Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Juni 2011 - 2 A 10395/11

ECLI: ECLI:DE:OVGRLP:2011:0617.2A10395.11.0A
published on 17/06/2011 00:00
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 17. Juni 2011 - 2 A 10395/11
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Tenor

Unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Februar 2011 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Übernahme von Schülerfahrkosten für das Schuljahr 2009/2010.

2

Der Kläger besucht das W-Gymnasium in M. Seine Eltern sind geschieden, leben getrennt und haben gemeinsam das Sorgerecht. Die Wohnung der Mutter ist weniger, diejenige des Vaters mehr als vier Kilometer von der Schule des Klägers entfernt. Dieser lebt im wöchentlichen Wechsel bei seinen Eltern, wobei er im Schuljahr 2009/2010 mit Hauptwohnung bei seiner Mutter gemeldet war.

3

Seinen Antrag auf Übernahme der Fahrkosten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Juni 2009 mit der Begründung ab, der Schulweg, für dessen Berechnung der Hauptwohnsitz bei der Mutter maßgeblich sei, betrage weniger als vier Kilometer. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger unter anderem geltend machte, die Entfernung müsse von der Wohnung des Vaters gemessen werden, wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 2010 zurück. Zwar sei der Wortlaut des § 69 Abs. 2 Schulgesetz – SchulG –, dem zufolge es auf die Länge des Fußwegs zwischen Wohnung und Gymnasium ankomme, nicht eindeutig. Jedoch sei aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität sowie zur Vermeidung von Missbrauchsmöglichkeiten und übermäßigen finanziellen Belastungen auf den melderechtlichen Hauptwohnsitz abzustellen.

4

In seiner hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger ergänzend zu seinen bisherigen Ausführungen geltend gemacht, er sei aufgrund einer längeren Erkrankung seiner Mutter im Schuljahr 2009/2010 sogar überwiegend von der Wohnung des Vaters aus zur Schule gefahren.

5

Der Kläger hat beantragt,

6

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Juni 2009 und des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2010 zu verpflichten, die Schülerfahrkosten für das Schuljahr 2009/2010 (abzüglich des Eigenanteils) zu übernehmen.

7

Die Beklagte hat unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Das Verwaltungsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, die Fahrkosten – abzüglich des Eigenanteils – zur Hälfte zu übernehmen. Zwar sei für die Bemessung der Wegstrecke grundsätzlich auf den Lebensschwerpunkt der Schüler abzustellen. Anders verhalte es sich jedoch dann, wenn es einen solchen nicht gebe, weil ein Schüler bei beiden Elternteilen in gleichem Umfang wohne. Dort führe eine Anknüpfung an das Melderecht zu einem „Alles-oder-nichts-Prinzip“, bei dem die Fahrkostenerstattung in der beliebigen Entscheidung der Sorgeberechtigten über den Hauptwohnsitz ihres Kindes stehe. Die Wahrung der Chancengleichheit und eine möglichst sparsame Verwendung öffentlicher Gelder hingegen erforderten in den Fällen eines solchen sog. Doppelresidenzmodells eine anteilige Kostenerstattung. Dem stünden weder der Wortlaut des § 69 SchulG noch Gründe der Verwaltungspraktikabilität entgegen. Der Prüfungsaufwand erhöhe sich für die Beklagte nicht in unzumutbarer Weise. Diese werde zudem durch die Beschränkung der Erstattung auf die Hälfte finanziell entlastet. Schließlich gehe hiermit keine Erhöhung des Missbrauchsrisikos einher, weil die melderechtliche Situation ebenso wenig überprüfbar sei wie der tatsächlich zurückgelegte Schulweg.

10

Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend, der Gesetzgeber verwende in § 69 SchulG den Begriff der Wohnung ausschließlich in der Einzahl und lasse dadurch erkennen, dass fahrkostenrechtlich nur eine Wohnung maßgeblich sei. Die Verwendung des Wortes „Wohnsitz“ verdeutliche die Anknüpfung an das Melderecht. Die gleichberechtigte Berücksichtigung mehrerer Wohnungen führe zu Zuständigkeitsschwierigkeiten, wenn ein Schüler beispielsweise in der Stadt Mainz und im Landkreis Mainz-Bingen wohne, aber eine Schule in Hessen besuche mit der Folge, das nach § 69 Abs. 1 Satz 3 SchulG sowohl die Stadt als auch der Landkreis erstattungspflichtig wären. Andere Vorschriften des Schulgesetzes, beispielsweise diejenigen über die Festlegung der Schulbezirke, knüpften gleichfalls erkennbar an den melderechtlichen Hauptwohnsitz an. Darüber hinaus sei bereits die Feststellung, ob die Eltern ein sog. Doppelresidenzmodell vereinbart hätten, in Ermangelung eines Prüfungsmaßstabs hierfür nicht praktikabel. Neben einer erhöhten Missbrauchsgefahr drohten bei Zugrundelegung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zusätzliche finanzielle Belastungen, nicht nur durch den erhöhten Verwaltungsaufwand.

11

Die Beklagte beantragt,

12

das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 14. Februar 2011 insoweit aufzuheben, als die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 24. Juni 2009 und des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2010 verpflichtet wurde, die Schülerfahrkosten des Klägers im Schuljahr 2009/2010 zur Hälfte (abzüglich des entsprechenden Eigenanteils) zu übernehmen, und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

13

Der Kläger tritt der Berufung entgegen. Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt aus, § 7 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – verwende gleichfalls den Begriff „Wohnsitz“ in der Einzahl, obwohl nach Absatz 2 der Vorschrift der Wohnsitz an mehreren Orten bestehen könne. Auch § 56 Abs. 1 SchulG stelle auf den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt ab. Zwischenzeitlich habe er seine Hauptwohnung beim Vater angemeldet. Hierbei müsse sich die Beklagte ebenso auf die Angaben der Eltern verlassen wie bei der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung der Erstattungsvorschriften.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

15

Die Berufung hat Erfolg.

16

Das Verwaltungsgericht hätte den Beklagten nicht verpflichten dürfen, dem Kläger abzüglich des Eigenanteils die Hälfte seiner Fahrkosten zu erstatten. Die Vorschrift des § 69 Abs. 2 SchulG begründet keinen dahingehenden Anspruch, weil sich für das Schuljahr 2009/2010 die Länge des Schulwegs nach der Entfernung zur Wohnung der Mutter des Klägers bemisst. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind deshalb rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –).

17

Gemäß § 33 Abs. 1 Privatschulgesetz i.V.m. § 69 Abs. 1 Satz 1 SchulG obliegt der Beklagten die Beförderung der Schüler zu den auf ihrem Gebiet gelegenen (Privat-)Schulen, wenn die Schüler ihren Wohnsitz in Rheinland-Pfalz haben und ihnen der Schulweg ohne Benutzung eines Verkehrsmittels nicht zumutbar ist. Dies ist nach § 69 Abs. 2 SchulG dann der Fall, wenn der kürzeste nicht besonders gefährliche Fußweg zwischen Wohnung und Gymnasium länger als vier Kilometer ist. Soweit ein Schüler mehrere Wohnungen bewohnt, ist hierfür nach dem Wortlaut (1.), der Systematik (2.) sowie dem Sinn und Zweck der Erstattungsvorschriften (3.) die vorwiegend benutzte und damit die Hauptwohnung im Sinne des § 16 Abs. 2 Meldegesetz – MG – maßgeblich.

18

1. Bereits aus dem Wortlaut des § 69 SchulG ergibt sich, dass für die Übernahme der Schülerfahrkosten nur eine Wohnung zu berücksichtigen ist: Denn Absatz 2 der Vorschrift spricht von der Entfernung zwischen Wohnung und der Schule und verwendet den Begriff folglich typisierend im Sinne einer einzigen Wohnung. Die mit der Wohnung in engem Zusammenhang stehenden Begriffe des Wohnsitzes und des Wohnortes werden in § 69 Abs. 1 und 3 SchulG gleichfalls nur im Singular genannt.

19

Soweit der Kläger geltend macht, § 56 Abs. 1 SchulG knüpfe an den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt an, verfolgt diese Vorschrift ein anderes Ziel als § 69 SchulG. Mit § 56 SchulG soll – ebenso wie in § 66 Abs. 1 SchulG – durch die Erfassung möglichst vieler Kinder, Jugendlicher und Heranwachsender eine weitestgehende Durchsetzung der Schulpflicht gewährleistet werden. Daraus, dass der Gesetzgeber in § 69 SchulG allein auf die Wohnung bzw. den Wohnsitz abstellt, folgt vielmehr im Umkehrschluss, dass für die Bemessung des Schulwegs nicht schon der gewöhnliche Aufenthalt maßgeblich ist.

20

Aus § 11 i.V.m. § 7 Abs. 2 BGB ergibt sich gleichfalls nicht, dass der Gesetzgeber in § 69 Abs. 2 SchulG mehrere Wohnungen als möglichen Bezugspunkt für die Bemessung des Schulwegs und damit für den Umfang der Fahrkostenerstattung erachtet. Die vorgenannten Bestimmungen definieren zwar den örtlichen Anknüpfungspunkt rechtlicher Regelungen des bürgerlichen und des Handelsrechts, des öffentlichen Rechts wie auch des Verfahrensrechts. Indem sie an den Wohnsitz anknüpfen, bringen sie die Belange des Betroffenen, dort in Anspruch genommen zu werden oder behördliche oder gerichtliche Leistungen in Anspruch nehmen zu können, wo er wohnt, mit den Interessen der Gerichte und Behörden in einen sinnvollen Einklang. Sie sind jedoch nicht dergestalt abschließend, dass ihre Vorgaben für alle Regelungsbereiche Geltung beanspruchen. Vielmehr wird beispielsweise auch im Melde-, Wahl-, Pass- und Ausweisrecht oder im Recht des Finanzausgleichs allein auf den melderechtlich definierten Hauptwohnsitz abgestellt (vgl. Bamberger, in: ders./Roth, Beck'scher Online-Kommentar BGB, Stand: 01.03.2011, § 7 Rn. 3, 5).

21

2. Besteht mithin keine die gesamte Rechtsordnung umfassende Definition der Wohnung bzw. des Wohnsitzes, sondern bestimmt sich deren Festlegung abhängig vom jeweiligen Rechtsgebiet anhand unterschiedlicher sachlicher Kriterien, so ergibt sich auch aus der Systematik der schülerbeförderungsrechtlichen Vorschriften, dass ihnen nur eine Wohnung des Schülers zugrunde zu legen ist.

22

Gemäß § 69 Abs. 3 SchulG werden lediglich die Kosten für den Besuch der nächstgelegenen Schule übernommen. Diese gleichfalls an die Länge des Schulwegs anknüpfende Vorschrift wäre auf zwei gleichberechtigte, mitunter zu verschiedenen Schulen nächstgelegene Wohnungen nur schwer anwendbar. Auch bliebe im Falle zweier Wohnungen in unterschiedlichen Landkreisen oder kreisfreien Städten bei einem Schulbesuch in einem anderen Bundesland ungeklärt, welche Gebietskörperschaft nach § 69 Abs. 1 Satz 3 SchulG die Beförderungskosten trägt. Schließlich bestimmt sich die Einkommensgrenze für die Forderung eines Eigenanteils im Sinne des § 69 Abs. 4 Satz 4 SchulG gemäß § 1 der Landesverordnung vom 18. Mai 2009 (GVBl. S. 206) maßgeblich nach den Einkommens- und den Familienverhältnissen des Personensorgeberechtigten, in dessen Haushalt der Schüler lebt. Unterschiede, die sich hinsichtlich der Höhe des Eigenanteils bei der Berücksichtigung zweier Wohnungen ergeben könnten, sind hiermit unvereinbar.

23

3. Ist dem Recht der Schülerfahrkostenerstattung folglich nur eine Wohnung zugrunde zu legen, so ist dies dem Sinn und Zweck der Vorschriften nach bei mehreren Wohnungen diejenige, die von dem Schüler vorwiegend benutzt wird und die damit den räumlichen Mittelpunkt seines Lebens bildet. Weil insoweit die Voraussetzungen mit denjenigen der Bestimmung der Hauptwohnung in § 16 Abs. 2 MG übereinstimmen, bemisst sich die Länge des Schulwegs nach deren Entfernung zur nächstgelegenen Schule.

24

Die – seltenen – Fälle, in denen sich ein Schüler in gleichem Umfang bei beiden getrennt lebenden Elternteilen aufhält und in denen es folglich ausnahmsweise nicht einen alleinigen Lebensschwerpunkt gibt, rechtfertigen keine hiervon abweichende Auslegung. Insbesondere kann hierbei nicht schon aufgrund der elterlichen Vereinbarung über den Aufenthalt des Kindes unterstellt werden, die entfernter gelegene Wohnung stelle gleichermaßen dessen Mittelpunkt des Lebens dar wie die als Hauptwohnsitz gemeldete näher gelegene Wohnung. Die Eltern des Klägers haben vielmehr ausgeführt, die tatsächliche Umsetzung der Vereinbarung orientiere sich nicht am wöchentlichen Turnus, sondern an den Wünschen des Klägers wie auch an äußeren Bedingungen, beispielsweise der Erkrankung eines Elternteils; der Kläger habe deshalb im Schuljahr 2009/2010 mehr Zeit in der Wohnung des Vaters verbracht habe. Damit aber ist der Übergang zu den Fällen fließend, in denen sich die Kinder getrennt lebender Eltern zwar auch anteilig, jedoch nicht in gleichem zeitlichem Umfang bei diesen aufhalten. Folglich wäre die Beklagte – mangels einer hinreichend klaren Abgrenzbarkeit – letztlich auch in diesen Fällen zu einer anteiligen Kostenübernahme verpflichtet. Der hierdurch ausgelöste Verwaltungsaufwand ist jedoch durch die nach der bisherigen Behandlung bei den Eltern verbleibende Belastung mit Beförderungskosten nicht gerechtfertigt.

25

Vielmehr können die Eltern, die sich auf eine Kinderbetreuung in gleichem Umfang geeinigt haben, – unter Beachtung der melderechtlichen Vorgaben – die entfernter gelegene Wohnung als Hauptwohnung wählen und so verhindern, dass der Schulbesuch durch die von dort notwendigen Fahrkosten erschwert wird. Die vom Kläger hervorgehobene Missbrauchsgefahr wird dadurch gemindert, dass melderechtliche Verstöße bußgeldbewehrt sind. Sie wird zudem dadurch relativiert, dass die Angabe der entfernter gelegenen Wohnung als Hauptwohnung nur so lange plausibel ist, wie sie sich in hinreichender Nähe der besuchten Schule befindet.

26

4. Beträgt danach der Schulweg des Klägers weniger als vier Kilometer, so war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

27

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung.

28

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe in der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

29

Beschluss

30

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 208,00 € (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des aus dem Urt
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Annotations

(1) Wer sich an einem Orte ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz.

(2) Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen.

(3) Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.