Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 17. Okt. 2017 - 1 LB 137/11

bei uns veröffentlicht am17.10.2017

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 18. März 2011 – 2 A 62/09 – wie folgt abgeändert:

1. Die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen des Beklagten gegen den Kläger vom 1. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2008, Az. 11-200-sch, wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Aufhebung der Anordnung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung.

2

Mit Verfügung vom 1. April 2008 ordnete die Polizei erkennungsdienstliche Maßnahmen gegen den Kläger gem. § 81 b 2. Alt. StPO an. Anlass dieser Anordnung war ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffengesetz (Az.: StA Nbdbg 711 Js 2751/08). Im Zuge dieses Strafverfahrens erfolgte auf Grund eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts eine Wohnungsdurchsuchung beim Kläger. Dem Kläger wurde vorgeworfen, gemeinsam mit einem Mittäter an einer Schlägerei vor einer Diskothek beteiligt gewesen zu sein. Er soll mit geballten Fäusten und einem Schlagring auf den Geschädigten eingeschlagen und mit beschuhten Füßen mehrfach auf den Körper eingetreten haben.

3

Am 7. April 2008 legte der Kläger Widerspruch gegen die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ein und stellte einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Im gerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren vor dem Verwaltungsgericht Greifswald (Az.: 2 B 831/08) stellte der Beklagte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder her, nachdem der Kläger Akteneinsicht in die Telefonüberwachungsprotokolle beantragt hatte und der Beklagte dem nicht nachkommen wollte.

4

Mit Beschluss vom 24. Juni 2008 hob das Landgericht Neubrandenburg (Az.: 8 QS 117/08, 8 QS 135/08, 8 QS 136/08) auf die Beschwerde des Klägers den amtsgerichtlichen Durchsuchungsbeschluss im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger auf und führte zur Begründung aus, es bestünde kein Anfangsverdacht gegen den Kläger. Es läge vielmehr ein bloßes Gerücht und vage Verdächtigungen vor, die auf einem Gespräch zweier Personen beruhten.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2008 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen mit der Begründung zurück, der Kläger sei bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Hierzu listete der Beklagte Ermittlungsverfahren gegen den Kläger seit dem Jahr 2001 auf.

6

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 18. Dezember 2008 hat der Kläger am 14. Januar 2009 gegen den Anordnungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids Klage beim Verwaltungsgericht erhoben. Er ist der Ansicht, die Voraussetzungen für die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen gem. § 81 b 2. Alt. StPO lägen nicht vor. Im Verfahren zum Az.: 711 Js 2751/08 fehle bereits ein Anfangsverdacht. Hierzu verweist der Kläger auf das Verfahren beim Landgericht Neubrandenburg. Es sei zu erwarten, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger zeitnah nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt werde. Die weiteren im Widerspruchsbescheid aufgeführten Verfahren dürften ebenfalls vollständig oder nahezu vollständig gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden seien. Es bestehe keinerlei öffentliches Interesse bzw. Grund oder Anlass die angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung durchzuführen.

7

Das Strafverfahren gegen den Kläger (Az.: 711 Js 2751/08) wurde im Laufe des erstinstanzlichen Verwaltungsprozesses durch die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

8

Der Beklagte hat an der Begründung seines Widerspruchsbescheides festgehalten und in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 18. März 2011 Erklärungen zu weiteren Ermittlungsverfahren gegen den Kläger aus den Jahren 2010 und 2011 abgegeben.

9

Mit Urteil vom 18. März 2011 hat das Verwaltungsgericht Greifswald – 2 A 62/09 – die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen zu präventiv-polizeilichen Zwecken ihre Rechtsgrundlage in § 81 b 2. Alt. StPO finde. Nach dieser Vorschrift dürften Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten angefertigt werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig sei. Der Kläger sei zum Zeitpunkt des Erlasses des streitbefangenen Bescheides Beschuldigter eines Strafverfahrens und damit zulässiger Adressat der angefochtenen Maßnahme gewesen. Der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens durch Einstellung, Verurteilung oder Freispruch lasse die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen unberührt. Anlass für die Anordnung des Beklagten sei das gegen den Kläger wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz eingeleitete Ermittlungsverfahren aus dem Jahr 2008 gewesen, das gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei. Vorliegend sei der Tatverdacht gegen den Kläger – soweit die Anlasstat betroffen gewesen sei – ausweislich der staatsanwaltschaftlichen Abschlussverfügung vom 18. Juli 2008 nicht vollständig entfallen. Ein „Restverdacht“ bleibe bestehen. Es seien – so gehe es aus der bezeichneten Verfügung hervor – keine weiteren Ermittlungsansätze ersichtlich, wie die Beschuldigten der Tat noch überführt werden könnten. Der Geschädigte könne keine weiteren Angaben zu den Tätern machen. Zeugen seien nicht bekannt. Dies bedeute nicht, dass der Kläger nach Ansicht der Staatsanwaltschaft unschuldig sei. Zwar habe das Landgericht Neubrandenburg durch Beschluss vom 24. Juni 2008 die gegen die Wohnungsdurchsuchung gerichteten Beschwerden für begründet gehalten und den Anfangsverdacht verneint, weil keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Straftat vorgelegen hätten. Die erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81 b 2. Alt. StPO setze jedoch mit der Bezugnahme auf den Begriff des „Beschuldigten“ lediglich die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach § 152 Abs. 2 StPO voraus. Die erkennungsdienstliche Behandlung sei vorliegend für die Zwecke des Erkennungsdienstes auch notwendig. Für die Beurteilung der Notwendigkeit komme es nicht nur auf den Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung, sondern auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Vornahme dieser Maßnahme an. Maßgeblich sei deshalb die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Bei der Prognose, ob eine Wiederholungsgefahr vorliege, könne ein Tatvorwurf auch hinsichtlich der Anlasstat – selbst dann berücksichtigt werden, wenn das Ermittlungsverfahren nach § 153 ff. StPO oder § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei. Denn dieser Umstand stehe einer Bewertung des zugrundeliegenden „Anfangsverdachtes“ sowie des Ermittlungsergebnisses nach den Maßstäben kriminalistischer Erfahrungen nicht entgegen. Vielmehr sei unter Würdigung der gesamten Umstände des Falls die Frage zu beantworten, ob mit der Einstellung des Strafverfahrens der Tatverdacht gegen den Beteiligten vollständig entfallen sei oder ob ein „Restverdacht“ gegeben sei. Weshalb begründete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Beteiligte auch in Zukunft Anlass zu polizeilichen Ermittlungen geben könne. Ein solcher Restverdacht bestehe. Die weiteren gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren seien durch den Beklagten einbezogen worden. Diese Vorgänge bekräftigen die Annahme der polizeilichen Einschätzung, dass aus kriminalpolizeilicher Sicht damit zu rechnen sei, dass auch in Zukunft strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger geführt werden müssten.

10

Nach Zustellung des Urteils am 23. März 2011 hat der Kläger am 19. April 2011 einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, den er am 19. Mai 2011 begründet hat.

11

Mit Beschluss vom 8. März 2017 hat der Senat die Berufung des Klägers zugelassen. Nach Zustellung des Beschlusses am 3. April 2017 hat der Kläger mit Schriftsätzen vom 2. Mai 2017 und vom 6. Juni 2017 die Berufung rechtzeitig begründet.

12

Der Kläger hält an seinem erstinstanzlichen Vortrag fest und hebt insbesondere hervor, dass zwar grundsätzlich frühere und später hinzugekommene Strafverfahren in die Prognose der Wiederholungsgefahr mit einbezogen werden dürften, jedoch ersetzten diese nicht die Prüfung und Feststellung, dass die Wiederholungsgefahr sich zumindest auch aus dem Anlassverfahren ergeben müssten.

13

Der Kläger beantragt,

14

das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald, Az.: 2 A 62/09, vom 18. März 2011 zu ändern und die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen des Beklagten vom 1. April 2008 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2008 aufzuheben.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Der Beklagte ist der Ansicht, es bestehe trotz der Einstellung der Anlasstat nach § 170 Abs. 2 StPO ein Restverdacht. Der Kläger sei anhand von Beweismitteln, hier Zeugenaussagen etc., zunächst ernsthaft als Täter in Betracht gekommen. Aufgrund der unzureichenden Tatbeschreibung des Geschädigten hinsichtlich Tatvorgang etc. sei das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Darüber hinaus führt der Beklagte weiter zu den nach der Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahme erhobenen Tatvorwürfen aus. Insbesondere in dem gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellten Verfahren zum Nachteil des Geschädigten H... habe der Tatverdacht nicht ausgeräumt werden können (StA Nbdbg. 749 Js 8556/09 Nötigung § 240 StGB und Bedrohung § 241 StGB). Zudem listet der Beklagte eine Vielzahl weiterer noch offener strafrechtlicher Ermittlungsverfahren gegen den Kläger auf.

18

Der Berichterstatter hatte mit Schreiben vom 9. März 2016 bei der Staatsanwaltschaft Neubrandenburg die Strafakte z. Az.: 711 Js 2751/08 angefordert. Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg mit Schreiben vom 16. März 2016 mitgeteilt, dass die Akten dieses Verfahren bereits vernichtet worden sei.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

20

Die vom Senat zugelassene Berufung ist zulässig; insbesondere rechtzeitig begründet worden.

II.

21

Die Berufung ist auch begründet. Die Anfechtungsklage des Klägers ist zulässig und begründet. Die angefochtene Anordnung zur erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers gemäß § 81b 2. Alt. StPO vom 1. April 2008 (084300/000011/03/07) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2008 (11-200-sch) ist rechtwidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Bescheide und das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts waren deshalb aufzuheben.

22

§ 81b StPO lautet:

23

Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden.

24

Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm liegen nicht vor.

25

1. Zum Zeitpunkt der Anordnung – und zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides – war der Kläger zwar noch Beschuldigter der sog. Anlasstat. Das deshalb geführte strafrechtliche Ermittlungsverfahren (StA Nbdbg. Az.: 711 Js 2751/08) wurde erst im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Klagverfahrens gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

26

Dass der Betroffene im strafrechtlichen Verfahren freigesprochen oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wurde, lässt die Anordnung der Maßnahme nicht rechtswidrig werden. Die Beschuldigteneigenschaft muss nicht bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung fortbestehen. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern reicht es aus, wenn die Beschuldigteneigenschaft des von der Anordnung Betroffenen zum Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahme bestanden hat (OVG M-V, Urt. v. 25.11.2015 – 3 L 146/13 –, juris Rn. 51), sie muss insbesondere nicht auch noch zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vorhanden gewesen sein.

27

2. Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen war jedoch nicht notwendig.

28

Die Notwendigkeit im Sinne von § 81b StPO bestimmt sich danach, ob der Sachverhalt, der anlässlich des gegen den Beschuldigten gerichteten Strafverfahrens festgestellt wurde, nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Beschuldigte in den Kreis Verdächtiger einer noch aufzuklärenden anderen strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen fördern könnten. Den Ermittlungsbehörden kommt bei diesem Wahrscheinlichkeitsurteil über das künftige Verhalten des Betroffenen ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 31.08.2010 – 11 ME 288/10 –, juris Rn. 5; OVG Magdeburg, Urt. v. 18.08.2010 – 3 L 372/09 –, juris Rn. 46). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich insoweit darauf, ob die Prognose auf zutreffender Tatsachengrundlage beruht und ob sie nach gegenwärtiger Sach- und Rechtslage unter Einbeziehung des kriminalistischen Erfahrungswissens sachgerecht und vertretbar ist (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 20.04.2016 – 3 A 187/15 –, juris Rn. 22).

29

Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat dazu bereits entschieden, dass ein bloßer Verweis auf die (nicht mehr bestehende) Beschuldigteneigenschaft nicht ausreicht, um die Notwendigkeit der Maßnahmen zu begründen. Vielmehr muss die Behörde ihre Erwägungen darauf abstellen, ob trotz der Einstellung des Strafverfahrens oder des Freispruchs die Maßnahmen (weiterhin) anzuordnen sind, weil ein Restverdacht geblieben ist. Der Betroffene darf nicht bereits deshalb als potenzieller Rechtsbrecher behandelt werden, weil er sich irgendwie verdächtig gemacht hat oder angezeigt worden ist. Die Behörde hat ihrer Entscheidung den festgestellten Sachverhalt aus dem Strafverfahren zugrunde zu legen. Hat das Strafgericht beispielsweise den Beschuldigten freigesprochen, weil (positiv) festgestellt worden ist, dass er sich nicht am Tatort aufgehalten hat, darf sie sich nicht auf die Beschuldigteneigenschaft zurückziehen. In einem solchen Fall fehlt es an einem Verdacht der Begehung einer Straftat. Aber auch wenn es an solchen (positiven) Feststellungen im Strafurteil fehlt, darf die Behörde nicht allein an die frühere Beschuldigteneigenschaft anknüpfen, sondern muss ihren Restverdacht konkret auf den jeweiligen Einzelfall bezogen begründen. Diese Begründung darf weder schematisch noch formelhaft oder unspezifisch sein. Es hängt von einer Würdigung der gesamten Umstände des einzelnen Falles ab, ob wegen der Einstellung von Strafverfahren, die gegen den Betroffenen gerichtet waren, die Anfertigung oder Aufbewahrung von erkennungsdienstlichen Unterlagen nicht mehr notwendig ist (OVG Greifswald, Urt. v. 25.11.2015 – 3 L 146/13 –, juris Rn. 53 m.w.N.). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Für die Bejahung der Notwendigkeit der Maßnahmen muss die Behörde eine vertretbare Prognose getroffen haben, dass eine „Wiederholungsgefahr“ im Sinne einer Negativprognose besteht. Dabei sind alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, seine Persönlichkeit und der Zeitraum, seitdem er strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist.

30

Nach diesen Maßstäben fehlt es im vorliegenden Fall an einem solchen Restverdacht. Denn ein solcher muss sich zumindest auch aus der Anlasstat ableiten lassen (BVerwG, Urt. v. 23.11.2005 – 6 C 2/05 –, juris Rn. 20), weil in diesem Verfahren die Anordnung getroffen worden ist. Dieser verbleibende Rest des Verdachtes bildet die Basis und den Ausgangspunkt für die Prognose, die in dem konkreten (Anlass)verfahren gestellt worden ist und die auch nach dem Freispruch des Beschuldigten oder der Einstellung des gegen ihn geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens weiterhin aufrecht erhalten bleiben soll. Lediglich ergänzend können zur Begründung einer Wiederholungsgefahr weitere – ältere und neuere – Ermittlungsverfahren und strafgerichtliche Verurteilungen des Betroffenen herangezogen werden (OVG Lüneburg, Urt. v. 20.11.2014 – 11 LC 232/13 –, NordÖR 2015, 90, 91; siehe auch OVG Magdeburg, Beschl. v. 29.08.2014 – 3 O 322/14 –, juris Rn. 11). Ohne das Erfordernis, an einen solchen Restverdacht anzuknüpfen, könnte die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung eines Beschuldigten in irgendeinem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren angeordnet, die Begründung jedoch (insgesamt) auf andere – zeitlich frühere oder spätere – Ermittlungsverfahren gestützt werden. Das erscheint dem Senat als zu weitgehend.

31

Ist das Ermittlungsverfahren wegen der Anlasstat – wie hier – eingestellt worden, ist zu prüfen, ob gleichwohl noch Verdachtsmomente gegen den Betroffenen bestehen (OVG Lüneburg, Urt. v. 20.11.2014 – 11 LC 232/13 –, NordÖR 2015, 90, 92). Ein Restverdacht aus der Anlasstat besteht im vorliegenden Fall jedoch nicht.

32

Da die Staatsanwaltschaft die Akte des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bereits vernichtet hat, sind nur Bruchstücke des Tatgeschehens und der polizeilichen Ermittlungen hierzu bekannt. Eine Zeugenaussage des Geschädigten liegt in den Akten nicht vor. Angaben zum Sachverhalt finden sich im Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 24. Juni 2008 – StA Nbdbg. 711 Js 2751/08; 8 Qs 117/08, 8 Qs 135/08, 8 Qs 136/08 –. Darin heißt es:

33

„Gegen die Beschuldigten A. sowie den Beschuldigten B. wurde wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Waffengesetz und der gefährlichen Körperverletzung ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Ihnen wird vorgeworfen, am 04.02.2007 in einer unbekannten Diskothek in der Nähe von N... den Geschädigten D... mit einem Schlagring geschlagen zu haben, so dass dieser eine 4 cm lange Wunde an der Augenbraue erlitt, die im Krankenhaus genäht werden musste. Ferner soll der Geschädigte einen Nasenbeinbruch und eine Gehirnerschütterung erlitten haben.“

34

Der Beschluss erging im Beschwerdeverfahren gegen einen amtsgerichtlichen Wohnungsdurchsuchungsbeschluss gegen den Kläger, der erlassen wurde, weil zu vermuten sei, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln, nämlich eines Schlagringes führen werde. Die Durchsuchung verlief jedoch ergebnislos. Das Landgericht hält eine (Mit-)Täterschaft des Klägers für „eher vage und nicht schlüssig zu begründen“. Weiter heißt es in dem o. g. Beschluss:

35

„Auch die Zeugenaussage des Geschädigten D... vermochte zu keiner näheren Aufklärung zu Täter, zu Tatort oder zu Tatzeit führen und stützt ebenfalls keinen Anfangsverdacht. (…)

36

Ein solcher auf ein bloßes Gerücht und vage Verdächtigungen der Ermittlungsbehörde gestützter Eingriff in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre des Betroffenen verstößt damit gegen Art. 13 Abs. 1 GG, so dass im Ergebnis der Prüfung durch die Kammer, da die Durchsuchung selbst stattgefunden hat, die Rechtswidrigkeit der Maßnahme festzustellen war.“

37

Es kann für den Senat dahinstehen, ob ursprünglich ein hinreichender Anfangsverdacht für die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bestanden hat, wie ihn das Amtsgericht wohl bejaht und das Landgericht verneint hat. Jedenfalls fehlt es für den nach Einstellung des Verfahrens erforderlichen Restverdacht an hinreichend konkreten Anknüpfungspunkten für die Täterschaft des Klägers. Es ist nicht einmal aus den Akten nachzuvollziehen, ob der Kläger überhaupt zur Tatzeit am Tatort war und ob er Kontakt zu dem Geschädigten hatte. Auch bleibt der dem Kläger vorgeworfene konkrete Tatbeitrag im Rahmen einer gefährlichen Körperverletzung i. S. v. § 224 StGB unklar. So ergibt sich aus den vorliegenden Unterlagen insbesondere nicht, ob der Kläger selbst den Schlagring getragen haben soll (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) oder auf welche konkreten Umstände eine gemeinschaftliche Handlung mit einem Mittäter (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) gestützt wird.

38

An solche aus der Telefonüberwachung in anderen strafrechtlichen Verfahren stammenden Gerüchte und vagen Verdächtigungen lässt sich jedenfalls im Rahmen der zu treffenden Prognose nicht (allein) anknüpfen.

39

Auf die weiteren vom Beklagten aufgelisteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger – vor und nach der Anordnung – kommt es deshalb nicht mehr an. Darf das Anlassverfahren nicht herangezogen werden, ist es mit anderen Worten hinwegzudenken, wird der Prognoseprüfung nach dem oben Gesagten die Grundlage entzogen, ohne dass es auf etwaige weitere strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger ankommt (OVG Lüneburg, Urt. v. 20.11.2014 – 11 LC 232/13 –; NordÖR 2015, 90, 93).

III.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

41

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

42

Die Revision war nicht zuzulassen, da Revisionsgründe i. S. v. § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 25. Nov. 2015 - 3 L 146/13

bei uns veröffentlicht am 25.11.2015

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 02. Juli 2013 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. D

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(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen.

(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.

(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.

(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden.

(2) Über die Fälle des Absatzes 1 hinaus sind die Fingerabdrücke des Beschuldigten für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Einrichtung eines zentralisierten Systems für die Ermittlung der Mitgliedstaaten, in denen Informationen zu Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen (ECRIS-TCN) vorliegen, zur Ergänzung des Europäischen Strafregisterinformationssystems und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1726 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2019/818 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 85) geändert worden ist, auch gegen dessen Willen aufzunehmen, sofern

1.
es sich bei dem Beschuldigten um einen Drittstaatsangehörigen im Sinne des Artikels 3 Nummer 7 der Verordnung (EU) 2019/816 handelt,
2.
der Beschuldigte rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt oder gegen ihn rechtskräftig allein eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
keine Fingerabdrücke des Beschuldigten vorhanden sind, die im Rahmen eines Strafverfahrens aufgenommen worden sind, und
4.
die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister noch nicht getilgt ist.
Wenn auf Grund bestimmter Tatsachen und bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich dieser Maßnahme entziehen werde, dann dürfen die Fingerabdrücke abweichend von Satz 1 Nummer 2 bereits vor der Rechtskraft der Entscheidung aufgenommen werden.

(3) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 sind die nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, die nach Absatz 2 oder die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücke an das Bundeskriminalamt zu übermitteln.

(4) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 darf das Bundeskriminalamt die nach den Absätzen 1 und 2 sowie die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen und ihm übermittelten Fingerabdrücke verarbeiten. Bei den nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, den nach Absatz 2 Satz 2 und den nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücken ist eine über die Speicherung hinausgehende Verarbeitung nach Satz 1 unzulässig, solange die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist. Die Verarbeitung nach Satz 1 ist ferner unzulässig, wenn

1.
der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen wurde,
2.
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde oder
3.
die alleinige Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung gegen den Beschuldigten rechtskräftig unterbleibt.
Satz 3 gilt entsprechend in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2, wenn der Beschuldigte rechtskräftig zu einer anderen Strafe als Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt wurde. Ist die Verarbeitung der Fingerabdrücke nach Satz 3 oder 4 unzulässig, so sind die Fingerabdrücke zu löschen.

(5) Für die Verarbeitung für andere Zwecke als die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 gelten die §§ 481 bis 485. Die Verarbeitung der nach Absatz 2 Satz 2 aufgenommenen Fingerabdrücke ist jedoch erst zulässig, wenn die Entscheidung rechtskräftig und die Verarbeitung für die Erstellung eines Datensatzes nicht nach Absatz 4 Satz 3 oder 4 unzulässig ist. Die übrigen Bestimmungen über die Verarbeitung der nach Absatz 1 oder 2 oder nach § 163b aufgenommenen Fingerabdrücke bleiben unberührt.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 02. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn dieser nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Aufhebung der Anordnung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung.

2

Mit Verfügung vom 11. Januar 2011 ordnete die KPI Stralsund – unter Anordnung der sofortigen Vollziehung – erkennungsdienstliche Maßnahmen gegen den Kläger an. In der Anordnung gab die Polizei als Rechtsgrundlage der ED-Maßnahme § 81 b 2. Alt. StPO, als verletzte Rechtsnorm § 176 StGB und als einzelne Maßnahmen

3

- Lichtbilder (Aufnahme in Lichtbildkartei wird angeregt 3-teilige Ganzaufnahme)
- Papillarleistenabdrücke (Fingerabdrücke Handflächenabdrücke)
- weitere Maßnahmen (Personenbeschreibung)

4

an. Mit selben Datum lud sie den Kläger als Beschuldigten vor. Zudem erhielt er eine gesonderte Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung. In Letzterer führte die Behörde aus, dass die erkennungsdienstlichen Maßnahmen in dem gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern angeordnet worden seien. In der Vorladung begründete sie die Anordnung dahingehend, dass die Art und Ausführung der dem Kläger zur Last gelegten sexuellen Tathandlungen von einer nicht geringen kriminellen Energie zeugten. Die Anfertigung und Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen liege im Interesse der Strafverfolgungsvorsorge, da diese Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen überführend oder entlastend fördern könnten.

5

In seiner Beschuldigtenvernehmung vom 26. Januar 2011 bestritt der Kläger die strafrechtlichen Vorwürfe und legte Widerspruch gegen die Anordnung der ED-Maßnahmen ein.

6

Mit Anhörungsschreiben vom 14. Mai 2012 teilte das Polizeipräsidium Neubrandenburg mit, dass der Widerspruch gegen die Anordnung aufschiebende Wirkung habe und begründete die Anordnung ausführlich. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung sei ein gegen den Kläger als Beschuldigten geführtes Ermittlungsverfahren anhängig gewesen. Der Kläger werde beschuldigt, ein Kind im Sommer 2009 mehrmals im Keller des Hauses J. Straße in Z. sexuell missbraucht zu haben, indem er dem Kind seinen erigierten Penis gezeigt und das Kind aufgefordert habe, diesen anzufassen. Weiterhin habe er das Kind aufgefordert, sein eigenes Geschlechtsteil zu zeigen. In diesem Verhalten trete eine erhebliche kriminelle Energie, Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Opfer und Neigung zur Begehung derartiger Straftaten zu Tage, welche die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger auch in Zukunft in diesem Deliktsfeld in Erscheinung treten werde. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Kläger erstmals Beschuldigter eines Ermittlungsverfahrens wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern sei, nichts. Bei dem sexuellen Missbrauch von Kindern handele es sich regelmäßig – jedenfalls wenn keine Therapie erfolgreich durchgeführt werde – um ein typisches Wiederholungsdelikt mit hoher Rückfallwahrscheinlichkeit.

7

Mit Anklageschrift vom 17. Februar 2001 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Kläger wegen zweier selbstständiger Handlungen strafbar gemäß §§ 176 Abs. 1, 53 StGB. Danach soll an zwei unterschiedlichen Tagen in den Sommerferien 2009 (Mitte Juli bis Ende August 2009) das Kind F. R., geb. 2001 – zum damaligen Zeitpunkt ... Jahre alt –, freiwillig in den Keller des Klägers in der J. Straße in Z. gegangen sein, wo der Kläger das entblößte Glied des Kindes angefasst habe und gleichfalls seinen erigierten Penis vom Kind habe anfassen lassen.

8

Mit Urteil vom 16. Juni 2011 – 6 Ds 150/11 – sprach das Amtsgericht Ribnitz-Damgarten – Jugendrichter – den Kläger frei. In den Urteilsgründen heißt es, der Angeklagte sei von dem Tatvorwurf aus tatsächlichen Gründen freizusprechen, da die Hauptverhandlung keine den Schuldvorwurf rechtfertigende Feststellungen erbracht habe:

9

„Der Zeuge ... hat in der Hauptverhandlung letztendlich keine Angaben gemacht, die zur Überführung des Angeklagten ausreichen würden. Trotz Ausschluss der Öffentlichkeit und Entfernung des Angeklagten aus dem Gerichtssaal hat der Zeuge Fragen des Gerichtes nur durch Kopfschütteln oder Nicken beantwortet. Zu tatsächlichen Handlungen des Angeklagten hat der Zeuge keine Auskunft gegeben.“

10

Die Mutter des Kindes legte gegen das Urteil zunächst Berufung ein, die sie in der Sitzung des Landgerichts Stralsund – Kleine Jugendkammer – (25 Ns 82/11) vom 30. Januar 2012 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft nach Beweisaufnahme zurücknahm. Das Urteil ist seit dem 30. Januar 2012 rechtskräftig.

11

Mit Widerspruchsbescheid vom 01. August 2012 wies das Polizeipräsidium Neubrandenburg den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, die Anordnung stütze sich auf § 81b 2. Alt. StPO. Erkennungsdienstliche Unterlagen würden nach dieser Vorschrift nicht für die Zwecke eines konkreten gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens erhoben, sondern erfolgten zu präventiv-polizeilichen Zwecken. Sie dienten der vorsorglichen Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen seien.

12

Der anlässlich des gegen den Kläger gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt müsse nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere Angesichts der Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, seiner Persönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des Zeitraumes, währenddessen er nicht (mehr) strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, Anhaltspunkte für die Annahme bieten, dass der Betroffene künftig oder anderwärts gegenwärtig mit Gründen als Verdächtiger in den Kreis potenzieller Beteiligter an einer strafbaren Handlung einbezogen könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen fördern könnten, in dem sie den Betroffenen überführen oder entlasten.

13

Der Kläger sei zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung Beschuldigter in einem bei der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungsverfahrens gewesen. Der nachträgliche Wegfall der Beschuldigteneigenschaft sei unschädlich. Im Rahmen der Abwägung sei danach zu differenzieren, in welchem Umfang Verdachtsmomente bestünden. Die Berücksichtigung und Bewertung von Verdachtsgründen stelle keine durch die Unschuldsvermutung verbotene Schuldfeststellung dar. Aus der Ermittlungsakte ergäben sich ausreichend Verdachtsgründe gegen den Kläger, die die erkennungsdienstlichen Maßnahmen rechtfertigten. Es handele sich um den Vorwurf einer Straftat gem. §§ 176 Abs. 1, 53 StGB. Sowohl die Kriminalpolizei, als auch die Staatsanwaltschaft hätten die Grundaussage des Kindes ..., dass es sexuelle Handlungen gegeben habe, als glaubhaft beurteilt. Das Schriftstück des Kindes ... sowie sein Verhalten während der Vernehmung begründeten weiterhin Verdachtsmomente gegen den Kläger. In der vorgeworfenen Tat trete eine erhebliche kriminelle Energie, Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Opfer und die Neigung zur Begehung derartiger Straftaten zu Tage. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung seien typische Wiederholungsdelikte mit hoher Rückfallwahrscheinlichkeit, bei der schon die erstmalige Begehung einer solchen Straftat erkennungsdienstliche Maßnahmen rechtfertige.

14

Mit seiner am 31. August 2012 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, er halte die Anordnung in der Form des Widerspruchsbescheides für rechtswidrig. Zum maßgeblichen Zeitpunkt – dem Erlass des Widerspruchsbescheides – sei er nicht mehr Beschuldigter gewesen. Voraussetzung der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Maßnahme nach § 81b 2. Alt. StPO sei, dass ein Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen schwebe; nur während der Anhängigkeit eines Verfahrens könne die Anordnung ergehen. Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Widerspruchsverfahrens sei für die Widerspruchsbehörde grundsätzlich die Rechtslage bei Erlass ihrer Widerspruchsentscheidung maßgeblich. Sie habe eine während des Vorverfahrens eingetretene Änderung der Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen. Erst der Widerspruchsbescheid gebe dem Ausgangsverwaltungsakt eine endgültige für den Verwaltungsprozess maßgebliche Gestalt wie aus § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO folge. Eine erkennungsdienstliche Behandlung stelle einen empfindlichen Eingriff in das aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar.

15

Vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger beantragt,

16

den Bescheid der Kriminalpolizei Stralsund vom 11. Januar 2011 zur Anordnung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Polizeipräsidiums Neubrandenburg vom 01. August 2012 aufzuheben.

17

Der Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Er ist der Ansicht, es reiche aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der erstmaligen Anordnung Beschuldigter gewesen sei. Ein Wegfall der Beschuldigteneigenschaft im Widerspruchsverfahren lasse die Rechtmäßigkeit unberührt, da der Kläger die Schwelle des Verwickeltseins in ein konkretes Strafverfahren erreicht habe.

20

In der mündlichen Verhandlung vom 02. Juli 2013 hat der Beklagte erklärt, dass er die Anordnung auch auf § 31 SOG M-V stütze und wegen der Begründung zu § 31 SOG M-V auf die Ausführungen zu § 81b 2. Alt. StPO verwiesen.

21

Mit Urteil vom 02. Juli 2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung zur erkennungsdienstlichen Behandlung vom 11. Januar 2011 Beschuldigter gewesen. Gegen ihn sei zu diesem Zeitpunkt bei der Staatsanwaltschaft Stralsund ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern – die sog. Anlasstat – anhängig gewesen (526 Js 1807/11). Dass der Kläger bei Erlass des Widerspruchbescheides am 01. August 2012 nicht mehr Beschuldigter gewesen sei, führe nicht zur Rechtwidrigkeit der Anordnung. Dies ergebe sich aus Sinn und Zweck des § 81b 2. Alt. StPO. Mit dieser Regelung sollten präventiv-polizeiliche erkennungsdienstliche Maßnahmen gegen den Beschuldigten möglich sein. Der zur vorsorgenden Bereitstellung erkennungsdienstlicher Unterlagen führende Anlass ändere sich nicht, wenn die Beschuldigteneigenschaft nachträglich wegfalle. Die Besorgnis, der Beschuldigte könne auch zukünftig Straftaten begehen, bleibe bestehen. Dass eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b 2. Alt. StPO nur gegen einen Beschuldigten angeordnet werden dürfe, besage lediglich, dass die Anordnung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen könne, sondern dass sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und sich jedenfalls aus den Ergebnissen dieses Verfahrens die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung herleiten müsse. Es sei mit dem Wortlaut der Vorschrift noch vereinbar, dass der Betroffene „einmal“ Beschuldigter gewesen sei.

22

Die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers sei vorliegend für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig. Für die Beurteilung der Notwendigkeit komme es nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung, sondern auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Vornahme dieser Maßnahme an. Im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle komme es deshalb auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz an.

23

Die für das Ermittlungsverfahren wegen der Anlasstat bestimmenden Verdachtsmomente seien nicht ausgeräumt, weil der Kläger vom Amtsgericht Ribnitz-Damgarten (lediglich) aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden sei. Eine Unschuldsvermutung gelte trotz Freispruchs des Klägers nicht. Die Verwertung verbliebener Verdachtsmomente im Verfahren, die nicht zu einer Strafverfolgung des Betroffenen geführt haben, stelle keinen Verstoß gegen die im Rechtsstaatsprinzip begründete Unschuldsvermutung dar. Weder die Aufnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen noch ihre Aufbewahrung enthielten eine Aussage über Schuld oder Unschuld des Betroffenen. Selbst bei einem Freispruch seien die Ermittlungsbehörden noch befugt weiterhin davon auszugehen, dass der ursprüngliche Tatverdacht fortbestehe und weiterhin tragfähige Grundlage für die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen sei. Die gegen den Kläger verbliebenen Verdachtsmomente bezögen sich auf ein besonders schwerwiegendes Delikt. Der strafbare rechts- und sittenwidrige sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sei in hohem Maße persönlichkeits- und gemeinschaftsschädigend. Er greife in den sittlichen Reifeprozess eines jungen Menschen ein und gefährde die harmonische Entwicklung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seiner Einordnung in die Gemeinschaft. Der Beklagte habe ermessensfehlerfrei gehandelt. Die abverlangten erkennungsdienstlichen Unterlagen seien geeignet und erforderlich. Die Anordnung sei dem Kläger auch zumutbar. Der Beklagte habe die Maßnahmen auf das notwendige Maß beschränkt.

24

Gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen.

25

Das Urteil ist dem Kläger am 08. Juli 2013 zugestellt worden. Am 02. August 2013 hat er Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 08. Oktober 2013 unter Antragstellung begründet. Er ist unter Bezugnahme auf die Klagschrift und der von ihm benannten Rechtsprechung weiterhin der Auffassung, Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Anordnung sei, dass die Beschuldigteneigenschaft auch noch zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides bestehe. Es genüge nicht, dass der Betroffene einmal Beschuldigter gewesen sei.

26

Der Kläger beantragt,

27

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 02. Juli 2013 die Anordnung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung vom 11. Januar 2011 durch die Polizeiinspektion Stralsund und den Widerspruchsbescheid des Polizeipräsidiums Neubrandenburg vom 01. August 2012 aufzuheben.

28

Der Beklagte beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Zur Begründung schließt er sich den Entscheidungsgründen des verwaltungsgerichtlichen Urteils an.

31

Ausweislich der beigezogenen Strafakte der Staatsanwaltschaft Stralsund 526 Js 1807/11 (Amtsgericht Ribnitz-Damgarten 6 Ds 150/11; Landgericht Stralsund 25 Ns 82/11) erstattete die Mutter des Kindes ... Strafanzeige. Sie gab darin an, dass sie durch Lehrer des ... angesprochen und darauf hingewiesen worden sei, dass sich das Kind verändert habe. Ihr sei angeraten worden mit ihm zu einem Psychologen zu gehen. Sie habe am Vorabend von ihrem Sohn erfahren wollen, warum er sich so verändert habe. Der Junge habe sich aber nicht erklären wollen und angegeben, dass er nichts sagen könne; er könne auch nicht „auf seine Oma und seinen Opa schwören, dass nichts sei“. Auf die Bitte der Mutter es aufzuschreiben, habe das Kind einen Zettel geschrieben:

32

„Er hat mir den Schnidel gezeigt. Dann hat er noch mein Schnidel angefaßt. Ich sollte dann sein“

33

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungs- und Strafakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

34

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Denn das Verwaltungsgericht hat zu Recht seine Klage abgewiesen.

35

Die Klage ist unbegründet, weil die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen gegen den Kläger mit Bescheid vom 11. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2012 rechtmäßig ist und ihn nicht in seinen Rechten verletzt.

1.

36

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht die Rechtsgrundlage der Anordnung in § 81b 2. Alt. StPO auch dann gesehen, wenn – wie im vorliegenden Fall – der ursprünglich Beschuldigte der sog. Anlasstat zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides seine Beschuldigteneigenschaft verloren hat, weil er im Strafverfahren freigesprochen worden ist (a. A. VG Schwerin, Urt. v. 10.12.2014 – 7 A 1518/14 –, juris, in Abgrenzung zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Greifswald im hiesigen Verfahren).

37

Bereits in der Erstanordnung gegen den Kläger vom 11. Januar 2011 ist die erkennungsdienstliche Maßnahme auf § 81b 2. Alt StPO gestützt worden. Diese Vorschrift lautet:

38
§ 81b StPO: „Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden.“
39

Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger noch Beschuldigter der sog. Anlasstat. Nachdem er von dem Vorwurf, diese Tat begangen zu haben, im strafgerichtlichen Verfahren freigesprochen worden war, ist diese Beschuldigteneigenschaft mit der Rechtskraft des Urteils am 30. Januar 2012 entfallen und lag somit zum späteren Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 01. August 2012 nicht mehr vor.

40

In der Rechtsprechung ist umstritten, ob die Beschuldigteneigenschaft weiter fortbestehen muss, wenn die Anordnung noch nicht vollzogen worden ist. Fraglich ist insbesondere, ob sie nur zum Zeitpunkt der Anordnung (so OVG Bautzen, Beschl. v. 10.10.2000 – 3 BS 53/00 –, NVwZ-RR 2001, 238) oder auch (noch) zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids (arg. § 79 VwGO) vorhanden sein muss (dafür BayVGH, Urt. v. 09.02.2004 – 24 B 03.695 –, juris; OVG Hamburg, Urt. v. 11.04.2013 – 4 Bf 141/11 –, juris). Mit Beschluss vom 04. November 2013 (– 3 D 50/13 –, juris) hat das OVG Bautzen im Hinblick auf die abweichende Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs erklärt, dass diese Frage einer erneuten Überprüfung bedürfe, die nicht im Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe durchentscheiden werden dürfe.

41

Das Bundesverwaltungsgericht hat die vorliegende Frage im Urteil vom 19. Oktober 1982 (– 1 C 29/79 –, BVerwGE 66, 192; juris Rn. 25) noch ausdrücklich offen gelassen. Zwar hat es ausgeführt, dass der Begriff des Beschuldigten nur besage, dass die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen könne, sondern dass sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und jedenfalls auch aus den Ergebnissen dieses Verfahrens die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung herleiten müsse (so auch BVerwG, Beschl. v. 06.07.1988 – 1 B 61/88, NJW 1989, 2640; BVerwG, Urt. v. 06.02.2005 – 6 C 2/05, NJW 2006, 1225). Mit der Beschuldigteneigenschaft wird somit der frühestmögliche Zeitpunkt der Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen beschrieben. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob und wenn ja wann spätestens eine solche Anordnung erfolgen kann. Auch ist damit noch nichts darüber gesagt, wann die einmal bestehende Anordnungsmöglichkeit wieder entfallen könnte. Jeder Verurteilte oder Strafgefangene ist zuvor auch Beschuldigter gewesen. Wenn sich § 81b 2. Alt. StPO nicht auf alle ehemaligen Beschuldigten erstrecken soll, ist eine Eingrenzung erforderlich. Zu Recht hat das Bundesverwaltungsgericht deshalb darauf abgestellt, dass die Anordnung während eines „schwebenden“ Ermittlungsverfahrens erfolgen muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.11.1955, BVerwGE 2, 302).

42

In einer neueren Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht (Beschl. v. 14.07.2014 – 6 B 2/14 –, NVwZ-RR 2014, 848) zwar aus, dass die Rechtmäßigkeit nicht dadurch berührt (wird), dass der Betroffene nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens und vor dem Vollzug des Verwaltungsaktes die Beschuldigteneigenschaft verliert (so auch schon BVerwG, Urt. v. 19.10.1982 – 1 C 29/79 –, BVerwGE 66, 192; juris Rn. 26). Daraus lässt sich jedoch nicht schlussfolgern, dass der Wegfall der Beschuldigteneigenschaft noch vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens – also vor Erlass des Widerspruchsbescheides – zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme führt. Denn in derselben Entscheidung hebt das Bundesverwaltungsgericht hervor, dass es, soweit es für die Rechtmäßigkeit des Bescheids nach § 81b 2. Alt. StPO auf die Beschuldigteneigenschaft ankommt, nach seiner Rechtsprechung auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids abzustellen sei.

43

Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass § 81b. 2. Alt. StPO als Rechtsgrundlage heranzuziehen ist. Dafür spricht insbesondere der Sinn und Zweck der Norm.

44

Der Wortlaut der Vorschrift des § 81b StPO allein sagt über die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Beschuldigteneigenschaft vorliegen muss, nichts aus. Dem Verwaltungsgericht Greifswald ist deshalb darin zuzustimmen, dass der Wortlaut noch mit einer Auslegung vereinbar ist, dass die Beschuldigteneigenschaft (irgendwann) einmal vorgelegen haben muss (insoweit strenger: OVG Hamburg, Urt. v. 11.04.2013 – 4 Bf 141/11 –, NordÖR 2013, 36, juris Rn. 40, da Ausgangsbescheid und Widerspruchsbescheid eine verfahrensmäßige Einheit bilden würden).

45

„Beschuldigter“ ist eine Person gegen die ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren oder ein Strafverfahren geführt wird. Endet das Strafverfahren, endet auch die Beschuldigteneigenschaft. Mit rechtskräftiger Verurteilung wird der Beschuldigte (im Strafverfahren nach Anklageerhebung: Angeschuldigter bzw. nach Eröffnungsbeschluss: Angeklagter) zu einem Verurteilten. Nach einhelliger Auffassung richtet sich die Anordnung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen gegenüber bereits Verurteilten, insbesondere auch Häftlingen nicht nach § 81b 2. Alt. StPO sondern nach dem Polizeigesetzen der Länder (hier § 31 SOG M-V; vgl. nur Heyen, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht in: Schütz/ Classen, Landesrecht Mecklenburg-Vorpommern, Studienbuch, 2. Aufl., 2009, Rn. 109 mit Hinweis auf OVG Koblenz, Beschl. v. 17.11.2000 – 11 B 11859/00 –, DöV 2001, 212; Götz, Polizeirecht, Rn. 510 und Rachor, in: Lisken/ Denninger, F, Rn. 425). Daraus folgt jedoch nur, dass eine erkennungsdienstliche Anordnung nicht mehr (erstmals) nach Abschluss des Strafverfahrens erfolgen kann (so auch Schmitt in: Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO 57. Aufl., § 81b Rn. 7), nicht aber, dass eine bereits während eines laufenden Ermittlungsverfahrens bereits getroffene Anordnung nicht mehr vollzogen werden kann. Gleiches gilt für den Fall eines Einspruchs. Auch hier endet die Beschuldigteneigenschaft.

46

Die historische Auslegung des § 81b StPO gibt nichts her. Die Vorschrift ist durch das Ausführungsgesetz zu dem Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl. I S. 1000) in die Strafprozessordnung eingefügt worden. Auch soweit die Maßnahmen nicht zur Strafverfolgung in einem konkret anhängigen Verfahren sondern zu Zwecken des Erkennungsdienstes angeordnet wurden und damit lediglich vorbeugend der Sicherung der Allgemeinheit dienten, wurden sie zunächst als dem Gebiet der Strafprozessordnung zugehörig eingeordnet, mit der Folge, dass nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der zu den ordentlichen (Straf-)Gerichten eröffnet war (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.11.1955, BVerwGE 2, 302; siehe zur Entstehungsgeschichte auch: Schweckendieck, ZRP 1989, 125; vgl. auch Fugmann, NJW 1981, 2227).

47

Auch die systematische Auslegung der Vorschrift führt nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. Zwar verwendet § 81b StPO einen einheitlichen Beschuldigtenbegriff, obwohl § 81b 1. Alt StPO einerseits und § 81b 2. Alt. StPO andererseits unterschiedlichen Zwecken dienen, nämlich die erstgenannte Vorschrift der konkreten Strafverfolgung der Anlasstat und die zweitgenannte unabhängig von der konkreten Tat der vorbeugenden Strafverfolgung (Strafverfolgungsvorsorge). Daraus könnte zwar gefolgert werden, dass die Anlasstat, wie bei der 1. Alternative, auch für die zweite Alternative noch anhängig sein muss, ob das jedoch nicht nur für die Erstanordnung, sondern auch für den Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides gelten soll, lässt sich daraus nicht entnehmen.

48

Auch § 81g StPO, der in Abs. 1 die Entnahme und molekulargenetische Untersuchung von Körperzellen des Beschuldigten zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren regelt, bietet keinen Aufschluss. Zwar hätte es der Änderung durch Anfügung des dortigen Absatz 4 nicht bedurft (zu dieser Gesetzesänderung: BT-Drs. 15/5674 v. 14.06.2005, S. 4 u. 12), wenn von dem Beschuldigtenbegriff in Abs. 1 auch bereits der später Verurteilte umfasst werden würde. Denn dann wäre die Regelung in Absatz 4, dass die Absätze 1 bis 3 entsprechend gelten, wenn die betroffene Person wegen der Tatrechtskräftig verurteilt worden ist, nicht erforderlich. Entsprechendes würde für die weiteren in Abs. 4 aufgeführten Fälle gelten, nach denen die betroffene Person nur wegen (1) erwiesener oder nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit, (2) auf Geisteskrankheit beruhender Verhandlungsunfähigkeit oder (3) fehlender oder nicht auszuschließender fehlender Verantwortlichkeit (§ 3 Jugendgerichtsgesetz) nicht verurteilt worden ist. Ob nach der Systematik dieser Vorschrift ein Beschuldigter, der aus anderen Gründen freigesprochen worden ist oder gegen den das Strafverfahren eingestellt worden ist, bereits unter die Regelung des § 81g Abs. 1 StPO fällt, lässt sich der Norm nicht ohne weiteres entnehmen. Dafür könnte jedoch sprechen, dass nach der Begründung im Gesetzentwurf mit der Änderung hinsichtlich der DNA-Analyse zu Zwecken künftiger Strafverfolgung eine „übersichtliche und einheitliche Gesamtregelung in § 81g“ erfolgen sollte (BT-Drs. 15/5674 v. 14.06.2005, S. 12).

49

Sinn und Zweck der Vorschrift des § 81b StPO sprechen entscheidend (mehr) für die vom Verwaltungsgericht Greifswald vertretene Auffassung. In der 2. Alternative des § 81b StPO werden die erkennungsdienstlichen Maßnahmen nicht für das konkrete Strafverfahren, das gegen den Beschuldigten geführt wird (1. Alt.), sondern „für die Zwecke des Erkennungsdienstes“ angeordnet. Damit reicht der Zweck auch zeitlich über das konkrete Strafverfahren hinaus auf andere mögliche zukünftige Ermittlungsverfahren (Strafverfolgungsvorsorge). Dieser Zweck ist von der Beschuldigteneigenschaft abgekoppelt. Denn in einem (möglichen) zeitlich späteren Ermittlungsverfahren muss der Betroffene nicht mehr Beschuldigter des Anlassverfahrens sein. Sinn und Zweck der Beschuldigteneigenschaft ist somit, nicht zu (irgend)einem beliebigen Zeitpunkt erkennungsdienstliche Maßnahmen gegen den Bürger zu treffen, sondern erst dann, wenn eine gewisse Schwelle überschritten worden ist, nämlich insbesondere die Durchführung eines formellen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Diese Schwelle (Hürde) dient dem Grundrechtsschutz des Betroffenen und beugt willkürlichem Handeln vor.

50

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Schwelle „Beschuldigter“ zu werden, relativ niedrig ist, weil das Ermittlungsverfahren gemäß § 160 Abs. 1 StPO beginnt, sobald die Staatsanwaltschaft durch eine Strafanzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer Straftat Kenntnis erhält. Ein besonderes (formelles) Vorermittlungsverfahren kennt die Strafprozessordnung nicht. Wird eine Strafanzeige gegen einen konkreten Betroffenen erhoben, wird dieser zum Beschuldigten, wenn ihn die Polizei beispielsweise – wie hier – zu einer Beschuldigtenvernehmung lädt. Denn der Verdächtige wird bereits durch eine Maßnahme zum Beschuldigten, die erkennbar darauf abzielt, gegen ihn strafrechtlich vorzugehen (Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 160 Rn. 6). Sollte sich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens (schnell) herausstellen, dass der Beschuldigte nicht verurteilt werden kann, darf sich die Widerspruchsbehörde nicht ohne weiteres darauf zurückziehen, dass er (einmal) Beschuldigter gewesen ist.

51

Dem könnte dadurch Rechnung getragen werden, dass für die Beschuldigteneigenschaft auch auf den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung abzustellen, zumal nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Gegenstand der Anfechtungsklage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, ist. Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer Anfechtungsklage ist deshalb grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung abzustellen (OVG Hamburg, Urt. v. 11.04.2013 – 4 Bf 141/11 –, NordÖR 2013, 36, juris Rn. 36). Auch zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides müssten daher alle Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, woran es hinsichtlich der Beschuldigteneigenschaft vorliegend fehlen würde (so auch im Fall des VG Schwerin, Urt. v. 10.12.2014 – 7 A 1518/14 –, juris). Allerdings gilt dieser Grundsatz dann nicht, wenn sich aus dem materiellen Recht etwas Abweichendes ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.02.2011 – 8 C 51/09 –, juris Rn. 20). Das ist vorliegend der Fall. Bei Anordnungen nach § 81b 2. Alt. StPO handelt es sich um Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge (BVerwG, Urt. v. 23.11.2005 – 6 C 2/05, NJW 2006, 1225, juris Rn. 18; Schenke, JZ 2006, 707). Da diese der Erforschung und Aufklärung in zukünftigen Ermittlungsverfahren dienen, enthält die Anordnungsentscheidung eine Prognose darüber, ob der Beschuldigte zukünftig in die Ermittlungen einzubeziehen ist, also im Kern eine Abschätzung seines zukünftigen Verhaltens. Damit weist die Vorschrift auch eine Nähe zum „materiellen Polizeirecht“ (vgl. Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 58 Aufl., § 81b Rn. 3) auf; die Anordnung dient „präventiv-polizeilichen Zwecken“. Insgesamt spricht daher mehr dafür, für den maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage – wie beim Gefahrenabwehrrecht allgemein (vgl. nur für den Gefahrenbegriff: Pewerstorf/ Söllner/ Tölle, Praxishandbuch Polizei- und Ordnungsrecht, A Rn. 19) – auf den Zeitpunkt der Erstanordnung und damit auf die ex-ante Sicht der Behörde abzustellen.

52

Da der Erkenntniszweck erst auf ein künftiges – noch unbekanntes – Strafverfahren zielt, würde es für den Grundrechtsschutz des (ehemaligen) Beschuldigten keinen Mehrwert haben, wenn für die Beschuldigteneigenschaft (zusätzlich) auf den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung abzustellen wäre. Der Betroffenen ist vor der Vollziehung der Anordnung, also vor einem Eingriff in seine Grundrechte hinreichend dadurch geschützt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Beurteilung der übrigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen vor dem Vollzug auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen ist (BVerwG, Urt. v. 19.10.1982 – 1 C 29/79 – BVerwGE 66, 192, juris, 3. Leitsatz), also ohnehin die Veränderung der Sach- und Rechtslage auch nach Erlass eines Widerspruchsbescheides zu beachten ist, insbesondere auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerwG 2005, Rn. 22).

53

Mithin darf die Ermessensentscheidung über die Notwendigkeit der Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen nicht mehr reflexartig an die Beschuldigteneigenschaft anknüpfen, wenn das Strafverfahren zu diesem Zeitpunkt bereits nach §§ 170 Abs. 2 StPO oder §§ 153 ff StPO eingestellt worden ist oder der Beschuldigte freigesprochen wurde. Vielmehr ist gerade aufgrund des Eingriffs in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG erforderlich, dass der Ermessensausübung auch dieser Ausgang des Strafverfahrens zugrunde liegt. Ein bloßer Verweis auf die (nicht mehr bestehende) Beschuldigteneigenschaft reicht nämlich nicht aus, um die Notwendigkeit der Maßnahmen zu begründen. Vielmehr muss die Behörde ihre Erwägungen darauf abstellen, ob trotz der Einstellung des Strafverfahrens oder des Freispruchs die Maßnahmen (weiterhin) anzuordnen sind, weil ein Restverdacht geblieben ist. Der Betroffene darf nicht bereits deshalb als potenzieller Rechtsbrecher behandelt werden, weil er sich irgendwie verdächtig gemacht hat oder angezeigt worden ist (Söllner in: Praxishandbuch Polizei- und Ordnungsrecht, 1. Aufl., 2013, S. 161 Rn. 169). Die Behörde hat ihrer Entscheidung den festgestellten Sachverhalt aus dem Strafverfahren zugrunde zu legen. Hat das Strafgericht beispielsweise den Beschuldigten freigesprochen, weil (positiv) festgestellt worden ist, dass er sich nicht am Tatort aufgehalten hat, darf sie sich nicht auf die Beschuldigteneigenschaft zurückziehen. In einem solchen Fall fehlt es an einem Verdacht der Begehung einer Straftat. Aber auch wenn es an solchen (positiven) Feststellungen im Strafurteil fehlt, darf die Behörde nicht allein an die frühere Beschuldigteneigenschaft anknüpfen, sondern muss ihren Restverdacht konkret auf den jeweiligen Einzelfall bezogen begründen. Diese Begründung darf weder schematisch noch formelhaft oder unspezifisch sein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.06.2006 – 1 BvR 2293/03 –, juris). Es hängt von einer Würdigung der gesamten Umstände des einzelnen Falles ab, ob wegen der Einstellung von Strafverfahren, die gegen den Betroffenen gerichtet waren, die Anfertigung oder Aufbewahrung von erkennungsdienstlichen Unterlagen nicht mehr notwendig ist (BVerwG, Urt. v. 19.10.1982 – 1 C 114/79 –, BVerwGE 66, 202, juris Rn. 30).

54

Der Senat brauchte nach alldem nicht mehr zu entscheiden, ob der angeordneten Maßnahme auch die polizeirechtliche Vorschrift des § 31 SOG M-V hätte zugrunde gelegt werden können, auf die sich der Beklagte erstmals und hilfsweise erstinstanzlich berufen hat. Ein Austausch der Rechtsgrundlage wäre zwar möglich, wenn sich das Wesen des angefochtenen Bescheides durch ein Auswechseln der Ermächtigungsgrundlage nicht verändert (so OVG NRW, Beschl. v. 05.08.2015 – 5 A 990/14 –, juris, für den umgekehrten Fall des Austauschs der polizeirechtlichen Vorschrift im Bescheid gegen § 81b 2. Alt StPO). Auch dürfte die Vorschrift des § 31 SOG M-V wohl auch zum Zwecke der Strafverfolgungsvorsorge und nicht nur für spezialpräventive Zwecke anwendbar sein. Denn die bundesrechtliche Regelung des § 81b 2. Alt. StPO fußt auf der konkurrierenden Gesetzgebung aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Dass der Bundesgesetzgeber mit dieser Vorschrift auch die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen außerhalb eines laufenden Strafverfahrens ausschließen wollte, ist nicht ersichtlich (für die Zulässigkeit von landesrechtlichen Polizeigesetzen auch Schmitt in: Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO 58. Aufl., § 81b Rn. 4; Schenke: Die Rechtsnatur einer erkennungsdienstlichen Maßnahme gem. § 81b Alt. 2 StPO, JZ 2006, 707, 708). Der Senat hat bereits in anderem Zusammenhang „ergänzend bemerkt“ dass der Landesgesetzgeber mit den Vorschriften der §§ 36, 37 SOG M-V (für die Erhebung, Speicherung und Weiterverarbeitung von Daten für präventiv-polizeiliche Zwecke im Zusammenhang mit § 81b 2. Alt. StPO) nicht gegen die Gesetzgebungszuständigkeit aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG verstoßen habe (OVG M-V, Beschl. v. 04.03.2003 – 3 M 30/03 –, NordÖR 2003, 252, juris Rn. 24 mit Hinweis auf LVerfG M-V, Urt. v. 18.05.2000 – LVerfG 5/98).

2.

55

Die beklagte Behörde hat vorliegend auch zu Recht einen „Restverdacht“ gegen den Kläger trotz seines Freispruches im Strafverfahren angenommen.

56

Zunächst steht die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Unschuldsvermutung, die kraft Art. 6 Abs. 2 MRK auch Bestandteil des positiven Rechts in der Bundesrepublik Deutschland ist, der Aufrechterhaltung der Anordnung nicht entgegen (BVerfG, Beschl. v. 16.05.2002 – 1 BvR 2257/01 –, NJW 2002, 3231 zur Speicherung). Die Feststellung des Tatverdachtes ist etwas substantiell anderes als eine Schuldfeststellung (BVerfG, a. a. O., juris Rn. 9). Im Falle eines Freispruchs (oder der Verfahrenseinstellung) bedarf es daher der Überprüfung, ob noch Verdachtsmomente gegen den Betroffenen bestehen, die eine Fortdauer der Speicherung (hier der Anordnung) zu präventiv-polizeilichen Verbrechensbekämpfung rechtfertigen. Weitere Voraussetzung ist die Wiederholungsgefahr (BVerfG, Beschl. v. 16.05.2002 – 1 BvR 2257/01 –, NJW 2002, 3231).

57

Allerdings kann nicht schematisch ein bei einem Freispruch oder einer Einstellung des Verfahrens verbleibender Restverdacht genügen. Denn Aufgabe des Strafverfahrens ist es nicht die Unschuld des Beschuldigten festzustellen, sondern seine Schuld. Auch würde allein der Bezug auf die Anlasstat als Sexualstraftat nicht ausreichen, da eine lediglich formelhafte und unspezifische Begründung für das Bestehen einer Wiederholungsgefahr, dass bei Sexualstraftätern eine weit überdurchschnittliche Gefahr einer zukünftigen Straftat bestehe, nicht den aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Anforderungen genügt. Es ist vielmehr ein hinreichender Bezug zu den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Gründe für die Einstellung des Verfahrens erforderlich (BVerfG, Beschl. v. 01.06.2006 – 1 BvR 2293/03 –, juris). Für die Annahme eines Restverdachts ist ein nach Würdigung der gesamten belastenden und entlastenden Umstände fortbestehender Tatverdacht zu fordern (OVG Lüneburg, Urt. v. 20.11.2014 – 11 LB 15/14 –, juris).

58

Im vorliegenden Fall gibt es aufgrund des Freispruchs keinen gerichtlich im Strafurteil „festgestellten“ Sachverhalt hinsichtlich einer Straftat. Der weitere Verdacht gegen den Kläger kann sich daher nur auf die Beweismittel – hier Zeugen und „Urkunden“ – stützen, soweit sie im Strafverfahren oder Verwaltungsverfahren erhoben worden sind. Es bedarf hier für die Annahme eines „Rest“verdachts keiner strafrechtlichen Gesamtwürdigung dahingehend, ob der Kläger – mit welcher Wahrscheinlichkeit auch immer – der Tat überführt ist. Andererseits kann die nur theoretische Möglichkeit der Tatbegehung ohne das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte einen Restverdacht nicht begründen (OVG Lüneburg, Urt. v. 20.11.2014 – 11 LB 15/14 –, juris Rn. 38). Maßstab ist vielmehr, ob der Kläger auch nach Beendigung des Strafverfahrens durch Freispruch aufgrund der vorliegenden Beweismittel ernsthaft als Täter in Betracht kommt. Bei der gerichtlichen Überprüfung der im Rahmen der Anordnung nach § 81b 2. Alt. StPO zu treffenden Prognose geht die Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v.19.10.1982 – 1 C 114/79 –, BVerwGE 66, 202-206; OVG Bautzen, B. v. 29.01.2010 – 3 D 91/08 –, juris; siehe auch Rachor in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, E Rn. 413 f.), der sich der Senat angeschlossen hat (OVG M-V, Beschl. v. 04.03.2003 – 3 M 30/03 –, juris; Beschl. v. 16.02.2015 – 3 O 96/14 –, unveröffentlicht; Beschl. v. 08.04.2014 – 3 O 15/14 –, unveröffentlicht), von dem Grundsatz aus, dass die gerichtliche Kontrolle der Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Maßnahme sich darauf beschränkt, ob die nach kriminalistischer Erfahrung anzustellende Prognose auf zutreffender Tatsachengrundlage beruht und ob sie nach gegebenem Erkenntnisstand unter Einbeziehung des kriminalistischen Erfahrungswissens sachgerecht und vertretbar ist; hierfür sind alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Art, Schwere und Begehrungsweise der dem Beschuldigten zur Last gelegten Straftaten, seine Persönlichkeit und der Zeitraum, während dessen er strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist, als Anhaltspunkt für die Annahme heranzuziehen, ob er künftig oder gegenwärtig mit guten Gründen in den Kreis Verdächtigter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden darf.

59

Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung der Polizeibehörde, erkennungsdienstliche Maßnahmen gegen den Kläger weiterhin – auch nach seinem Freispruch im Strafverfahren – anzuordnen, nicht zu beanstanden. Hierzu hat die Polizeibehörde im Widerspruchsverfahren am 18. Juli 2012 vermerkt:

60

„Nach Einschätzung des KHK M. als Ermittlungsbeamten sprach sowohl das Verhalten des Kindes ... wie auch das des Beschuldigten während der Vernehmung für die Verwirklichung der Tat, sodass weiterhin erhebliche Verdachtsmomente gegen den o. g. Beschuldigten bestehen.“

61

Zudem hat sich die Behörde auf die Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft vom 17.02.2011 gestützt. Darin heißt es:

62

„Die Aussage des Kindes erscheint glaubhaft. Sie enthält keine Belastungstendenzen u. ist eher gekennzeichnet durch Zurückhaltung, da offensichtlich für ihn unangenehm/peinlich ist.“

63

Gegen diese Bewertung ist nichts zu erinnern. Denn sie stützt sich auf die im Strafverfahren vorhandenen Beweismittel. In der mündlichen Verhandlung im Strafverfahren vor dem Jugendrichter wurde der von dem Kind ... geschriebene Zettel

64

„Er hat mir den Schnidel gezeigt. Dann hat er noch mein Schnidel angefaßt. Ich sollte dann sein“

65

verlesen. Danach hat es eine sexuelle Handlung gegeben, von der das Kind vor der Polizei ausgesagt hat, dass sie von dem Kläger vorgenommen worden sei. In seiner polizeilichen Zeugenvernehmung vom 14. Januar 2011 hat das Kind ergänzend ausgesagt:

66

„Er ( A.) hat seinen Puller rausgestreckt und dann sollte ich das auch machen.“

67

Zudem hat das Kind die Fragen

68

„Hat er deinen Puller angefasst?“,

69

„Solltest du seinen auch anfassen?“

70

und

71

„Hast du das gemacht?“

72

alle bejaht.

73

In der von der Behörde vorgenommenen Gesamtwürdigung sprechen neben der Aussage des Kindes selbst auch die Angaben der Kindesmutter über die (Persönlichkeits-)Veränderungen ihres Sohns und über den Hergang, wie es dazu kam, dass der Zettel geschrieben worden ist, dafür, dass es eine sexuelle Handlung gegeben hat. Aus der vom Senat beigezogenen Strafakte der Staatsanwaltschaft Stralsund (526 Js 1807/11; Amtsgericht Ribnitz-Damgarten 6 Ds 150/11; Landgericht Stralsund 25 Ns 82/11) geht hervor, dass die Mutter des ..., ..., in ihrer Strafanzeige vom 10. Dezember 2010 angegeben hat, sie sei durch Lehrer des ... angesprochen und darauf hingewiesen worden, dass sich das Kind verändert habe. Ihr sei angeraten worden, mit ihm zu einem Psychologen zu gehen. Sie habe am Vorabend von ihrem Sohn erfahren wollen, warum er sich so verändert habe. Der Junge habe sich aber nicht erklären wollen und angegeben, dass er nichts sagen könne; er könne auch nicht „auf seine Oma und seinen Opa schwören, dass nichts sei“. Auf die Bitte der Mutter es aufzuschreiben, habe das Kind den o. g. Zettel geschrieben.

74

Die Polizei hat aufbauend auf diesem Sachverhalt aus dem Verhalten des Klägers auf eine erhebliche kriminelle Energie, Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Opfer und Neigung zur Begehung derartiger Straftaten geschlossen, welche die Annahme rechtfertigten, dass er auch in Zukunft in diesem Deliktsfeld in Erscheinung treten werde. Dabei hat die Polizei auch den Umstand berücksichtigt, dass der Kläger erstmals Beschuldigter eines Ermittlungsverfahrens wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern sei. Diesen jedoch nicht für ausschlaggebend gehalten, weil es sich bei dem sexuellen Missbrauch von Kindern regelmäßig – jedenfalls wenn keine Therapie erfolgreich durchgeführt werde – um ein typisches Wiederholungsdelikt mit hoher Rückfallwahrscheinlichkeit handele.

75

Diese Würdigung ist für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar. Da es sich um den Verdacht einer Tat im unmittelbaren Nachbarschaftsverhältnis handelte, die zudem im Hauskeller, heimlich und mehrfach gegenüber einem Kind als „schwachem“ Opfer erfolgt sein soll, das weder körperlich noch geistig oder seelisch in seiner Sexualität ausgereift Ist. Über die möglicherweise schwerwiegenden Folgen in der kindlichen Entwicklung des Opfers hat sich der insoweit noch verdächtige Kläger rücksichtslos hinweggesetzt.

II.

76

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

77

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.2 VwGO.

78

Einer Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren bedurfte es nicht, da diese Kosten aufgrund der Berufungszurückweisung nicht erstattungsfähig sind (§ 162 Abs. 2 VwGO).

79

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 1 u. Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

80

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 GKG i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.

(1) Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden.

(2) Über die Fälle des Absatzes 1 hinaus sind die Fingerabdrücke des Beschuldigten für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Einrichtung eines zentralisierten Systems für die Ermittlung der Mitgliedstaaten, in denen Informationen zu Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen (ECRIS-TCN) vorliegen, zur Ergänzung des Europäischen Strafregisterinformationssystems und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1726 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2019/818 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 85) geändert worden ist, auch gegen dessen Willen aufzunehmen, sofern

1.
es sich bei dem Beschuldigten um einen Drittstaatsangehörigen im Sinne des Artikels 3 Nummer 7 der Verordnung (EU) 2019/816 handelt,
2.
der Beschuldigte rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt oder gegen ihn rechtskräftig allein eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
keine Fingerabdrücke des Beschuldigten vorhanden sind, die im Rahmen eines Strafverfahrens aufgenommen worden sind, und
4.
die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister noch nicht getilgt ist.
Wenn auf Grund bestimmter Tatsachen und bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich dieser Maßnahme entziehen werde, dann dürfen die Fingerabdrücke abweichend von Satz 1 Nummer 2 bereits vor der Rechtskraft der Entscheidung aufgenommen werden.

(3) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 sind die nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, die nach Absatz 2 oder die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücke an das Bundeskriminalamt zu übermitteln.

(4) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 darf das Bundeskriminalamt die nach den Absätzen 1 und 2 sowie die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen und ihm übermittelten Fingerabdrücke verarbeiten. Bei den nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, den nach Absatz 2 Satz 2 und den nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücken ist eine über die Speicherung hinausgehende Verarbeitung nach Satz 1 unzulässig, solange die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist. Die Verarbeitung nach Satz 1 ist ferner unzulässig, wenn

1.
der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen wurde,
2.
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde oder
3.
die alleinige Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung gegen den Beschuldigten rechtskräftig unterbleibt.
Satz 3 gilt entsprechend in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2, wenn der Beschuldigte rechtskräftig zu einer anderen Strafe als Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt wurde. Ist die Verarbeitung der Fingerabdrücke nach Satz 3 oder 4 unzulässig, so sind die Fingerabdrücke zu löschen.

(5) Für die Verarbeitung für andere Zwecke als die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 gelten die §§ 481 bis 485. Die Verarbeitung der nach Absatz 2 Satz 2 aufgenommenen Fingerabdrücke ist jedoch erst zulässig, wenn die Entscheidung rechtskräftig und die Verarbeitung für die Erstellung eines Datensatzes nicht nach Absatz 4 Satz 3 oder 4 unzulässig ist. Die übrigen Bestimmungen über die Verarbeitung der nach Absatz 1 oder 2 oder nach § 163b aufgenommenen Fingerabdrücke bleiben unberührt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 02. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn dieser nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Aufhebung der Anordnung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung.

2

Mit Verfügung vom 11. Januar 2011 ordnete die KPI Stralsund – unter Anordnung der sofortigen Vollziehung – erkennungsdienstliche Maßnahmen gegen den Kläger an. In der Anordnung gab die Polizei als Rechtsgrundlage der ED-Maßnahme § 81 b 2. Alt. StPO, als verletzte Rechtsnorm § 176 StGB und als einzelne Maßnahmen

3

- Lichtbilder (Aufnahme in Lichtbildkartei wird angeregt 3-teilige Ganzaufnahme)
- Papillarleistenabdrücke (Fingerabdrücke Handflächenabdrücke)
- weitere Maßnahmen (Personenbeschreibung)

4

an. Mit selben Datum lud sie den Kläger als Beschuldigten vor. Zudem erhielt er eine gesonderte Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung. In Letzterer führte die Behörde aus, dass die erkennungsdienstlichen Maßnahmen in dem gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern angeordnet worden seien. In der Vorladung begründete sie die Anordnung dahingehend, dass die Art und Ausführung der dem Kläger zur Last gelegten sexuellen Tathandlungen von einer nicht geringen kriminellen Energie zeugten. Die Anfertigung und Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen liege im Interesse der Strafverfolgungsvorsorge, da diese Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen überführend oder entlastend fördern könnten.

5

In seiner Beschuldigtenvernehmung vom 26. Januar 2011 bestritt der Kläger die strafrechtlichen Vorwürfe und legte Widerspruch gegen die Anordnung der ED-Maßnahmen ein.

6

Mit Anhörungsschreiben vom 14. Mai 2012 teilte das Polizeipräsidium Neubrandenburg mit, dass der Widerspruch gegen die Anordnung aufschiebende Wirkung habe und begründete die Anordnung ausführlich. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung sei ein gegen den Kläger als Beschuldigten geführtes Ermittlungsverfahren anhängig gewesen. Der Kläger werde beschuldigt, ein Kind im Sommer 2009 mehrmals im Keller des Hauses J. Straße in Z. sexuell missbraucht zu haben, indem er dem Kind seinen erigierten Penis gezeigt und das Kind aufgefordert habe, diesen anzufassen. Weiterhin habe er das Kind aufgefordert, sein eigenes Geschlechtsteil zu zeigen. In diesem Verhalten trete eine erhebliche kriminelle Energie, Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Opfer und Neigung zur Begehung derartiger Straftaten zu Tage, welche die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger auch in Zukunft in diesem Deliktsfeld in Erscheinung treten werde. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Kläger erstmals Beschuldigter eines Ermittlungsverfahrens wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern sei, nichts. Bei dem sexuellen Missbrauch von Kindern handele es sich regelmäßig – jedenfalls wenn keine Therapie erfolgreich durchgeführt werde – um ein typisches Wiederholungsdelikt mit hoher Rückfallwahrscheinlichkeit.

7

Mit Anklageschrift vom 17. Februar 2001 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Kläger wegen zweier selbstständiger Handlungen strafbar gemäß §§ 176 Abs. 1, 53 StGB. Danach soll an zwei unterschiedlichen Tagen in den Sommerferien 2009 (Mitte Juli bis Ende August 2009) das Kind F. R., geb. 2001 – zum damaligen Zeitpunkt ... Jahre alt –, freiwillig in den Keller des Klägers in der J. Straße in Z. gegangen sein, wo der Kläger das entblößte Glied des Kindes angefasst habe und gleichfalls seinen erigierten Penis vom Kind habe anfassen lassen.

8

Mit Urteil vom 16. Juni 2011 – 6 Ds 150/11 – sprach das Amtsgericht Ribnitz-Damgarten – Jugendrichter – den Kläger frei. In den Urteilsgründen heißt es, der Angeklagte sei von dem Tatvorwurf aus tatsächlichen Gründen freizusprechen, da die Hauptverhandlung keine den Schuldvorwurf rechtfertigende Feststellungen erbracht habe:

9

„Der Zeuge ... hat in der Hauptverhandlung letztendlich keine Angaben gemacht, die zur Überführung des Angeklagten ausreichen würden. Trotz Ausschluss der Öffentlichkeit und Entfernung des Angeklagten aus dem Gerichtssaal hat der Zeuge Fragen des Gerichtes nur durch Kopfschütteln oder Nicken beantwortet. Zu tatsächlichen Handlungen des Angeklagten hat der Zeuge keine Auskunft gegeben.“

10

Die Mutter des Kindes legte gegen das Urteil zunächst Berufung ein, die sie in der Sitzung des Landgerichts Stralsund – Kleine Jugendkammer – (25 Ns 82/11) vom 30. Januar 2012 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft nach Beweisaufnahme zurücknahm. Das Urteil ist seit dem 30. Januar 2012 rechtskräftig.

11

Mit Widerspruchsbescheid vom 01. August 2012 wies das Polizeipräsidium Neubrandenburg den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, die Anordnung stütze sich auf § 81b 2. Alt. StPO. Erkennungsdienstliche Unterlagen würden nach dieser Vorschrift nicht für die Zwecke eines konkreten gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens erhoben, sondern erfolgten zu präventiv-polizeilichen Zwecken. Sie dienten der vorsorglichen Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen seien.

12

Der anlässlich des gegen den Kläger gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt müsse nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere Angesichts der Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, seiner Persönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des Zeitraumes, währenddessen er nicht (mehr) strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, Anhaltspunkte für die Annahme bieten, dass der Betroffene künftig oder anderwärts gegenwärtig mit Gründen als Verdächtiger in den Kreis potenzieller Beteiligter an einer strafbaren Handlung einbezogen könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen fördern könnten, in dem sie den Betroffenen überführen oder entlasten.

13

Der Kläger sei zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung Beschuldigter in einem bei der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungsverfahrens gewesen. Der nachträgliche Wegfall der Beschuldigteneigenschaft sei unschädlich. Im Rahmen der Abwägung sei danach zu differenzieren, in welchem Umfang Verdachtsmomente bestünden. Die Berücksichtigung und Bewertung von Verdachtsgründen stelle keine durch die Unschuldsvermutung verbotene Schuldfeststellung dar. Aus der Ermittlungsakte ergäben sich ausreichend Verdachtsgründe gegen den Kläger, die die erkennungsdienstlichen Maßnahmen rechtfertigten. Es handele sich um den Vorwurf einer Straftat gem. §§ 176 Abs. 1, 53 StGB. Sowohl die Kriminalpolizei, als auch die Staatsanwaltschaft hätten die Grundaussage des Kindes ..., dass es sexuelle Handlungen gegeben habe, als glaubhaft beurteilt. Das Schriftstück des Kindes ... sowie sein Verhalten während der Vernehmung begründeten weiterhin Verdachtsmomente gegen den Kläger. In der vorgeworfenen Tat trete eine erhebliche kriminelle Energie, Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Opfer und die Neigung zur Begehung derartiger Straftaten zu Tage. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung seien typische Wiederholungsdelikte mit hoher Rückfallwahrscheinlichkeit, bei der schon die erstmalige Begehung einer solchen Straftat erkennungsdienstliche Maßnahmen rechtfertige.

14

Mit seiner am 31. August 2012 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, er halte die Anordnung in der Form des Widerspruchsbescheides für rechtswidrig. Zum maßgeblichen Zeitpunkt – dem Erlass des Widerspruchsbescheides – sei er nicht mehr Beschuldigter gewesen. Voraussetzung der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Maßnahme nach § 81b 2. Alt. StPO sei, dass ein Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen schwebe; nur während der Anhängigkeit eines Verfahrens könne die Anordnung ergehen. Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Widerspruchsverfahrens sei für die Widerspruchsbehörde grundsätzlich die Rechtslage bei Erlass ihrer Widerspruchsentscheidung maßgeblich. Sie habe eine während des Vorverfahrens eingetretene Änderung der Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen. Erst der Widerspruchsbescheid gebe dem Ausgangsverwaltungsakt eine endgültige für den Verwaltungsprozess maßgebliche Gestalt wie aus § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO folge. Eine erkennungsdienstliche Behandlung stelle einen empfindlichen Eingriff in das aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar.

15

Vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger beantragt,

16

den Bescheid der Kriminalpolizei Stralsund vom 11. Januar 2011 zur Anordnung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Polizeipräsidiums Neubrandenburg vom 01. August 2012 aufzuheben.

17

Der Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Er ist der Ansicht, es reiche aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses der erstmaligen Anordnung Beschuldigter gewesen sei. Ein Wegfall der Beschuldigteneigenschaft im Widerspruchsverfahren lasse die Rechtmäßigkeit unberührt, da der Kläger die Schwelle des Verwickeltseins in ein konkretes Strafverfahren erreicht habe.

20

In der mündlichen Verhandlung vom 02. Juli 2013 hat der Beklagte erklärt, dass er die Anordnung auch auf § 31 SOG M-V stütze und wegen der Begründung zu § 31 SOG M-V auf die Ausführungen zu § 81b 2. Alt. StPO verwiesen.

21

Mit Urteil vom 02. Juli 2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung zur erkennungsdienstlichen Behandlung vom 11. Januar 2011 Beschuldigter gewesen. Gegen ihn sei zu diesem Zeitpunkt bei der Staatsanwaltschaft Stralsund ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern – die sog. Anlasstat – anhängig gewesen (526 Js 1807/11). Dass der Kläger bei Erlass des Widerspruchbescheides am 01. August 2012 nicht mehr Beschuldigter gewesen sei, führe nicht zur Rechtwidrigkeit der Anordnung. Dies ergebe sich aus Sinn und Zweck des § 81b 2. Alt. StPO. Mit dieser Regelung sollten präventiv-polizeiliche erkennungsdienstliche Maßnahmen gegen den Beschuldigten möglich sein. Der zur vorsorgenden Bereitstellung erkennungsdienstlicher Unterlagen führende Anlass ändere sich nicht, wenn die Beschuldigteneigenschaft nachträglich wegfalle. Die Besorgnis, der Beschuldigte könne auch zukünftig Straftaten begehen, bleibe bestehen. Dass eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b 2. Alt. StPO nur gegen einen Beschuldigten angeordnet werden dürfe, besage lediglich, dass die Anordnung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen könne, sondern dass sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und sich jedenfalls aus den Ergebnissen dieses Verfahrens die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung herleiten müsse. Es sei mit dem Wortlaut der Vorschrift noch vereinbar, dass der Betroffene „einmal“ Beschuldigter gewesen sei.

22

Die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers sei vorliegend für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig. Für die Beurteilung der Notwendigkeit komme es nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung, sondern auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Vornahme dieser Maßnahme an. Im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle komme es deshalb auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz an.

23

Die für das Ermittlungsverfahren wegen der Anlasstat bestimmenden Verdachtsmomente seien nicht ausgeräumt, weil der Kläger vom Amtsgericht Ribnitz-Damgarten (lediglich) aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden sei. Eine Unschuldsvermutung gelte trotz Freispruchs des Klägers nicht. Die Verwertung verbliebener Verdachtsmomente im Verfahren, die nicht zu einer Strafverfolgung des Betroffenen geführt haben, stelle keinen Verstoß gegen die im Rechtsstaatsprinzip begründete Unschuldsvermutung dar. Weder die Aufnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen noch ihre Aufbewahrung enthielten eine Aussage über Schuld oder Unschuld des Betroffenen. Selbst bei einem Freispruch seien die Ermittlungsbehörden noch befugt weiterhin davon auszugehen, dass der ursprüngliche Tatverdacht fortbestehe und weiterhin tragfähige Grundlage für die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen sei. Die gegen den Kläger verbliebenen Verdachtsmomente bezögen sich auf ein besonders schwerwiegendes Delikt. Der strafbare rechts- und sittenwidrige sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sei in hohem Maße persönlichkeits- und gemeinschaftsschädigend. Er greife in den sittlichen Reifeprozess eines jungen Menschen ein und gefährde die harmonische Entwicklung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seiner Einordnung in die Gemeinschaft. Der Beklagte habe ermessensfehlerfrei gehandelt. Die abverlangten erkennungsdienstlichen Unterlagen seien geeignet und erforderlich. Die Anordnung sei dem Kläger auch zumutbar. Der Beklagte habe die Maßnahmen auf das notwendige Maß beschränkt.

24

Gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen.

25

Das Urteil ist dem Kläger am 08. Juli 2013 zugestellt worden. Am 02. August 2013 hat er Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 08. Oktober 2013 unter Antragstellung begründet. Er ist unter Bezugnahme auf die Klagschrift und der von ihm benannten Rechtsprechung weiterhin der Auffassung, Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Anordnung sei, dass die Beschuldigteneigenschaft auch noch zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides bestehe. Es genüge nicht, dass der Betroffene einmal Beschuldigter gewesen sei.

26

Der Kläger beantragt,

27

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 02. Juli 2013 die Anordnung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung vom 11. Januar 2011 durch die Polizeiinspektion Stralsund und den Widerspruchsbescheid des Polizeipräsidiums Neubrandenburg vom 01. August 2012 aufzuheben.

28

Der Beklagte beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen.

30

Zur Begründung schließt er sich den Entscheidungsgründen des verwaltungsgerichtlichen Urteils an.

31

Ausweislich der beigezogenen Strafakte der Staatsanwaltschaft Stralsund 526 Js 1807/11 (Amtsgericht Ribnitz-Damgarten 6 Ds 150/11; Landgericht Stralsund 25 Ns 82/11) erstattete die Mutter des Kindes ... Strafanzeige. Sie gab darin an, dass sie durch Lehrer des ... angesprochen und darauf hingewiesen worden sei, dass sich das Kind verändert habe. Ihr sei angeraten worden mit ihm zu einem Psychologen zu gehen. Sie habe am Vorabend von ihrem Sohn erfahren wollen, warum er sich so verändert habe. Der Junge habe sich aber nicht erklären wollen und angegeben, dass er nichts sagen könne; er könne auch nicht „auf seine Oma und seinen Opa schwören, dass nichts sei“. Auf die Bitte der Mutter es aufzuschreiben, habe das Kind einen Zettel geschrieben:

32

„Er hat mir den Schnidel gezeigt. Dann hat er noch mein Schnidel angefaßt. Ich sollte dann sein“

33

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungs- und Strafakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

34

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Denn das Verwaltungsgericht hat zu Recht seine Klage abgewiesen.

35

Die Klage ist unbegründet, weil die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen gegen den Kläger mit Bescheid vom 11. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2012 rechtmäßig ist und ihn nicht in seinen Rechten verletzt.

1.

36

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht die Rechtsgrundlage der Anordnung in § 81b 2. Alt. StPO auch dann gesehen, wenn – wie im vorliegenden Fall – der ursprünglich Beschuldigte der sog. Anlasstat zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides seine Beschuldigteneigenschaft verloren hat, weil er im Strafverfahren freigesprochen worden ist (a. A. VG Schwerin, Urt. v. 10.12.2014 – 7 A 1518/14 –, juris, in Abgrenzung zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts Greifswald im hiesigen Verfahren).

37

Bereits in der Erstanordnung gegen den Kläger vom 11. Januar 2011 ist die erkennungsdienstliche Maßnahme auf § 81b 2. Alt StPO gestützt worden. Diese Vorschrift lautet:

38
§ 81b StPO: „Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden.“
39

Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger noch Beschuldigter der sog. Anlasstat. Nachdem er von dem Vorwurf, diese Tat begangen zu haben, im strafgerichtlichen Verfahren freigesprochen worden war, ist diese Beschuldigteneigenschaft mit der Rechtskraft des Urteils am 30. Januar 2012 entfallen und lag somit zum späteren Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 01. August 2012 nicht mehr vor.

40

In der Rechtsprechung ist umstritten, ob die Beschuldigteneigenschaft weiter fortbestehen muss, wenn die Anordnung noch nicht vollzogen worden ist. Fraglich ist insbesondere, ob sie nur zum Zeitpunkt der Anordnung (so OVG Bautzen, Beschl. v. 10.10.2000 – 3 BS 53/00 –, NVwZ-RR 2001, 238) oder auch (noch) zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids (arg. § 79 VwGO) vorhanden sein muss (dafür BayVGH, Urt. v. 09.02.2004 – 24 B 03.695 –, juris; OVG Hamburg, Urt. v. 11.04.2013 – 4 Bf 141/11 –, juris). Mit Beschluss vom 04. November 2013 (– 3 D 50/13 –, juris) hat das OVG Bautzen im Hinblick auf die abweichende Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs erklärt, dass diese Frage einer erneuten Überprüfung bedürfe, die nicht im Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe durchentscheiden werden dürfe.

41

Das Bundesverwaltungsgericht hat die vorliegende Frage im Urteil vom 19. Oktober 1982 (– 1 C 29/79 –, BVerwGE 66, 192; juris Rn. 25) noch ausdrücklich offen gelassen. Zwar hat es ausgeführt, dass der Begriff des Beschuldigten nur besage, dass die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen könne, sondern dass sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und jedenfalls auch aus den Ergebnissen dieses Verfahrens die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung herleiten müsse (so auch BVerwG, Beschl. v. 06.07.1988 – 1 B 61/88, NJW 1989, 2640; BVerwG, Urt. v. 06.02.2005 – 6 C 2/05, NJW 2006, 1225). Mit der Beschuldigteneigenschaft wird somit der frühestmögliche Zeitpunkt der Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen beschrieben. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob und wenn ja wann spätestens eine solche Anordnung erfolgen kann. Auch ist damit noch nichts darüber gesagt, wann die einmal bestehende Anordnungsmöglichkeit wieder entfallen könnte. Jeder Verurteilte oder Strafgefangene ist zuvor auch Beschuldigter gewesen. Wenn sich § 81b 2. Alt. StPO nicht auf alle ehemaligen Beschuldigten erstrecken soll, ist eine Eingrenzung erforderlich. Zu Recht hat das Bundesverwaltungsgericht deshalb darauf abgestellt, dass die Anordnung während eines „schwebenden“ Ermittlungsverfahrens erfolgen muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.11.1955, BVerwGE 2, 302).

42

In einer neueren Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht (Beschl. v. 14.07.2014 – 6 B 2/14 –, NVwZ-RR 2014, 848) zwar aus, dass die Rechtmäßigkeit nicht dadurch berührt (wird), dass der Betroffene nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens und vor dem Vollzug des Verwaltungsaktes die Beschuldigteneigenschaft verliert (so auch schon BVerwG, Urt. v. 19.10.1982 – 1 C 29/79 –, BVerwGE 66, 192; juris Rn. 26). Daraus lässt sich jedoch nicht schlussfolgern, dass der Wegfall der Beschuldigteneigenschaft noch vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens – also vor Erlass des Widerspruchsbescheides – zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme führt. Denn in derselben Entscheidung hebt das Bundesverwaltungsgericht hervor, dass es, soweit es für die Rechtmäßigkeit des Bescheids nach § 81b 2. Alt. StPO auf die Beschuldigteneigenschaft ankommt, nach seiner Rechtsprechung auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids abzustellen sei.

43

Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass § 81b. 2. Alt. StPO als Rechtsgrundlage heranzuziehen ist. Dafür spricht insbesondere der Sinn und Zweck der Norm.

44

Der Wortlaut der Vorschrift des § 81b StPO allein sagt über die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Beschuldigteneigenschaft vorliegen muss, nichts aus. Dem Verwaltungsgericht Greifswald ist deshalb darin zuzustimmen, dass der Wortlaut noch mit einer Auslegung vereinbar ist, dass die Beschuldigteneigenschaft (irgendwann) einmal vorgelegen haben muss (insoweit strenger: OVG Hamburg, Urt. v. 11.04.2013 – 4 Bf 141/11 –, NordÖR 2013, 36, juris Rn. 40, da Ausgangsbescheid und Widerspruchsbescheid eine verfahrensmäßige Einheit bilden würden).

45

„Beschuldigter“ ist eine Person gegen die ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren oder ein Strafverfahren geführt wird. Endet das Strafverfahren, endet auch die Beschuldigteneigenschaft. Mit rechtskräftiger Verurteilung wird der Beschuldigte (im Strafverfahren nach Anklageerhebung: Angeschuldigter bzw. nach Eröffnungsbeschluss: Angeklagter) zu einem Verurteilten. Nach einhelliger Auffassung richtet sich die Anordnung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen gegenüber bereits Verurteilten, insbesondere auch Häftlingen nicht nach § 81b 2. Alt. StPO sondern nach dem Polizeigesetzen der Länder (hier § 31 SOG M-V; vgl. nur Heyen, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht in: Schütz/ Classen, Landesrecht Mecklenburg-Vorpommern, Studienbuch, 2. Aufl., 2009, Rn. 109 mit Hinweis auf OVG Koblenz, Beschl. v. 17.11.2000 – 11 B 11859/00 –, DöV 2001, 212; Götz, Polizeirecht, Rn. 510 und Rachor, in: Lisken/ Denninger, F, Rn. 425). Daraus folgt jedoch nur, dass eine erkennungsdienstliche Anordnung nicht mehr (erstmals) nach Abschluss des Strafverfahrens erfolgen kann (so auch Schmitt in: Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO 57. Aufl., § 81b Rn. 7), nicht aber, dass eine bereits während eines laufenden Ermittlungsverfahrens bereits getroffene Anordnung nicht mehr vollzogen werden kann. Gleiches gilt für den Fall eines Einspruchs. Auch hier endet die Beschuldigteneigenschaft.

46

Die historische Auslegung des § 81b StPO gibt nichts her. Die Vorschrift ist durch das Ausführungsgesetz zu dem Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl. I S. 1000) in die Strafprozessordnung eingefügt worden. Auch soweit die Maßnahmen nicht zur Strafverfolgung in einem konkret anhängigen Verfahren sondern zu Zwecken des Erkennungsdienstes angeordnet wurden und damit lediglich vorbeugend der Sicherung der Allgemeinheit dienten, wurden sie zunächst als dem Gebiet der Strafprozessordnung zugehörig eingeordnet, mit der Folge, dass nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der zu den ordentlichen (Straf-)Gerichten eröffnet war (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.11.1955, BVerwGE 2, 302; siehe zur Entstehungsgeschichte auch: Schweckendieck, ZRP 1989, 125; vgl. auch Fugmann, NJW 1981, 2227).

47

Auch die systematische Auslegung der Vorschrift führt nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. Zwar verwendet § 81b StPO einen einheitlichen Beschuldigtenbegriff, obwohl § 81b 1. Alt StPO einerseits und § 81b 2. Alt. StPO andererseits unterschiedlichen Zwecken dienen, nämlich die erstgenannte Vorschrift der konkreten Strafverfolgung der Anlasstat und die zweitgenannte unabhängig von der konkreten Tat der vorbeugenden Strafverfolgung (Strafverfolgungsvorsorge). Daraus könnte zwar gefolgert werden, dass die Anlasstat, wie bei der 1. Alternative, auch für die zweite Alternative noch anhängig sein muss, ob das jedoch nicht nur für die Erstanordnung, sondern auch für den Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides gelten soll, lässt sich daraus nicht entnehmen.

48

Auch § 81g StPO, der in Abs. 1 die Entnahme und molekulargenetische Untersuchung von Körperzellen des Beschuldigten zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren regelt, bietet keinen Aufschluss. Zwar hätte es der Änderung durch Anfügung des dortigen Absatz 4 nicht bedurft (zu dieser Gesetzesänderung: BT-Drs. 15/5674 v. 14.06.2005, S. 4 u. 12), wenn von dem Beschuldigtenbegriff in Abs. 1 auch bereits der später Verurteilte umfasst werden würde. Denn dann wäre die Regelung in Absatz 4, dass die Absätze 1 bis 3 entsprechend gelten, wenn die betroffene Person wegen der Tatrechtskräftig verurteilt worden ist, nicht erforderlich. Entsprechendes würde für die weiteren in Abs. 4 aufgeführten Fälle gelten, nach denen die betroffene Person nur wegen (1) erwiesener oder nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit, (2) auf Geisteskrankheit beruhender Verhandlungsunfähigkeit oder (3) fehlender oder nicht auszuschließender fehlender Verantwortlichkeit (§ 3 Jugendgerichtsgesetz) nicht verurteilt worden ist. Ob nach der Systematik dieser Vorschrift ein Beschuldigter, der aus anderen Gründen freigesprochen worden ist oder gegen den das Strafverfahren eingestellt worden ist, bereits unter die Regelung des § 81g Abs. 1 StPO fällt, lässt sich der Norm nicht ohne weiteres entnehmen. Dafür könnte jedoch sprechen, dass nach der Begründung im Gesetzentwurf mit der Änderung hinsichtlich der DNA-Analyse zu Zwecken künftiger Strafverfolgung eine „übersichtliche und einheitliche Gesamtregelung in § 81g“ erfolgen sollte (BT-Drs. 15/5674 v. 14.06.2005, S. 12).

49

Sinn und Zweck der Vorschrift des § 81b StPO sprechen entscheidend (mehr) für die vom Verwaltungsgericht Greifswald vertretene Auffassung. In der 2. Alternative des § 81b StPO werden die erkennungsdienstlichen Maßnahmen nicht für das konkrete Strafverfahren, das gegen den Beschuldigten geführt wird (1. Alt.), sondern „für die Zwecke des Erkennungsdienstes“ angeordnet. Damit reicht der Zweck auch zeitlich über das konkrete Strafverfahren hinaus auf andere mögliche zukünftige Ermittlungsverfahren (Strafverfolgungsvorsorge). Dieser Zweck ist von der Beschuldigteneigenschaft abgekoppelt. Denn in einem (möglichen) zeitlich späteren Ermittlungsverfahren muss der Betroffene nicht mehr Beschuldigter des Anlassverfahrens sein. Sinn und Zweck der Beschuldigteneigenschaft ist somit, nicht zu (irgend)einem beliebigen Zeitpunkt erkennungsdienstliche Maßnahmen gegen den Bürger zu treffen, sondern erst dann, wenn eine gewisse Schwelle überschritten worden ist, nämlich insbesondere die Durchführung eines formellen strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Diese Schwelle (Hürde) dient dem Grundrechtsschutz des Betroffenen und beugt willkürlichem Handeln vor.

50

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Schwelle „Beschuldigter“ zu werden, relativ niedrig ist, weil das Ermittlungsverfahren gemäß § 160 Abs. 1 StPO beginnt, sobald die Staatsanwaltschaft durch eine Strafanzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer Straftat Kenntnis erhält. Ein besonderes (formelles) Vorermittlungsverfahren kennt die Strafprozessordnung nicht. Wird eine Strafanzeige gegen einen konkreten Betroffenen erhoben, wird dieser zum Beschuldigten, wenn ihn die Polizei beispielsweise – wie hier – zu einer Beschuldigtenvernehmung lädt. Denn der Verdächtige wird bereits durch eine Maßnahme zum Beschuldigten, die erkennbar darauf abzielt, gegen ihn strafrechtlich vorzugehen (Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 160 Rn. 6). Sollte sich im Rahmen des Ermittlungsverfahrens (schnell) herausstellen, dass der Beschuldigte nicht verurteilt werden kann, darf sich die Widerspruchsbehörde nicht ohne weiteres darauf zurückziehen, dass er (einmal) Beschuldigter gewesen ist.

51

Dem könnte dadurch Rechnung getragen werden, dass für die Beschuldigteneigenschaft auch auf den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung abzustellen, zumal nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Gegenstand der Anfechtungsklage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, ist. Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer Anfechtungsklage ist deshalb grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung abzustellen (OVG Hamburg, Urt. v. 11.04.2013 – 4 Bf 141/11 –, NordÖR 2013, 36, juris Rn. 36). Auch zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides müssten daher alle Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, woran es hinsichtlich der Beschuldigteneigenschaft vorliegend fehlen würde (so auch im Fall des VG Schwerin, Urt. v. 10.12.2014 – 7 A 1518/14 –, juris). Allerdings gilt dieser Grundsatz dann nicht, wenn sich aus dem materiellen Recht etwas Abweichendes ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.02.2011 – 8 C 51/09 –, juris Rn. 20). Das ist vorliegend der Fall. Bei Anordnungen nach § 81b 2. Alt. StPO handelt es sich um Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge (BVerwG, Urt. v. 23.11.2005 – 6 C 2/05, NJW 2006, 1225, juris Rn. 18; Schenke, JZ 2006, 707). Da diese der Erforschung und Aufklärung in zukünftigen Ermittlungsverfahren dienen, enthält die Anordnungsentscheidung eine Prognose darüber, ob der Beschuldigte zukünftig in die Ermittlungen einzubeziehen ist, also im Kern eine Abschätzung seines zukünftigen Verhaltens. Damit weist die Vorschrift auch eine Nähe zum „materiellen Polizeirecht“ (vgl. Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 58 Aufl., § 81b Rn. 3) auf; die Anordnung dient „präventiv-polizeilichen Zwecken“. Insgesamt spricht daher mehr dafür, für den maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage – wie beim Gefahrenabwehrrecht allgemein (vgl. nur für den Gefahrenbegriff: Pewerstorf/ Söllner/ Tölle, Praxishandbuch Polizei- und Ordnungsrecht, A Rn. 19) – auf den Zeitpunkt der Erstanordnung und damit auf die ex-ante Sicht der Behörde abzustellen.

52

Da der Erkenntniszweck erst auf ein künftiges – noch unbekanntes – Strafverfahren zielt, würde es für den Grundrechtsschutz des (ehemaligen) Beschuldigten keinen Mehrwert haben, wenn für die Beschuldigteneigenschaft (zusätzlich) auf den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung abzustellen wäre. Der Betroffenen ist vor der Vollziehung der Anordnung, also vor einem Eingriff in seine Grundrechte hinreichend dadurch geschützt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Beurteilung der übrigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen vor dem Vollzug auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen ist (BVerwG, Urt. v. 19.10.1982 – 1 C 29/79 – BVerwGE 66, 192, juris, 3. Leitsatz), also ohnehin die Veränderung der Sach- und Rechtslage auch nach Erlass eines Widerspruchsbescheides zu beachten ist, insbesondere auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerwG 2005, Rn. 22).

53

Mithin darf die Ermessensentscheidung über die Notwendigkeit der Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen nicht mehr reflexartig an die Beschuldigteneigenschaft anknüpfen, wenn das Strafverfahren zu diesem Zeitpunkt bereits nach §§ 170 Abs. 2 StPO oder §§ 153 ff StPO eingestellt worden ist oder der Beschuldigte freigesprochen wurde. Vielmehr ist gerade aufgrund des Eingriffs in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG erforderlich, dass der Ermessensausübung auch dieser Ausgang des Strafverfahrens zugrunde liegt. Ein bloßer Verweis auf die (nicht mehr bestehende) Beschuldigteneigenschaft reicht nämlich nicht aus, um die Notwendigkeit der Maßnahmen zu begründen. Vielmehr muss die Behörde ihre Erwägungen darauf abstellen, ob trotz der Einstellung des Strafverfahrens oder des Freispruchs die Maßnahmen (weiterhin) anzuordnen sind, weil ein Restverdacht geblieben ist. Der Betroffene darf nicht bereits deshalb als potenzieller Rechtsbrecher behandelt werden, weil er sich irgendwie verdächtig gemacht hat oder angezeigt worden ist (Söllner in: Praxishandbuch Polizei- und Ordnungsrecht, 1. Aufl., 2013, S. 161 Rn. 169). Die Behörde hat ihrer Entscheidung den festgestellten Sachverhalt aus dem Strafverfahren zugrunde zu legen. Hat das Strafgericht beispielsweise den Beschuldigten freigesprochen, weil (positiv) festgestellt worden ist, dass er sich nicht am Tatort aufgehalten hat, darf sie sich nicht auf die Beschuldigteneigenschaft zurückziehen. In einem solchen Fall fehlt es an einem Verdacht der Begehung einer Straftat. Aber auch wenn es an solchen (positiven) Feststellungen im Strafurteil fehlt, darf die Behörde nicht allein an die frühere Beschuldigteneigenschaft anknüpfen, sondern muss ihren Restverdacht konkret auf den jeweiligen Einzelfall bezogen begründen. Diese Begründung darf weder schematisch noch formelhaft oder unspezifisch sein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.06.2006 – 1 BvR 2293/03 –, juris). Es hängt von einer Würdigung der gesamten Umstände des einzelnen Falles ab, ob wegen der Einstellung von Strafverfahren, die gegen den Betroffenen gerichtet waren, die Anfertigung oder Aufbewahrung von erkennungsdienstlichen Unterlagen nicht mehr notwendig ist (BVerwG, Urt. v. 19.10.1982 – 1 C 114/79 –, BVerwGE 66, 202, juris Rn. 30).

54

Der Senat brauchte nach alldem nicht mehr zu entscheiden, ob der angeordneten Maßnahme auch die polizeirechtliche Vorschrift des § 31 SOG M-V hätte zugrunde gelegt werden können, auf die sich der Beklagte erstmals und hilfsweise erstinstanzlich berufen hat. Ein Austausch der Rechtsgrundlage wäre zwar möglich, wenn sich das Wesen des angefochtenen Bescheides durch ein Auswechseln der Ermächtigungsgrundlage nicht verändert (so OVG NRW, Beschl. v. 05.08.2015 – 5 A 990/14 –, juris, für den umgekehrten Fall des Austauschs der polizeirechtlichen Vorschrift im Bescheid gegen § 81b 2. Alt StPO). Auch dürfte die Vorschrift des § 31 SOG M-V wohl auch zum Zwecke der Strafverfolgungsvorsorge und nicht nur für spezialpräventive Zwecke anwendbar sein. Denn die bundesrechtliche Regelung des § 81b 2. Alt. StPO fußt auf der konkurrierenden Gesetzgebung aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Dass der Bundesgesetzgeber mit dieser Vorschrift auch die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen außerhalb eines laufenden Strafverfahrens ausschließen wollte, ist nicht ersichtlich (für die Zulässigkeit von landesrechtlichen Polizeigesetzen auch Schmitt in: Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO 58. Aufl., § 81b Rn. 4; Schenke: Die Rechtsnatur einer erkennungsdienstlichen Maßnahme gem. § 81b Alt. 2 StPO, JZ 2006, 707, 708). Der Senat hat bereits in anderem Zusammenhang „ergänzend bemerkt“ dass der Landesgesetzgeber mit den Vorschriften der §§ 36, 37 SOG M-V (für die Erhebung, Speicherung und Weiterverarbeitung von Daten für präventiv-polizeiliche Zwecke im Zusammenhang mit § 81b 2. Alt. StPO) nicht gegen die Gesetzgebungszuständigkeit aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG verstoßen habe (OVG M-V, Beschl. v. 04.03.2003 – 3 M 30/03 –, NordÖR 2003, 252, juris Rn. 24 mit Hinweis auf LVerfG M-V, Urt. v. 18.05.2000 – LVerfG 5/98).

2.

55

Die beklagte Behörde hat vorliegend auch zu Recht einen „Restverdacht“ gegen den Kläger trotz seines Freispruches im Strafverfahren angenommen.

56

Zunächst steht die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Unschuldsvermutung, die kraft Art. 6 Abs. 2 MRK auch Bestandteil des positiven Rechts in der Bundesrepublik Deutschland ist, der Aufrechterhaltung der Anordnung nicht entgegen (BVerfG, Beschl. v. 16.05.2002 – 1 BvR 2257/01 –, NJW 2002, 3231 zur Speicherung). Die Feststellung des Tatverdachtes ist etwas substantiell anderes als eine Schuldfeststellung (BVerfG, a. a. O., juris Rn. 9). Im Falle eines Freispruchs (oder der Verfahrenseinstellung) bedarf es daher der Überprüfung, ob noch Verdachtsmomente gegen den Betroffenen bestehen, die eine Fortdauer der Speicherung (hier der Anordnung) zu präventiv-polizeilichen Verbrechensbekämpfung rechtfertigen. Weitere Voraussetzung ist die Wiederholungsgefahr (BVerfG, Beschl. v. 16.05.2002 – 1 BvR 2257/01 –, NJW 2002, 3231).

57

Allerdings kann nicht schematisch ein bei einem Freispruch oder einer Einstellung des Verfahrens verbleibender Restverdacht genügen. Denn Aufgabe des Strafverfahrens ist es nicht die Unschuld des Beschuldigten festzustellen, sondern seine Schuld. Auch würde allein der Bezug auf die Anlasstat als Sexualstraftat nicht ausreichen, da eine lediglich formelhafte und unspezifische Begründung für das Bestehen einer Wiederholungsgefahr, dass bei Sexualstraftätern eine weit überdurchschnittliche Gefahr einer zukünftigen Straftat bestehe, nicht den aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Anforderungen genügt. Es ist vielmehr ein hinreichender Bezug zu den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Gründe für die Einstellung des Verfahrens erforderlich (BVerfG, Beschl. v. 01.06.2006 – 1 BvR 2293/03 –, juris). Für die Annahme eines Restverdachts ist ein nach Würdigung der gesamten belastenden und entlastenden Umstände fortbestehender Tatverdacht zu fordern (OVG Lüneburg, Urt. v. 20.11.2014 – 11 LB 15/14 –, juris).

58

Im vorliegenden Fall gibt es aufgrund des Freispruchs keinen gerichtlich im Strafurteil „festgestellten“ Sachverhalt hinsichtlich einer Straftat. Der weitere Verdacht gegen den Kläger kann sich daher nur auf die Beweismittel – hier Zeugen und „Urkunden“ – stützen, soweit sie im Strafverfahren oder Verwaltungsverfahren erhoben worden sind. Es bedarf hier für die Annahme eines „Rest“verdachts keiner strafrechtlichen Gesamtwürdigung dahingehend, ob der Kläger – mit welcher Wahrscheinlichkeit auch immer – der Tat überführt ist. Andererseits kann die nur theoretische Möglichkeit der Tatbegehung ohne das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte einen Restverdacht nicht begründen (OVG Lüneburg, Urt. v. 20.11.2014 – 11 LB 15/14 –, juris Rn. 38). Maßstab ist vielmehr, ob der Kläger auch nach Beendigung des Strafverfahrens durch Freispruch aufgrund der vorliegenden Beweismittel ernsthaft als Täter in Betracht kommt. Bei der gerichtlichen Überprüfung der im Rahmen der Anordnung nach § 81b 2. Alt. StPO zu treffenden Prognose geht die Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v.19.10.1982 – 1 C 114/79 –, BVerwGE 66, 202-206; OVG Bautzen, B. v. 29.01.2010 – 3 D 91/08 –, juris; siehe auch Rachor in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, E Rn. 413 f.), der sich der Senat angeschlossen hat (OVG M-V, Beschl. v. 04.03.2003 – 3 M 30/03 –, juris; Beschl. v. 16.02.2015 – 3 O 96/14 –, unveröffentlicht; Beschl. v. 08.04.2014 – 3 O 15/14 –, unveröffentlicht), von dem Grundsatz aus, dass die gerichtliche Kontrolle der Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Maßnahme sich darauf beschränkt, ob die nach kriminalistischer Erfahrung anzustellende Prognose auf zutreffender Tatsachengrundlage beruht und ob sie nach gegebenem Erkenntnisstand unter Einbeziehung des kriminalistischen Erfahrungswissens sachgerecht und vertretbar ist; hierfür sind alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Art, Schwere und Begehrungsweise der dem Beschuldigten zur Last gelegten Straftaten, seine Persönlichkeit und der Zeitraum, während dessen er strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist, als Anhaltspunkt für die Annahme heranzuziehen, ob er künftig oder gegenwärtig mit guten Gründen in den Kreis Verdächtigter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden darf.

59

Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung der Polizeibehörde, erkennungsdienstliche Maßnahmen gegen den Kläger weiterhin – auch nach seinem Freispruch im Strafverfahren – anzuordnen, nicht zu beanstanden. Hierzu hat die Polizeibehörde im Widerspruchsverfahren am 18. Juli 2012 vermerkt:

60

„Nach Einschätzung des KHK M. als Ermittlungsbeamten sprach sowohl das Verhalten des Kindes ... wie auch das des Beschuldigten während der Vernehmung für die Verwirklichung der Tat, sodass weiterhin erhebliche Verdachtsmomente gegen den o. g. Beschuldigten bestehen.“

61

Zudem hat sich die Behörde auf die Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft vom 17.02.2011 gestützt. Darin heißt es:

62

„Die Aussage des Kindes erscheint glaubhaft. Sie enthält keine Belastungstendenzen u. ist eher gekennzeichnet durch Zurückhaltung, da offensichtlich für ihn unangenehm/peinlich ist.“

63

Gegen diese Bewertung ist nichts zu erinnern. Denn sie stützt sich auf die im Strafverfahren vorhandenen Beweismittel. In der mündlichen Verhandlung im Strafverfahren vor dem Jugendrichter wurde der von dem Kind ... geschriebene Zettel

64

„Er hat mir den Schnidel gezeigt. Dann hat er noch mein Schnidel angefaßt. Ich sollte dann sein“

65

verlesen. Danach hat es eine sexuelle Handlung gegeben, von der das Kind vor der Polizei ausgesagt hat, dass sie von dem Kläger vorgenommen worden sei. In seiner polizeilichen Zeugenvernehmung vom 14. Januar 2011 hat das Kind ergänzend ausgesagt:

66

„Er ( A.) hat seinen Puller rausgestreckt und dann sollte ich das auch machen.“

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Zudem hat das Kind die Fragen

68

„Hat er deinen Puller angefasst?“,

69

„Solltest du seinen auch anfassen?“

70

und

71

„Hast du das gemacht?“

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alle bejaht.

73

In der von der Behörde vorgenommenen Gesamtwürdigung sprechen neben der Aussage des Kindes selbst auch die Angaben der Kindesmutter über die (Persönlichkeits-)Veränderungen ihres Sohns und über den Hergang, wie es dazu kam, dass der Zettel geschrieben worden ist, dafür, dass es eine sexuelle Handlung gegeben hat. Aus der vom Senat beigezogenen Strafakte der Staatsanwaltschaft Stralsund (526 Js 1807/11; Amtsgericht Ribnitz-Damgarten 6 Ds 150/11; Landgericht Stralsund 25 Ns 82/11) geht hervor, dass die Mutter des ..., ..., in ihrer Strafanzeige vom 10. Dezember 2010 angegeben hat, sie sei durch Lehrer des ... angesprochen und darauf hingewiesen worden, dass sich das Kind verändert habe. Ihr sei angeraten worden, mit ihm zu einem Psychologen zu gehen. Sie habe am Vorabend von ihrem Sohn erfahren wollen, warum er sich so verändert habe. Der Junge habe sich aber nicht erklären wollen und angegeben, dass er nichts sagen könne; er könne auch nicht „auf seine Oma und seinen Opa schwören, dass nichts sei“. Auf die Bitte der Mutter es aufzuschreiben, habe das Kind den o. g. Zettel geschrieben.

74

Die Polizei hat aufbauend auf diesem Sachverhalt aus dem Verhalten des Klägers auf eine erhebliche kriminelle Energie, Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Opfer und Neigung zur Begehung derartiger Straftaten geschlossen, welche die Annahme rechtfertigten, dass er auch in Zukunft in diesem Deliktsfeld in Erscheinung treten werde. Dabei hat die Polizei auch den Umstand berücksichtigt, dass der Kläger erstmals Beschuldigter eines Ermittlungsverfahrens wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern sei. Diesen jedoch nicht für ausschlaggebend gehalten, weil es sich bei dem sexuellen Missbrauch von Kindern regelmäßig – jedenfalls wenn keine Therapie erfolgreich durchgeführt werde – um ein typisches Wiederholungsdelikt mit hoher Rückfallwahrscheinlichkeit handele.

75

Diese Würdigung ist für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar. Da es sich um den Verdacht einer Tat im unmittelbaren Nachbarschaftsverhältnis handelte, die zudem im Hauskeller, heimlich und mehrfach gegenüber einem Kind als „schwachem“ Opfer erfolgt sein soll, das weder körperlich noch geistig oder seelisch in seiner Sexualität ausgereift Ist. Über die möglicherweise schwerwiegenden Folgen in der kindlichen Entwicklung des Opfers hat sich der insoweit noch verdächtige Kläger rücksichtslos hinweggesetzt.

II.

76

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

77

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.2 VwGO.

78

Einer Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren bedurfte es nicht, da diese Kosten aufgrund der Berufungszurückweisung nicht erstattungsfähig sind (§ 162 Abs. 2 VwGO).

79

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 1 u. Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

80

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 GKG i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.