Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 31. Mai 2016 - 19 A 116/11
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am XX. Februar 1960 in Szczecin/Polen (Stettin) geborene Klägerin ist polnische Staatsangehörige. Ihr Vater war der Maurer Florian U. , geboren am XX. Februar 1924 in Marysin (Kreis Hrubieszow, Distrikt Lublin/Polen) und verstorben am XX. September 1973 in Bydgoszcz/Polen (Bromberg). Er hatte am XX. April 1957 vor dem Standesamt Szczecin die Mutter der Klägerin geheiratet, die am XX. August 1926 in Dolga/Polen geborene und am XX. Oktober 2003 in Köln verstorbene Marianna U. , geb. P. . Aus der Ehe ging am XX. April 1961 die weitere Tochter Barbara Antonina U. hervor (Schwester der Klägerin). Die Schwester reiste am 20. Juli 1984 als Aussiedlerin in das Bundesgebiet ein. Die Beklagte stellte ihr am 16. Juli 1987 einen Vertriebenenausweis A aus. Durch Überleitung als Statusdeutsche wurde sie am 1. August 1999 deutsche Staatsangehörige.
3Florian U. war Sohn des Landwirts Jozef U. , geboren am XX. Februar 1888 in Horyszów Polski (Kreis Hrubieszow, Distrikt Lublin/Polen, Großvater väterlicherseits der Klägerin), dessen Vater Peter U. um 1886 von Bayern in die Gegend um Lublin ausgewandert war. Florian U. stammte aus der ersten, 1920 geschlossenen Ehe seines Vaters mit Antonina U. , geb. V. . Als 19-Jähriger durchlief er am 22. Mai 1943 als Einzelperson die Schleusung durch die Einwandererzentralstelle (EWZ) für den Distrikt Lublin in Zamosc. Die EWZ stellte für drei seiner Großeltern die Volkszugehörigkeit „deutsch“ fest, vergab für ihn die Einzelwertung II und stufte ihn als Eindeutschungsfähigen der Gruppe A ein. Ab dem 8. September 1944 war er als sog. Fremdarbeiter bei den Städtischen Versorgungs- und Verkehrsbetrieben Mönchengladbach beschäftigt und bei deren Betriebskrankenkasse gesetzlich krankenversichert. Wegen dieser Beschäftigung leistete die Niederrheinische Versorgung und Verkehr AG in Mönchengladbach (NVV AG) am 5. November 2002 eine Entschädigungszahlung in Höhe von 2.500,00 Euro an seine Witwe Marianna U. . Die Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz (LVA) als Rentenversicherungsträger berücksichtigte in seinem Versicherungsverlauf „14 Mon. Militärischer Dienst“ für die Zeit zwischen dem 1. Juli 1943 und dem 7. September 1944. Am 10. Mai 1945 wurde er in einem DP-Lager (Lager für „displaced persons“, verschleppte Personen) der Vereinten Nationen in der Britischen Besatzungszone als Kriegsgefangener mit der Staatsangehörigkeit „‘volksdeutsch‘, polnisch“ und den Sprachkenntnissen „polnisch“ registriert.
4Die Klägerin zog am 5. August 2003 von Szczecin zu ihrer Schwester nach Köln, war dabei im Besitz eines Besuchsvisums und beantragte am 6. November 2003 bei der Beklagten die Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises. Sie gab an, mit ihren Eltern bis zum 30. April 1960 in Szczecin gewohnt zu haben und dann nach Bydgoszcz umgezogen zu sein.
5Mit Bescheid vom 2. Juni 2004 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin erstmals ab. Ihr dagegen gerichteter Widerspruch und ihre Klage 10 K 7081/04 VG Köln blieben erfolglos (Gerichtsbescheid vom 4. August 2005). Nachdem der Senat ihre hiergegen gerichtete Berufung im Verfahren 19 A 3525/05 zugelassen hatte, hob die Beklagte den Ablehnungsbescheid auf und holte eine Stellungnahme der Deutsche Rentenversicherung Rheinland zu den Versicherungszeiten Florian U ‘s ein. Mit Bescheid vom 8. März 2007 lehnte sie den Antrag der Klägerin erneut ab. Selbst ein Dienst ihres Vaters in der deutschen Wehrmacht sei nach geltender Rechtslage kein Beweis für den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit. Es seien auch Personen eingezogen worden, die nicht in die deutsche Volksliste eingetragen gewesen seien. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung Köln mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2009, zugestellt am 19. Juni 2009, abermals zurück.
6Die Klägerin hat am 22. Juli 2009 Klage erhoben und sich zur Begründung auf ihr bisheriges Vorbringen berufen.
7Die Klägerin hat beantragt,
8die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 8. März 2007 und des Widerspruchsbescheides des Bezirksregierung Köln vom 12. Juni 2009 zu verpflichten, ihr einen Staatsangehörigkeitsausweis auszustellen.
9Die Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie hat im Wesentlichen die Argumentation des Ablehnungsbescheides vom 8. März 2007 wiederholt.
12Das Verwaltungsgericht hat der Klägerin Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist gewährt und die Klage abgewiesen. Für eine Einzeleinbürgerung Florian U ‘s lägen keine hinreichend sicheren Anhaltspunkte vor. Dagegen sprächen vielmehr seine Registrierung als Kriegsgefangener mit dem Vermerk „‘volksdeutsch‘, polnisch“ sowie die Entschädigungszahlung der NVV AG an die Mutter der Klägerin. Jedenfalls sei die vorherige Einzeleinbürgerung keine Voraussetzung für seinen Dienst in der Wehrmacht gewesen.
13Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung legt die Klägerin eine eidesstattliche Erklärung ihrer Onkel Henry und Felix U. aus Kanada vor, in der es u. a. heißt, „unser Vater Josef U. [sei] während eines russischen Bombenangriffs getötet [worden]. Alle unsere deutschen Unterlagen sind mit unserem Vater verschwunden.“
14Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
15das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
16Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Sie legt eine Auskunft des Stadtarchivs Mönchengladbach mit einer von der NVV AG erstellten Liste dort beschäftigter ehemaliger Zwangsarbeiter vor, zu denen auch Florian U. gehört habe.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen nimmt der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens 19 A 3525/05 (10 K 7081/04 VG Köln), der Verfahren S 7 RJ 41/98, S 7 RJ 120/99, S 7 RJ 132/00 und S 11 RJ 251/02 SG Köln sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Bezirksregierung Köln Bezug.
20Entscheidungsgründe:
21Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin ohne eine weitere mündliche Verhandlung. Der Einzelrichter hat die Sache am 25. Mai 2016 mündlich verhandelt. Im Anschluss daran haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Senatsentscheidung ohne eine weitere mündliche Verhandlung erklärt (§§ 101 Abs. 2, 125 Abs. 1 VwGO).
22Die Berufung der Klägerin ist statthaft, nachdem der Senat sie zugelassen hat. Sie ist auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zulässig, aber unbegründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 8. März 2007 ist in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 12. Juni 2009 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Sie hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises aus § 30 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 StAG. Nach diesen Vorschriften stellt die Staatsangehörigkeitsbehörde einen Staatsangehörigkeitsausweis aus, wenn sie auf Antrag das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit feststellt. Die Klägerin kann diese Feststellung nicht beanspruchen, weil sie neben ihrer polnischen Staatsangehörigkeit nicht zusätzlich auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Sie hat diese weder durch ihre Geburt am XX. Februar 1960 (A.) noch durch Überleitung als Statusdeutsche am 1. August 1999 erworben (B.).
23A. Die Klägerin hat die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch ihre Geburt am XX. Februar 1960 durch einen Abstammungserwerb nach § 4 Abs. 1 RuStAG in der damals noch geltenden Ursprungsfassung vom 22. Juli 1913 (RGBl. I S. 583) erworben. Nach dieser Fassung erwarb das eheliche Kind eines Deutschen durch die Geburt die Staatsangehörigkeit des Vaters, das uneheliche Kind einer Deutschen die Staatsangehörigkeit der Mutter. Hiernach konnte die Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit nur von ihrem Vater Florian U. erwerben. Denn sie ist ehelich geboren. Ihre Eltern hatten am XX. April 1957 vor dem Standesamt in Szczecin geheiratet. Florian U. war am XX. Februar 1960 jedoch ausschließlich polnischer Staatsangehöriger. Der Senat kann nicht feststellen, dass er daneben auch die deutsche Staatsangehörigkeit besaß.
24Florian U. hat mit seiner Geburt am XX. Februar 1924 in Marysin im Kreis Hrubieszow, Distrikt Lublin, von seinem Vater Jozef U. unstreitig ausschließlich die polnische Staatsangehörigkeit erworben. Er kann die deutsche Staatsangehörigkeit während des Zweiten Weltkriegs nur durch eine Einzeleinbürgerung nach § 8 RuStAG 1913 erworben haben, welche die zuständige Einbürgerungsbehörde durch Aushändigung einer Einbürgerungsurkunde nach § 16 Abs. 1 RuStAG 1913 vollzog. Eine Sammeleinbürgerung durch Eintragung in die Deutsche Volksliste in den eingegliederten Ostgebieten (DVL Ost) kam in seinem Fall nicht in Betracht.
25Verordnung über die Deutsche Volksliste und die deutsche Staatsangehörigkeit in den eingegliederten Ostgebieten (DVL-VO Ost) vom 4. März 1941 (RGBl. I S. 118) in der Fassung der Zweiten Verordnung über die Deutsche Volksliste und die deutsche Staatsangehörigkeit in den eingegliederten Ostgebieten vom 31. Januar 1942 (RGBl. I S. 51), abgedruckt bei von Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht, 112. Ergänzungslieferung März 2016, Abschnitt C 20.1.3.6.
26Die DVL-VO Ost fand nur auf solche Personen Anwendung, die am 26. Oktober 1939 polnische Staatsangehörige waren und bei ihrem Inkrafttreten am 7. März 1941 ihren Wohnsitz in den „eingegliederten Ostgebieten“, also im annektierten Teil Polens hatten. Das ergab sich aus Abschnitt II Abs. 9 Satz 1 DVL-Erlass.
27Runderlass des Reichsministers des Innern betreffend Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch ehemalige polnische und Danziger Staatsangehörige vom 13. März 1941 (I e 5 125/4-5000 Ost), abgedruckt bei von Schenckendorff, a. a. O., Abschnitt C 20.1.3.6.1; Maßfeller, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht von 1870 bis zur Gegenwart, 2. Auflage 1955, S. 244 ff.; dazu BVerwG, Urteil vom 15. März 1994 ‑ 9 C 340.93 ‑, BVerwGE 95, 228, juris, Rdn. 10; OVG NRW, Urteil vom 11. November 1998 ‑ 25 A 4905/94 ‑, S. 14 des Urteilsabdrucks.
28Nach dieser Vorschrift wurden diejenigen ehemaligen polnischen oder Danziger Staatsangehörigen nicht in die DVL-VO Ost aufgenommen, die am Tage des In-Kraft-Tretens dieser Verordnung ihren Wohnsitz im Generalgouvernement hatten. Für die Einbürgerung dieses Personenkreises galt vielmehr die Verordnung des Generalgouverneurs vom 26. Januar 1940, nach der deutsche Volkszugehörige sowie Deutschstämmige, zu denen auch Personen aus Mischfamilien gehörten, zur Einbürgerung im Einzelverfahren zugelassen oder vorgeschlagen wurden.
29Vgl. dazu HessVGH, Urteil vom 5. März 1997 ‑ 7 UE 72/93 ‑, juris, Rdn. 46 f.
30Florian U. erfüllte die Voraussetzungen des Abschnitts II Abs. 9 Satz 1 DVL-Erlass. Er hatte seinen Wohnsitz seit seiner Geburt im Jahr 1924 bis jedenfalls September 1943 in der Kolonie Marysin im Kreis Hrubieszow im Distrikt Lublin, welcher zum ursprünglichen Gebietsbestand des mit Wirkung vom 26. Oktober 1939 gebildeten Generalgouvernements gehörte. Dieser Begriff bezeichnete diejenigen Gebiete der früheren Zweiten Polnischen Republik, die das Deutsche Reich im September 1939 ebenfalls militärisch besetzt, aber nicht in das Deutsche Reich eingegliedert hatte.
31Die im Generalgouvernement ansässig gewesene Bevölkerung deutscher Volkszugehörigkeit wurde im Sommer 1940 durch die deutsche EWZ geschleust und anschließend in das deutsche Reichsgebiet, in der Regel in die eingegliederten Ostgebiete (Reichsgaue Wartheland und Danzig-Westpreußen) umgesiedelt. Dieser Personenkreis erwarb die deutsche Staatsangehörigkeit nach der Neuansiedlung durch Aushändigung von Einbürgerungsurkunden, die in der Regel schon bei der Schleusung ausgefertigt worden waren. Ab 1942 begann im gesamten Generalgouvernement die Erfassung auch der nichtdeutschen Volkszugehörigen mit Angehörigen deutscher oder teildeutscher Abstammung, die bereits mehr oder weniger weitgehend in das polnische Volkstum integriert waren. Mit dieser Erfassung sollte dieser Personenkreis „für das Deutschtum zurückgewonnen“, also wieder „eingedeutscht“ und letztendlich auch eingebürgert werden. Die Zuständigkeit für die Aushändigung von Einbürgerungsurkunden lag bei der Regierung des Generalgouverneurs, Hauptabteilung Innere Verwaltung.
32Kirchlicher Suchdienst, Heimatortskartei (HOK) Wartheland-Polen, Auskünfte vom 13. Mai 1987, S. 2, und vom 30. Januar 1985.
33Eine hiernach allein in Betracht kommende Einzeleinbürgerung Florian U ‘s während des Zweiten Weltkriegs im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Schleusung am 22. Mai 1943 hat die Klägerin nicht im Sinne des § 30 Abs. 2 Satz 1 StAG mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Nach dieser Vorschrift ist es für die Feststellung des Bestehens der deutschen Staatsangehörigkeit erforderlich, aber auch ausreichend, wenn durch Urkunden, Auszüge aus den Melderegistern oder andere schriftliche Beweismittel mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist, dass die deutsche Staatsangehörigkeit erworben worden und danach nicht wieder verloren gegangen ist. Für eine Einzeleinbürgerung Florian U ‘s hat die Klägerin weder direkte (I.) noch indirekte Nachweise vorgelegt (II.). Der Senat kann einen solchen Staatsangehörigkeitserwerb auch nicht nach den Grundsätzen des unverschuldeten Beweisnotstands als bewiesen ansehen (III.). So verbleibt es bei der Beweislast der Klägerin für diese entscheidungserhebliche Tatsache (IV.).
34I. Die Klägerin hat zunächst keinen direkten Nachweis dafür vorgelegt, dass deutsche Stellen ihrem Vater Florian U. im Sommer 1943 im Anschluss an seine EWZ-Schleusung am 22. Mai 1943 eine Einbürgerungsurkunde ausgehändigt haben. Schon die Ausstellung einer solchen Urkunde für Florian U. kann der Senat nicht feststellen. Das Bundesarchiv ist in vielen ähnlich gelagerten Fällen in der Lage, einen direkten Einbürgerungsnachweis zu übermitteln, weil es die noch vorhandenen Unterlagen der EWZ aufbewahrt, also die EWZ-Karten und die bei den Behörden verbliebenen Aktenkopien der ausgehändigten Einbürgerungsurkunden. Hier hat das Bundesarchiv mitgeteilt, seine Unterlagen enthielten keine Angaben über eine Einbürgerung Florian U ‘s. Es vermochte lediglich die Kopien der EWZ-Karten von Josef und Florian U. zu übersenden (Auskunft vom 11. Februar 2004). EWZ-Karten gehören nicht zu den Dokumenten, welche geeignet sind, die Staatsangehörigkeit des Geschleusten nachzuweisen. Ebenso wenig hat die Klägerin Ausweisdokumente ihres Vaters vorlegen können, die den direkten Nachweis seiner deutschen Staatsangehörigkeit erbringen (Personalausweis, Reisepass, Staatsangehörigkeitsausweis).
35II. Die Klägerin hat weiter keine Indizien nachgewiesen, welche indirekt den Schluss auf eine Einzeleinbürgerung Florian U ‘s zulassen. Als solche indirekte Nachweise kommen nach Mai 1943 ausgestellte Geburtsurkunden, Heiratsurkunden, Sterbeurkunden oder sonstige amtliche Personaldokumente in Betracht, in denen eine zuständige amtliche Stelle ihn nach Prüfung seiner Staatsangehörigkeit als deutschen Staatsangehörigen bezeichnet hat. Ein solches Indiz ergibt sich weder aus der von der Klägerin behaupteten Wehrmachtszugehörigkeit ihres Vaters (1.) noch aus anderen Umständen (2.). Gegenindizien sprechen vielmehr dafür, dass Florian U. bis zum Ende des 2. Weltkrieges ausschließlich polnischer Staatsangehöriger deutscher Volkszugehörigkeit geblieben ist (3.).
361. Kein Indiz für eine vorherige Einzeleinbürgerung Florian U ‘s ist seine Wehrmachtzugehörigkeit. Denn die Wehrersatzbehörden des Deutschen Reiches haben unabhängig von der formalen Rechtslage seit der Eingliederung der besetzten Gebiete Polens bis zum Zusammenbruch 1945 auch ehemals polnische Staatsangehörige polnischen Volkstums als deutsche Staatsangehörige zwangsweise zum aktiven Dienst in der deutschen Wehrmacht einberufen. Dies geschah entweder, bevor die Volkslistendienststellen der eingegliederten Ostgebiete deren Volkstums- und Staatsangehörigkeitsverhältnisse überprüft und durch Eingruppierung in eine der vier Abteilungen der DVL Ost geklärt hatten, oder aber sogar, nachdem deren Eigenschaft als Schutzangehörige des Deutschen Reiches, also ihre Eingruppierung lediglich in die Abteilung 4 der DVL Ost bereits feststand.
37Ein gewichtiger Hinweis darauf ergibt sich aus dem Erlass des Reichsministers des Innern (RMI) vom 4. August 1943 (I Sta R 5428/43).
38Abgedruckt bei von Schenckendorff, a. a. O., Abschnitt C 21.5.80; ebenso OVG NRW, Beschluss vom 28. April 2016 ‑ 19 A 2148/13 ‑, juris, Rdn. 4 ff.; VG Köln, Urteil vom 20. März 2013 ‑ 10 K 6782/11 ‑, juris, Rdn. 38 ff.
39Darin heißt es, seit dem Herbst 1941 seien in den eingegliederten Ostgebieten „verschiedentlich“ „ehemalige polnische Staatsangehörige“ zur Wehrmacht eingezogen worden, ehe über ihre Volkszugehörigkeit und ihre Eingliederung in die DVL Ost entschieden gewesen sei. Auf diese Weise seien auch polnische Volkszugehörige in die deutsche Wehrmacht gelangt, deren Aufnahme in die DVL Ost von den Volkslistendienststellen bestimmungsgemäß habe abgelehnt werden müssen und die daher nun Schutzangehörige seien. Aus diesen Entscheidungen hätten sich wegen der damit für die polnischen Wehrmachtangehörigen und ihre Familien verbundenen Rechtsfolgen „erhebliche Unzuträglichkeiten“ ergeben, die immer wieder dazu geführt hätten, dass sich der Truppenteil solcher Wehrmachtangehöriger für eine Überprüfung des Falles mit dem Ziel der Aufnahme des Betreffenden in die DVL Ost eingesetzt habe.
40Bestätigt wird die genannte Feststellung durch den Erlass vom 4. Januar 1945 (1 Sta R 5668 IV/44 5044). Damit hat der RMI seinen zitierten Erlass vom 4. August 1943 gegenüber dem Regierungspräsidenten in Breslau dahin konkretisiert, dass den im Fronteinsatz befindlichen Wehrmachtangehörigen, die als deutsche Staatsangehörige zur Wehrmacht eingezogen worden seien, die Ablehnung der Anerkennung als deutsche Staatsangehörige nicht mitgeteilt werden dürfe, um „Beunruhigung in den Reihen der Wehrmacht“ zu vermeiden.
41Ebenfalls abgedruckt bei von Schenckendorff, a. a. O., Abschnitt C 21.5.100.
42Die genannte Feststellung von Einberufungen auch ehemals polnischer Staatsangehöriger polnischen Volkstums als deutsche Staatsangehörige zum aktiven Dienst in der deutschen Wehrmacht trifft insbesondere auch für die Verhältnisse im Generalgouvernement zu. Dort erfolgten Einbürgerungen nur in verhältnismäßig geringem Maße, weil die Innenverwaltung einerseits sowie SS- und Polizeiführung andererseits unterschiedlicher Auffassung darüber waren, wer als „Volksdeutscher“ gelten und damit eingebürgert werden konnte und wer lediglich „deutschstämmig“ war. Einbürgerungen sog. „Deutschstämmiger“ kamen gar nicht zustande. Sie blieben auf Anordnung Himmlers formal staatenlos, falls sie sich nicht freiwillig zur Wehrmacht meldeten, wurden jedoch de facto als Deutsche behandelt.
43Majer, „Fremdvölkische“ im Dritten Reich, Boppard am Rhein, 1981, S. 570 f.
44Bestätigt wird diese Würdigung durch die bereits zitierte Auskunft der HOK Wartheland-Polen vom 13. Mai 1987, in der es heißt:
45„Ein Deutschtumsbekenntnis war zwar erwünscht, jedoch für die Anerkennung [als Eindeutschungsfähige der Gruppen A oder B] ebenso wenig Voraussetzung wie deutsche Sprachkenntnisse. In Sonderfällen konnten auch „Fremdstämmige“ nach Entscheid des Leiters der EWZ als eindeutschungsfähig anerkannt werden. Ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit war damit nicht verbunden, wohl aber eine bedingte rechtliche Gleichstellung. Die Kinder der anerkannten Familien wurden in deutsche Schulen überführt. Wehrpflichtige Männer konnten zum deutschen Wehrdienst herangezogen werden. [...] Die bereits 1940/41 erfaßten deutschen Volkszugehörigen sind ‑ bedingt durch die fortschreitenden Kriegsereignisse ‑ nur noch vereinzelt eingebürgert worden.“
46Mit der vorstehenden Würdigung folgt der Senat der Rechtsprechung des früher für diesen Teil des Staatsangehörigkeitsrechts zuständigen 12. Senats des erkennenden Gerichts.
47OVG NRW, Beschluss vom 4. August 2010 ‑ 12 A 1937/09 ‑, juris, Rdn. 18.
48Der Senat folgt hingegen nicht der anderslautenden Feststellung des BVerwG, für Wehrpflichtige aus den eingegliederten Ostgebieten, die nach dem 2. Oktober 1942 zur deutschen Wehrmacht einberufen worden seien, könne in aller Regel davon ausgegangen werden, dass sie zuvor jedenfalls in die Abteilung 3 der DVL Ost eingetragen worden seien und damit die deutsche Staatsangehörigkeit auf Widerruf erworben hätten.
49BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1995 ‑ 9 C 113.95 ‑, BVerwGE 100, 139, juris, Rdn. 14 (für eine Einberufung am 20. März 1943).
50Diese Indizwirkung einer Einberufung zur deutschen Wehrmacht für einen vorherigen Staatsangehörigkeitserwerb stützt das BVerwG lediglich auf den Erlass des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) vom 2. Oktober 1942, mit dem dieses in Nr. I. A. 1. bestimmt hat, dass Wehrpflichtige nur noch dann zum Wehrdienst einberufen werden dürfen, wenn ihre Aufnahme in die Abteilung 3 der DVL Ost erfolgt ist.
51Abgedruckt bei von Schenckendorff, a. a. O., Abschnitt C 21.5.70.
52Mit den vorstehend wiedergegebenen Erkenntnisquellen, insbesondere dem Erlass des RMI vom 4. Januar 1945, setzt sich das BVerwG im genannten Urteil hingegen nicht auseinander. Diese Quellen verdeutlichen, dass die Praxis der Wehrersatzbehörden während des Zweiten Weltkriegs vielfach im Widerspruch zu den rechtlichen Vorgaben stand. Im Übrigen ist das zitierte Urteil des BVerwG tragend lediglich auf die Feststellung des Fehlens der deutschen Volkszugehörigkeit des Großvaters des dortigen Klägers gestützt (Rdn. 15 ff.). Auf die aus seiner Einberufung zur deutschen Wehrmacht gefolgerte Volkslisteneintragung kam es nicht entscheidungserheblich an.
532. Die Klägerin hat auch keine sonstigen Indizien nachgewiesen, welche indirekt den Schluss auf eine Einzeleinbürgerung Florian U ‘s zulassen.
54Sollten, wie die Klägerin behauptet, ihren Großeltern und ihrem Vater im Sommer 1943 graue innerdeutsche Kennkarten „Deutsches Reich“ ausgestellt worden sein, läge auch darin kein Indiz für eine vorherige Aushändigung einer Einbürgerungsurkunde an ihren Vater. Eine solche Indizwirkung käme der innerdeutschen Kennkarte allenfalls dann zu, wenn man sie Florian U. mit grünem Farbbalken ohne weitere Anmerkungen ausgestellt hätte. Denn nur in dieser Ausgestaltung der Kennkarte war ihre Ausstellung an die vorherige Aushändigung der Einbürgerungsurkunde geknüpft. Für eindeutschungsfähige Deutschstämmige der Gruppen A und B waren hingegen der Zusatz „Vorläufige“ und die Eintragungen „Angemeldet zur Einwanderung und Einbürgerung“ (Gruppe A) oder „Vorgemerkt für die Anmeldung zur Einbürgerung“ (Gruppe B) vorgesehen. In diesen Fällen erhielten die eindeutschungsfähigen Deutschstämmigen die Kennkarte allein aufgrund ihrer Einstufung in diese Gruppe und gegebenenfalls auch schon vor der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde.
55HOK Wartheland-Polen, Auskunft vom 13. Mai 1987, a. a. O., S. 3 f.
56Es ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass man Florian U. eine innerdeutsche Kennkarte mit grünem Farbbalken ohne weitere Anmerkungen ausgestellt hat. Denn nach der zusammenfassenden Bewertung der HOK Wartheland-Polen in der vorbezeichneten Auskunft erfüllten die im Sommer 1943 geschleusten Angehörigen der Familie U. hinsichtlich des Prozentsatzes der Deutschstämmigkeit im Zusammenhang mit der rassischen Wertung nach den damaligen Verfahrensweisen lediglich die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Eindeutschungsfähige der Gruppe A. Auch die Übersendungsliste der Melde- und Ausweisstelle Hrubieszow an den Kreishauptmann Hrubieszow vom 4. September 1943, die sich in den Akten des BVA befand, spricht für eine Einstufung Florian U ‘s als eindeutschungsfähiger Deutschstämmiger lediglich der Gruppe A.
57Kein Indiz für eine Einzeleinbürgerung Florian U ‘s ist ferner seine Beschäftigung bei den Städt. Versorgungs- und Verkehrsbetrieben Mönchengladbach in der Zeit vom 8. September 1944 bis 1. März 1945 (Bescheinigungen vom 30. August 2000 und vom 10. Mai 2004). Die Behauptung der Mutter der Klägerin, ihr Ehemann sei bei der Stadt Mönchengladbach „Beamter“ gewesen, ist unbestätigt. Gegen ihre Behauptung spricht, dass die NVV AG für ihn eine Zwangsarbeiterentschädigung gezahlt hat. Dies lässt darauf schließen, dass er für die Verkehrsbetriebe Mönchengladbach nicht im Beamtenverhältnis Dienst geleistet hat, sondern allenfalls in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt war.
583. Gegen eine Einzeleinbürgerung Florian U ‘s spricht vielmehr der Umstand, dass er sich am 10. Mai 1945 in einem DP-Lager in der Britischen Zone befand und sich als Kriegsgefangener mit der Nationalität „‘volksdeutsch‘, polnisch“ registrieren ließ. Die Aussagekraft dieses Gegenindizes wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass Kriegsgefangene in der damaligen Situation durchaus ein Interesse daran haben konnten, sich ohne Rücksicht auf den Wahrheitsgehalt dieser Behauptung als nichtdeutsch auszugeben. Denn DP-Lager waren Lager vornehmlich für nichtdeutsche Staatsangehörige, welche die Nationalsozialisten während der Kriegszeit aus ihren Heimatländern zwangsweise zum Arbeitseinsatz nach Deutschland, Österreich und in die deutsch besetzten Gebiete gebracht hatten. Deutsche Staatsangehörige dürften im allgemeinen nicht in solche Lager aufgenommen worden sein.
59Internationaler Suchdienst, Auskunft vom 23. April 2004 ‑ T/D 1 130 363 ‑, S. 2.
60III. Der Senat kann eine Einzeleinbürgerung Florian U ‘s auch nicht nach den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung insbesondere zum Vertriebenen- und Asylrecht entwickelten Grundsätzen des unverschuldeten Beweisnotstands als bewiesen ansehen. Diese Grundsätze lassen es zu, in großem Umfang auch Tatsachen festzustellen, die nur von dem Antragsteller vorgetragen worden sind, sofern die zur Entscheidung berufene Stelle dem Vortrag des Antragstellers glaubt. Sie ermöglichen es, eigenen Erklärungen der beweisbelasteten Partei größere Bedeutung beizumessen, als dies sonst in der Prozesspraxis der Fall ist, und den Beweiswert einer Aussage im Rahmen des Möglichen wohlwollend zu beurteilen. Allein der Tatsachenvortrag der Partei kann dann zur Zuerkennung des Klageanspruchs führen, sofern seine Behauptungen unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände in dem Sinne „glaubhaft“ sind, dass sich das Tatsachengericht von ihrer Wahrheit überzeugen kann.
61BVerwG, Urteil vom 27. Juli 2006 ‑ 5 C 3.05 ‑, BVerwGE 126, 283, juris, Rdn. 29 (DVL Ukraine); Urteil vom 29. Juni 1993 ‑ 9 C 40.92 ‑, NVwZ-RR 1994, 295, juris, Rdn. 13 (jüdischer Geschichtsprofessor aus Lemberg); Beschluss vom 24. März 1987 ‑ 9 B 307.86 ‑, juris, Rdn. 2; Urteil vom 16. April 1985 ‑ 9 C 109.84 ‑, BVerwGE 71, 180, juris, Rdn. 16 (Asylanerkennung Dev Yol); OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Juni 2012 ‑ 19 A 1170/11 ‑, OVGE 55, 93, juris, Rdn. 57 (Matrikeleintragung), und vom 9. Januar 2008 ‑ 12 A 1842/06 ‑, juris, Rdn. 10.
62Grundlage einer Tatsachenfeststellung nach diesen Grundsätzen kann nur eine Aussage des Beteiligten über einen tatsächlichen Hergang sein, den dieser aus eigenem Erleben oder aus sicherer Quelle kennt. Erklärungen, die auf Vermutungen oder auf Mitteilungen Dritter (Aussagen vom Hörensagen) basieren, reichen nicht aus.
63BVerwG, Urteil vom 27. Juli 2006, a. a. O., Rdn. 29 m. w. Nachw.; OVG NRW, Beschluss vom 6. Juni 2012, a. a. O., Rdn. 59.
64Diese Grundsätze vermögen der Klage im vorliegenden Fall ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Klägerin hat lediglich einen unverschuldeten Beweisnotstand u. a. mit der eidesstattlichen Erklärung ihrer Onkel Felix und Henry U. aus Kanada (Halbbrüder des Florian U. ) glaubhaft gemacht, durch einen russischen Bombenangriff nach September 1944 sei ihr Vater Jozef U. getötet und ihr Bauerngut und Haus zerstört worden und es seien dabei „alle unsere deutschen Unterlagen“ verloren gegangen. Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass zu den verloren gegangenen Unterlagen auch eine Einbürgerungsurkunde betreffend Florian U. gehört hat und dass seine beiden damals 14 und 3 Jahre alten Halbbrüder diese zuvor schon einmal gesehen hatten. Allein ihre Aussage, ihr Bruder Florian U. habe in dieser Zeit seine deutsche Uniform bekommen und sei bei der deutschen Armee eingetreten, genügt nach dem oben Ausgeführten nicht für eine hinreichende Wahrscheinlichkeit seiner vorherigen Einzeleinbürgerung. Abgesehen davon steht sie im Widerspruch zu den Zeitangaben im Versicherungsverlauf der LVA, in dem „14 Mon. Militärischer Dienst“ schon mehr als ein Jahr früher, nämlich für die Zeit zwischen dem 1. Juli 1943 und dem 7. September 1944 festgehalten sind. Schließlich scheitert eine Anwendung der Grundsätze des unverschuldeten Beweisnotstands auch daran, dass die beiden genannten Onkel im vorliegenden Verfahren lediglich Zeugen, aber nicht selbst Beteiligte sind.
65IV. Die materielle Beweislast für die Einzeleinbürgerung Florian U ‘s trägt die Klägerin. Insofern gelten hier dieselben Grundsätze der Beweislastverteilung, die auch in Fällen von Eintragungen in die DVL zur Anwendung kommen.
66Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 27. Juli 2006, a. a. O., Rdn. 27.
67B. Anders als ihre jüngere Schwester Barbara Antonina hat die Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit auch nicht nachträglich am 1. August 1999 nach § 40a Satz 1 StAG erworben. Nach dieser Vorschrift erwirbt am 1. August 1999 die deutsche Staatsangehörigkeit, wer an diesem Tag Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ist, ohne die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen. Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzung nicht, weil sie anders als ihre Schwester am 1. August 1999 keine Statusdeutsche im Sinne der 2. Alternative des Art. 116 Abs. 1 GG war. Ihre Schwester hatte die Statusdeutscheneigenschaft mit ihrer Einreise in das Bundesgebiet am 20. Juli 1984 erworben. An diesem Tag hatte sie im Sinne der 2. Alternative des Art. 116 Abs. 1 GG als Abkömmling eines Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden, weil sie im Rahmen eines vertriebenenrechtlichen Aufnahmeverfahrens in das Bundesgebiet eingereist war und vor dem 1. August 1999 eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG erhalten hatte. Die Klägerin hingegen ist erst nach dem 1. August 1999 und auch außerhalb eines solchen Verfahrens ausschließlich mit einem ausländerrechtlichen Besuchsvisum in das Bundesgebiet eingereist.
68Der Senat kann offen lassen, ob die Klägerin die Statusdeutscheneigenschaft schon durch ihre Geburt am XX. Februar 1960 in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 1 RuStAG von ihrem Vater Florian U. erworben hat.
69Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. November 2003 ‑ 1 C 35.02 ‑, BVerwGE 119, 172, juris, Rdn. 17.
70Denn jedenfalls hat sie die Statusdeutscheneigenschaft durch den Umzug mit ihren Eltern im April 1960 von Szczecin nach Bydgoszcz wieder verloren. In diesem Punkt macht sich der Senat die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Verlustgrund in § 7 des 1. StAngRegG zu Eigen (S. 8 des Urteilsabdrucks).
71Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
72Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
73Der Senat lässt die Revision nicht zu, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Insbesondere ist der Senat mit seinen Ausführungen zu oben A. II. 1. zur Indizwirkung einer Wehrmachtzugehörigkeit für einen vorherigen Staatsangehörigkeitserwerb nicht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vom oben zitierten Urteil des BVerwG vom 12. Dezember 1995 abgewichen. Eine Divergenz nach dieser Vorschrift kann nur in einem inhaltlichen Widerspruch zu einem tragenden abstrakten Rechtssatz aus der Rechtsprechung des BVerwG liegen.
74St. Rspr. des BVerwG, etwa Beschluss vom 2. September 2015 ‑ 9 B 16.15 ‑, RdL 2016, 62, juris, Rdn. 3.
75Im Urteil vom 12. Dezember 1995 hat das BVerwG hingegen keinen tragenden Rechtssatz, sondern lediglich den generalisierenden Tatsachensatz aufgestellt, eine Wehrmachtzugehörigkeit nach dem 2. Oktober 1942 sei regelmäßig mit einer vorherigen Eintragung in die DVL Ost verbunden gewesen. Dieser Tatsachensatz ist auch nicht deshalb ausnahmsweise als Rechtssatz anzusehen, weil er als Indizienwürdigung ähnlich wie im Vertriebenenrecht auf der „Qualifizierung bestimmter Umstände aus komplexen Lebenssachverhalten“ beruht.
76Dazu BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 1991 ‑ 9 C 22.90 ‑, BVerwGE 88, 312, juris, Rdn. 26 f.
77Denn hier geht es, ähnlich wie im Asylrecht und durchaus auch sonst im Staatsangehörigkeitsrecht hinsichtlich bestimmter Herkunftsländer, um eine den Tatsacheninstanzen vorbehaltene generalisierende Tatsachenfeststellung, nicht hingegen darum, dass bei der der Beurteilung von Indizien „Fehler vorkommen [können], die als Rechtsfehler zu qualifizieren sind“, wenn den aus Indizien gezogenen Schlussfolgerungen überwiegend allgemeine Erfahrungssätze des täglichen Lebens zugrunde liegen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 31. Mai 2016 - 19 A 116/11
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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit wird bei Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses auf Antrag von der Staatsangehörigkeitsbehörde festgestellt. Die Feststellung ist in allen Angelegenheiten verbindlich, für die das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit rechtserheblich ist. Bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses kann die Feststellung auch von Amts wegen erfolgen.
(2) Für die Feststellung des Bestehens der deutschen Staatsangehörigkeit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, wenn durch Urkunden, Auszüge aus den Melderegistern oder andere schriftliche Beweismittel mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist, dass die deutsche Staatsangehörigkeit erworben worden und danach nicht wieder verloren gegangen ist. § 3 Abs. 2 bleibt unberührt.
(3) Wird das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit auf Antrag festgestellt, stellt die Staatsangehörigkeitsbehörde einen Staatsangehörigkeitsausweis aus. Auf Antrag stellt die Staatsangehörigkeitsbehörde eine Bescheinigung über das Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit aus.
(1) Durch die Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ist bei der Geburt des Kindes nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist zur Begründung der Abstammung nach den deutschen Gesetzen die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft erforderlich, so bedarf es zur Geltendmachung des Erwerbs einer nach den deutschen Gesetzen wirksamen Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft; die Anerkennungserklärung muß abgegeben oder das Feststellungsverfahren muß eingeleitet sein, bevor das Kind das 23. Lebensjahr vollendet hat.
(2) Ein Kind, das im Inland aufgefunden wird (Findelkind), gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Kind eines Deutschen. Satz 1 ist auf ein vertraulich geborenes Kind nach § 25 Absatz 1 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes entsprechend anzuwenden.
(3) Durch die Geburt im Inland erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil
- 1.
seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und - 2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II S. 810) besitzt.
(4) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird nicht nach Absatz 1 erworben bei Geburt im Ausland, wenn der deutsche Elternteil nach dem 31. Dezember 1999 im Ausland geboren wurde und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, es sei denn, das Kind würde sonst staatenlos. Die Rechtsfolge nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes ein Antrag nach § 36 des Personenstandsgesetzes auf Beurkundung der Geburt im Geburtenregister gestellt wird; zur Fristwahrung genügt es auch, wenn der Antrag in dieser Frist bei der zuständigen Auslandsvertretung eingeht. Sind beide Elternteile deutsche Staatsangehörige, so tritt die Rechtsfolge des Satzes 1 nur ein, wenn beide die dort genannten Voraussetzungen erfüllen. Für den Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes und nach § 15 ist die Rechtsfolge nach Satz 1 unbeachtlich.
(5) Absatz 4 Satz 1 gilt nicht
- 1.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, der die deutsche Staatsangehörigkeit nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 erworben hat, und - 2.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, wenn dieser ohne den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit einen Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 gehabt hätte.
(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er
- 1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, - 2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, - 3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat, - 4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.
Die Einbürgerung wird wirksam mit der Aushändigung der von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgefertigten Einbürgerungsurkunde. Vor der Aushändigung ist folgendes feierliches Bekenntnis abzugeben: "Ich erkläre feierlich, dass ich das Grundgesetz und die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland achten und alles unterlassen werde, was ihr schaden könnte."; § 10 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit wird bei Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses auf Antrag von der Staatsangehörigkeitsbehörde festgestellt. Die Feststellung ist in allen Angelegenheiten verbindlich, für die das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit rechtserheblich ist. Bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses kann die Feststellung auch von Amts wegen erfolgen.
(2) Für die Feststellung des Bestehens der deutschen Staatsangehörigkeit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, wenn durch Urkunden, Auszüge aus den Melderegistern oder andere schriftliche Beweismittel mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist, dass die deutsche Staatsangehörigkeit erworben worden und danach nicht wieder verloren gegangen ist. § 3 Abs. 2 bleibt unberührt.
(3) Wird das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit auf Antrag festgestellt, stellt die Staatsangehörigkeitsbehörde einen Staatsangehörigkeitsausweis aus. Auf Antrag stellt die Staatsangehörigkeitsbehörde eine Bescheinigung über das Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit aus.
(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.
(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.
(1) Das Bundesverwaltungsamt stellt Spätaussiedlern zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft eine Bescheinigung aus. Eine Wiederholung des Gesprächs im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 3 findet hierbei nicht statt. Bei Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, beteiligt das Bundesverwaltungsamt vor Erteilung der Bescheinigung den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt, wenn dies zur Feststellung von Ausschlussgründen nach § 5 Nr. 1 Buchstabe d und e geboten ist. Die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung ist für Staatsangehörigkeitsbehörden und alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das Bundesverwaltungsamt beantragen.
(2) Das Bundesverwaltungsamt stellt dem in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogenen Ehegatten oder Abkömmling eine Bescheinigung zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie seiner Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 aus. Eine Bescheinigung nach Absatz 1 kann nur ausgestellt werden, wenn die Erteilung eines Aufnahmebescheides beantragt und nicht bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist. Im Übrigen gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Über die Rücknahme und die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung entscheidet die Ausstellungsbehörde.
(4) Eine Bescheinigung kann mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit darf nur bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgen. Hat die Rücknahme einer Bescheinigung nach Absatz 1 auch Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Bescheinigungen nach Absatz 2, so ist für jeden Betroffenen eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist das Maß der Beteiligung des Ehegatten oder Abkömmlings an einer arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Spätaussiedlers gegen die schutzwürdigen Belange des Ehegatten oder Abkömmlings, insbesondere unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen. Der Widerruf einer Bescheinigung ist nicht zulässig.
(1) Durch die Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ist bei der Geburt des Kindes nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist zur Begründung der Abstammung nach den deutschen Gesetzen die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft erforderlich, so bedarf es zur Geltendmachung des Erwerbs einer nach den deutschen Gesetzen wirksamen Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft; die Anerkennungserklärung muß abgegeben oder das Feststellungsverfahren muß eingeleitet sein, bevor das Kind das 23. Lebensjahr vollendet hat.
(2) Ein Kind, das im Inland aufgefunden wird (Findelkind), gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Kind eines Deutschen. Satz 1 ist auf ein vertraulich geborenes Kind nach § 25 Absatz 1 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes entsprechend anzuwenden.
(3) Durch die Geburt im Inland erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil
- 1.
seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und - 2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II S. 810) besitzt.
(4) Die deutsche Staatsangehörigkeit wird nicht nach Absatz 1 erworben bei Geburt im Ausland, wenn der deutsche Elternteil nach dem 31. Dezember 1999 im Ausland geboren wurde und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, es sei denn, das Kind würde sonst staatenlos. Die Rechtsfolge nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes ein Antrag nach § 36 des Personenstandsgesetzes auf Beurkundung der Geburt im Geburtenregister gestellt wird; zur Fristwahrung genügt es auch, wenn der Antrag in dieser Frist bei der zuständigen Auslandsvertretung eingeht. Sind beide Elternteile deutsche Staatsangehörige, so tritt die Rechtsfolge des Satzes 1 nur ein, wenn beide die dort genannten Voraussetzungen erfüllen. Für den Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes und nach § 15 ist die Rechtsfolge nach Satz 1 unbeachtlich.
(5) Absatz 4 Satz 1 gilt nicht
- 1.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, der die deutsche Staatsangehörigkeit nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 erworben hat, und - 2.
für Abkömmlinge eines deutschen Staatsangehörigen, wenn dieser ohne den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit einen Anspruch nach Artikel 116 Absatz 2 des Grundgesetzes oder nach § 15 gehabt hätte.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.