise, etwa durch Aktenvermerke. Für die Auslegung von Willensäußerungen der Verwaltung, auch in Form von Verwaltungsakten, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gemäß der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB nicht der innere, sondern der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.1980 - 6 C 55/79 - unter Hinweis auf BVerwGE 29, 310 ff.; 41, 305 ff.). Unklarheiten müssen hierbei zu Lasten der Verwaltung gehen (vgl. BVerwGE 41, 305, 306; 48, 279, 281 f.). Für den Empfängerhorizont erkennbare Anhaltspunkte dafür, dass der als „Leistungsbescheid“ gekennzeichnete Bescheid vom 30.01.2006 die Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters eigenständig und damit neu regelt, ergeben sich aus den aktualisierten Daten im „Leistungsbescheid“ vom „30.01.2006“, der Zahlungsfrist bis „spätestens 28.02.2006“ sowie aus dem per Telefax an die Friedhöfe Mannheim übermittelten Schreiben des zweiten Bevollmächtigten der Klägerin vom 30.01.2006. Aus letzterem geht hervor, dass im Hinblick auf die Rechtsunsicherheit über den Bestand des Bescheids vom 02.09.2004 und der drohenden Vollstreckung am Tage des Erlasses des Leistungsbescheids vom 30.01.2006 Telefongespräche stattfanden und man dabei „übereinkam“, wie es im Schreiben vom 30.01.2006 heißt, „dass der Bescheid vom 02.09.2004, welcher Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens gegen unsere Mandantin ist, nicht wirksam an unsere Mandantin zugestellt wurde“. Um die Rechtsunsicherheit über die ordnungsgemäße Zustellung des Erstbescheids auszuräumen, erließ die Beklagte einen Leistungsbescheid unter dem Datum vom „30.01.2006“, mit dem inhaltsgleich mit dem Erstbescheid der Klägerin aufgegeben wurde, der Stadt Mannheim die Kosten der Bestattung ihres Vaters in Höhe von 2.110,53 EUR zu erstatten. In Abänderung zum Ausgangsbescheid wurde eine neue Zahlungsfrist festgesetzt, nämlich bis spätestens zum 28.02.2006. Die Begründung ist inhaltlich gleich wie im Erstbescheid. Vor dem Hintergrund der Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit (§ 43 Abs. 1 LVwVfG) des (ersten) Bescheids vom 02.09.2004 und mit Rücksicht auf die aktualisierten Daten des Erlasses und der Zahlungsfrist im Leistungsbescheid vom „30.01.2006“, ist der Leistungsbescheid vom 30.01.2006 von dem für die Auslegung maßgeblichen Empfängerhorizont aus nur dahin zu verstehen, dass damit eine neue Zahlungspflicht begründet und der Erstbescheid (v. 02.09.2004) konkludent aufgehoben wurde. Von der Möglichkeit, den Erstbescheid neu zuzustellen, hat die Beklagte abgesehen.
25 
3. Die im Gebührenbescheid vom 02.09.2004 festgesetzte Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig.
26 
Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs ist § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG. Danach haften die Bestattungspflichtigen in der in § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG genannten Reihenfolge ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles, die eine Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen als Härte erscheinen lassen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004 - 1 S 681/04 - m.w.N.). Für die Kostentragungspflicht kommt es nicht auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen an, da die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten zu tragen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., m.w.N.).
27 
Nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg verstoßen die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht auch insoweit nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O.,). Diese Auffassung teilt das erkennende Gericht im Grundsatz.
28 
Ein Leistungsbescheid auf der Grundlage der § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG muss sich aber in jedem Einzelfall wie jeder andere belastende Verwaltungsakt am verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfGE 19, 342ff.) messen lassen. Er kann im Einzelfall trotz gesetzlicher Ausgleichsansprüche, die im Einzelfall die persönlichen Verhältnisse zwischen dem Verstorbenen und dem Pflichtigen berücksichtigen, unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig sein. Demgegenüber kann nicht unter Hinweis auf § 15 BSHG a.F. bzw. § 74 SGB XII i.d.F. v. 27.12.2003, gültig ab 01.01.2005 (BGBl. I. S. 3022), eingewendet werden, ein Anspruch nach diesen Bestimmungen sei hinsichtlich der Kostentragungspflicht für Bestattungskosten eine einfach gesetzliche Ausformung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der für die Kostentragungspflicht nach § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG keinen Raum mehr für eine darüber hinausgehende Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulasse. In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, bestand nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Das selbe regelt § 74 SGB XII in der ab 01.01.2005 gültigen Fassung vom 27.12.2003. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des § 11 BSHG war. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet. Der Anspruch aus § 15 BSHG sollte eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Wie das Kriterium der „Zumutbarkeit“ zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche Notlage des „Verpflichteten“ behoben werden, vielmehr wird an die „fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger“ angeknüpft, deren Maß von der nach der Besonderheit des Einzelfalles zu beurteilenden Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hier zu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der „Zumutbarkeit“ im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (BVerwG, Urt. v. 29.01.2004 - 5 C 2/03 - ; BVerwGE 116, 287 - 290). Im vorliegenden Fall bestehen unter Umständen Ausgleichsansprüche der Klägerin gegen ihren Bruder, weshalb ein Anspruch der Klägerin aus § 15 BSHG bzw. § 74 SGB XII mittlerweile von der Beklagten abgelehnt wurde. § 74 SGB XII gewährt aber nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten, sondern sieht von vornherein die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vor. Deshalb kann ein etwaiger Anspruchsinhaber nicht auf einen „vermutlich“ bestehenden, aber ungewissen Anspruch aus § 74 SGB XII verwiesen werden (OVG Saarland, Urt. v. 25.08.2003 - 2 R 18/03 - ). Ein auf § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG beruhender Leistungsbescheid kann deshalb im Einzelfall trotz der gesetzlichen Regelung von Ausgleichsansprüchen unverhältnismäßig sein (OVG Saarland, Urt. v. 25.08.2003 - 2 R 18/03 - ; vgl. VG Stade, Urt. v. 27.07.2006 - 1 A 539/05 - ; im Ergebnis ebenso OVG NW, Beschl. v. 02.02.1996 - 19 A 3802/95 -, NVwZ-RR 1997, 99 ff.; a.A. für Bayerisches Landesrecht VG Ansbach, Urt. v. 07.07.2005 - AN 4 K 05.02104 - ).
29 
Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss jede Einschränkung des Grundrechts in materieller Hinsicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (BVerfGE 75, 108 <154 f.>; 80, 137 <153>; 90, 145 <172>). Voraussetzung hierfür ist, dass sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich sind und eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe ergibt, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (BVerfGE 68, 155 <171>; 71, 183 <196 f.>; 72, 26 <31>; 77, 308 <332>; 81, 156 <189>). Grundrechtseingriffe dürfen nicht weiter gehen als es ihr Grund, der Schutz des Gemeinwohls, erfordert (vgl. BVerfGE 20, 351 <361>; 52, 1 <29 f.>), und sie dürfen insbesondere auch nicht im Blick auf den Regelungszweck zu einer übermäßigen Belastung führen (BVerfGE 110, 1, 33 ff.).
30 
Gründe des Allgemeinwohls rechtfertigen es zwar grundsätzlich, die Bestattungs- und Kostentragungspflicht ohne Rücksicht auf die familiären Verhältnisse zu regeln, solange ein Bestattungspflichtiger für die Kostentragung erreichbar ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O.,). Die Bestattungspflicht dient in erster Linie der Gefahrenabwehr und lässt damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen zu. Vielmehr müssen objektive Maßstäbe eingreifen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge sowie die daran anknüpfende Kostentragungspflicht beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden öffentlich-rechtlichen Rechtsgrund (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 19.08.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Dieser rechtfertigt es grundsätzlich, die Kosten der Bestattung dem nach Landesrecht Pflichtigen aufzuerlegen und nicht andere, insbesondere die öffentliche Hand damit zu belasten. Der Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr gebietet aber nicht ausnahmslos, den zur Gefahrenabwehr Verpflichteten auch mit den entstandenen Kosten zu belasten, wenn die Kostentragung für ihn unzumutbar ist.
31 
Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles kann das Interesse des Bestattungspflichtigen, von der Heranziehung zu den Bestattungskosten verschont zu bleiben, so gewichtig sein, dass es das öffentliche Interesse an der ausnahmslosen Bestattungs- und Kostentragungspflicht überwiegt. Dies ist dann der Fall, wenn der Bestattungspflichtige durch die Heranziehung zu den Bestattungskosten unzumutbar belastet wird. Unzumutbar ist eine durch Leistungsbescheid festgesetzte Kostentragungspflicht für das Opfer eines vom Bestatteten begangenen Sexualdelikts dann, wenn das Opfer durch die Kostentragungspflicht in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG unangemessen belastet wird oder die auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhende konkrete Gefahr besteht, dass das Opfer eines Sexualdelikts durch den Erlass eines Leistungsbescheids in einem Fall wie hier in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 1 S. 1 GG) verletzt wird. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles.
32 
Solche besonderen Umstände sind hier gegeben. Der Leistungsbescheid vom 02.09.2004 stellt aufgrund der Besonderheiten des Falles eine unverhältnismäßige Belastung der Klägerin in ihrer Rechtsstellung aus Art. 2 Abs. 1 S. 1 GG dar, die durch das mit der gesetzlichen Regelung der Kostentragungspflicht verbundene Ziel der §§ 37 Abs. 1, 31, 21 BestattG nicht mehr gerechtfertigt ist. Die Klägerin war im Alter von vier Jahren Opfer eines von ihrem verstorbenen Vater begangenen Sexualdelikts. Sie hatte seit der Tat keinerlei Kontakt mehr zu ihrem Vater und es gibt keinerlei Anzeichen für eine Aussöhnung zwischen Opfer und Täter oder eine wie auch immer geartete, gegebenenfalls nur auf Seiten des Opfers feststellbare, Befriedung der Folgen der Straftat und der familiären Verhältnisse. Die Unverhältnismäßigkeit lässt sich nicht deshalb verneinen, weil bereits geraume Zeit seit Begehung der Straftat vergangen ist, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine Aussöhnung oder Befriedung vorliegen und plausible Gründe dafür geltend gemacht werden, dass das Opfer durch den Erlass des Leistungsbescheids unverhältnismäßig schwer belastet wird, weil es zu den Kosten der Bestattung für den Täter herangezogen wird. Die Klägerin war im Alter von vier Jahren nicht nur Opfer eines von ihrem Vater begangenen Sexualdelikts, sie trafen auch die weiteren Folgen daraus, sie verlor hierdurch ihre Familie. Die Ehe ihrer Eltern wurde in der Folgezeit geschieden und sie wurde von ihrer allein erziehungsberechtigten Mutter in ein Kinderheim gegeben, in dem sie bis zu ihrer Volljährigkeit lebte. Mit ihrem Vater hatte sie nach dessen Verurteilung keinerlei Kontakt mehr, mit ihrer Mutter ihrem glaubhaften Vorbringen zufolge „nur sporadisch“. Eine Aussöhnung zwischen Opfer und Täter gab es nicht, auch keine dahingehenden Versuche eines der Beteiligten. Die Klägerin ließ durch ihren Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vortragen, jegliche Berührung mit dem begangenen Sexualdelikt, auch die Klärung ihrer Pflicht zur Kostentragung durch das Gericht, belaste sie schwer; dies ist nachvollziehbar und bedarf keiner weiteren Beweiserhebung. Als nachteilige Folgen des Sexualdelikts betrachtet sie auch ihre unzureichenden Ausbildungschancen und ihre derzeitige Arbeitslosigkeit. Die geltend gemachte Belastung hinderte sie den Angaben ihres Vertreters zufolge auch daran, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Aufgrund dieser Besonderheiten ist der auf die §§ 31, 21 BestattG gestützte Leistungsbescheid vom 02.09.2004 unverhältnismäßig und rechtswidrig. Die daraus abgeleitete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig. Dem diesbezüglichen Feststellungsantrag war stattzugeben.
33 
Es bedarf deshalb keiner Entscheidung darüber, ob der Gebührenbescheid gegen Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verstößt oder deshalb unverhältnismäßig ist, weil er wegen der Missachtung des zerrütteten Verhältnisses zwischen dem Bestatteten und dem an sich Kostentragungspflichtigen Ausdruck einer Behandlung ist, die die Subjektqualität des Kostentragungspflichtigen prinzipiell in Frage stellt, oder weil in der Behandlung im konkreten Fall eine willkürliche Missachtung der Würde des Menschen liegt (BVerfG, Urt. v. 15.02.2006 - 1 BvR 357/05 -, NJW 2006, 751 ff. m.w.N.; BVerfGE 30, 1 <26>).
34 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
35 
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 i.V.m. § 124a Abs. 1 VwGO gegeben ist.
36 
Beschluss
37 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf EUR 2.110,53 festgesetzt.
38 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Gründe

 
15 
Die Klage ist zulässig und begründet.
16 
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter einem Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind „die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm (des öffentlichen Rechts) sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder einer Sache“ zu verstehen (Kopp/ Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Aufl., § 43 Rdnr. 11 m.w.N.). Die Feststellung der Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes kann mit der Klage nach § 43 VwGO ebenso wenig begehrt werden wie die Klärung der Frage, ob überhaupt ein Verwaltungsakt vorliegt. Grundsätzlich nicht ausgeschlossen wird durch § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO im Hinblick auf die Möglichkeit des Rechtsschutzes gegen einen Verwaltungsakt eine Klage, die nicht die Berechtigung zu dessen Erlass zum Gegenstand hat, sondern ein durch den Verwaltungsakt begründetes, verändertes oder aufgehobenes Rechtsverhältnis. Ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts kann jederzeit dahin ausgelegt werden, die Rechtswidrigkeit der aufgrund des Verwaltungsakts den Betroffenen treffenden Belastungen festzustellen (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 7, 11, 26, 31 m.w.N.; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 43 Rdnr. 16; Pietzcker in: Schoch/Schmitt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 13. Aufl., 2006, § 43 VwGO Rdnr. 46 m.w.N.). Es kann auch die Frage der Unzulässigkeit der Vollstreckung eines inzwischen erledigten Grundverwaltungsakts begehrt werden, da mit der Anfechtung des Grundverwaltungsakts nicht seine Erledigung geltend gemacht werden kann (Pietzcker, a.a.O., § 43 Rdnr. 46 f.; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 26).
17 
Im vorliegenden Verfahren besteht Streit darüber, ob der erste Leistungsbescheid vom 02.09.2004 überhaupt wirksam zugestellt und damit wirksam (§ 43 Abs. 1 u. 2 LVwVfG) wurde und falls ja, ob er durch einen zweiten Leistungsbescheid (vom 30.01.2006) aufgehoben wurde und deshalb von der Beklagten nicht mehr als Vollstreckungsgrundlage gegen die Klägerin herangezogen werden kann. In der Sache geht es den Beteiligten darum, ob die Kostentragungspflicht aus dem Leistungsbescheid vom 02.09.2004 rechtmäßig ist. Der erste Teil des Feststellungsantrags betrifft die Frage der Wirksamkeit (§§ 41, 43 Abs. 1 u. 2 LVwVfG) und die des Fortbestehens des Bescheids vom 02.09.2004, der wegen der Aufhebung des zweiten Leistungsbescheids (v. 30.01.2006) durch den Widerspruchsbescheid als alleinige Vollstreckungsgrundlage in Betracht kommt. Letztlich geht es um das feststellungsfähige Rechtsverhältnis, ob die Erstattungspflicht durch den Bescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist, was insbesondere dessen ordnungsgemäße Zustellung voraussetzt, und ob eine Erstattungspflicht aufgrund dieses Bescheids fortbesteht oder durch den zweiten Bescheid (v. 30.01.2006) aufgehoben wurde. Wegen der Aufhebung des Leistungsbescheides vom 30.01.2006 durch den Widerspruchsbescheid ist unter den Beteiligten klärungsbedürftig, ob die sich aus dem Bescheid vom 02.09.2004 ergebende Kostentragungspflicht der Klägerin (zu Recht) fortbesteht, weil die Beklagte daraus zu vollstrecken beabsichtigt.
18 
Der Antrag auf Feststellung, dass der Bescheid vom 02.09.2004 rechtmäßig ist, ist mit Rücksicht auf die Spezialität der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) in einen Antrag auf Feststellung auszulegen (§ 88 VwGO), dass die im Bescheid vom 02.09.2004 festgesetzte Kostentragungspflicht für die Bestattungskosten ihres Vaters rechtswidrig ist.
19 
Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung dieser Rechtsverhältnisse. Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere gegeben, wenn die Rechtslage unklar ist, die zuständige Behörde insoweit anderer Auffassung als der Kläger ist und der Kläger sein künftiges Verhalten an der Feststellung orientieren will, oder er Grund zur Besorgnis der Gefährdung seiner Rechte hat (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 24 m.w.N.). Ein Interesse daran, festzustellen, ob der Erstbescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist und noch fortbesteht oder durch den (zweiten) Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde, besteht deshalb, weil die Beklagte, wie ihr Vertreter in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht hat, nach wie vor diesen Bescheid als wirksam zugestellt wertet und daraus gegen die Klägerin auch künftig zu vollstrecken beabsichtigt. In dieser Ansicht sieht sich die Beklagte durch Ziff. 1 des Tenors im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27.04.2006 bestätigt, mit dem der (zweite) (Leistungs-)Bescheid vom 30.01.2006 aufgehoben und die Rechtmäßigkeit des (ersten) Leistungsbescheids vom 02.09.2004 bestätigt wurde. Ein Interesse daran, zu klären, ob der Erstbescheid vom 02.09.2004 durch den (zweiten) Bescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde, besteht - trotz und wegen der Aufhebung des die Klägerin belastenden Teils des zweiten Leistungsbescheids durch den Widerspruchsbescheid - deshalb, weil die Klägerin mit dem Erlass eines neuen Leistungsbescheids rechnen müsste, wenn der erste Leistungsbescheid (v. 02.09.2004) nicht (mehr) mehr fortbestehen würde und deshalb keine wirksame Vollstreckungsgrundlage wäre. Wenn der zweite Bescheid vom 30.01.2006 den ersten Bescheid aufgehoben hätte, wäre dieser die Klägerin begünstigende Teil des zweiten Bescheids von der Widerspruchsbehörde nicht aufgehoben worden.
20 
Die Rechtsunsicherheit bezüglich der Vollstreckungsgrundlage rechtfertigt es auch, ein Feststellungsinteresse für den Antrag zu bejahen, festzustellen, ob die sich aus dem Bescheid vom 02.09.2004 ergebende Kostentragungspflicht der Klägerin rechtswidrig oder rechtmäßig war. Für die Vollstreckung ist zwar nur ein wirksamer Grundverwaltungsakt erforderlich, auf dessen Rechtmäßigkeit kommt es nicht an. Um weitere Rechtsstreitigkeiten in der Vollstreckung zu vermeiden, ist es aber sachdienlich, die unter den Beteiligten streitige Kostentragungspflicht aus dem Bescheid vom 02.09.2004 im Wege der Feststellungsklage zu klären. Es soll geklärt werden, ob ein neuer inhaltsgleicher Bescheid erlassen werden könnte, falls der Erstbescheid nicht mehr besteht.
21 
Dem Feststellungsantrag steht § 43 Abs. 2 VwGO nicht entgegen. Die Spezialität der Anfechtungsklage tritt nur hervor, wenn sich die Feststellungsklage unmittelbar gegen den Verwaltungsakt richtet. Insoweit sind nur Gesichtspunkte der Subsidiarität oder der Umgehung der Vorschriften der Anfechtungsklage von Bedeutung (Schoch/Schmitt-Aßmann/ Pietzner, a.a.O., § 43 Rdnr. 46 f.; vgl. auch Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rdnr. 26, § 167 Rdnr. 19 m.w.N.). Wie bereits ausgeführt, richtet sich der Feststellungsantrag bei sachdienlicher Auslegung (§ 88 VwGO) nicht gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 02.09.2004. Der Erstbescheid vom 02.09.2004 hätte zwar nach Einlegung eines Widerspruchs angefochten werden können. Nach Ergehen des zweiten Bescheides vom 30.01.2006 war dies aber entbehrlich, und zwar ungeachtet einer eventuellen Aufhebung des Bescheids vom 02.09.2004 durch den zweiten Bescheid, weil in der Folgezeit unter den Beteiligten die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides vom 30.01.2006 streitig war, gegen den die Klägerin am 07.02.2006 Widerspruch einlegte, woraufhin dieser mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2006 aufgehoben wurde. Hierdurch und durch die weitere Feststellung im Widerspruchsbescheid, der Bescheid vom 02.09.2004 sei rechtmäßig und bestandskräftig, entstand erneut Streit darüber, ob der (erste) Bescheid vom 02.09.2004 wirksam geworden ist und, falls ja, ob er durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben wurde und ob ersterer eine geeignete Vollstreckungsgrundlage bietet oder aus Sicht der Beklagten gar der Erlass eines neuen Leistungsbescheids geboten ist bzw. dies aus Sicht der Klägerin zu befürchten ist. Eine Umgehung der Vorschriften der Anfechtungsklage ist darin nicht zu sehen.
22 
Die Feststellungsklage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2004 ist ordnungsgemäß zugestellt worden und wirksam geworden (1.). Er wurde durch Leistungsbescheid vom 30.01.2006 aufgehoben (2.). Die im Bescheid vom 02.09.2004 angeordnete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig (3.).
23 
1. Wie bereits im Beschluss des erkennenden Gerichts über die Gewährung von Prozesskostenhilfe vom 21.11.2006 ausgeführt worden ist, wurde der Bescheid vom 02.09.2004 ordnungsgemäß dem ehemaligen Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt, womit er wirksam geworden ist (§ 43 Abs. 1 S. 1 LVwVfG). Nach § 8 Abs. 1 S. 1 LVwZG können Zustellungen an den allgemein oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Vertreter gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat (S. 2). Der Wortlaut von S. 2 dieser Vorschrift und ihr Schutzzweck sind auch in Fällen wie hier erfüllt, wenn der Bevollmächtigte die schriftliche Vollmacht zwar nicht bei der die streitige Zustellung veranlassenden Behörde vorgelegt hat, sondern bei einer anderen Behörde, und erstere aufgrund anderer Anhaltspunkte, insbesondere eines Hinweises des Bevollmächtigten Kenntnis von der schriftlichen Vollmacht hat. Der Schutzzweck des § 8 Abs. 1 S. 2 LVwVfG geht dahin, die Partei vor Zustellungen zu schützen, wenn sie einem Bevollmächtigten schriftliche Vollmacht erteilt hat und der Behörde dies durch Vorlage der schriftlichen Vollmacht bekannt ist. Dieser Schutzzweck ist auch dann erfüllt, wenn überhaupt eine schriftliche Vollmacht für das Verfahren vorliegt, in dem die Zustellung bewirkt werden soll, die schriftliche Vollmacht bei einer Behörde oder wie hier bei einem Notariat vorgelegt wird und die die Zustellung veranlassende Behörde aufgrund äußerer Umstände auf das Vorhandensein einer schriftlichen Vollmacht schließen konnte. Letzteres ist hier der Fall. Beim Notariat - VIII Mannheim - Nachlassgericht lag unter der Geschäftsnummer ... eine schriftliche Vollmacht der Klägerin vom 07.05.2004 für ... „in der Nachlassangelegenheit ...“ vor. Diese Vollmacht bezieht sich nach ihrem Sinn und Zweck auf alle Verfahren, die mit der „Nachlassangelegenheit“ des Vaters der Klägerin zusammenhängen, auch auf das Verfahren wegen der Heranziehung zu den Bestattungskosten. In der Vollmacht ist ausdrücklich ausgeführt, sie umfasse insbesondere die Befugnis, Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen. Waren hiernach Wortlaut und Schutzzweck des § 8 Abs. 1 S. 2 LVwVfG gewahrt, so musste die Zustellung an den damaligen Bevollmächtigten (...) erfolgen. Der Bescheid vom 02.09.2004 ist durch die nach Aktenlage ordnungsgemäß erfolgte Zustellung an ... wirksam geworden (§ 43 Abs. 1 S. 1 LVwVfG).
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2. Durch Bescheid vom 30.01.2006 wurde der Erstbescheid vom 02.09.2004 konkludent aufgehoben, auch wenn dies nicht ausdrücklich aus dem (zweiten) Leistungsbescheid vom 30.01.2006 hervorgeht. Die Aufhebung des ersten Bescheids hätte zwar durch einen Hinweis auf § 48 LVwVfG ausdrücklich zum Ausdruck gebracht werden können, was mit keinem Wort geschehen ist, weder im Bescheid noch in sonstiger Weise, etwa durch Aktenvermerke. Für die Auslegung von Willensäußerungen der Verwaltung, auch in Form von Verwaltungsakten, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gemäß der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB nicht der innere, sondern der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.06.1980 - 6 C 55/79 - unter Hinweis auf BVerwGE 29, 310 ff.; 41, 305 ff.). Unklarheiten müssen hierbei zu Lasten der Verwaltung gehen (vgl. BVerwGE 41, 305, 306; 48, 279, 281 f.). Für den Empfängerhorizont erkennbare Anhaltspunkte dafür, dass der als „Leistungsbescheid“ gekennzeichnete Bescheid vom 30.01.2006 die Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters eigenständig und damit neu regelt, ergeben sich aus den aktualisierten Daten im „Leistungsbescheid“ vom „30.01.2006“, der Zahlungsfrist bis „spätestens 28.02.2006“ sowie aus dem per Telefax an die Friedhöfe Mannheim übermittelten Schreiben des zweiten Bevollmächtigten der Klägerin vom 30.01.2006. Aus letzterem geht hervor, dass im Hinblick auf die Rechtsunsicherheit über den Bestand des Bescheids vom 02.09.2004 und der drohenden Vollstreckung am Tage des Erlasses des Leistungsbescheids vom 30.01.2006 Telefongespräche stattfanden und man dabei „übereinkam“, wie es im Schreiben vom 30.01.2006 heißt, „dass der Bescheid vom 02.09.2004, welcher Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens gegen unsere Mandantin ist, nicht wirksam an unsere Mandantin zugestellt wurde“. Um die Rechtsunsicherheit über die ordnungsgemäße Zustellung des Erstbescheids auszuräumen, erließ die Beklagte einen Leistungsbescheid unter dem Datum vom „30.01.2006“, mit dem inhaltsgleich mit dem Erstbescheid der Klägerin aufgegeben wurde, der Stadt Mannheim die Kosten der Bestattung ihres Vaters in Höhe von 2.110,53 EUR zu erstatten. In Abänderung zum Ausgangsbescheid wurde eine neue Zahlungsfrist festgesetzt, nämlich bis spätestens zum 28.02.2006. Die Begründung ist inhaltlich gleich wie im Erstbescheid. Vor dem Hintergrund der Rechtsunsicherheit über die Wirksamkeit (§ 43 Abs. 1 LVwVfG) des (ersten) Bescheids vom 02.09.2004 und mit Rücksicht auf die aktualisierten Daten des Erlasses und der Zahlungsfrist im Leistungsbescheid vom „30.01.2006“, ist der Leistungsbescheid vom 30.01.2006 von dem für die Auslegung maßgeblichen Empfängerhorizont aus nur dahin zu verstehen, dass damit eine neue Zahlungspflicht begründet und der Erstbescheid (v. 02.09.2004) konkludent aufgehoben wurde. Von der Möglichkeit, den Erstbescheid neu zuzustellen, hat die Beklagte abgesehen.
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3. Die im Gebührenbescheid vom 02.09.2004 festgesetzte Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig.
26 
Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs ist § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG. Danach haften die Bestattungspflichtigen in der in § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG genannten Reihenfolge ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles, die eine Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen als Härte erscheinen lassen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004 - 1 S 681/04 - m.w.N.). Für die Kostentragungspflicht kommt es nicht auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen an, da die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten zu tragen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., m.w.N.).
27 
Nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg verstoßen die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht auch insoweit nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O.,). Diese Auffassung teilt das erkennende Gericht im Grundsatz.
28 
Ein Leistungsbescheid auf der Grundlage der § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG muss sich aber in jedem Einzelfall wie jeder andere belastende Verwaltungsakt am verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfGE 19, 342ff.) messen lassen. Er kann im Einzelfall trotz gesetzlicher Ausgleichsansprüche, die im Einzelfall die persönlichen Verhältnisse zwischen dem Verstorbenen und dem Pflichtigen berücksichtigen, unverhältnismäßig und deshalb rechtswidrig sein. Demgegenüber kann nicht unter Hinweis auf § 15 BSHG a.F. bzw. § 74 SGB XII i.d.F. v. 27.12.2003, gültig ab 01.01.2005 (BGBl. I. S. 3022), eingewendet werden, ein Anspruch nach diesen Bestimmungen sei hinsichtlich der Kostentragungspflicht für Bestattungskosten eine einfach gesetzliche Ausformung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der für die Kostentragungspflicht nach § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG keinen Raum mehr für eine darüber hinausgehende Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulasse. In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, bestand nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Das selbe regelt § 74 SGB XII in der ab 01.01.2005 gültigen Fassung vom 27.12.2003. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des § 11 BSHG war. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet. Der Anspruch aus § 15 BSHG sollte eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Wie das Kriterium der „Zumutbarkeit“ zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche Notlage des „Verpflichteten“ behoben werden, vielmehr wird an die „fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger“ angeknüpft, deren Maß von der nach der Besonderheit des Einzelfalles zu beurteilenden Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hier zu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der „Zumutbarkeit“ im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (BVerwG, Urt. v. 29.01.2004 - 5 C 2/03 - ; BVerwGE 116, 287 - 290). Im vorliegenden Fall bestehen unter Umständen Ausgleichsansprüche der Klägerin gegen ihren Bruder, weshalb ein Anspruch der Klägerin aus § 15 BSHG bzw. § 74 SGB XII mittlerweile von der Beklagten abgelehnt wurde. § 74 SGB XII gewährt aber nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten, sondern sieht von vornherein die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vor. Deshalb kann ein etwaiger Anspruchsinhaber nicht auf einen „vermutlich“ bestehenden, aber ungewissen Anspruch aus § 74 SGB XII verwiesen werden (OVG Saarland, Urt. v. 25.08.2003 - 2 R 18/03 - ). Ein auf § 31 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG beruhender Leistungsbescheid kann deshalb im Einzelfall trotz der gesetzlichen Regelung von Ausgleichsansprüchen unverhältnismäßig sein (OVG Saarland, Urt. v. 25.08.2003 - 2 R 18/03 - ; vgl. VG Stade, Urt. v. 27.07.2006 - 1 A 539/05 - ; im Ergebnis ebenso OVG NW, Beschl. v. 02.02.1996 - 19 A 3802/95 -, NVwZ-RR 1997, 99 ff.; a.A. für Bayerisches Landesrecht VG Ansbach, Urt. v. 07.07.2005 - AN 4 K 05.02104 - ).
29 
Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss jede Einschränkung des Grundrechts in materieller Hinsicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (BVerfGE 75, 108 <154 f.>; 80, 137 <153>; 90, 145 <172>). Voraussetzung hierfür ist, dass sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich sind und eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe ergibt, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (BVerfGE 68, 155 <171>; 71, 183 <196 f.>; 72, 26 <31>; 77, 308 <332>; 81, 156 <189>). Grundrechtseingriffe dürfen nicht weiter gehen als es ihr Grund, der Schutz des Gemeinwohls, erfordert (vgl. BVerfGE 20, 351 <361>; 52, 1 <29 f.>), und sie dürfen insbesondere auch nicht im Blick auf den Regelungszweck zu einer übermäßigen Belastung führen (BVerfGE 110, 1, 33 ff.).
30 
Gründe des Allgemeinwohls rechtfertigen es zwar grundsätzlich, die Bestattungs- und Kostentragungspflicht ohne Rücksicht auf die familiären Verhältnisse zu regeln, solange ein Bestattungspflichtiger für die Kostentragung erreichbar ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O.,). Die Bestattungspflicht dient in erster Linie der Gefahrenabwehr und lässt damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen zu. Vielmehr müssen objektive Maßstäbe eingreifen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge sowie die daran anknüpfende Kostentragungspflicht beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden öffentlich-rechtlichen Rechtsgrund (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.10.2004, a.a.O., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 19.08.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Dieser rechtfertigt es grundsätzlich, die Kosten der Bestattung dem nach Landesrecht Pflichtigen aufzuerlegen und nicht andere, insbesondere die öffentliche Hand damit zu belasten. Der Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr gebietet aber nicht ausnahmslos, den zur Gefahrenabwehr Verpflichteten auch mit den entstandenen Kosten zu belasten, wenn die Kostentragung für ihn unzumutbar ist.
31 
Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles kann das Interesse des Bestattungspflichtigen, von der Heranziehung zu den Bestattungskosten verschont zu bleiben, so gewichtig sein, dass es das öffentliche Interesse an der ausnahmslosen Bestattungs- und Kostentragungspflicht überwiegt. Dies ist dann der Fall, wenn der Bestattungspflichtige durch die Heranziehung zu den Bestattungskosten unzumutbar belastet wird. Unzumutbar ist eine durch Leistungsbescheid festgesetzte Kostentragungspflicht für das Opfer eines vom Bestatteten begangenen Sexualdelikts dann, wenn das Opfer durch die Kostentragungspflicht in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG unangemessen belastet wird oder die auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhende konkrete Gefahr besteht, dass das Opfer eines Sexualdelikts durch den Erlass eines Leistungsbescheids in einem Fall wie hier in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 1 S. 1 GG) verletzt wird. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles.
32 
Solche besonderen Umstände sind hier gegeben. Der Leistungsbescheid vom 02.09.2004 stellt aufgrund der Besonderheiten des Falles eine unverhältnismäßige Belastung der Klägerin in ihrer Rechtsstellung aus Art. 2 Abs. 1 S. 1 GG dar, die durch das mit der gesetzlichen Regelung der Kostentragungspflicht verbundene Ziel der §§ 37 Abs. 1, 31, 21 BestattG nicht mehr gerechtfertigt ist. Die Klägerin war im Alter von vier Jahren Opfer eines von ihrem verstorbenen Vater begangenen Sexualdelikts. Sie hatte seit der Tat keinerlei Kontakt mehr zu ihrem Vater und es gibt keinerlei Anzeichen für eine Aussöhnung zwischen Opfer und Täter oder eine wie auch immer geartete, gegebenenfalls nur auf Seiten des Opfers feststellbare, Befriedung der Folgen der Straftat und der familiären Verhältnisse. Die Unverhältnismäßigkeit lässt sich nicht deshalb verneinen, weil bereits geraume Zeit seit Begehung der Straftat vergangen ist, wenn - wie hier - keine Anhaltspunkte für eine Aussöhnung oder Befriedung vorliegen und plausible Gründe dafür geltend gemacht werden, dass das Opfer durch den Erlass des Leistungsbescheids unverhältnismäßig schwer belastet wird, weil es zu den Kosten der Bestattung für den Täter herangezogen wird. Die Klägerin war im Alter von vier Jahren nicht nur Opfer eines von ihrem Vater begangenen Sexualdelikts, sie trafen auch die weiteren Folgen daraus, sie verlor hierdurch ihre Familie. Die Ehe ihrer Eltern wurde in der Folgezeit geschieden und sie wurde von ihrer allein erziehungsberechtigten Mutter in ein Kinderheim gegeben, in dem sie bis zu ihrer Volljährigkeit lebte. Mit ihrem Vater hatte sie nach dessen Verurteilung keinerlei Kontakt mehr, mit ihrer Mutter ihrem glaubhaften Vorbringen zufolge „nur sporadisch“. Eine Aussöhnung zwischen Opfer und Täter gab es nicht, auch keine dahingehenden Versuche eines der Beteiligten. Die Klägerin ließ durch ihren Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vortragen, jegliche Berührung mit dem begangenen Sexualdelikt, auch die Klärung ihrer Pflicht zur Kostentragung durch das Gericht, belaste sie schwer; dies ist nachvollziehbar und bedarf keiner weiteren Beweiserhebung. Als nachteilige Folgen des Sexualdelikts betrachtet sie auch ihre unzureichenden Ausbildungschancen und ihre derzeitige Arbeitslosigkeit. Die geltend gemachte Belastung hinderte sie den Angaben ihres Vertreters zufolge auch daran, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Aufgrund dieser Besonderheiten ist der auf die §§ 31, 21 BestattG gestützte Leistungsbescheid vom 02.09.2004 unverhältnismäßig und rechtswidrig. Die daraus abgeleitete Kostentragungspflicht der Klägerin für die Bestattungskosten ihres Vaters ist rechtswidrig. Dem diesbezüglichen Feststellungsantrag war stattzugeben.
33 
Es bedarf deshalb keiner Entscheidung darüber, ob der Gebührenbescheid gegen Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verstößt oder deshalb unverhältnismäßig ist, weil er wegen der Missachtung des zerrütteten Verhältnisses zwischen dem Bestatteten und dem an sich Kostentragungspflichtigen Ausdruck einer Behandlung ist, die die Subjektqualität des Kostentragungspflichtigen prinzipiell in Frage stellt, oder weil in der Behandlung im konkreten Fall eine willkürliche Missachtung der Würde des Menschen liegt (BVerfG, Urt. v. 15.02.2006 - 1 BvR 357/05 -, NJW 2006, 751 ff. m.w.N.; BVerfGE 30, 1 <26>).
34 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
35 
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 i.V.m. § 124a Abs. 1 VwGO gegeben ist.
36 
Beschluss
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Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf EUR 2.110,53 festgesetzt.
38 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Februar 2007 - 11 K 50/06 - wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zahlung der Bestattungskosten für seine verstorbene Schwester.

Er ist der ältere der beiden Brüder der am … in einem H. in A-Stadt verstorbenen Frau B.. Außer ihren beiden Brüdern hatte die Verstorbene keine Angehörigen. Die Erbschaft hat der Kläger ausgeschlagen.

Nach Bekanntwerden des Todesfalls wies der Beklagte den Kläger auf seine Pflichten nach dem Saarländischen Bestattungsgesetz hin. Dieser erklärte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, und auch nicht verpflichtet, die Bestattungskosten zu übernehmen, da er die Erbschaft ausgeschlagen habe. Außerdem verfüge er über kein ausreichendes Vermögen, um die Beerdigungskosten zu zahlen. Zu seiner Schwester habe er im Übrigen seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt. Der Kläger beantragte vorsorglich bei dem Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII.

Der Beklagte ordnete daraufhin die Feuerbestattung der Verstorbenen in Form einer anonymen Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt an.

Nach Anhörung und Stellungnahme des Klägers forderte der Beklagte diesen mit Verfügung vom 2.3.2006, die dem Kläger am 9.3.2006 zugestellt wurde, auf, die entstandenen Kosten für die Bestattung seiner Schwester in Höhe von insgesamt 1.982,03 Euro (Kosten des Bestatters in Höhe von 1.543,03 Euro und Gebühren des Friedhofs der Kreisstadt A-Stadt in Höhe von 439,00 Euro) zu erstatten. Gleichzeitig erging ein Kostenfestsetzungsbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100, 00 Euro festgesetzt wurden.

Am 30.3.2006 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, es fehle eine Ermächtigungsgrundlage für seine Heranziehung zur Kostenerstattung. § 26 Abs. 1 BestattG sei verfassungswidrig. Die Regelung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil die Kostenlast das älteste Geschwisterteil treffe und diese Differenzierung keinen sachlichen Grund darstelle. Es gebe auch kein Gewohnheitsrecht, wonach immer das älteste Geschwisterteil vor dem jüngeren in Haftung zu nehmen sei. Die maßgebliche Vorschrift des Bestattungsgesetzes verstoße auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie keine Billigkeitsregelung enthalte. Selbst unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 227 AO sei der angegriffene Bescheid rechtswidrig. Zwischen ihm und seiner verstorbenen Schwester habe seit ihrer Kindheit kein familiäres Verhältnis bestanden. Er habe seit 1953 keine persönlichen Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Sie habe ihn stets „drangsaliert“ und ein Leben geführt, das mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen sei. Daher sei es für ihn unerträglich, für sie finanziell einstehen zu sollen.

Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises A-Stadt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8.6.2006 zurück. In der Begründung heißt es im Wesentlichen, ausschlaggebend für die Bestattungspflicht sei allein die Angehörigeneigenschaft. Zwar seien die vom Kläger geäußerten Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 26 BestattG durchaus beachtlich. Mangels Verwerfungskompetenz des Kreisrechtsausschusses sei diese Norm jedoch uneingeschränkt anzuwenden und auf ihrer Grundlage ein Leistungsanspruch des Beklagten gegeben. Da es sich um eine gebundene Norm handele, bestehe auch kein Spielraum, die persönlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Verstorbenen zu berücksichtigen.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 15.6.2006 zugestellt.

Am 3.7.2006 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in seiner Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufzuheben.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug genommen. Auf einen entsprechenden Hinweis des Verwaltungsgerichts, wonach sich die Kostenerhebung auch nach Inkrafttreten des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen Regelung wohl weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG) bestimme, hat er die Auffassung vertreten, § 26 Abs. 2 BestattG sei ein Spezialgesetz. Daher seien die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften nicht einschlägig. Weiterhin hat er auf ein Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 19.10.2004 (1 S 681/04) verwiesen. Darin werde festgestellt, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr diene und Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses sei, das über den Tod hinaus fortwirke. Anders als die familiäre Unterhaltspflicht kenne die Bestattungspflicht keine Ausnahmen. Dies sei durch den Umstand gerechtfertigt, dass innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit keine längeren Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden könnten. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme von der Bestattungspflicht, z.B. bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 74 SGB XII nicht. Außerdem hat er auf zwei Entscheidungen des OVG C-Stadt (in NJW 2000, 3513 f.) und des VG Gießen (in NVwZ-RR 2000, 437 f.) verwiesen. Soweit ein mit der Situation der §§ 1361 Abs. 3 (Herabsetzung des ehelichen Unterhaltsanspruches aus Billigkeitsgründen), 1579 (Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Scheidung der Ehe), 1611 (Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Verwandten) BGB vergleichbarer Fall vorliege, sei mit den zitierten Entscheidungen von einem Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Beerdigungskosten nach § 74 SGB XII durch den Sozialhilfeträger auszugehen. Damit sei in allen Fällen persönlicher Unbilligkeit sichergestellt, dass die Bestattungskosten im Ergebnis nicht vom Bestattungspflichtigen getragen werden müssten. Unter diesen Umständen erscheine die Auferlegung der Bestattungspflicht als solche nicht als unverhältnismäßig. Daher habe eine Härtefallprüfung nicht von Seiten des Ordnungsamtes, sondern durch den Träger der Sozialhilfe zu erfolgen. Auch die Gebührenfestsetzung sei auf der Grundlage der Saarländischen Gebührenordnung rechtmäßig erfolgt.

Der Kläger hat hierauf erwidert, es sei zwischen Primär- und Sekundärebene zu unterscheiden. Die Bestattungspflicht betreffe ausschließlich die Primärebene. Auf der Sekundärebene müsse nach Billigkeitsmaßstäben von einer Kostenerstattungspflicht abgesehen werden. Wenn die Billigkeitsentscheidung vom Träger der Sozialhilfe zu treffen wäre, hätte dies zur Folge, dass zwei unterschiedliche Behörden in derselben Angelegenheit zu entscheiden hätten. Dies sei mit einem einheitlichen Ermessensvorgang nicht in Einklang zu bringen.

Das Sozialamt des Landkreises A-Stadt hat dem Kläger mit Schreiben vom 27.10.2006 mitgeteilt, über seinen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten könne erst endgültig entschieden werden, wenn das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht abgeschlossen sei. Falls das Verwaltungsgericht die Bestattungspflicht des Klägers verneinen würde, stünde ihm nach § 74 SGB XII auch kein Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten zu, da einen solchen nur die nach § 26 Abs. 1 BestattG Verpflichteten haben könnten.

Mit aufgrund der Beratung vom 9.2.2007 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in der Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufgehoben. Zur Begründung ist maßgeblich ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Klägers seien jedenfalls derzeit nicht erfüllt. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus der Friedhofsgebührensatzung der Kreisstadt A-Stadt , denn zur Gebührenzahlung sei nur derjenige verpflichtet, der die Bestattung selbst oder über einen Beauftragten wissentlich und willentlich veranlasst habe, was bei dem Kläger gerade nicht der Fall sei. Auch § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Satz 2 BestattG begründe nicht die Gebührenpflicht, da diese Vorschrift keine eigenständige Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch der Ortspolizeibehörde gegenüber einem Bestattungspflichtigen darstelle. Sie sei nur Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde. Von dieser primären Gefahrenabwehrkompetenz sei jedoch die Frage der Kostenerstattungspflicht auf der Sekundärebene zu trennen. Die Kostenerhebung bestimme sich auch nach Inkrafttreten des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen Regelung weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme. Etwas anderes ergebe sich nicht aus den Worten „auf Kosten“ in § 26 Abs. 2 BestattG. Diese beinhalteten lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme nach § 46 SPolG. Hätte der Gesetzgeber, dem die einschlägige Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte bekannt gewesen sei, eine eigenständige Anspruchsgrundlage im Bestattungsgesetz schaffen wollen, so hätte es bereits aus Gründen der Rechtsklarheit einer präzisen und unmissverständlichen Formulierung als Anspruchsgrundlage bedurft, die dann im Übrigen auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen gehabt hätte und diesen aufgrund seines Verfassungsrangs nicht einfach hätte negieren dürfen. Auf die Frage der Wirksamkeit von § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG komme es daher nicht mehr an. Der angefochtene Leistungsbescheid genüge aber auch nicht den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§ 90 Abs. 1 i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG). Es liege jedenfalls ein Ermessensfehler nach § 114 VwGO vor. Nach der Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte sei grundsätzlich anerkannt, dass die Heranziehung zum Ersatz der Bestattungskosten für den Pflichtigen im Einzelfall eine besondere bzw. grob unbillige Härte bedeuten könne, welche in Analogie zu den §§ 1579, 1611 BGB eine Inanspruchnahme auszuschließen vermöge. Lege man den unstreitigen Vortrag des Klägers zugrunde, erscheine jedoch zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen, dass vorliegend nach der Rechtsprechung von einer derartigen besonderen bzw. grob unbilligen Härte jedenfalls im Sinne von § 20 Satz 1 SGebG i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LHO beziehungsweise § 227 AO auszugehen sein könnte. Dem brauche vorliegend jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, da weder der Ausgangs- noch der Widerspruchsbescheid erkennen lasse, dass die vom Kläger vorgetragenen Härtegründe sachlich gewürdigt worden und die erforderliche Ermessensentscheidung im Rahmen von § 20 SGebG getroffen worden sei. Aus § 74 SGB XII ergebe sich nichts anderes. Nach dieser Vorschrift würden zwar die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden könne, diese zu tragen. Insoweit habe aber bereits das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes mit Urteil vom 25.8.2003 - 2 R 18/03- unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.6.1997 - 5 C 13/96-) zu der im Wesentlichen wortgleichen Vorgängervorschrift des § 15 BSHG entschieden, dass der Sozialhilfeanspruch ersichtlich an das Bestehen der entsprechenden Kostenpflicht anknüpfe.

Gegen das am 21.2.2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12.3.2007 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die er am 16.4.2007 begründet hat. Er ist -entgegen der in dem Urteil des Verwaltungsgerichts vertretenen Auffassung- der Ansicht, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine taugliche Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsbescheid dar. Billigkeits- und Härtefallgesichtspunkte seien im Rahmen der Kostenübernahme vom Träger der Sozialhilfe zu prüfen. Es sei Wille des Gesetzgebers gewesen, mit § 26 Abs. 2 BestattG eine eigene Anspruchsgrundlage zu schaffen. Auch der Umstand, dass diese Vorschrift hätte präziser und unmissverständlicher formuliert werden können, lasse nicht den Schluss zu, dass sie keine Rechtsgrundlage darstelle. Aus dem Wortlaut der Norm ergebe sich, dass es sich um eine Anspruchsgrundlage handele. Auch die Systematik dieser Vorschrift spreche für den Charakter als Rechtsgrundlage. Die Regelung sei vergleichbar mit der zivilrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag. Auch aus dem Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 BestattG ergebe sich, dass es sich bei Absatz 2 der Vorschrift um eine eigenständige Rechtsgrundlage handele. Dort sei nämlich ausdrücklich von einer rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Verpflichtung zur Kostenübernahme die Rede.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes (Az.: 11 K 50/06) vom 9.2.2007 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine Ermächtigungsgrundlage lediglich für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Eine Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung beinhalte diese Regelung jedoch nicht. Außerdem sei die Bestimmung verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber von einer Billigkeitsregelung abgesehen habe. Im Übrigen nimmt er Bezug auf seine bisherigen Ausführungen und macht sich die Urteilsbegründung zu Eigen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung über die Berufung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Band), des Kreisrechtsausschusses (1 Band) und des Sozialamtes des Landkreises A-Stadt (1 Band) Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung war.

Entscheidungsgründe

Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz - BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs. 3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst.

Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.

Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991

Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,

eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte

vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.

Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“

Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in Rheinland-Pfalz -

vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz

nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge- der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie, Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist. Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede auf

vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).

Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten (z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach dem Alter der Person richtet

ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.

Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.

Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf), soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird

vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (Willkürverbot)

BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).

Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R. siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien (z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942 ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1 GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.

Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst

vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.

Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.

Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt, entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen

vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen

oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem Landesvollstreckungsrecht verlangen

vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.

Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung

in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.

Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert

so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.

Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl. Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“

Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.

Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..

Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.

§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.

Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2 HaftpflichtG).

Der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,

hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt (Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG). Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist

vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..

Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG) unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79 BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist

Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.

Das Bundesverwaltungsgericht

Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,

hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele, der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch Kostenentlastung verwandelt

vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).

Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann

vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.

Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet

vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..

Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.

Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.

Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.

Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird

vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe

Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,

die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet

u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.

Das OVG Münster

Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,

hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre, unterbleiben müsse.

Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611 Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen

vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.

Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,

in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von § 15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist, festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht (mehr) einschlägig.

Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt (vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in Rechnung gestellt werden dürfen

Gaedke, a.a.O., S. 117.

Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).

Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz - BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs. 3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst.

Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.

Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991

Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,

eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte

vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.

Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“

Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in Rheinland-Pfalz -

vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz

nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge- der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie, Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist. Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede auf

vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).

Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten (z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach dem Alter der Person richtet

ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.

Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.

Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf), soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird

vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (Willkürverbot)

BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).

Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R. siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien (z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942 ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1 GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.

Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst

vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.

Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.

Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt, entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen

vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen

oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem Landesvollstreckungsrecht verlangen

vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.

Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung

in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.

Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert

so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.

Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl. Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“

Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.

Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..

Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.

§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.

Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2 HaftpflichtG).

Der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,

hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt (Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG). Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist

vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..

Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG) unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79 BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist

Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.

Das Bundesverwaltungsgericht

Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,

hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele, der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch Kostenentlastung verwandelt

vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).

Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann

vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.

Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet

vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..

Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.

Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.

Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.

Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird

vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe

Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,

die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet

u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.

Das OVG Münster

Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,

hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre, unterbleiben müsse.

Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611 Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen

vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.

Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,

in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von § 15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist, festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht (mehr) einschlägig.

Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt (vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in Rechnung gestellt werden dürfen

Gaedke, a.a.O., S. 117.

Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).

Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Februar 2007 - 11 K 50/06 - wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zahlung der Bestattungskosten für seine verstorbene Schwester.

Er ist der ältere der beiden Brüder der am … in einem H. in A-Stadt verstorbenen Frau B.. Außer ihren beiden Brüdern hatte die Verstorbene keine Angehörigen. Die Erbschaft hat der Kläger ausgeschlagen.

Nach Bekanntwerden des Todesfalls wies der Beklagte den Kläger auf seine Pflichten nach dem Saarländischen Bestattungsgesetz hin. Dieser erklärte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, und auch nicht verpflichtet, die Bestattungskosten zu übernehmen, da er die Erbschaft ausgeschlagen habe. Außerdem verfüge er über kein ausreichendes Vermögen, um die Beerdigungskosten zu zahlen. Zu seiner Schwester habe er im Übrigen seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt. Der Kläger beantragte vorsorglich bei dem Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII.

Der Beklagte ordnete daraufhin die Feuerbestattung der Verstorbenen in Form einer anonymen Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt an.

Nach Anhörung und Stellungnahme des Klägers forderte der Beklagte diesen mit Verfügung vom 2.3.2006, die dem Kläger am 9.3.2006 zugestellt wurde, auf, die entstandenen Kosten für die Bestattung seiner Schwester in Höhe von insgesamt 1.982,03 Euro (Kosten des Bestatters in Höhe von 1.543,03 Euro und Gebühren des Friedhofs der Kreisstadt A-Stadt in Höhe von 439,00 Euro) zu erstatten. Gleichzeitig erging ein Kostenfestsetzungsbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100, 00 Euro festgesetzt wurden.

Am 30.3.2006 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, es fehle eine Ermächtigungsgrundlage für seine Heranziehung zur Kostenerstattung. § 26 Abs. 1 BestattG sei verfassungswidrig. Die Regelung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil die Kostenlast das älteste Geschwisterteil treffe und diese Differenzierung keinen sachlichen Grund darstelle. Es gebe auch kein Gewohnheitsrecht, wonach immer das älteste Geschwisterteil vor dem jüngeren in Haftung zu nehmen sei. Die maßgebliche Vorschrift des Bestattungsgesetzes verstoße auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie keine Billigkeitsregelung enthalte. Selbst unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 227 AO sei der angegriffene Bescheid rechtswidrig. Zwischen ihm und seiner verstorbenen Schwester habe seit ihrer Kindheit kein familiäres Verhältnis bestanden. Er habe seit 1953 keine persönlichen Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Sie habe ihn stets „drangsaliert“ und ein Leben geführt, das mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen sei. Daher sei es für ihn unerträglich, für sie finanziell einstehen zu sollen.

Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises A-Stadt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8.6.2006 zurück. In der Begründung heißt es im Wesentlichen, ausschlaggebend für die Bestattungspflicht sei allein die Angehörigeneigenschaft. Zwar seien die vom Kläger geäußerten Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 26 BestattG durchaus beachtlich. Mangels Verwerfungskompetenz des Kreisrechtsausschusses sei diese Norm jedoch uneingeschränkt anzuwenden und auf ihrer Grundlage ein Leistungsanspruch des Beklagten gegeben. Da es sich um eine gebundene Norm handele, bestehe auch kein Spielraum, die persönlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Verstorbenen zu berücksichtigen.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 15.6.2006 zugestellt.

Am 3.7.2006 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in seiner Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufzuheben.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug genommen. Auf einen entsprechenden Hinweis des Verwaltungsgerichts, wonach sich die Kostenerhebung auch nach Inkrafttreten des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen Regelung wohl weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG) bestimme, hat er die Auffassung vertreten, § 26 Abs. 2 BestattG sei ein Spezialgesetz. Daher seien die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften nicht einschlägig. Weiterhin hat er auf ein Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 19.10.2004 (1 S 681/04) verwiesen. Darin werde festgestellt, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr diene und Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses sei, das über den Tod hinaus fortwirke. Anders als die familiäre Unterhaltspflicht kenne die Bestattungspflicht keine Ausnahmen. Dies sei durch den Umstand gerechtfertigt, dass innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit keine längeren Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden könnten. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme von der Bestattungspflicht, z.B. bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 74 SGB XII nicht. Außerdem hat er auf zwei Entscheidungen des OVG C-Stadt (in NJW 2000, 3513 f.) und des VG Gießen (in NVwZ-RR 2000, 437 f.) verwiesen. Soweit ein mit der Situation der §§ 1361 Abs. 3 (Herabsetzung des ehelichen Unterhaltsanspruches aus Billigkeitsgründen), 1579 (Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Scheidung der Ehe), 1611 (Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Verwandten) BGB vergleichbarer Fall vorliege, sei mit den zitierten Entscheidungen von einem Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Beerdigungskosten nach § 74 SGB XII durch den Sozialhilfeträger auszugehen. Damit sei in allen Fällen persönlicher Unbilligkeit sichergestellt, dass die Bestattungskosten im Ergebnis nicht vom Bestattungspflichtigen getragen werden müssten. Unter diesen Umständen erscheine die Auferlegung der Bestattungspflicht als solche nicht als unverhältnismäßig. Daher habe eine Härtefallprüfung nicht von Seiten des Ordnungsamtes, sondern durch den Träger der Sozialhilfe zu erfolgen. Auch die Gebührenfestsetzung sei auf der Grundlage der Saarländischen Gebührenordnung rechtmäßig erfolgt.

Der Kläger hat hierauf erwidert, es sei zwischen Primär- und Sekundärebene zu unterscheiden. Die Bestattungspflicht betreffe ausschließlich die Primärebene. Auf der Sekundärebene müsse nach Billigkeitsmaßstäben von einer Kostenerstattungspflicht abgesehen werden. Wenn die Billigkeitsentscheidung vom Träger der Sozialhilfe zu treffen wäre, hätte dies zur Folge, dass zwei unterschiedliche Behörden in derselben Angelegenheit zu entscheiden hätten. Dies sei mit einem einheitlichen Ermessensvorgang nicht in Einklang zu bringen.

Das Sozialamt des Landkreises A-Stadt hat dem Kläger mit Schreiben vom 27.10.2006 mitgeteilt, über seinen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten könne erst endgültig entschieden werden, wenn das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht abgeschlossen sei. Falls das Verwaltungsgericht die Bestattungspflicht des Klägers verneinen würde, stünde ihm nach § 74 SGB XII auch kein Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten zu, da einen solchen nur die nach § 26 Abs. 1 BestattG Verpflichteten haben könnten.

Mit aufgrund der Beratung vom 9.2.2007 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in der Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufgehoben. Zur Begründung ist maßgeblich ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Klägers seien jedenfalls derzeit nicht erfüllt. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus der Friedhofsgebührensatzung der Kreisstadt A-Stadt , denn zur Gebührenzahlung sei nur derjenige verpflichtet, der die Bestattung selbst oder über einen Beauftragten wissentlich und willentlich veranlasst habe, was bei dem Kläger gerade nicht der Fall sei. Auch § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Satz 2 BestattG begründe nicht die Gebührenpflicht, da diese Vorschrift keine eigenständige Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch der Ortspolizeibehörde gegenüber einem Bestattungspflichtigen darstelle. Sie sei nur Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde. Von dieser primären Gefahrenabwehrkompetenz sei jedoch die Frage der Kostenerstattungspflicht auf der Sekundärebene zu trennen. Die Kostenerhebung bestimme sich auch nach Inkrafttreten des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen Regelung weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme. Etwas anderes ergebe sich nicht aus den Worten „auf Kosten“ in § 26 Abs. 2 BestattG. Diese beinhalteten lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme nach § 46 SPolG. Hätte der Gesetzgeber, dem die einschlägige Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte bekannt gewesen sei, eine eigenständige Anspruchsgrundlage im Bestattungsgesetz schaffen wollen, so hätte es bereits aus Gründen der Rechtsklarheit einer präzisen und unmissverständlichen Formulierung als Anspruchsgrundlage bedurft, die dann im Übrigen auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen gehabt hätte und diesen aufgrund seines Verfassungsrangs nicht einfach hätte negieren dürfen. Auf die Frage der Wirksamkeit von § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG komme es daher nicht mehr an. Der angefochtene Leistungsbescheid genüge aber auch nicht den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§ 90 Abs. 1 i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG). Es liege jedenfalls ein Ermessensfehler nach § 114 VwGO vor. Nach der Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte sei grundsätzlich anerkannt, dass die Heranziehung zum Ersatz der Bestattungskosten für den Pflichtigen im Einzelfall eine besondere bzw. grob unbillige Härte bedeuten könne, welche in Analogie zu den §§ 1579, 1611 BGB eine Inanspruchnahme auszuschließen vermöge. Lege man den unstreitigen Vortrag des Klägers zugrunde, erscheine jedoch zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen, dass vorliegend nach der Rechtsprechung von einer derartigen besonderen bzw. grob unbilligen Härte jedenfalls im Sinne von § 20 Satz 1 SGebG i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LHO beziehungsweise § 227 AO auszugehen sein könnte. Dem brauche vorliegend jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, da weder der Ausgangs- noch der Widerspruchsbescheid erkennen lasse, dass die vom Kläger vorgetragenen Härtegründe sachlich gewürdigt worden und die erforderliche Ermessensentscheidung im Rahmen von § 20 SGebG getroffen worden sei. Aus § 74 SGB XII ergebe sich nichts anderes. Nach dieser Vorschrift würden zwar die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden könne, diese zu tragen. Insoweit habe aber bereits das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes mit Urteil vom 25.8.2003 - 2 R 18/03- unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.6.1997 - 5 C 13/96-) zu der im Wesentlichen wortgleichen Vorgängervorschrift des § 15 BSHG entschieden, dass der Sozialhilfeanspruch ersichtlich an das Bestehen der entsprechenden Kostenpflicht anknüpfe.

Gegen das am 21.2.2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12.3.2007 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die er am 16.4.2007 begründet hat. Er ist -entgegen der in dem Urteil des Verwaltungsgerichts vertretenen Auffassung- der Ansicht, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine taugliche Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsbescheid dar. Billigkeits- und Härtefallgesichtspunkte seien im Rahmen der Kostenübernahme vom Träger der Sozialhilfe zu prüfen. Es sei Wille des Gesetzgebers gewesen, mit § 26 Abs. 2 BestattG eine eigene Anspruchsgrundlage zu schaffen. Auch der Umstand, dass diese Vorschrift hätte präziser und unmissverständlicher formuliert werden können, lasse nicht den Schluss zu, dass sie keine Rechtsgrundlage darstelle. Aus dem Wortlaut der Norm ergebe sich, dass es sich um eine Anspruchsgrundlage handele. Auch die Systematik dieser Vorschrift spreche für den Charakter als Rechtsgrundlage. Die Regelung sei vergleichbar mit der zivilrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag. Auch aus dem Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 BestattG ergebe sich, dass es sich bei Absatz 2 der Vorschrift um eine eigenständige Rechtsgrundlage handele. Dort sei nämlich ausdrücklich von einer rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Verpflichtung zur Kostenübernahme die Rede.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes (Az.: 11 K 50/06) vom 9.2.2007 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine Ermächtigungsgrundlage lediglich für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Eine Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung beinhalte diese Regelung jedoch nicht. Außerdem sei die Bestimmung verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber von einer Billigkeitsregelung abgesehen habe. Im Übrigen nimmt er Bezug auf seine bisherigen Ausführungen und macht sich die Urteilsbegründung zu Eigen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung über die Berufung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Band), des Kreisrechtsausschusses (1 Band) und des Sozialamtes des Landkreises A-Stadt (1 Band) Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung war.

Entscheidungsgründe

Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz - BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs. 3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst.

Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.

Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991

Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,

eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte

vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.

Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“

Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in Rheinland-Pfalz -

vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz

nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge- der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie, Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist. Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede auf

vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).

Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten (z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach dem Alter der Person richtet

ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.

Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.

Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf), soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird

vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (Willkürverbot)

BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).

Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R. siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien (z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942 ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1 GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.

Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst

vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.

Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.

Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt, entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen

vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen

oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem Landesvollstreckungsrecht verlangen

vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.

Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung

in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.

Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert

so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.

Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl. Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“

Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.

Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..

Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.

§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.

Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2 HaftpflichtG).

Der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,

hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt (Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG). Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist

vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..

Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG) unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79 BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist

Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.

Das Bundesverwaltungsgericht

Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,

hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele, der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch Kostenentlastung verwandelt

vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).

Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann

vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.

Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet

vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..

Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.

Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.

Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.

Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird

vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe

Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,

die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet

u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.

Das OVG Münster

Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,

hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre, unterbleiben müsse.

Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611 Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen

vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.

Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,

in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von § 15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist, festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht (mehr) einschlägig.

Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt (vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in Rechnung gestellt werden dürfen

Gaedke, a.a.O., S. 117.

Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).

Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz - BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs. 3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst.

Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.

Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991

Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,

eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte

vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.

Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“

Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in Rheinland-Pfalz -

vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz

nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge- der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie, Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist. Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede auf

vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).

Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten (z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach dem Alter der Person richtet

ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.

Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.

Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf), soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird

vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (Willkürverbot)

BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).

Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R. siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien (z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942 ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1 GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.

Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst

vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.

Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.

Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt, entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen

vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen

oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem Landesvollstreckungsrecht verlangen

vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.

Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung

in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.

Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert

so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.

Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl. Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“

Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.

Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..

Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.

§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.

Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2 HaftpflichtG).

Der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,

hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt (Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG). Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist

vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..

Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG) unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79 BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist

Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.

Das Bundesverwaltungsgericht

Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,

hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele, der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch Kostenentlastung verwandelt

vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).

Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann

vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.

Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet

vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..

Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.

Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.

Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.

Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird

vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe

Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,

die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet

u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.

Das OVG Münster

Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,

hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre, unterbleiben müsse.

Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611 Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen

vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.

Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,

in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von § 15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist, festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht (mehr) einschlägig.

Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt (vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in Rechnung gestellt werden dürfen

Gaedke, a.a.O., S. 117.

Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).

Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. Dezember 2003 - 3 K 1991/03 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Tragung von Bestattungskosten.
Am xx.x.2003 verstarb in Karlsruhe der am xx.x.19xx geborene, zuletzt in xxx, xxx, wohnhaft gewesene, geschiedene xxx xxx. Nachdem zunächst keine bestattungspflichtigen Angehörigen ermittelt werden konnten, ordnete die Beklagte am 14.1.2003 die Feuerbestattung des Verstorbenen auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe an. Von den dadurch entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 2.171,16 EUR forderte die Beklagte den nach Abzug des Sterbegeldes der Krankenkasse noch offenen Betrag von 1.646,16 EUR mit Bescheid vom 18.3.2003 vom Kläger an, den sie in der Zwischenzeit als das am x.x.19xx in Kandel geborene, nichteheliche Kind und nächsten Angehörigen des Verstorbenen ermittelt hatte. Weitere Angehörige des Verstorbenen konnten nicht festgestellt werden. Der Kläger erhob gegen den Bescheid mit Schreiben vom 3.4.2003 Widerspruch, den er damit begründete, dass er seit seiner Geburt weder schriftlich noch mündlich Kontakt zu dem Verstorbenen gehabt habe. Auch hätten weder er noch seine Mutter irgendwelche Unterstützung in Form von Unterhalt oder ähnlichem erhalten. Außerdem habe er die Erbschaft vor dem Notariat 3 in Karlsruhe am 28.3.2003 ausgeschlagen. Aus diesen Gründen sei für ihn eine Kostenerstattung nicht zumutbar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.6.2003 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium unter anderem aus, die Einwendungen des Klägers seien nicht geeignet, diesen von seiner Kostentragungspflicht zu entbinden. Er sei als Sohn und nächster Angehöriger bestattungspflichtig. Daran ändere auch die Erbschaftsausschlagung nichts, da die Kostentragungspflicht ihre Grundlage nicht in der bürgerlich-rechtlichen Erbenstellung, sondern in der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der Angehörigen finde, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen.
Die hiergegen rechtzeitig erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 12.12.2003 - dem Antrag der Beklagten entsprechend - ab. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die Bestattung zu Recht auf Kosten des bestattungspflichtigen Klägers veranlasst. Der Kläger sei als bestattungspflichtige Person gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG verpflichtet, die entstandenen Kosten für die Bestattung seines verstorbenen Vaters zu tragen. Auch wenn nie ein Kontakt zwischen dem Kläger und seinem verstorbenen Vater bestanden habe, sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, von seiner Inanspruchnahme abzusehen. Die Bestattungspflicht werde nicht davon abhängig gemacht, dass zwischen den Angehörigen vor dem Todesfall soziale Kontakte unterhalten worden seien. Ebenso wenig komme es auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen an. Nicht gefolgt werden könne auch dem Einwand des Klägers, dass er nach der zum Zeitpunkt seiner Geburt im Jahre 19xx geltenden Rechtslage als nichteheliches Kind nicht als mit seinem Erzeuger verwandt gegolten habe, weshalb er heute auch nicht als Angehöriger des Verstorbenen im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG angesehen werden könne. Denn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids in der Fassung des Widerspruchsbescheids sei der Kläger rechtlich als Angehöriger des Verstorbenen zu betrachten gewesen, ohne dass hierin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung gesehen werden könne. Ferner sei rechtlich unerheblich, dass der Kläger nicht in Baden-Württemberg wohnhaft sei. Entscheidend sei allein, dass der Todesfall im Land Baden-Württemberg eingetreten sei und die zuständige Behörde die Bestattung veranlasst habe. Schließlich könne unerörtert bleiben, ob eine Kostentragungspflicht bei Vorliegen einer unbilligen Härte ausgeschlossen sei. Denn eine solche sei vorliegend nicht ersichtlich. Unberührt bleibe jedoch der Anspruch des Bestattungspflichtigen auf Übernahme der erforderlichen Kosten durch den Sozialhilfeträger des Bestattungsorts, wenn ihm die Übernahme der Bestattungskosten nicht zugemutet werden könne. Unerheblich sei schließlich die vom Kläger hilfsweise erklärte Aufrechnung mit Forderungen gegenüber der Beklagten.
Mit Beschluss vom 8.3.2004 hat der Senat auf Antrag des Klägers die Berufung zugelassen.
Zur Begründung seiner Berufung vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Ein Angehörigkeitsverhältnis zwischen ihm und dem Verstorbenen habe nie bestanden. Er bestreite, dass er überhaupt von dem Verstorbenen gezeugt worden sei. Einen entsprechenden Nachweis habe die Beklagte nicht geführt. Davon abgesehen habe zum Zeitpunkt seiner Geburt nach der damals geltenden Bestimmung des § 1589 Abs. 2 BGB ein uneheliches Kind und dessen Vater nicht als verwandt gegolten. Dass diese Bestimmung später entfallen sei, dürfe nicht zu seinen Lasten gehen. Er sei daher auch heute nicht im bestattungsrechtlichen Sinne als Angehöriger des Verstorbenen zu betrachten. Im Übrigen verstoße die Anwendung der Bestimmungen des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes im vorliegenden Fall gegen verfassungsrechtliche Grundsätze; seine Heranziehung zu den Bestattungskosten sei „menschenrechtswidrig“. Das Bestattungsgesetz sei verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass in den Fällen, in denen keinerlei Kontakt zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen bestanden habe, eine Kostenerstattung nicht vorgenommen werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12.12.2003 - 3 K 1991/03 - zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 18.3.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.6.2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und führt ergänzend aus: Aus dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 5.9.1958 - 7 C 324/58 - ergebe sich eindeutig, dass der Verstorbene als außerehelicher Vater des Klägers gelte und dass er verurteilt worden sei, dem Kläger von dessen Geburt bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres als Unterhalt eine vierteljährlich vorauszahlbare Geldrente in Höhe von 135,-- DM zu bezahlen. Wenn der Kläger seinen Unterhaltsanspruch nicht vollstreckt habe oder habe vollstrecken lassen, so könne er jetzt auch nicht mit der Behauptung gehört werden, er habe seinen Vater nie gekannt und nie Unterhalt von ihm bezogen. Eine Aufrechnung mit Forderungen gegen die Beklagte oder das Land Baden-Württemberg komme unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.
12 
Dem Senat liegen die einschlägigen Behörden- und Gerichtsakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die im Zulassungs- und Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der nach Schließung der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 27.10.2004 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (vgl. hierzu unten S. 12).
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18.3.2003 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.6.2003 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von der Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seines Vaters angefallenen Kosten herangezogen.
15 
Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg vom 21.7.1970 (GBl. S. 395) in der Fassung vom 7.2.1994 (GBl. S.86). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde - im vorliegenden Fall die Beklagte gemäß § 31 Abs. 3 Bestattungsverordnung - BestattVO - i.V.m. § 62 Abs. 4 PolG als Ortspolizeibehörde - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt wird. Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5.12.1996, NJW 1997, 3113 f.).
16 
Die Voraussetzungen für eine Veranlassung der Bestattung durch die Beklagte lagen vor. Nach § 30 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Für die Bestattung müssen die Angehörigen sorgen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BestattG). In Betracht kommen der Ehegatte, die volljährigen Kinder, die Eltern, die Großeltern, die volljährigen Geschwister und Enkelkinder des Verstorbenen in der genannten Reihenfolge (vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Wird durch die Angehörigen nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt, so hat die zuständige Behörde sie anzuordnen oder auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht die Leiche einem anatomischen Institut zugeführt wird (§ 31 Abs. 2 BestattG). Die Bestattung muss grundsätzlich spätestens 96 Stunden nach dem Eintritt des Todes erfolgt sein (§ 37 Abs. 1 BestattG).
17 
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte entsprechend diesen gesetzlichen Vorgaben gehandelt. Sie ist zutreffend davon ausgegangen, dass nicht bzw. nicht rechtzeitig für die Bestattung des Verstorbenen gesorgt werden würde (vgl. § 31 Abs. 1 BestattG). Dass die Leiche nicht einem anatomischen Institut zugeführt wurde, ist rechtlich unschädlich. Hierzu bestand keine Veranlassung, weil aus anderen entsprechenden Fällen seit Jahren bekannt ist, dass die anatomischen Institute des Landes nur noch tote Körper übernehmen, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten eine Körperspende mit dem betreffenden Institut schriftlich vereinbart hat (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96-). Für die Annahme einer solche Vereinbarung ist nichts ersichtlich.
18 
Entgegen dem Berufungsvorbringen war der Kläger auch Bestattungspflichtiger im Sinne der genannten Regelungen. Nach den Ermittlungen der Beklagten war der Verstorbene geschieden und der Kläger daher als volljähriger Sohn und einziger ermittelbarer Angehöriger verpflichtet, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen (vgl. § 31 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Da durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 3.9.1958 (7 C 324/58) gerichtlich festgestellt ist, dass der Verstorbene als Vater des Klägers gilt und zu Unterhaltsleistungen an diesen verurteilt wurde, dies auch durch den Randvermerk auf dem Geburtsregister des Standesamts Kandel vom 29.9.1970 und durch Eintragung im Familienbuch des Klägers (AS. 35 der VG-Akte) bestätigt wird, kann vom Kläger die Vaterschaft des Verstorbenen nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden, zumal er selbst vor dem Notariat 3 in Karlsruhe anlässlich seiner Erbschaftsausschlagung erklärt hat, dass der Verstorbene sein Erzeuger sei und nach seinen Darlegungen in der Klageschrift vom 1.7.2003 (AS. 3 der VG-Akte) auch seine Mutter ihm gegenüber dies bekundet hat.
19 
Die Inanspruchnahme des Klägers als Angehöriger scheitert auch nicht daran, dass er kein eheliches Kind des Verstorbenen war. Eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern wird in den einschlägigen Regelungen  des Bestattungsgesetzes nicht getroffen. Damit zählen zu den bestattungspflichtigen Angehörigen grundsätzlich sowohl eheliche wie nichteheliche volljährige Kinder.
20 
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers auch nicht für diejenigen nichtehelichen Kinder, die - wie der Kläger - noch unter der Geltung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. geboren wurden. Nach dieser Regelung hat ein nichteheliches Kind als nicht mit seinem Erzeuger verwandt gegolten. Auf die damalige Rechtslage kann sich jedoch der Kläger in vorliegendem Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen. Das NEhelG vom 19.8.1969 (BGBl. I S. 1243) brachte eine grundlegende Neuordnung der Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder. Mit der Streichung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. wurden die ehelichen und nichtehelichen Kinder rechtlich grundsätzlich gleichgestellt; das Gesetz unterscheidet nunmehr bei der Verwandtschaft nicht mehr zwischen ehelicher und nichtehelicher Abstammung. Diese geänderte Rechtslage war dem Landesgesetzgeber bei Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes vom 21.7.1970 auch bewusst. Da er eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern im Zusammenhang mit der Bestattungspflicht nicht vorgenommen hat, ohne dass darin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zu sehen ist, ist der Kläger im hier allein maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung rechtlich als Angehöriger des Verstorbenen auch im Sinne des Bestattungsrechts anzusehen.
21 
Der Einwand des Klägers, die Erbschaft sei ausgeschlagen worden, ist rechtlich unbeachtlich. Wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96 -, NJW 1997, 3113, und Urteil vom 25.9.2001 - 1 S 974/01 -, NVwZ 2002, 995 f.) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 19.8.1994 - 1 B 149.94 -, NVwZ-RR 1995, 283) zutreffend dargelegt haben, kommt es auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen nicht an, da die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten zu tragen.
22 
Rechtlich unerheblich für seine Inanspruchnahme als Bestattungspflichtiger auf der Grundlage des Bestattungsgesetzes für Baden-Württemberg ist ferner, dass der Kläger nicht in Baden-Württemberg wohnt. Maßgebend für die Bestattungspflicht und für die hieran anknüpfende Heranziehung zu den Kosten der Bestattung ist allein, ob der Todesfall im Land Baden-Württemberg eingetreten ist und deshalb hier die Bestattung durch ordnungsbehördliches Einschreiten veranlasst wurde. Der Senat teilt die vom Verwaltungsgericht näher dargelegte Rechtsauffassung und verweist auf die dortigen Ausführungen (§ 130 b VwGO).
23 
Soweit der Kläger sinngemäß verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung der hier einschlägigen Bestimmungen des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes in den Fällen unbilliger Härte aufwirft, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Berufung.
24 
Die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht verstoßen auch insoweit nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Es ist zwar zutreffend, dass das Bestattungsgesetz keine Regelung enthält, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten; bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde grundsätzlich kein Ermessen eingeräumt. Es ist indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Bestattungspflicht für volljährige Kinder des Verstorbenen und dementsprechend eine Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme oder Einschränkungen der Verpflichtung, etwa bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen, besteht von Verfassungs wegen nicht (siehe auch VG Karlsruhe, Urteil vom 10.9.2001, NJW 2002, 3491 f.). Dass die Bestattungspflicht - anders als die familiäre Unterhaltspflicht, bei der eine Beschränkung oder ein Wegfall der Verpflichtung in Fällen grober Unbilligkeit vorgesehen ist (vgl. §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nrn. 2 - 7, 1611 BGB), - keine Ausnahmen kennt, lässt sich zum einen damit rechtfertigen, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr dient und damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden können. Vielmehr müssen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten, objektive Maßstäbe eingreifen. Zum anderen knüpfen die Regelungen und die Rangfolge der nach §§ 30, 31, 21 BestattG zur Bestattung Verpflichteten an die den nächsten Angehörigen - und nicht den Erben oder der Allgemeinheit - gewohnheitsrechtlich obliegende Totenfürsorge an. Recht und Pflicht der Totenfürsorge sind kein von dem Verstorbenen ererbtes Recht, sondern Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses, das über den Tod hinaus fortdauert und gegenüber dem toten Familienmitglied Pietät und Pflege seines Andenkens gebietet. Auch wenn die nächsten Angehörigen enterbt sind, haben sie über die Bestattung zu bestimmen. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge beruht damit auf einem vom Zivilrecht völlig unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden Rechtsgrund (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Es ist daher entgegen dem Vorbringen des Klägers auch nicht ohne weiteres möglich, Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen. Insbesondere begründet die Bestattungspflicht anders als die familiäre Unterhaltspflicht kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen und lässt sich damit auch bei gröbsten Verfehlungen des Verstorbenen nicht mit den Situationen vergleichen, die der Gesetzgeber in den Regelungen der §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 - 7 und 1611 BGB in den Blick genommen hat (vgl. hierzu auch Stelkens, Cohrs, NVwZ 2002, 917 f., 920).
25 
Vor allem bedeutet die - ausnahmslose - Bestattungspflicht nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige auch mit den Kosten belastet bleibt. So besteht jedenfalls für den Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen ein Ausgleichsanspruch des Bestattungspflichtigen gegenüber dem Erben. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen auch andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3, 1615 Abs. 2, 1615 m BGB).
26 
In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, besteht nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des § 11 BSHG ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 29.1.2004, Az: 5 C 2/03, Juris) handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet.  Der Anspruch aus § 15 BSHG soll eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten; der Kreis möglicher Berechtigter bestimmt sich nach der anderweitig begründeten Verpflichtung, (zunächst) die Bestattungskosten zu tragen. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Wie das Kriterium der „Zumutbarkeit“ zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche Notlage des „Verpflichteten“ behoben werden. Vielmehr wird an „die fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger“ angeknüpft, deren Maß von der nach der „Besonderheit des Einzelfalles“ zu beurteilenden Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hierzu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der „Zumutbarkeit“ im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 29.1.2004, a.a.O. m.w.N.). Nach alledem ist mit Blick auf das Zusammenspiel dieser Regelungen und unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 15 BSHG die ausnahmslos begründete Bestattungspflicht naher Angehöriger und die daraus folgende Kostentragungspflicht mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.
27 
Der Leistungsbescheid ist auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Bestattung in einfacher, ortsüblicher und würdiger Form vornehmen lassen (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996, a.a.O.). Einwände gegen den Ansatz der Kosten und deren Höhe hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen.
28 
Der Anspruch der Beklagten auf Kostenerstattung ist schließlich nicht durch die - hilfsweise - erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch oder einer Gegenforderung des Klägers gegen das beklagte Land bzw. die Beklagte erloschen. Es ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ersichtlich, inwieweit der Kläger gegenüber der Beklagten oder dem Land Baden-Württemberg Schadensersatzansprüche haben könnte. Die Aufrechnung mit einem - noch klärungsbedürftigen - Kostenübernahmeanspruch aus § 15 BSHG scheitert bereits daran, dass insoweit bei dem zuständigen Sozialhilfeträger noch kein entsprechender Antrag gestellt wurde. Aus diesem Grunde ist auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht in Betracht zu ziehen.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
30 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
13 
Der nach Schließung der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 27.10.2004 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (vgl. hierzu unten S. 12).
14 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18.3.2003 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.6.2003 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von der Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seines Vaters angefallenen Kosten herangezogen.
15 
Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid ist § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg vom 21.7.1970 (GBl. S. 395) in der Fassung vom 7.2.1994 (GBl. S.86). Nach dieser Vorschrift hat die zuständige Behörde - im vorliegenden Fall die Beklagte gemäß § 31 Abs. 3 Bestattungsverordnung - BestattVO - i.V.m. § 62 Abs. 4 PolG als Ortspolizeibehörde - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt wird. Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 5.12.1996, NJW 1997, 3113 f.).
16 
Die Voraussetzungen für eine Veranlassung der Bestattung durch die Beklagte lagen vor. Nach § 30 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Für die Bestattung müssen die Angehörigen sorgen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BestattG). In Betracht kommen der Ehegatte, die volljährigen Kinder, die Eltern, die Großeltern, die volljährigen Geschwister und Enkelkinder des Verstorbenen in der genannten Reihenfolge (vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Wird durch die Angehörigen nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt, so hat die zuständige Behörde sie anzuordnen oder auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn nicht die Leiche einem anatomischen Institut zugeführt wird (§ 31 Abs. 2 BestattG). Die Bestattung muss grundsätzlich spätestens 96 Stunden nach dem Eintritt des Todes erfolgt sein (§ 37 Abs. 1 BestattG).
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Im vorliegenden Fall hat die Beklagte entsprechend diesen gesetzlichen Vorgaben gehandelt. Sie ist zutreffend davon ausgegangen, dass nicht bzw. nicht rechtzeitig für die Bestattung des Verstorbenen gesorgt werden würde (vgl. § 31 Abs. 1 BestattG). Dass die Leiche nicht einem anatomischen Institut zugeführt wurde, ist rechtlich unschädlich. Hierzu bestand keine Veranlassung, weil aus anderen entsprechenden Fällen seit Jahren bekannt ist, dass die anatomischen Institute des Landes nur noch tote Körper übernehmen, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten eine Körperspende mit dem betreffenden Institut schriftlich vereinbart hat (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96-). Für die Annahme einer solche Vereinbarung ist nichts ersichtlich.
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Entgegen dem Berufungsvorbringen war der Kläger auch Bestattungspflichtiger im Sinne der genannten Regelungen. Nach den Ermittlungen der Beklagten war der Verstorbene geschieden und der Kläger daher als volljähriger Sohn und einziger ermittelbarer Angehöriger verpflichtet, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen (vgl. § 31 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 BestattG). Da durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 3.9.1958 (7 C 324/58) gerichtlich festgestellt ist, dass der Verstorbene als Vater des Klägers gilt und zu Unterhaltsleistungen an diesen verurteilt wurde, dies auch durch den Randvermerk auf dem Geburtsregister des Standesamts Kandel vom 29.9.1970 und durch Eintragung im Familienbuch des Klägers (AS. 35 der VG-Akte) bestätigt wird, kann vom Kläger die Vaterschaft des Verstorbenen nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden, zumal er selbst vor dem Notariat 3 in Karlsruhe anlässlich seiner Erbschaftsausschlagung erklärt hat, dass der Verstorbene sein Erzeuger sei und nach seinen Darlegungen in der Klageschrift vom 1.7.2003 (AS. 3 der VG-Akte) auch seine Mutter ihm gegenüber dies bekundet hat.
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Die Inanspruchnahme des Klägers als Angehöriger scheitert auch nicht daran, dass er kein eheliches Kind des Verstorbenen war. Eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern wird in den einschlägigen Regelungen  des Bestattungsgesetzes nicht getroffen. Damit zählen zu den bestattungspflichtigen Angehörigen grundsätzlich sowohl eheliche wie nichteheliche volljährige Kinder.
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Etwas anderes ergibt sich entgegen der Annahme des Klägers auch nicht für diejenigen nichtehelichen Kinder, die - wie der Kläger - noch unter der Geltung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. geboren wurden. Nach dieser Regelung hat ein nichteheliches Kind als nicht mit seinem Erzeuger verwandt gegolten. Auf die damalige Rechtslage kann sich jedoch der Kläger in vorliegendem Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen. Das NEhelG vom 19.8.1969 (BGBl. I S. 1243) brachte eine grundlegende Neuordnung der Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder. Mit der Streichung des § 1589 Abs. 2 BGB a.F. wurden die ehelichen und nichtehelichen Kinder rechtlich grundsätzlich gleichgestellt; das Gesetz unterscheidet nunmehr bei der Verwandtschaft nicht mehr zwischen ehelicher und nichtehelicher Abstammung. Diese geänderte Rechtslage war dem Landesgesetzgeber bei Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes vom 21.7.1970 auch bewusst. Da er eine Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern im Zusammenhang mit der Bestattungspflicht nicht vorgenommen hat, ohne dass darin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung zu sehen ist, ist der Kläger im hier allein maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung rechtlich als Angehöriger des Verstorbenen auch im Sinne des Bestattungsrechts anzusehen.
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Der Einwand des Klägers, die Erbschaft sei ausgeschlagen worden, ist rechtlich unbeachtlich. Wie die Beklagte und das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 5.12.1996 - 1 S 1366/96 -, NJW 1997, 3113, und Urteil vom 25.9.2001 - 1 S 974/01 -, NVwZ 2002, 995 f.) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 19.8.1994 - 1 B 149.94 -, NVwZ-RR 1995, 283) zutreffend dargelegt haben, kommt es auf die Erbenstellung des Bestattungspflichtigen nicht an, da die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht identisch ist, die Beerdigungskosten zu tragen.
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Rechtlich unerheblich für seine Inanspruchnahme als Bestattungspflichtiger auf der Grundlage des Bestattungsgesetzes für Baden-Württemberg ist ferner, dass der Kläger nicht in Baden-Württemberg wohnt. Maßgebend für die Bestattungspflicht und für die hieran anknüpfende Heranziehung zu den Kosten der Bestattung ist allein, ob der Todesfall im Land Baden-Württemberg eingetreten ist und deshalb hier die Bestattung durch ordnungsbehördliches Einschreiten veranlasst wurde. Der Senat teilt die vom Verwaltungsgericht näher dargelegte Rechtsauffassung und verweist auf die dortigen Ausführungen (§ 130 b VwGO).
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Soweit der Kläger sinngemäß verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung der hier einschlägigen Bestimmungen des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes in den Fällen unbilliger Härte aufwirft, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg seiner Berufung.
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Die Regelungen über die Bestattungspflicht und daraus folgend über die Kostentragungspflicht verstoßen auch insoweit nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, als die maßgeblichen Bestimmungen auch dann keine Ausnahme vorsehen, wenn die Durchführung der Bestattung bzw. die Kostentragungspflicht für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Es ist zwar zutreffend, dass das Bestattungsgesetz keine Regelung enthält, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten; bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde grundsätzlich kein Ermessen eingeräumt. Es ist indes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Bestattungspflicht für volljährige Kinder des Verstorbenen und dementsprechend eine Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme oder Einschränkungen der Verpflichtung, etwa bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen, besteht von Verfassungs wegen nicht (siehe auch VG Karlsruhe, Urteil vom 10.9.2001, NJW 2002, 3491 f.). Dass die Bestattungspflicht - anders als die familiäre Unterhaltspflicht, bei der eine Beschränkung oder ein Wegfall der Verpflichtung in Fällen grober Unbilligkeit vorgesehen ist (vgl. §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nrn. 2 - 7, 1611 BGB), - keine Ausnahmen kennt, lässt sich zum einen damit rechtfertigen, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr dient und damit innerhalb der kurz bemessenen Frist des § 37 Abs. 1 BestattG keine längeren Untersuchungen der zuständigen Behörde über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden können. Vielmehr müssen, um eine zügige Bestattung zu gewährleisten, objektive Maßstäbe eingreifen. Zum anderen knüpfen die Regelungen und die Rangfolge der nach §§ 30, 31, 21 BestattG zur Bestattung Verpflichteten an die den nächsten Angehörigen - und nicht den Erben oder der Allgemeinheit - gewohnheitsrechtlich obliegende Totenfürsorge an. Recht und Pflicht der Totenfürsorge sind kein von dem Verstorbenen ererbtes Recht, sondern Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses, das über den Tod hinaus fortdauert und gegenüber dem toten Familienmitglied Pietät und Pflege seines Andenkens gebietet. Auch wenn die nächsten Angehörigen enterbt sind, haben sie über die Bestattung zu bestimmen. Die Anordnung der Bestattungspflicht und die Festlegung ihrer Reihenfolge beruht damit auf einem vom Zivilrecht völlig unabhängigen und nur der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers unterliegenden Rechtsgrund (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994, NVwZ-RR 1995, 283). Es ist daher entgegen dem Vorbringen des Klägers auch nicht ohne weiteres möglich, Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen. Insbesondere begründet die Bestattungspflicht anders als die familiäre Unterhaltspflicht kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen und lässt sich damit auch bei gröbsten Verfehlungen des Verstorbenen nicht mit den Situationen vergleichen, die der Gesetzgeber in den Regelungen der §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 - 7 und 1611 BGB in den Blick genommen hat (vgl. hierzu auch Stelkens, Cohrs, NVwZ 2002, 917 f., 920).
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Vor allem bedeutet die - ausnahmslose - Bestattungspflicht nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige auch mit den Kosten belastet bleibt. So besteht jedenfalls für den Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen ein Ausgleichsanspruch des Bestattungspflichtigen gegenüber dem Erben. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen auch andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3, 1615 Abs. 2, 1615 m BGB).
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In Fällen, in denen Ausgleichsansprüche nicht gegeben sind, insbesondere wenn der Betroffene völlig mittellos verstirbt, besteht nach § 15 BSHG die Möglichkeit, die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger des Bestattungsortes zu verlangen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Bereits nach dem Wortlaut der Bestimmung ist für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des § 11 BSHG ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 29.1.2004, Az: 5 C 2/03, Juris) handelt es sich hierbei um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch, dessen Bedarfsstruktur sich wesentlich von derjenigen sonstiger Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet.  Der Anspruch aus § 15 BSHG soll eine würdige Bestattung eines Toten gewährleisten; der Kreis möglicher Berechtigter bestimmt sich nach der anderweitig begründeten Verpflichtung, (zunächst) die Bestattungskosten zu tragen. Die Verpflichtung kann auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren. Wie das Kriterium der „Zumutbarkeit“ zeigt, soll durch die Vorschrift nicht eine aktuelle sozialhilferechtliche Notlage des „Verpflichteten“ behoben werden. Vielmehr wird an „die fürsorgerechtliche Verantwortung (der Sozialhilfe) für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger“ angeknüpft, deren Maß von der nach der „Besonderheit des Einzelfalles“ zu beurteilenden Frage abhängt, ob und inwieweit die Kostentragung dem vorrangig hierzu Verpflichteten zuzumuten ist. Der Begriff der „Zumutbarkeit“ im Sinne von § 15 BSHG ist damit nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles auslegungsbedürftig. Das dem Kostentragungspflichtigen aus der Sicht des § 15 BSHG zumutbare Gewicht der Kostenbelastung wird insbesondere von der Nähe und Beziehung zum Verstorbenen abhängen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 29.1.2004, a.a.O. m.w.N.). Nach alledem ist mit Blick auf das Zusammenspiel dieser Regelungen und unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 15 BSHG die ausnahmslos begründete Bestattungspflicht naher Angehöriger und die daraus folgende Kostentragungspflicht mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.
27 
Der Leistungsbescheid ist auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat die Bestattung in einfacher, ortsüblicher und würdiger Form vornehmen lassen (vgl. Senatsurteil vom 5.12.1996, a.a.O.). Einwände gegen den Ansatz der Kosten und deren Höhe hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen.
28 
Der Anspruch der Beklagten auf Kostenerstattung ist schließlich nicht durch die - hilfsweise - erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch oder einer Gegenforderung des Klägers gegen das beklagte Land bzw. die Beklagte erloschen. Es ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ersichtlich, inwieweit der Kläger gegenüber der Beklagten oder dem Land Baden-Württemberg Schadensersatzansprüche haben könnte. Die Aufrechnung mit einem - noch klärungsbedürftigen - Kostenübernahmeanspruch aus § 15 BSHG scheitert bereits daran, dass insoweit bei dem zuständigen Sozialhilfeträger noch kein entsprechender Antrag gestellt wurde. Aus diesem Grunde ist auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht in Betracht zu ziehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.