Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 30. Nov. 2018 - 19 A 2127/17
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf bis zu 500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Senat entscheidet über die Berufungszulassung durch den Vorsitzenden als Berichterstatter, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§§ 87a Abs. 2 und 3, 125 Abs. 1 VwGO).
3Der Berufungszulassungsantrag ist unbegründet. Nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO ist die Berufung zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Der Kläger stützt seinen Antrag auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO. Keiner dieser Gründe liegt vor. Die Berufung ist weder nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils noch nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der gerügten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
4Aus der Zulassungsbegründung des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts, nächstliegender Eingang des Schulgrundstücks im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 SchfkVO NRW des von ihm besuchten I. -Gymnasiums sei die mit dem Schild „I. -Gymnasium – Turnhalle - Aula“ gekennzeichnete Einfahrt zur Turnhalle gegenüber dem Haus H. -Straße 48, die unstreitig maximal 4.896 m von der Wohnung des Klägers entfernt liegt (auf dem Auszug aus dem Liegenschaftskataster vom 18. Oktober 2016 näherungsweise mit „X 1“ bezeichnet, S. 6 f. des Urteilsabdrucks). Die Beklagte und das Verwaltungsgericht haben diese Feststellung zutreffend auf die von ihnen zitierte Senatsrechtsprechung zum Begriff des nächstliegenden Eingangs des Schulgrundstücks im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 SchfkVO NRW gestützt.
5OVG NRW, Beschluss vom 10. Oktober 2013 ‑ 19 A 2181/12 ‑, juris, Rn. 5 ‑ 10 m. w. N.,
6Hiergegen wendet der Kläger ohne Erfolg ein, die genannte Einfahrt sei „kein gesicherter Eingang, weil dort zunächst noch ein allgemein zugänglicher öffentlicher Fahrweg und ein öffentlicher Parkplatz anschließt“, der „sowohl von den Schülern des Gymnasiums als auch von anderen Verkehrsteilnehmern genutzt“ werde und der nicht durch entsprechende straßenverkehrsrechtliche Beschilderung auf die Benutzung nur durch eine bestimmte Personengruppe beschränkt sei. Auf die damit als Gegenargument angeführte straßenverkehrsrechtliche Öffentlichkeit im Sinne der §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 Satz 1 StVG der jenseits der genannten Einfahrt gelegenen Verkehrsflächen auf dem Schulgelände kommt es schülerfahrkostenrechtlich nicht an. Denn auch eine funktional und optisch erkennbar dem Schulgrundstück zugehörige Verkehrsfläche ist regelmäßig straßenverkehrsrechtlich öffentlich, unterliegt damit den Verkehrsregeln von StVG, StVO, FZV und FeV und darf von der Straßenverkehrsbehörde ausgeschildert werden. Das gilt ohne Rücksicht auf eine straßenrechtliche Widmung und ungeachtet der zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse, wenn der Schulleiter als Verfügungsberechtigter sie, wie hier, für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zu Verkehrszwecken zugelassen hat und sie auch tatsächlich so genutzt wird.
7Zur straßenverkehrsrechtlichen Öffentlichkeit von Straßenflächen vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2013 ‑ 4 StR 527/12 ‑, NZV 2013, 508, juris, Rn. 4, Urteil vom 4. März 2004 ‑ 4 StR 377/03 ‑, BGHSt 49, 128, juris, Rn. 7 f.; OVG NRW, Beschluss vom 4. August 1999 ‑ 5 A 1321/97 ‑, NJW 2000, 602, juris, Rn. 5; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 1 StVO, Rn. 13 ‑ 16a.
8Diese tatsächliche Freigabe der genannten Verkehrsflächen zur Benutzung für jedermann zu Verkehrszwecken ändert schülerfahrkostenrechtlich nichts daran, dass die gesamte Freifläche vor dem Schulgebäude einschließlich der Aula, des Sportplatzes, der Grünflächen, der Parkplätze und der Zufahrten funktional und durch das genannte Schild „I. -Gymnasium – Turnhalle - Aula“, die Ausschilderungen der Geschwindigkeitsbegrenzung und als Feuerwehrzufahrt sowie durch die Pflasterung optisch eindeutig erkennbar dem Schulgrundstück zugeordnet sind.
9Auf die vom Kläger als maßgeblich bezeichnete, in Höhe der Turnhalle von der zuvor genannten Zufahrt rechtwinklig zum Hauptgebäude hin abzweigende Zufahrt (vom Kläger mit „X 3“ bezeichnet, von der Wohnung des Klägers (4.896+130=) 5.026 m entfernt) kommt es hingegen weder schülerfahrkostenrechtlich noch straßenverkehrsrechtlich an. Insbesondere markieren die hier aufgestellten, auf dem vorgelegten Lichtbild geöffneten Absperrschranken und der Sperrpfosten entgegen der Auffassung des Klägers keinen Übergang zu „Privatgelände“, also zu einer nichtöffentlichen Verkehrsfläche, weil auch diese Flächen dem Rad- und Fußgängerverkehr für jedermann ohne Beschränkung auf einen bestimmten engeren Personenkreis zur Verfügung stehen. Ebenso wenig kommt es auf den Ausbauzustand und die Ausschilderung an den beiden vom Kläger mit „X 4“ und „X 5“ bezeichneten weiteren Eingängen des Schulgrundstücks an, weil diese von der Wohnung des Klägers aus gesehen jenseits des mit „X 1“ bezeichneten Eingangs liegen, also schon deshalb kein nächstliegender Eingang sein können.
10Auch die Grundsatzrüge nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bleibt erfolglos. Der Begriff des nächstliegenden Eingangs des Schulgrundstücks im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 SchfkVO NRW ist in der zitierten Rechtsprechung des Senats grundsätzlich geklärt.
11Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
12Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG. In Schülerfahrkostensachen bemisst der Senat den Streitwert nach dem im Klageantrag bezifferten oder sonst im Streit stehenden Geldleistungsbetrag.
13OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Februar 2018 ‑ 19 E 654/17 ‑, juris, Rn. 2, vom 19. Mai 2017 ‑ 19 E 818/16 ‑, juris, Rn. 1, vom 8. September 2016 ‑ 19 A 847/13 ‑, juris, Rn. 36, und vom 1. März 2013 ‑ 19 A 702/11 ‑, juris, Rn. 79.
14Dieser Wert ist hier mit dem Mindeststreitwert angemessen erfasst.
15Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).
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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten; - 6.
über die Beiladung.
(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.
(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger, die auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt werden sollen, müssen von der zuständigen Behörde (Zulassungsbehörde) zum Verkehr zugelassen sein. Die Zulassung erfolgt auf Antrag des Verfügungsberechtigten des Fahrzeugs bei Vorliegen einer Betriebserlaubnis, Einzelgenehmigung oder EG-Typgenehmigung durch Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens.
(2) Als Kraftfahrzeuge im Sinne dieses Gesetzes gelten Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein.
(3) Keine Kraftfahrzeuge im Sinne dieses Gesetzes sind Landfahrzeuge, die durch Muskelkraft fortbewegt werden und mit einem elektromotorischen Hilfsantrieb mit einer Nenndauerleistung von höchstens 0,25 kW ausgestattet sind, dessen Unterstützung sich mit zunehmender Fahrzeuggeschwindigkeit progressiv verringert und
unterbrochen wird. Satz 1 gilt auch dann, soweit die in Satz 1 bezeichneten Fahrzeuge zusätzlich über eine elektromotorische Anfahr- oder Schiebehilfe verfügen, die eine Beschleunigung des Fahrzeuges auf eine Geschwindigkeit von bis zu 6 km/h, auch ohne gleichzeitiges Treten des Fahrers, ermöglicht. Für Fahrzeuge im Sinne der Sätze 1 und 2 sind die Vorschriften über Fahrräder anzuwenden.BUNDESGERICHTSHOF
a) im Fall II. 4 der Urteilsgründe,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
c) im Maßregelausspruch über die Anordnung einer Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen sowie wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrer- laubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es bestimmt , dass die Verwaltungsbehörde ihm vor Ablauf von zwei Jahren keine Fahrerlaubnis erteilen darf. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, soweit das Landgericht ihn wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen verurteilt hat (Fälle II. 2 und II. 3 der Urteilsgründe).
- 3
- 2. Dagegen hält der Schuldspruch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, soweit das Landgericht den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr für schuldig befunden hat (Fall II. 4 der Urteilsgründe). Insofern belegen die Feststellungen nicht, dass der Angeklagte das Kraftfahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum geführt hat.
- 4
- a) Tathandlung des § 316 Abs. 1 StGB ist das Führen eines Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr. Nach § 2 Abs. 1 StVG bedarf der Fahrerlaubnis, wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt. Der Begriff des Straßenverkehrs im Sinne der §§ 315 b ff. StGB entspricht dem des StVG und bezieht sich auf Vorgänge im öffentlichen Verkehrsraum. Erfasst werden zum einen alle Verkehrsflächen, die nach dem Wegerecht des Bundes und der Länder oder der Kommunen dem allgemeinen Verkehr gewidmet sind (z.B. Straßen, Plätze, Brücken, Fußwege). Ein Verkehrsraum ist darüber hinaus auch dann öffentlich, wenn er ohne Rücksicht auf eine Widmung und ungeachtet der Eigentumsverhältnisse entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch tatsächlich so genutzt wird (Senatsurteil vom 4. März 2004 – 4 StR 377/03, BGHSt 49, 128, 129; Senatsbeschluss vom 8. Juni 2004 – 4 StR 160/04, NStZ 2004, 625; SSW-StGB/Ernemann, § 142 Rn. 9). Für die Frage, ob eine Duldung des Verfügungsberechtigten vorliegt, ist nicht auf dessen inneren Willen, sondern auf die für etwaige Besucher erkennbaren äußeren Umstände (Zufahrtssperren, Schranken, Ketten, Verbotsschilder etc.) abzustellen. Eine Verkehrsfläche kann zeitweilig „öffentlich“ und zu anderen Zeiten „nicht-öffentlich“ sein (Geppert in LK-StGB, 12. Aufl., § 142 Rn. 14). Die Zugehörigkeit einer Fläche zum öffentlichen Verkehrsraum endet mit einer eindeutigen, äußerlich manifestierten Handlung des Verfügungsberechtigten, die unmissverständlich erkennbar macht, dass ein öffentlicher Verkehr nicht (mehr) geduldet wird (vgl. Senatsurteil vom 4. März 2004 – 4 StR 377/03, BGHSt 49, 128, 129; OLG Düsseldorf, NZV 1992, 120; Pasker, NZV 1992, 120, 121). So liegt der Fall hier.
- 5
- b) Nach den Feststellungen steuerte der alkoholbedingt absolut fahruntüchtige Angeklagte R. , der keine Fahrerlaubnis besaß, den seiner Ehefrau gehörenden Pkw, nachdem er zunächst im Ortsbereich von B. umhergefahren war, auf einen unbefestigten und zunächst frei zugänglichen Parkplatz neben einer Tankstelle. Zusammen mit dem Angeklagten K. misshandelte er daraufhin den Geschädigten R. P. durch eine Vielzahl wuchtiger Faustschläge und Fußtritte. Der Zeuge S. , der vom Vermieter des Parkplatzes mit dem regelmäßigen Öffnen und Schließen zweier dort befindlicher Schranken beauftragt war, erfasste die Situation zunächst nicht richtig und rief den Angeklagten zu, sie sollten den Parkplatz mit ihrem Pkw verlassen, damit er die Schranke schließen könne. Der Angeklagte R. antwortete sinngemäß, er solle sich keine Gedanken machen, sie kämen schon vom Parkplatz herunter. Daraufhin ging der Zeuge weiter und schloss die Schranke der Parkplatzzufahrt. Als der Zeuge wenig später sah, wie die Angeklagten R. und K. auf den am Boden liegenden Geschädigten mit voller Wucht eintraten , alarmierte er die Polizei (Fall II. 3 der Urteilsgründe).
- 6
- Im Anschluss an die Misshandlung des Geschädigten bestiegen die Angeklagten erneut den Pkw, wobei R. das Fahrzeug führte. Zunächst versuchte er, mit dem Pkw die Tankstelle zu umfahren und vorbei an einer benachbarten Diskothek auf die M. Straße zu gelangen, was an einer Begrenzung scheiterte. Anschließend fuhr er dieselbe Strecke zurück und lenkte das Fahrzeug an der geschlossenen Schranke vorbei. Er erreichte die M. Straße erneut nicht, da er nunmehr einen kleinen Erdwall vor sich hatte. An dieser Stelle blieb er nach einer Fahrtstrecke von ungefähr 220 Metern endgültig stehen (Fall II. 4 der Urteilsgründe).
- 7
- c) Nachdem der Zeuge S. die Angeklagten zum Verlassen des Parkplatzes aufgefordert und daraufhin die Schranke der Zufahrt geschlossen hatte, gehörte das Parkplatzgelände, auf dem der Pkw stand, nicht mehr zum öffentlichen Verkehrsraum. Denn der Wille des Verfügungsberechtigten, den Parkplatz ab diesem Zeitpunkt der Allgemeinheit nicht mehr zur Verfügung zu stellen , war nach außen manifest geworden. Dies war für jedermann unmissverständlich erkennbar (vgl. OLG Düsseldorf, NZV 1992, 120). Die Fahrt des Angeklagten R. auf dem Parkplatzgelände (Fall II. 4 der Urteilsgründe) fand deshalb nicht im öffentlichen Straßenverkehr statt und war somit nicht tatbestandsmäßig im Sinne von § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG und § 316 Abs. 1 StGB. Das Landgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Angeklagte bei sei- nen Versuchen, die Tankstelle bzw. die Zufahrtschranke zu umfahren, sich vorübergehend im öffentlichen Verkehrsraum bewegte. Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
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- 3. Die Aufhebung der Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zieht die Aufhebung der festgesetzten Gesamtstrafe und des Maßregelausspruchs nach sich.
Quentin Reiter
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Kläger.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 60,90 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger ist am 22. September 1994 geboren. Er besuchte im Schuljahr 2011/2012 die 11. Klasse des B. -Gymnasiums in X. , dessen Trägerin die Beklagte ist. Das Schulgrundstück liegt in der S. –str. 4 im rechtsrheinisch gelegenen Altstadtkern von X. . Im genannten Schuljahr wohnte der Kläger im linksrheinischen Stadtteil C. , Q. Weg 4a. Der Stadtteil ist mit der B 58 über die seit 2005 neu errichtete Niederrheinbrücke an den Stadtkern angebunden. Bis zum Frühjahr 2012 fehlte ein Geh- und Radweg zwischen C. und demjenigen auf der neuen Brücke. Mit Rücksicht darauf sah die Beklagte bis zum 31. März 2012 den Schulweg des Klägers vom Ortsausgang C. bis zur Brücke als besonders gefährlich an und übernahm die Fahrkosten für seinen Schulbesuch. Nach Fertigstellung und Verkehrsfreigabe des neu angelegten Geh- und Radweges zwischen der B 58 (alt) und der neuen Brückenrampe widerrief die Beklagte die Bewilligung zum 1. April 2012 (Bescheid vom 27. März 2012).
4Unter dem 22. April 2012 stellte der Kläger einen „Neuantrag“ auf Übernahme der Schülerfahrkosten und führte an, auf der Strecke über die alte B 58 gebe es über mehrere Kilometer keine Schutzmöglichkeit bei Starkregen, Hagel oder anderen Wetterkapriolen, der Weg werde im Winter nicht geräumt und sei unbeleuchtet. Die anderslautenden Aussagen der Beklagten hätten „mit der Realität nichts zu tun.“
5Mit Bescheid vom 25. Mai 2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Sein Schulweg erreiche mit 4,8 km nicht die maßgebliche Entfernungsgrenze. Er sei auch nicht besonders gefährlich. Die Strecke über die alte B 58 unterliege auch im Winter weiterhin der Kontrolle und den entsprechenden Diensten des Landesbetriebs Straßenbau NRW. Eine fehlende Beleuchtung sei grundsätzlich kein Merkmal für einen besonders gefährlichen Schulweg. Auf der Strecke sei gerade morgens ein erhöhtes Verkehrsaufkommen durch Radfahrer zu erwarten, weil sie der einzig nutzbare Schulweg für die Rad fahrenden Schüler aus C. sei.
6Zwischen dem 1. April 2012 und dem letzten Unterrichtstag vor den Sommerferien am 6. Juni 2012 legte der Kläger den Schulweg nach eigenen Angaben teils mit öffentlichen Verkehrsmitteln, teils im Auto des Vaters zurück, und zahlte für Bustickets 60,90 Euro.
7Der Kläger hat am 25. Juni 2012 Klage erhoben und sich ergänzend auf die Polizeiliche Kriminalstatistik NRW 2011 berufen. Daraus ergebe sich, dass die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung erheblich angestiegen seien und die beklagte Stadt wegen ihrer Zugehörigkeit zur sog. Rhein-Ruhr-Schiene deutlich über dem Landesdurchschnitt liege. Jedenfalls bei sonstigen Rohheitsdelikten gehöre er mit seinem Alter von 17 Jahren zu dem gefährdetsten Personenkreis. Im Gegensatz zu Kindern trügen Jugendliche in seinem Alter regelmäßig Wertgegenstände wie Handys, MP3-Player und Geldbeträge über 20 Euro mit sich und würden daher deutlich überproportional Opfer von Gewalttaten, insbesondere Raub. Dabei suchten Straftäter ihre Opfer an abgelegenen Orten ohne Hilfsmöglichkeiten auf, wo sie keine Störung befürchten müssten, wie etwa Waldstücke, Tiefgaragen oder, wie hier, in völliger Einsamkeit.
8Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 25. Mai 2012 zu verpflichten, die Schülerfahrkosten für den Besuch des B. -Gymnasiums in der Zeit vom 1. April 2012 bis zum Ende des Schuljahres 2011/2012 zu übernehmen.
10Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie hat eine Mailauskunft der Kreispolizeibehörde X. vom 7. Februar 2013 vorgelegt, nach der es sich bei dem stillgelegten ehemaligen Zubringer der X1. Straße zur alten Rheinbrücke um keine gefährliche Örtlichkeit handelt. Für die Jahre 2010 bis 2012 seien dort lediglich zwei Fälle von Farbschmierereien und ein Diebstahl eines Mobiltelefons aus einer abgelegten Jacke verzeichnet. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Raub-, Körperverletzungs- und Bedrohungsdelikte seien nicht bekannt geworden.
13Das Verwaltungsgericht hat den Schulweg des Klägers am 21. November 2012 ab 10.30 Uhr vor Ort in Augenschein genommen und die Schulweglänge durch Messrad mit 4,852 km festgestellt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Übrigen nimmt der Senat auf das Terminprotokoll und die ergänzenden Beschreibungen der Örtlichkeit durch den erstinstanzlichen Einzelrichter in der Verfügung vom 23. November 2012 Bezug.
14Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe auch als 17‑jähriger männlicher Jugendlicher ausweislich der polizeilichen Kriminalstatistik für NRW zu einem risikobelasteten Personenkreis gehört. Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren seien danach sogar häufiger von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und von Rohheitsdelikten betroffen als Kinder im Alter bis 14 Jahre sowie Erwachsene im Alter von 21 bis unter 60 Jahre. Auf dem etwa 1,3 km langen Abschnitt entlang der alten B 58 sei der Kläger einer Straftat auch schutzlos ausgeliefert gewesen, weil sein Schulweg dort durch eine vollkommen entvölkerte Landschaft geführt habe. Diese Gefährdungsprognose werde durch die Auskunft der Polizei X. nicht erschüttert. Sie beruhe auf einem zu kurzen Erkenntniszeitraum. Die Situation entlang der alten B 58 sei neu. Für die Bewertung der dort bestehenden Gefährdungslage seien deshalb die Erkenntnisse der allgemeinen Kriminalitätsstatistik von größerem Gewicht als die überschaubaren Erfahrungswerte der Jahre 2010 bis 2012.
15Die Beklagte macht mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung geltend, die Annahme des Verwaltungsgerichts sei falsch, dass Jugendliche ein wesentlich höheres Risiko trügen, Opfer einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder eines Rohheitsdelikts zu werden, als Kinder und die Gruppe der 21- bis unter 60‑jährigen Erwachsenen. Bei den Sexualdelikten müsse man die für Kinder ermittelte Opferbelastungszahl aus der polizeilichen Kriminalstatistik um den Anteil der Kinder bis unter 6 Jahren und diejenige für Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren um den Anteil der weiblichen Opfer bereinigen. Bei den Rohheitsdelikten sei die Gruppe der Heranwachsenden im Alter von 18 bis 21 Jahren noch wesentlich risikobelasteter als die Gruppe der Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren. Unabhängig davon bedürfe es für die in dieser Gruppe zusammengefassten Delikte einer differenzierenden Auseinandersetzung im Hinblick auf deren Schweregrad, Begehungsort (Straßen, Wege oder Plätze) und die Gemeindegrößenklasse.
16Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
17das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
18Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
19die Berufung zurückzuweisen.
20Er verteidigt das angefochtene Urteil im Wesentlichen mit dem Hinweis, das Verwaltungsgericht habe ihn aufgrund seines Alters und/oder seines Geschlechts völlig zu Recht zu einem risikobelasteten Personenkreis gezählt.
21Der Senat hat eine Auskunft der Kreispolizeibehörde X. zu kriminellen Übergriffen auf Kinder ab 6 Jahren und auf Jugendliche auf der Teilstrecke der früheren B 58 vom Ortsausgang C. (stillgelegter ehemaliger Zubringer der X1. Straße zur alten Rheinbrücke) einschließlich des neuen Geh- und Radwegs bis zur Brückenrampe eingeholt. Insoweit verweist der Senat auf Blatt 231 bis 235 der Gerichtsakte.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten Hefte 1 und 2) Bezug.
23II.
24Der Senat entscheidet über die Berufung durch Beschluss gemäß § 130a Satz 1 VwGO, weil er sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Er hat die Beteiligten hierzu gehört (§ 130a Satz 2 i. V. m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
25Die Berufung ist statthaft, nachdem der Senat sie zugelassen hat. Sie ist auch im Übrigen zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Sie ist als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zulässig, aber unbegründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 25. Mai 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Er hat keinen Anspruch auf Übernahme der Schülerfahrkosten für seinen Besuch des B.- Gymnasiums in der Zeit vom 1. April 2012 bis zum Ende des Schuljahres 2011/2012.
26Rechtsgrundlagen für diesen Anspruch sind § 97 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW und §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 1 SchfkVO NRW, die seit dem 1. August 2005 bis heute unverändert in Kraft sind und damit auch den hier streitigen Bewilligungszeitraum zwischen dem 1. April und dem 31. Juli 2012 erfassen. Nach diesen Vorschriften haben Schüler mit Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen Anspruch auf Übernahme derjenigen Schülerfahrkosten für den Besuch unter anderem der allgemein bildenden Schulen gemäß § 18 SchulG NRW (Gymnasiale Oberstufe), die für ihre wirtschaftlichste Beförderung zur Schule und zurück notwendig entstehen. Die Entfernungen und die sonstigen Umstände, bei denen Fahrkosten notwendig entstehen, bestimmt das Schulministerium im Einvernehmen mit dem Innenministerium, dem Finanzministerium und dem Ministerium für den Bereich Verkehr durch Rechtsverordnung (§ 97 Abs. 4 Nr. 2 SchulG NRW). Fahrkosten entstehen unabhängig von der Länge des Schulweges notwendig, wenn der Schulweg nach den objektiven Gegebenheiten besonders gefährlich oder nach den örtlichen Verhältnissen für Schüler ungeeignet ist (§ 6 Abs. 2 Satz 1 SchfkVO NRW). Ein Schulweg ist insbesondere dann besonders gefährlich, wenn er überwiegend entlang einer verkehrsreichen Straße ohne Gehweg oder begehbaren Randstreifen führt, oder wenn eine verkehrsreiche Straße ohne besondere Sicherung für Fußgänger überquert werden muss (Satz 2).
27Nach der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Gerichts, die das Verwaltungsgericht seiner Würdigung im Ausgangspunkt zutreffend zugrunde gelegt hat, umschreibt das Tatbestandsmerkmal der „besonderen“ Gefährlichkeit in § 6 Abs. 2 Satz 1 SchfkVO NRW eine gesteigerte, über die allgemeinen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs und anderer Gefahrenquellen hinausgehende Wahrscheinlichkeit einer Schädigung des Schulkindes an Leben, Gesundheit oder ungestörter psychischer Entwicklung. Nur wenn zu der allgemeinen Gefahr konkrete Umstände hinzutreten, die das Schadensrisiko als überdurchschnittlich hoch erscheinen lassen, soll unabhängig von der Länge des Schulwegs der Anspruch auf Fahrkostenerstattung bestehen.
28OVG NRW, Beschluss vom 19. Mai 2016 ‑ 19 A 1512/14 ‑, juris, Rdn. 6; Urteil vom 28. Dezember 2010 ‑ 19 A 762/08 ‑, juris, Rdn. 24; Beschlüsse vom 7. Oktober 2010 ‑ 19 A 2625/07 ‑, juris, Rdn. 10, vom 6. Dezember 2007 ‑ 19 E 458/07 ‑, S. 2 f. des Beschlussabdrucks, vom 8. März 2007 ‑ 19 E 206/06 ‑, S. 2 des Beschlussabdrucks, und vom 16. November 1999 ‑ 19 A 4220/96 ‑, NWVBl. 2000, 230, juris, Rdn. 14; Urteil vom 14. November 1989 ‑ 16 A 2639/88 ‑, OVGE 41, 296, juris, Rdn. 18.
29Diese überdurchschnittliche Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts setzt § 6 Abs. 2 SchfkVO NRW nicht nur bei den reinen Verkehrsgefahren voraus, auf die sich die Vorschrift ausweislich der Regelbeispiele des Satzes 2 primär bezieht, sondern auch hinsichtlich der Gefahr krimineller Übergriffe. Für diese Gefahrenquelle hat der Senat sie in der Vergangenheit grundsätzlich bejaht, wenn der Schüler zu Beginn des streitigen Bewilligungszeitraums zu einem risikobelasteten Personenkreis gehört und soweit er sich darüber hinaus auf seinem Schulweg in einer schutzlosen Situation befindet, insbesondere weil nach den örtlichen Verhältnissen eine rechtzeitige Hilfeleistung durch Dritte nicht gewährleistet ist.
30OVG NRW, Urteil vom 28. Dezember 2010, a. a. O., Rdn. 26; Beschlüsse vom 6. Dezember 2007, a. a. O., S. 7 des Beschlussabdrucks m. w. N., vom 21. November 2006 ‑ 19 A 4675/04 ‑, juris, Rdn. 5, vom 28. Januar 2005 ‑ 19 A 5177/04 ‑, S. 3 des Beschlussabdrucks; Urteil vom 14. November 1989, a. a. O., Rdn. 19; VG Düsseldorf, Urteil vom 17. März 2015 ‑ 1 K 3655/14 ‑, juris, Rdn. 43; für Niedersachsen: NdsOVG, Urteil vom 2. August 2015 ‑ 2 LB 317/14 ‑, juris, Rdn. 29.
31Maßgebend für eine besondere Gefährlichkeit in diesem Sinne sind die objektiven Gefahrenumstände („nach den objektiven Gegebenheiten“), nicht die subjektiven Befürchtungen, Sorgen und Ängste von Eltern und Schülern, so verständlich und nachvollziehbar sie im Einzelfall auch sein mögen. Rechtfertigen die objektiven Gefahrenumstände nicht die Annahme der erwähnten gesteigerten Wahrscheinlichkeit eines kriminellen Übergriffs, bleibt den Eltern unbenommen, dem verbleibenden allgemeinen Risiko dadurch zu begegnen, dass sie mit eigenen Mitteln für eine als weniger gefährlich empfundene Art der Beförderung zur Schule sorgen.
32OVG NRW, Urteile vom 28. Dezember 2010, a. a. O., Rdn. 24, und vom 14. November 1989, a. a. O., Rdn. 18.
33Nach diesen Maßstäben kann der Senat zu Gunsten des Klägers unterstellen, dass dieser am 1. April 2012 als 17‑Jähriger zu einem risikobelasteten Personenkreis gehörte. Denn es liegen keine objektiven Gefahrenumstände vor, welche die Annahme rechtfertigen, dass er auf seinem Schulweg auf der Teilstrecke der früheren B 58 vom Ortsausgang C. (stillgelegter ehemaliger Zubringer der X1. Straße zur alten Rheinbrücke) einschließlich des neuen Geh- und Radwegs bis zur Brückenrampe im Frühjahr 2012 einer gesteigerten Wahrscheinlichkeit krimineller Übergriffe ausgesetzt war. Die Kreispolizeibehörde X. hat die Kriminalitätsgefahr auf diesem Abschnitt seines Schulwegs in ihrer Stellungnahme vom 19. Juli 2016 als unterdurchschnittlich bewertet und mitgeteilt, dass im Zeitraum von 2010 bis Juni 2016 auf dieser Teilstrecke kein Übergriff auf Kinder und Jugendliche bekannt geworden ist. Der versuchte Straßenraub zum Nachteil eines 19‑Jährigen, der sich nach dieser Stellungnahme am 10. August 2015 um 22.40 Uhr am Ortsausgang C. ereignet hat, lag außerhalb der hier interessierenden Tageszeit und außerdem in den Schulferien. Mit dieser Stellungnahme hat die Kreispolizeibehörde X. ihre Mailauskunft an die Beklagte vom 7. Februar 2013 bestätigt.
34Der Senat folgt dieser fachkundigen und mit konkreten Tatsachen aus der Kriminalstatistik schlüssig untermauerten Beurteilung der zuständigen Kreispolizeibehörde. Ihr kommt ein ungleich höherer Aussagewert zu als subjektiven Bewertungen durch die Eltern.
35So für § 69 Abs. 2 SchulG RP auch: VG Koblenz, Urteil vom 22. September 2009 ‑ 7 K 1421/08.KO ‑, juris, Rdn. 23 f.; zu Niedersachsen: NdsOVG, a. a. O., Rdn. 39.
36Der Senat sieht keine Veranlassung, die Aussagekraft der polizeilichen Angaben für die hier vorzunehmende tatsächliche prognostische Würdigung anzuzweifeln, zumal auch die Beteiligten keine dahin gehenden Bedenken geäußert haben. Insbesondere auch der Kläger hat sie innerhalb der ihm gewährten Äußerungsfrist unkommentiert gelassen. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Gefährdungsprognose auf der Grundlage der Mailauskunft der Polizei X. vom 7. Februar 2013 beruhe auf einem zu kurzen Erkenntniszeitraum. Daran ist richtig, dass die ohnehin mit Unsicherheiten verbundene Gefahrenprognose, für welche auf den Beginn des Bewilligungszeitraums, hier also auf den 1. April 2012 abzustellen ist, weiteren Schwierigkeiten unterliegt, wenn sich die Verkehrssituation auf dem Schulweg erst vor kurzer Zeit grundlegend verändert hat. Ein solcher Umstand vermag jedoch die konkrete Feststellung objektiv gefahrerhöhender „Gegebenheiten“ nicht zu ersetzen.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
38Der Senat lässt die Revision nicht zu, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
39Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG. In Schülerfahrkostensachen bemisst der Senat den Streitwert nach dem im Klageantrag bezifferten oder sonst im Streit stehenden Geldleistungsbetrag (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG).
40OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2013 ‑ 19 A 702/11 ‑, StuGR 2013, 29, juris, Rdn. 79.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.