Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 23. Aug. 2011 - 1 M 145/11

bei uns veröffentlicht am23.08.2011

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 29. Juli 2011 – 6 B 726/11 – zu Ziffer 1. des Tenors im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller bis zum 25. August 2011, 12.00 Uhr, eine Sondernutzungserlaubnis für die Anbringung weiterer 28 Plakate im Format DIN A1 zu erteilen und ihm mindestens 14 zusätzliche Aufstellorte zu benennen, an denen der Antragsteller diese Wahlwerbungsplakate anbringen darf.

Dem Antragsgegner wird dabei freigestellt, ob er seinerseits die erforderlichen Plakatflächen – für Einzelplakate oder für mehrere Plakate, auch von anderen Parteien – aufstellt oder dem Antragsteller erlaubt, eigene Plakatflächen zu verwenden.

Soweit dem Antragsteller erlaubt wird, eigene Plakatflächen zu verwenden, darf der Antragsgegner die Sondernutzungserlaubnis mit der Auflage versehen, dass der Antragsteller die betreffende Plakatwerbung innerhalb von zwei Wochen nach dem Wahltag aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu entfernen hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten werden insgesamt gegeneinander aufgehoben.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf im Vorfeld der Landtags- und Kreistagswahlen am 04. September 2011 um einen Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer – weiteren – Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von 97 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Stadtgebiet von Wolgast.

2

Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2011 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner, ihm „über die erlaubten vier Plakate die Anbringung weiterer 115 Plakate zu erlauben“. Mit Bescheid vom 15. Juli 2011 erteilte der Antragsgegner dem Antragsteller auf der Grundlage einer entsprechenden Beschlusslage der Stadtvertretung sinngemäß eine Sondernutzungserlaubnis für die Anbringung von jeweils zwei Plakaten im Format DIN A1 an 11 Standorten, für die die Stadt Wolgast Plakattafeln bereit gestellt hat, die in gleicher Weise allen anderen Parteien oder Wählervereinigungen zur Verfügung stehen. An diesen Standorten sind in zehn Fällen jeweils zwei Plakattafeln, in einem Fall eine einzelne Tafel vorhanden. Die Tafeln können auf Vorder- und Rückseite jeweils mit sechs Plakaten im Format DIN A1 beklebt werden. Im Übrigen lehnte der Antragsgegner sinngemäß den „Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zum Anbringen von 119 Wahlplakaten“ ab.

3

Den daraufhin vom Antragsteller gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm für den Landtags- und Kreistagswahlkampf Mecklenburg-Vorpommern 2011 über die erteilte Sondernutzungserlaubnis hinaus das Anbringen von weiteren 97 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Stadtgebiet von Wolgast zu erlauben, hilfsweise den Antragsteller neu zu bescheiden, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2011 – 6 B 726/11 – abgelehnt.

II.

4

Die fristgemäß eingelegte und begründete (§§ 147 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde des Antragsstellers gegen diesen Beschluss hat nach Maßgabe des Tenors teilweise Erfolg und ist im Übrigen zurückzuweisen.

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§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht – dem Darlegungserfordernis genügend – geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

6

Die Beschwerde ist im Hauptantrag teilweise begründet. Der Antragsteller macht mit seiner Beschwerde, deren Begründung dem Darlegungserfordernis genügt, teilweise zu Recht geltend, dass ihm nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein Anordnungsanspruch zur Seite steht, der ihm nach Maßgabe der nachfolgenden Erwägungen das Recht zur Aufstellung bzw. Anbringung weiterer 28 Plakate im Format DIN A1 bzw. einen Anspruch auf vorläufige Erteilung einer entsprechenden Sondernutzungserlaubnis einräumt. Der darüber hinaus vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch besteht jedoch nicht, insoweit und im Hilfsantrag ist die Beschwerde unbegründet.

7

Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

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Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Er beabsichtigt die Anbringung weiterer Plakattafeln für die am 04. September 2011 stattfindenden Landtags- und Kreistagswahlen. Sein Begehren ist daher eilbedürftig.

9

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass mit einer antragsgemäßen Entscheidung die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde. Das Verbot der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gilt dann nicht, wenn die Versagung der Anordnung zu einem irreparablen Zustand führte und effektiver Rechtsschutz deshalb nur im Anordnungsverfahren gewährt werden kann. Dies ist bei einem Verfahren, in dem eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt, wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall. Diese Voraussetzungen sind auch hier zu bejahen, da der Antragsteller vor dem Wahltag eine Entscheidung in der Hauptsache nicht erhalten kann und im Hinblick auf die bereits laufende „heiße“ Wahlkampfphase über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden ist.

10

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch nach Maßgabe des stattgebenden Tenors glaubhaft gemacht.

11

Das ortsfeste Aufstellen oder Aufhängen von Wahlplakaten im öffentlichen Straßenraum stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StrWG M-V bzw. § 2 der Satzung über die Sondernutzung an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen in der Stadt Wolgast vom 23. November 2001 (www.wolgast.de unter Ortsrecht, Ordnungsamt) dar.

12

Die Benutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf danach der Erlaubnis des Trägers der Straßenbaulast. Die Erlaubnis darf, soweit es sich nicht um Zufahrten im Sinne des § 26 handelt, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Für die Erlaubnis können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 StrWG M-V).

13

Der Träger der Straßenbaulast befindet über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen, welches gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 VwGO überprüft werden kann. Ein strikter, im Wege der einstweiligen Anordnung in Gestalt der Regelungsanordnung durchzusetzender Rechtsanspruch kommt nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten des Antragstellers in Betracht. Es ist allgemein anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes – jedenfalls in den letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin – den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat ein Anspruch darauf zusteht, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im Straßenraum zu betreiben. Dadurch wird in der Regel das Ermessen des Antragsgegners dahingehend eingeschränkt, dass entsprechende Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen sind.

14

Bundesverfassungsrecht gibt nämlich – jedenfalls für den Regelfall – einen Anspruch, der darauf gerichtet ist, eine Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen zu ermöglichen.

15

Die Bedeutung von Wahlen für einen demokratischen Staat (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und die Bedeutung der Parteien für solche Wahlen, wie sie sich aus Art. 21 GG und den §§ 1 f. PartG ergibt, schränken das behördliche Ermessen bei der Entscheidung über die Erlaubnis zum Aufstellen von Wahlplakaten durch Parteien in so erheblichem Umfang ein, dass jedenfalls für den Regelfall – in den nachfolgend dargestellten Grenzen – ein Anspruch einer Partei auf Erlaubnis besteht. Die Sichtwerbung für Wahlen gehört auch aktuell noch zu den Mitteln im Wahlkampf der politischen Parteien und stellt weiterhin einen wichtigen Bestandteil der Vorbereitung demokratischer Wahlen dar, auch wenn ihre Bedeutung insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der elektronischen Medien und moderne Kommunikationsformen in den letzten Jahren zurückgegangen sein dürfte. Die Wahlsichtwerbung als gewissermaßen selbstverständliches Wahlkampfmittel darf daher durch gänzliche oder auch nur weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse grundsätzlich nicht beschnitten werden. Bundesrecht gibt demnach zumindest dem Grunde nach einen Anspruch auf Gestattung der Wahlsichtwerbung durch Parteien (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, BVerwGE 47, 280, und – VII C 43.72 –, BVerwGE 47, 293).

16

Dieser Anspruch besteht jedoch nicht unbeschränkt. Es ist in der Rechtsprechung ebenfalls anerkannt, dass die Gemeinde berechtigt ist, die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet zu beschränken (kritisch dazu Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 27 ff.) und auch bestimmte Standorte – etwa aus Gründen der Verkehrssicherung – auszunehmen. Gleichfalls ist die Gemeinde berechtigt, dafür zu sorgen, dass eine wochenlange Verschandelung und Verschmutzung des Ortsbildes durch so genanntes "wildes Plakatieren" verhindert wird. Der Anspruch auf Gestattung einer Wahlsichtwerbung wird weiter dadurch beschränkt, dass er lediglich auf eine Werbung in einem Umfang gerichtet ist, der für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendig und angemessen ist. Ebenso wenig wie Rundfunk- und Fernsehanstalten verpflichtet sind, Sendezeiten für Wahlsendungen von Parteien unbegrenzt oder in dem von den Parteien für erforderlich gehaltenen Umfang bereitzustellen, braucht eine Gemeinde den Wünschen der Parteien auf Wahlsichtwerbung unbeschränkt Rechnung zu tragen. Der Anspruch der Parteien richtet sich auf eine angemessene Wahlsichtwerbung, ist aber auch auf eine solche beschränkt. In welcher Weise die Gemeinden dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Stellplätzen in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen, ist ihre Sache. Die Gemeinden sind dabei nur insofern eingeengt, als jedenfalls im Ergebnis jeweils angemessene Wahlwerbemöglichkeiten sichergestellt sein müssen, der allgemein in Art. 3 GG sowie speziell für Wahlen und Parteien in Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 GG und in § 5 PartG niedergelegte Gleichheitssatz beachtet und schließlich sonstigen sich aus Bundesverfassungsrecht ergebenden Rechtsgrundsätzen, wie insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Rechnung getragen sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

17

Die verfassungspolitische Unerwünschtheit von Splittergruppen und die Befugnis des Gesetzgebers, der Gefahr einer übermäßigen Aufsplitterung der Stimmen und Parteien bereits bei der Wahl und durch Aufnahme – jedenfalls bei der Landtagswahl – angemessener Sperrklauseln entgegenzuwirken, gibt dabei keine Rechtfertigung, die ohnehin nicht allzu optimistisch zu beurteilende Chance neuer und kleiner Parteien, ein Mandat zu erringen, im Vorfeld, also bei der Wahlvorbereitung und insbesondere der Wahlwerbung, zusätzlich zu reduzieren. Dies gilt vor allem für eine Wahlwerbung, die – wie die Plakatwerbung – verhältnismäßig billig, also auch für kleine und finanzschwache Parteien erschwinglich ist, aber einen nicht unerheblichen personellen Einsatz erfordert. Um die bestehenden Verhältnisse nicht durch die Beschränkung der Wahlwerbungsmöglichkeiten zu verfestigen, sind den einzelnen Parteien und Wählergruppen mindestens 5% der Gesamtzahl der Plakatierungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus kann sich die Verteilung nach dem Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit des § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG an der Bedeutung der Partei, insbesondere an deren letzten Wahlergebnissen bemessen. Jedoch ist kleineren Parteien und Wählergruppen im Verhältnis zu den großen Parteien grundsätzlich eine überproportionale, großzügig bemessene Mindestzahl an Plakatstellplätzen zuzuerkennen, während diese Zahl bei den großen Parteien entsprechend zu kürzen ist, damit diese nicht schon durch die bloße Menge der Plakate der großen Parteien ohne Wirkung bleiben. Die zulässige Grenze ist dabei überschritten, wenn der größten Partei mehr als etwa das Vier- bis Fünffache an Stellplätzen eingeräumt wird als der kleinsten Partei (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.). Nach anderer Auffassung sollen allerdings die hinsichtlich der Wahlwerbesendungen im Rundfunk entwickelten Grundsätze auf die Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen und Plätzen nicht übertragbar sein, es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, den Parteien zum Zwecke der Wahrung staatlicher Wettbewerbsneutralität eine nach Maßgabe der Bedeutung der Parteien abgestufte Zahl von Stellplätzen zuzuweisen (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28).

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Was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung zu sehen ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen den Parteien jeweils eine nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird, um ihnen wirksame Wahlpropaganda zu ermöglichen. Insoweit ist auch nach der Art der Wahl, der Größe der Gemeinde und danach zu differenzieren, wie groß die Zahl der Parteien und Wählervereinigungen ist, die an der Wahl teilnehmen. Die Werbewirksamkeit eines Aufstellungsortes wird dabei durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt, wie z. B. die Beschaffenheit seines näheren Umfeldes etwa im Hinblick auf sonstige Werbung. Die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten beurteilt sich demgemäß danach, ob im Hinblick auf die Anzahl der an der Wahl teilnehmenden Parteien und Wählergruppen eine ausreichende Anzahl von Plakatierungsmöglichkeiten insgesamt zugelassen wird, sowie danach, ob die Gesamtzahl der Plakatierungen in einem angemessenen Verhältnis auf die einzelnen Parteien und Wählergruppen verteilt worden ist (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

19

Die Plakatierungsmöglichkeiten müssen hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen "gewissermaßen flächendeckend" Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 18.08.2009 – 14 L 842/09 –, juris; VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; Sauthoff, in: Sauthoff/Witting, StrWG M-V, Stand: Oktober 2010, § 22 Rn. 24).

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Das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung wird in der Rechtsprechung teilweise dahingehend konkretisiert, dass die nötige Selbstdarstellung jedenfalls dann noch gewährleistet sein soll, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, wenn – jedenfalls in Großstädten – ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner (für alle Parteien) zur Verfügung stehe (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.1998 – 14 L 2689/98 –, NWVBl 99, 106 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O.). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller an zwei Wahlen teilnimmt, sowie der Mindestquote von 5 % der bereitgestellten Plätze für kleine Parteien hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner dem Antragsteller nach diesem Maßstab ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 12.000 mit 22 Plakatierungsmöglichkeiten gemäß dem Konzept des Antragsgegners ausreichend Werbeflächen zur Verfügung gestellt hätte und dann kein weitergehender Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis bestünde.

21

Demgegenüber wird – worauf sich der Antragsteller beruft – jedoch auch vertreten, dass jeder kandidierenden politischen Partei ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner zur Verfügung stehen müsse (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 – 8 G 335/01 –, NVwZ-RR 2001, 417 – zitiert nach juris). Legte man diesen Maßstab zugrunde, hätte der Antragsteller jedenfalls einen Anordnungsanspruch im Umfang der von ihm zusätzlich beanspruchten 97 Plakatierungsmöglichkeiten.

22

Noch weitergehender wird in der Literatur der Standpunkt eingenommen, solange mit der Sichtwerbung keine Gefahren für andere Rechtsgüter einhergingen, sei es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, die Aufstellung von Plakatständern zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Parteien zu reglementieren (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28 f.; vgl. ähnlich OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

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Das Verwaltungsgericht hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass auch gerichtliche Entscheidungen vorliegen, denen Aufstellungsort/Einwohnerzahlquoten zugrunde lagen, die zwischen den vorstehend genannten Eckpunkten liegen (vgl. auch OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 , das eine Quote von einem Plakat pro 50 Einwohner verwirft, weil für die entsprechende rechnerische Ableitung keine tragfähigen Sachgründe benannt worden seien).

24

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die gerichtliche Überprüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Wahlwerbemöglichkeiten für die Parteien gewahrt ist, nicht auf die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne reduziert werden darf, sondern die Umstände des Einzelfalles umfassend – nach Maßgabe des Prüfungsmaßstabes des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – in den Blick zu nehmen hat (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris). Dabei sind auch veränderte Rahmenbedingungen, etwa eine Änderung des Kommunalwahlrechts durch Wegfall von Sperrklauseln, neuartige Möglichkeiten der Werbung (z. B. Internet) oder Erscheinungen wie eine vielfach beklagte „Reizüberflutung“ zu beachten. Nach diesen Umständen des Einzelfalles ist zu beurteilen, ob jeweils ein nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessenes Mindestmaß an Werbemöglichkeit eingeräumt ist bzw. eine wirksame Wahlpropaganda ermöglicht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., Rn. 13, 22); diese materiellen Anforderungen bilden den maßgeblichen materiellen Maßstab. Die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne stellt sich lediglich als ein beachtliches, auf diesen materiellen Maßstab bezogenes Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar.

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Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Antragsteller an zwei Wahlen teilnimmt, die zeitgleich stattfinden. Der Senat folgt dem Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass dem Antragsteller für beide Wahlen angemessene Wahlwerbemöglichkeiten eingeräumt werden müssen. Demnach ist davon auszugehen, dass von den dem Antragsteller nach dem Konzept des Antragsgegners zugebilligten 22 Plakatierungsmöglichkeiten jeweils die eine Hälfte auf die Landtagswahl, die andere Hälfte auf die Kreistagswahl entfällt. Pro Wahl darf der Antragsteller folglich nur 11 Plakate im Format DIN A 1 anbringen. Diese Zahl ist im Ergebnis der folgenden Gesamtbetrachtung zu niedrig und gewährleistet nicht das erforderliche Mindestmaß an Wahlsichtwerbung. Die entsprechende Beschränkung der Wahlsichtwerbung durch den Antragsgegner ist ermessensfehlerhaft, seine Ermessensausübung steht im Widerspruch zum Zweck des ihm durch das Gesetz eingeräumten Ermessens und berücksichtigt nicht die nach Lage der Dinge in seine Ermessensausübung einzustellenden Belange.

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Unter dem Blickwinkel der Werbewirksamkeit und Reichweite einer Wahlsichtwerbung durch Plakate liegt es nahe, die Fläche und Bevölkerungsdichte in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Dafür spricht auch die Überlegung, dass das Wahlwerbungskonzept des Antragsgegners weniger auf einen Einwohnerbezug bzw. eine Relation zur Zahl der Einwohner der Stadt Wolgast gründet, sondern einem eher flächenbezogenen Ansatz der Verteilung der gemeindeeigenen Plakattafeln im Stadtgebiet folgt. Es liegt auf der Hand, dass der Werbeeffekt umso größer ist, je höher die Wahrscheinlichkeit ist, dass Personen die Werbung zur Kenntnis nehmen werden. Diese Wahrscheinlichkeit hängt auch von der Bevölkerungsdichte des Gebietes ab, in dem die Wahlsichtwerbung erfolgt. Ausgehend von einer flächenmäßigen Ausdehnung der Stadt Wolgast von 19,2 km² (nach http://sisonline.statistik.m-v.de/orte/2291/Wolgast_Stadt; vgl. auch wikipedia) stünde demnach – losgelöst von den von der Stadt vorgegebenen Aufstellungsorten – pro Wahl noch nicht einmal auf einem km² ein Plakat des Antragstellers (Quote: 1 Plakat auf 1,75 km²). Dieser Gesichtspunkt gewinnt an Gewicht, betrachtet man die Bevölkerungsdichte von Wolgast, die ausgehend von 11.970 Einwohnern (vgl. http://sisonline.statistik.m-v.de/orte/2291/Wolgast_Stadt, Stand: 31.12.2009) 623 Einwohner je km² beträgt. Denn demgegenüber beträgt z. B. die Bevölkerungsdichte von Bochum – die Zahl der Aufstellorte in der Stadt Bochum zur Landtagswahl 1970 im Stadtgebiet Bochum war Gegenstand des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 1974, Az. VII C 43.72 (a. a. O.) – ähnlich wie im Jahr 1970 im Jahr 2009 2.532 je km² (Quelle: www.bochum.de), also mehr als das Vierfache. Mit anderen Worten hatte dort ein Wahlplakat pro km² bezogen auf die Zahl möglicher Adressaten grob gesagt die vierfache Reichweite bzw. Werbewirksamkeit wie in Wolgast. Ob und wie Fläche und Bevölkerungsdichte bei Betrachtung ländlicher Gemeinden in die Betrachtung einzugehen haben, bedarf vorliegend keiner Vertiefung; jedoch dürften insoweit grundsätzlich im Wesentlichen die jeweiligen Orte mit der entsprechenden bebauten Fläche zu berücksichtigen sein, ggf. auch die Zahl der Ortsteile oder besondere Eigenheiten der Ortsstruktur.

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Dennoch hatte das Bundesverwaltungsgericht in der damals entschiedenen Sache die Auffassung der Vorinstanz bestätigt, dass die Zahl von 4.140 Werbeflächen insgesamt und von 295 Werbeflächen für die damals klagende Partei nicht ausreichend gewesen sei, obwohl bei einer Fläche von 145,40 km² im Jahr 2009 (Quelle: www.bochum.de) etwa 28 Werbeflächen pro km² für alle Parteien bzw. bei sechs zugelassenen Parteien rechnerisch für jede 4 bis 5 Flächen zur Verfügung gestanden hätten. Der damals klagenden Partei waren von der Behörde insoweit immerhin etwa 2 Flächen pro km² zugebilligt worden, also das drei- bis vierfache dessen, was dem Antragsteller eingeräumt worden ist.

28

Im Hinblick auf die Gesamtzahl der vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Plakatwände hat dieser bestätigt, dass an 10 Standorten 24 Plakate und an einem Standort 12 Plakate im Format DIN A1 (maximal) geklebt werden können. Da der Antragsgegner damit rechnen muss, dass die nach seinem Konzept maximal zulässige Plakatgröße DIN A1 von allen Parteien oder Wählervereinigungen ausgenutzt wird, errechnet sich eine Gesamtzahl von 252 Werbeflächen bzw. von rund 13 Werbeflächen pro km² für alle Parteien. Berücksichtigt man weiter den Umstand, dass jedenfalls zwei Wahlen stattfinden, an denen der Antragsteller teilnimmt, reduziert sich diese Zahl wahlbezogen entsprechend. Das bedeutet, dass in Wolgast im Vergleich zu der damaligen Situation in Bochum gerade ein Viertel der dortigen Zahl an Werbeflächen zur Verfügung steht und gleichzeitig – wie ausgeführt – bezogen auf die Bevölkerungsdichte die Reichweite bzw. Werbewirksamkeit der einzelnen Werbefläche in ähnlicher Weise reduziert ist.

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Dieser Sachverhalt wird durch folgenden Gesichtspunkt noch verschärft: Hinsichtlich der Zahl der durch Werbeflächen erreichten Personen/Wähler liegt es auf der Hand, dass es einen Unterschied macht, ob die 252 Werbeflächen z. B. an einem einzigen Ort konzentriert oder auf 252 Einzelstandorte über das Stadtgebiet verteilt werden. Dies gilt entsprechend für die einer Partei zugebilligten Werbeflächen. Im ersten Fall kann offensichtlich nicht von einer flächendeckenden Wahlwerbung gesprochen werden. In der Tendenz ist ungeachtet der Relevanz anderer Faktoren insoweit die Aussage zulässig, dass die Reichweite bzw. Wirksamkeit einer Wahlwerbung durch Plakate sinkt, je stärker die Werbeflächen standortbezogen konzentriert werden. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass eine entsprechende Standortkonzentration einen gezielt gegen einzelne oder alle Parteien gerichteten Vandalismus, wie er in den letzten Jahren zu verzeichnen ist, faktisch erleichtern kann. Insbesondere kleineren Parteien mit vergleichsweise eingeschränkten Mitteln dürfte es in einer solchen Situation schwer fallen, immer wieder nachzuplakatieren. Umso größer wird die Gefahr, dass sie mit ihrer Wahlwerbung nahezu vollständig untergehen.

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Nimmt man im Weiteren die Aufstellorte der von der Stadt angebotenen Plakatwände in den Blick, verteilen sich diese eher ungleichmäßig über das Stadtgebiet; größere Flächen des Stadtgebiets bleiben einer Wahlwerbung durch den Antragsteller – und andere Parteien – verschlossen.

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Eine Zahl von nur 11 Plakatstandorten dürfte auch zwischen den zahlreichen sonstigen, insbesondere gewerblichen Werbeflächen „untergehen“. Schon auf den vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Lichtbildern der Plakatständer sind eine Vielzahl anderweitiger Plakatierungen und Werbeträger – insbesondere auch an Laternenmasten – selbst im nächsten Umfeld der betreffenden Plakatwände erkennbar, die offensichtlich geeignet sind, von der Wahlwerbung abzulenken.

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Da neben den Plakaten des Antragstellers auf den von der Stadt angebotenen Plakatwänden auch zahlreiche Plakate anderer Parteien bzw. der Kandidaten für die Landratswahl zu erwarten sind, dürfte es den Passanten und insbesondere solchen in vorbeifahrenden PKW kaum möglich sein, die Vielzahl der Plakate und der in ihnen enthaltenen Aussagen insbesondere bezogen auf die drei Wahlen differenziert zur Kenntnis zu nehmen. Auch dies dürfte den Effekt haben, dass die Wahlwerbung insbesondere des Antragstellers unterzugehen droht.

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Schließlich gewinnt der Umstand Bedeutung, dass die Gesamtzahl der vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Plakatierungsmöglichkeiten seinem eigenen Konzept nicht gerecht werden dürfte, demzufolge jede Partei oder Wählervereinigung maximal zwei Plakate pro Standort anbringen können soll bei einer maximalen Größe von DIN A1. Der Antragsgegner muss damit rechnen, dass die maximale Plakatgröße von allen Parteien oder Wählervereinigungen ausgenutzt wird. Demnach könnten pro Doppelplakattafel 24 Plakate angebracht werden. Am 04. September 2011 treten aber bei der Landtagswahl 16 und bei der Kreistagswahl 10 Parteien bzw. Wählervereinigungen an. Wenn alle diese Parteien bzw. Wählervereinigungen entsprechend zwei Plakatflächen pro Standort in Anspruch nehmen wollten, wären die angebotenen Plakatwände offensichtlich bei weitem nicht ausreichend; selbst wenn jede Partei hinsichtlich der Wahl, an der sie teilnimmt, lediglich ein Plakat im Format DIN A1 aufhängen wollte, würden 26 Plakatflächen benötigt und die aufgestellten Plakattafeln nicht ausreichend sein. Dies gilt in gesteigertem Maße, wenn die für die Direktwahl des Landesrats bzw. der Landrätin antretenden vier Einzelbewerber/innen berücksichtigt werden, die den gleichen Anspruch haben dürften. Demnach dürfte unter diesem Blickwinkel schon nach dem eigenen Konzept des Antragsgegners für die Wahlen am 04. September 2011 keine ausreichende Gesamtanzahl an Werbeflächen vorhanden sein.

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Jedenfalls in der Summe vermitteln diese Gesichtspunkte dem Senat nach summarischer Prüfung den Eindruck, dass die Gesamtzahl bzw. die Zahl der dem Antragsteller erlaubten Wahlplakate keine flächendeckende bzw. angemessene Werbewirkung entfalten kann. Der Vortrag des Antragsgegners, es handele sich bei den Plakatstandorten um mit Parteivertretern abgestimmte, „prädestinierte“ Standorte, kann diesen Eindruck nicht durchgreifend in Frage stellen.

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Weder dem Bescheid des Antragsgegners noch dem Schreiben des Amtes Amt Peenestrom vom 11. April 2011 lassen sich zudem substantiell konkrete Gesichtspunkte im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen, die mit Blick auf den dem Grunde nach bestehenden Regelanspruch auf Zulassung der Sichtwerbung hinreichend geeignet wären, ermessensfehlerfrei zum einen die Beschränkung auf 11 vorgegebene Plakatstandorte bzw. 22 Plakate im Format DIN A1 zu rechtfertigen und zum anderen eine weitergehende Plakatierung auszuschließen. Die dortigen Ausführungen zur Motivation der Wahlwerbungsbeschränkung erschöpfen sich in pauschalen Befürchtungen betreffend eine „wochen- und monatelange ausgeuferte und verwilderte Plakatwerbung“ und eine „massive Überfrachtung des öffentlichen Verkehrsraumes“, die insbesondere für „benachteiligte Verkehrsteilnehmer wie Schüler und Senioren erhebliche Gefahren“ bewirke. Ebenso pauschal ist der Hinweis auf eine Beeinträchtigung des Denkmalschutzes im Stadtgebiet. Das gerichtliche Vorbringen des Antragsgegners wiederholt im Wesentlichen lediglich diese Ausführungen; soweit ergänzend eine Beeinträchtigung des Tourismus und des „Kleinstadtflairs“ angesprochen ist, gilt das Vorgesagte. Mit alledem sind keine tragfähigen Sachgründe benannt worden, die es rechtfertigen bzw. als ermessensfehlerfreie Entscheidung erscheinen lassen könnten, die Wahlwerbung des Antragstellers wie geschehen zu beschneiden (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

36

Zu beachten ist zudem, dass der Antragsteller geltend macht, die Plakatwerbung sei gewissermaßen das „Werbemittel seiner Wahl“. Insoweit würde ihn die Werbebeschränkung des Antragsgegners in besonderer Weise treffen. Dass es sich insoweit um einen beachtlichen Gesichtspunkt handelt, hat bereits das Bundesverwaltungsgericht deutlich gemacht. Generell ist davon auszugehen, dass es in erster Linie Sache der Parteien ist, die Art und den Stil ihrer Wahlpropaganda zu bestimmen. Das beinhaltet, dass die Präferenzen, die einzelne Parteien in Bezug auf die Wahlsichtwerbung pflegen, in die Erwägungen über die Bildung einer Obergrenze einzustellen sind. Das Straßenrecht ist kein Instrument, um gezielt auf die Wahlkampfführung einzuwirken (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, a. a. O.).

37

Nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist nach alledem davon auszugehen, dass die dem Antragsteller zur Verfügung gestellten Werbe- bzw. Plakatflächen nicht dem erforderlichen Mindestmaß für kleine Parteien entsprechen. Ab welcher Zahl von Plakatflächen dieses Mindestmaß bzw. eine angemessene Wahlsichtwerbung für den Antragsteller sichergestellt wäre, entzieht sich jedenfalls im Eilverfahren einer konkreten Bestimmung. Insoweit ist die Zahl der vom Antragsteller nutzbaren Plakatflächen bzw. Plakatstandorte maßvoll in dem Sinne zu erhöhen, dass eine flächendeckende Wahlwerbung möglich erscheint bzw. ein entsprechendes Mindestmaß an Werbewirkung erreicht wird; entsprechend ist das Ermessen des Antragsgegner reduziert. Nach Auffassung des Senats kann dieses Mindestmaß im Falle der Stadt Wolgast im Ergebnis der vorgenommenen Gesamtbetrachtung für Landtags- und Kommunalwahl mit insgesamt 50 Plakatflächen im Format DIN A1 bestimmt werden, die der Antragsteller beanspruchen kann. Diese Zahl wäre im Übrigen auch fast erreicht, würde man dem Antragsteller auf der Basis des Konzepts des Antragsgegners pro Wahl jeweils 22, also insgesamt 44 Plakate zubilligen. Zusätzlich zu den bereits sinngemäß genehmigten 22 Flächen kann der Antragsteller demzufolge weitere 28 Plakatflächen – dem Konzept des Antragsgegners, an einem Standort maximal 2 Plakate anbringen zu dürfen, folgend – an mindestens 14 Einzelstandorten und die Erteilung einer entsprechenden Sondernutzungserlaubnis beanspruchen; die Zahl der Standorte erhöht sich entsprechend, wenn der Antragsgegner an einzelnen Standorten nur die Anbringung eines einzelnen Plakats zulässt.

38

Die gerichtliche Zubilligung weiterer Plakatierungsmöglichkeiten zieht keine Verletzung der gebotenen Chancengleichheit anderer Parteien nach sich. Denn den konkurrierenden Parteien ist und war es unbenommen, ebenso wie der Antragsteller die Zulassung – über das vom Antragsgegner zugestandene Kontingent hinausgehend – zusätzlicher (eigener) Wahltafeln für ihre Kandidatinnen und Kandidaten zu beantragen. Dass sie dies offenbar bisher nicht getan haben, kann nicht den Anspruch des Antragstellers verkürzen (vgl. VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 30.03.2010 – 14 L 295/2010 –, juris).

39

Da die Befugnis der Stadt Wolgast zu berücksichtigen ist, unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens Vorgaben hinsichtlich der Plakatstandorte machen zu dürfen, geht der Anspruch des Antragstellers dahin, dass der Antragsgegner ihm entsprechende Aufstellungsorte in der Sondernutzungserlaubnis benennt. Der Antragsgegner hat dabei den Anspruch des Antragstellers auf eine möglichst flächendeckende Wahlsichtwerbung in allen neun „Wahlbezirken“, wie sie unter www.wolgast.de (dort unter Rathaus/Wahlen/Weitere Informationen/Karte Wahlbereiche) dokumentiert sind, zu beachten und eine entsprechende Verteilung der Standorte vorzunehmen.

40

Dem Antragsgegner wird zudem freigestellt, ob er seinerseits die erforderlichen Plakatierungsflächen – für Einzelplakate oder für mehrere Plakate, auch von anderen Parteien – aufstellt oder dem Antragsteller erlaubt, eigene Plakatierungsflächen zu verwenden. Soweit dem Antragsteller erlaubt wird, eigene Plakatflächen zu verwenden bzw. aufzustellen, kann die Sondernutzungserlaubnis mit der Auflage versehen werden, die betreffende Plakatwerbung innerhalb von zwei Wochen nach dem Wahltag aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu entfernen (vgl. Erlass „Lautsprecher und Plakatwerbung aus Anlass von Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern“ vom 17.08.1994 – V 690.55.1-1-4-7 –, AmtsBl. M-V 1994, S. 899).

41

Da bis zu den Wahlen nur kurze Zeit verbleibt, ist dem Antragsgegner für die Benennung der zusätzlichen Aufstellorte und die Erteilung der entsprechenden Sondernutzungserlaubnis die aus dem Tenor ersichtliche Frist zu setzen.

42

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass der weitergehende Hauptantrag des Antragstellers ebenso wie sein Hilfsantrag keinen Erfolg haben kann.

43

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

44

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 52 Abs. 1 u. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 47 GKG und berücksichtigt den Umstand der Vorwegnahme der Hauptsache.

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(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt, sollen alle Parteien gleichbehandelt werden. Der Umfang der Gewährung kann nach der Bedeutung der Parteien bis zu dem für die Erreichung ihres Zweckes erforderlichen Mindestmaß abgestuft werden. Die Bedeutung der Parteien bemißt sich insbesondere auch nach den Ergebnissen vorausgegangener Wahlen zu Volksvertretungen. Für eine Partei, die im Bundestag in Fraktionsstärke vertreten ist, muß der Umfang der Gewährung mindestens halb so groß wie für jede andere Partei sein.

(2) Für die Gewährung öffentlicher Leistungen in Zusammenhang mit einer Wahl gilt Absatz 1 während der Dauer des Wahlkampfes nur für Parteien, die Wahlvorschläge eingereicht haben.

(3) Öffentliche Leistungen nach Absatz 1 können an bestimmte sachliche, von allen Parteien zu erfüllende Voraussetzungen gebunden werden.

(4) Der Vierte Abschnitt bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.