Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 05. Feb. 2018 - 1 L 89/14

published on 05/02/2018 00:00
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 05. Feb. 2018 - 1 L 89/14
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Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 28. März 2014 wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahrens wird auf 140,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Durch Bescheide vom 24. Mai 2013 setzte der Beklagte gegenüber den Klägern für das Erhebungsjahr 2013 eine Jahreskurabgabe in Höhe von je 70 € fest. Die Widersprüche wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheide vom 29. August 2013 zurück. Die Kläger haben Klage erhoben.

2

Durch Urteil vom 28. März 2014 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Die Klage sei zulässig und begründet. Die Satzung der Gemeinde Ostseebad Heringsdorf über die Erhebung einer Kurabgabe vom 25. April 2013 - Kurabgabesatzung 2013 – seien unwirksam. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V müsse eine Abgabensatzung den Kreis der Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt ihrer Entstehung und ihrer Fälligkeit angeben (Mindestinhalt). Die Satzung genüge – unter zwei Gesichtspunkten – diesem Mindestinhalt nicht.

3

Die Kurabgabesatzung 2013 sei nichtig, weil die Kalkulation für das Jahr 2013 fehlerhaft sei. Für dieses Erhebungsjahr habe der Beklagte bei unter Berücksichtigung der Erlöse noch ungedeckten Kosten in Höhe von 5.780.900 € mit einem Eigenanteil der Gemeinde von 383.240 € kalkuliert. Die Kammer halte aber in ständiger Rechtsprechung einen Eigenanteil von weniger als 10 v. H. der berücksichtigungsfähigen ungedeckten Kosten für nicht ausreichend, um den Vorteil der Kureinrichtung für die Einwohner der Gemeinde abzugelten, solange er nicht durch nachvollziehbare Ermessenserwägungen gerechtfertigt werde.

4

Ferner beinhalte die Satzung eine unwirksame Regelung der Fälligkeit. Auch dies führe zu deren Gesamtnichtigkeit. Der Mindestinhalt einer Abgabensatzung könne hinsichtlich der Fälligkeitsregelung nicht über § 12 Abs. 1 KAG M-V durch eine entsprechende Anwendung des § 220 Abs. 2 AO vervollständigt werden (m. w. N. auf die Rechtsprechung des beschließenden Senates). Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Kurabgabesatzung 2013 entstehe die Jahreskurabgabe grundsätzlich mit Beginn eines jeden Kalenderjahres und nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Kurabgabesatzung 2013 werde sie mit ihrer Entstehung fällig. Diese Regelung führe dazu, dass bereits mit der Festsetzung der Jahreskurabgabe Säumniszuschläge verwirkt würden (§ 12 Abs. 1 KAG M-V in Verbindung mit § 240 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Zahlung der Säumniszuschläge könne der Abgabenschuldner nur dadurch entgehen, dass er innerhalb von drei Tagen nach Festsetzung die Abgabe zahle (§ 240 Abs. 3 AO). Eine solche Regelung beschneide die Rechtsschutzmöglichkeiten des Abgabenschuldners in unzumutbarer Weise und sei unwirksam. Dem Abgabenschuldner müsse nach der Festsetzung der Jahreskurabgabe eine angemessene Frist verbleiben, in der er die Rechtmäßigkeit des Bescheides überprüfen, sich gegebenenfalls Rechtsrat einholen und dann unter Berücksichtigung von üblichen Banklaufzeiten die Zahlung vornehmen oder einen Antrag nach § 80 Abs. 4 VwGO stellen könne, bevor die Rechtsfolge der Säumnis eintrete. Diesen Interessen müsse die Fälligkeitsregelung Rechnung tragen. Dies sei vorliegend nicht geschehen. Der Umstand, dass die Fälligkeit in den angefochtenen Bescheiden tatsächlich abweichend von der Kurabgabesatzung bestimmt worden sei, ändere an deren Nichtigkeit nichts.

5

Die Änderung der Fälligkeitsregelung durch die 2. Änderung der Satzung jeweils vom 30. Januar 2014 ändere an dieser Rechtsfolge nichts, da die Änderungssatzungen jeweils nicht rückwirkend in Kraft gesetzt worden seien und daher gemäß § 5 Abs. 4 Satz 4 KV M-V erst am 20. Januar 2014 mit ihrer Bekanntgabe in Kraft getreten seien.

6

Das Urteil ist dem Beklagten am 11. April 2014 zugestellt worden. Am Montag dem 12. Mai 2014 hat der Beklagte die Zulassung der Berufung beantragt und am 11. Juni 2014 begründet, wobei sich die Angriffe der Zulassungsbegründungsschrift im Wesentlichen gegen die Passagen des angefochtenen Urteils zum gemeindlichen Eigenanteil wenden (bis Seite 6 der Zulassungsschrift).

7

Darüber hinaus sieht die Zulassungsbegründung ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Hinblick auf eine vermeintlich unzumutbare Beschneidung der Rechtsschutzmöglichkeiten der Abgabenschuldner im Hinblick auf die Fälligkeitsregelung in der Satzung. Vorliegend erfolge die Fälligkeit mit Bescheid, wobei in diesem Bescheid die Fälligkeit bestimmt werde und damit erst eine im Sinne des § 240 Abs. 1 Satz 1 AO maßgebliche Bestimmung der Fälligkeit erfolge. Von einer unzumutbaren Beschneidung der Rechte und Möglichkeiten des Abgabenschuldners könne dementsprechend - entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts – nicht ausgegangen werden. Insbesondere könne nicht von einer Reduzierung auf die Regelung des § 240 Abs. 3 AO ausgegangen werden.

II.

8

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber in der Sache unbegründet.

9

Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung auf zwei selbstständig tragende rechtliche Gesichtspunkte gestützt, zum einen auf den rechtlichen Gesichtspunkt, dass die streitige Satzung nicht den nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V erforderlichen Mindestinhalt enthält, weil in der Satzung keine wirksame Regelung über die Fälligkeit der Abgabe enthalten sei (1). Zum anderen hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung noch zusätzlich darauf gestützt, dass die Kurabgabesatzung auch deshalb nichtig seien, weil bei der Kalkulation des Abgabensatzes kein dem Nutzen für die Einwohner der Gemeinde entsprechender Eigenanteil berücksichtigt worden sei (2).

10

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts wird von dem rechtlichen Gesichtspunkt getragen, dass die Regelung der Satzung über die Fälligkeit der Abgabe unwirksam ist; dieser rechtliche Gesichtspunkt hat vom Zulassungsantrag nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden können (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Da bei dem Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel grundsätzlich auf das Ergebnis der Entscheidung abzustellen ist, führt allein die rechtlich unwirksame Fälligkeitsregelung in der Satzung dazu, dass der Klage hat stattgegeben werden müssen, ohne dass auf eventuelle weitere Fehler des angefochtenen Bescheides einzugehen wäre.

11

Der Senat folgt der Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass es Aufgabe des Satzungsgebers ist, eine wirksame Regelung über die Fälligkeit in der Satzung zu treffen; zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die vom Verwaltungsrecht dargelegten Gründe Bezug genommen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht insbesondere dargestellt, dass eine Ausfüllung der Regelungslücke in der Satzung durch ein Rückgriffen auf § 220 Abs. 2 AO ausscheidet (OVG M-V Greifswald, Beschl. vom 6. September 2005 – 1 L 489/04 -; Aussprung in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, § 2 Erl. 3.6 und § 12 Erl. 57).

12

Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V kann die Bestimmung der Fälligkeit auch nicht der Rechtsanwendung der Verwaltung im Einzelfall vorbehalten bleiben. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V bezweckt gerade, eine Verwaltungspraxis, wie sie offensichtlich vom Beklagten praktiziert worden ist, zu verhindern. Der Bescheid vom 24. Mai 2013 enthält zwar auch einen Fälligkeitstermin. Dieser datiert aber genau 14 Tage nach dem Datum des Bescheides. Wird noch in Rechnung gestellt, dass der Bescheid eventuell nicht an seinem Erstellungsdatum versandt worden ist und dass ein Abgabenbescheid in der Regel erst am dritten Tag nach Absendung als bekannt gegeben gilt (§ 12 Abs. 1 KAG M-V i. V. m. § 122 Abs. 2 AO), verbleibt dem Empfänger lediglich etwas mehr als eine Woche, die Rechtslage zu bewerten und gegebenenfalls weitere Schritte einzuleiten. Dass eine Frist von gut einer Woche als zu kurz bemessen anzusehen ist, bedarf keiner weiteren Begründung, zumal die Widerspruchsfrist (§ 70 Abs. 1 VwGO) einen Monat beträgt.

13

2. Im Rahmen des vorliegenden Zulassungsverfahrens sieht der Senat davon ab, ins Einzelne gehende Ausführungen zu der Frage zu machen, in welcher Höhe ein gemeindlicher Eigenanteil bei der Erhebung einer Kurabgabe geboten und wie er zu kalkulieren ist. In der Rechtsprechung des Senates ist zwar geklärt, dass wegen des Entgeltcharakters der Kurabgabe und des Äquivalenzprinzips in aller Regel ein dem Nutzen für die Einwohner des Erhebungsgebietes entsprechender Anteil außer Ansatz zu lassen ist (OVG M-V Greifswald, Urt. vom 26. November 2014 – 1 K 14/11 –, juris Rn. 38), d. h. der sogenannte Eigenanteil. Dieser rechtliche Komplex ist in der Rechtsprechung des Senates zwar noch nicht hinreichend geklärt. Dies gilt insbesondere für Frage, ob ein Eigenanteil von weniger als 10 v. H. von der Gemeindevertretung nicht ermessensfehlerfrei beschlossen werden könne (offengelassen im Urt. des Senates vom 23. Juli 2015 – 1 L 28/13 –, juris Rn. 22). Eine Klärung dieser Rechtsfrage wäre aber im vorliegenden Verfahren - auch nach einer Berufungszulassung - nicht möglich, da sich die diesbezüglichen Ausführungen lediglich auf ein obiter dictum beschränken würden.

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 GKG i. V. m. § 52 Abs. 3 GKG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
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published on 23/07/2015 00:00

Tenor Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 06. Dezember 2012 – 3 A 836/10 – wird abgelehnt. Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird fü
published on 26/11/2014 00:00

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Annotations

(1) Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich nach den Vorschriften der Steuergesetze.

(2) Fehlt es an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, so wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig, es sei denn, dass in einem nach § 254 erforderlichen Leistungsgebot eine Zahlungsfrist eingeräumt worden ist. Ergibt sich der Anspruch in den Fällen des Satzes 1 aus der Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, so tritt die Fälligkeit nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein.

(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.

(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.

(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.

(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.

(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.

(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.

(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich nach den Vorschriften der Steuergesetze.

(2) Fehlt es an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, so wird der Anspruch mit seiner Entstehung fällig, es sei denn, dass in einem nach § 254 erforderlichen Leistungsgebot eine Zahlungsfrist eingeräumt worden ist. Ergibt sich der Anspruch in den Fällen des Satzes 1 aus der Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, so tritt die Fälligkeit nicht vor Bekanntgabe der Festsetzung ein.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.