Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 09. Juni 2016 - 11 A 2560/13
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin - die frühere C. GmbH firmiert nunmehr unter dem Namen F. GmbH - ist ein Unternehmen, das sich mit dem Sammeln von Altkleidern befasst.
3Im Jahr 2012 hatte die Klägerin im Stadtgebiet der Beklagten mehrere Altkleidersammelcontainer aufgestellt. Die Container standen nach ihren Angaben ausschließlich auf „privaten Grundstücken“.
4In der 34. bis 36. Kalenderwoche 2012 stellten Bedienstete der Beklagten fest, dass im Stadtgebiet diverse Altkleidersammelcontainer ohne straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis aufgestellt waren. So fertigte ein Bediensteter der Beklagten am 16. August 2012 drei Lichtbilder von zwei Containern an, die auf der Grünfläche vor dem Gebäude C1.-------straße 11 in einem geringen Abstand zum Gehweg der C1.-------straße standen. Am 12. September 2012 brachte ein Bediensteter der Beklagten u. a. an den beiden Altkleidersammelcontainern Hinweise mit dem Inhalt an, dass das Aufstellen von Altkleidersammelcontainern eine unerlaubte Sondernutzung sei und die Container bis zum 21. September 2012 zu entfernen seien. Ab dem 26. September 2012 wurden insgesamt 37 Altkleidersammelcontainer, darunter auch die hier im Streit stehenden, von ihren Standorten entfernt und auf den Betriebshof der S. Entsorgungsbetriebe verbracht.
5Im November 2012 meldete sich bei der Beklagten ein Mitarbeiter der Klägerin, teilte mit, dass die Klägerin mehrere Container vermisse, und erkundigte sich nach deren Verblieb. Im Verlauf der Korrespondenz übersandte einer der damaligen Geschäftsführer der Klägerin Vergleichsfotos, anhand derer die Beklagte die zwei an der C1.-------straße entfernten Container als im Eigentum der Klägerin stehend identifizierte.
6Mit Leistungsbescheid vom 30. April 2013 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die „im Rahmen des Verwaltungszwangsverfahrens (Ersatzvornahme im Wege des Sofortvollzuges und Sicherstellung der zwei Altkleidercontainer)“ entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 2.540 Euro (200 Euro je Sammelbehälter im Rahmen der Ersatzvornahmen zzgl. 5 Euro je Container und Tag der Sicherstellung für den Zeitraum vom 26. September 2012 bis zum 29. April 2013) zu erstatten. Zudem teilte sie mit, dass sie die Container ab dem 16. Mai 2013 verwerten werde, wenn sie nicht bis zum 15. Mai 2013 abgeholt würden, und ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheids an. Zur Begründung führte die Beklagte aus, ordnungsbehördliche Feststellungen hätten ergeben, dass im Bereich der C1.-------straße zwei Altkleidersammelcontainer aufgestellt gewesen seien, ohne dass die dafür erforderliche straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis vorgelegen habe. Die Beseitigung einer solchen unerlaubten Sondernutzung richte sich nach § 22 StrWG NRW. An den Altkleidersammelcontainern seien keine ausreichenden Hinweise auf den Eigentümer vorhanden gewesen, so dass zunächst Aufkleber mit der Aufforderung zur Beseitigung angebracht worden seien und als dieser nicht nachgekommen worden sei, die Container entfernt worden seien. Die nach dem Abtransport erfolgte Sicherstellung sei auf Grundlage von §§ 14 Abs. 1 und 24 Nr. 13 OBG NRW, § 43 Nr. 1 PolG NRW ergangen, weil von den Containern eine gegenwärtige Gefahr ausgegangen sei. Ohne Sicherstellung wäre fortlaufend der Tatbestand der unerlaubten Sondernutzung erfüllt gewesen. Die Klägerin sei als Zustandsstörerin auch die richtige Adressatin der Maßnahme gewesen. Die Kostenpflicht zur Erstattung der Kosten folge aus § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW, § 20 Abs. 2 Nr. 7 VO VwVG NRW. Die Höhe der Kosten sei angemessen; die Container seien 214 Tage auf dem Betriebshof der S. Entsorgungsbetriebe verwahrt worden. Die angedrohte Verwertung finde ihre Rechtsgrundlage in § 45 Abs. 1 Nr. 5 PolG NRW, weil die Container nicht innerhalb einer ausreichend bemessenen Frist abgeholt worden seien.
7In der Folgezeit wurden die Container verwertet.
8Am 16. Mai 2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Es habe vor seinem Erlass keine Anhörung stattgefunden. Zudem habe keine unerlaubte Sondernutzung vorgelegen, weil sie - die Klägerin - an dem angegebenen Standort keine Altkleidersammelcontainer aufgestellt habe; sie habe aber im Stadtbezirk Sammelcontainer aufgestellt, deren Verlust festgestellt worden sei. Darüber hinaus fehle es an einer Rechtsgrundlage für die geltend gemachten Kosten. Insbesondere sei die Höhe der „Tagesgebühren“ nicht nachvollziehbar. Ein Schaden in dieser Höhe sei der Beklagten nicht entstanden. Überdies seien die Kosten und Gebühren überhöht und stünden in keinem Verhältnis zum Wert der Container, der bei je rund 400 Euro liege.
9Die Klägerin hat beantragt,
10den Leistungsbescheid der Beklagten vom 30. April 2013 aufzuheben.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen,
13und zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Bescheids Bezug genommen.
14Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 9. Oktober 2013 abgewiesen.
15Ihre vom Senat zugelassene Berufung begründet die Klägerin im Wesentlichen wie folgt: Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Die Sicherstellung habe nicht auf Grundlage des § 22 Satz 2 StrWG NRW erfolgen dürfen, weil die Beklagte dafür zunächst eine entsprechende Anordnung hätte erlassen und das gestreckte Verfahren (Anhörung und Erlass einer Entfernungsverfügung) hätte durchführen müssen. Ihre Sammelcontainer seien mit Aufklebern ausgestattet gewesen, anhand derer die Beklagte sie - die Klägerin - als Eigentümerin hätte identifizieren können. Zudem habe das Verwaltungsgericht nicht hinreichend festgestellt, ob es überhaupt zu von ihr zu vertretenden unerlaubten Sondernutzungen gekommen sei. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe die Beklagte keinen Eigentumsschutz beabsichtigt, sondern die Beseitigung einer aus ihrer Sicht bestehenden Störung. Sie - die Klägerin - habe ihre Container auf privaten Grundstücken aufgestellt, so dass es keiner Sondernutzungserlaubnis bedürft hätte. Außerdem sei nicht nachgewiesen, dass es sich bei den sichergestellten Containern um ihre gehandelt habe. Auch andere Aufsteller verwendeten Container gleicher Bauart und Farbe und das von der Mitarbeiterin der Beklagten erkannte und in der Ladeklappe eingravierte „B“ beziehe sich auf den Fertigungsstandort des Containerherstellers („Bremen“) und nicht auf ihre - der Klägerin – Eigentümerschaft. Die Kosten für die Verwahrung hätten ihr nicht in Rechnung gestellt dürfen. Denn diese ständen außer Verhältnis zum Wert der Container und zum bei der Verwertung zu erzielenden Erlös.
16Die Klägerin beantragt,
17das angefochtene Urteil zu ändern und den Leistungsbescheid der Beklagten vom 30. April 2013 aufzuheben.
18Die Beklagte beantragt,
19die Berufung zurückzuweisen.
20Der Senat hat Beweis erhoben über das Auffinden und die Entfernung der Altkleidercontainer im Stadtgebiet der Beklagten im August/September 2012 durch Vernehmung des Zeugen L. T. . Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2016 verwiesen.
21Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe:
24A. Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne (erneute) mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
25B. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
26Die zulässige Anfechtungsklage gegen den Leistungsbescheid vom 30. April 2013 ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
27I. Der Leistungsbescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist die nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW erforderliche und formfrei mögliche Anhörung der Klägerin erfolgt. Denn Mitarbeiter der Klägerin und der Beklagten hatten vor dem Erlass des Leistungsbescheids mehrfach per E-Mail Kontakt. Dabei hat die Mitarbeiterin der Beklagten in der E-Mail vom 15. November 2012, 9:36 Uhr, abstrakt auf die durch die Sicherstellung und Verwahrung entstandenen bzw. entstehenden Kosten (200 Euro für die Sicherstellung und 5 Euro pro Tag für die Verwahrung je Container) und in der E-Mail vom 23. November 2012 konkret auf die Kosten für die beiden hier streitgegenständlichen Altkleidersammelcontainer hingewiesen. Nach diesen Hinweisen hatte die Klägerin die Möglichkeit, zu diesen Kosten Stellung zu nehmen.
28II. Der Leistungsbescheid, mit dem die Beklagte die Erstattung von Auslagen in Höhe von 2.540 Euro geltend macht, ist auch materiell rechtmäßig.
291. Der Leistungsbescheid ist, soweit mit ihm Kosten für die Entfernung der an der C1.-------straße abgestellten Altkleidersammelcontainer in Höhe von insgesamt 400 Euro geltend gemacht werden, rechtmäßig.
30a) Er findet seine Rechtsgrundlage in § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW i. V. m. § 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 7 VO VwVG NRW. Danach sind Beträge, die bei der Ersatzvornahme an Beauftragte und an Hilfspersonen zu zahlen sind, vom Pflichtigen zu erstatten. Eine Kostenerstattung setzt dabei voraus, dass die zugrundeliegende Ersatzvornahme ihrerseits rechtmäßig erfolgt ist.
31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. April 2008 - 11 A 1386/05 -, NVwZ-RR 2008, 437 (437) = juris, Rn. 18, m. w. N.
32Dies ist hier der Fall. Die von der Beklagten durchgeführte Ersatzvornahme ist rechtmäßig.
33aa) Es kann zunächst offen bleiben, ob die Beklagte als Rechtsgrundlage für die in dem Entfernen der Container liegende Ersatzvornahme auf § 22 Satz 2 StrWG NRW zurückgreifen durfte. Denn es ist zweifelhaft, ob eine Beseitigung eines rechtswidrigen Zustands auf Grundlage des § 22 Satz 2 StrWG NRW eine Ersatzvornahme i. S. d. § 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 7 VO VwVG NRW ist. Dagegen könnte sprechen, dass § 22 Satz 2 StrWG NRW bereits eine eigene Kosten-erstattungsreglung („auf Kosten des Pflichtigen“) enthält.
34bb) Die Beklagte konnte für die Ersatzvornahme jedenfalls auf § 55 VwVG NRW als Rechtsgrundlage zurückgreifen. Zwar kam eine Durchführung der Ersatzvornahme nicht im Wege des gestreckten Verfahrens nach § 55 Abs. 1 VwVG NRW in Betracht. Denn die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 VwVG NRW waren nicht erfüllt. Selbst wenn der mittels Aufklebern auf den Containern angebrachte Hinweis als Beseitigungsverfügung zu verstehen sein sollte, fehlte es an dessen sofortiger Vollziehbarkeit oder Unanfechtbarkeit i. S. d. § 55 Abs. 1 VwVG NRW. Die Beklagte konnte die Ersatzvornahme aber im Wege des Sofortvollzugs nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW durchführen. Eine solche im Wege des Sofortvollzugs durchgeführte Ersatzvornahme (§§ 55 Abs. 2, 59 VwVG NRW) setzt voraus, dass die Anwendung des Verwaltungszwangs zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist und die Vollzugsbehörde hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelt.
35(1) Die Beklagte hat bei der Beseitigung der beiden Altkleidersammelcontainer innerhalb ihrer Befugnisse gehandelt. Denn die Voraussetzungen eines hypothetischen Grundverwaltungsaktes liegen vor. Rechtsgrundlage für einen solchen hypothetischen Grundverwaltungsakt ist hier § 22 Abs. 1 StrWG NRW. Danach kann die für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung anordnen, wenn eine Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt wird.
36Eine danach erforderliche unerlaubte Sondernutzung ist hier mit den beiden „im Bereich der C1.-------straße “ abgestellten Altkleidersammelcontainern der Klägerin gegeben. Durch das Aufstellen von Altkleidercontainern im öffentlichen Straßenraum werden öffentliche Straßenflächen über den Gemeingebrauch hinaus benutzt. Dies stellt, wenn es ohne die dafür erforderliche Erlaubnis erfolgt, grundsätzlich eine unerlaubte Sondernutzung dar. Das gilt auch für Container, die zwar nicht auf öffentlichem Straßengrund, aber so auf dem angrenzenden Privatgelände aufgestellt sind, dass die Benutzer während des Befüllens auf der öffentlichen Verkehrsfläche verweilen müssen, ungeachtet der Frage, ob dadurch eine Störung des Verkehrs auf der Verkehrsfläche verursacht wird. Denn Personen, die einen am Rand der öffentlichen Verkehrsfläche aufgestellten Container nutzen, handeln nicht mehr im Rahmen des zugelassenen Gemeingebrauchs. Die damit verbundenen Handlungen - Lektüre einer Gebrauchsanweisung, Öffnen einer Klappe, Einwerfen von Schuhen oder Kleidung - sind keine Vorgänge, die überwiegend dem Verkehr dienen, sondern der gewerblichen Betätigung des Aufstellers zuzurechnen.
37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Juli 1999 - 23 B 334/99 -, NWVBl. 2000, 216 (217) = juris, Rn. 11, und Urteil vom 16. Juni 2014 - 11 A 2816/12 -, NVwZ-RR 2014, 748 (749) = juris, Rn. 33.
38Daran gemessen stellten die beiden Altkleidersammelcontainer der Klägerin eine Sondernutzung dar. Sie waren zwar auf der im Eigentum der Beklagten stehenden Grünfläche zwischen dem Gehweg und dem Gebäude C1.-------straße 11, mithin nicht auf einer öffentlichen Verkehrsfläche abgestellt. Sie waren aber nur von der öffentlichen Verkehrsfläche aus zu befüllen. Dies belegen die von der Beklagten am 16. August 2012 gefertigten Lichtbilder. Auf diesen ist zu erkennen, dass die beiden Container mit ihren Öffnungen zum Gehweg der C1.-------straße ausgerichtet sind und der Abstand zwischen dem Gehweg und den Containern nur wenige Zentimeter beträgt. Anhaltspunkte dafür, dass die Container im Zeitpunkt ihrer Entfernung im Auftrag der Beklagten in der Woche ab dem 26. September 2012 anders als auf den im August 2012 gefertigten Lichtbildern standen, liegen nicht vor. Zwar behauptet die Klägerin pauschal, es komme vor, dass Konkurrenten Container verstellten. Dieses Vorbringen bleibt aber unsubstantiiert und wenig nachvollziehbar. Jedenfalls erscheint ein Verstellen der Container nur um wenige Meter von der Straße zurück durch einen Konkurrenten lebensfremd.
39Die Klägerin besaß auch nicht die für das Aufstellen der Altkleidersammelcontainer demnach erforderliche Sondernutzungserlaubnis.
40Die Klägerin wäre auch die richtige Adressatin dieser hypothetischen Grundverfügung gewesen. Denn sie ist die Verantwortliche i. S. d. §§ 17, 18 OBG NRW. Sie war Verhaltensstörerin, jedenfalls aber Zustandsstörerin. Von ihrem Altkleidercontainer ging eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus. Denn durch das Aufstellen der Altkleidersammelcontainer ohne die erforderliche Erlaubnis war eine Störung der objektiven Rechtsordnung eingetreten, weil ein Verstoß gegen § 18 Abs. 1 Satz 2 StrWG NRW vorlag. Dass die Klägerin Eigentümerin der beiden Container war, folgt zur Überzeugung des Senats (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) aus der Erklärung der Klägerin, im Stadtgebiet der Beklagten Container aufgestellt zu haben, einem Abgleich der von der Beklagten erstellten Lichtbilder der beiden sichergestellten Container mit den von der Klägerin im Verwaltungsverfahren eingereichten Vergleichsbildern sowie den Erklärungen der Bediensteten der Beklagten, die diese Lichtbilder verglichen hat. Denn die auf den Bildern der Klägerin abgebildeten Container tragen (nahezu) die gleichen Aufdrucke und Aufkleber wie diejenigen, die auf den Lichtbildern der Beklagten abgebildet sind. Lediglich beim vom Gehweg aus gesehen rechten Container fehlt der weiße Aufkleber, auf dem wohl eine Belohnung von 2.500 Euro ausgerufen wird. Ansonsten entsprechen sich die Container in Farbe, Schriftbild und Anordnung der vielen Aufdrucke und Aufkleber sowohl auf der Front als auch - soweit abgebildet - auf der Seite der Container. Zudem hat die Bedienstete der Beklagten, Frau T1. , im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2016 plausibel und nachvollziehbar erläutert, weshalb sich die beiden streitgegenständlichen Container nur der Klägerin, die zugestanden hat, im Stadtgebiet der Beklagten Container aufgestellt zu haben, hätten zuordnen lassen und eine Zuordnung zu einem anderen Aufsteller ausgeschlossen sei. Andere sichergestellte und auf dem Bauhof verwahrte Container anderer Aufsteller hätten anders ausgesehen und seien wegen darauf angebrachter Kennzeichen und Kennzahlen ausgeschieden. Eine deutliche Ähnlichkeit habe nur zwischen den beiden hier streitgegenständlichen Containern und den auf den Vergleichsfotos der Klägerin abgebildeten bestanden. Dass sie dabei das im Deckel eingestanzte „B“ - möglicherweise - zu Unrecht als weiteres Indiz für die Eigentümerschaft der Klägerin angesehen hat, ist vor dem Hintergrund der ansonsten glaubhaften und nachvollziehbaren Ausführungen nicht maßgeblich.
41(2) Die Beseitigung der Container war zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig i. S. d. § 55 Abs. 2 VwVG NRW. Eine Ersatzvornahme ist zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig i. S. d. § 55 Abs. 2 VwVG NRW, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses schon begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bevorsteht, sodass sofortige Abhilfe derart geboten ist, dass nicht mit der Anordnung und Durchführung von Gefahrbeseitigungsmaßnahmen im gestreckten Vollzug auch einer sofort vollziehbaren Ordnungsverfügung zugewartet werden kann.
42Vgl. OVG NRW, Urteile vom 22. Juli 2015 - 19 A 2438/13 -, juris, Rn. 33, und vom 8. April 2014 - 2 A 371/13 -, juris, Rn. 56; Beschluss vom 12. Juni 2014 - 5 B 446/14, 5 E 5 E 451/14 -, juris, Rn. 18.
43Dies ist hier der Fall. Durch das Aufstellen ohne Erlaubnis hat sich die Gefahr für die Rechtsordnung, die in dem Verstoß gegen § 18 Abs. 1 Satz 2 StrWG NRW liegt, schon realisiert und ein weiteres Zuwarten würde die Rechtsordnung weiter beeinträchtigten, so dass die Gefahr auch gegenwärtig und eine sofortige Abhilfe geboten war. Insbesondere war der vorherige Erlass einer Beseitigungsverfügung der Beklagten nicht möglich, weil auf den abgeräumten Altkleidersammelcontainern kein Hinweis auf die Klägerin enthalten war. Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus den von der Beklagten vorgelegten Lichtbildern, auf denen Hinweise auf die Klägerin nicht zu erkennen sind, und den nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen des Zeugen T. , der die Lichtbilder gefertigt hatte. Der Zeuge T. hat geschildert, dass er die im Stadtgebiet der Beklagten festgestellten und ungenehmigt aufgestellten Container fotografiert und darüber eine Liste geführt habe. Er habe, wenn er Identifizierungskennzeichen (Namen oder Nummern) auf den Container habe erkennen können, Detailfotos dieser Kennzeichen gemacht. Zudem habe er sich die Beschriftungen der Container durchgesehen und, falls er einen Namen habe feststellen können, diesen in der Liste vermerkt. Wenn nur eine Telefonnummer angegeben gewesen sei, habe er notiert, dass eine Telefonnummer vorhanden gewesen sei. Wenn der Eigentümer nicht eindeutig zu erkennen oder wenn nur eine Telefonnummer zu finden gewesen sei, habe er „unbekannt“ in die Liste vermerkt.
44Dieses nachvollziehbare Vorgehen des Zeugen T. und der Umstand, dass er bezüglich der streitgegenständlichen Container in der Liste lediglich „unbekannt“ vermerkt, von ihnen keine Detailfotos gemacht und sich auf den Lichtbildern keine Namensangaben oder Telefonnummern erkennen lassen, lässt - auch wenn sich der Zeuge T. an die hier streitbefangenen Container konkret nicht erinnern konnte - nur den Schluss zu, dass auf den Containern keine Namensangaben oder Telefonnummern festzustellen waren.
45Der Senat durfte die Aussage des Zeugen T. in der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2016 trotz des erfolgten Wechsels der ehrenamtlichen Richter berücksichtigen, weil sie in der Sitzungsniederschrift vom 19. Mai 2016 protokolliert und deren Inhalt den neu hinzutretenden Richtern vermittelt wurde.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 1969 - VI C 121.65 -, Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 7 = juris, Rn. 51, und Beschluss vom 12. Juli 1985 - 9 CB 104.84 -, NJW 1986, 3154 (3155) = juris, Rn. 12; Bamberger, in: Wysk, VwGO, § 96 Rn. 16; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, § 96 Rn. 6, und § 112 Rn. 4 ff., jeweils m. w. N.
47Soweit die Klägerin aus dem Umstand, dass die Beklagte den Bescheid vom 30. April 2014 - gemeint ist wohl 2013 - an sie hat adressieren können, den Rückschluss ziehen will, der Beklagten sei die vollständige Anschrift der Klägerin bereits im September 2012 bekannt gewesen, so verkennt sie, dass dieser Schluss nicht zwingend ist. Denn nach der Beseitigung der Container und vor dem Erlass des Bescheides hatte die Klägerin mehrfach - etwa durch E-Mail vom 14. November 2012 und im Eilantrag vom 26. November 2012 - ihre Daten der Beklagten unmittelbar oder mittelbar mitgeteilt, was die richtige Adressierung des Bescheids vom 30. April 2013 erklärt.
48(3) Die Ersatzvornahme war auch verhältnismäßig (vgl. § 15 OBG NRW). Andere geeignete und mildere Mittel, um den Verstoß gegen die Rechtsordnung zu beseitigen, standen der Beklagten nicht zur Verfügung. Insbesondere wären - wie ausgeführt - telefonische und schriftliche Aufforderungen an die Klägerin nicht möglich gewesen.
49(4) Die Klägerin ist als Verhaltens-, jedenfalls als Zustandsstörerin die richtige Adressatin der Ersatzvornahme.
50cc) Gegen die Höhe der Auslagen für das Entfernen der Container aus dem Straßenraum bestehen weder Bedenken (vgl. § 77 Abs. 4 Satz 1 VwVG NRW i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 1 GebG NRW) noch sind solche von der Klägerin substantiiert vorgetragen.
51b) Die Beklagte hätte den Kostenbescheid zudem auf § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW, § 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 8 VO VwVG NRW i. V. m. § 24 Nr. 13 OBG NRW und §§ 43, 46 PolG NRW stützen können.
52Dabei ist der Rückgriff auf diese Rechtsgrundlagen nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte im angefochtenen Leistungsbescheid ausdrücklich „§ 20 Abs. 2 Nr. 7 VO VwVG NRW“ benannt und nicht auf § 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 8 VO VwVG NRW zurückgegriffen hat. Denn allein eine - möglicherweise fehlerhafte - Bezeichnung der Rechtsgrundlagen führt noch nicht zur Rechtswidrigkeit und Aufhebung des Leistungsbescheids. In der Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach das Verwaltungsgericht den Verwaltungsakt aufhebt, soweit er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, kommt die Verpflichtung des Gerichts zum Ausdruck zu prüfen, ob der angefochtene Verwaltungsakt mit dem objektiven Recht in Einklang steht und, falls nicht, ob er auch den Kläger in seinen Rechten verletzt. Bei dieser Prüfung hat das Verwaltungsgericht alle einschlägigen Rechtsvorschriften und - nach Maßgabe der Sachaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO - alle rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, gleichgültig, ob die Normen und Tatsachen von der erlassenden Behörde zur Begründung des Verwaltungsaktes angeführt worden sind oder nicht.
53Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. November 1989 - 9 C 28.89 -, NVwZ 1990, 673 (673 f.) = juris, Rn. 12, m. w. N.
54Der Kostenbescheid steht unabhängig von den von der Beklagten darin für die Erhebung der Kosten für die „Entfernung“ benannten Vorschriften in Einklang mit objektivem Recht.
55Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 8 VO VwVG NRW liegen vor. Danach sind die Auslagen für eine Sicherstellung und Verwahrung vom Pflichtigen zu erstatten. Auch hier setzt die Kostenerstattung voraus, dass die zugrundeliegende Sicherstellung ihrerseits rechtmäßig erfolgt ist.
56Die Sicherstellung der beiden Altkleidersammelcontainer war rechtmäßig. Ermächtigungsgrundlage für die Sicherstellung ist § 24 Nr. 13 OBG NRW i. V. m. § 43 Nr. 1 PolG NRW. Danach kann die Ordnungsbehörde eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren.
57Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Wie unter II. 1. a) bb) (2) und (4) ausgeführt, begründete das Aufstellen der Altkleidersammelcontainer an der C1.-------straße vor dem Haus Nr. 11 eine gegenwärtige Gefahr und die Klägerin war als Eigentümerin jedenfalls Zustandsstörerin i. S. d. § 18 Abs. 1 Satz 1 OBG NRW.
58Zudem ist auch bei dem Vorgehen im Wege der Sicherstellung die Höhe der Auslagen nicht zu beanstanden.
592. Soweit mit dem Leistungsbescheid vom 30. April 2013 Kosten für die als „Sicherstellung auf dem Gelände der S. Entsorgungsbetriebe“ bezeichnete Verwahrung der zwei Altkleidercontainern für 214 Tage in Höhe von insgesamt 2.140 Euro geltend gemacht werden, ist der Bescheid ebenfalls rechtmäßig.
60Er findet seine Rechtsgrundlage in § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW, § 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 8 VO VwVG NRW i. V. m. § 24 Nr. 13 OBG NRW und den §§ 44, 46 PolG NRW. Dem steht - wie bereits hinsichtlich der Kosten der Sicherstellung ausgeführt - nicht entgegen, dass die Beklagte im angefochtenen Leistungsbescheid ausdrücklich „§ 20 Abs. 2 Nr. 7 VO VwVG NRW“ benannt hat. Auch hinsichtlich der Verwahrungskosten ist ein Austausch der Rechtsgrundlage zulässig. Denn auch insoweit steht der Kostenbescheid in Einklang mit objektivem Recht. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 8 VO VwVG NRW für die Geltendmachung von Verwahrungskosten i. H. v. 2.140 Euro liegen vor.
61Die Verwahrung ist rechtmäßig erfolgt. Rechtsgrundlage für die Verwahrung der beiden Altkleidersammelcontainer ist § 24 Nr. 13 OBG NRW i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW. Danach sind sichergestellte Sachen in Verwahrung zu nehmen. Vorliegend ist - wie ausgeführt - eine Sicherstellung der beiden Container der Klägerin (rechtmäßig) erfolgt.
62Die geltend gemachten Kosten sind auch in der Höhe verhältnismäßig. An der Verhältnismäßigkeit der Höhe der Auslagen für die Verwahrung der Container von 5 Euro/Tag und Container bestehen keine grundsätzlichen Zweifel. Denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Betrag von 5 Euro für die Aufbewahrung der Container auf dem Gelände der S. Entsorgungsbetriebe überhöht ist. Weil die S. Entsorgungsbetriebe im Verhältnis zur Beklagten ein privatwirtschaftliches Unternehmen sind, bedarf es insbesondere keiner Gebührenkalkulation etc. Auch die durch die lange Verwahrungsdauer bedingte Gesamthöhe der Verwahrungskosten ist nicht zu beanstanden. Zwar ist der Klägerin insoweit Recht zu geben, dass die Kosten für die Verwahrung infolge der Dauer den Wert der Container deutlich übersteigen. Die lange Verwahrungsdauer war aber maßgeblich durch das Verhalten der Klägerin bedingt, die einerseits erfolgreich eine Verwertung der Container zu einem früheren Zeitpunkt verhindert hatte und anderseits diese trotz Kenntnis der anfallenden Kosten durch die E-Mail vom 15. November 2012 nicht bei der Beklagten abgeholt und so die Verwahrung beendet hat.
63III. Die in dem Bescheid erfolgte Ankündigung der Verwertung der Container nach § 45 Abs. 1 Nr. 5 PolG NRW ist ebenfalls nicht zu beanstanden, insbesondere ist sie der Klägerin zugestellt worden.
64C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
65Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
66D. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist ein Unternehmen, das sich mit dem Sammeln von Altkleidern befasst. Am 30. August 2012 zeigte sie dem S. -Kreis O. die gewerbliche Sammlung von Altkleidern und Schuhen an. Sie gab an, sie werde durch die C. GmbH vertreten und die Sammlung flächendeckend durch Container durchführen.
3Am 10. September 2012 fertigte die Beklagte ein Lichtbild eines beige-gelb-farbigen Containers für Kleider und Schuhe an, der auf dem im Eigentum von Privatpersonen stehenden Grundstück Gemarkung H. , Flur 10, Flurstück 496, in einem geringen Abstand zum Gehweg des I. Wegs in Höhe von dessen Einmündung in die L.------straße aufgestellt war. Am 11. September 2012 fertigte sie ein weiteres Lichtbild eines ähnlichen Altkleidercontainers in ähnlichem Farbton an, der sich auf dem im Eigentum der GWG H. GmbH stehenden Grundstück L.------straße 67, Gemarkung O1. , Flur 9, Flurstück 225, in einem nicht genau erkennbaren Abstand zum Gehweg der L.------straße befand. Am gleichen Tag nahm sie ein Lichtbild von einem grauen Altkleidercontainer, der auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück Gemarkung F. , Flur 7, Flurstück 3205, in einem Abstand von etwa einem Meter zum Gehweg der S1. -X. -Straße im Straßenbegleitgrün am Fuße der begrünten Böschung der diese Straße überquerenden Eisenbahnbrücke stand. Sie entfernte diese Container am 10. bzw. 11. September 2012 von diesen Standorten und verbrachte sie zu ihrem Bauhof.
4Mit drei Kostenbescheiden vom 14. September 2012 verlangte die Beklagte von der Klägerin jeweils 160 Euro und führte aus: Der Klägerin würden gemäß den §§ 56 Abs. 1, 55, 59 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Nr. 7 und § 15 Abs. 1 Nr. 7 der Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes Kosten für die Beseitigung der Altkleidercontainer wie folgt auferlegt: für die „Sicherstellung am 10.09.2012“ bzw. „Sicherstellung am 11.09.2012“ jeweils 100 Euro und eine „Verwaltungsgebühr gem. § 15 Abs. 1 Nr. 13 und 14 AusführungsVO VwVG“ von jeweils 60 Euro. Es sei festgestellt worden, dass auf dem I. Weg/Ecke L.------straße , der L.------straße (in Höhe der Haus-Nr. 66) und der S1. -X. -Straße (in Höhe der Bahnböschung) jeweils im Straßenbegleitgrün Altkleidercontainer abgestellt worden seien. Die aufgestellten Altkleidercontainer stellten eine unerlaubte Sondernutzung dar. Die Beseitigung einer solchen Sondernutzung richte sich nach § 22 StrWG NRW. An den Altkleidercontainern sei kein Hinweis auf den Aufsteller vorhanden gewesen, deshalb hätten keine anderen Mittel (Ordnungsverfügung) eingeleitet werden können.
5Am 28. September 2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Es habe keine Veranlassung bestanden, sofort und unmittelbar Sicherstellungen zu veranlassen, vielmehr habe die Beklagte ein gestrecktes Verwaltungsverfahren durchführen müssen. Die Sicherstellungen seien am 10. und 11. September 2012 erfolgt. Drei Tage später, nämlich am 14. September 2012, habe die Beklagte bereits drei Kostenbescheide erstellen und adressieren können. Unabhängig von der Frage, ob es sich tatsächlich um ihre Container gehandelt habe, gehe von den Altkleidercontainern keine akute Gefahr aus, so dass im Falle einer unberechtigten Sondernutzung nicht sofort vollendete Tatsachen geschaffen werden dürften. Es sei sicherlich keine Veränderung der Sachlage eingetreten, wenn statt des Kostenbescheids am 14. September 2012 einen Ordnungsverfügung erlassen worden sei.
6Die Klägerin hat beantragt,
7die Kostenbescheide vom 14. September 2012 aufzuheben.
8Die Beklagte hat beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte hat ausgeführt: Am 5. September 2012 sei sie durch einen Anwohner über den im Bereich des I. Wegs/Ecke L.------straße abgestellten Altkleidercontainer informiert worden. Am 6. September 2012 habe sie den Altkleidercontainer sowie auch die beiden anderen an der L.------straße und S1. -X. -Straße abgestellten Container vorgefunden. Auf keinem der Container hätten sich Hinweise, Telefonnummern oder Genehmigungen für die Stellplätze befunden. Die Container seien deshalb am 10. und 11. September 2012 sichergestellt worden. Am 12. September 2012 habe ein Mitarbeiter der Klägerin, Herr G. , telefonisch bei der Beklagten nachgefragt, ob diese Altkleidersammelcontainer eingesammelt habe. Dies sei dem Mitarbeiter bestätigt worden. Außerdem sei ihm der Erlass von Kostenbescheiden angekündigt worden. Er habe sich am nächsten Tag nochmals telefonisch melden wollen, dies jedoch nicht getan.
11Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 20. November 2012 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Bescheide seien rechtmäßig. Sie hätten auf § 22 StrWG NRW gestützt werden können. Dass es sich um eine unerlaubte Sondernutzung gehandelt habe, ergebe sich aus den Feststellungen der Beklagten und den von ihr angefertigten Lichtbildern. Der Vertreter der Klägerin, Herr G. , habe die Angaben der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht substantiiert bestritten, sondern bestätigt, dass es sich in den drei streitigen Fällen um eigene Standorte gehandelt habe. Die Spekulationen, die Container seien von Dritten auf öffentliches Straßenland bewegt worden, seien ebenso wenig nachvollziehbar, wie die weitere Behauptung der Klägerin, die Container seien nur auf Privatgrundstücken aufgestellt worden. Wenn das tatsächlich der Fall gewesen wäre, hätte die Klägerin in der Lage sein müssen, konkretere Angaben zu den Aufstellungsorten zu machen.
12Die vom Senat zugelassene Berufung begründet die Klägerin wie folgt: Die Beklagte habe ihre Bescheide auf das Verwaltungsvollstreckungsgesetz gestützt. Gleichwohl habe das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der Bescheide unter Heranziehung des § 22 StrWG NRW angenommen. Ob es überhaupt zu Sondernutzungen gekommen sei, habe das Verwaltungsgericht nicht hinreichend festgestellt. Ihre Sammelcontainer seien im Übrigen mit Aufklebern ausgestattet gewesen, auf denen Telefonnummern angegeben gewesen seien. Es sei der Beklagten zuzumuten gewesen, auf diesem Weg Kontakt mit dem Aufsteller der Container aufzunehmen.
13Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
14das angefochtene Urteil zu ändern und die Kostenbescheide der Beklagten vom 14. September 2012 aufzuheben.
15Die Beklagte beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Zur Begründung führt die Beklagte aus: Sie habe die Kostenbescheide auf § 22 StrWG NRW stützen können. Die Behauptung der Klägerin, die streitgegenständlichen Container seien mit Aufklebern versehen gewesen, auf denen eine Telefonnummer angegeben gewesen sei, werde zurückgewiesen. Die Container seien nach wie vor bei ihr deponiert und trügen keinerlei Telefonnummern oder sonstige Hinweise.
18Die Beklagte hat den Kostenbescheid vom 14. September 2012 betreffend den Container am ehemaligen Standort L.------straße in Höhe Hausnummer 66 im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgehoben.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
20Entscheidugsgründe:
21A. Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden. Die Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung ist mit einem Hinweis nach § 102 Abs. 2 VwGO versehen und der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ordnungsgemäß zugestellt worden.
22B. Die Berufung hat keinen Erfolg.
23Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage gegen den Kostenbescheid vom 14. September 2012 betreffend den auf der L.------straße („Höhe Haus-Nr. 66“) abgestellten Altkleidercontainer ist unzulässig geworden. Die Klage im Übrigen ist unbegründet. Die weiteren Kostenbescheide vom 14. September 2012 betreffend die beiden anderen Altkleidercontainer sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24I. Der gegen den Kostenbescheid vom 14. September 2012 betreffend den auf der L.------straße („Höhe Haus-Nr. 66“) abgestellten Altkleidercontainer gerichteten Anfechtungsklage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin ist durch den Kostenbescheid nicht mehr beschwert. Die Beklagte hat diesen Bescheid im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben. Die Klägerin, die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten gewesen ist, hat die erhobene Anfechtungsklage weder auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt noch eine verfahrensbeendende Erklärung abgegeben.
25II. Der Kostenbescheid betreffend die Sicherstellung des auf dem „I. Weg Ecke L.------straße “ abgestellten Altkleidercontainers ist rechtmäßig.
261. Rechtsgrundlage für den Erlass des Kostenbescheids wegen der Auslagen und Verwaltungsgebühren für die Sicherstellung des Altkleidercontainers sind § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW, §§ 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 8, 15 Abs. 1 Nrn. 13 und 14 VO VwVG NRW i. V. m. § 24 Nr. 13 OBG NRW und § 43 PolG NRW.
27Die nicht korrekte Benennung der Ermächtigungsgrundlage bzw. die irrtümlich in Bezug genommenen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Vorschriften „in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Nr. 7 und § 15 Abs. 1 Nr. 7“ VO VwVG NRW im angefochtenen Kostenbescheid berühren seine Rechtmäßigkeit nicht. Die benannten Vorschriften regeln den Kostenersatz im Falle einer Ersatzvornahme und die Veranlagung zu einer Gebühr im Falle des Abschleppens eines zugelassenen Kraftfahrzeugs. Die durchgeführten Maßnahmen, für die die Beklagte nunmehr Kostenerstattung und Gebühren verlangt, betrafen aber weder eine Ersatzvornahme noch das Abschleppen eines Kraftfahrzeugs. Allein diese fehlerhafte Bezeichnung führt aber nicht zur Rechtswidrigkeit und Aufhebung des Kostenbescheids. In der Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach das Verwaltungsgericht den Verwaltungsakt aufhebt, soweit er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, kommt die Verpflichtung des Gerichts zum Ausdruck zu prüfen, ob der angefochtene Verwaltungsakt mit dem objektiven Recht in Einklang steht und, falls nicht, ob er auch den Kläger in seinen Rechten verletzt. Bei dieser Prüfung hat das Verwaltungsgericht alle einschlägigen Rechtsvorschriften und - nach Maßgabe der Sachaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO - alle rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, gleichgültig, ob die Normen und Tatsachen von der erlassenden Behörde zur Begründung des Verwaltungsaktes angeführt worden sind oder nicht.
28Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. November 1989 - 9 C 28.89 -, NVwZ 1990, 673 = juris, Rn. 12, m. w. N.
29Der Kostenbescheid steht unabhängig von den von der Beklagten darin für die Erhebung der Kosten für die Auslagen der Sicherstellung und der Gebühren benannten Vorschriften in Einklang mit objektivem Recht.
302. Der Kostenbescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist die nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW erforderliche Anhörung der Klägerin erfolgt. Nach den insofern unwidersprochenen Angaben der Beklagten ist dem Mitarbeiter der Klägerin, Herrn G. , am 12. September 2012 telefonisch mitgeteilt worden, dass Kostenbescheide wegen der von der Beklagten sichergestellten Container erlassen würden.
313. Der Kostenbescheid, mit dem die Beklagte die Erstattung von Auslagen für die Sicherstellung in Höhe von 100 Euro und Verwaltungsgebühren in Höhe von 60 Euro geltend macht, ist auch materiell rechtmäßig.
32a. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 8 VO VwVG NRW für den Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 100 Euro lagen vor. Danach sind die Auslagen für eine Sicherstellung vom Pflichtigen zu erstatten.
33aa. Die Sicherstellung und Verwahrung des Altkleidercontainers ist rechtmäßig erfolgt. Ermächtigungsgrundlage für die Sicherstellung ist § 24 Nr. 13 OBG NRW i. V. m. § 43 Nr. 1 PolG NRW. Danach kann die Ordnungsbehörde eine Sache sicherstellen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren.
34(1) Es lag eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor. Durch das Aufstellen des Altkleidercontainers am I. Weg/Ecke L.------straße war eine Störung der objektiven Rechtsordnung eingetreten. Denn das Abstellen dieses Altkleidercontainers geschah unter Verstoß gegen § 18 StrWG NRW. Das Abstellen von Altkleidercontainern im öffentlichen Straßenraum ohne die dafür erforderliche Erlaubnis stellt grundsätzlich unerlaubte Sondernutzung dar. Dies gilt auch für Container, die zwar nicht auf öffentlichem Straßengrund, aber so auf dem angrenzenden Privatgelände aufgestellt sind, dass die Benutzer während des Befüllens auf der öffentlichen Verkehrsfläche verweilen müssen.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. Juli 1999 ‑ 23 B 334/99 -, NWVBl. 2000, 216 (217) = juris, Rn. 11.
36Das war hinsichtlich des am I. Weg abgestellten Altkleidercontainers der Fall. Dieser war zwar auf dem im Privateigentum stehenden angrenzenden Grundstück abgestellt. Er war aber nur von der öffentlichen Verkehrsfläche aus zu befüllen. Dies belegt das von der Beklagten am 10. September 2012 gefertigte Lichtbild. Dass die Klägerin diesen Altkleidercontainer mit Erlaubnis des Grundstückseigentümers so auf dem Grundstück abgestellt hatte, dass der Altkleidercontainer - anders als auf dem Lichtbild abgebildet - nur auf dem Grundstück selbst zu bedienen gewesen ist, hat die Klägerin nicht nachgewiesen. Ansonsten hätte sie wohl ohne Weiteres den Grundstückseigentümer des betroffenen Grundstücks benennen und eine entsprechende Erlaubnis vorlegen können.
37(2) Die Klägerin war auch Verantwortliche. Sie war Verhaltensstörerin, jedenfalls aber Zustandsstörerin. Von ihrem Altkleidercontainer ging - wie oben dargelegt - die Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus.
38(3) Die Sicherstellung ist auch verhältnismäßig gewesen (§ 15 OBG NRW). Denn auf dem Altkleidercontainer war und ist nach den nicht substantiiert bestrittenen Angaben der Beklagten kein Hinweis auf die Klägerin enthalten. Insofern standen der Beklagten weder andere geeignete noch mildere Mittel (wie etwa der Erlass einer Ordnungsverfügung gegen die Klägerin) zur Verfügung, um den Verstoß gegen die Rechtsordnung zu beseitigen.
39bb. Die Sicherstellung ist im Übrigen auch auf der Grundlage des § 43 Nr. 2 PolG NRW gerechtfertigt gewesen. Danach kann die Ordnungsbehörde eine Sache sicherstellen, um diese vor Verlust oder Beschädigung zu schützen. Die Beklagte, die den Altkleidercontainer wegen der unerlaubten Sondernutzung auch auf der Grundlage des § 22 Satz 2 StrWG NRW entfernen konnte, musste diesen nach der Entfernung von seinem unerlaubten Standort vor Verlust und Beschädigung schützen.
40Vgl. hierzu und zu der sich aus § 43 PolG NRW und § 22 Satz 2 StrWG NRW ergebenden Befugnis, die Container fortzuschaffen und in öffentliche Verwahrung zu nehmen: OVG NRW, Beschluss vom 15. Juli 1999 ‑ 23 B 334/99 -, NWVBl. 2000, 216 (218) = juris, Rn. 21 ff.
41cc. Gegen die Höhe der Auslagen bestehen weder Bedenken (vgl. § 77 Abs. 4 Satz 1 VwVG NRW i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 1 GebG NRW) noch sind solche von der Klägerin vorgetragen.
42b. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 13 und 14 VO VwVG NRW für die geltend gemachten Verwaltungsgebühren sind ebenfalls erfüllt. Danach können Verwaltungsgebühren für die Sicherstellung und die Verwahrung einer sichergestellten Sache in Höhe von 25 bis 250 Euro (Nr. 13) und in Höhe von 25 bis 150 Euro (Nr. 14) erhoben werden. Die Gebührenerhebung ist rechtmäßig. Es lag - wie oben dargelegt - eine rechtmäßige Sicherstellung vor. Gegen die mit 60 Euro im unteren Bereich des Gebührenrahmens angesiedelten Gebühren ist auch der Höhe nach nichts zu bedenken.
43III. Der Kostenbescheid vom 14. September 2012 betreffend die Sicherstellung des an der S1. -X. -Straße abgestellten Altkleidercontainers ist rechtmäßig.
441. Hinsichtlich der Rechtsgrundlage und deren nicht korrekter Benennung im angefochtenen Bescheid gelten die unter II.1. und hinsichtlich der Frage der formellen Rechtmäßigkeit dieses Kostenbescheids die unter II.2. gemachten Ausführungen gleichermaßen.
452. Der Kostenbescheid ist auch materiell rechtmäßig.
46a. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 8 VO VwVG NRW für den Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 100 Euro lagen vor.
47aa. Die Sicherstellung ist rechtmäßig erfolgt.
48(1) Es lag allerdings keine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 43 Nr. 1 PolG NRW wegen einer unerlaubten Sondernutzung vor. Denn ausgehend von dem von der Beklagten gefertigten Lichtbild war dieser Altkleidercontainer mit einem deutlichen Abstand zur öffentlichen Verkehrsfläche aufgestellt, sodass eine Befüllung ausschließlich auf dem Grundstück der Beklagten und nicht unter Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs stattfinden konnte.
49(2) Eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit in diesem Sinne hat aber deswegen vorgelegen, weil das Grundstückseigentum der Beklagten durch das Abstellen des Altkleidercontainers im Straßenbegleitgrün, ohne dass die Klägerin zuvor bei der Beklagten eine Erlaubnis oder sonstige Gestattung für dessen Aufstellung und die Benutzung des Grundstücks der Beklagten für die Sammlung der Altkleider eingeholt hätte, beeinträchtigt gewesen ist.
50(a) Zur öffentlichen Sicherheit gehören auch Eigentumsrechte. Denn Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit sind alle Individualrechtsgüter und damit auch das Eigentum.
51(b) Die Gefahr war auch gegenwärtig. Eine Störung des Eigentumsrechts der Beklagten war bereits durch das unerlaubte Abstellen des Altkleidercontainers und die widerrechtliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten zum Einsammeln von Altkleidern mit Hilfe des Containers eingetreten.
52(c) Die Beklagte durfte auch wegen des Vorliegens einer gegenwärtigen Gefahr für ihr Eigentum (ausnahmsweise) als (Sonder-)Ordnungsbehörde einschreiten.
53Private Rechte und Rechtsgüter wie das Eigentum werden allerdings vorrangig durch die Zivilgerichte geschützt.
54Vgl. Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, Allgemeines Polizeirecht (Ordnungsrecht) des Bundes und der Länder, 9. Aufl., S. 401, m. w. N.; Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht mit Versammlungsrecht, 7. Aufl. 2012, Rn. 42 ff., m. w. N.; Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 11. Aufl. 2007, § 14 Rn. 135; Denniger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, E. Polizeiaufgaben, Rn. 28 ff.
55Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner Vertiefung, ob die in § 1 Abs. 2 PolG NRW genannten privaten Rechte als Erweiterung der Aufgaben der Polizei gegenüber den Ordnungsbehörden verstanden werden müssen.
56So Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 11. Aufl. 2007, § 14 Rn. 135.
57Denn jedenfalls hat die Subsidiaritätsklausel des § 1 Abs. 2 PolG NRW entsprechend auch für die Tätigkeit der Ordnungsbehörden zu gelten. Diese haben nicht mehr Veranlassung und Rechtfertigung, den Gerichten vorzugreifen, als die Polizei.
58Vgl. Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht mit Versammlungsrecht, 7. Aufl. 2012, § 5 Rn. 42.
59Die Aufgabe der Gefahrenabwehr der Polizei- und Ordnungsbehörden erstreckt sich in Abgrenzung zu den Zuständigkeiten der ordentlichen Gerichte auf rein private Rechte nur ausnahmsweise dann, wenn gerichtlicher Schutz durch die Zivilgerichte nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne Hilfe der Polizei- und Ordnungsbehörden die Verwirklichung des in Frage stehenden Rechts Gefahr liefe, vereitelt oder wesentlich erschwert zu werden.
60Vgl. hierzu die Subsidiaritätsklausel des § 1 Abs. 2 PolG NRW; ferner Denninger, in: Lisken/ Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, E. Polizeiaufgaben, Rn. 28 ff.; Pieroth/ Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht mit Versammlungsrecht, 7. Aufl. 2012, Rn. 43 ff.
61Dieses Tatbestandsmerkmal ist typischerweise dadurch erfüllt, dass eine Klage mangels Kenntnis der Person oder der Anschrift des Schuldners nicht erhoben oder zugestellt werden kann. Erforderlich ist weiter, dass der Inhaber des betroffenen privaten Rechts ein Einschreiten der Behörde (oder der Polizei) beantragt.
62Vgl. Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht mit Versammlungsrecht, 7. Aufl. 2012, Rn. 47.
63Ausgehend hiervon war ein Einschreiten der Beklagten durch (Entfernung und) Sicherstellung des Altkleidercontainers zulässig. Auf dem Altkleidercontainer befand sich kein Hinweis auf die Klägerin. Deswegen war es der Beklagten nicht möglich, durch Anrufung der Zivilgerichte gegen die fortdauernde Beeinträchtigung ihres Grundeigentums vorzugehen. Die Beklagte ist Inhaberin des betroffenen Eigentumsrechts, insoweit ist auch kein Antrag ihrerseits auf ein Einschreiten erforderlich gewesen.
64(3) Die Sicherstellung ist im Übrigen auch auf der Grundlage des § 43 Nr. 2 PolG NRW gerechtfertigt gewesen. Die Beklagte konnte den Altkleidercontainer auch im Wege des ihr zustehenden Selbsthilferechts nach § 229 BGB von seinem Standort entfernen, weil sie - wie oben ausgeführt - mangels Kenntnis der Eigentümerin des ihr Grundstückseigentum störenden Altkleidercontainers keinen Zivilrechtsschutz hätte erreichen können. Nach der Entfernung des Altkleidercontainers vom unberechtigten Standort konnte die Beklagte diesen nur durch Sicherstellung vor Verlust und Beschädigung schützen.
65bb. Gegen die Höhe der geltend gemachten Auslagen bestehen keine Bedenken.
66b. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 13 und 14 VO VwVG NRW für die geltend gemachten Verwaltungsgebühren sind ebenfalls dem Grunde und der Höhe nach erfüllt.
67C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
68D. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
Tenor
Das Berufungsverfahren wird eingestellt, soweit die Beklagte ihre Berufung zurückgenommen hat.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens zu 2/5 und die Beklagte zu 3/5
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe dieses Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist der leibliche Sohn des am 6. September 2012 in L. verstorbenen I. E. G. . Die Beklagte informierte den Kläger und seine beiden Geschwister über den Todesfall. Alle drei Geschwister lehnten es ab, die Bestattung des Verstorbenen zu veranlassen. Für die von der Beklagten sodann am 11. September 2013 in Auftrag gegebene Einäscherung und anschließende Beisetzung der Urne in einem Urnenrasengrab fielen folgende Kosten an:
3Kosten Bestatter |
391,53 Euro |
Attest Einäscherung |
35,70 Euro |
Einäscherungsgebühr |
297,50 Euro |
Gebühr Urnenrasengrab |
1.098,00 Euro |
Gebühr Grabbereitung |
263,00 Euro |
Träger |
47,00 Euro |
Mit Schreiben vom 5. Februar 2013 gab die Beklagte dem Kläger Gelegenheit, zur Erstattung dieser Kosten sowie zur Erhebung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 150,00 Euro Stellung zu nehmen. Der Kläger trug mit Schreiben vom 15. Februar 2013 vor, sein Vater habe die Familie im Stich gelassen und sich nie um ihn gekümmert. Er habe daher seinen Stiefvater als Vater bezeichnet und bedauere, dass es nicht zu einer Adoption gekommen sei.
5Mit Leistungsbescheid vom 5. April 2013 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger und seinen Geschwistern gesamtschuldnerisch jeweils Kosten in Höhe von 2.282,73 Euro geltend.
6Der Kläger hat hiergegen am 2. Mai 2013 Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Beitreibung der Kosten stelle für ihn eine unbillige Härte dar. Er habe seinen leiblichen Vater nicht gekannt. Jahrelang habe er nicht einmal von seiner Existenz gewusst. Der Verstorbene habe gröblich seine Unterhaltspflichten gegenüber der Familie verletzt, er habe niemals Unterhaltsleistungen von ihm erhalten. Im Frühjahr 1968 sei er wegen zahlreicher Verbrechen und Vergehen vom Landgericht C. L1. zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt worden.
7Der Kläger hat beantragt,
8den Leistungsbescheid der Beklagten vom 5. April 2013 aufzuheben.
9Die Beklagte hat beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Zur Begründung hat sie im Wesentlichen erwidert, es liege eine rechtmäßige Ersatzvornahme sowohl in Bezug auf die Einäscherung als auch in Bezug auf die Beisetzung vor, da es sich um einen einheitlichen Bestattungsvorgang handele. Dem stünden gesonderte Fristen in ihrer Friedhofssatzung für die Urnenbestattung nicht entgegen.
12Das Verwaltungsgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 10. September 2013 den angefochtenen Bescheid aufgehoben, soweit die Beklagte hierin Kosten der Urnenbeisetzung festgesetzt hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Einäscherung des Verstorbenen sei zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig gewesen, nicht hingegen die anschließende Beisetzung. Die Beklagte hätte genug Zeit gehabt, um den Kläger durch sofort vollziehbaren Verwaltungsakt aufzufordern, seiner Beisetzungspflicht nachzukommen, und diesen Verwaltungsakt gegebenenfalls im gestreckten Vollzug zu vollstrecken. Von der Beitreibung der zu Recht festgesetzten Einäscherungskosten habe die Beklagte auch nicht nach § 24 Abs. 2, 2. Fall VO VwVG NRW wegen unbilliger Härte absehen müssen. Die vorgenannte Vorschrift sei von der Ermächtigung in § 77 Abs. 4 Satz 2 VO VwVG NRW nicht gedeckt. Sie ermögliche überdies lediglich, von der Beitreibung von Kosten wegen unbilliger Härte abzusehen, nicht hingegen von der Berechnung der Kosten. Die Beitreibung dürfe darüber hinaus nur "nach Begleichung der Hauptschuld" unterbleiben. Dies sei nicht gleichzusetzen mit "nach Durchführung der Ersatzvornahme". Eine unbillige Härte könne darüber hinaus mit Blick auf den Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten nach § 74 SGB XII nicht bestehen.
13Gegen den am 13. September 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11. Oktober 2013 die vom Verwaltungsgericht unter anderem wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt. Die Beklagte hat am 25. November 2013 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 2. Juli 2015 zurückgenommen.
14Zur Begründung seiner Berufung wiederholt der Kläger seine Auffassung, dass die Beitreibung der Bestattungskosten für ihn eine unbillige Härte darstellen würde.
15Die Klägerin beantragt sinngemäß,
16das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin erklärt.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
22Der Senat entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung und gemäß § 87a Abs. 2, 3 VwGO durch die Berichterstatterin.
23A. Das Berufungsverfahren ist nach §§ 126 Abs. 3, 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beklagte ihre Berufung zurückgenommen hat.
24B. Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht teilweise abgewiesen. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO zulässig, aber im Umfang der Abweisung nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25Maßgeblich für die gerichtliche Überprüfung eines Leistungsbescheides, mit dem die Vollzugsbehörde dem Bestattungspflichtigen die Kosten einer ordnungsbehördlichen Bestattung auferlegt, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung.
26OVG NRW, etwa Beschluss vom 19. April 1994 ‑ 19 A 2644/92 -, juris, Rdn. 10 mit weiterem Nachweis.
27Der streitgegenständliche Bescheid vom 5. April 2013 findet danach insoweit seine Ermächtigungsgrundlage in § 77 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 11, § 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 7 der am 17. Dezember 2009 in Kraft getretenen Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (Ausführungsverordnung VwVG - VO VwVG NRW) vom 8. Dezember 2009 (GV.NRW. S. 787). Nach diesen Bestimmungen werden für Amtshandlungen nach dem VwVG NRW von einem Vollstreckungsschuldner oder Pflichtigen - hier dem Kläger - Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben, wobei zu den Auslagen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VO VwVG NRW auch die Beträge gehören, die unter anderem bei der Ersatzvornahme an Beauftragte oder Hilfspersonen zu zahlen sind, sowie Kosten, die der Vollzugsbehörde durch eine rechtmäßige Ersatzvornahme entstanden sind.
28Vgl. zur Frage der zutreffenden Ermächtigungsgrundlage für die Geltendmachung der Kosten einer Notbestattung auch nach Inkrafttreten des § 8 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen vom 17. Juni 2003 ‑ BestG NRW - (GV. NRW. S. 311) OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 21 ff.
29I. Der Bescheid vom 5. April 2013 hält in formeller Hinsicht der Rechtskontrolle Stand. Insbesondere hat die Beklagte dem Anhörungserfordernis des § 28 Abs. 1 VwVfG NRW entsprochen, indem sie dem Kläger mit Schreiben vom 5. Februar 2013 Gelegenheit gegeben hat, zu dem beabsichtigten Leistungsbescheid Stellung zu nehmen. Der Bescheid ist auch entsprechend § 39 Abs. 1 VwVfG NRW begründet.
30II. Der Bescheid ist auch sowohl in Bezug auf die Kostenforderung (1.) als auch auf die Gebührenforderung (2.) materiell rechtmäßig.
311. Der Kostenforderung liegt eine rechtmäßige Ersatzvornahme zugrunde. Die Veranlassung der Bestattung war eine Ersatzvornahme im Sinne von § 59 Abs. 1 VwVG NRW, mit der die Beklagte als örtliche Ordnungs- und als Vollzugsbehörde die Handlung, die der Kläger als Bestattungspflichtiger nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW vorzunehmen verpflichtet war, selbst ausgeführt oder mit ihrer Ausführung einen anderen beauftragt hat. Das Zwangsmittel der Ersatzvornahme konnte sie nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW auch ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt anwenden, weil sie als Vollzugsbehörde hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelte (a.) und dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig war (b.).
32a. Die Beklagte hat innerhalb ihrer Befugnisse gehandelt. Eine fiktive, auf Bestattung des Verstorbenen gerichtete Ordnungsverfügung an den Kläger wäre auf der Grundlage von § 14 Abs. 1 OBG NRW rechtmäßig gewesen. Hiernach können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Da sich der Verstorbene im Gebiet der Beklagten befand, war diese nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW für den Erlass einer fiktiven Ordnungsverfügung zuständig. Im Zeitpunkt der Beauftragung des Beerdigungsinstituts T. -G1. bestand ferner eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, da der Verstorbene zu diesem Zeitpunkt entgegen § 13 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW noch nicht bestattet war, seine Kinder es jedoch sämtlich noch innerhalb der Frist abgelehnt hatten, die Bestattung zu veranlassen. Die Frist von acht Tagen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW ist aus Gründen des Gesundheitsschutzes für Erd- und Feuerbestattungen gleichermaßen - für Feuerbestattungen entsprechend - anwendbar. Sinn und Zweck dieser zum damaligen Zeitpunkt nur für Erdbestattungen normierten Frist besteht darin, Gesundheitsgefahren zu verhindern, die nach dem Einsetzen des Verwesungsprozesses von einer unbestatteten Leiche ausgehen können. Diese Gefahr besteht unabhängig davon, für welche Art der Bestattung sich der Pflichtige nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW entscheidet. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW ist dafür zu sorgen, dass von Toten keine Gesundheitsgefahren ausgehen. Diese gesetzliche Verpflichtung besteht unabhängig von der Bestattungsart.
33Vgl. etwa VG Köln, Urteil vom 30. Mai 2012 - 9 K 1361/11 -, juris, Rdn. 30; VG Düsseldorf, Urteil vom 29. März 2010 - 23 K 2976/09 -, juris, Rdn. 27; VG Aachen, Urteil vom 20. August 2007 - 6 K 1554/06 -, juris, Rdn. 24; ausdrücklich inzwischen auch § 13 Abs. 3 Satz 1 BestG NRW in der Fassung des im Streitfall noch nicht anwendbaren Änderungsgesetzes vom 9. Juli 2014 (GV. NRW. S. 405).
34Die Inanspruchnahme des Klägers wäre nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW rechtmäßig gewesen, da dieser als volljähriger Sohn des Verstorbenen bestattungspflichtig war und es keine vorrangig Bestattungspflichtigen gab. Der Kläger hätte sich seiner öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht auch nicht dadurch entledigen können, dass er das Erbe seines Vaters ausgeschlagen hätte, denn die ordnungsrechtliche Bestattungspflicht beruht auf einem eigenständigen öffentlich-rechtlichen Rechtsgrund; sie dient der Gefahrenabwehr und findet ihren tradierten rechtlichen Grund in der Totenfürsorge.
35BVerwG, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - 7 B 56.10 -, juris, Rdn. 6; OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 39.
36Die weiteren von dem Kläger vorgetragenen Einwände, aus denen er eine besondere Härte ableitet - so der Umstand, dass er seinen Vater nie kennengelernt und er darunter, dass dieser als Straftäter zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, erheblich gelitten habe - entbinden ihn ebenfalls nicht von der Bestattungspflicht. Hierfür sieht das BestG NRW im Gegensatz zu den Vorschriften über eine Beschränkung oder einen Wegfall der familienrechtlichen Unterhaltspflicht bei der Verpflichtung in Fällen grober Unbilligkeit (§§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 bis 8, 1611 BGB) keine Ausnahmetatbestände vor.
37OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 41.
38b. Der Sofortvollzug war auch zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr notwendig. Eine Gefahr ist gegenwärtig im Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG NW, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses schon begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bevorsteht, sodass sofortige Abhilfe derart geboten ist, dass nicht mit der Anordnung und Durchführung von Gefahrbeseitigungsmaßnahmen im gestreckten Vollzug auch einer sofort vollziehbaren Ordnungsverfügung zugewartet werden kann.
39OVG NRW, Urteil vom 8. April 2014 - 2 A 371/13 -, juris, Rdn. 56; Beschluss vom 12. Juni 2014 - 5 B 446/14, 5 E 451/14 -, juris, Rdn. 18; Urteil vom 26. September 1996 ‑ 21 A 7041/95 -, juris, Rdn. 25.
40Eine solche Sachlage lag mit Blick darauf vor, dass zum Zeitpunkt der Einäscherung die Bestattungsfrist in wenigen Tagen ablief und sich alle Kinder des Verstorbenen bereits geweigert hatten, die Bestattung zu veranlassen.
41c. Die Beklagte konnte von der Beitreibung der Kosten für die Einäscherung des Verstorbenen nicht nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW absehen. Nach dieser Vorschrift kann die Vollstreckungsbehörde von der Berechnung und Beitreibung der Gebühren und Auslagen unter anderem dann ganz oder teilweise absehen, wenn nach Begleichung der Hauptschuld die Beitreibung der Kosten für den Schuldner eine unbillige Härte bedeuten würde. § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW ist zwar wirksames Landesrecht (dazu aa.). Die Vorschrift erfasst auch nicht nur die Kosten aus der Vollstreckung von Geldforderungen ("Hauptschuld"), sondern auch die Erhebung und Beitreibung von Gebühren und Auslagen nach § 20 VO VwVG NRW (bb.). Die Beklagte konnte von der Beitreibung der Einäscherungskosten aber nicht nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW absehen, weil die Möglichkeit, einen Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten aus § 74 SGB XII geltend zu machen, eine unbillige Härte im Sinne des § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW ausschließt (cc.).
42aa. § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW ist wirksames Landesrecht. Insbesondere ist die Vorschrift von der gesetzlichen Verordnungsermächtigung in § 77 Abs. 2 Satz 1 VwVG NRW gedeckt. Diese Vorschrift ermächtigt das Innenministerium und das Finanzministerium, durch Rechtsverordnung die Ausführungsverordnung VwVG zu erlassen. Nach § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW können in der Ausführungsverordnung unter anderem "der Umfang der zu erstattenden Auslagen" und "die Gebührenberechnung, -befreiung und -ermäßigung" "abweichend" von den in Abs. 4 Satz 1 für anwendbar erklärten einzelnen Vorschriften des Gebührengesetzes für das Land NRW (GebG NRW) geregelt werden.
43Die Bestimmungen in § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW über das Absehen von der Berechnung und Beitreibung der Gebühren und Auslagen unter anderem in Fällen einer unbilligen Härte sind abweichende Regelungen der Gebühren- und Auslagenerstattung im Sinne des § 77 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW. Diese Vorschriften ermöglichen Abweichungen insbesondere von der in § 19 GebG NRW enthaltenen Verweisung auf die Haushaltsordnungen des jeweiligen Rechtsträgers (Land oder Kommune) für die Stundung, die Niederschlagung und den Erlass von Forderungen auf Zahlung von Gebühren, Auslagen und sonstigen Nebenleistungen. Speziell in Bezug auf Auslagen ermöglichen diese Vorschriften ferner Abweichungen von der in § 10 Abs. 1 Satz 1 GebG NRW geregelten Ersatzpflicht des Gebührenschuldners für solche Auslagen, die nicht bereits in die Gebühr einbezogen sind. Hierzu gehören nicht nur die in § 10 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 7 GebG NRW aufgezählten Auslagen ("insbesondere"), sondern auch Beträge, die bei der Ersatzvornahme an Beauftragte und an Hilfspersonen zu zahlen waren und die der Verordnungsgeber insbesondere außerhalb der Verwaltungsgebühr für die Veranlassung einer Bestattung durch die Ordnungsbehörde nach § 15 Abs. 1 Nr. 11 VO VwVG NRW gesondert geregelt hat (§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VO VwVG NRW). Mit seiner Überschrift "Abweichende Kostenberechnung" nimmt § 24 VO VwVG NRW sinngemäß diese Verordnungsermächtigung in § 77 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW in Bezug.
44Unzutreffend ist hiernach die abweichende, soweit ersichtlich auch vereinzelt gebliebene Auffassung des Verwaltungsgerichts, es fehle eine gesetzliche Ermächtigung für eine allgemeine Härteklausel, die ein Absehen von der Beitreibung der Kosten einer Ersatzvornahme ermögliche.
45Vgl. auch VG Düsseldorf, Urteile vom 4. März 2013 - 23 K 4915/12 -, juris, Rdn. 69 und vom 4. Februar 2013 - 23 K 7521/11 -, juris, Rdn. 78.
46Zu Unrecht interpretiert das Verwaltungsgericht die in § 59 VwVG NRW normierte Kostenpflicht des Betroffenen für die Ersatzvornahmekosten als eine "zwingende" Kostenpflicht, mit der eine Härteklausel unvereinbar und insbesondere durch § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW nicht gedeckt sei. § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW verlasse deshalb "den gesetzlichen Rahmen der Verordnungsermächtigung" und bringe einen "eigenen politischen Gestaltungswillen des Verordnungsgebers zum Ausdruck".
47VG Düsseldorf, Urteil vom 4. März 2013 - 23 K 4915/12 -, juris, Rdn. 49, 59.
48Diese Interpretation des § 59 VwVG NRW entbehrt der Grundlage. Insbesondere kann keine Rede davon sein, die Exekutive habe mit der Härteregelung in § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW eine eigenständige, vom Gesetzgeber unabhängige politische Entscheidung getroffen. Vor allem die Entstehungsgeschichte der Vorschrift belegt im Gegenteil, dass diese seit 1958 selbstverständlicher und auch vom Landesgesetzgeber getragener Bestandteil des Verwaltungsvollstreckungsrechts in NRW ist. Schon § 14 Abs. 2 der Kostenordnung zum VwVG NRW vom 20. Januar 1958 (GV. NRW. S. 23, 25) bestimmte, dass die Vollstreckungsbehörde von der Berechnung und Beitreibung der Gebühren und Auslagen u. a. dann ganz oder teilweise absehen konnte, wenn nach Begleichung der Hauptschuld die Beitreibung der Kosten für den Schuldner eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Landesgesetzgeber hat diese Bestimmung sogar ausdrücklich in seinen Willen aufgenommen, indem er der KostO NRW 1958 im Jahr 1969 für einen vorübergehenden Zeitraum Gesetzeskraft verliehen und diese rückwirkend auf die Zeit seit 1958 erstreckt hat (§§ 1, 4 Abs. 1 und Nr. 3 der Anlage zum Gesetz zur Überleitung gebührenrechtlicher Vorschriften vom 14. Januar 1969, GV. NRW. S. 100). Hiermit wollte er gerade die Rechtsunsicherheit vorläufig beheben, die zwischenzeitlich infolge der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Bestimmtheit gesetzlicher Verordnungsermächtigungen auch hinsichtlich der Ermächtigung im damals geltenden § 68 Abs. 2 VwVG NRW 1957 entstanden war. Zur endgültigen Behebung dieser Rechtsunsicherheit hat er diese Verordnungsermächtigung sodann mit Wirkung vom 21. Oktober 1971 unter anderem in Abs. 4 ausdrücklich auch auf den "Umfang der zu erstattenden Auslagen" und "die Gebührenberechnung, ‑befreiung und ‑ermäßigung" sowie den Gebührenerlass erstreckt (Art. I Nr. 6 des Änderungsgesetzes vom 5. Oktober 1971 [GV. NRW. S. 326]). Diese Präzisierungen gingen auf einen entsprechenden Vorschlag des Innenausschusses des Landtags zurück.
49BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1966 - 2 BvR 179, 476, 477/64 -, BVerfGE 20, 257, juris, Rdn. 40 ff.; Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des VwVG NRW, LT-Drs. 7/754 vom 11. Mai 1971, S. 8; Bericht des Ausschusses für Innere Verwaltung, LT-Drs. 7/1054 vom 10. September 1971, S. 2.
50Mit dieser Entstehungsgeschichte ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts unvereinbar, § 59 Abs. 1 VwVG NRW schließe eine Anwendung der Härteregelung in § 24 Abs. 2 VO VwVG auf die Kostentragung bei der Ersatzvornahme aus. Vielmehr bestätigt § 59 Abs. 2 Satz 2 VwVG NRW, dass die allgemeinen Regeln des Verwaltungszwangsverfahrens vorbehaltlich der in Abs. 2 und 3 dieser Vorschrift bestimmten Besonderheiten auch für die Beitreibung der Kosten einer Ersatzvornahme gelten. Nach dieser Vorschrift können die Kosten der Ersatzvornahme oder die voraussichtlich entstehenden Kosten der Ersatzvornahme im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben werden, wenn der Betroffene sie nicht fristgerecht zahlt. Die Bestimmung erklärt die allgemeinen Regeln des Verwaltungszwangsverfahrens, zu denen auch die Härteregelung in § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW gehört, auch für die Betreibung der Kosten einer Ersatzvornahme für grundsätzlich anwendbar. Auch den Sonderregelungen für die Beitreibung dieser Kosten in Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 lässt sich kein Ausschluss der genannten Härteregelung entnehmen.
51Das Verwaltungsgericht geht auch fehl in der Annahme, die gesetzliche Ermächtigung in § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW, den Umfang der zu erstattenden Auslagen abweichend regeln zu dürfen, beschränke sich aufgrund des Verweises in § 77 Abs. 4 Satz 1 VwVG NRW auf die von § 10 GebG NRW erfassten Auslagen. Da die Pflicht zur Erstattung von Kosten der Ersatzvornahme bereits in § 59 VwVG NRW geregelt sei, würden die Kosten der Ersatzvornahme von § 10 GebG nicht erfasst, so dass eine abweichende Regelung hinsichtlich des Umfangs der Kostenerstattung insoweit nicht in Betracht komme.
52VG Düsseldorf, Urteil vom 4. März 2013 - 23 K 4915/12 -, juris, Rdn. 56, 58.
53Diese Auffassung übersieht, dass die Ermächtigung, den Umfang der zu erstattenden Auslagen in einer Verordnung zu regeln, bereits seit Jahrzehnten im VwVG NRW enthalten und der Verweis auf die Vorschriften des GebG NRW (als Satz 1 von § 77 Abs. 4 VwVG NRW) erst durch das Gesetz zur Änderung des VwVG und des GebG vom 18. Dezember 2002 (GV. NRW. 2003 S. 24) eingefügt worden ist. Der Gesetzgeber verfolgte mit diesem Verweis nicht die Absicht, die bereits seit Jahrzehnten bestehende Ermächtigungsgrundlage einzuschränken. Vielmehr sollten durch den Verweis Regelungslücken, insbesondere zur Verjährung, geschlossen werden.
54Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 7. November 2002, LT-Drs. 13/3192, S. 72.
55Mit dem Verweis auf § 10 GebG NRW in § 77 Abs. 4 Satz 1 VwVG NRW wurde auch nicht etwa eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, ohne die der Ersatz von Auslagen im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vom Vollstreckungsschuldner nicht verlangt werden könnte. Dass derartige Auslagen vom Vollstreckungsschuldner zu erstatten sind, ergibt sich bereits aus § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW. Vor diesem Hintergrund erschöpft sich der Verweis auf § 10 GebG NRW im wesentlichen in der Klarstellung, welche Auslagen als nicht in die Gebühr einbezogen gelten mit der Folge, dass der Vollstreckungsgläubiger deren gesonderte Erstattung verlangen kann. Eine Beschränkung der Ermächtigung in § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW, den Umfang der zu erstattenden Auslagen "abweichend" zu regeln, ist mit Blick auf die im VwVG NRW selbst geregelte Pflicht zum Auslagenersatz in dem Verweis auf § 10 GebG NRW in § 77 Abs. 4 Satz 1 VwVG NRW folglich nicht zu erkennen. Die "abweichende" Regelungsbefugnis hinsichtlich des Umfangs der zu erstattenden Auslagen bezieht sich nicht auf spezielle, im GebG NRW geregelte Ersatzpflichten, sondern auf den auch dort geltenden Grundsatz, dass Auslagen in vollem Umfang zu erstatten sind. Die abweichende Auffassung des Verwaltungsgerichts würde im Übrigen zu dem wertungswidersprüchlichen Ergebnis führen, dass zwar der Umfang der Erstattung von verauslagten Sachverständigenkosten (§ 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GebG NRW) abweichend geregelt werden könnte, nicht jedoch der Erstattungsumfang von Kosten der Ersatzvornahme, bei der sich die Vollstreckungsbehörde gleichermaßen der Hilfe Dritter bedient und diese vergüten muss.
56Die hier vertretene Auslegung des § 59 VwVG NRW ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch mit Art. 70 LV NRW vereinbar. Insbesondere genügt § 77 Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW dem Bestimmtheitsgebot in Art. 70 Satz 2 LV NRW, wonach eine gesetzliche Verordnungsermächtigung Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen muss. Der in Art. 70 Satz 2 LV NRW enthaltene Grundsatz folgt ebenso wie der entsprechende Grundsatz in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem, das auch die Auslegung des landesverfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstabs in Art. 70 Satz 2 LV NRW vorgibt. Der Grad der zu fordernden Bestimmtheit hängt danach unter anderem von der Grundrechtsrelevanz der Regelungen ab, zu welchen der Gesetzgeber die Exekutive ermächtigt.
57VerfGH NRW, Urteil vom 24. August 1993 ‑ VerfGH 13/92 -, OVGE 43, 266, juris, Rdn. 18 f.; BVerwG, Urteil vom 30. August 2012 - 3 C 17.11 -, BVerwGE 144, 109, juris, Rdn. 32 f.
58Nach diesem Maßstab genügt die zitierte Umschreibung in § 77 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 VwVG NRW den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen und erfasst ohne Weiteres auch die Härteregelung in § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW. Denn diese Regelung bewirkt keinen Grundrechtseingriff für den betroffenen Kostenschuldner, sondern hat für ihn ausschließlich begünstigende Tendenz.
59Unberechtigt ist schließlich auch die Kritik des Verwaltungsgerichts, die VO VwVG zitiere die Vorschrift des § 77 Abs. 4 VwVG NRW nicht ausdrücklich.
60Vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 4. März 2013 - 23 K 4915/12 -, juris, Rdn. 51.
61Das Zitiergebot in Art. 70 Satz 3 LV NRW verlangt nur, in der Verordnung „die Rechtsgrundlage“ anzugeben, ohne jedoch vorzuschreiben, wie genau der Verordnungsgeber diese zu bezeichnen hat. Diesem Gebot hat der Verordnungsgeber hier genügt, indem er § 77 VwVG NRW als gesetzliche Ermächtigung zitiert hat.
62bb. § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW erfasst auch die Erhebung und Beitreibung von Gebühren und Auslagen nach § 20 VO VwVG NRW. Die erstgenannte Vorschrift erstreckt sich nicht nur auf die Kosten aus der Vollstreckung von Geldforderungen ("Hauptschuld"), sondern auch auf die Kosten aus der Vollstreckung von vertretbaren Handlungen im Wege der Ersatzvornahme. Die Formulierung „nach Begleichung der Hauptschuld“ ist, soweit es um Kosten der Ersatzvornahme ging, im Sinne von "nach Durchführung der Ersatzvornahme" zu verstehen.
63OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 43 mit weiteren Nachweisen.
64cc. Ein Absehen von der Beitreibung der Einäscherungskosten kam jedoch im Streitfall nicht in Betracht, weil die Möglichkeit, einen sozialhilferechtlichen Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Bestattungskosten gemäß § 74 SGB XII geltend zu machen, eine unbillige Härte im Sinne des § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW ausschließt. Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Der Kläger ist "hierzu Verpflichteter" im Sinne des § 74 SGB XII (α.). Die Unzumutbarkeit der Kostentragung im Sinne von § 74 SGB XII wird nicht ihrerseits durch die Möglichkeit, nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW von der Beitreibung der Vollstreckungskosten aus Billigkeitsgründen abzusehen, beseitigt (β.). Das Merkmal der Unzumutbarkeit im Sinne von § 74 SGB XII ist so weit zu verstehen, dass das Bestehen einer unbilligen Härte daneben [in aller Regel] auszuschließen ist (γ).
65α. Der Kläger ist "hierzu Verpflichteter" im Sinne des § 74 SGB XII. Die Verpflichtung, die Kosten einer Bestattung zu tragen, wird in § 74 SGB XII nicht näher umschrieben oder definiert, sondern als anderweitig begründet vorausgesetzt. Sie kann insbesondere erbrechtlich aus § 1968 BGB oder unterhaltsrechtlich aus § 1615 Abs. 2 BGB begründet sein, aber auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten herrühren.
66Vgl. BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R, juris, Rdn. 13; OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 47; für das hessische Bestattungskostenrecht: HessVGH, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 5 A 1245/11 -, juris, Rdn. 37.
67Der Kläger ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 11, § 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 7 VO VwVG als Vollstreckungsschuldner dazu verpflichtet, die Kosten der im Wege der Ersatzvornahme durchgeführten Einäscherung und die Verwaltungsgebühren zu tragen. Wäre er seiner Bestattungspflicht aus § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW nachgekommen, wäre er unmittelbar aufgrund dieser Vorschrift "hierzu Verpflichteter" im Sinne des § 74 SGB XII gewesen.
68Dem kann nicht entgegen gehalten werden, eine Kostentragungspflicht im Sinne von § 74 SGB XII bestehe bei einer im Wege der Ersatzvornahme durchgeführten Einäscherung dann nicht, wenn eine unbillige Härte im Sinne von § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW vorliege. Denn die Möglichkeit, nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW von der Beitreibung der Vollstreckungskosten wegen unbilliger Härte abzusehen, lässt die grundsätzliche Verpflichtung zur Kostentragung unberührt.
69Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2011 - 1 A 451/10 ‑, juris, Rdn. 46 ff für das Verhältnis zwischen dem Übernahmeanspruch aus § 74 SGB XII und einem Anspruch auf Erlass von Friedhofsgebühren; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10. Juli 2012 - 14 K 2308/11 -, juris, Rdn. 87 f.; anders noch OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 19 A 448/07 -, juris, Rdn. 45 ff.
70Dies ergibt sich aus Sinn und Struktur der Norm. Sie stellt nicht die - kraft Gesetzes mit Durchführung einer rechtmäßigen Verwaltungsvollstreckung entstandene - Kostenpflicht des Vollstreckungsschuldners in Frage, sondern sieht lediglich die Möglichkeit des Absehens von der Beitreibung aus Billigkeitsgründen vor. Sie stellt damit kein Leistungsgesetz dar, sondern soll den Vollstreckungsschuldner nur vor der Beitreibung von rechtmäßig in Ansatz gebrachten Vollstreckungskosten schützen, weil die Betreibung aus persönlichen und/oder wirtschaftlichen Gründen unbillig erscheint. Die Vorschrift gleicht damit strukturell sonstigen sozial motivierten Schuldnerschutzvorschriften, die der Durchsetzung berechtigter Ansprüche im Einzelfall entgegenstehen können, etwa den Vollstreckungsschutzvorschriften (vgl. § 48 VwVG NRW und §§ 850 ff. der Zivilprozessordnung). Daher stellt die Möglichkeit, von der Beitreibung der Vollstreckungskosten aus Billigkeitsgründen nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW abzusehen, das Merkmal des "hierzu Verpflichteten" im Sinne von § 74 SGB XII ebensowenig in Frage, wie die Verpflichtung in Frage steht, wenn die zivilrechtliche Kostenforderung eines Bestattungsunternehmens aufgrund von Pfändungsschutzvorschriften gegenüber dem Schuldner nicht durchgesetzt werden kann.
71OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2011 - 14 A 451/10 ‑, juris Rdn. 49.
72β. Dabei kann umgekehrt nicht die Unzumutbarkeit der Kostentragung im Sinne von § 74 SGB XII mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, nach § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW von der Beitreibung der Vollstreckungskosten aus Billigkeitsgründen abzusehen, in Zweifel gezogen werden. Hiergegen sprechen der spezielle Charakter des § 74 SGB XII und Aspekte der Gleichbehandlung der Bestattungspflichtigen. Mit § 74 SGB XII wird - anders als durch § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW - ausdrücklich und ausschließlich für Fälle der Unzumutbarkeit der Kostentragung bei Bestattungen eine fürsorgerechtliche Regelung der Hilfe in einer besonderen Lebenslage getroffen. Die Norm bestimmt eigens für diese Fallgestaltung, dass die Bestattungskosten letztlich beim Sozialhilfeträger verbleiben sollen. Dem ist die gesetzgeberische Grundentscheidung zu entnehmen, dass die Kosten von der Gemeinschaft der Steuerzahler durch Sozialhilfe abgedeckt werden, wenn kein anderer Kostentragungspflichtiger vorhanden oder diesem die Kostentragung unzumutbar ist.
73Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2011 - 14 A 451/10 -, juris, Rdn. 49, und VG Düsseldorf, Urteil vom 2. Februar 2010 - 23 K 2884/08 -, juris, Rdn. 35 für das Verhältnis zwischen dem Übernahmeanspruch aus § 74 SGB XII und einem Anspruch auf Erlass von Friedhofsgebühren; auch LSG NRW, Urteil vom 30. Oktober 2008 - L 9 SO 22/07 -, juris, Rdn. 31; Nds. OVG, Beschluss vom 13. Juli 2005 - 8 PA 37/05 -, juris, Rdn. 7; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 16. Dezember 2014 - 14 K 4511/12 -, juris Rdn. 104, und vom 19. Juli 2012 - 14 K 2308/11 -, juris, Rdn. 82; Stelkens/Seifert, Die Bestattungspflicht und ihre Durchsetzung: Neue und alte Probleme, DVBl. 2008, 1537 (1545).
74Diese Bewertung des Verhältnisses von § 24 Abs. 2 VO VwVG NRW und § 74 SGB XII bewirkt zugleich die gebotene Gleichbehandlung derjenigen Bestattungspflichtigen, die ihrer Verpflichtung ungeachtet der Unzumutbarkeit der Kostentragung zunächst aus moralischen oder anderen Gründen nachkommen, und derjenigen Bestattungspflichtigen, die sich dem verweigern. Es besteht kein sachangemessener Grund dafür, dass der Verbleib der Bestattungskosten bei dem einen oder anderen Rechtsträger (Kommune oder Sozialhilfeträger) davon abhängen soll, ob der Bestattungspflichtige, dem das Tragen der Bestattungskosten wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte nicht zugemutet werden kann, seiner Bestattungspflicht nachkommt oder nicht.
75Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 9. Juni 2008 - 4 ZB 07.2815 -, juris, Rdn. 9; OVG Saarland, Urteil vom 27. Dezember 2007 - 1 A 40/07 -, juris, Rdn. 83; Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskosten, NVwZ 2002, 917 (923 f.); auch Nds. OVG, Beschluss vom 13. Juli 2005 - 8 PA 37/05 -, juris, Rdn. 4, 7.
76Die Gleichbehandlung gewährleistet ferner, dass die Prüfung der Zumutbarkeitsfrage einheitlich den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen ist und vermeidet eine aufgespaltene Zuständigkeit zweier unterschiedlicher Behörden für die Prüfung derselben Problematik je nachdem, ob der Bestattungspflichtige die Bestattung veranlasst oder nicht.
77Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 9. Juni 2008 - 4 ZB 07.2815 -, juris, Rdn. 9; OVG Saarland, Urteil vom 27. Dezember 2007 - 1 A 40/07 -, juris, Rdn. 83; Stelkens/Cohrs, a.a.O. S. 924.
78Zur Sicherstellung dieser einheitlichen Zuständigkeit ist es hinzunehmen, dass die Prüfung des Kostenübernahmeanspruchs einem selbstständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt.
79Vgl. Hamb. OVG, Urteil vom 26. Mai 2010 - 5 Bf 34/10 -, juris, Rdn. 28.
80Dem kann schon vom Ansatz her nicht der sozialhilferechtliche Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe entgegen gehalten werden. Nach § 2 Abs. 1 SGB XII erhält Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Nach § 2 Abs. 2 SGB XII bleiben Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, unberührt; auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind. Die in § 24 VO VwVG NRW vorgesehene Möglichkeit der Behörde, von der Beitreibung der Vollstreckungskosten lediglich abzusehen, stellt keine Möglichkeit des Verpflichteten zur Selbsthilfe im Sinne des Abs. 1 der Vorschrift,
81OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2011 - 14 A 451/10 -, juris, Rdn. 51,
82oder auf anderweitigen Rechtsvorschriften beruhende (Sozial-)Leistung im Sinne des Abs. 2 dar. Im Übrigen handelt es sich bei dem Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten um einen eigenständigen sozialhilferechtlichen Anspruch auf Hilfe in anderen Lebenslagen, der sich in seiner Bedarfsstruktur wesentlich von den Ansprüchen auf Leistungen zum Lebensunterhalt unterscheidet und für den statt des sozialhilferechtlichen Kriteriums der Bedürftigkeit der Maßstab der Zumutbarkeit maßgeblich ist.
83Vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 20/10 R -, juris, Rdn. 16; zur Vorgängernorm des § 15 BSHG BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 5 C 2.03 -, juris, Rdn. 18; OVG Saarland, Urteil vom 27. Dezember 2007 - 1 A 40/07 -, juris, Rdn. 79; VGH C. .-Württ., Urteil vom 19. Oktober 2004 - 1 S 681/04 -, juris, Rdn. 26.
84γ. Das Merkmal der Unzumutbarkeit im Sinne des § 74 SGB XII ist so weit zu verstehen, dass das Bestehen einer unbilligen Härte daneben in aller Regel ausgeschlossen ist, weil die Rechtsordnung mit § 74 SGB XII eine Regelung bereitstellt, die gewährleistet, dass sich aus der Bestattung keine unzumutbaren Verpflichtungen ergeben.
85Es ist anerkannt, dass zur Begründung der Unzumutbarkeit im Sinne von § 74 SGB XII neben den wirtschaftlichen Voraussetzungen auch weitere Gesichtspunkte herangezogen werden können, die als solche im Allgemeinen sozialhilferechtlich unbeachtlich sind, so solche persönlicher Natur. Daher kann die Kostentragung etwa bei schweren Verfehlungen des Verstorbenen gegenüber dem Bestattungspflichtigen unzumutbar sein.
86Vgl. BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R -, juris, Rdn. 16; Hess. LSG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - L9 SO 226/10 -, juris, Rdn. 38; Greise in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 74 SGB XII Rdn. 78 f.; Spranger, Unzumutbarkeit der Kostenübernahme nur in Härtefällen, Sozialrecht und Praxis 2010, 656 (659); Trésoret/Seifert, Eine soziale Bestattung ist kein Armenbegräbnis, Soziale Sicherheit 2012, 433 (435 f.); zur Vorgängernorm des § 15 BSHG BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 5 C 2.03 -, juris Rdn. 18.
87Kann demnach aufgrund der von dem Kläger vorgetragenen Verfehlungen des Verstorbenen und der daraus für ihn entstandenen Folgen ein Anspruch nach § 74 SGB XII bestehen, sind die nämlichen Gesichtspunkte aus den vorstehenden systematischen Gründen ungeeignet, eine unbillige Härte im Sinne von § 24 VO VwVG NRW zu begründen.
88d. Bedenken gegen die Höhe der einzelnen Positionen der Kosten der Ersatzvornahme sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Den Verwaltungsvorgängen ist zu entnehmen, dass die geltend gemachten Beträge angefallen sind.
892. Die Verwaltungsgebühren durfte die Beklagte nach § 15 Abs. 1 Nr. 11 VO VwVG NRW festsetzen. Danach ist die Vollzugsbehörde berechtigt, für die Veranlassung der Bestattung durch die Ordnungsbehörde Verwaltungsgebühren in Höhe von 25,00 Euro bis 300,00 Euro zu erheben. Die Festsetzung der Verwaltungsgebühr ist danach nicht zu beanstanden. Sie bewegt sich mit einer Höhe von 150,00 Euro im von § 15 Abs. 1 Nr. 11 VO VwVG NRW vorgegebenen Rahmen.
90C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, 155 Abs. 2 VwGO.
91Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
92Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind. Die landesrechtlichen Rechtsfragen, die der vorliegende Rechtstreit aufwirft, sind nicht revisibel. Die bundesrechtlichen Rechtsfragen zu den Voraussetzungen des sozialhilferechtlichen Übernahmeanspruchs aus § 74 SGB XII sind in der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich geklärt.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 7/8 und die Beklagte zu 1/8. Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist gemeinsam mit seiner Ehefrau Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X. , Flur 4, Flurstück 277 (F. Straße 144 in I. ). Das Grundstück ist mit einem viereinhalbgeschossigen Wohnhaus bebaut. Es grenzt an die Bundesstraße 7 (im Folgenden: B 7). Vor dem Haus verläuft auf einer Breite von 10 m ein Gehweg. Zwischen der Fahrbahn der B 7 und dem Gehweg befindet sich ein zum Parken genutzter Seitenstreifen.
3Am 24. August 2011 stellten Mitarbeiter der Beklagten im Rahmen einer Ortsbesichtigung Schäden in dem zur Straße gelegenen Bereich des Dachs des Wohnhauses des Klägers fest. Die Dachrinne mit Unterbau und mehrere Dachpfannen der untersten Reihe hingen durch. Die Mitarbeiter des Beklagten sprachen vor Ort die Tochter des Klägers, die die Dachwohnung im Haus F. Straße 144 bewohnt, auf die Gefahrensituation und die Notwendigkeit von Sicherungsmaßnahmen an. Der Kläger selbst war nicht vor Ort.
4Die Beklagte beauftragte am 24. August 2011 die Gesellschaft für Verkehrstechnik mbH (im Folgenden: GVT mbH) mit der Absperrung des Gehwegs und des Seitenstreifens vor dem Wohnhaus des Klägers und der Einrichtung eines Ersatzgehwegs auf der rechten Fahrspur der B 7 in Fahrtrichtung H. . Sie erließ unter dem Datum vom 25. August 2011 gegenüber der GVT mbH eine „Anordnung nach § 45 Straßenverkehrsordnung (StVO) - Verkehrsrechtliche Genehmigung“, mit der die als solche bezeichnete „Absicherungsmaßnahme“ mit folgendem Inhalt angeordnet wurde: „Der Gehweg und der Seitenstreifen sind einzuziehen und ein Fußgängernotweg auf der rechten Fahrspur in FR H. einzurichten. Die Absicherung und Einrichtung erfolgt nach dem beiliegenden Verkehrszeichenplan.“ Für die Erteilung dieser verkehrsrechtlichen Genehmigung wurde eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 75,00 EUR erhoben.
5Die Absperrung wurde von der GVT mbH am 25. August 2011 eingerichtet. Der Tochter des Klägers sandte die GVT mbH unter dem Datum vom 25. August 2011 eine Auftragsbestätigung zu. Unter dem Datum vom 29. August 2011 sandte die GVT mbH an den Kläger und seine Ehefrau eine 1. Teilrechnung, mit der die Kosten für den Aufbau der Verkehrssicherung mit Gehwegabsperrung (276,50 EUR), das Vorhalten und Unterhalten der Verkehrssicherung für sieben Tage (52,50 EUR) und die Gebühr für die straßenverkehrsrechtliche Genehmigung vom 25. August 2011 (75,00 EUR) zuzüglich Mehrwertsteuer und damit insgesamt 480,76 EUR in Rechnung gestellt wurden.
6Der Dachdeckermeister S. überprüfte nach Beauftragung durch den Kläger am 29. August 2011 ausweislich eines vorliegenden „Angebots“ vom 29. August 2011 den beschädigten Dachbereich und kontrollierte den Sitz der Dachsteine. Er baute zugleich eine Lage Gerüst an der Hauswand in einer Tiefe von ca. 1 m mit einem Gerüsttunnel vor dem Eingang auf. Aus dem „Angebot“ geht zugleich hervor, dass nach Auffassung des Dachdeckermeisters die Dachrinne ohne ein weiteres Gerüst oder einen Hubwagen nicht zu sichern sei, sie könne beim nächsten Starkregen oder stärkerem Windstoß abreißen, sofortige Sicherungsmaßnahmen seien zwingend notwendig. Nicht vor dem 1., aber bis zum 3. September 2011 wurde zur weiteren Absicherung der Gefahrenstelle vom Dachdeckermeister S. im Auftrag des Klägers ein (vollständiges) Gerüst auf dem Gehweg errichtet.
7Das beschädigte Dach wurde in den folgenden Monaten zunächst nicht repariert, da der Kläger mit seiner Gebäudeversicherung vor dem Landgericht I. einen Prozess über die Regulierung des Schadens führte (und noch führt). Die Sicherungsmaßnahmen in Form der Absperrung des Gehwegs und des Seitenstreifens bei gleichzeitiger Errichtung eines Ersatzgehwegs blieben zunächst aufrechterhalten, auch das Gerüst blieb stehen.
8Unter dem 28. November 2011 und 29. Februar 2012 übermittelte die GVT mbH weitere Teilrechnungen für die Absperrmaßnahme an den Kläger und seine Ehefrau. Diese wurden - ebenso wie die 1. Teilrechnung - nicht beglichen. Mit Schlussrechnung vom 2. April 2012 machte die GVT mbH gegenüber der Beklagten einen Betrag in Höhe von insgesamt 2.638,84 EUR geltend. Sie kündigte zugleich an, dass sie die Absicherung des Gehwegs am 13. April 2012 gegen 14.00 Uhr räumen werde, wenn bis zu diesem Zeitpunkt kein Zahlungseingang erfolgt sein sollte.
9Mit Bescheid vom 10. April 2012 gab die Beklagte dem Kläger auf, die bestehende Absperrvorrichtung auf der Bürgersteig- und Parkstreifenfläche vor seinem Haus in der F. Str. 144, die am 13. April 2012 um 14.00 Uhr durch die GVT mbH abgebaut werde, gleichwertig zu ersetzen. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet und dem Kläger für den Fall der Nichtbefolgung die Ersatzvornahme angedroht. Mit Bescheid vom 27. April 2012 wurde dem Kläger aufgegeben, das bestehende Sicherungsgerüst auf der Bürgersteigfläche vor seinem Haus, das am 4. Mai 2012, ab ca. 9.00 Uhr abgebaut werde, gleichwertig zu ersetzen. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet und dem Kläger für den Fall der Nichtbefolgung die Ersatzvornahme angedroht. Der Kläger erhob gegen den Bescheid vom 27. April 2012 Klage vor dem Verwaltungsgericht und stellte zugleich einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (Verfahren 4 K 1632/12 und 4 L 389/12). Mit Bescheid vom 16. Mai 2012 setzte die Beklagte die Ersatzvornahme bezüglich der in den Bescheiden vom 10. April 2012 und 27. April 2012 angeordneten Maßnahmen fest und veranschlagte die voraussichtlichen Kosten auf 5.000,- EUR. Den Festsetzungsbescheid machte der Kläger ebenfalls zum Gegenstand eines Klage- und Eilverfahrens vor dem Verwaltungsgericht (Verfahren 4 K 1682/12 und 4 L 408/12). Mit Bescheid vom 29. Juni 2012 forderte die Beklagte vom Kläger die Kosten der Ersatzvornahme der Verkehrssicherung für den Zeitraum vom 13. April 2012 bis zum 13. Juni 2012 in Höhe von 553,55 EUR. Hiergegen erhob der Kläger ebenfalls Klage und stellte zugleich einen Eilantrag (Verfahren 4 K 1987/12 und 4 L 492/12).
10In den oben genannten Verfahren schlossen die Beteiligten am 10. August 2012 einen gerichtlichen Vergleich. Die Beklagte gestattete dem Kläger in diesem unter anderem als Austauschmittel im Sinne des § 21 OBG NRW für die Ordnungsverfügung vom 10. April 2012 die Aufstellung eines bis zum Dachgeschoss reichenden Schutzgerüsts mit einem Netz im Bereich der oberen Gerüstlage und mit Spanngurten im Bereich der Traufe. Die von der GVT mbH errichtete Absperrung sei damit nicht mehr erforderlich (Ziff. 1 des Vergleichs). Unter Ziff. 2 des Vergleichs erklärte die Beklagte, Kosten der Ersatzvornahme nur bis zum 4. August 2012 zu erheben. Für die nicht durch den Bescheid vom 29. Juni 2012 gedeckten Kosten der durchgeführten Ersatzvornahme durch die GVT mbH und den Dachdeckermeister S. werde dem Kläger ein gesonderter Kostenbescheid zugehen. Die Verfahren wurden in der Hauptsache für erledigt erklärt.
11Mit Bescheid vom 31. August 2012 forderte die Beklagte vom Kläger die Zahlung von weiteren Kosten in Höhe von 1.553,46 EUR, darunter unter anderem Kosten für Tätigkeiten des Dachdeckermeisters S. sowie Kosten in Höhe von 480,76 EUR für die Absperrmaßnahme im Zeitraum vom 25. August bis zum 31. August 2011. Zur Begründung des Bescheids wurde insoweit im Wesentlichen ausgeführt, die Absperrung sei im Wege des Sofortvollzugs zwingend erforderlich gewesen.
12Der Kläger hat am 1. Oktober 2012 Klage erhoben, mit der er die Aufhebung des Bescheids vom 31. August 2012 begehrt hat, soweit darin die Kosten für einen bestimmten Teil der Tätigkeiten des Dachdeckermeisters S. und die Kosten für die Absperrmaßnahme im Zeitraum vom 25. August bis zum 31. August 2011 gefordert werden. Die Beklagte hob (ausdrücklich) in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 15. Januar 2013 den Kostenbescheid in Höhe von 68,11 EUR auf. Damit half sie dem klägerischen Begehren ab, soweit sich dieses auf die geltend gemachten Dachdeckerkosten bezog. Die Beteiligten haben das Verfahren insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
13Der Kläger hat seine Klage, soweit sie sich gegen die Erhebung der Kosten in Höhe von 480,76 EUR für die Absperrmaßnahme der GVT mbH für den Zeitraum vom 25. August 2011 bis zum 31. August 2011 gerichtet hat, aufrechterhalten und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Es sei nicht ersichtlich, auf welcher gesetzlichen Grundlage die Beklagte die Kosten für die Absperrmaßnahme von ihm fordere. Eine angebliche Notmaßnahme am 25. August 2011 werde mit Nichtwissen bestritten. Die straßenverkehrsrechtliche Anordnung vom 25. August 2011 sei nicht das geeignete Mittel zur Beseitigung der aufgrund des Dachschadens am Gebäude bestehenden Gefahr gewesen. Die Gefahr hätte allein durch das Aufbauen eines Sicherungsgerüsts beseitigt werden können. Diese Maßnahme hätte ihm von der Beklagten aufgegeben werden können. Der Absperrmaßnahme hätte es dann nicht bedurft. Durch die Absperrung der Straße seien unverhältnismäßig hohe Kosten entstanden.
14Der Kläger hat beantragt,
15den Bescheid des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 31. August 2012 in der geänderten Fassung der Erklärung vom 15. Januar 2013 insoweit aufzuheben, als darin ein Betrag von 480,76 EUR aufgrund der Schlussrechnung der Gesellschaft für Verkehrstechnik mbH vom 2. April 2012 für eine Notmaßnahme im Zeitraum vom 25. August 2011 bis 31. August 2011 gefordert wird.
16Die Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie hat zur Begründung zunächst Bezug genommen auf die Ausführungen im angegriffenen Bescheid. Ergänzend hat sie unter anderem ausgeführt, dass die Absperrung im Wege des Sofortvollzugs auch ohne Kontakt zu dem Eigentümer unter den gegebenen Umständen zwingend erforderlich gewesen sei.
19Mit Urteil vom 15. Januar 2013 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit es die Beteiligten im Hinblick auf die um 68,11 EUR reduzierte Kostenforderung übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Im Übrigen hat es der Klage stattgegeben und den Bescheid vom 31. August 2012 aufgehoben, soweit er noch streitgegenständlich war. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Eine Pflicht zur Erstattung der Kosten für die Durchführung der Absperrmaßnahme durch die GVT mbH vom 25. August bis zum 31. August 2011 komme auf der Grundlage von §§ 59 Abs. 1, 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 7 VO VwVG NRW nicht in Betracht. Die der Kostenforderung zugrunde liegende Ersatzvornahme sei rechtswidrig gewesen sei. Die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 55 Abs. 2 VwVG NRW seien nicht gegeben. Die Beklagte hätte dem Kläger die konkrete Maßnahme, die Absperrung durch die GVT mbH, nicht rechtmäßig aufgeben können. Es fehle an einer Ermächtigungsgrundlage für eine Ordnungsverfügung, mit der dem Kläger die Einziehung eines Straßenabschnitts und die Herrichtung eines Fußgängernotwegs auf der Fahrbahn einer Bundesstraße hätten aufgegeben werden können.
20Mit Beschluss vom 28. Oktober 2013 hat der Senat die Berufung der Beklagten zugelassen.
21Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte - ihr bisheriges Vorbringen wiederholend und vertiefend - im Wesentlichen vor: Die Voraussetzungen für ein Einschreiten im Wege des Sofortvollzugs hätten vorgelegen. Auf der Grundlage von § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW bzw. § 14 OBG NRW hätte an den Kläger eine Ordnungsverfügung mit dem Inhalt ergehen können, nach Einholung und Maßgabe einer entsprechenden straßenverkehrsrechtlichen Genehmigung eine Absperrung einzurichten bzw. von der GVT mbH als Fachfirma einrichten zu lassen, um die von dem schadhaften Dach ausgehenden Gefahren zu beseitigen. Der fiktive Grundverwaltungsakt wäre auch verhältnismäßig gewesen. Der Aufbau des zusätzlichen Schutzgerüsts durch den Kläger sei erst am 3. September 2011 erfolgt. Ein Vorgehen im gestreckten Verfahren sei unter den konkreten Umständen wegen Gefahr in Verzug nicht in Betracht gekommen.
22Die Beklagte beantragt - schriftsätzlich -,
23das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
24Der Kläger beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen,
26hilfsweise,
27die Revision zuzulassen.
28Er hält an seinem erstinstanzlichen Vorbringen fest. Ergänzend trägt er im Wesentlichen vor: Eine behauptete Notmaßnahme im Sofortvollzug der Beklagten als untere Bauaufsichtsbehörde habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Beklagte am 25. August 2011 den Geschäftswillen gehabt habe, als untere Bauaufsichtsbehörde ihm gegenüber ein bauordnungsrechtliches Handeln an seiner Stelle vorzunehmen. Der Geschäftswille der Beklagten sei es gewesen, als Straßenordnungsbehörde gegenüber der GVT mbH eine Anordnung nach § 45 StVO und eine straßenverkehrsordnungsrechtliche Allgemeinverfügung zu erlassen. Die Bauaufsichtsbehörde hätte ihm nichts aufgeben können, was die Befugnisse der Straßenverkehrsbehörde betreffe. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die öffentlich-rechtliche Befugnis der Straßenverkehrsbehörde nicht durch eine Ordnungsverfügung der unteren Bauaufsichtsbehörde auf ihn hätte übertragen und im Wege der Ersatzvornahme durchgesetzt werden können. Das Einziehen des Bürgersteigs und der Fahrbahn durch den Kläger hätte nicht die vom Gebäudedach ausgehende, bauordnungsrechtliche Gefahr beseitigt. Er habe während der zwischenzeitlich vorgenommenen Reparatur des Gebäudedachs keine Einziehung des Bürgersteigs oder der Fahrbahn benötigt. Es handele sich bei den Aufwendungen der Beklagten nicht um öffentlich-rechtliche Vollstreckungskosten. Ein Anspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger auf Erstattung ihrer Kosten aus fraglicher Geschäftsführung ohne Auftrag gehöre als Leistungsklage vor die ordentlichen Gerichte.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie der Gerichtsakten der Verfahren 4 K 1632/12, 4 K 1682/12, 4 K 1683/12, 1987/12, 4 L 389/12, 4 L 408/12, 4 L 409/12 und 4 L 492/12 Bezug genommen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
31Die zulässige, namentlich innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
32Das angefochtene Urteil ist im Umfang der Berufung zu ändern und die Klage abzuweisen.
33Die Klage ist, soweit sie noch anhängig ist, zulässig, aber unbegründet.
34Der Bescheid vom 31. August 2012, soweit er noch Gegenstand der Anfechtungsklage ist, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte fordert vom Kläger zu Recht die Zahlung von Ersatzvornahmekosten für die Absperrung des Gehwegs und des Seitenstreifens und das Einrichten eines Ersatzgehwegs vor seinem Haus in Höhe von 480,76 EUR.
35Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Kostenbescheids sind die §§ 59 Abs. 1, 77 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 7 VO VwVG NRW.
36Danach sind Beträge, die bei der Ersatzvornahme oder bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs an Beauftragte oder an Hilfspersonen zu zahlen sind, sowie Kosten, die der Vollzugsbehörde durch die Ersatzvornahme entstanden sind, der Vollzugsbehörde vom Pflichtigen zu erstatten.
37Der Kostenbescheid ist formell rechtmäßig. Die Beklagte war als Kostengläubigerin nach § 77 Abs. 1 Satz 2 VwVG NRW für den Erlass des Kostenbescheids zuständig. Es liegt auch kein zur formellen Rechtswidrigkeit führender Anhörungsfehler vor. Zwar wurde dem Kläger von der Beklagten vor Erlass des Kostenbescheids nicht - noch einmal ausdrücklich - Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Eine solche Anhörung war jedoch im vorliegenden Fall nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten im Sinne des § 28 Abs. 2 VwVfG NRW. Aus dem oben genannten gerichtlichen Vergleich geht eindeutig hervor, dass die Beklagte beabsichtigte, für die nicht durch den Bescheid vom 29. Juni 2012 gedeckten Kosten der durchgeführten Ersatzvornahme durch die GVT mbH - und damit für die hier in Rede stehenden Maßnahmen im Zeitraum vom 25. August bis zum 31. August 2011 - einen gesonderten Kostenbescheid zu erlassen. Der Kläger musste demnach ohne Weiteres mit Erlass eines entsprechenden Bescheids rechnen. Zu den in diesem Zusammenhang - auch aus seiner Sicht - maßgeblichen Aspekten hatte sich der Kläger in den vorgenannten Klage- und Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht bereits ausführlich geäußert. Einer weitergehenden Stellungnahmemöglichkeit bedurfte es daher nicht. Im Übrigen wäre ein etwaiger Anhörungsfehler nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW aber auch dadurch geheilt, dass sich die Beklagte mit dem klägerischen Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2012 im Einzelnen auseinandergesetzt hat.
38Vgl. zu den Anforderungen an die Nachholung einer unterbliebenen Anhörung im gerichtlichen Verfahren z. B.: OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2010 - 10 B 270/10 -, juris Rn. 7 ff., m. w. N.
39Der Kostenbescheid ist materiell rechtmäßig.
40Der Kostenforderung liegt eine rechtmäßige Ersatzvornahme zugrunde. Diese findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 55 Abs. 2, 57 Nr. 1, 59, 63, 64 VwVG NRW.
41Die Voraussetzungen für einen - mangels vorausgehenden Grundverwaltungsakts allein in Betracht kommenden - Sofortvollzug lagen vor.
42Nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW kann Verwaltungszwang ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist und die Vollzugsbehörde innerhalb ihrer Befugnisse handelt.
43Die Beklagte hat innerhalb ihrer Befugnisse gehandelt. Eine fiktive, auf Durchführung der Absperrmaßnahmen - (fachmännisches) Absperren des Gehwegs und des Seitenstreifens vor dem Wohnhaus des Klägers und Einrichten eines Ersatzgehwegs nach Maßgabe einer entsprechenden straßenverkehrsrechtlichen Genehmigung/Anordnung - gerichtete Ordnungsverfügung an den Kläger wäre auf der Grundlage von § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW rechtmäßig gewesen. Die Vorschrift ermächtigt nicht nur zur Auferlegung von Maßnahmen, die direkt darauf gerichtet sind, eine bauliche Anlage (wieder) in einen baurechtskonformen Zustand zu versetzen, sondern auch zur Auferlegung von Sicherungsmaßnahmen, die dem Schutz anderer Rechtsgüter vor den von - einem nicht baurechtskonformen Zustand - einer baulichen Anlage ausgehenden Gefahren dienen.
44Die Beklagte war, da es um die Beseitigung solcher Gefahren ging, für den Erlass einer entsprechenden bauordnungsrechtlichen Verfügung nach § 60 Abs. 1 Nr. 3 BauO NRW zuständig. Es lag auch eine die Bauordnungsbehörde zum Einschreiten ermächtigende Gefahr vor. Das Haus des Klägers stand nicht im Einklang mit den Vorgaben des § 3 Abs. 1 BauO NRW, wonach bauliche Anlagen unter anderem so instandzuhalten sind, dass die öffentliche Sicherheit, insbesondere Leben und Gesundheit, nicht gefährdet werden. Nach den Vor-Ort-Feststellungen der Mitarbeiter der Beklagten vom 24. August 2011, die durch den Dachdeckermeister S. ausweislich seines „Angebots“ vom 29. August 2011 bestätigt werden und dessen Richtigkeit der Kläger zu keinem Zeitpunkt bestritten hat, war das Dach des Wohnhauses des Klägers zur Straßenseite hin stark beschädigt, die Dachrinne und die unterste Dachpfannenreihe hingen durch. Dies begründete aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht, d. h. nach den Verhältnissen und dem möglichen Erkenntnisstand zur Zeit des Erlasses der (fiktiven) Maßnahme, eine konkrete Gefahr, also eine Sachlage, bei der bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden an einem geschützten Rechtsgut eintreten wird.
45Vgl. zum Begriff der Gefahr: BVerwG, Urteile vom 18. Dezember 2002 - 6 CN 3.03 -, juris Rn. 23 f., und vom 26. Februar 1974 - I C 31.72 -, BVerwGE 45, 51 = DÖV 1974, 637 = juris Rn. 32; OVG NRW, Urteil vom 21. September 2012 - 2 A 182/11 - BRS 79 Nr. 130 = juris Rn. 68, Beschlüsse vom 3. Juli 2012 - 2 B 748/12 -, BauR 2012, 1779 = juris Rn. 18, und vom 21. Februar 2011 - 2 E 186/11 -, S. 4 f. des amtlichen Umdrucks.
46Vorliegend war hinreichend wahrscheinlich zu erwarten, dass Dachpfannen oder andere Dachteile - insbesondere bei jederzeit möglichem Wind oder Regen, aber auch sonst jederzeit - von dem Gebäude herunterfallen würden. Durch die, zumal aus großer Höhe, herunterfallenden Teile drohten erhebliche Schäden an Leib, Leben oder Eigentum von Fußgängern und anderen Verkehrsteilnehmern, die den Bereich vor dem Wohnhaus des Klägers zahlreich passieren.
47Für die Beseitigung der Gefahr konnte die Beklagte ermessensfehlerfrei den Kläger als (Mit-)Eigentümer des Wohnhauses nach § 18 Abs. 1 Satz 1 OBG NRW als Zustandsverantwortlichen in Anspruch nehmen. Der Kläger war zudem Verhaltensverantwortlicher nach § 17 Abs. 1 OBG NRW. Eine Verhaltenshaftung kann auch durch ein Unterlassen begründet werden, wenn eine Rechtspflicht zum Tun besteht.
48Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Februar 1988 - 11 B 186/88 -, BauR 1988, 457 f., zum Umfang der Zustandshaftung siehe nochmals OVG NRW, Beschluss vom 3. Juli 2012 - 2 B 748/12 -, BauR 2012, 1779 = juris Rn. 17.
49Diese ergab sich für den Kläger vorliegend aus seiner Pflicht, seine bauliche Anlage den Anforderungen des § 3 Abs. 1 BauO NRW entsprechend so instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet wird.
50Das fiktive Gebot an den Kläger, die Absperrmaßnahmen durchzuführen, hätte auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt (vgl. auch § 15 OBG NRW).
51Die Maßnahme war zunächst geeignet, um der von dem schadhaften Dach ausgehenden Gefahr zu begegnen. Nach der fachlichen Einschätzung der Beklagten war der Abstand zwischen dem schadhaften Bereich des Dachs und dem Ersatzgehweg ausreichend, um zu verhindern, dass Fußgänger und andere Verkehrsteilnehmer von herunterfallenden Dachteilen direkt getroffen werden. Ausgehend von der Tiefe des Bürgersteigs vor dem Wohnhaus des Klägers erscheint diese Einschätzung keinesfalls als offensichtlich verfehlt. Soweit die Prozessbevollmächtigte des Klägers im Erörterungstermin darauf Bezug genommen hat, es sei nicht auszuschließen gewesen, dass vom Dach herunterfallende Dachpfannen oder andere Dachteile bis in den Bereich des eingerichteten Ersatzgehwegs hätten hinein geraten können, stellt dies die grundsätzliche Eignung der Maßnahme zur Eindämmung der in Rede stehenden Gefahr nicht in Frage, zumal eine Komplettsperrung des Gehwegs und des Seitenstreifens vor dem Haus des Klägers und der Verweis der Fußgänger auf die andere Straßenseite angesichts der starken Frequentierung der B 7 an dieser Stelle nach den plausiblen Darlegungen der Vertreter der Beklagten im Erörterungstermin als Alternativmaßnahme nicht in Betracht kam.
52Die Maßnahme war auch erforderlich. Die Beklagte hätte nicht - anders als der Kläger meint - als weniger belastende, gleich effektive Maßnahme ihm (fiktiv) die Errichtung eines Schutzgerüsts mit Anbringung eines Sicherheitsnetzes in der Gestalt aufgeben müssen, wie dies später zwischen den Beteiligten in dem oben genannten gerichtlichen Vergleich vereinbart worden ist. Die Errichtung eines Gerüsts hätte, wie von den Vertretern der Beklagten im Erörterungstermin ausgeführt wurde und was durch die zeitlichen Abläufe im Folgenden bestätigt wird - die vollständige Errichtung eines Gerüsts erfolgte nicht vor dem 1. September 2011 -, eine gewisse Zeit in Anspruch genommen und kam demnach als erste, schnell zu verwirklichende Sicherungsmaßnahme nicht in Betracht. Ausgehend von dem Vorstehenden ergibt sich, dass als mildere, ebenso effektive Gefahrenabwehrmaßnahme auch nicht die Auferlegung einer sofortigen Instandsetzungspflicht gegenüber dem Kläger in Betracht gekommen wäre. Die Beklagte hat sich vielmehr - gerade unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - darauf beschränkt, eine die Gefahrenstelle zunächst nur sichernde Maßnahme zu treffen.
53Der fiktive Grundverwaltungsakt wäre nicht wegen rechtlicher Unmöglichkeit rechtswidrig gewesen. Der Kläger hätte nach Einholung und nach Maßgabe einer entsprechenden straßenverkehrsrechtlichen Genehmigung bzw. Anordnung den Gehweg und den Seitenstreifen vor seinem Haus absperren und einen Ersatzgehweg einrichten können bzw. von einer Fachfirma die erforderlichen Maßnahmen durchführen lassen können. Eine entsprechende straßenverkehrsrechtliche Genehmigung hätten der Kläger oder ein von ihm beauftragtes Unternehmen auf der Grundlage von § 45 Abs. 6 StVO - wie gegenüber der GVT mbH erfolgt - erlangen können. Nach dieser Vorschrift müssen - und können - Unternehmer vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, von der zuständigen Behörde Anordnungen nach Absatz 1 und 3 unter anderem darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweise Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist. Diese Vorschrift ist grundsätzlich für alle Arbeiten anwendbar, sofern sie sich auf den Straßenverkehr auswirken, betrifft also nicht nur Arbeiten am Straßenkörper selbst.
54Vgl. Bad.-Württ. VGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 S 3263/08 -, VBlBW 2010, 198 = juris Rn. 17; König, in: ders./Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 45 StVO Rn. 45; Heß, in: Burmann/Heß/u.a., Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl. 2012, § 45 StVO Rn. 18.
55Sie bildet auch eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für Fälle wie den vorliegenden, in dem nicht erst die bevorstehenden Bauarbeiten selbst zu einer Gefährdung von Verkehrsteilnehmern führen, denen durch entsprechende verkehrsrechtliche Anordnungen begegnet werden muss, sondern bereits ein die Straßenverkehrsteilnehmer gefährdender Zustand einer baulichen Anlage vorliegt, der in Erfüllung der Instandsetzungspflicht aus § 3 Abs. 1 BauO NRW beseitigt werden muss.
56Eine rechtliche Unmöglichkeit folgt hiervon ausgehend auch nicht daraus, dass dem Kläger mit der hier in Rede stehenden fiktiven Grundverfügung aufgegeben worden wäre, im Hinblick auf die Regelung des Verkehrs hoheitlich tätig zu werden. Handelt ein Privater auf der Grundlage von Anordnungen nach § 45 Abs. 6 StVO, wird er gerade nicht selbst hoheitlich tätig. Die hoheitliche Entscheidungskompetenz verbleibt bei der Behörde. Dem Privaten obliegt lediglich die tatsächliche Umsetzung der zuvor von dieser getroffenen Entscheidung, er ist lediglich als sogenannter Verwaltungshelfer technisches Ausführungsorgan der anordnenden Behörde.
57Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. November 2000 - 5 A 4522/99 -, NWVBl. 2001, 184 = juris Rn. 3; Bad.-Württ. VGH, Urteil vom 16. Dezember 2009 - 1 S 3263/08 -, VBlBW 2010, 198 = juris Rn. 17. Siehe auch OLG Hamm, Urteil vom 9. Juni 1998 - 9 U 129/97 -, NVwZ-RR 1999, 223 = juris Rn. 21.
58Der Sofortvollzug war auch zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr notwendig. Eine gegenwärtige Gefahr im Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG NRW liegt bei einer Sachlage vor, bei der die Einwirkung des schädigenden Ereignisses schon begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bevorsteht.
59Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1974 - I C 31.72 -, BVerwGE 45, 51 = DÖV 1974, 637 = juris Rn. 32; OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2010 - 13 B 663/10 -, DVBl. 2010, 1455 = juris Rn. 20.
60Dabei sind an den erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrad - wie beim einfachen Gefahrenbegriff - umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und gewichtiger der zu befürchtende Schaden ist.
61Vgl. nur: BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2002 - 6 CN 3.03 -, juris Rn. 27; OVG NRW, Urteil vom 21. September 2012 - 2 A 182/11 - BRS 79 Nr. 130 = juris Rn. 70.
62Danach lag hier aus der auch insoweit allein maßgeblichen ex-ante-Sicht eine gegenwärtige Gefahr vor. Es war angesichts der Unbeherrschbarkeit der Gefahrenquelle und der starken Frequentierung der B 7 im Bereich des Wohnhauses des Klägers jederzeit mit dem Eintritt eines erheblichen Schadens an den besonders bedeutenden Rechtsgütern Leib und Leben zu rechnen. Zur Abwehr dieser gegenwärtigen Gefahr war es auch notwendig im Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG NRW, den Verwaltungszwang ohne vorausgehenden Verwaltungsakt anzuwenden. Angesichts der bestehenden gegenwärtigen Gefahrenlage war sofortige Abhilfe derart geboten, dass nicht mit der Anordnung und Durchführung von Gefahrenabwehrbeseitigungsmaßnahmen im gestreckten Vollzug zugewartet werden konnte.
63Vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen an den Sofortvollzug: OVG NRW, Beschluss vom 9. April 2008 - 11 A 1386/05 -, NVwZ-RR 2008, 437 = juris Rn. 20, Urteile vom 17. Juni 2004 ‑ 7 A 4492/99 -, juris Rn. 61, vom 30. Juli 1998 ‑ 20 A 5664/96 -, juris Rn. 22, vom 26. September 1996 - 21 A 7041/95 -, ZfB 1997, 36 = juris Rn. 25, und vom 7. Mai 1998 - 20 A 1335/96 -, S. 9 f. des amtlichen Umdrucks.
64Ein Vorgehen im gestreckten Verfahren hätte vorliegend des Erlasses einer mit einer Zwangsmittelandrohung versehenen Ordnungsverfügung gegenüber dem Kläger, in der ihm - wenn auch unter Anordnung der sofortigen Vollziehung - eine angemessene Frist zur Erfüllung der aufgegebenen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu setzen gewesen wäre, bedurft. Selbst wenn die mit einem solchen Vorgehen im gestreckten Verfahren verbundenen Verzögerungen bei Ausnutzung aller Möglichkeiten zur Verkürzung des gestreckten Verfahrens hier nur gering ausgefallen wären - im Idealfall möglicherweise nur ein bis zwei Tage in Anspruch genommen hätten -, durfte die Beklagte angesichts der geschilderten gegenwärtigen Gefahrenlage, in der jederzeit ein Schaden an Leib- und Leben von Straßenverkehrsteilnehmern einzutreten drohte, im Wege des Sofortvollzugs Gefahrenabwehrmaßnahmen einleiten. Sie hat dies auch getan, indem sie noch am 24. August 2011 die GVT mbH mit Sicherungsmaßnahmen beauftragte, die diese schon am 25. August 2011 umsetzte.
65Lagen die Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme im Sofortvollzug demnach zum Zeitpunkt ihrer Einleitung vor, begegnet es zunächst keinen Bedenken, dass die Beklagte vom Kläger die Kosten für das Aufstellen der Absperrvorrichtungen durch die GVT mbH fordert. Sie macht zudem in nicht zu beanstandender Weise die von der GVT mbH in Rechnung gestellten Vorhaltungskosten für den Zeitraum vom 25. August bis zum 31. August 2011 geltend. Es kann offen bleiben, ob bzw. (ab) wann eine Behörde, wenn sie im Wege des Sofortvollzugs eine Ersatzvornahme durchführt, die sich nicht in einer punktuellen Maßnahme erschöpft, sondern eine (zunächst) andauernde Maßnahme betrifft, möglicherweise unter Verhältnismäßigkeits- und Rechtsschutzgesichtspunkten in das gestreckte Verfahren „überwechseln“ muss. In der hier gegebenen Situation war dies jedenfalls vor Ablauf der ersten Woche, für die allein die Beklagte die Vorhaltungskosten erhebt, noch nicht der Fall. Nichts anderes ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers, er habe von der Vollstreckung gegen ihn überhaupt nichts gewusst. Denn für ihn war bei objektivierter Betrachtung ohne Weiteres erkennbar - auch wenn davon auszugehen wäre, dass die an seine Tochter gerichtete Aufforderung der Mitarbeiter des Beklagten vom 24. August 2011 sowie die an diese gerichtete Auftragsbestätigung der GVT mbH vom 25. August 2011 den Kläger nicht erreichte -, dass die Absperrung vor seinem Wohnhaus zur Abwehr der von dem schadhaften Dach seines Wohnhauses ausgehenden Gefahr für Fußgänger und andere Straßenverkehrsteilnehmer diente und somit eine Gefahrenabwehrmaßnahme darstellte, für die er als Eigentümer des Gebäudes und Unterhaltungspflichtiger primär verantwortlich ist.
66Der damit dem Grunde nach gegebenen Pflicht zur Erstattung der Kosten der Ersatzvornahme für den in Rede stehenden Zeitraum und der Geltendmachung dieser Kosten mit dem streitgegenständlichen Leistungsbescheid steht auch nicht etwa entgegen, dass - wie der Kläger meint - die Beklagte tatsächlich nicht im Wege des Sofortvollzugs einer bauaufsichtlichen Ordnungsverfügung mit dem oben genannten Inhalt gehandelt habe bzw. habe handeln wollen, sondern die GVT mbH mit der Durchführung allein einer straßenverkehrsrechtlichen Maßnahme ohne rechtlichen Grund in seinem Namen beauftragt habe mit der Folge, dass eine Kostenerstattung allein auf zivilrechtlicher Grundlage in Betracht käme. Dass die Beklagte - bei maßgeblicher objektivierter Betrachtung - eine (fiktive) bauaufsichtliche Ordnungsverfügung gegenüber dem Kläger vollstreckt und nicht etwa für diesen eine Beauftragung vorgenommen hat, ergibt sich ohne Weiteres daraus, dass sie zur Abwehr der von dem schadhaften Dach des Wohnhauses des Klägers ausgehenden Gefahren - einen anderen Grund für die Absperrmaßnahmen gab es nicht - handelte. Da - wie sich aus dem Vorstehenden ergibt - alle Voraussetzungen für ein bauaufsichtliches Handeln, auch für die Vollstreckung einer (fiktiven) Ordnungsverfügung des in Rede stehenden Inhalts im Wege des Sofortvollzugs vorlagen, bestand auch kein Grund für die Beklagte, nicht im Wege der Vollstreckung gegen den Kläger vorzugehen, sondern zivilrechtlich im Wege der Beauftragung. Dass die straßenverkehrsrechtliche Genehmigung bzw. Anordnung vom 25. August 2011 eine Voraussetzung für die Durchführung der Ersatzvornahme durch die hiermit von der Beklagten beauftragte GVT mbH und nicht etwa eine davon unabhängige straßenverkehrsrechtliche Maßnahme darstellte, ergibt sich aus dem Inhalt des straßenverkehrsrechtlichen Bescheids, in dem eindeutig Bezug genommen wird auf die aufgrund des Dachschadens und der damit verbundenen Gefahren erforderlichen Absperrmaßnahmen. Die Bezeichnung des Klägers als „Auftraggeber“ in dem Bescheid ist hiervon ausgehend ebenso wenig aussagekräftig, wie der Umstand, dass die GVT mbH Rechnungen zunächst an den Kläger und seine Ehefrau versandte.
67Der angefochtene Bescheid ist auch nicht mit Blick auf die Höhe der vom Kläger
68geforderten Kosten zu beanstanden. Die GVT mbH, die die Beklagte mit der Durchführung der Ersatzvornahme beauftragt hat, hat die einzelnen Rechnungspositionen in der 1. Teilrechnung vom 29. August 2011 nachvollziehbar aufgeschlüsselt. Keine Bedenken bestehen dahingehend, dass die Beklagte auch die Verwaltungsgebühr für die straßenverkehrsrechtliche Genehmigung dem Kläger auferlegt, denn diese gehört zu den Kosten, die der GVT mbH bei der Durchführung der Ersatzvornahme entstanden sind - und überdies auch dem Kläger entstanden wären, hätte er die Absperrmaßnahmen selbst durchgeführt bzw. durch eine Fachfirma durchführen lassen.
69Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung war entsprechend dem Kostentenor zu ändern. Soweit es den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil des Verfahrens betrifft - dieser entspricht ca. 1/8 der ursprünglich im erstinstanzlichen Verfahren im Streit stehenden Kostenforderung -, bleibt es bei der auf Billigkeitserwägungen beruhenden Kostentragungspflicht der Beklagten. Im Übrigen sind die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens dem unterlegenen Kläger aufzuerlegen.
70Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
71Die Revision war nicht zugelassen. Ein Zulassungsgrund liegt nicht vor. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Eine - revisibles Recht betreffende - Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung hat der Kläger auch nicht benannt.
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. März 2014 wird den Antragstellern für das erstinstanzliche Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin L. aus E. beigeordnet, soweit die Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) gegen Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014 begehren. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsteller gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch den genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Antragsteller gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. März 2014 teilweise geändert: Die aufschiebende Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) wird angeordnet, soweit sie sich gegen Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014 richtet. Im Übrigen wird diese Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in beiden Instanzen jeweils zur Hälfte. Im Verfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe tragen die Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens, wobei die Festgebühr (vgl. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz) auf die Hälfte ermäßigt wird; außergerichtliche Kosten werden insoweit nicht erstattet.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes auf 2.500,- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
21. Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe hat teilweise Erfolg. Die Rechtsverfolgung erscheint nicht mutwillig und bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit sie sich gegen die sofort vollziehbare Sicherstellung des Hundes „Q.“ richtet (Ziffer 1 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014, § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Antragsteller können nach den von ihnen dargelegten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der erstinstanzlichen Prozessführung nicht aufbringen (vgl. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 115 ZPO). Die Beiordnung von Rechtsanwältin L. beruht auf § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO.
3Soweit die Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen Ziffer 2 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin (Untersagung der Haltung, Führung und Betreuung des Hundes „Q.“) begehren, hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin L. aus E. zu Recht als unbegründet abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
42. Die Beschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt – soweit es um die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage 18 K 1218/14 (VG Düsseldorf) gegen die Untersagung des Haltens, Führens und Betreuens des Hundes „Q.“ der Antragsteller geht (Ziffer 2 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014) – ebenfalls erfolglos (a). Hingegen hat die Beschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg, soweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 der genannten Ordnungsverfügung (Sicherstellung des Hundes „Q.“) betroffen ist (b).
5a) Bei summarischer Prüfung spricht ganz Überwiegendes dafür, dass die Untersagungsverfügung rechtmäßig erfolgt ist. Zur Begründung nimmt der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die entsprechenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss. Diese werden durch das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht erschüttert.
6Ohne Erfolg wenden die Antragsteller ein, bei „Q.“ handele es sich nicht um einen der Rasse nach gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW mit der Folge, dass dessen Haltung nicht erlaubnispflichtig sei. Nach den nachvollziehbaren Angaben der amtlichen Tierärztin weist der Hund deutlich hervortretende Rassemerkmale eines Hundes vom Typ Staffordshire-Terrier auf. Die Antragsteller räumen selbst ein, dass der Verkäufer des Hundes ihnen erklärt habe, die Optik von „Q.“ erinnere ein wenig an einen Kampfhund. Schließlich war es auch das phänotypische Erscheinungsbild, aufgrund dessen die Antragsgegnerin auf „Q.“ aufmerksam gemacht wurde. Die von den Antragstellern geltend gemachte Einordnung von „Q.“ als Boxer-Labrador-Mix wird hingegen weder durch die in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Fotos untermauert noch haben die Antragsteller insoweit aussagekräftige Unterlagen vorgelegt. Unabhängig davon, dass sich den Antragstellern schon aufgrund der ausgeprägten phänotypischen Merkmale hätte aufdrängen müssen, dass „Q.“ kein Boxer-Labrador-Mix ist, wird die objektiv vorzunehmende Feststellung der Rassezugehörigkeit nicht durch ihre etwaige Unkenntnis in Frage gestellt. Für die Einstufung als gefährlicher Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW ist schließlich auch unerheblich, dass „Q.“ sich bislang als „zuverlässiger Familienhund“ verhalten habe, der nie auffällig geworden sei. Denn die Gefährlichkeit der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW aufgeführten Hunderassen und deren Kreuzungen untereinander sowie deren Kreuzungen mit anderen Hunden ergibt sich unmittelbar kraft Gesetzes. Es kommt hierbei – anders als bei den im Einzelfall gefährlichen Hunden gemäß § 3 Abs. 3 LHundG NRW – nicht darauf an, ob ein einzelner Hund ein gefährliches oder aggressives Verhalten gezeigt hat.
7Vgl. Reich, Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 2005, § 3 Rn. 1 f.
8Im Übrigen hat in Zweifelsfällen der Halter nachzuweisen, dass eine Kreuzung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW nicht vorliegt (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 3 LHundG NRW). Das gilt auch bei „völlig unauffälligen“ Hunden. Dieser Nachweis ist vorliegend nicht erbracht.
9Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 LHundG NRW ist die Haltung eines gefährlichen Hundes erlaubnispflichtig. Die Antragsteller verfügen jedoch weder über eine Erlaubnis noch erfüllen sie sämtliche Voraussetzungen zur Erteilung einer derartigen Erlaubnis (§ 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 LHundG NRW): Abgesehen davon, dass bislang keine fälschungssichere Kennzeichnung von „Q.“ nachgewiesen ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 7 LHundG NRW), fehlt es insbesondere an einem öffentlichen Interesse an der weiteren Haltung (§ 4 Abs. 2 LHundG NRW).
10Die hiergegen vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch. Die Antragsteller machen erfolglos geltend, es gehe um eine Vermittlung eines gefährlichen Hundes aus einem Tierheim. Zwar kann nach der Senatsrechtsprechung ein öffentliches Interesse im Sinne von § 4 Abs. 2 LHundG NRW auch aus Gründen des Tierschutzes bestehen, wenn ein Hund aus einem Tierheim an eine Privatperson vermittelt werden soll.
11Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Mai 2014 - 5 B 185/14 - und vom 19. Mai 2010 - 5 B 159/10 -. Siehe auch LT-Drs. 13/2387, S. 22, und Nr. 4.2 VV LHundG NRW).
12Ein derartiges öffentliches Interesse scheidet aber jedenfalls aus, wenn die Vorgaben des § 4 Abs. 2 LHundG NRW bewusst umgangen werden. Mit dieser Fallgestaltung ist es unter Rechtsmissbrauchsgesichtspunkten gleichzusetzen, wenn ein Betroffener einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis in Obhut nimmt und behält, obwohl er dessen Eigenschaft als gefährlich kennt oder kennen muss.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Januar 2011 - 5 E 888/10 -.
14Wie bereits ausgeführt, hätte sich den Antragstellern angesichts der deutlich hervortretenden Rassemerkmale eines Hundes vom Typ Staffordshire Terrier und des oben zitierten Hinweises des Verkäufers aufdrängen müssen, dass es sich bei „Q.“ um einen gefährlichen Hund handelt. Zumindest hätten sie sich in Bezug auf die Rassezugehörigkeit des Tieres genauer informieren müssen. § 4 Abs. 2 LHundG NRW dient nicht dazu, die Haltung eines privat erworbenen Hundes nachträglich zu legalisieren, nachdem der Hund wegen Fehlens der Erlaubnisvoraussetzungen weggenommen und in einem Tierheim untergebracht worden ist. Andernfalls könnte der Hundehalter, der mit der nicht erlaubten Haltung eines gefährlichen Hundes selber die Ursache dafür gesetzt hat, dass der Hund in ein Tierheim verbracht wird, nach seinem Belieben ein öffentliches Interesse erzeugen. Auf diese Weise würde § 4 Abs. 2 LHundG NRW letztlich bedeutungslos.
15Die von den Antragstellern vorgetragene Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Personen, die mit einem gefährlichen Hund aus einem anderen Bundesland, in welchem keine Erlaubnispflicht besteht, nach Nordrhein-Westfalen ziehen, verfängt nicht. Dies hat das Verwaltungsgericht überzeugend begründet (Seite 3, letzter Absatz des Beschlussabdrucks); die Antragsteller haben dem nichts Durchgreifendes entgegengesetzt.
16Ihr Hinweis, dass sie zu „Q.“ eine emotionale Bindung aufgebaut hätten, führt mangels Entscheidungserheblichkeit ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde betreffend die Untersagungsverfügung.
17b) Die im Wege des Sofortvollzugs erfolgte, u.a. auf § 12 Abs. 1 LHundG NRW gestützte Sicherstellung von „Q.“ ist bei summarischer Prüfung materiell ermessensfehlerhaft. Außer in den Fällen der Haltungsuntersagung, in denen ein Hund gemäß § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW entzogen und seine Abgabe angeordnet werden kann, kommt die Sicherstellung eines Hundes als ordnungsrechtliche Standardmaßnahme nur unter den engeren Voraussetzungen nach § 15 Abs. 1 LHundG NRW i. V. m. § 24 Nr. 13 OBG NRW und § 43 PolG NRW in Betracht. Neben dieser spezielleren Ermächtigung tritt die allgemeine hunderechtliche Generalklausel zurück.
18Vgl. sinngemäß Gesetzesbegründung, LT-Drs. 13/2387, S. 32, wonach die §§ 15 ff. OBG zu beachten sind.
19Eine Sicherstellung kann danach unter anderem erfolgen, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden. Der Begriff der gegenwärtigen Gefahr stellt strengere Anforderungen an die zeitliche Nähe und den Wahrscheinlichkeitsgrad des Schadenseintritts. Gegenwärtig ist eine Gefahr dann, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder unmittelbar bzw. in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1974 - I C 31.72 -, BVerwGE 45, 51, 58.
21Eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit liegt beispielsweise dann vor, wenn jemand einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis hält und auch die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen nicht vorliegen. Aber auch in einer Hundehaltung ohne die erforderliche Erlaubnis liegt für sich gesehen ein schon eingetretener formaler Rechtsverstoß, der eine Sicherstellung rechtfertigen kann. Allerdings verlangt die Formulierung „kann" in § 43 PolG NRW zusätzlich eine Ermessensausübung über ein Einschreiten im Einzelfall, die nach § 40 VwVfG NRW den strengeren Anforderungen des gesetzlichen Tatbestands Rechnung tragen muss. Einer nachvollziehbaren Ermessensausübung bedarf es gerade in Fällen lediglich formaler Rechtsverstöße bei der Hundehaltung, weil aus ihnen nicht notwendig auf eine hohe Wahrscheinlichkeit der Gefährdung für die körperliche Unversehrtheit von Menschen und anderen Tieren geschlossen werden kann. Jedenfalls lassen sich der gesetzlichen Ermächtigung keine Anzeichen dafür entnehmen, bei Fehlen der erforderlichen Erlaubnis sei das Ermessen regelmäßig dahingehend reduziert, dass eine Sicherstellung des Hundes und Unterbringung in einem Tierheim erfolgen müsse.
22Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 5 B 669/12 -, juris, Rn. 15 ff. m. w. N.; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 5 B 212/13 -.
23Genau dies hat vorliegend jedoch die Antragsgegnerin angenommen, indem sie den Hund deshalb sicherstellte, weil „weder ein Sachkundenachweis, Haftpflichtversicherung, Haltungserlaubnis, Kastration u.ä. vorhanden waren“ (vgl. Vermerk vom 15. Januar 2014), obwohl „Q.“ nicht konkret gefährlich in Erscheinung getreten ist (z. B. Beißvorfall, Beinahe-Beißvorfall oder auffallende Aggressivität des Hundes).
24Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin etwaige weniger belastende Alternativen in Erwägung gezogen hat. Derartiges ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß § 15 Abs. 1 LHundG i. V. m. § 15 OBG NRW nötig. Bei Verstößen gegen ein Genehmigungserfordernis bietet sich insbesondere an zu klären, ob eine Erlaubnis kurzfristig erteilt werden kann. Dies liegt gerade dann nahe, wenn der Betroffene signalisiert, er wolle und könne die Erlaubnisvoraussetzungen kurzfristig nachweisen. In derartigen Fällen drängt es sich auf, dem betroffenen Hundehalter hierzu Gelegenheit zu geben, etwa indem gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW eine angemessene Frist eingeräumt wird, innerhalb derer er die erforderliche Erlaubnis beantragen kann. Sofern nicht bereits andere behördliche Erkenntnisse über eine konkret gefährliche Hundehaltung vorliegen, lässt im Allgemeinen erst das anschließende Verhalten des Hundehalters eine hinreichend verlässliche Beurteilung zu, ob mildere Alternativen zu einer vorläufigen Sicherstellung nach § 15 Abs. 1 LHundG NRW i. V. m. § 24 Nr. 13 OBG NRW und § 43 PolG NRW vorhanden sind oder ob nach dem ordnungsbehördlichen Opportunitätsprinzip für die Dauer des Genehmigungsverfahrens von einer Tierheimunterbringung abgesehen werden kann. Auch Gründe des Tierschutzes können dafür sprechen, stattdessen andere Unterbringungsmöglichkeiten bei einer Privatperson in Erwägung zu ziehen.
25Vgl. Art. 20 a GG und Art. 29 a LV NRW sowie Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 2 LHundG NRW, LT-Drs. 13/2387, S. 22; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 5 B 669/12 -, juris, Rn. 18 ff.
26Ob mittlerweile die Entziehung des Hundes „Q.“ auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW angeordnet werden könnte, bedarf keiner Entscheidung.
27Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 2, 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
28Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG.
29Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen.
(2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen oder durch Bezeichnung der einzelnen Beweisfragen ein anderes Gericht um die Beweisaufnahme ersuchen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.