Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 20. Juni 2016 - 6 A 8/15
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für das erstinstanzliche Verfahren auf die Wertstufe bis 35.000,00 Euro und für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 40.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass der angefochtene Zurruhesetzungsbescheid des beklagten Landes vom 10. Oktober 2012 rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze. Das beklagte Land sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt dauernd dienstunfähig (vgl. § 26 Abs. 1 BeamtStG) gewesen sei. Allerdings könne die Zurruhesetzung nicht allein darauf gestützt werden, dass der Kläger entgegen entsprechender dienstlicher Weisung seinerzeit keine Feststellungen zu seiner Dienstunfähigkeit ermöglicht habe. Denn es fehle an der für eine solche Schlussfolgerung erforderlichen rechtmäßigen Untersuchungsanordnung. Gleichwohl sei von der Dienstunfähigkeit des Klägers am Tag der Zustellung der Zurruhesetzungsverfügung auszugehen. Das folge aus dem im gerichtlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten des Vollzugsarztes Dr. P. vom 26. Juni und 30. September 2014, das weder grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweise noch von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehe; auch bestehe kein Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters. In dem Gutachten werde festgestellt, dass der Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Mitte Oktober 2012 alkoholkrank gewesen sei, was zur vollständigen Dienstunfähigkeit führe. Der Zurruhesetzung stünden auch die Regelungen in § 26 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 und 3 BeamtStG nicht entgegen. Eine Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung habe im Fall des Klägers nicht bestanden, weil die Alkoholerkrankung zu einer vollständigen Dienstunfähigkeit geführt habe. Es gebe kein Amt, dessen gesundheitlichen Anforderungen er gewachsen gewesen wäre.
5Die gegen diese näher begründeten Feststellungen des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwendungen begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht zu der Einschätzung gelangt, dass der Kläger im Zeitpunkt seiner Zurruhesetzung dauernd dienstunfähig war.
6Der Kläger wirft dem Verwaltungsgericht zu Unrecht vor, es habe die Beantwortung der Frage, ob im Zeitpunkt der Zurruhesetzung Dienstunfähigkeit vorgelegen habe, fälschlicherweise dem Gutachter Dr. P. überlassen. Im Ausgangspunkt ist es zwar zutreffend, dass dem begutachtenden Arzt nicht die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der Dienstfähigkeit übertragen ist. Er wird vielmehr als Sachverständiger tätig, auf den der Dienstherr – bzw. in einem späteren Verfahrensstand das Gericht – angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Arzt muss deshalb den Gesundheitszustand des Beamten feststellen und medizinisch bewerten, dagegen ist es Aufgabe der Behörde und ggf. des Gerichts, hieraus die Schlussfolgerungen zur Beurteilung der Dienstfähigkeit des Beamten zu ziehen. Sie müssen die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Dies gilt insbesondere für die Feststellung, welche Folgen sich aus den vom Arzt festgestellten Leistungseinschränkungen für die amtsbezogenen Dienstpflichten ergeben.
7Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 C 22.13 –, juris, Rn. 18, m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 2015 – 6 A 915/14 –, juris.
8Diesen Anforderungen ist das Verwaltungsgericht aber entgegen dem Vorbringen des Klägers – er benennt mit dem Zulassungsvorbringen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass sich das Verwaltungsgericht ohne eigene Prüfung und Beurteilung den Schlussfolgerungen des Gutachters angeschlossen haben könnte – hinreichend nachgekommen. Das Verwaltungsgericht bringt bereits einleitend zum Ausdruck, dass es seinen Schluss auf die Dienstunfähigkeit des Klägers auf der Grundlage des Gutachtens zieht (vgl. Seite 9 vorletzter Absatz der Urteilsabschrift). Im Folgenden stellt es fest, dass aus seiner Sicht die Schlussfolgerungen des Sachverständigen zur Alkoholerkrankung des Klägers im entscheidenden Zeitpunkt „nachvollziehbar und überzeugend“ seien (vgl. Seite 10 vorletzter und letzter Absatz der Urteilsabschrift). Auf der Grundlage der – ausführlich dargestellten und einer Überprüfung unterzogenen – Erkenntnisse und Folgerungen des Sachverständigen (vgl. u.a. Seite 11 ff. der Urteilsabschrift) kommt das Verwaltungsgericht schließlich zu seiner eigenen Beurteilung der Dienstfähigkeit des Beamten. Danach ist aufgrund der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellten Alkoholerkrankung des Kläger im Oktober 2012 auch auf seine damalige Dienstunfähigkeit zu schließen (vgl. S. 17 zweiter Absatz der Urteilsabschrift). Dass das Verwaltungsgericht dabei – wie der Kläger meint – fälschlich ohne eigene Bewertung „automatisch“ die Alkoholerkrankung mit der Dienstunfähigkeit gleichgesetzt hat, ist ebenfalls nicht erkennbar. Vielmehr begründet es – gestützt auf die schlüssigen und nachvollziehbaren medizinischen Grundlagen und Erläuterungen des Sachverständigen – seine Annahme der Dienstunfähigkeit u.a. mit der eingeschränkten Steuerungsfähigkeit und der daraus folgenden mangelnden Fähigkeit, einen „normalen Arbeitsplatz“ auszufüllen (vgl. S. 17 zweiter Absatz der Urteilsabschrift).
9Ebenfalls ohne Erfolg wendet der Kläger ein, dass das Gutachten des Sachverständigen Dr. P. schon deswegen keine geeignete Grundlage für die Annahme einer dauerhaften Alkoholerkrankung im Zeitpunkt der Zurruhesetzung biete, weil danach eine solche Erkrankung lediglich mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ vorgelegen habe. Der Gutachter habe selbst ausgeführt, er könne nicht mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass der Kläger im fraglichen Zeitpunkt „alkoholgesund“ gewesen sei; bei aktuellen Zeichen eines chronischen Alkohol-Abusus könnte die Alkoholerkrankung „theoretisch“ auch erst nach der Zurruhesetzung entstanden sein. Der Kläger geht fehl, wenn er damit offenbar zum Ausdruck bringen will, eine zur Dienstunfähigkeit führende Erkrankung könne nur dann angenommen werden, wenn ein über die „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“ hinausgehender Wahrscheinlichkeitsmaßstab („hundertprozentige Sicherheit“) angelegt werde. Eine solche „unumstößliche Gewissheit“ ist nicht erforderlich. Notwendig, aber auch ausreichend für die volle richterliche Überzeugung (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) ist vielmehr die „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, also ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt.
10Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 – 2 C 55.09 –, juris, Rn. 12; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 22. Auflage 2016, § 108 Rn. 5, jeweils mit weiteren Nachweisen.
11Angesichts dessen trifft es auf keine rechtlichen Bedenken, wenn sich das Gericht auf – der richterlichen Überzeugungsbildung vorausgehende – Feststellungen und Einschätzungen von Sachverständigen stützt, die ebenfalls keine „unumstößliche Gewissheit“ für sich in Anspruch nehmen wollen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht diese Besonderheit hier erkannt und in seine Beweiswürdigung einbezogen.
12Ein Sachverständigengutachten ist daher auch nicht schon allein deswegen von vornherein unbrauchbar, weil sich der (zur Frage des Vorliegens einer zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung) beauftragte Sachverständige für seine Einschätzungen und Schlussfolgerungen – mangels umfassender im Zurruhesetzungszeitpunkt durchgeführter Untersuchungen – auf zeitlich frühere oder spätere Untersuchungsbefunde und sonstige (aktenkundige) Umstände, Feststellungen sowie medizinisch gesicherte Erfahrungswerte stützt.
13Vgl. ebenso zu einem nachträglich und allein auf der Grundlage des Aktenmaterials erstellten Gutachten OVG NRW, Urteil vom 3. Februar 2015 – 6 A 371/12 –, juris.
14Demnach gibt auch der vom Kläger angeführte Umstand, dass dem Sachverständigen „für den einschlägigen Zeitraum … vollständige Daten und Fakten“ gefehlt hätten, für sich gesehen keine Anhaltspunkte dafür her, dass die Feststellungen des Sachverständigen zur Alkoholerkrankung des Klägers durchgreifenden Bedenken unterliegen könnten. Der Sachverständige Dr. P. hat vielmehr die langjährige Entwicklung des Gesundheitszustandes Klägers umfassend in den Blick genommen, dabei eine Vielzahl von in den Verwaltungsvorgängen dokumentierten Vorkommnissen (darunter Beobachtungen anderer Bediensteter sowie Vorgesetzter und auch Blutalkoholtests) berücksichtigt, verschiedene Gutachten und ärztliche Stellungnahmen sowie Laborbefunde – auch zeitnah zur Zurruhesetzung erhobene Befunde vom 15. Mai 2012, 14. November 2012 und 12. Dezember 2012 – ausgewertet und eingeordnet und zudem eine eigene körperliche Untersuchung des Klägers einschließlich der Begutachtung aktueller Laborbefunde vorgenommen.
15Weshalb gleichwohl die in dem Gutachten enthaltenen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Alkoholerkrankung des Klägers entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht schlüssig und überzeugend sein könnten, wird mit dem Zulassungsvorbringen nicht substantiiert aufgezeigt. Abwegig ist insbesondere die nicht näher begründete Behauptung des Klägers, die angesichts der Vor- und Nachgeschichte gezogenen Schlussfolgerungen des Sachverständigen Dr. P. seien „aus dem Bauch heraus“ getroffen. Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist die Behauptung, das Gericht habe Anhaltspunkte für „entlastende Umstände für den einschlägigen Zeitraum ausgeblendet und zur Seite geschoben“. Soweit der Kläger damit offenbar die Einschätzungen des behandelnden Hausarztes Dr. D. meint, hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass sich dessen Erklärung vom 24. November 2014 „der Kläger sei … nie wegen Alkoholkonsums in seiner Arztpraxis aufgefallen“ keine gegen eine Alkoholerkrankung sprechenden Anhaltspunkte entnehmen lassen.
16Schließlich werden keine ernstlichen Zweifel hinsichtlich der Annahme des Verwaltungsgerichts aufgezeigt, es habe keiner Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit des Klägers im Sinne des § 26 BeamtStG bedurft, weil seine Alkoholerkrankung zur vollständigen Dienstunfähigkeit geführt habe. Das Verwaltungsgericht ist ausdrücklich auf der Grundlage des durch das Gutachten vermittelten Wissens – es greift die darin enthaltenen Aussagen zur eingeschränkten Steuerungsfähigkeit sowie der Ausrichtung des Verhaltens an der Suchtbefriedigung bzw. zur Verbergung der Sucht auf – zur Annahme einer vollständigen Dienstunfähigkeit gelangt. Dass es in bestimmten Fällen gleichwohl möglich sein kann, Mitarbeiter auf der Grundlage von Suchtprogrammen (beschränkt) einzusetzen, steht dem nicht entgegen, zumal der Kläger in der Vergangenheit Hilfsangebote nicht angenommen hatte.
17Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.
18Soweit der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht hätte dem Beweisantrag stattgeben und den behandelnden Hausarzt Dr. D. als sachverständigen Zeugen zu der Behauptung hören müssen, im Zeitpunkt des Zurruhesetzungsbescheides hätten keine Anzeichen für eine dauerhafte Alkoholerkrankung vorgelegen, legt er nicht hinreichend dar, welches Ergebnis diese Befragung voraussichtlich gehabt hätte und weshalb dieses Ergebnis zu einer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Der Kläger verweist zur Begründung des Verfahrensmangels (erneut) auf die schriftlichen, im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Ausführungen des behandelnden Hausarztes Dr. D. . Darin wird indessen in Bezug auf die Frage des Vorliegens einer Alkoholerkrankung lediglich ausgeführt, dass der Kläger in der Arztpraxis nie wegen Alkoholkonsums aufgefallen sei (vgl. Schreiben vom 7. Dezember 2013 und vom 24. November 2014). Das Verwaltungsgericht hat diesen Vortrag als wahr unterstellt und deswegen den Beweisantrag abgelehnt. Denn der Umstand, dass der Kläger in der Praxis nicht wegen Alkoholkonsums aufgefallen sei, gebe für das Vorliegen einer Alkoholerkrankung nichts her, weil es wegen der Alkoholgewöhnung nicht zu Ausfällen kommen müsse. Diese Annahme hat der Kläger nicht angegriffen und damit insbesondere nicht dargelegt, weshalb eine Vernehmung des Dr. D. zu einer günstigeren Entscheidung hätte führen können.
19Ein zur Zulassung der Berufung führender Verfahrensfehler liegt schließlich nicht darin, dass das Verwaltungsgericht kein (weiteres) Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt hat, dass „die von Herrn Dr. P. festgestellten Veränderungen der Transaminasen und des MCV-Wertes keine eindeutigen medizinischen Beweise für eine Alkoholerkrankung darstellten“.
20Ein Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens kann grundsätzlich nach tatrichterlichem Ermessen verfahrensfehlerfrei abgelehnt werden. Eines weiteren Gutachtens bedarf es nur dann, wenn ein bereits vorliegendes Gutachten nicht den ihm obliegenden Zweck erfüllen kann, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts notwendige Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die für die Entscheidung notwendige Überzeugungsbildung zu ermöglichen. In diesem Sinn kann ein Sachverständigengutachten für die Entscheidungsfindung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht.
21Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 – 2 B 80.10 –, juris, Rn. 7; OVG NRW; Urteil vom 4. November 2015 – 6 A 1364/14 –, juris.
22Danach liegt kein Verfahrensfehler in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die Einholung des beantragten weiteren Sachverständigengutachtens mit der Begründung abzulehnen, das Gutachten des Dr. P. sei ausreichend und genügend und weise mithin keine Mängel im vorstehenden Sinne auf. Dies folgt in Bezug auf die hier interessierenden „Veränderungen der Transaminasen und des MCV-Wertes“ schon daraus, dass der Sachverständige Dr. P. in seinem Gutachten an keiner Stelle die vom Kläger mit dem Beweisantrag zur Überprüfung gestellte Annahme aufgestellt hat, Veränderungen der genannten Werte seien ein eindeutiger medizinischer Beweis für eine Alkoholkrankheit. Vielmehr verweist er in seinem Gutachten in Bezug auf den MCV-Wert ausdrücklich auch auf weitere denkbare Ursachen und betont, dass dieser Wert als Einzelwert keinen Rückschluss auf die Genese der Abweichung zulasse, sondern erst in Verbindung mit anderen Werten interpretierbar sei. Zu den sogenannten Transaminasen weist er ebenfalls darauf hin, dass diese Werte für sich nur interpretierbar im Hinblick auf den Leberzellschaden seien, sich die Ursache dafür den Werten aber nicht entnehmen lasse (vgl. Seite 4 des Ergänzungsgutachtens vom 30. September 2014 zum Gutachten vom 26. Juni 2014).
23Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
24Die Streitwertfestsetzung bzw. -abänderung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG sowie § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG, § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG in der Fassung vom 24. November 2011. Eine Halbierung des Streitwertes nach § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG bzw. § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG in der Fassung vom 24. November 2011 kommt nicht in Betracht, da das Verfahren nicht lediglich den Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand betrifft.
25Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der am 20. Januar 1954 geborene Kläger steht seit dem 1. Oktober 1970 als Polizeivollzugsbeamter im Dienst des beklagten Landes. Zuletzt wurde er im Jahre 1995 zum Kriminalhauptkommissar (BesGr A11 BBesO) befördert.
3In den folgenden Jahren wurde bei dem Kläger anhand der dienstlichen Beurteilungen ein Leistungsabfall aktenkundig. Ausgehend von den bescheinigten schlechten dienstlichen Leistungen bei seiner damaligen Dienststelle, dem Polizeipräsidium (PP) L. , sollte er 1999 auf seine Verwendungsfähigkeit untersucht werden; sein privat behandelnder Arzt Dr. C. empfahl „dringend“ einen Wechsel der Dienststelle. Die Untersuchung fand schließlich am 27. April 2000 bei dem Dipl.-Psychologen Dr. med. O. statt, musste aber abgebrochen werden, nachdem der Kläger Anstoß an dem Grund der Untersuchung nahm und seine weitere Mitwirkung verweigerte. Nach dem Bericht des Dr. O. soll der Kläger angegeben haben, „er halte sich nicht für vermindert leistungsfähig, sondern das Mobbing am Arbeitsplatz sei Ursache für seine Probleme“. Bei noch nicht abgeschlossener Untersuchung habe der Kläger „persönlichkeitsauffällig“ gewirkt.
4Seit 2001 ist bei dem Kläger eine Behinderung („psychische Beeinträchtigung mit Depressivität“) mit einem GdB von 40 anerkannt.
5Der Kläger war in dieser Zeit immer wieder dienstunfähig erkrankt; zudem kam es zu verschiedenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. 2001 unterzog sich der Kläger einer Reha-Maßnahme in Bad P. . Wegen eines Vorfalles am 24. Juni 2002 in einem Eiscafé in L. -S. wurde gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Ab Juli 2002 trat erneut Arbeitsunfähigkeit ein (Bericht des Nervenarztes Dr. U. vom 7. März 2003). Prof. Dr. T. (Universität zu L. ) erstattete unter dem 5. Mai 2003 ein fachpsychologisches Gutachten über den Kläger. Dieses Gutachten wertete der Polizeiärztliche Dienst in L. (Dr. I. ) dahin aus, dass aus polizeiärztlicher Sicht keine Hinweise auf eine Verwendungseinschränkung beständen; eine stufenweise Wiedereingliederung in den Dienst sei möglich.
6Mit Verfügung der Bezirksregierung L. vom 17. Mai 2004 wurde der Kläger zum Landrat des S. -F. -Kreises als Kreispolizeibehörde (im Folgenden: Landrat) versetzt. Er sollte dort ab dem 1. Juni 2004 in L1. eine Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell mit zunächst vier Arbeitsstunden täglich beginnen. Nachdem er zunächst wie vorgesehen erschienen war, verließ er am nächsten Tag, dem 2. Juni 2004, die Dienststelle, um den Arzt aufzusuchen; seitdem ist er dienstunfähig erkrankt. Die Erkrankung wies er in der Folge (bis einschließlich 12. November 2009) durch Vorlage privatärztlicher Atteste lückenlos nach. Mit Schreiben vom 15. Juli 2004 erklärte er, ihm sei eine Dienststelle in I. in Aussicht gestellt worden; es sei für ihn von wesentlicher Bedeutung, gerade in I. dienstlich Verwendung zu finden. Eine Verwendung in C. oder L1. sei „aus verbindungstechnischen Gründen auszuschließen“.
7Im Jahre 2006 wurde die Angelegenheit auf Betreiben des Klägers wieder aufgegriffen. Es wurde eine Untersuchung durch den Polizeiärztlichen Dienst der Bezirksregierung L. veranlasst, die am 18. April 2006 stattfand. Dabei soll der Kläger gegenüber dem untersuchenden Polizeiarzt Dr. S1. nach dessen Bericht wiederum geäußert haben, er sei jederzeit sofort zu einer vollen Arbeitsaufnahme an seiner gewünschten Arbeitsstelle in I. bereit. „Alles andere komme nicht in Frage“. Dr. S1. merkt dazu in seinem Bericht an:
8„Die Vorstellungen des Beamten wirken seltsam welt- und lebensfremd. Es bestehen Anzeichen einer Realitätsverkennung. Ereignisse in der Vergangenheit weisen auf eine ernste psychiatrische Erkrankung.“
9Es entspann sich ein Schriftwechsel über die Dienstfähigkeit und weitere Verwendung des Klägers. Der Kläger wandte sich mit einer Beschwerde an das Innenministerium NRW. Privat befand er sich außer bei Dr. U. auch bei dessen Nachfolger Dr. Q. in Behandlung. Im Auftrage des Dienstherrn waren neben Dr. S1. als weitere Ärzte Dr. I. (Polizeiärztlicher Dienst PP C1. ) und der Facharzt für Innere Medizin Regierungsmedizinalrat C2. (Polizeiärztlicher Dienst PP L. ) mit der Angelegenheit befasst. RMR C2. untersuchte den Kläger am 6. November 2008 auf seine Verwendungsfähigkeit. Er notierte dazu:
10„mit Beamten besprochen, dass stationäre Reha-Maßnahme + anschließende Begutachtung sinnvoll ist“.
11Unter Bezugnahme auf die Untersuchung forderte der Landrat den Kläger mit Schreiben vom 29. Dezember 2008 auf, sich am 8. Januar 2009 im B. -Krankenhaus in L. -Q1. vorzustellen. Dem kam der Kläger nach. Zu der ambulanten Vorstellung soll er mit einer Aktentasche erschienen sein und, auf diese deutend, erklärt haben, „dieses Verfahren“ sei das Problem. Er werde nicht fair behandelt. Nach dem erhobenen Aufnahmebefund (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. I1. ) bestand Krankheitsgefühl und Krankheitseinsicht. Vor dem Termin hatte unter anderem RMR C2. versucht, dem Kläger die Notwendigkeit der Untersuchung zu verdeutlichen; er rief den Kläger auch anschließend an, konnte ihn aber nicht dazu bewegen, einer stationären Aufnahme zuzustimmen.
12RMR C2. wandte sich daraufhin unter dem 27. Januar 2009 an die C3. -Klinik in S2. ; dort sei eine stationäre Behandlung des Klägers dringend erforderlich. Es werde gebeten, den Aufnahmetermin baldigst zu vereinbaren und dem Kläger mitzuteilen. Der Kläger, dem die Anmeldung der stationären Behandlung unter demselben Tag bekanntgegeben worden war, legte mit Anwaltsschreiben vom 4. März 2009 Widerspruch ein. Er bestritt die Voraussetzungen für eine Einweisung in die psychiatrische Fachklinik. Die C3. -Klinik teilte daraufhin dem Kläger mit, sie habe den stationären Aufnahmetermin zum 24. März 2009 „wunschgemäß“ wieder gestrichen.
13Das PP L. (RMR C2. ) schrieb unter dem 17. April 2009 den Kläger an und wies ihn darauf hin, der Termin bei der Klinik sei nun endgültig abgesagt; statt dessen sei jetzt beabsichtigt, „die aus unserer Sicht dringend notwendige stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Fachklinik G. “ in Bad T. einzuleiten. Der Kläger antwortete unter dem 24. April 2009, sein Widerspruch gegen die Einweisung in die Psychiatrie bleibe bestehen, und verwies auf Stellungnahmen seines behandelnden Arztes Dr. Q. vom 9. Februar 2009 sowie des von ihm eingeschalteten Facharztes für Psychiatrie L2. vom 21. März 2009, die einen stationären Krankenhausaufenthalt nicht für erforderlich hielten.
14Bereits mit Schreiben vom 15. April 2009 hatte das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW (LAFP) sich an den Landrat gewandt und gebeten, angesichts „der außerordentlich langen Krankheitszeit sowie seiner beharrlich[en] Weigerung [,] an den jeweiligen notwendigen polizeiärztlichen Untersuchungen teilzunehmen“, „das PDU-Verfahren“ für den Kläger „unverzüglich einzuleiten“. Zugleich wurde darum gebeten, dass der Kläger „vor der geplanten Begutachtung“ in der Klinik „G. “ „alsbald bei dem zuständigen Gutachter, Herrn Dr. I. , beim PÄD C1. vorstellig wird“ (Hervorhebung im Original).
15Der Landrat schrieb darauf den Kläger mit Datum vom 23. April 2009 an und teilte ihm mit, er habe aufgrund seiner „außergewöhnlich langen Krankheitszeit“ und seinen „Weigerungen [,] an den jeweils geplanten notwendigen polizeiärztlichen Untersuchungen teilzunehmen“, „sowohl erhebliche Zweifel“ an seiner Polizeidienstfähigkeit als auch an seiner allgemeinen Dienstfähigkeit. Er beabsichtige daher, ein „Polizeidienstunfähigkeits-Verfahren“ einzuleiten. Im Rahmen dessen sei eine Vorstellung beim PÄD C1. notwendig. Der Kläger wurde gebeten, eine Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht bis zum 6. Mai 2009 unterschrieben zurückzusenden.
16Mit Schreiben vom 8. Mai 2009 legte der Kläger gegen die Verfügung Widerspruch ein, wobei er darauf hinwies, dass auch „gegen die Einweisung in das Krankenhaus der Psychiatrie durch den Polizeiarzt Dr. C2. weiterhin ein Widerspruchsverfahren anhängig ist“. Der Landrat antwortete hierauf unter dem 19. Mai 2009, die Einlegung eines Widerspruchs sei nicht zulässig, da der Bescheid „lediglich eine Zusammenfassung der Ereignisse und eine Aufforderung zur Mitwirkung“ darstelle. Mit gleichem Datum erging die Weisung an den Kläger, künftige Krankmeldungen „von Herrn Dr. C2. , Polizeiärztlicher Dienst in L. , bestätigen zu lassen“. Dazu hieß es: „Sollten Sie dieser Weisung nicht nachkommen, so besteht für Sie eine sofortige Dienstpflicht. Als Dienstort ist für Sie nach wie vor das Regionalkommissariat L1. (RK L1. ) vorgesehen.“
17Der Kläger nahm mit Schreiben vom 15. Juni 2009 Stellung. Er rügte die Gestaltung des Verfahrens und die Aktenführung und legte „weiterhin und erneut“ Widerspruch gegen die „Anweisung“ ein, „meine eingereichten Krankmeldungen meines Facharztes nur noch nach Bestätigung durch den Polizeiarzt Dr. C2. anzuerkennen“. Zur Begründung wies er darauf hin, dass dieser Polizeiarzt „in der kurzen Vergangenheit mehrfach versucht“ habe, ihn „in verschiedene Krankenhäuser der Psychiatrie stationär einzuweisen, ohne dafür jemals eine entsprechende Diagnose vorgelegt zu haben“. Der Polizeiarzt sei „derzeit nicht unbefangen“. Der Kläger stellte „daher den Antrag, mich bei einem neutralen Polizei- oder Amtsarzt vorstellen zu dürfen, über den eine Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit mit einem entsprechenden Gutachten durchgeführt werden kann“. Auch hierzu teilte der Landrat dem Kläger mit, die Einlegung eines Widerspruchs sei nicht möglich (Schreiben vom 19. Juni 2009). Er bat nochmals um „Einreichung der unterschriebenen Schweigepflichtsentbindung“ bis zum 2. Juli 2009.
18Mit Schreiben vom 22. Juni 2009 teilte der Landrat dem Kläger mit, der Untersuchungstermin beim Polizeiärztlichen Dienst in C1. sei nunmehr am 8. Juli 2009, und forderte den Kläger auf, diesen Termin wahrzunehmen. Der Kläger erhob unter anderem gegen dieses Schreiben unter dem 1. Juli 2009 Widerspruch. Zum Termin am 8. Juli 2009 erschien er nicht. Am selben Tag erstattete Dr. I. (PP C1. ) der Kreispolizeibehörde Bericht und empfahl, die Dienstunfähigkeit des Klägers „auch ohne entsprechendes polizeiamtsärztliches Gutachten festzustellen und das Zurruhesetzungsverfahren aufgrund Dienstunfähigkeit einzuleiten“. Der Landrat informierte den Kläger unter dem 13. Juli 2009 wiederum, dass ein Widerspruch gegen das Schreiben vom 22. Juni 2009 nicht möglich sei, weil es sich dabei um eine dienstliche Weisung gehandelt habe. Zudem griff er die Empfehlung des Dr. I. auf und hörte den Kläger mit Schreiben vom 22. Juli 2009 zur beabsichtigten Zurruhesetzung an.
19Mit Schreiben an den Vorsitzenden des Personalrates der Kreispolizeibehörde S. -F. -Kreis vom 1. September 2009 hielt der Landrat fest, die Dienstunfähigkeit des Klägers sei anzunehmen, da dieser „sich nunmehr seit Jahren weigert [,] zu entsprechenden Untersuchungen zu gehen und somit die Wi[e]derherstellung seiner Dienstfähigkeit durch sein Verhalten verhindert. Bei strikter Weigerung [,] sich Untersuchungen zu unterziehen, kann i.V.m. § 444 ZPO Dienstunfähigkeit angenommen werden.“ Er bat „um Kenntnisnahme der geplanten Maßnahme gem. § 2 LPVG“; je eine Durchschrift des Schreibens ging an die Gleichstellungsbeauftragte und die Schwerbehindertenvertretung.
20Mit Bescheid vom 4. September 2009 verfügte der Landrat die Versetzung des Klägers in den Ruhestand mit Ablauf des Monats September 2009 „infolge Polizeidienstunfähigkeit und allgemeiner Dienstunfähigkeit“. Der Bescheid war in der angekündigten Weise auf § 444 ZPO gestützt. Er wurde am 14. September 2009 in den Briefkasten des Klägers an seiner privaten Wohnung geworfen, nachdem der Kläger auf mehrmaliges Klingeln nicht geöffnet hatte.
21Mit Schreiben vom 14. September 2009 legte der Kläger Widerspruch ein; er begründete diesen unter dem 21. September 2009. Er rügte, dass ihm „bis zum heutigen Tage weder eine ärztliche Diagnose noch der offensichtlich gefertigte Untersuchungsbericht des Dr. C2. bekanntgegeben wurde“. Er wies zudem darauf hin, dass er „seit längerer Zeit den Antrag gestellt habe, mich einem neutralen und unbefangenen Polizeiarzt vorstellen zu dürfen, über den die Polizeidienstfähigkeit überprüft und das erforderliche psychiatrische Gutachten veranlasst werden kann“.
22Der Landrat wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2009 zurück. Zur Begründung führte er aus: Durch die Verweigerungshaltung des Klägers sei eine Sachaufklärung und konkret die Überprüfung von dessen Dienstfähigkeit nicht möglich. Diese Haltung habe er in Anlehnung an § 444 ZPO als erhebliches Indiz für das Vorliegen der Polizeidienstunfähigkeit gewertet. Das Vorbringen des Klägers rechtfertige keine abweichende Betrachtung. Auf seine selbstständig eingeholte gutachterliche Stellungnahme komme es nicht an. Gemäß § 33 Abs. 1 i.V.m. § 116 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes NRW (im Folgenden: LBG) sei für die Entscheidung über die Dienst(un)fähigkeit eines Polizeibeamten allein der Amtsarzt des örtlich zuständigen Gesundheitsamts oder ein beamteter Polizeiarzt zuständig. Zu der Vermutung der Polizeidienstunfähigkeit kämen die Gesamtumstände und die außergewöhnlich lange Krankheitszeit hinzu.
23Am 14. Oktober 2009 hat der Kläger Klage erhoben.
24Im Klageverfahren hat das Verwaltungsgericht ein Gutachten zur Frage der allgemeinen und der Polizeidienstunfähigkeit des Klägers eingeholt, das der Sachverständige Dr. N. (Klinik G. , Bad T. ) unter dem 19. Juli 2011 erstattet hat. Grundlage für das Gutachten waren die vorliegenden Akten, da eine persönliche Begutachtung des Klägers nicht zustande kam. Es kommt zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger zum Zeitpunkt der verfügten Zurruhesetzung (30. September 2009) die Voraussetzungen einer Polizeidienstunfähigkeit und allgemeinen Dienstunfähigkeit vorgelegen hätten.
25Der Kläger hat geltend gemacht: Das beklagte Land habe sich mit der Annahme seiner Dienstunfähigkeit in Widerspruch zu dem gleichzeitig betriebenen und von der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts zu Gunsten des Klägers entschiedenen Verfahren auf Kürzung von Dienstbezügen wegen schuldhaften Fernbleibens vom Dienst gesetzt. Die Frage der Dienstfähigkeit eines Beamten dürfe nicht in dieser Weise über Jahre hinweg unbeantwortet im Raum stehen bleiben. Zudem hat der Kläger Einwendungen gegen die Begutachtung durch Dr. N. erhoben und deren Ergebnis mit Stellungnahmen der Ärzte Dr. Q. und L2. in Zweifel gezogen, die im Gegensatz zu Dr. N. einen persönlichen Eindruck von ihm hätten.
26Der Kläger hat beantragt,
27den Bescheid des Landrats des S. -F. -Kreises als Kreispolizeibehörde vom 4. September 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2009 aufzuheben.
28Das beklagte Land hat beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Es hat vorgetragen: Die mehrfache grundlose Verweigerung des Klägers, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, stelle ein erhebliches Indiz für das Vorliegen einer Dienstunfähigkeit dar. Die Feststellungen des Dienstherrn hierzu beruhten zudem auf den ärztlichen Stellungnahmen des Dr. S1. aus dem Jahre 2006 sowie des Dr. Q. vom 15. Juli 2009. Auch der beauftragte Gutachter Dr. I. sei in seinem Schreiben vom 8. Juli 2009 zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Dienstunfähigkeit des Klägers zu unterstellen sei. Dieses Ergebnis werde durch das im gerichtlichen Verfahren eingeholte Gutachten nochmals bestätigt.
31Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 12. Dezember 2011 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die angefochtene Zurruhesetzung des Klägers finde ihre Rechtsgrundlage in § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG. Maßgeblich sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2009. In formeller Hinsicht sei der Bescheid nicht zu beanstanden; insbesondere seien die Personalvertretung, die Gleichstellungsbeauftragte sowie die Schwerbehindertenvertretung beteiligt worden. Die Versetzung des Klägers in den Ruhestand sei auch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtsfehlerfrei. Die Voraussetzungen der § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, § 116 Abs. 1 LBG hätten vorgelegen. Der Landrat habe den Kläger im Ergebnis zu Recht als dauernd polizeidienstunfähig angesehen. Zwar könne er dies nicht darauf stützen, dass der Kläger sich ohne hinreichenden Grund geweigert habe, sich wie angeordnet ärztlich untersuchen zu lassen; der Kläger habe nämlich gegen die Untersuchungsanordnungen jeweils rechtzeitig Widerspruch eingelegt, der aufschiebende Wirkung entfaltet habe. Aus dem von dem Gericht eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. N. ergebe sich aber, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt polizeidienstunfähig gewesen sei. Auch sei die Prognose, dass der Kläger seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren nicht wiedererlangen werde, plausibel gewesen. Vor dem Hintergrund der Diagnose einer „Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend paranoiden und zwanghaften Strukturmerkmalen“ komme erkennbar auch die Wahrnehmung eines alternativen Dienstpostens („leidensgerechter Arbeitsplatz“) nicht in Betracht.
32Das Urteil wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 3. Januar 2012 zugestellt. Am 26. Januar 2012 hat er die Zulassung der Berufung beantragt. Die Begründung des Zulassungsantrages ist am 3. März 2012 eingegangen.
33Mit der vom Senat zugelassenen und rechtzeitig begründeten Berufung tritt der Kläger der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entgegen.
34Er trägt im Wesentlichen vor: Der angefochtene Bescheid sei schon formell rechtswidrig. Entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts seien Personalvertretung, Gleichstellungsbeauftragte und Schwerbehindertenvertretung nicht beteiligt worden. Der Beteiligungsmangel sei nicht nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich, da nicht auszuschließen sei, dass das beklagte Land im Falle der Beteiligung auf die Zurruhesetzung des Klägers verzichtet hätte. Auch materiell sei die Entscheidung des Verwaltungsgerichts fehlerhaft. Es habe sich nicht auf das erst im Gerichtsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten stützen dürfen. Nach § 116 Abs. 2 LBG müsse das Gutachten vor der Zurruhesetzung eingeholt werden und von einem beamteten Polizeiarzt erstattet werden. Indem das Verwaltungsgericht hiervon abgewichen sei, habe es zudem das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) verletzt. Es habe außerdem in unzulässiger Weise die Begründung des angefochtenen Bescheides ausgetauscht und durch eine eigene ersetzt. Damit habe es sowohl gegen Prozessrecht sowie das Gebot des effektiven Rechtsschutzes als auch gegen das Gewaltenteilungsprinzip verstoßen. Weder der angefochtene Bescheid noch das Verwaltungsgericht hätten zudem das Ermessen hinsichtlich der Weiterverwendung des Klägers ausgeübt.
35Zu seiner Dienstfähigkeit im Zeitpunkt seiner Zurruhesetzung macht der Kläger geltend, dass diese im vollen Umfang gegeben gewesen sei. Dies entspreche der
36Einschätzung aller seiner behandelnden Ärzte. Der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. N. sowie das Verwaltungsgericht hätten sich mit deren Auffassung nicht hinreichend auseinandergesetzt. Zudem hätte das Verwaltungsgericht ein ergänzendes Gutachten einholen müssen, da dasjenige des Dr. N. nicht aufgrund einer persönlichen Exploration erstellt worden sei. Ergänzend beruft sich der Kläger auf einen Bericht einer psychosomatischen Klinik in Bad Q2. , wo er sich vom 8. bis 29. Januar 2013 in stationärer Behandlung befunden hat.
37Der Kläger beantragt,
38das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
39Das beklagte Land beantragt,
40die Berufung zurückzuweisen.
41Es trägt vor: Ein formeller Mangel bestehe nicht. Insbesondere die Gleichstellungsbeauftragte, die Zeugin G1. , sei rechtmäßig beteiligt worden. Sie sei durch den Leiter der ZA, Herrn P1. , im Rahmen der Personalratsvorlage zur beabsichtigten Zurruhesetzung des Klägers mündlich umfassend informiert worden. Danach habe sie Herrn P1. mitgeteilt, dass aus ihrer Sicht keine Gründe dagegen sprächen. Unabhängig davon wäre eine fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten gemäß § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Es könne ausgeschlossen werden, dass es im Falle ihrer Beteiligung zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Materiell sei die angefochtene Zurruhesetzung rechtmäßig. Der Landrat habe aus der Weigerung des Klägers, zu dem festgesetzten Untersuchungstermin zu erscheinen, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 444 ZPO für diesen negative Schlüsse ziehen dürfen. Das Schreiben vom 23. April 2009, das kein Verwaltungsakt gewesen sei und gegen das somit auch nicht mit aufschiebender Wirkung Widerspruch habe eingelegt werden können, habe den Anforderungen der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügt. Da der Kläger seit fünf Jahren krank gewesen sei, hätten weitere Gründe für die Untersuchung als alleine dieser Krankheitszeitraum nicht mitgeteilt werden können. Auch in der Berufungsinstanz müsse sich der Kläger den Rechtsgedanken des § 444 ZPO vorhalten lassen. Er habe sich in der ersten Instanz geweigert, sich von dem gerichtlich ausgewählten Sachverständigen untersuchen zu lassen.
42Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Gleichstellungsbeauftragten G1. als Zeugin sowie Erläuterung des erstinstanzlich eingeholten Gutachtens durch den Sachverständigen Dr. N. .
43Wegen des weiteren Sachstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Personalakten des beklagten Landes verwiesen.
44Entscheidungsgründe:
45Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.
46Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Landrats vom 4. September 2009 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 28. September 2009 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47I. Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
481. Insbesondere ist die Gleichstellungsbeauftragte ordnungsgemäß beteiligt worden.
49Gemäß § 17 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 1 des Landesgleichstellungsgesetzes NRW (LGG) wirkt die Gleichstellungsbeauftragte unter anderem bei personellen Maßnahmen mit. Sie ist gemäß § 18 Abs. 2 LGG frühzeitig über beabsichtigte Maßnahmen zu unterrichten und anzuhören (Satz 1); ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (Satz 2). Zu den personellen Maßnahmen, die der Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten unterliegen, zählt auch die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand. Dies gilt unabhängig davon, ob dieser weiblichen oder männlichen Geschlechts ist.
50Vgl. zur Geschlechterunabhängigkeit der Beteiligung zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 2015 - 6 A 2234/13 -, juris, m.w.N.
51Die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten vor Erlass des Bescheides vom 4. September 2009 durch den Landrat war ordnungsgemäß.
52Der aus den Akten ersichtliche Schriftverkehr lässt allerdings keine Unterrichtung und Anhörung der Gleichstellungsbeauftragten unter Beachtung ihrer Rechtsstellung erkennen. Der Landrat hat ihr danach lediglich das Schreiben an den Personalrat vom 1. September 2009 zur Kenntnis zugeleitet. In diesem wird der Personalrat im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 des Landespersonalvertretungsgesetzes NRW, im Folgenden: LPVG) um Kenntnisnahme von der geplanten Maßnahme gebeten. Weder hat der Landrat in diesem Schreiben auf das eigene Beteiligungsrecht der Gleichstellungsbeauftragten Bezug genommen noch hat er ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
53Jedoch genügte die - erstmals im Berufungsverfahren vorgetragene - mündliche Unterrichtung der Gleichstellungsbeauftragten den Anforderungen.
54Die Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten können auch durch eine mündliche Information gewahrt werden. Das Gesetz schreibt keine Schriftform vor.
55Die Information über die beabsichtigte Zurruhesetzung des Klägers ist nicht zu spät erfolgt.
56§ 18 Abs. 2 Satz 1 LGG bestimmt, dass die Gleichstellungsbeauftragte „frühzeitig“ über die beabsichtigte Maßnahme zu unterrichten und anzuhören ist. Aus dem darauffolgenden Satz 2 ergibt sich, dass sie im Regelfall mindestens eine Woche lang Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen muss. Wird diese Frist nicht gewährt, ist die beabsichtigte Maßnahme zunächst - für eine Woche - auszusetzen und die Beteiligung nachzuholen (§ 18 Abs. 3 LGG).
57Mit dem Wort „frühzeitig“ hat der Gesetzgeber verdeutlichen wollen, dass die Gleichstellungsbeauftragte bereits im Planungsstadium zu beteiligen ist.
58Vgl. die Gesetzesbegründung, LT-Drs. 12/3959, S. 60.
59Eine Unterrichtung der Gleichstellungsbeauftragten ergibt nämlich nur dann Sinn, wenn ihr Zeit und Gelegenheit für Besprechungen und Diskussionen bleiben, um zu einem auch für sie akzeptablen Ergebnis zu kommen. Hierfür ist eine Unterrichtung zeitgleich mit der Einleitung einer konkreten Maßnahme in aller Regel zu spät.
60Vgl. Wankel/Horstkötter, in: Schiek u.a., Frauengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder, 2. Aufl. 2002, Rn. 2567, 649.
61Nicht gefolgt werden kann dagegen der Auffassung, auch eine Information, die im Wesentlichen zeitgleich mit der Unterrichtung des Personalrats erfolgt, sei regelmäßig zu spät, da das Gesetz der Gleichstellungsbeauftragten andere und (teilweise) weitergehende Befugnisse als dem Personalrat gebe.
62Vgl. Eckertz-Höfer, PersR 1998, 189, 192 (zum FGG); Wankel/Horstkötter a.a.O., Rn. 649.
63Eine solche verallgemeinernde Betrachtungsweise wird der Vielfalt der in Frage kommenden Fallgestaltungen nicht gerecht. Entscheidend ist stattdessen der jeweils einschlägige Beteiligungstatbestand. Die Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten können weiter oder weniger weit gehen als diejenigen des Personalrats.
64So sieht z. B. das Gleichstellungsgesetz des Bundes die „aktive Teilnahme“ an allen Entscheidungsprozessen zu personellen Angelegenheiten vor (§ 20 Abs. 1 Satz 3 BGleiG). Hierin liegt aber eine Besonderheit des Bundesgleichstellungsgesetzes, die systematisch an das Recht der Gleichstellungsbeauftragten auf „frühestmögliche“ bzw. „frühzeitige“ Beteiligung sowie auf „unverzügliche und umfassende“ Unterrichtung anknüpft und ihre Einflussnahme im Verhältnis zur Mitwirkung zeitlich und sachlich vorverlagert.
65Vgl.BVerwG, Urteil vom 8. April 2010 - 6 C 3.09 -, BVerwGE 136, 263; VG Berlin, Urteil vom 8. Mai 2014 - 5 K 50.12 -, IÖD 2014, 163.
66Nach dem LGG ist es dagegen unbedenklich, wenn zum Zeitpunkt der Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten der in Aussicht genommene Bescheid bereits schriftlich erstellt ist.
67Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Oktober 2014 - 6 A 2486/13 -, juris, Rn. 5.
68Gemessen an den aufgezeigten Kriterien war die mündliche Unterrichtung der Gleichstellungsbeauftragten rechtzeitig. Auch angesichts der im Gesetz genannten Wochenfrist ist sie hinreichend „frühzeitig“ erfolgt.
69Nach der Darstellung der Gleichstellungsbeauftragten, der Zeugin G1. , in ihrer Erklärung vom 18. Juli 2014 wurde sie „im Rahmen der Personalratsvorlage zur beabsichtigten Zurruhesetzung“ des Klägers durch den Leiter ZA (Direktion Zentrale Aufgaben), Herrn P1. , „über den Vorgang vorab mündlich informiert“.
70Ausgehend davon hatte sie in der Zeitspanne spätestens vom 4. bis längstens 14. September 2009 Gelegenheit, die Angelegenheit mit dem Kläger zu erörtern, Einsicht in die betreffenden Akten zu nehmen (§ 18 Abs. 1 LGG) und sich klar darüber zu werden, ob sie ihr Widerspruchsrecht (§ 19 LGG) ausüben wollte. Dies ergibt sich aus den aktenkundigen Umständen: Die Personalratsvorlage und die Durchschriften für die Gleichstellungsbeauftragte und die Schwerbehindertenvertretung sind am 4. September 2009 abgesandt worden. Zu diesem Zeitpunkt war der Entscheidungsprozess beim Landrat noch nicht abgeschlossen. Zwar wurde unter diesem Datum bereits der Bescheid über die Zurruhesetzung des Klägers erstellt und die zugehörige Urkunde hierüber sogar mit dem Datum vom 3. September 2009 versehen. Beide Schriftstücke lagen aber erst im Entwurf vor. Sowohl der Bescheid als auch die Urkunde gingen am 9. September 2009 im Vorzimmer des Landrats ein und wurden anschließend durch diesen unterzeichnet. Dem Kläger wurden sie aber erst am 14. September 2009 zugestellt.
71Bei der Befragung der Zeugin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie ihre schriftliche Erklärung vom 18. Juli 2014 in der Weise präzisiert, dass sie von dem Verfahren des Klägers angesichts der ungewöhnlich langen Dauer ohnehin schon Kenntnis gehabt und „deutlich“ vor dem 1. September 2009 mit Herrn P1. über die Angelegenheit gesprochen und dabei auch in dessen Gegenwart Akteneinsicht genommen habe. Der Erhalt der mit diesem Datum erstellten und am 4. September 2009 abgesandten Personalratsvorlage sei für sie gewissermaßen nur die schriftliche Bestätigung dessen gewesen, was sie bereits mit Herrn P1. besprochen habe. Ausgehend von diesen Angaben, an denen der Senat zu zweifeln keinen Anlass hat, war die Zeitspanne, in der die Zeugin Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, gegenüber dem aus den Akten ersichtlichen Bild noch „deutlich“ länger.
72Ob die Zeugin sich während der nach alledem mehr als eine Woche umfassenden Zeitspanne tatsächlich eine Woche lang Zeit gelassen hat, um sich zu dem Vorgang zu äußern, ist nicht entscheidend. Denn nach ihrer Erklärung hat sie sich ausreichend informiert gesehen und Herrn P1. ihre Zustimmung zu der Maßnahme kundgetan. Damit hat sie jedenfalls auf die Ausschöpfung der Wochenfrist verzichtet. Ein solcher Verzicht ist wirksam. Es würde eine nutzlose Förmelei bedeuten, würde man der Gleichstellungsbeauftragten ansinnen, sie müsse in jedem Fall das Ende der Wochenfrist abwarten, bevor sie sich zu der Maßnahme erklären dürfe. Hält sie sich selbst schon vorher für ausreichend informiert, so steht es in ihrer Entscheidungsfreiheit, auf die Ausschöpfung der Wochenfrist zu verzichten und sich schon vor deren Ablauf abschließend zu äußern.
732. Auch im Übrigen ist der Bescheid formell rechtmäßig.
74Eine Beteiligung des Personalrats über das Schreiben vom 1. September 2009 hinaus, in dem er im Wege der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 LPVG) um Kenntnisnahme von der beabsichtigten Maßnahme gebeten wurde, war nicht erforderlich. § 72 LPVG in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung des Gesetzes vom 21. April 2009 (GV. NRW. S. 224, mit Wirkung vom 1. April 2009) sah - anders als etwa die heutige, seit dem 16. Juli 2011 geltende Fassung (§ 72 Abs. 1 Nr. 9 LPVG in der Fassung des Gesetzes vom 5. Juli 2011, GV. NRW. S. 348) - eine Mitbestimmung bei vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand nicht vor. Eine Mitwirkung nach § 74 Abs. 3 LPVG in der Fassung des Gesetzes vom 9. Oktober 2007 (GV. NRW. S. 394) setzte einen Antrag des Beamten voraus. Trotz entsprechender Belehrung in dem Anhörungsschreiben vom 22. Juli 2009 hat der Kläger einen solchen Antrag aber nicht gestellt.
75Die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung war nicht erforderlich, da der Kläger mit einem GdB von 40 kein Schwerbehinderter war (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Zwar ist bei einem derartigen GdB die Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten möglich (§ 2 Abs. 3 SGB IX).
76Zu den Rechtswirkungen siehe z.B. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2009 - 2 C 55.07 -, NWVBl. 2009, 303.
77Dafür, dass im Falle des Klägers der dafür erforderliche Gleichstellungsbescheid des Arbeitsamtes nach § 68 Abs. 2 SGB IX ergangen wäre, ist aber nichts ersichtlich. Der Kläger selbst hat auf Befragen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, ihm sei ein solcher Gleichstellungsbescheid nicht bekannt.
78Im Übrigen wurde die Schwerbehindertenvertretung vorsorglich nach § 95 Abs. 2 SGB IX beteiligt, indem sie eine Durchschrift des Schreibens an den Personalrat erhielt mit der ausdrücklichen Bitte um eine „Stellungnahme gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB IX“.
79Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schließlich ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für eine Verfügung, mit der ein Beamter wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt wird.
80Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014- 2 C 22.13 -, NVwZ 2014, 1319.
81II. Der Bescheid ist im Ergebnis auch materiell rechtmäßig.
82Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 -, BVerwGE 146, 347 = juris, Rn. 11.
84Maßgeblicher Zeitpunkt ist hier danach der 28. September 2009 als das Datum des Widerspruchsbescheides.
85Die Voraussetzungen für die Zurruhesetzung des Klägers nach § 26 Abs. 1 BeamtStG lagen zu diesem Zeitpunkt vor.
861. Seine Dienstunfähigkeit durfte allerdings nicht, wie in dem angefochtenen Bescheid geschehen, daraus hergeleitet werden, dass er sich ohne hinreichenden Grund geweigert habe, sich wie angeordnet ärztlich untersuchen zu lassen.
87a) Zwar folgt dies nicht daraus, dass der Kläger gegen die Anordnungen vom 12. Dezember 2007, 23. April 2009 und 22. Juni 2009 jeweils Widerspruch eingelegt hat und dieser aufschiebende Wirkung entfaltet hätte.
88Die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs tritt nur ein, wenn die Anordnung, gegen die sich der Widerspruch richtet, ein Verwaltungsakt ist (§ 80 Abs. 1 VwGO, § 35 VwVfG). Dies ist bei einer Untersuchungsaufforderung im Allgemeinen nicht der Fall.
89Die gegenüber einem Beamten ergangene Aufforderung, sich zur Klärung seiner Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen, ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kein Verwaltungsakt. Nach Auffassung des BVerwG ist sie ihrem objektiven Sinngehalt nach nicht dazu bestimmt, Außenwirkung zu entfalten, da ihr Schwerpunkt in der Frage der künftigen Dienstleistung und der Konkretisierung der darauf bezogenen Pflicht des Beamten liegt, bei der Klärung seiner Dienstfähigkeit mitzuwirken. Als gemischte dienstlich-persönliche Weisung regele sie einen einzelnen Schritt in dem gestuften Verfahren, das bei Feststellung seiner Dienstunfähigkeit mit seiner Zurruhesetzung ende.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 17.10 -, NVwZ 2012, 1483 = juris, Rn. 14 f.
91Die mit dem Beamtenrecht befassten Senate des erkennenden Gerichts haben sich dieser Rechtsprechung zur Wahrung der Rechtseinheit angeschlossen, jedenfalls soweit die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung nicht in der Gestalt einer Entscheidung ergangen ist, die aus der Sicht eines verständigen Adressaten schon wegen ihrer äußeren Form als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist.
92Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2013 - 6 B 975/13 -, DÖD 2014, 73 = juris, Rn. 7; Beschluss vom 1. Oktober 2012 - 1 B 550/12 -, OVGE 55, 194 = juris, Rn. 9; Urteil vom 4. April 2014 - 1 A 1707/11 -, juris, Rn. 61 f.
93Danach waren die Anordnungen vom 12. Dezember 2007, 23. April 2009 und 22. Juni 2009 keine Verwaltungsakte. Keines dieser Schreiben hatte seiner äußeren Form nach die Gestalt eines Verwaltungsakts. Insbesondere war keinem der Schreiben eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt.
94Es bedarf daher auch keiner Erörterung, ob der in diesem Zusammenhang vom Bundesverwaltungsgericht geäußerten Rechtsansicht zu folgen ist, eine Maßnahme, die kein Verwaltungsakt sei, werde auch nicht dadurch zu einem solchen, dass über sie durch Widerspruchsbescheid entschieden oder sie von der Widerspruchsbehörde als solcher bezeichnet worden sei oder die Behörde ihren Sofortvollzug angeordnet habe.
95Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013, a.a.O., BVerwGE 146, 347 = juris, Rn. 16.
96b) Gleichwohl durfte die Zurruhesetzung nicht darauf gestützt werden, dass der Kläger die angeordneten ärztlichen Untersuchungen ohne hinreichenden Grund verweigert habe.
97Sind die Folgen der Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung, die von der zuständigen Stelle im Verfahren zur Feststellung der Dienstunfähigkeit angeordnet worden ist, nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, kann die Verweigerung nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des betroffenen Beamten gewertet werden. Danach kann im Rahmen freier Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit geschlossen werden, wenn der Beamte durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert. Die Verpflichtung, sich zur Nachprüfung der Dienstfähigkeit nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen zu lassen, ginge ins Leere, wenn aus einer unberechtigten Weigerung keine Rückschlüsse gezogen werden könnten. Andernfalls hätte es der Beamte in der Hand, die für die Vorbereitung der Feststellung seiner Dienstfähigkeit erforderliche ärztliche Untersuchung erheblich zu erschweren oder zu vereiteln. Diese Grundsätze gelten auch für eine vom Amts- oder Polizeiarzt für erforderlich gehaltene und vom Dienstherrn daraufhin angeordnete fachärztliche Zusatzuntersuchung. Diese für den Beamten nachteilige Schlussfolgerung setzt aber eine rechtmäßige Untersuchungsanordnung voraus.
98Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012, a.a.O., Rn. 12 f.
99Die an den Kläger gerichteten Untersuchungsaufforderungen waren rechtswidrig.
100Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss die behördliche Anordnung zu einer ärztlichen Untersuchung wegen ihrer erheblichen Folgen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen. Die Anordnung muss sich auf solche Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig. Der Aufforderung müssen tatsächliche Feststellungen zugrunde gelegt werden, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen. In formeller Hinsicht muss die Anordnung aus sich heraus verständlich sein. Der betroffene Beamte muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Dienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag. Insbesondere darf die Behörde nicht nach der Überlegung vorgehen, der Betroffene werde schon wissen, „worum es gehe“. Dem Beamten bekannte Umstände müssen in der Anordnung von der zuständigen Stelle zumindest so umschrieben werden, dass für den Betroffenen ohne Weiteres erkennbar wird, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird.
101Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012, a.a.O., Rn. 16 ff.; Beschluss vom 10. April 2014 - 2 B 80.13 -, NVwZ 2014, 892; OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2014 - 6 B 1293/14 -, juris, Rn. 15.
102Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Beamte einer fachpsychiatrischen Untersuchung unterziehen soll. Erhebungen des Psychiaters zum Lebenslauf des Beamten, wie etwa Kindheit, Ausbildung, besondere Krankheiten, und zum konkreten Verhalten auf dem Dienstposten stehen dem Bereich privater Lebensgestaltung noch näher als rein medizinische Feststellungen. Deshalb sind die mit einer solchen Untersuchung verbundenen Eingriffe in das Recht des Beamten aus Art. 2 Abs. 2 GG wie auch in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht regelmäßig weitgehend. Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind.
103Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013, a.a.O., Rn. 22 f.
104Ausgehend hiervon gilt im Falle des Klägers Folgendes:
105Bei der Aufforderung vom 12. Dezember 2007 ist schon unklar, ob sie sich überhaupt auf eine Untersuchung zur Frage der Dienstunfähigkeit bezog. Die Überschrift des Schreibens lautet allgemein „Fürsorgepflicht – Verwendung von Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten“. Ein Anlass für die Untersuchung wird nicht genannt. Zu Recht ist die angefochtene Zurruhesetzungsverfügung nicht auf die Nichtbefolgung dieser Aufforderung gestützt.
106In der Aufforderung vom 23. April 2009 wird ausgeführt, der Kläger sei seit dem 2. Juni 2004 ununterbrochen erkrankt; auch seien bisher sämtliche Versuche der Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit fehlgeschlagen. Deshalb und wegen seiner Weigerung, „an den jeweils geplanten notwendigen polizeiärztlichen Untersuchungen teilzunehmen“, sei die „Einleitung eines Polizeidienstunfähigkeits-Verfahrens gem. §§ 45, 194 Landesbeamtengesetz NRW (§§ 34, 116 LBG NRW in der Fassung vom 01.04.2009)“ beabsichtigt. Damit mag der Anlass für die ärztliche Untersuchung bezeichnet sein. Es fehlt jedoch an jeglichen Angaben zu Art und Umfang dieser Untersuchung. Der Vortrag des beklagten Landes im Berufungsverfahren, wegen der längeren Erkrankung des Klägers habe eben nur diese Erkrankung mitgeteilt werden können, betrifft nur den Anlass der Untersuchung. Er lässt unberücksichtigt, dass zum Zeitpunkt der Untersuchungsaufforderung bereits zahlreiche ärztliche Stellungnahmen vorlagen, anhand derer die angeordnete Untersuchung nach Art und Umfang hätte näher eingegrenzt werden können.
107Auch das Schreiben vom 22. Juni 2009 lässt Angaben über Art und Umfang der vorzunehmenden Untersuchung vermissen.
1082. Die im gerichtlichen Verfahren durchgeführte Beweisaufnahme hat indessen ergeben, dass bei dem Kläger am 28. September 2009 Dienstunfähigkeit im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG bestand.
109a) Nach der Legaldefinition dieser Vorschrift ist ein Beamter auf Lebenszeit dienstunfähig, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Dieser Grundtatbestand wird in dem darauffolgenden Satz um eine Beweiserleichterung ergänzt. Danach kann als dienstunfähig auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG) die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Trotz Verwendung des Wortes „kann“ räumt die Vorschrift kein Handlungsermessen in dem Sinne ein, dass trotz bejahter Dienstunfähigkeit noch von einer Zurruhesetzung abgesehen werden könnte.
110Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2014 - 6 A 1311/13 -, juris, Rn. 13 f., m.w.N.
111Von der allgemeinen Dienstunfähigkeit ist bei einem Polizeivollzugsbeamten dessen Polizeidienstunfähigkeit zu unterscheiden. Sie liegt schon dann vor, wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt (§ 26 Abs. 1 Satz 4 BeamtStG i.V.m. § 116 Abs. 1 Halbs. 1 LBG).
112Zwischen der Polizeidienstunfähigkeit und der allgemeinen Dienstunfähigkeit besteht ein Stufenverhältnis. Auf der ersten Stufe seiner Prüfung muss der Dienstherr feststellen, ob der Polizeivollzugsbeamte noch den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes genügt, mithin polizeidienstfähig ist. Falls dies nicht mehr der Fall ist, hat er in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der Beamte über die vorliegende Polizeidienstunfähigkeit hinaus auch allgemein dienstunfähig ist.
113Vgl. (zum niedersächsischen Landesrecht) OVG Lüneburg, Urteil vom 9. Juli 2013 - 5 LB 99/13 -, juris, Rn. 24 ff.
114Aus diesem Stufenverhältnis folgt, dass es einer gesonderten Prüfung der Polizeidienstunfähigkeit nicht bedarf, wenn (sogar) die allgemeine Dienstunfähigkeit des Polizeivollzugsbeamten feststeht.
115b) Das Verwaltungsgericht durfte zu der Frage der allgemeinen Dienstunfähigkeit des Klägers und seiner Polizeidienstunfähigkeit ein Sachverständigengutachten einholen; die von der Berufung gerügten Rechtverletzungen liegen nicht vor.
116Die Beurteilung der Dienstunfähigkeit unterliegt der inhaltlich nicht eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Erweist sich die von der Behörde für die Annahme der Dienstunfähigkeit gegebene Begründung als nicht tragfähig, so hat das Verwaltungsgericht zu klären, ob der betroffene Beamte im maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich dienstunfähig war.
117Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2014 - 2 B 24.12 -, IÖD 2014, 100 = juris, Rn. 11.
118Nach § 86 Abs. 1 VwGO hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Fehlt dem Gericht die hierfür erforderliche Sachkunde, muss es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen. Kommt es maßgeblich auf den Gesundheitszustand eines Menschen an, ist daher regelmäßig die Inanspruchnahme ärztlicher Fachkunde erforderlich. Für die hier entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen gibt es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Auskünfte und Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde des Richters.
119Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2014, a.a.O., Rn. 10.
120Über Gegenstand und Umfang des ggf. einzuholenden Sachverständigengutachtens hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO).
121Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - 2 B 57.12 -, juris, Rn. 5.
122Die danach gebotene Gestaltung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens führt notwendig zu dem von der Berufung gerügten „Austausch der Begründung“ für die Zurruhesetzung. Die nicht tragfähige Handhabung des § 444 ZPO wird in derartigen Fällen ersetzt durch eine objektive Feststellung der Dienstunfähigkeit des betroffenen Beamten. Eine Rechtswidrigkeit ergibt sich hieraus nicht; vielmehr wird der gesetzliche Auftrag der Verwaltungsgerichte zu einer eigenen Entscheidung in Anwendung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) erfüllt.
123Damit geht zugleich einher, dass die im Landesbeamtenrecht vorgesehene, im Streitfall aber unterbliebene Einholung eines polizeiärztlichen Gutachtens (§ 116 Abs. 2 LBG) ohne Bedeutung ist. Die insoweit an das Verwaltungsverfahren gestellte Anforderung wird durch die im gerichtlichen Verfahren geltenden Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung überholt. Es wäre nämlich ungereimt, wenn das Gericht in Ausübung seiner Amtsermittlung den Sachverhalt erforschen und eine eigene Bewertung der Dienstunfähigkeit des Beamten vornehmen müsste, diese seiner Entscheidung aber nicht zugrunde legen dürfte, weil dem der mit der rechtswidrigen Begründung der Behördenentscheidung untrennbar verbundene Mangel des Verwaltungsverfahrens entgegen stünde. Ob dies auch aus § 46 VwVfG NRW abzuleiten ist, kann deshalb dahinstehen.
124c) Der Sachverständige Dr. N. durfte sein Gutachten auf der Grundlage des mit Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 29. März 2011 geänderten Auftrags nach Aktenlage erstatten, nachdem ein Untersuchungstermin mit dem Kläger nicht zustande gekommen ist.
125Die zwingende Notwendigkeit einer persönlichen Exploration besteht auch bei einem medizinischen Gutachten zu psychiatrischen Fragen nicht. Regelmäßig bietet zwar die persönliche Exploration die bessere Grundlage für die Erstattung des psychiatrischen Gutachtens. Dies schließt aber nicht aus, dass sich die nach dem Gutachtenauftrag relevanten Fragen im Einzelfall auch alleine auf der Grundlage des umfangreichen Aktenmaterials hinreichend verlässlich beantworten lassen.
126Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2014, a.a.O., Rn. 27.
127Allerdings darf von der persönlichen Exploration nicht schon deshalb abgesehen werden, weil diese nicht „automatisch“ Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand des Beamten zu dem maßgeblichen früheren Zeitpunkt zulässt. Kein plausibler Grund ist es auch, dass der Beamte eine erbetene Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zwecks Einsichtnahme in die früheren ärztlichen Unterlagen nicht abgegeben hat.
128Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 2 B 105.12 -, juris, Rn. 46 f.
129So liegt der Fall hier indessen nicht. Vielmehr hat der Sachverständige Dr. N. dem Kläger mehrere Termine für eine persönliche Exploration angeboten. Der Kläger war aber nicht bereit, sich vorbehaltlos auf einen solchen Termin einzulassen, sondern sandte in kurzer Folge mehrere Schreiben an den Sachverständigen, in denen er immer neue, zum Teil nicht nachvollziehbare Einwände vorbrachte. Im Einzelnen hat der Sachverständige dies in seinem schriftlichen Gutachten dargestellt (S. 20 f., 25 f., 31 f.) und hierzu auch bereits im erstinstanzlichen Verfahren eine Erklärung abgegeben (Schreiben vom 19. Oktober 2011).
130d) Aus dem Gutachten vom 19. Juli 2011 ergibt sich nach der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgten Erläuterung durch den Sachverständigen (§ 411 Abs. 3 ZPO) schlüssig, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides (28. September 2009) allgemein dienstunfähig, also zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig war (§ 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG).
131Die insoweit in den Blick zu nehmenden Dienstpflichten beziehen sich auf das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, nicht hingegen auf seinen Dienstposten (sein Amt im konkret-funktionellen Sinne).
132Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, DÖD 2009, 312 = juris, Rn. 44 ff., m.w.N.
133Bei dem Kläger ist das maßgebliche Amt im abstrakt-funktionellen Sinne dasjenige eines Kriminalhauptkommissars (BesGr A11 BBesO). Aus dem Gutachten geht hervor, dass er dauernd unfähig war, die mit diesem Amt verbundenen Dienstpflichten zu erfüllen.
134Das Gutachten enthält mit einer etwa 25 Seiten umfassenden Auswertung der Aktenlage die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt und lässt damit die Entscheidungsgrundlage erkennen. Es legt in der darauf aufbauenden Bewertung (S. 26 ff.) nachvollziehbar dar, dass bei dem Kläger ein Beschwerdebild vorlag, das zu erheblichen Einschränkungen in der Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben führte. Diagnostisch nimmt der Gutachter eine Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend paranoiden und zwanghaften Strukturmerkmalen an und führt dies anhand der Kriterien der International Classification of Diseases (ICD) aus (S. 33 ff.). Er beschreibt die sich daraus ergebenden hochgradigen Arbeitsstörungen einschließlich der eingeschränkten Fähigkeit, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden, und deutlichen Einschränkungen der Teamfähigkeit (S. 36) sowie der Entscheidungsfähigkeit (S. 37) bei einem „zwanghaften Hin und Her“ zwischen dem Abstreiten der psychischen Erkrankung und der Verweigerung der Arbeitsleistung (S. 37). Der daraus gezogene Schluss auf die allgemeine Dienstunfähigkeit des Klägers (S. 37) liegt nicht nur nahe, sondern drängt sich geradezu auf. Eines näheren Eingehens auf die Anforderungen des von dem Kläger innegehabten Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne bedurfte es nicht. Denn unabhängig hiervon liegt auf der Hand, dass eine für den Dienstherrn verwertbare Arbeitsleistung in einem Amt des Polizeivollzugsdienstes bei den beschriebenen Einschränkungen nicht erbracht werden kann.
135Der Gutachter hat in der Berufungsverhandlung auch erläutert, warum es sich gerade bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt Ende September 2009 bereits so verhielt. Er hat den schon in dem Gutachten (S. 36) beschriebenen Befund bestätigt, dass sich das Krankheitsbild des Klägers im Laufe der Zeit verschlechtert habe, und hierzu erläutert, dass wohl schon 2004 die allgemeine Dienstunfähigkeit eingetreten sei. Dies ist angesichts der langen Krankheitszeiten, die bereits 2002 begannen und seit dem 2. Juni 2004 ununterbrochen andauerten, nachvollziehbar. Zugleich ergibt sich daraus, dass etwaige bezogen auf das Jahr 2004 noch bestehende Zweifel daran, dass die Dienstunfähigkeit bereits vollständig eingetreten war, für den Zeitpunkt des 28. September 2009 nicht mehr berechtigt waren.
136Zudem hat der Sachverständige bekräftigt, dass er trotz der von ihm eingeräumten Einschränkungen bei der Diagnosestellung wegen der ausgebliebenen persönlichen Exploration (s. schon Gutachten, S. 32) seine Begutachtung weiterhin als fundiert ansieht. Hierzu hat er - ausgehend davon, dass die Treffsicherheit eines Gutachtens nach Aktenlage von der Qualität der in den Akten befindlichen Unterlagen abhängt - erläutert, dass zwar die in den Akten vorgefundenen ärztlichen Stellungnahmen nicht sehr aussagekräftig seien (so auch schon Gutachten, S. 32), er dafür aber gute Beschreibungen und Verhaltensbeobachtungen vorgefunden habe, auf denen er seine Schlussfolgerungen habe aufbauen können. Dass diese Beschreibungen nicht das Privatleben des Klägers, sondern fast ausschließlich seine dienstliche Tätigkeit betrafen, habe angesichts der Fragestellung seines Gutachtenauftrags, die sich auf die Dienstunfähigkeit des Klägers bezog, keine wesentliche Einschränkung bedeutet, zumal die Aussagen zur dienstlichen Tätigkeit besonders eindrücklich gewesen seien.
137Zusätzlich hat sich der Sachverständige in seiner Einschätzung durch den von dem Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Bericht der AHG Psychosomatischen Klinik Bad Q3. vom 5. Februar 2013 bestätigt gesehen. Er hat ausgeführt, dass diese auf einer Beobachtung des Klägers über einen Zeitraum von drei Wochen beruhende fachmedizinische Stellungnahme eine besonders aussagekräftige Grundlage für die Beurteilung des Beschwerdebilds des Klägers biete. Die dort gegebene Diagnose „Anpassungsstörung“ halte er allerdings nicht für richtig, da verharmlosend. Nachvollziehbar hat er anhand der auf S. 6 des Berichts dargestellten Vorkommnisse dargelegt, dass der Therapieverlauf in der Klinik gegen ein solches symptomarmes („blandes“) Krankheitsbild spreche. Dass die Diagnose nicht weit genug gehe, werde zudem durch die jahrelange Krankschreibung des Klägers bestätigt.
138Schließlich hat der Sachverständige nachvollziehbar erläutern können, warum er den in einigen ärztlichen Stellungnahmen zum Ausdruck kommenden gegenteiligen Feststellungen nicht gefolgt ist. Insbesondere hat ihn der Senat zu denjenigen dieser Stellungnahmen befragt, die bei Erstattung des Gutachtens noch nicht vorlagen.
139Zu der fachärztlichen Stellungnahme des Psychiaters L2. vom 30. November 2011, die ausdrücklich auf das Gutachten des Sachverständigen eingeht, hat der Sachverständige bemerkt, dass sich die dort geübte Kritik hauptsächlich auf die Passage seines Gutachtens beziehe, in der er eine psychotische Entwicklung (ICD-10: F 20) für möglich gehalten habe. Diese Differentialdiagnose sei aber für die Feststellung der Dienstunfähigkeit nicht ausschlaggebend. Dies trifft zweifelsfrei zu. Die psychotische Entwicklung wird in dem Gutachten lediglich als „Verdacht“ aufgeführt (S. 36).
140Zudem hat der Sachverständige zu den von ihm angenommenen Arbeitsstörungen des Klägers Stellung genommen und erläutert, warum er die Ansicht des Psychiaters L2. nicht teilen könne, dass die Denkweise des Klägers mit dem übereinstimme, was von der Polizei erwartet werde. Zwar sei ein gründliches und detailliertes Arbeiten bei der Kriminalpolizei durchaus von Vorteil, nicht aber die sich in endlosen Schleifen ergehenden Gedankenführungen, wie sie bei dem Kläger als Ausdruck seiner zwanghaften Persönlichkeitsstruktur anzutreffen seien. Diese Erläuterung ist einleuchtend.
141Zu der psychiatrischen Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Q. vom 29. September 2011 hat der Sachverständige ausgeführt, dass die dortige Einschätzung einer „Restleistungsfähigkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt“ nicht in Widerspruch stehe zu seiner Annahme einer allgemeinen Dienstunfähigkeit. Hierzu und zu dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat verlesenen früheren Attest des Dr. Q. vom 15. Juli 2009 hat der Sachverständige dargelegt, dass dort die bloße Erwerbsunfähigkeit mit der allgemeinen Dienstunfähigkeit verwechselt werde.
142e) Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge konnte der Senat mit dem in der Sitzung verkündeten Beschluss und der dort gegebenen Begründung ablehnen.
143Der auf eine zeugenschaftliche Vernehmung des Dr. Q. gerichtete Beweisantrag zu 1. war als unzulässig abzulehnen, da es an der Angabe einer unter Beweis gestellten Tatsache fehlte. Gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 373 ZPO wird der Zeugenbeweis durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsache, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten. Der Beweisantrag zu 1. bezog sich allgemein auf den „Gesundheitszustand des Klägers zum Zeitpunkt seiner Zurruhesetzung und zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ und ließ damit die Angabe vermissen, welche Tatsachenbehauptung zu diesem Beweisthema unter Beweis gestellt werden sollte. An der Erforderlichkeit dieser Angabe ändert sich nichts dadurch, dass als Zeuge ein medizinischer Sachverständiger benannt worden ist. Auf einen solchen sachverständigen Zeugen finden gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 414 ZPO die Vorschriften über den Zeugenbeweis Anwendung.
144Die beiden auf einen Sachverständigenbeweis gerichteten Beweisanträge zu 2. und 3. hat der Senat angesichts der durch den Sachverständigen Dr. N. bereits vermittelten Sachkunde abgelehnt. Dabei hat er zugunsten des Klägers angenommen, dass die Anträge Beweis darüber erbringen sollten, dass er im entscheidungserheblichen Zeitpunkt (28. September 2009) dienstfähig war, auch wenn dies in der wiederum recht allgemein gehaltenen Formulierung insbesondere des Antrages zu 3. nicht deutlich zum Ausdruck kommt.
145Für den Sachverständigenbeweis ist der im Strafverfahren geltende § 244 Abs. 1 StPO analog anzuwenden.
146Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. März 2013- 10 B 34.12 -, NVwZ-RR 2013, 620 = juris,Rn. 4, m.w.N.
147Danach kann die Anhörung eines weiteren Sachverständigen auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist (Satz 2 Halbs. 1). Die Voraussetzungen, unter denen dies nicht gilt (Satz 2 Halbs. 2), lagen hier nicht vor. Das bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. N. erfüllte in Verbindung mit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgten Erläuterung durch ihn den Zweck, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Danach stand - wie ausgeführt - die Dienstunfähigkeit des Klägers zum maßgebenden Zeitpunkt und damit das Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsache fest.
148f) Die Feststellungen des Sachverständigen haben sich im Übrigen - ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankäme - durch den persönlichen Eindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung von dem Kläger gewonnen hat, eindrucksvoll bestätigt. Bereits beim Vortrag des Sachberichts brachte dieser an mehreren Stellen deutlich seinen Unmut zum Ausdruck. Als er anschließend hierzu das Wort erhielt, konnte er aber keine Fehler in den vorgetragenen Sachverhaltsangaben aufzeigen. Es stellte sich vielmehr heraus, dass er in dem auf seinen Wunsch ausführlich gehaltenen Sachbericht vor allem eine detailliertere Wiedergabe seiner eigenen Eingaben vermisste. Die Beiträge des Klägers zur Beweiserhebung fielen in ähnlicher Weise aus; anstelle sachdienlicher Fragen ging er sowohl die als Zeugin vernommene Gleichstellungsbeauftragte als auch den Sachverständigen mit Vorwürfen an und bezichtigte sie der Parteilichkeit, ohne dass hierfür ein Anlass erkennbar gewesen wäre. Zu dem Sachverständigen äußerte er z. B., er sei angesichts des nunmehr von ihm gewonnenen persönlichen Eindrucks „heilfroh“, damals nicht bei ihm zur Exploration erschienen zu sein. Auch von dem Senat fühlte er sich bereits während der Verhandlung, als das Urteil noch nicht feststand, nicht „fair“ behandelt. Für diese Äußerung gab es keinen konkreten Anlass. Im Gegenteil hatte der Senat bereits durch die vormalige Berichterstatterin einen ausführlichen Erörterungstermin durchgeführt. Sowohl in dem Erörterungstermin als auch nochmals in der mündlichen Verhandlung war zudem eine den Interessen des Klägers entgegenkommende Möglichkeit eines Vergleichsabschlusses aufgezeigt worden. Der Kläger stellte den guten Sinn dieses Vergleichsvorschlages auch nicht in Abrede, gab aber an, sich spontan und ohne Rücksprache mit einem (weiteren) Fachanwalt nicht entscheiden zu können. Angesichts dessen, dass der Vergleichsvorschlag bereits im Juni 2014 - über ein halbes Jahr vor der mündlichen Verhandlung - unterbreitet worden war, gab es dafür keinen vernünftigen Grund. Insgesamt drängte sich vielmehr auf, dass der Kläger seiner „inneren Verwirrung Herr zu werden versucht, indem er die Umgebung und Abläufe kontrollieren will. Gelingt ihm dies, und werden seine Forderungen befolgt, ist er kurzzeitig beruhigt. Bald wächst jedoch wieder das Anspannungspotential“ (S. 32 des Gutachtens). Es ist daher für den Senat nachvollziehbar, dass der in der mündlichen Verhandlung durchgehend anwesende Sachverständige seinen in dem Gutachten wiedergegebenen Eindruck durch die während der Sitzung gemachten Beobachtungen nochmals bestätigt fand.
1493. Eine anderweitige Verwendung des Klägers war nicht möglich (§ 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BeamtStG). Auch eine geringerwertige Tätigkeit konnte ihm nicht übertragen werden (§ 26 Abs. 3 BeamtStG). Eine begrenzte Dienstfähigkeit kam ebenfalls nicht in Betracht (§ 27 BeamtStG). Dies alles ergibt sich ohne weiteres daraus, dass nach den vom Senat nachvollzogenen und geteilten Feststellungen des Sachverständigen Dr. N. bei dem Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt (28. September 2009) von einem vollständigen Verlust der Dienstfähigkeit ausgegangen werden muss. Das Krankheitsbild des Klägers stand nicht nur den besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes, sondern seiner Einsatzfähigkeit im öffentlichen Dienst überhaupt entgegen.
150Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
151Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG nicht gegeben sind.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Der Bescheid der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 16. April 2013 wird aufgehoben.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die 1975 geborene, mittlerweile 40-jährige Klägerin trat 1994 in den Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen ein und absolvierte eine Ausbildung im mittleren Dienst der Finanzverwaltung. Nach bestandener Laufbahnprüfung im August 1996 war sie seit Dezember 1996 an ihrer jetzigen Dienststelle, dem Finanzamt C. H. , beschäftigt. Im Anschluss an die im Jahr 2007 bestandene Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst war sie zunächst in wechselnden Einsatzgebieten tätig. Ab Dezember 2008 war sie für die Steuerfestsetzung von natürlichen Personen mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit in einem Veranlagungsbezirk zuständig. Zuletzt wurde sie am 27. April 2009 zur Steuerinspektorin (Besoldungsgruppe A 9) befördert.
3Die Klägerin war in den Jahren 2010 bis 2011 unter anderem vom 25. Januar bis zum 26. Februar 2010 sowie vom 11. bis zum 22. Juli 2011, im Jahr 2012 an 184 Arbeitstagen und im Jahr 2013 an 83 Arbeitstagen dienstunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 28. März 2012 entband sie der Leiter des Finanzamtes C. H. wegen Dienstunfähigkeit von den Dienstgeschäften. Bereits mit Anschreiben an das Gesundheitsamt vom 24. Oktober 2011 hatte er ein Verfahren zur Überprüfung der Dienstfähigkeit der Klägerin eingeleitet. Dabei hatte er darauf verwiesen, dass sie seit Beginn ihres Einsatzes den Arbeitsanforderungen ihres Arbeitsbereiches nicht gerecht werde. Darüber hinaus sei es am 25. Januar 2010 zu einem Vorfall gekommen, in dessen Verlauf sie akustische Halluzinationen und die Befürchtung eines gegen sie gerichteten Mordkomplotts von Kollegenseite geschildert habe. Nach einer Wiedereingliederung unter psychiatrischer Begleitung habe sich an ihrer Überforderung auch nach einem Zuständigkeitswechsel nichts geändert. Ihr Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten sei wenig verständnisvoll. Auf Kritik reagiere sie eher aggressiv.
4Der von der Amtsärztin hinzugezogene Facharzt für Psychiatrie X. E. kam in seinem Gutachten vom 15. Februar 2012 zu folgendem Ergebnis:
5„Aus psychiatrischer Sicht ist diagnostisch von einer Persönlichkeit mit emotional instabilen und paranoiden Anteilen auszugehen. Es kommt zu erheblichen Einschränkungen der Beziehungsfähigkeit, sodass Publikumsverkehr nicht möglich ist. Bei fehlender Krankheitseinsicht, wie es bei Persönlichkeitsstörungen in der Regel der Fall ist, ist eine therapeutische Zugänglichkeit kaum möglich. Offenbar hat es mindestens eine psychotische Episode zumindest mit wahnhaften Verkennungen gegeben, sodass unter diesem Eindruck zeitweise eine psychiatrisch medikamentöse Behandlung durchgeführt wurde. Die erheblichen Beziehungsstörungen schränken die Dienstfähigkeit insbesondere im Bereich des kollegialen Miteinanders ein. Offenbar wird nach Mitteilung des Dienstherrn auch die erforderte Leistung nicht gebracht, sodass vermutet werden kann, dass durch die am Arbeitsplatz entstehenden Anpassungsstörungen an die kollegiale Gemeinschaft, es zu kognitiven Einschränkungen kommt, die zu einer Leistungsminderung führen. Hinweise dazu bot das hier auffällige sehr schnelle Denk- und Sprachtempo, dem kaum zu folgen war, ohne dass sich allerdings inhaltliche Auffälligkeiten ergaben.
6Aus psychiatrischer Sicht besteht daher eine Einschränkung der Dienstfähigkeit hinsichtlich der Fähigkeit mit Publikum, aber auch Kollegen umzugehen, sodass es sich empfehlen würde, eine Arbeit vorzusehen, in der möglichst wenig Berührungspunkte mit Dritten auftreten und wobei Arbeitstempo und Arbeitsmenge ihrem tatsächlichen Leistungsvermögen entsprechen. Insofern kann die uneingeschränkte gesundheitliche Eignung für ihre Laufbahn aus psychiatrischer Sicht derzeit verneint werden und die oben genannten arbeitsplatzbezogenen Maßnahmen wären geeignet, um eine weitere Gefährdung der Gesundheit zu vermindern. Bei fehlender Krankheitseinsicht ist derzeit keine psychotherapeutische oder pharmakologische Therapie möglich, sodass mit einem Andauern des gegenwärtigen Gesundheitszustandes gerechnet werden muss.“
7Auf der Grundlage dieses fachärztlichen Zusatzgutachtens und der am 20. Januar 2012 durchgeführten eigenen Untersuchung der Klägerin kam die Amtsärztin Dr. T. in ihrem Gutachten vom 28. Februar 2012 zu dem Ergebnis, die Klägerin sei wegen einer Persönlichkeitsstörung nicht in der Lage, in dem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten. Mit einer Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate sei nicht zu rechnen. Die Wiederherstellung innerhalb eines längeren Zeitraumes erscheine nicht wahrscheinlich. Die Beamtin werde für auf Dauer nicht mehr in der Lage gehalten, die Dienstpflichten im derzeit ausgeübten Aufgabenbereich uneingeschränkt zu erfüllen. Im Falle der vorzeitigen Zurruhesetzung werde eine Nachuntersuchung vor Ablauf von drei Jahren für nicht zweckmäßig gehalten. Der Beamtin sei eine Tätigkeit zu empfehlen, in der möglichst wenig Berührungspunkte mit Dritten aufträten und das Arbeitstempo und die Arbeitsmenge ihrem tatsächlichen Leistungsvermögen entsprechen sollten. Die Amtsärztin ergänzte ihre Ausführungen mit Schreiben vom 30. März 2012 dahin, dass für die bisherige Tätigkeit der Klägerin aus medizinischer Sicht von Dienstunfähigkeit auszugehen sei und eine Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit zu einer Gefährdung ihrer Gesundheit führe.
8Unter dem 5. April 2012 ersuchte der Leiter des Finanzamts C. H. die Oberfinanzdirektion S. um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin in den Ruhestand vorbehaltlich der ergebnislosen Prüfung einer anderweitigen Verwendung. Mit Anschreiben vom 10. April 2012 beteiligte er den örtlichen Personalrat, die Schwerbehindertenvertretung und die Gleichstellungsbeauftragte. Sowohl Personalrat als auch Schwerbehindertenvertretung sahen sich angesichts der noch laufenden Prüfung einer anderweitigen Verwendung zu einer Stellungnahme nicht in der Lage.
9Unter dem 30. April 2012 bat der Leiter des Finanzamtes C. H. das Landesamt für Personaleinsatzmanagement NRW zu prüfen, ob die Klägerin angesichts ihres Gesundheitszustandes in einem anderen Ressort noch eingesetzt werden könne. Zu einem ersten Gespräch mit dem Landesamt erschien die Klägerin am 11. Juli 2012 in Begleitung ihres damaligen Prozessbevollmächtigten. Sie verwies darauf, dass sie weiterhin in der Finanzverwaltung tätig sein wolle. Die für eine Durchführung des Projektes „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ notwendige Vereinbarung unterzeichnete die Klägerin nicht. Laut Vermerk vom 14. Dezember 2012 fand am 6. Dezember 2012 ein weiteres Gespräch zwischen dem Landesamt und dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin statt. Die Klägerin selbst nahm daran nicht teil. Mit Bericht vom 10. Januar 2013 teilte das Finanzministerium NRW, in dessen Verantwortung das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ zwischenzeitlich übergegangen war, mit, dass die ausgeprägte Fokussierung der Klägerin auf eine Tätigkeit in der Finanzverwaltung auch mit Blick auf den gesundheitlichen Zustand keine aktive Unterstützung des Vermittlungsprozesses erwarten lasse. Das Projektteam habe verschiedene Anfragen zu einer anderweitigen Verwendung an die in Frage kommenden Dienststellen gerichtet. Dies sei jedoch erfolglos geblieben. Hinsichtlich einer in Betracht kommenden Stelle habe die Stadt M. Interesse gezeigt. Eine Vermittlung sei jedoch an der fehlenden Reaktion der Klägerin auf das Ersuchen um ihre Einwilligung zur Einsichtnahme in ihre Personalakte gescheitert. Auf eine vom Projektteam übermittelte Stellenausschreibung des Universitätsklinikums B. habe sie nicht reagiert. Abschließend habe das Projektteam die im Land zu besetzenden Stellen (A 9 BBesO) nochmals im Hinblick auf ihre gesundheitliche Leistungsfähigkeit abgeglichen. Die Stellen seien jedoch ausschließlich für Tarifbeschäftigte vorgesehen oder aber derart spezifisch ausgerichtet, dass eine Qualifizierung nicht in Betracht komme. Eine Vermittlung der Klägerin werde daher nicht für möglich erachtet.
10Mit am 5. Februar 2013 zugestellten Schreiben hörte der Leiter des Finanzamtes C. H. die Klägerin zu der beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand an. Zugleich gab er ihr Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Schreibens. Am 26. Februar 2013 teilten die jetzigen Prozessbevollmächtigten die Mandatsübernahme mit und baten um Akteneinsicht. Am 15. März 2013 ersuchten sie um ein Abwarten mit der Entscheidung, weil die Klägerin nochmals das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ angehen wolle.
11Nach Zustimmung des örtlichen und des Bezirkspersonalrats und Beteiligung der örtlichen Schwerbehindertenvertretung sowie der Gleichstellungsbeauftragten versetzte die Oberfinanzdirektion S. (heute: Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, im Folgenden: Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen) mit Bescheid vom 16. April 2013 die Klägerin mit Ablauf des 30. April 2013 in den Ruhestand. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei wegen ihrer Erkrankung seit längerer Zeit dienstunfähig. Nach dem amtsärztlichen Zeugnis vom 28. Februar 2012 könne mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit vorerst nicht gerechnet werden. Die Prüfung einer anderweitigen Verwendung im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ sei erfolglos verlaufen.
12Die Klägerin hat am 14. Mai 2013 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, es fehle bereits eine die Versetzung in den Ruhestand rechtfertigende Dienstunfähigkeit. Sowohl aus dem Gutachten von Dr. E. als auch dem amtsärztlichen Gutachten ergebe sich lediglich eine Einschränkung der Dienstfähigkeit. Sie sei nunmehr bereit, das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ anzugehen. Das habe sie dem Finanzamt schon vor Erlass der streitbefangenen Verfügung signalisiert. Das beklagte Land habe gegen die ihm obliegende Fürsorgepflicht verstoßen, indem es über ihre Bereitschaft zur Mitarbeit hinweg gegangen sei und sie in den Ruhestand versetzt habe. Sie leide nicht an einer Persönlichkeitsstörung. Vielmehr habe ihre Erkrankung mit dem unangemessenen dienstlichen Umgang mit ihr zu tun. So habe man zunächst keinerlei Rücksicht auf ihre polymorphe Lichtallergie genommen.
13Die Klägerin hat beantragt,
14den streitbefangenen Zurruhesetzungsbescheid aufzuheben.
15Das beklagte Land hat unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des angefochtenen Bescheides beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Ergänzend hat es ausgeführt, eine andere Verwendungsmöglichkeit für die Klägerin habe es nicht gegeben. Die in dem psychiatrischen Gutachten festgestellten Einschränkungen in der Dienstfähigkeit schlössen eine Tätigkeit im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung aus. Die Klägerin habe die Vereinbarung zur Aufnahme eines individuellen Vermittlungsversuchs durch das Projektteam „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ bis heute nicht unterschrieben, für weitere Vermittlungsversuche bestünden deshalb keine Erfolgsaussichten.
18Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Mai 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Zurruhesetzungsverfügung dienstunfähig im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG gewesen. Sie habe innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate krankheitsbedingt keinen Dienst geleistet. Es habe auch keine Aussicht bestanden, dass innerhalb von weiteren sechs Monaten ihre Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt sei. Die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG habe nicht bestanden. Es sei angesichts des Krankheitsbildes der Klägerin schlüssig und nachvollziehbar, dass innerhalb der Finanzverwaltung kein adäquater Dienstposten für die Klägerin zu finden sei. Eine Vermittlung eines Dienstpostens außerhalb der Finanzverwaltung sei an der fehlenden Mitwirkung der Klägerin gescheitert. Insoweit sei ihre Bekräftigung, sie wolle sich dem Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ nochmals zuwenden, unerheblich. Diese sei erst nach Ablauf der Anhörung erfolgt. Sie stehe zudem im Widerspruch zu ihrer Angabe, sich weiterhin für dienstfähig in der Finanzverwaltung zu halten.
19Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 23. März 2015 zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor:
20Es könne bereits nicht von ihrer Dienstunfähigkeit ausgegangen werden. Insoweit sei sowohl in dem amtsärztlichen Gutachten als auch im fachpsychiatrischen Zusatzgutachten ausschließlich von einer Einschränkung in der Dienstfähigkeit die Rede, soweit es den Umgang mit Kollegen und Dritten betreffe. Zudem sei ein Sachverständigengutachten zur Frage ihrer Dienstfähigkeit einzuholen.
21Darüber hinaus habe eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit für sie bestanden. Ihr hätte die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ nochmals zu durchlaufen. Dies habe sie auch mit dem Finanzamt C. H. bereits telefonisch vorbesprochen, nachdem sie durch ihre neuen Prozessbevollmächtigten ausführlich beraten worden sei. Die anderweitige Entscheidung der Oberfinanzdirektion verstoße gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn.
22Die Klägerin beantragt,
23das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 16. April 2013 aufzuheben.
24Das beklagte Land beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Es trägt vor:
27Zum Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand sei die Klägerin dienstunfähig gewesen. Eine Verwendung innerhalb der Finanzverwaltung sei nicht mehr möglich gewesen.
28Die Klägerin sei seit ihrem Aufstieg in den gehobenen Dienst den an sie gestellten dienstlichen Anforderungen nicht gerecht geworden. Später habe sie massive Beeinträchtigungen ihrer psychischen Gesundheit gezeigt. In Gesprächen über ihr Leistungsbild und ihr Verhalten im Dienst habe sie wenig verständnisvoll, vielmehr eher aggressiv reagiert. Sowohl im amtsärztlichen Gutachten als auch im fachpsychiatrischen Zusatzgutachten sei eine Persönlichkeitsstörung festgestellt worden, die einen Publikumsverkehr nicht mehr erlaube und erhebliche Einschränkungen im kollegialen Umgang zur Folge habe. Könnten diese Einschränkungen bei einem anderweitigen Einsatz nicht berücksichtigt werden, sei von einer Dienstunfähigkeit auszugehen.
29Entgegen ihrer Ansicht gebe es keinen anderweitigen geeigneten Arbeitsplatz für sie in der Finanzverwaltung. Diese zeichne sich durch ein vernetztes, effizientes Arbeiten aus, das schon aus den Gesichtspunkten der Bürgerfreundlichkeit und Transparenz ein hohes Maß an sozialen Fähigkeiten erfordere. Die Ansprüche an ein effizientes Arbeiten stiegen in der Finanzverwaltung kontinuierlich. Die von der Klägerin angeführte Tätigkeit als Betriebsprüferin im Außendienst beinhalte entgegen ihrer Einschätzung besondere Anforderungen an den Umgang mit Steuerbürgern und deren rechtlichen Beratern. Beamte müssten dabei in hohem Maße fähig sein, Konflikte zu bewältigen. Darüber hinaus erfordere diese Tätigkeit ebenfalls die Zusammenarbeit mit anderen Kollegen innerhalb der Finanzverwaltung.
30Das Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ sei mit ausführlicher Begründung unter dem 10. Januar 2013 beendet worden, weil eine Vermittlung der Klägerin unter anderem aufgrund ihres Krankheitsbildes nicht möglich gewesen sei. Sie habe ihre Mitwirkung an diesem Projekt verweigert. Eine gleichwohl durchgeführte Prüfung der Vermittelbarkeit anhand der offenen Stellen sei ergebnislos verlaufen.
31Die nach Ablauf der Anhörungsfrist eingegangene Ankündigung der Klägerin, das Projekt nochmals anzugehen, begründe keinen Anspruch auf erneute Vermittlungsbemühungen. Das Projekt sei unter Mitwirkung der damaligen Prozessbevollmächtigten abgeschlossen worden. Zudem bestünden Zweifel daran, dass sie ernsthaft bereit gewesen sei, an einer nochmaligen Vermittlung teilzunehmen.
32Schließlich stelle sich die Frage, ob angesichts der ärztlichen Diagnosen überhaupt eine Suchpflicht des Dienstherrn bestanden habe. Aufgrund der Erkrankung der Klägerin habe es keine für sie geeignete Stelle in der öffentlichen Verwaltung gegeben.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes (acht Hefte) verwiesen.
34E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
35Die Berufung hat Erfolg.
36Sie ist zulässig, auch wenn die Klägerin in der Berufungsbegründung ausschließlich auf ihre Zulassungsbegründung verwiesen und keinen ausdrücklichen Berufungsantrag gestellt hat. Mit dem gesonderten Schriftsatz zur Begründung ihrer Berufung hat sie hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass sie das Berufungsverfahren nach der Zulassung durchführen möchte. Darüber hinaus sind mit Blick auf die Zulassungsbegründung und den Gegenstand des Verfahrens auch Ziel und Umfang der Urteilsanfechtung ausreichend erkennbar.
37Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. Oktober 2009 – 2 B 51.09 -, juris, Rn. 4, und vom 10. März 2011 – 2 B 37.10 -, juris, Rn. 11.
38Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen über die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand vom 16. April 2013 ist rechtswidrig und verletzt sie dadurch in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klägerin kann aufgrund der ungenügenden Prüfung einer anderweitigen Verwendung nicht als dienstunfähig gemäß § 26 Abs. 1 BeamtStG in Verbindung mit § 34 LBG NRW in den Ruhestand versetzt werden.
39Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 -, juris, Rn. 11.
41Dies ist im Streitfall die Entscheidung über die Versetzung der Klägerin in den Ruhestand am 16. April 2013. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Voraussetzungen nicht vor. Die Klägerin war zwar dienstunfähig im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG (dazu unter I.). Das beklagte Land hat jedoch die umfassende Prüfung einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG nur unvollständig durchgeführt (dazu unter II.). Desgleichen fehlt eine Prüfung der Verwendung in einer geringerwertigen Tätigkeit nach § 26 Abs. 3 BeamtStG (dazu unter III.).
42I. Nach der Legaldefinition des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist ein Beamter auf Lebenszeit dienstunfähig, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Dieser Grundtatbestand wird in dem darauffolgenden Satz um eine Beweiserleichterung ergänzt. Danach kann als dienstunfähig auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG) die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Trotz Verwendung des Wortes „kann“ räumt die Vorschrift kein Handlungsermessen in dem Sinne ein, dass trotz bejahter Dienstunfähigkeit noch von einer Zurruhesetzung abgesehen werden könnte.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Februar 2015 – 6 A 371/12 -, juris, Rn. 106, und Beschluss vom 28. Juli 2014 - 6 A 1311/13 -, juris, Rn. 13 f., m.w.N.
44Das beklagte Land hat aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 28. Februar 2012 in der Ergänzung vom 30. März 2012 und des fachpsychiatrischen Zusatzgutachtens 15. Februar 2012 ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Klägerin zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten als Steuerinspektorin,
45vgl. zur Maßgeblichkeit des Amtes im abstrakt-funktionellen Sinn: BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 -, juris Rn. 2; OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 – 6 A 3712/06 -, juris, Rn. 44.
46dauernd unfähig ist. Bei der Beschäftigungsbehörde der Klägerin, dem Finanzamt C. H. , steht kein Dienstposten zur Verfügung, der dem statusrechtlichen Amt der Klägerin zugeordnet und für sie gesundheitlich geeignet ist.
47Nach den ärztlichen Gutachten ist die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung dauerhaft nicht mehr in der Lage, mit Drittkontakten, sei es Publikum oder Kollegen, umzugehen. Gleichfalls erfordert ihre Erkrankung, Arbeitstempo und Arbeitsmenge dem tatsächlichen Leistungsvermögen entsprechend auszurichten. Die ärztlichen Einschätzungen ergeben sich aus den festgestellten Beziehungsstörungen der Klägerin, die sich aus dem diagnostizierten Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung mit sensitiv paranoiden Anteilen ergeben. Diese Diagnose, die der Facharzt für Psychiatrie E. in seinem Gutachten vom 15. Februar 2012 aufgrund eigener Untersuchung und der seitens der Beschäftigungsbehörde geschilderten Erfahrungen mit der Klägerin getroffen hat, ist in sich schlüssig. Die Amtsärztin kommt unter Würdigung und in inhaltlicher Übereinstimmung dieses Gutachtens mit ihren eigenen Feststellungen in ihrer Stellungnahme vom 28. Februar 2012 zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine Persönlichkeitsstörung vorliege. Diese führe dazu, dass die Klägerin derzeit, innerhalb von sechs Monaten und auf absehbare Zeit nicht in der Lage sei, in dem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten. Vielmehr wird sie für auf Dauer nicht mehr in der Lage gehalten, die Dienstpflichten im derzeit ausgeübten Aufgabenbereich uneingeschränkt zu erfüllen. In der ergänzenden Stellungnahme vom 30. März 2012 erläutert die Amtsärztin, dass für die bisherige Tätigkeit aus medizinischer Sicht von Dienstunfähigkeit auszugehen sei.
48Der daraus seitens des beklagten Landes gezogene Schluss auf die Dienstunfähigkeit der Klägerin in Bezug auf ihr Amt als Steuerinspektorin weist keinen Rechtsfehler auf. Bereits in ihrem Anschreiben an das Gesundheitsamt vom 24. Oktober 2011 hat die Beschäftigungsbehörde darauf verwiesen, dass neben der Klägerin 23 weitere Mitarbeiter/innen mit gleicher Qualifikation die Tätigkeit ausüben. Diese Art der Tätigkeit erfordert nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Dienstherrn eine sehr strukturierte, gewichtende Arbeitsweise. Aufgrund der vielfältigen Aufgaben sei die Fähigkeit, dauerhaft auch unter Zeitdruck nachhaltige Entscheidungen treffen zu können, von zentraler Bedeutung. Insgesamt führten diese Anforderungen zu einer vergleichsweise hohen psychischen Belastung. In der Klageerwiderung vom 15. Januar 2014 und nochmals in der Berufungserwiderung vom 23. April 2015 hat das beklagte Land plausibel erläutert, dass die ärztlicherseits empfohlene Stelle in einer Verwaltung nicht existiert, in der die zahlreichen Einzelschritte im Bereich der Steuerfestsetzung und –erhebung auf verschiedene Stellen aufgeteilt sind, die effizient und vernetzt zusammenarbeiten müssen. Insoweit verweist es auf die Anforderungsmerkmale des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen (www.fm.nrw.de) für eine Bewerbung im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung, die unter anderem Teamfähigkeit, Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft als Einstellungsvoraussetzungen benennen. Soweit die Klägerin sich für eine Tätigkeit als Betriebsprüferin als geeignet ansieht, verkennt sie die Anforderungen an eine derartige Außendiensttätigkeit. Diese hat das beklagte Land nachvollziehbar mit einer hohen Konfliktfähigkeit im Umgang mit Steuerbürgern und ihren rechtlichen Beratern sowie effizienter kollegialer Zusammenarbeit beschrieben.
49Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der aus den ärztlichen Stellungnahmen gewonnene Eindruck über die Dienstfähigkeit der Klägerin unzutreffend sein könnte. Es ist – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht nochmals ein Sachverständigengutachten zu ihrer Dienstfähigkeit einzuholen. Zwar unterliegt die Beurteilung der Dienstfähigkeit schon mit Blick auf die gerichtliche Amtsermittlungspflicht (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) der inhaltlich nicht eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Eines weiteren Gutachtens bedarf es jedoch nur dann, wenn ein bereits vorliegendes Gutachten nicht den ihm obliegenden Zweck erfüllen kann, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts notwendige Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die für die Entscheidung notwendige Überzeugungsbildung zu ermöglichen. In diesem Sinne kann ein Sachverständigengutachten für die Entscheidungsfindung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht.
50Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 – 2 B 80.10 -, juris, Rn. 7.
51Derartige Mängel der vorliegenden Gutachten hat die Klägerin weder aufgezeigt, noch lassen sie sich den Akten entnehmen.
52II. Das beklagte Land ist jedoch der sich aus § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG ergebenden umfassenden Prüfpflicht nach einer anderweitigen Verwendung der Klägerin nur unvollständig nachgekommen.
53Nach § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Dies ist nach § 26 Abs. 2 BeamtStG der Fall, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
54Dass im Streitfall die im Regelfall („soll“) durchzuführende Suche nach einer anderweitigen Verwendung ausnahmsweise unterbleiben konnte, ist nicht erkennbar. Insbesondere war das beklagte Land seiner Suchpflicht nicht enthoben. Die Suchpflicht entfällt, wenn feststeht, dass der Beamte krankheitsbedingt voraussichtlich keinerlei Dienst mehr leisten kann oder erhebliche Fehlzeiten zu erwarten sind.
55Vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 – 2 B 97.13 -, juris, Rn. 13; OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 1 A 2111/13 -, juris, Rn. 12.
56Anhaltspunkte dafür ergeben sich indes weder aus dem fachpsychiatrischen Gutachten noch aus den amtsärztlichen Stellungnahmen. Vielmehr wird der Klägerin ärztlich ein prinzipiell nicht eingeschränktes Leistungsvermögen, wenn auch unter bestimmten Voraussetzungen, bescheinigt. Da bislang keine entsprechenden Arbeitsversuche stattgefunden haben, ist nichts dafür erkennbar, dass sie auch unter den genannten Voraussetzungen den dienstlichen Anforderungen nicht mehr entsprechen oder es bei Wiederaufnahme der Tätigkeit zu erheblichen Fehlzeiten kommen werde.
57Für die Ausgestaltung der in § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG festgelegten Suchpflicht hat das Bundesverwaltungsgericht genaue Vorgaben aufgestellt, um gesetzlich nicht vorgesehenen Zweckmäßigkeitserwägungen des Dienstherrn vorzubeugen. In seinem Urteil vom 19. März 2015,
58- 2 C 37.13 -, juris, Rn. 17 ff.,
59heißt es:
60„Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des Satzes 2 des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F., der die Übertragung eines neuen Amts für zulässig erklärt, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass den Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung nach Art. 56 Abs. 4 Satz 3 BayBG a.F. auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann.
61Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung muss sich auf Dienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Der Senat hält für diese vorausschauende Suche nach frei werdenden und/oder neu zu besetzenden Dienstposten einen Zeitraum von sechs Monaten für angemessen. Die Zeitspanne entspricht dem in Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayBG a.F. (entsprechend § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG und § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) vom Gesetzgeber vorgegebenen Zeitraum von weiteren sechs Monaten. Dagegen begründet Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. keine Verpflichtung anderer Behörden, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 73.08- BVerwGE 133, 297 Rn. 29).
62Die Suchanfrage muss eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten. Diese Kurzbeschreibung muss den angefragten Behörden die Einschätzung erlauben, ob der Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Betracht kommt. Dabei ist zu beachten, dass diese Beschreibung den Anspruch des Beamten auf Personaldatenschutz wahrt (§ 50 BeamtStG, Art. 60a Abs. 2 Satz 3 und Art. 100a BayBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1998, GVBl S. 702). Deshalb darf die Kurzbeschreibung keine Mitteilung persönlicher Daten des Beamten enthalten, die nach dem geschilderten Zweck der Suchanfrage nicht erforderlich sind. Regelmäßig genügt es, die konkreten Leistungseinschränkungen mitzuteilen. Eine Offenbarung der Diagnose oder gar von detaillierten Krankheitsbefunden ist für den Zweck der Suchanfrage als Konkretisierung des gesetzlichen Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" weder erforderlich noch unter datenschutzrechtlichen Aspekten zulässig.
63Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der ihm obliegenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des Art. 56 Abs. 4 BayBG a.F. beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 – 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108 f.>).
64Diesen Anforderungen genügt die hier zu beurteilende ressortübergreifende Suchanfrage nicht. … Die Setzung einer Verschweigensfrist, derzufolge die suchende Behörde von einer Fehlanzeige ausgeht, wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist Rückmeldungen vorliegen, lässt sich indes nicht mit dem gesetzlichen "Grundsatz der Weiterverwendung vor Versorgung" in Einklang bringen. Denn die Einräumung einer bloßen Verschweigensfrist setzt nicht den erforderlichen Impuls für die angefragten Behörden, hinreichend ernsthaft und nachdrücklich nach einer anderweitig möglichen Verwendung des dienstunfähigen Beamten Ausschau zu halten. Die Möglichkeit, durch schlichtes Verschweigen auf eine Suchanfrage zu reagieren, eröffnet die Möglichkeit, den gesetzlichen Grundsatz der "Weiterverwendung vor Versorgung" zu unterlaufen.
65In welcher Form die Verwaltung der Suchpflicht nachkommt, sei es - wie vorliegend - durch schriftliche Anfragen oder aber durch E-Mail-Abfragen oder auf andere Weise, bleibt ihrer Organisationsgewalt überlassen. Ebenso bedarf es für die Suche nach einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten nur dann einer Nachfrage, wenn die Suchanfrage von einer angefragten Behörde unbeantwortet bleibt (BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10- IÖD 2012, 122 <123>).“
66Der erkennende Senat hat sich bereits mit Urteil vom 2. Juli 2009,
67- 6 A 3712/06 -, a. a. O.,
68der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Umfang und Nachweis der Suchpflicht des Dienstherrn,
69vgl. Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, juris,
70angeschlossen. Auch den im zitierten Urteil vom 19. März 2015 weiter konkretisierten Anforderungen folgt der Senat zur Wahrung der Rechtseinheit.
71Die danach geltenden Anforderungen hat das beklagte Land im Streitfall auch unter Einschaltung des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ nicht erfüllt.
72Dabei ist es entgegen seiner Ansicht unerheblich, dass die Klägerin im Rahmen des Projektes nicht mitgewirkt hat. Die Suchpflicht ist allein dem Dienstherrn übertragen. Mit § 26 BeamtStG bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass die Prüfung der Möglichkeit einer Weiterverwendung ausschließlich Aufgabe des Dienstherrn ist. Der Wortlaut der Vorschrift bietet keinen Anhalt für eine Mitwirkungspflicht des betroffenen Beamten bei der Suche nach einer geeigneten Weiterverwendungsmöglichkeit. Das ist bereits dadurch bedingt, dass es um Vorgänge im Verantwortungsbereich des Dienstherrn geht,
73vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 37.13 -, a. a. O., Rn. 20,
74in die der Beamte in der Regel keinen Einblick hat und auf die er keinen Einfluss nehmen kann. Überdies zeigt § 26 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG, dass Entscheidungen über die Weiterverwendung eines dienstunfähigen Beamten sogar gegen seinen Willen getroffen werden können. Nach dieser Vorschrift ist die Übertragung eines neuen Amtes in bestimmten Fällen unter den dort geregelten Voraussetzungen nicht von der Zustimmung des Beamten abhängig. Mitwirkungspflichten des Beamten stellt § 26 BeamtStG lediglich für die Zeit nach erfolgreicher Suche des Dienstherrn auf. § 26 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG verpflichtet den Beamten, an gegebenenfalls erforderlichen Qualifikationsmaßnahmen für eine Weiterverwendung teilzunehmen. Dass der Gesetzgeber dennoch die Suche von einer Mitwirkung des Beamten abhängig machen wollte, lässt sich dem zugrunde liegenden Gesetzentwurf nicht entnehmen. Vielmehr wird in dessen Begründung – ohne eine Mitwirkungspflicht des Beamten auszusprechen – allein auf die verbindliche Regelung der Voraussetzungen für eine anderweitige Verwendung vor der Zulässigkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit verwiesen. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers sicher gestellt werden, dass der Ruhestand bei Dienstunfähigkeit immer nur die „ultima ratio“ sein kann.
75Vgl. Begründung zu § 27 „Dienstunfähigkeit“, Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) vom 12. Januar 2007, BT-Drs. 16/4027, S. 28, 29.
76Ebenso wenig sprechen Sinn und Zweck der Vorschrift für eine Abhängigkeit der Suche von einer Mitwirkung des Beamten. Der in dieser Norm festgeschriebene Grundsatz der „Weiterverwendung vor Versorgung“ würde nicht nur dann unterlaufen, wenn dem Dienstherrn unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten eine Entscheidung über eine Verwendung zustünde,
77Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 -, a. a. O., Rn. 15,
78sondern auch, wenn seine Verpflichtung von etwaigen – gegebenenfalls auch noch von ihm festzulegenden – Mitwirkungspflichten des betroffenen Beamten abhinge.
79Das beklagte Land hat ausweislich der vorgelegten Unterlagen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ folgende Vermittlungsbemühungen unternommen: Anschreiben an die Städte C. H. , M. , Bonn, Köln, den Landesbetrieb Straßenbau, den Landesbetrieb Mess- und Eichwesen, den Landesbetrieb Wald und Holz, das Landesarbeitsgericht, das Oberlandesgericht Köln und die Bezirksregierung Köln unter Beifügung eines Personalbogens der Klägerin – ohne Mitteilung der gesundheitlichen Einschränkungen –. Antworten sind von der Stadt Köln und dem Landesbetrieb Wald und Holz ausgeblieben. Die Stadt M. hat unter dem 30. Juli 2012 Interesse an einer Vermittlung gezeigt. Die übrigen Antworten sind negativ ausgefallen. Zudem hat es die aktuellen Stellenausschreibungen von Mitte August bis Ende November 2012 in Bezug auf eine mögliche Vermittlung der Klägerin gesichtet. Von einer Stellenausschreibung des Universitätsklinikums B. hat es die Klägerin informiert und gleichzeitig ein Anschreiben an das Klinikum gerichtet, welches jedoch negativ beantwortet worden ist. Eine Vermittlung an die Stadt M. konnte nicht weiter betrieben werden, weil die Klägerin auf die Bitte um ihr Einverständnis mit der Übersendung ihrer Personalakte an die Stadt M. nicht reagiert hat. Mit Abschlusserklärung vom 6. Dezember 2012 und Abschlussbericht an die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 10. Januar 2013 wurde mitgeteilt, dass eine Vermittlung nicht habe erfolgen können.
80Mit den aufgezählten Vermittlungsbemühungen ist das beklagte Land seiner Suchverpflichtung nicht hinreichend nachgekommen. Bereits die Anstrengungen zur Vermittlung der Klägerin genügen den oben genannten Anforderungen nicht. In den Anschreiben an die unterschiedlichen Behörden fehlt schon eine Kurzbeschreibung der Leistungsfähigkeit der Klägerin. Demgemäß konnten die angeschriebenen Stellen nicht prüfen, ob ein gesundheitlich angemessener Dienstposten vorhanden oder aber absehbar besetzbar ist. Darüber hinaus hat das beklagte Land auf ausgebliebene Antworten nicht mit einer nochmaligen Nachfrage reagiert. Ebenso ist eine Nachfrage hinsichtlich der unter Verweis auf die fehlenden Laufbahnvoraussetzungen der Klägerin erfolgten Absage der Bezirksregierung Köln unterblieben.
81Dessen ungeachtet mangelt es aufgrund der gesetzlich nicht vorgesehenen, allerdings wohl im vermuteten Interesse der Klägerin erfolgten Einschränkung der Suche auf die Regionen Köln, Bonn, M. und C. H. an einer Erstreckung der Suche auf den gesamten Bereich des Dienstherrn. Schon angesichts der aus §§ 2 ff. des Gesetzes über die Organisation der Landesverwaltung (LOG NRW) ersichtlichen Vielzahl der Dienststellen der Landesverwaltung hätten Anfragen an weitaus mehr Dienststellen gerichtet werden müssen als tatsächlich geschehen (unter anderem Ministerien, alle Bezirksregierungen). Entsprechende, konkrete Anfragen waren angesichts der Sichtung der freien Stellen im Newsletter nicht entbehrlich. Die Verpflichtung des beklagten Landes erstreckt sich nicht nur auf die freien, besetzbaren Stellen, die anhand von Stellenausschreibungen abgefragt werden können. Sie bezieht sich auch auf diejenigen Stellen, die innerhalb der nächsten sechs Monate frei werden. Derartige Stellen müssen nicht bereits von Stellenausschreibungen erfasst sein.
82Der Klägerin kann hinsichtlich einer Einschränkung der Suche ein treuwidriges Verhalten nicht vorgehalten werden. Dass sie auf einer geographisch eingeengten Suche bestanden habe, lässt sich den Unterlagen nicht entnehmen. Die Rahmenbedingungen im Projekt „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“, in denen ein Wunsch der Klägerin nach einer Tätigkeit möglichst in der Region Köln, M. , C. H. und gegebenenfalls Bonn erwähnt wird, hat sie nicht unterzeichnet. Dass das beklagte Land diesen Wunsch als verbindlich angesehen hat, ist im Übrigen auszuschließen. Denn es hat ihn mit dem Angebot einer Tätigkeit am Universitätsklinikum B. die Region weit überschritten. Auch hat das Projektteam die im (gesamten) Land zu besetzenden Stellen im Hinblick auf die gesundheitliche Leistungsfähigkeit der Klägerin abgeglichen.
83III. Des Weiteren fehlt eine Prüfung der Verwendung der Klägerin in einer geringerwertigen Tätigkeit nach § 26 Abs. 3 BeamtStG. Nach dieser Vorschrift kann zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand der Beamtin unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
84Die Prüfung dieser Vorschrift musste sich aus Sicht des beklagten Landes bereits deshalb aufdrängen, weil es selbst von der Unmöglichkeit einer anderweitigen Verwendung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 2 BeamtStG ausgegangen ist. Sie ist jedoch (tatsächlich) ausgeblieben. Erfolglos bleibt auch insoweit der pauschale Einwand des beklagten Landes, eine Suchpflicht habe deshalb nicht bestanden, weil es aufgrund der Erkrankung der Klägerin keine für sie geeignete Stelle in der öffentlichen Verwaltung gegeben habe. Die Feststellung von derart weitreichenden gesundheitlichen Einschränkungen lässt sich, wie bereits ausgeführt, den ärztlichen Gutachten nicht entnehmen. Überdies spricht die Tatsache, dass die Klägerin vor ihrer Laufbahnprüfung für den gehobenen Dienst ihrer Tätigkeit im mittleren Dienst beanstandungsfrei nachgekommen ist, dafür, dass eine vorzeitige Zurruhesetzung durch eine geringerwertige Tätigkeit hätte vermieden werden können.
85Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
86Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG nicht gegeben sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.