Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 14. Nov. 2012 - 9 U 134/12

bei uns veröffentlicht am14.11.2012

Tenor

I. Auf die Berufung wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2012 hinsichtlich Ziff. 1 und 3 des Urteilstenors abgeändert und in Ziff. 1 wie folgt neu gefasst:

Die einstweilige Verfügung der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 19. April 2011 wird aufgehoben. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte zu 3 wird zurückgewiesen.

II. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen einschließlich der Kosten der Nebenintervention.

III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Wert der Berufung: 410.684,08 EUR

Gründe

 
I.
Die Verfügungsklägerin beantragt im Wege der einstweiligen Verfügung, ihrer Bank, der Verfügungsbeklagten zu 3, zu untersagen, eine Auszahlung auf Grund einer Garantie auf erstes Anfordern vorzunehmen, die sie im Auftrag der Verfügungsklägerin gegenüber der Verfügungsbeklagten zu 1 übernommen hat.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung, mit der der Verfügungsbeklagten zu 3 untersagt wurde, an die Verfügungsbeklagte zu 1 den Garantiebetrag zu zahlen, aufrechterhalten. Es hat nach ausführlicher Darstellung und Würdigung der hierzu vertretenen unterschiedlichen Rechtsmeinungen die Auffassung vertreten, dass der Verfügungsklägerin als Garantieauftraggeberin ein Anspruch auf Unterlassung der Auszahlung zustehe. Wenn offensichtlich oder liquide beweisbar eine Inanspruchnahme einer Garantie fehlerhaft sei, sei die Garantin an eine Weisung ihrer Auftraggeberin, die Garantie nicht auszuzahlen, gebunden. Weisungen, die sich auf den Prüfungsrahmen der Garantin bezögen, seien zulässig, solange sie der Funktion oder dem Wesen der Garantie auf erstes Anfordern nicht widersprächen. In diesen Fällen sei die Garantin im Verhältnis zum Garantieauftraggeber verpflichtet, die Zahlung zu verweigern. Diese Pflicht müsse mit einem gegenläufigen Anspruch des Garantieauftraggebers auf Unterlassung korrespondieren, um die Verpflichtung wirksam durchzusetzen. Die Weisung sei zu Recht ergangen. Die Zahlungsaufforderung der Verfügungsbeklagten zu 1 sei formal fehlerhaft. Sie sei aufgrund des Garantievertrages verpflichtet gewesen zu erklären, dass sie aufgrund einer Vertragsverletzung der Verfügungsklägerin ihrerseits eintrittspflichtig geworden sei. Diese Erklärung habe sie zu keiner Zeit abgegeben. Die Garantie habe sich gerade dadurch ausgezeichnet, dass die Verfügungsbeklagte zu 1 ihrerseits aufgrund einer Vertragsverletzung der Verfügungsklägerin in Anspruch genommen worden sei. Das Fehlen der formalen Voraussetzungen sei offensichtlich.
Das Urteil des Landgerichts ist der Verfügungsbeklagten zu 3 am 18.01.2012 und der Verfügungsbeklagten zu 1 am 23.01.2012 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 17.01.2012, am selben Tag bei Gericht per Fax und unter Beifügung einer Urteilskopie eingegangen, hat der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten zu 1 "namens der Verfügungsbeklagten zu 1 und Nebenintervenientin" Berufung eingelegt. In dem Rubrum der Berufungsschrift hat sie ihrer Partei die Bezeichnung "Verfügungsbeklagte zu 1, Nebenintervenientin und Berufungsklägerin" beigefügt. Die Verfügungsbeklagte zu 3 hat sie lediglich als "Verfügungsbeklagte zu 3" bezeichnet. Mit Verfügung vom 05.03.2012 wurde der Verfügungsbeklagten zu 1 antragsgemäß die Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.04.2012 verlängert. An diesem Tag ist die Berufungsbegründungsschrift per Telefax eingegangen. Die Verfügungsbeklagte zu 1 wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das Landgericht habe zu Unrecht und entgegen der herrschenden Meinung einen Unterlassungsanspruch des Garantieauftraggebers gegen seine Garantie gewährende Bank angenommen. Bei einer formell fehlerhaften Inanspruchnahme nehme selbst die Mindermeinung keinen Unterlassungsanspruch an. Im Übrigen sei die Inanspruchnahme nicht formell fehlerhaft. Das Landgericht habe die Voraussetzungen nicht richtig erkannt. Die Verfügungsbeklagte zu 1 als Begünstigte habe lediglich erklären müssen, dass sie ein Bestätigungsschreiben der Vertragspartei mit dem definierten Umfang erhalten habe. Die Inanspruchnahme sei nicht offensichtlich oder liquide beweisbar rechtsmissbräuchlich.
Die Verfügungsbeklagten zu 1 und 3 beantragen:
Das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 13. Januar 2012 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart (8 O 154/11) vom 19. April 2011 wird aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin beantragt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Sie ist der Auffassung, die Berufung sei unzulässig, weil die Verfügungsbeklagte zu 1 im eigenen Namen und nicht als Nebenintervenientin im Namen der Verfügungsbeklagten zu 3 die Berufung eingelegt habe. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig und begründet. Der Senat schließt sich der vom Landgericht vertretenen Auffassung zum Bestehen eines Unterlassungsanspruchs nicht an.
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1. Die Berufung der Verfügungsbeklagten zu 3 ist zulässig. Die Nebenintervention der Verfügungsbeklagten zu 1 ist zulässig (a.). Ihre Berufungsschrift ist so auszulegen, dass sie nicht selbst als Partei, sondern allein als Streithelferin der Verfügungsbeklagten zu 3 für diese die Berufung eingelegt hat (b.).
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a. Die Nebenintervention ist zulässig, wenn sie einerseits ordnungsgemäß erklärt wird und andererseits der Nebenintervenient ein rechtliches Interesse an dem Beitritt zum Rechtsstreit glaubhaft macht. Über die Zulässigkeit der Nebenintervention ist gemäß § 71 ZPO nur auf Antrag einer widersprechenden Partei durch Zwischenurteil zu entscheiden (Musielak-Weth, ZPO, 9. Auflage, § 66 Rn. 13). Die Zulassungsentscheidung kann zusammen mit dem Endurteil ergehen (BGH, Urt. v. 11.02.1982, III ZR 184/80, NJW 1982, 2070). Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Zwischenverfahrens ist der Nebenintervenient vorläufig zum Hauptprozess hinzuzuziehen, § 71 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Nebenintervention kann auch konkludent ergehen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Gericht in der Kostenentscheidung die Kosten der Nebenintervention dem Gegner auferlegt (BGH, Urt. v. 10.07.1963, V ZR 132/61, NJW 1963, 2027).
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Im vorliegenden Fall hat das Landgericht nicht ausdrücklich über den Zurückweisungsantrag der Verfügungsklägerin entschieden. Er wurde aber in den Tatbestand aufgenommen. Auf S. 17 der Entscheidung weist das Landgericht darauf hin, dass die Verfügungsbeklagte zu 1 als Nebenintervenientin dem Rechtsstreit beitreten konnte und dies getan habe. Die Kosten der Nebenintervention hat es der Nebenintervenientin ausdrücklich gem. § 101 Abs. 1 Var. 2 ZPO auferlegt. Aus alledem ist zu schließen, dass das Landgericht die Nebenintervention konkludent zugelassen hat. Bei einer unzulässigen Nebenintervention hätte es die den Zwischenstreit betreffende Kostenentscheidung auf § 91 ZPO gestützt (Zöller-Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 71 Rn. 5; Münchener Kommentar-Schultes, ZPO, 3. Aufl., § 71 Rn. 9) und auch nicht vertreten dürfen, dass in derartigen Fällen der Begünstigte einer Garantie einem Verfahren zwischen Garantieauftraggeber und Garantin beitreten könne.
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Die Zulassungsentscheidung ist rechtskräftig. Gegen die Zulassung sowohl im Zwischenurteil als auch im Endurteil ist die sofortige Beschwerde gem. § 71 Abs. 2 ZPO das statthafte Rechtsmittel (Münchener Kommentar-Schultes, a.a.O., § 71 Rn. 10). Innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist gem. § 569 Abs. 1 ZPO hat die Verfügungsklägerin kein Rechtsmittel eingelegt.
14 
Im Übrigen wäre die Nebenintervention auch zulässig. Die Verfügungsbeklagte zu 1 hat formgerecht gemäß § 70 ZPO den Beitritt erklärt und ein Interesse am Beitritt im Sinne von § 66 ZPO. Eine Glaubhaftmachung bzw. eine nähere Darlegung ihres Interesses an einem Beitritt waren nicht erforderlich. Dies ergab sich bereits aus dem Verfahren und den Anträgen der Verfügungsklägerin, die der unterstützten Verfügungsbeklagten zu 3 eine Auszahlung des Garantiebetrags an die Verfügungsbeklagte zu 1 untersagen lassen wollte. Der von der Verfügungsklägerin verfolgte Eingriff in das Garantieverhältnis zwischen der Verfügungsbeklagten zu 1 und der Verfügungsbeklagten zu 3 stellt einen Interventionsgrund dar. Dieser liegt vor, wenn der Nebenintervenient ein rechtliches Interesse an dem Obsiegen der unterstützten Partei hat. Ein rein wirtschaftliches Interesse reicht nicht. Der Begriff des rechtlichen Interesses ist weit auszulegen (BGH, Urt. v. 17.01.2006, X ZR 236/01). Das rechtliche Interesse der Verfügungsbeklagten zu 1 ergibt sich daraus, dass die Verfügungsbeklagte zu 3 durch eine Untersagungsverfügung im einstweiligen Verfügungsverfahren vorübergehend gehindert sein kann, ihrer Verpflichtung aus dem Garantievertrag mit der Verfügungsbeklagten zu 1 nachzukommen. Jedenfalls kann die unterstützte Partei später gegenüber der Verfügungsbeklagten zu 1 einwenden, dass sie aufgrund eines gerichtlich ausgesprochenen Unterlassungsgebots ohne Verschulden gehindert war, ihrer Verpflichtung nachzukommen. Dies könnte den Umfang der rechtlichen Ansprüche der Verfügungsbeklagten zu 1 aus dem Vertrag, insbesondere Verzugsansprüche, beeinträchtigen. Es handelt sich nicht nur um ein wirtschaftliches Interesse der Verfügungsbeklagten zu 1. Das Urteil greift unmittelbar in das Rechtsverhältnis zwischen Garantiegeber und Garantienehmer ein.
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b. Die Berufungsschrift der Verfügungsbeklagten zu 1 ist trotz der fehlerhaften Formulierungen bei der Angabe der Parteirolle dahingehend auszulegen, dass die Verfügungsbeklagte zu 1 als Nebenintervenientin für die Verfügungsbeklagte zu 3 die Berufung eingelegt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Prozesshandlungen auszulegen. Dabei sind an die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers strenge Anforderungen zu stellen. Zweifel an seiner Person müssen ausgeschlossen sein. Allerdings ist es nicht erforderlich, dass sich die Klarheit ausschließlich durch die ausdrückliche Bezeichnung herstellen lässt (BGH, Beschl. v. 15.12.1998, VI ZR 316/97). Zur Auslegung sind die Berufungsschrift sowie sämtliche zum Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsfrist vorliegende Unterlagen heranzuziehen. Dabei gilt der Grundsatz, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstandenen Interesse entspricht (BGH, Beschl. v. 12.01.2010, VIII ZB 64/09).
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Nach der ausdrücklichen Bezeichnung der Parteirollen in der Berufungsschrift läge, worauf die Verfügungsklägerin zu Recht hinweist, eine unzulässige Berufung vor. Der Prozessbevollmächtigte hat die Verfügungsbeklagte zu 1 in dem Rubrum als "Verfügungsbeklagte, Nebenintervenientin, Berufungsklägerin" bezeichnet, die Verfügungsbeklagte zu 3 wird hingegen nicht als Berufungsklägerin genannt. Auch hat er "namens der Verfügungsbeklagten zu 1" die Berufung eingelegt. Dies lässt den vordergründigen Schluss zu, dass die Verfügungsbeklagte zu 1 selbst in eigener Sache Berufung einlegen wollte. Insbesondere ist der Streithelfer, der für die unterstützte Partei Berufung einlegt, nicht selbst Partei und auch nicht Berufungskläger (Musielak-Ball, ZPO, a.a.O., § 511 Rn. 13). Die im eigenen Namen eingelegte Berufung der Verfügungsbeklagten zu 1 wäre unzulässig. Der Verfügungsantrag gegen sie wurde als unbegründet abgewiesen. Soweit sie verurteilt wurde, die Kosten der Nebenintervention zu tragen, lag das an dem Unterliegen der Verfügungsbeklagten zu 3, die sie unterstützt hat.
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Bei der Auslegung sind jedoch noch die weiteren Unterlagen zu berücksichtigen. Die Verfügungsbeklagte zu 1 hat innerhalb der für die Verfügungsbeklagte zu 3 laufenden Berufungsfrist der Berufungsschrift das vollständige Urteil des Landgerichts per Telefax beigefügt. Aus diesem ergab sich, dass die Verfügungsbeklagte zu 1 erstinstanzlich voll obsiegt hatte und das Landgericht nur bezüglich der Verfügungsbeklagten zu 3 den zuvor ohne mündliche Verhandlung erlassenen Beschluss vom 19.04.2011 aufrechterhalten hat. In der Zusammenschau von Berufungsschrift und Urteilsausfertigung lässt sich daher ohne vernünftige Zweifel entnehmen, dass die Verfügungsbeklagte zu 1 als Nebenintervenientin für die Verfügungsbeklagte zu 3 die Berufung einlegen wollte. Dies ergibt sich ansatzweise aus der Formulierung in der Berufungsschrift, wonach die Prozessbevollmächtigten „namens der Verfügungsbeklagten zu 1 und Nebenintervenientin" die Berufung einlegen. Der Wille, als Nebenintervenientin Berufung einzulegen, ist so offensichtlich, dass die aus der Falschbezeichnung der Parteirollen stammenden Zweifel allenfalls theoretischer Natur sind. Wollte man daher die Berufung allein wegen der erkennbar falschen Bezeichnung nicht zulassen, würde man den Zugang der Verfügungsbeklagten zu 1 zu den staatlichen Gerichten unzumutbar und in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise erschweren.
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2. Die Berufung der Verfügungsbeklagten zu 3, die die Verfügungsbeklagte zu 1 für diese führt, ist begründet, weil der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in der Form einer Sicherungsverfügung gem. § 935 ZPO zurückzuweisen war. Es besteht kein Verfügungsanspruch.
19 
Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob ein Garantieauftraggeber einen im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzbaren Anspruch gegen seine Bank hat, die Zahlung aus einer Garantie zu unterlassen (bejahend u.a.: Graf von Westphalen/Jud, Die Bankgarantie im internationalen Handelsverkehr, 3. Aufl. 2005, S. 280; Drescher in: Münchener Kommentar, ZPO, a.a.O., § 935 Rn. 38; LG Aachen, Urt. v. 10.02.1987, 41 O 251/86, NJW-RR 1987, 1207 [auf enge Ausnahmefälle begrenzt]; OLG Frankfurt, Urt. v. 03.03.1983, 10 U 244/82, WM 1983, 575; OLG Saarbrücken, Urt. v. 23.01.1981, 4 U 99/80, WM 1981, 275; LG Dortmund, Urt. v. 09.07.1980, 10 O 9/80, WM 1981, 280; LG Frankfurt, Urt. v. 11.12.1979, 10 O 123/79, NJW 1981, 56; verneinend u.a.: Nobbe in: Schimansky/Bunte/Lwowski [S/B/L], Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 92 Rn. 27; Fischer in: S/B/L, § 121 Rn. 227; Edelmann, DB 1998, 2453; Jedzig, WM 1988, 1469; Palandt-Sprau, BGB, 71. Aufl., vor § 765 Rn. 24; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.04.1999, 15 U 176/98; ZIP 1999, 1518; OLG Köln, Urt. v. 15.03.1991, 20 U 10/91, WM 1991, 1752; OLG Frankfurt, Urt. v. 27.04.1987, 4 W 17/87, NJW-RR 1987, 1264; OLG Stuttgart, Urt. v. 11.02.1981, 4 U 142/80, NJW 1981, 1913) Das Landgericht hat sich sorgfältig mit den divergierenden Rechtsauffassungen auseinandergesetzt und mit beachtlichen Gründen eine Untersagungsverfügung für begründet erachtet. Dieser Auffassung schließt sich der Senat dennoch nicht an. Für die - wohl überwiegende - Gegenauffassung sprechen nach Ansicht des Senats die überzeugenderen Gründe.
20 
a. Der Verfügungsklägerin steht aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Verfügungsbeklagten zu 3 kein Unterlassungsanspruch zu. Unstreitig hat die Verfügungsbeklagte zu 3 aufgrund eines entsprechenden Auftrags der Verfügungsklägerin eine selbstständige Garantie auf erstes Anfordern zu Gunsten der Verfügungsbeklagten zu 1 übernommen. Die Form der Garantieerklärung hat die Verfügungsklägerin vorgegeben. Sie ergab sich aus dem Kraftwerksvertrag mit der Fa. V.
21 
Zwischen den Parteien ist allerdings streitig, ob es sich hierbei um eine indirekte Garantie im engeren Sinne handelt oder möglicherweise um eine direkte Garantie zu Gunsten der Verfügungsbeklagten zu 1. Dies kann offen bleiben, da die Frage nicht unmittelbar das Auftragsverhältnis zwischen der Verfügungsklägerin und der Verfügungsbeklagten zu 3 betrifft, sondern den Umfang der Garantie, der erforderlichenfalls durch Auslegung zu ermitteln ist.
22 
b. Aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Verfügungsklägerin und der Verfügungsbeklagten zu 3 ergibt sich nicht der im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemachte Unterlassungsanspruch.
23 
aa. Gemäß §§ 675, 665 BGB ist der beauftragte Garant verpflichtet, den erteilten Auftrag auszuführen und den vorgegebenen Garantievertrag mit dem Begünstigten einzugehen. Dabei hat er gemäß § 665 BGB grundsätzlich die Weisungen des Auftraggebers zu befolgen. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB hat er Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Auftraggebers zu nehmen, hat also Rücksichtnahme- und Schutzpflichten.
24 
bb. Die Verfügungsbeklagte zu 3 hat bereits durch den Abschluss des Garantievertrages in der von der Verfügungsklägerin vorgegebenen Fassung einen wesentlichen Teil ihrer primären Leistungspflicht erfüllt. Sie ist, wie von der Auftraggeberin gewünscht, gegenüber der Verfügungsbeklagten zu 1 eine eigene Verbindlichkeit eingegangen, auf die Garantie auf erstes Anfordern zu zahlen, wenn die formellen Voraussetzungen vorliegen und die Inanspruchnahme auch nicht evident oder liquide beweisbar rechtsmissbräuchlich ist. Bereits durch diese Maßnahme ist die Gefährdung des Vermögens der Auftraggeberin eingetreten, weil der Begünstigte die Garantie rechtsmissbräuchlich in Anspruch nehmen kann, solange ihm dies nicht liquide nachgewiesen werden kann.
25 
cc. Die Verfügungsbeklagte zu 3 verstößt mit einer Auszahlung trotz Fehlens eines Garantieanspruchs nicht gegen gültige Weisungen der Verfügungsklägerin. Es liegt nämlich keine – neue – Weisung der Verfügungsklägerin im Auftragsverhältnis vor. Die spätere Anweisung der Verfügungsklägerin, auf eine rechtsmissbräuchliche oder formungültige Inanspruchnahme nicht zu zahlen, ist im Ergebnis nichts anderes als ein Hinweis auf den ursprünglichen Auftragsumfang. Im Rahmen des weisungsgemäß eingegangenen Garantievertrages hat die Garantin bei der Erfüllung der Verbindlichkeit kein Ermessen. Nach Vertragsschluss hat sie lediglich die Alternative zwischen der berechtigten Erfüllung eines Garantieanspruchs und der Nichtleistung, wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen. Raum für eine nachträgliche, die Garantieverpflichtung ändernde Weisung der Auftraggeberin besteht nicht, da ausgeführte Weisungen nicht mehr widerruflich sind (Seiler in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Auflage, § 665 Rn. 7). Die Garantieverpflichtung modifizierende Weisungen sind daher vertragswidrig und unbeachtlich (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.1996, IX ZR 325/95, Tz. 15, zit.n.juris). Daher kann aus einer Weisung des Auftraggebers keine Unterlassungspflicht der Garantin abgeleitet werden.
26 
Auch eine Weisung zur Prüfpflicht kann letztendlich nicht dazu führen, dass die Garantin zu einem bestimmten Prüfergebnis zu kommen hat. Das Risiko eines falschen Prüfergebnisses, auch bei sorgfältiger Prüfung, trägt ohnehin die Garantin, die Gefahr läuft, für die Garantiezahlung keinen Aufwendungsersatzanspruch zu haben.
27 
dd. Die Verfügungsbeklagte zu 3 verstößt mit einer – unterstellt offensichtlich vertragswidrigen – Auszahlung des Garantiebetrages auch nicht gegen Rücksichtnahme- und Schutzpflichten. Richtig ist allerdings, dass auch bei der Ausführung des Garantievertrages die Garantin auf die Rechte und Interessen ihrer Auftraggeberin Rücksicht zu nehmen und diese vor Beeinträchtigungen zu schützen hat (BGH, Urt. v. 10.02.2000, IX ZR 397/98). So wird die Garantin regelmäßig verpflichtet sein, die Auftraggeberin vor einer Auszahlung zu informieren, damit diese auf berücksichtigungsfähige Einwände gegen die Inanspruchnahme aus der Garantie oder Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch hinweisen kann (Fischer in: S/B/L, § 121 Rn. 184). Wie das Landgericht zutreffend ausführt, wird die Garantin aufgrund ihrer Stellung außerhalb des Valutaverhältnisses nicht in der Lage sein, ohne Mithilfe ihrer Auftraggeberin einen etwaigen Rechtsmissbrauch zu erkennen. Diese Pflichten hat die Verfügungsbeklagte zu 3 allerdings nicht verletzt.
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ee. Die Verfügungsklägerin weist zutreffend darauf hin, dass in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, die Garantin sei zur Leistungsverweigerung im Falle eines offensichtlich oder liquide beweisbaren Rechtsmissbrauchs nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, eine Auszahlung des Garantiebetrages im Falle des Rechtsmissbrauchs zu unterlassen (BGH, Urt. v. 17.01.1989, XI ZR 65/88; OLG Celle, Urt. v. 18.03.2009, 3 U 167/08, Tz. 34 zit.n.juris). Allerdings wird diese Auffassung nicht näher dogmatisch oder in tatsächlicher Hinsicht begründet. Eine solche Pflicht, die eine Auftraggeberin nur mit einem korrespondierenden Unterlassungsanspruch effektiv durchsetzen könnte, kann jedoch nur begründet werden, wenn tatsächlich Rechte oder Interessen beeinträchtigt werden. Dies ist in der vorliegenden Fallkonstellation nicht erkennbar.
29 
ff. Es ist unstreitig, dass eine vom Garantievertrag nicht gedeckte Auszahlung keine vertragskonforme Erfüllung des Auftrages darstellt und daher keinen Aufwendungsersatzanspruch der Garantin gemäß §§ 675, 670 BGB entstehen lässt. Eine ungerechtfertigte Auszahlung berührt somit weder rechtlich noch wirtschaftlich das Auftragsverhältnis (Graf von Westphalen, a.a.O., S. 280; Edelmann, DB 1998, 2453 [2455]; BGH, Urt. v. 17.01.1989, XI ZR 65/88; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.04.1999, 15 U 176/98, Tz. 39; OLG Köln, Urt. v. 15.03.1991, 20 U 10/91; OLG Frankfurt, Urt. v. 27.04.1987, 4 W 17/87; OLG Stuttgart, Urt. v. 11.02.1981, 4 U 142/80). Die Garantin trägt das Risiko einer Fehleinschätzung, weil sie Gefahr läuft, wegen einer unsorgfältigen Prüfung einen Vermögensverlust zu erleiden, den ihr ihre Auftraggeberin nicht erstatten muss. Die Auftraggeberin erleidet hingegen keinen Vermögensnachteil.
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Kann die Garantin bei ihrer Auftraggeberin ihren Regressanspruch jedoch nicht geltend machen, wird für die Auftraggeberin nicht die Notwendigkeit entstehen, den ausgezahlten Garantiebetrag bei der Begünstigten bzw. bei ihrem Vertragspartner aus dem Valutaverhältnis zurückzufordern, was regelmäßig mit einer Beweislastumkehr zum Nachteil der Auftraggeberin verbunden ist. Daher kann auch im Valutaverhältnis kein Nachteil durch eine unberechtigte Auszahlung der Garantieleistung entstehen.
31 
Es besteht allenfalls die Gefahr, dass die Garantin ihren – tatsächlich nicht bestehenden – Aufwendungsersatzanspruch vertragswidrig in das Kontokorrentverhältnis mit der Auftraggeberin einbringt. Dies könnte zur Folge haben, dass der Auftraggeberin Liquidität entzogen würde, weil die Bank dadurch den Verfügungsrahmen auf dem Kontokorrentkonto einschränkt. Aber auch dieser Umstand kann nicht die Pflicht der Garantin begründen, die Auszahlung des nicht geschuldeten Garantiebetrages zu unterlassen. Dem Landgericht ist zwar zuzustimmen, dass im Falle einer Auszahlung der Garantie mit einer anschließenden Belastungsbuchung der Garantin auf dem Konto der Auftraggeberin zu rechnen ist. Bei genauer Betrachtung handelt es sich jedoch um zwei getrennte Handlungen, deren Pflichtwidrigkeit jeweils gesondert zu untersuchen ist. So ist es nicht ausgeschlossen, dass die Bank, nachdem sie nach Auszahlung die Fehlerhaftigkeit erkannt hat, sich vertragstreu verhält und von einer Belastungsbuchung absieht. Auch ist denkbar, dass sie wegen des bereits bekannten Widerstandes des Kunden von einer Belastungsbuchung absieht und den Anspruch außerhalb des Kontokorrentverhältnisses in einem gesonderten Verfahren klärt.
32 
Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Kunde mit einer Belastungsbuchung nicht bereits eine Vermögenseinbuße oder einen Rechtsverlust erleidet. Belastungsbuchungen haben ausschließlich deklaratorische Bedeutung und berühren das Kontoguthaben bzw. Auszahlungsansprüche nicht (BGH, Urt. v. 06.05.2003, XI ZR 283/02, Tz. 13; Urt. v. 17.12.1992, IX ZR 226/91; Mayen in: S/B/L, § 47 Rn. 51 m.w.N.). Der Bankkunde hat einen verschuldensunabhängigen vertraglichen Anspruch auf Beseitigung von unbegründeten Kontobelastungen. Daneben hat er einen verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch, beispielsweise wenn die Bank aufgrund ihrer fehlerhaften Belastungsbuchung dem Kunden keine weiteren Verfügungen mehr über sein Kontoguthaben gestattet (Mayen, a.a.O.). Aus diesem Grund ist ihm auch ein Anspruch auf Unterlassung einer fehlerhaften Belastungsbuchung zuzusprechen, den er erforderlichenfalls im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen kann (OLG Stuttgart, Urt. v. 11.02.1981, 4 U 142/80; OLG Frankfurt, Urt. v. 27.04.1987, 4 W 17/87; Nobbe in: S/B/L, § 92 Rn. 27; Edelmann, DB 1998, 2453 [2455]). Die Gegenansicht, die eine Unterlassungs- und Schadensersatzverpflichtung im Zusammenhang mit der unberechtigten Garantiezahlung allein wegen der dadurch in der Folge eintretenden Kontobelastung beim Bankkunden begründet (vergleiche Graf von Westphalen, a.a.O., S. 281), vermischt die beiden verschiedenen Rechtsverhältnisse.
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Schließlich erleidet die Auftraggeberin keinen Nachteil, wenn sie gezwungen ist, anstelle eines Anspruchs auf Unterlassung einer Garantiezahlung einen Anspruch auf Unterlassung einer unberechtigten Belastungsbuchung geltend zu machen. In beiden Verfahren muss geklärt werden, ob die formellen Voraussetzungen für die Garantiezahlung vorlagen und die Inanspruchnahme nicht offensichtlich oder liquide beweisbar rechtsmissbräuchlich war. Dabei ist nicht erkennbar, dass der Anspruch auf Unterlassung einer Belastungsbuchung mit für die Auftraggeberin ungünstigeren Beweisregeln verbunden wäre.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 6, 711, 713 ZPO.

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 14. Nov. 2012 - 9 U 134/12 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 14. Nov. 2012 - 9 U 134/12 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2010 - VIII ZB 64/09

bei uns veröffentlicht am 12.01.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 64/09 vom 12. Januar 2010 in dem Rechtsstreit Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger und Dr.

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2000 - IX ZR 397/98

bei uns veröffentlicht am 10.02.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 397/98 Verkündet am: 10. Februar 2000 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGB §§ 765,

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2006 - X ZR 236/01

bei uns veröffentlicht am 19.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 236/01 Verkündet am: 19. Dezember 2006 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja B

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Mai 2003 - XI ZR 283/02

bei uns veröffentlicht am 06.05.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 283/02 Verkündet am: 6. Mai 2003 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht.

(2) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.

(3) Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht.

(2) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt.

(3) Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Der Beitritt des Nebenintervenienten erfolgt durch Einreichung eines Schriftsatzes bei dem Prozessgericht und, wenn er mit der Einlegung eines Rechtsmittels verbunden wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes bei dem Rechtsmittelgericht. Der Schriftsatz ist beiden Parteien zuzustellen und muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Rechtsstreits;
2.
die bestimmte Angabe des Interesses, das der Nebenintervenient hat;
3.
die Erklärung des Beitritts.

(2) Außerdem gelten die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze.

(1) Wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiege, kann dieser Partei zum Zwecke ihrer Unterstützung beitreten.

(2) Die Nebenintervention kann in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch in Verbindung mit der Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 236/01 Verkündet am:
19. Dezember 2006
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Carvedilol II
EPÜ Art. 52 Abs. 4; PatG § 5 Abs. 2

a) Die Verabreichung einer für die Behandlung einer bestimmten Krankheit
vorgesehenen Medizin als solche ist ein therapeutisches Verfahren zur Behandlung
des menschlichen Körpers. Sie ist nicht Element der Herrichtung
eines Stoffes zur Verwendung bei der Behandlung einer Krankheit (Abgrenzung
zu BGHZ 88, 209, 217 - Hydropyridin).

b) Ist eine dem Patentschutz nicht zugängliche Dosierungsempfehlung eines
von mehreren Merkmalen eines Patentanspruches, so ist sie jedenfalls nicht
zur Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit heranzuziehen. Es
bleibt offen, ob die Aufnahme der Dosierungsempfehlung dazu führt, dass
der Patentanspruch insgesamt vom Schutz ausgeschlossen ist.
BGH, Urt. vom 19. Dezember 2006 - X ZR 236/01 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. MeierBeck
und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 18. September 2001 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen, die auch die Kosten der Nebeninterventionen zu tragen hat.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 7. Februar 1996 unter Inanspruchnahme der Prioritäten der deutschen Patentanmeldung 195 03 995 vom 8. Februar 1995 sowie der US-amerikanischen Patentanmeldung 483 635 vom 7. Juni 1995 angemeldeten und mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 808 162 (Streitpatents ). Es betrifft die "Verwendung von Carbazolverbindungen zur Herstellung eines Arzneimittels für die Behandlung von kongestivem Herzversagen".
Das Streitpatent umfasst 12 Ansprüche. Die Patentansprüche 1, 3, 4, 6 und 10 haben in der Verfahrenssprache Englisch folgenden Wortlaut:
1. The use of a compound which is both a β-adrenoreceptor antagonist and a α1-adrenoreceptor antagonists for the manufacture of a medicament for decreasing mortality resulting from congestive heart failure in mammals, alone or in conjunction with one or more other therapeutic agents, said agents selected from the group consisting of an angiotensin converting enzyme inhibitor, a diuretic and a cardiac glycosides.
3. The use of a compound according to claim 1 or 2, wherein said compound is carvedilol.
4. The use of a compound according to claim 3, whereby a pharmaceutical formulation containing either 3.125 or 6.25 mg carvedilol in a single unit are administered for a period of 7-28 days, once or twice daily as an initial dose.
6. The use of a compound according to claim 3, whereby a pharmaceutical formulation containing either 25.0 or 50.0 mg carvedilol in a single unit are administered once or twice as a maintenance dose.
10. The use of carvedilol for the manufacture of a medicament for decreasing mortality resulting from congestive heart failure in mammals according to the following regimen:

a) administering a pharmaceutical formulation which contains either 3.125 or 6.25 mg carvedilol per single unit for a period of 7-28 days, given once or twice daily,

b) administering thereafter a pharmaceutical formulation which contains 12.5 mg carvedilol per single unit for a period of additional 7-28 days, given once or twice daily and

c) administering finally a pharmaceutical formulation which contains either 25.0 or 50.0 mg carvedilol per single unit, given once or twice daily as a maintenance dose.
2
Wegen des Wortlauts der unmittelbar und mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2, 5, 7-9 und 12 sowie des unmittelbar auf Patentanspruch 10 rückbezogenen Patentanspruchs 11 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
3
Die Klägerin hat die Nichtigerklärung des Streitpatents für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland begehrt. Sie hat zur Begründung geltend gemacht, die Lehre des Streitpatents sei nicht neu und beruhe jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
4
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent antragsgemäß für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, in der sie das Streitpatent mit folgenden Patentansprüchen 1 und 2 verteidigt: "1. Verwendung von Carvedilol zur Herstellung eines Medikaments zur Senkung der Mortalität aufgrund kongestiven Herz- versagens bei menschlichen Patienten in Verbindung mit einem Hemmer für Angiotensin umwandelndes Enzym, einem Diuretikum und einem Digitalis-Glykosid, wobei das Medikament in einer Eingangsdosis von 3,125 mg oder 6,250 mg Carvedilol pro Tag über einen Zeitraum von 7 bis 28 Tagen verabreicht wird, gefolgt von Dosierungssteigerungen jeweils im Abstand von 14 Tagen bis zu einer maximalen Dosis von 2 x 25 mg Carvedilol pro Tag.
2. Verwendung von Carvedilol zur Herstellung eines Medikaments zur Senkung der Mortalität aufgrund kongestiven Herzversagens bei Säugern in Verbindung mit mehreren anderen therapeutischen Mitteln, wobei diese Mittel ausgewählt sind aus der Gruppe, bestehend aus einem Hemmer für Angiotensin umwandelndes Enzym, einem Diuretikum und einem Digoxin , wobei das Medikament in einer Anfangsdosis von 3,125 mg oder 6,25 mg Carvedilol vorzugsweise 2 x täglich über einen Zeitraum von 14 Tagen verabreicht wird, gefolgt von einer Verdoppelung der Dosis jeweils im Abstand von 14 Tagen bis zu einer Erhaltungsdosis zwischen 25 und 50 mg, vorzugsweise 2 x täglich."
5
In einem ersten Hilfsantrag verteidigt die Beklagte das Streitpatent mit zwei Patentansprüchen, die sich von denjenigen des Hauptantrags durch Weglassung der Dosierungsanweisungen unterscheiden: "1. Verwendung von Carvedilol zur Herstellung eines Medikaments zur Senkung der Mortalität aufgrund kongestiven Herzversagens bei menschlichen Patienten in Verbindung mit ei- nem Hemmer für Angiotensin umwandelndes Enzym, einem Diuretikum und einem Digitalis-Glykosid.
2. Verwendung von Carvedilol zur Herstellung eines Medikaments zur Senkung der Mortalität aufgrund kongestiven Herzversagens bei Säugern in Verbindung mit mehreren anderen therapeutischen Mitteln, wobei diese Mittel ausgewählt sind aus der Gruppe, bestehend aus einem Hemmer für Angiotensin umwandelndes Enzym, einem Diuretikum und einem Digoxin."
6
In einem zweiten Hilfsantrag verteidigt die Beklagte das Streitpatent mit folgenden Patentansprüchen: "1. Verwendung von Carvedilol zur Herstellung eines Medikaments zur Senkung der Mortalität aufgrund kongestiven Herzversagens bei menschlichen Patienten in Verbindung mit einem Hemmer für Angiotensin umwandelndes Enzym, einem Diuretikum und einem Digitalis-Glykosid, wobei das Medikament zur Verabreichung in einer Eingangsdosis von 3,125 mg oder 6,25 mg Carvedilol pro Tag über einen Zeitraum von 7 bis 28 Tagen, gefolgt von Dosierungssteigerungen jeweils im Abstand von 14 Tagen bis zu einer maximalen Dosis von 2 x 25 mg pro Tag hergerichtet ist.
2. Verwendung von Carvedilol zur Herstellung eines Medikaments zur Senkung der Mortalität aufgrund kongestiven Herzversagens bei Säugern in Verbindung mit mehreren anderen therapeutischen Mitteln, wobei diese Mittel ausgewählt sind
aus der Gruppe, bestehend aus einem Hemmer für Angiotensin umwandelndes Enzym, einem Diuretikum und einem Digoxin , wobei das Medikament zur Verabreichung in einer Anfangsdosis von 3,125 mg oder 6,25 mg Carvedilol vorzugsweise 2 x täglich über einen Zeitraum von 14 Tagen, gefolgt von einer Verdoppelung der Dosis jeweils im Abstand von 14 Tagen bis zu einer Erhaltungsdosis zwischen 25 und 50 mg, vorzugsweise 2 x täglich, hergerichtet ist."
7
In der Berufungsinstanz haben die Streithelferinnen ihren Beitritt zum Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin erklärt. Der Senat hat die Nebeninterventionen durch Beschluss vom 17. Januar 2006 zugelassen (BGHZ 166, 18 - Carvedilol I).
8
Der Senat hat ein schriftliches Gutachten und ein Ergänzungsgutachten des Professors Dr. T. M. eingeholt; seine Ausführungen hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt. Die Beklagte hat ein Gutachten des Professors Dr.M. H. sowie fünf gutachtliche Stellungnahmen des Professors Dr. Dr. E. E. zu den Akten gereicht. Die Klägerin hat zwei gutachtliche Stellungnahmen des Professors Dr. R. H. , die Streithelferin zu 1 ein Gutachten des Dr. J. B. und die Streithelferin zu 2 eine Stellungnahme des Dr. Dr. W. A. vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


9
Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.
10
I. 1. Das Streitpatent betrifft in der in erster Linie verteidigten Fassung die Verwendung von Carvedilol zur Herstellung eines Medikaments zur Senkung der Mortalität aufgrund kongestiven Herzversagens, wobei das Carvedilol in Verbindung mit einem Hemmer für Angiotensin umwandelndes Enzym, einem Diuretikum und einem Digitalis-Glykosid (Patentanspruch 1) oder mit mehreren von diesen drei anderen therapeutischen Mitteln (Patentanspruch 2) verabreicht wird, und zwar nach dem Hauptantrag der Beklagten nach einem bestimmten, einschleichenden Dosierungsschema.
11
Das Streitpatent schildert als Stand der Technik, chronische (Stauungs-) Herzinsuffizienz (congestive heart failure; CHF) mit einer Kombination aus einem ACE-Hemmer (Verbindung, welche die Umwandlung von Angiotensin I in das gefäßverengend wirkende Angiotensin II verhindert), einem Diuretikum und einem Herzglykosid zu behandeln. Da Herzinsuffizienz zu hoher Sterblichkeit führe, seien Therapeutika sehr wünschenswert, welche die Sterblichkeit der an dieser Krankheit leidenden Patienten senkten. Die Streitpatentschrift erwähnt sodann erste Untersuchungen zur Behandlung von Herzinsuffizienz mit Carvedilol , wobei sich einige positive Wirkungen bei Hämodynamik und Symptomen gezeigt hätten (DasGupta P. et al., 1992, Entgegenhaltung 6) und eine günstige Wirkung von Carvedilol auf die Funktion der linken Herzkammer festgestellt worden sei (Senior R. et al., 1992, Entgegenhaltung 3).
12
Ausgehend von diesem Stand der Technik möchte das Streitpatent Carvedilol als Mittel zur Senkung der Mortalität aufgrund einer Stauungsherzinsuffizienz verfügbar machen. Dafür schlägt Patentanspruch 1 in der hauptsächlich verteidigten Fassung vor: 1. Verwendung von Carvedilol zur Herstellung eines Medikaments 2. zur Senkung der Mortalität aufgrund kongestiven Herzversagens bei menschlichen Patienten 3. in Verbindung mit 3.1 einem Hemmer für Angiotensin umwandelndes Enzym, 3.2 einem Diuretikum und 3.3 einem Digitalis-Glykosid, 4. wobei das Medikament verabreicht wird 4.1 in einer Eingangsdosis von 4.1.1 3,125 mg oder 6,250 mg Carvedilol pro Tag 4.1.2 über einen Zeitraum von 7 bis 28 Tagen, 4.2.1 gefolgt von Dosissteigerungen 4.2.2 jeweils im Abstand von 14 Tagen 4.3 bis zu einer maximalen Dosis von 2 x 25 mg Carvedilol pro Tag.
13
Patentanspruch 2 lässt sich wie folgt gliedern (Unterschiede zu Patentanspruch 1 fett hervorgehoben): 1. Verwendung von Carvedilol zur Herstellung eines Medikaments 2. zur Senkung der Mortalität aufgrund kongestiven Herzversagens bei Säugern 3. in Verbindung mit mehreren anderen therapeutischen Mitteln, wobei diese Mittel ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus 3.1 einem Hemmer für Angiotensin umwandelndes Enzym, 3.2 einem Diuretikum und 3.3 einem Digoxin, 4. wobei das Medikament verabreicht wird 4.1 in einer Anfangsdosis von 4.1.1 3,125 mg oder 6,25 mg Carvedilol vorzugsweise 2 x täglich 4.1.2 über einen Zeitraum von 14 Tagen 4.2.1 gefolgt von einer Verdoppelung der Dosis 4.2.2 jeweils im Abstand von 14 Tagen 4.3 bis zu einer Erhaltungsdosis zwischen 25 und 50 mg, vorzugsweise 2 x täglich.
14
3. Die Streitpatentschrift schildert Carvedilol als Arzneimittel mit Mehrfachwirkung. Es wirke sowohl als kompetitiver nicht selektiver β-Adrenoreceptor -Antagonist (Betablocker) wie auch als Vasodilatator. Die gefäßerweiternde Wirkung von Carvedilol beruhe in erster Linie auf einer α1-Adrenoreceptor -Blockierung, während die β-Adrenoreceptor-blockierende Wirkung des Arzneimittels eine reflektorische Tachykardie (erhöhte Herzschlagfrequenz) verhindere, wenn es bei der Behandlung von Bluthochdruck verwendet werde. Carvedilol verringere auch die Infarktgröße beim akuten Myokardinfarkt am Ratten -, Hunde- und Schweinemodell (Ruffolo et al., Entgegenhaltung 5). Bei klinischen Studien sei entdeckt worden, dass Carvedilol bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz die Sterblichkeit um etwa 67 % vermindere. Dieses Ergebnis sei überraschend gewesen, weil Betablocker eine unerwünschte kardiodepressive Wirkung hätten und deshalb im Allgemeinen kontraindiziert bei Pati- enten seien, die an Herzinsuffizienz litten. Zudem hätten kurz vor dem Prioritätstag Studien mit den Betablockern Metoprolol und Bisoprolol bei der Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz keinen Unterschied bei der Sterblichkeit zwischen mit diesen Mitteln behandelten Patienten und placebobehandelten Patienten gezeigt (S. 5 Z. 15-26).
15
II. Das Streitpatent ist, nachdem es jedenfalls auch in einer zulässigerweise eingeschränkten Fassung verteidigt wird, in dem Umfang, in dem es nicht mehr verteidigt wird, ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urt. v. 04.06.1996 - X ZR 49/94, GRUR 1996, 857, 858 - Rauchgasklappe; insoweit nicht in BGHZ 133, 57 abgedruckt). Aber auch mit den Patentansprüchen 1 und 2 in den hauptsächlich und hilfsweise verteidigten Fassungen hat das Streitpatent keinen Bestand.
16
1. Es kann offenbleiben, ob die Patentansprüche in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung zulässig sind. Bedenken ergeben sich insoweit daraus, dass sie in Merkmalsgruppe 4 eine bloße Dosisempfehlung enthalten, die angibt, in welchen Mengen das Carvedilol enthaltende Medikament zu welchen Zeiten Patienten verabreicht werden soll. Die Verabreichung einer für die Behandlung einer bestimmten Krankheit vorgesehenen Medizin als solche ist ein therapeutisches Verfahren zur Behandlung des menschlichen Körpers. Es ist nicht Element der Herrichtung eines Stoffs zur Verwendung bei der Behandlung einer Krankheit (vgl. BGHZ 88, 209, 217 - Hydropyridin), sondern folgt dieser. Die Bestimmung des geeigneten individuellen Therapieplans für einen Patienten einschließlich der Verschreibung und Dosierung von Medikamenten ist prägender Teil der Tätigkeit des behandelnden Arztes und damit ein nach Art. 52 Abs. 4 EPÜ und § 5 Abs. 2 PatG dem Patentschutz entzogenes Verfahren. Zwar kommt ein Verwendungsanspruch auch für die Herrichtung eines bestimmten Stoffs zur Behandlung einer Krankheit in Betracht, die durch einen im Vertrieb beigefügten Beipackzettel oder einen Verwendungshinweis auf der Packung erfolgt. Ein Patentschutz für von der Herrichtung des Stoffs gelöste, reine Dosierungsempfehlungen ergibt sich daraus jedoch nicht. Soweit das Bundespatentgericht in seiner neueren Praxis (Urt. v. 22.03.1996 - 14 W (pat) 116/94, GRUR 1996, 868 - Knochenzellenpräparat) hierzu einen anderen Standpunkt einnimmt, ist ihm nicht beizutreten. Ein anderes Ergebnis wäre mit dem Wortlaut des Art. 52 Abs. 4 EPÜ unvereinbar und würde diese Bestimmung eines wesentlichen Teils des ihr zugedachten Anwendungsbereichs berauben.
17
Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob die Aufnahme der nicht patentfähigen Dosierungsempfehlung dazu führt, dass die Patentansprüche des Hauptantrags insgesamt vom Schutz ausgeschlossen sind, wie dies etwa das Europäische Patentamt annimmt (vgl. etwa Beschl. v. 11.06.1997 - T 329/94, GRUR Int. 1998, 608 - Verfahren zur Blutextraktion/BAXTER; v. 15.05.1995 - T 82/93, GRUR Int. 1996, 945 - Herzphasensteuerung/TELECTRONICS). Aus Art. 52 Abs. 4 EPÜ, der die Freiheit der ärztlichen Therapie schützt, ist jedenfalls abzuleiten, dass die Dosisempfehlung zur Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht heranzuziehen ist. Gegenstand der Prüfung auf Schutzfähigkeit sind daher nur die Merkmale ohne diese Anweisung, wie sie auch in Hilfsantrag 1 zusammengefasst sind, der den Ansprüchen des Hauptantrags , jedoch ohne die Merkmale, welche die Dosierung von Carvedilol betreffen, entspricht.
18
2. Es kann auch dahinstehen, ob die Beklagte für die Patentansprüche des Hilfsantrags 1 zu Recht die von ihr genannten Prioritäten in Anspruch nimmt. Auch wenn dies unterstellt wird und damit die älteste beanspruchte Priorität (08.02.1995) heranzuziehen ist, erweisen sich die mit den Patentansprü- chen in der Fassung dieses Antrags beanspruchten Gegenstände als nicht patentfähig.
19
2.1. Zum unterstellten Prioritätstag wurde die Anwendung von Carvedilol zur Behandlung von Herzinsuffizienz auf der Grundlage klinischer Versuche in der Fachöffentlichkeit bereits in großem Umfang diskutiert (etwa Olsen et al., Entgegenhaltung 8, 1993; Krum et al., Entgegenhaltung 13, 1993; DasGupta et al., Entgegenhaltung 9, 1990; Kelly, Entgegenhaltung 57, 1993; Senior et al., Entgegenhaltung 3, 1992; Fowler, Entgegenhaltung 61, 1993, S. 62).
20
Jedenfalls in der Veröffentlichung von Krum wird ausdrücklich beschrieben , dass die mit Carvedilol behandelten Patienten weiterhin als Standardtherapie eine Kombination aus Digoxin, Diuretika und ACE-Hemmern erhielten. Digoxin ist ein Digitalis-Glykosid. Bereits Swedberg et al. berichteten 1979 über den gleichzeitigen Einsatz von Betablockern mit Digitalis und Diuretika (Entgegenhaltung 24). DasGupta (S. 118) und Kelly (S. 47 l. Sp.) schildern die parallele Behandlung an Herzinsuffizienz leidender Patienten mit Carvedilol und Diuretika , wobei Kelly (S. 47, r. Sp.) auch die gleichzeitige Einnahme von ACEHemmern vorschlägt. Fowler erwähnt vielversprechende, vorläufige Studien zum Einsatz von Carvedilol bei der Behandlung von Herzinsuffizienz bei Aufrechterhaltung der Standardtherapie aus Digoxin, Diuretika und ACE-Hemmern. Damit waren jedenfalls Merkmal 1 sowie die Merkmalsgruppe 3 beider verteidigter Patentansprüche im unterstellten Prioritätszeitpunkt aus dem Stand der Technik bekannt.
21
2.2. Der Patentschutz stützt sich vor diesem Hintergrund allein auf den spezifischen Zweck einer Senkung der Mortalität durch die Verwendung des als Arzneimittel bekannten Stoffes Carvedilol in Kombination mit der ebenso bekannten Standardtherapie der genannten drei weiteren Arzneimittel auf dem bekannten Anwendungsgebiet der Behandlung von Herzinsuffizienz. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob sich aus dieser Zweckbestimmung hier die Neuheit der Lehre des Streitpatents herleiten lässt.
22
Bei als solchen bekannten Arzneimitteln hat der Senat bisher Neuheit nur angenommen, wenn es um die Herrichtung des Stoffes für die Behandlung einer Krankheit ging, die mit ihm bisher nicht therapiert worden war (Sen., aaO - Hydropyridin; BGHZ 164, 220 - Arzneimittelgebrauchsmuster). Eine Schutzfähigkeit eines weiteren Therapieziels (etwa Mortalitätssenkung gegenüber der Behandlung von Symptomen), das beim bekannten Einsatz eines bekannten Medikaments zur Behandlung einer bestimmten Krankheit schon im Stand der Technik erreicht, jedoch noch nicht beschrieben wurde, lässt sich der Rechtsprechung des Senats dagegen nicht entnehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Berufung herangezogenen Entscheidung BGHZ 101, 159 - Antivirusmittel. Dort hat der Senat zwar ausgeführt, in Bezug auf den zweckgebundenen Stoffschutz scheide eine Benutzung des Patentgegenstands aus, wenn ein anderer als der im Patent genannte Zweck verwirklicht werde (aaO S. 164). Aus dem Zusammenhang dieser zur früheren deutschen Rechtlage ergangenen Entscheidung ergibt sich aber, dass mit dem Zweck der Verwendung dort allein die Vorbeugung gegen und die Behandlung einer bestimmten Erkrankung gemeint war. Geschützt war der final determinierte Einsatz eines Stoffes als Antivirusmittel; er wurde jedoch von der dortigen Verletzungsbeklagten zur Behandlung der Parkinsonschen Krankheit eingesetzt.
23
Soweit der Senat in seiner Entscheidung "Arzneimittelgebrauchsmuster" (aaO S. 222) ausgeführt hat, bei der medizinischen Indikation werde zur Erzielung einer präventiven oder therapeutischen Wirkung auf einen menschlichen oder tierischen Körper eingewirkt, ging es um die Abgrenzung zu Arbeitsverfahren , die vom Gebrauchsmusterschutz ausgeschlossen sind. Aus dieser Ent- scheidung folgt daher nichts für die Auffassung der Berufung, der bekannte Einsatz eines bekannten Arzneimittels zur Behandlung einer bestimmten Krankheit solle dann patentfähig sein, wenn bei dieser Behandlung nunmehr bewusst ein Therapieziel verfolgt wird, das tatsächlich schon bisher erreicht wurde.
24
Zudem handelt es sich bei der Neuheit um einen patentrechtlichen Begriff normativen Charakters (vgl. Kraßer, Lehrbuch des Patentrechts, 5. Aufl., S. 280). Es ist daher unerheblich, ob der vom Europäischen Patentübereinkommen nicht benutzte Terminus der medizinischen Indikation im medizinischen Sprachgebrauch auch durch das jeweils mit der Behandlung einer Krankheit verfolgte Therapieziel und nicht nur durch Krankheit und Behandlungsmethode definiert wird. Nach dem Gedanken des Art. 54 Abs. 5 EPÜ ist maßgebend, ob die Anwendung des Stoffes in einem der in Art. 52 Abs. 4 EPÜ genannten Verfahren nicht zum Stand der Technik gehört. Dass dieses Merkmal durch bisher nicht bekannte weitere therapeutische Anwendungen bei dem gleichen Krankheitsbild erfüllt werden kann, erscheint auch mit Blick auf den Zweck der Regelung nicht ohne weiteres einsichtig.
25
Letztlich kann aber die Schutzfähigkeit der von der Beklagten beanspruchten Verwendung von Carvedilol zur Mortalitätssenkung ebenso dahinstehen wie die Frage, ob der Gegenstand des Streitpatents etwa in der Veröffentlichung von Fowler (Entgegenhaltung 61) vorweggenommen wurde. Jedenfalls beruht er auch in den noch verteidigten Fassungen der Patentansprüche nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. 56 EPÜ).
26
2.3. Das Bundespatentgericht hat als für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit maßgeblichen Fachmann einen Facharzt für innere Medizin mit Erfahrungen in der Behandlung von Herz- und Kreislauferkrankungen angese- hen. Der Senat vermag dieser Auffassung nicht beizutreten. Die Bewertung der für eine Erfindung aufzubringenden Entwicklungsarbeit hängt davon ab, welche Kenntnisse und Fähigkeiten von einem mit Neuerungen auf dem jeweiligen Fachgebiet betrauten Fachmann erwartet werden dürfen (Sen. in st. Rspr., etwa Urt. v. 29.02.2000 - X ZR 166/97 - Warenregal, bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen Bd. 3, 365, 369 f.). Es kann auch für den unterstellten Prioritätszeitpunkt nicht davon ausgegangen werden, dass Medikamente zur Behandlung von Herzinsuffizienz typischerweise von niedergelassenen oder klinischen Ärzten allein entwickelt wurden, die diese Medikamente später in ihrer Praxis anwendeten. Das hat der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Herzmittel werden und wurden - wie gemeinhin auch sonst Arzneimittel - von Spezialistenteams in pharmazeutischen Unternehmen, Universitätskliniken oder anderen medizinischen Forschungseinrichtungen entwickelt. Mitglied eines solchen Teams war hier jedenfalls auch ein Wissenschaftler, der als Kardiologe qualifiziert war und zusätzlich Kenntnisse der Pharmakologie besaß. Er verfügte über einschlägige Erfahrungen bei der Entwicklung von Herzmitteln. Dem Team wird ferner entweder angehört oder für Konsultationen zur Verfügung gestanden haben auch ein Biometriker , der Methoden zur Planung, Durchführung und Auswertung klinischer Experimente und Studien bereitstellen konnte, ohne die eine Zulassung von Arzneimitteln nicht möglich war. Der maßgebliche Fachmann wird daher entgegen der Auffassung der Beklagten bei seiner Entwicklungsarbeit keineswegs nur solche Publikationen berücksichtigt haben, die den Kriterien der evidenzbasierten Medizin genügen, also insbesondere mit Studien belegt sind, die einem besonders qualifizierten Studiendesign als Voraussetzung der Arzneimittelzulassung genügen.
27
2.4. Vor diesem Hintergrund war es schon im Februar 1995, dem früheren der beanspruchten Prioritätszeitpunkte, naheliegend, Carvedilol auch als Mittel zur Senkung der Mortalität bei Herzinsuffizienz zu verwenden. Der Senat stimmt damit im Ergebnis und weitgehend auch in der Begründung mit der Entscheidung des kanadischen Bundesgerichts (T-1871-01 v. 18.07.2003 - Ministry of Health and Pharmascience vs. Glaxo Smith Kline, 2002 FC 899, Noel J.) überein.
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Im Stand der Technik fand der Fachmann die Behandlung von Herzinsuffizienz mit Carvedilol in Kombination mit einem ACE-Hemmer, einem Diuretikum und einem Digoxin bzw. Digitalis-Glykosid vor. Der Fachmann konnte der Fachliteratur auch verschiedene Hinweise auf eine mortalitätssenkende Wirkung von Carvedilol bei Patienten entnehmen, die an Herzinsuffizienz leiden.
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a) Der gerichtliche Sachverständige hat ausgeführt, schon seit Ende der 1970er Jahre habe in der Fachwelt das Bedürfnis bestanden, die Frage zu prüfen , ob Beta-Rezeptorenblocker und unter ihnen auch speziell Carvedilol die Prognose - und damit die Überlebenschance - bei Patienten mit Herzinsuffizienz verbessern können. Er hat dazu auf die Studie von Swedberg et al. aus dem Jahr 1979 (Entgegenhaltung 24) verwiesen. In dieser Publikation wird auf der Grundlage einer kleinen klinischen Studie die Auffassung vertreten, dass Betablocker als zusätzliche Gabe zu Digitalis und Diuretika bei der Behandlung von schwerer dekompensierter Kardiomyopathie (COCM) die Myokardfunktion und damit die Prognose verbessern. Allerdings hatte diese Studie deutliche methodische Schwächen (z.B. geringe Patientenanzahl, retrospektive Auswahl der Kontrollgruppe, nicht randomisierte Prüfung) und Carvedilol gehörte nicht zu den geprüften Betablockern (vgl. Tabelle S. 1375 l. oben der Entgegenhaltung). Der Privatgutachter der Beklagten, Prof. H. , hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass seit Beginn der 1980er Jahre das Interesse der medizinischen Fachwelt nicht mehr nur darauf ausgerichtet war, die Symptome der Patienten zu lindern, sondern auch deren Prognose zu verbessern.

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Pitt (1992, Entgegenhaltung 23) berichtet in einer Abhandlung über die Bedeutung von Betablockern bei der Vorbeugung gegen den plötzlichen Herztod , dass Daten aus mehreren sorgfältig angelegten, großen, placebokontrollierten Doppelblindstudien nach Anwendung von Betablockern eine Senkung der Gesamtmortalität wie auch der Häufigkeit des plötzlichen Herztods vermuten ließen. Weiter heißt es, neue β-adrenerge Blocker mit vasodilatierenden (gefäßerweiternden) Eigenschaften eröffneten einen neuen Weg zur Überprüfung der Hypothese, dass β-adrenerge Blocker bei der Prophylaxe des plötzlichen Herztods nützlich seien (Einl. Entgegenhaltung 23, letzter Satz). Wie DasGupta (Entgegenhaltung 10) bereits 1991 ausführlich erläutert hat, ist Carvedilol ein vasodilatierender Betablocker. Carvedilol war laut Pitt (I-109 r.) auch einer von zwei für eine Studie der SOLVD-Gruppe des National Heart, Lung and Blood Institute der USA ausgewählten Betablocker. Mit dieser Studie sollten bei Patienten, die eine linksventrikuläre Auswurffraktion ≤ 35 % hatten, die Mortalität insgesamt und das Auftreten des plötzlichen Herztods geprüft werden. Der gerichtliche Sachverständige hat in der von Pitt diskutierten Verwendung von Carvedilol zur Prophylaxe des plötzlichen Herztods einen der Mechanismen erkannt, über den Carvedilol zur Verminderung der Sterblichkeit bei Herzinsuffizienz führen kann. Der Gutachter der Klägerin, Prof. Dr. R. H. , hat ausgeführt, dass der plötzliche Herztod (innerhalb einer Stunde nach Auftreten kardialer Beschwerden) in 40 % der Fälle Todesursache bei chronischer Herzinsuffizienz ist; dies ist von den Verfahrensbeteiligten nicht in Frage gestellt worden.
31
Auch Senior et al. (Entgegenhaltung 3) sprechen 1992 eine mögliche, signifikante Verringerung der Mortalität bei der Behandlung von Herzinsuffizienz mit Carvedilol an. Dass einer der Mitautoren zehn Jahre später die damaligen Ausführungen als durch Fakten nicht belegte Spekulation bezeichnet hat, steht ihrer Eignung, dem Fachmann Versuche in dieser Richtung nahezulegen, nicht entgegen. Anregungen dieser Art sind häufig das Ergebnis von Hypothesen, die umso mehr Gewicht erhalten, wenn sie - wie hier - zum maßgeblichen Zeitpunkt der Priorität durch andere, gleichartige Überlegungen und Erwartungen gestützt werden.
32
In dem ebenfalls 1992 erschienenen Aufsatz von Feuerstein et al. (Entgegenhaltung
7) wird berichtet, dass die Morbidität und Mortalität nach akutem Myokardinfarkt durch Betablocker sowohl in Tierstudien als auch in klinischen Prüfungen reduziert werde. Allerdings gebe es keinen Beweis, mit dem die schützenden Wirkungen des Betablockers und Vasodilatators Carvedilol auf das Myokard belegt werden könnten. Die Autoren fanden aber in Tierstudien mit Ratten, Schweinen und Hunden ihre Hypothese bestätigt, dass Carvedilol aufgrund seiner zusätzlichen Wirkungen zu höherem Herzschutz als ausschließliche Betablocker führe. Abschließend heißt es, diese Ergebnisse der Tiermodelle könnten möglicherweise dazu beitragen, dass Carvedilol bei der Behandlung von Herzinsuffizienz verwendet werde (S. 141 r. u.). Die mögliche Anwendung von Carvedilol bei Herzinsuffizienz wird in dieser Schrift also in Zusammenhang mit der mortalitätssenkenden Wirkung von Carvedilol nach einem Myokardinfarkt gebracht.
33
Kennedy et al. (Entgegenhaltung 26) veröffentlichten 1993 Ergebnisse einer retrospektiven Auswertung der sogenannten CAST-Studie, mit der sie insbesondere den Zusammenhang zwischen einer Betablocker-Therapie und der Morbidität bzw. Mortalität bei Patienten untersuchten, die einen Myokardinfarkt überlebt hatten und gleichzeitig unter dekompensierter Herzinsuffizienz litten. Als Ergebnis ihrer Studie wurde bekanntgegeben, dass die BetablockerTherapie mit einer signifikant besseren Überlebensrate bei neu aufgetretener oder sich verschlechternder dekompensierter Herzinsuffizienz einherging. Die Autoren erkennen darin einen zusätzlichen Beleg für Nutzen und Sicherheit einer Betablocker-Therapie bei Post-Infarkt-Patienten mit anamnestisch bekannter dekompensierter Herzinsuffizienz. Allerdings wird nicht berichtet, welcher Betablocker verwendet wurde. In dem ausführlichen Bericht über ihre Untersuchung (Entgegenhaltung 27) findet sich bei Kennedy et al. als Fig. 5 auf S. 679 eine Grafik, welche die Mortalität der untersuchten Patienten mit Herzinsuffizienz mit und ohne Einnahme von Betablockern anschaulich macht und die Vorteilhaftigkeit der Betablocker-Therapie im Hinblick auf die Mortalität zeigt.
34
Fowler (Entgegenhaltung 61, S. 62) befasst sich 1993 mit dem Potential von Carvedilol bei der Behandlung von Herzinsuffizienz. In den Schlussfolgerungen des Aufsatzes wird ausgeführt, Carvedilol besitze mit seiner Wirkung als Betablocker und Gefäßerweiterer zwei Eigenschaften, die mit verbesserten Überlebenschancen von Patienten mit Herzgefäßerkrankungen verbunden seien. Fowler fordert ausdrücklich große klinische Studien, um die Wirkung von Carvedilol auf die Mortalität von Patienten mit Herzinsuffizienz beurteilen zu können. Dabei erwartet er positive Ergebnisse, denn am Schluss seines Beitrags stellt er fest, dass sein gegenwärtiges Verständnis die Entwicklung eines Mittels mit kombiniert beta-blockierender und gefäßerweiternder Wirkung rechtfertige (S. 65 u. r. und S. 66 l. o.).
35
Einen zusammenfassenden Überblick zum Stand der Forschung bei der Verwendung von Betablockern zur Behandlung von Herzinsuffizienz geben Doughty et al. 1994 (Entgegenhaltung 2). Sie referieren die Ergebnisse aus Studien mit Betablockern, die bei Patienten nach Myokardinfarkt auf eine günstige Beeinflussung der Mortalität hinweisen, einschließlich solcher Patienten, die auch an Herzinsuffizienz leiden. Es bleibe jedoch unsicher, inwieweit die Ergebnisse der Post-Infarkt-Studien verallgemeinert werden könnten. In der auf S. 817 oben wiedergegebenen Tabelle wird Carvedilol als einer von sechs Be- tablockern ausdrücklich erwähnt. In ihren Schlussfolgerungen auf S. 819 stellen die Autoren die Erforderlichkeit weiterer Studien fest, um zu bestimmen, ob Betablocker die Mortalität bei Herzinsuffizienz weiter senken könnten und deshalb eine nützliche Ergänzung für die bestehende Therapie seien.
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b) Zusammenfassend zeigt sich, dass in der Literatur der Einsatz von Betablockern und insbesondere auch von Carvedilol zur Behandlung von Herzinsuffizienz bereits als vielversprechende Therapie diskutiert wurde. Jedenfalls ab 1992/93 hatte der Fachmann aufgrund der Aufsätze von Pitt (Entgegenhaltung 23), Senior (Entgegenhaltung 3), Feuerstein (Entgegenhaltung 7) und insbesondere Fowler (Entgegenhaltung 61) Anlass, konkret Carvedilol für eine mortalitätssenkende Wirkung bei Herzinsuffizienz in Erwägung zu ziehen. Auch Doughty et al. haben 1994 die Frage der Auswirkung einer Therapie mit Betablockern unter Einbeziehung von Carvedilol auf die Mortalität der Patienten aufgeworfen. Für Patienten, die einen Myokardinfarkt überlebt hatten, war die Auswirkung von Betablockern (etwa CAST-Studie in der Auswertung von Kennedy 1993) und auch speziell von Carvedilol (Feuerstein 1992 am Tiermodell) mit positivem Ergebnis untersucht worden. Nach Durchführung einer geeigneten klinischen Studie konnte die mortalitätssenkende Wirkung von Carvedilol bei Herzinsuffizienz allgemein ohne weiteres festgestellt werden.
37
c) Nicht gefolgt werden kann der Beklagten, soweit sie eine erfinderische Leistung daraus ableiten will, dass nach den aus ihrer Sicht wenig überzeugenden Ergebnissen der Studien mit Metoprolol (MDC-Trial) und Bisoprolol (CIBIS) kein Anlass bestand, gerade Carvedilol zum Gegenstand vertiefter Untersuchungen zu machen. Beide Studien betrafen andere Stoffe; ihre Ergebnisse waren aus der Sicht des damaligen Fachmanns auf Carvedilol weder zu übertragen , noch ließen sie Schlüsse auf dessen Wirkung zu, wie auch durch das Schrifttum dieser Zeit belegt wird.

38
Ziel der MDC-Studie, in die 383 Patienten mit Herzinsuffizienz einbezogen waren, war die Prüfung, ob sich der Betablocker Metoprolol günstig auf Überlebenschancen und Morbidität auswirkt (Waagstein et. al., Lancet 1993, 1441, Dokument 18). Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass Metoprolol keine Auswirkung auf die Gesamtmortalität hat.
39
In der CIBIS-Studie wurde die Wirkung des Betablockers Bisoprolol bei 641 Patienten mit Herzinfarkt geprüft (vgl. Circulation 1994, 1765, Dokument 19). Die Studie konnte keinen statistisch signifikanten Unterschied bei der Mortalität zwischen der mit Bisoprolol und der mit Placebo behandelten Patientengruppe feststellen (Einl., l. Sp., S. 1767, r. o.). Allerdings heißt es auch, dass in der CIBIS-Studie eine Mortalitätssenkung (an enhounced effect on survival) bei Patienten ohne vorherigen Myokardinfarkt festgestellt worden sei (S. 1771 r. Mitte). Die beteiligten Wissenschaftler hielten Studien zum Nachweis einer vorteilhaften Wirkung von Bisoprolol auf die Mortalität für notwendig.
40
Es war am Prioritätstag bekannt, dass Carvedilol im Gegensatz zu vielen anderen Betablockern und insbesondere zu Metoprolol und Bisoprolol außer der β-rezeptorenblockierenden Wirkung auch die adrenergen α-Rezeptoren blockiert, die sich im Wesentlichen in der Gefäßwand von kleinen Arterien (Widerstandsgefäßen ) befinden. Carvedilol bewirkt deshalb im Gegensatz zu konventionellen Betablockern auch eine Gefäßerweiterung im Bereich der Widerstandsgefäße. Der gerichtliche Sachverständige meint zwar, bei Carvedilol habe sich aus den Wirkmechanismen keine Senkung der Mortalität vorhersagen lassen, weil die zusätzlichen gefäßerweiternden Effekte von Carvedilol sich zu denen der ACE-Hemmer addierten und so trotz günstiger symptomatischer Wirkungen zu einer Erhöhung der Mortalität hätten führen können (Ergänzungsgutachten S. 5 u. 6). Demgegenüber haben DasGupta et al. 1991 auf neue therapeutische Möglichkeiten aufgrund der auch gefäßerweiternden Wirkung des neuen Betablockers Carvedilol hingewiesen (Entgegenhaltung 10). Die Autoren äußern, es könne erwartet werden (may be expected), dass die Mehrfachwirkung von Carvedilol der negativen Inotropie, die konventionelle Betablocker bei Monotherapie hätten, entgegenwirke (S. 12, r. u.). Damit würden die wichtigsten Einschränkungen des Einsatzes von Betablockern, insbesondere bei dekompensierter Herzinsuffizienz ischämischen Ursprungs, überwunden. Zur Begründung ihrer Erwartung verweisen die Autoren auf eine Studie von Di Lanarda et al., die bei Patienten mit Herzinsuffizienz, die zuvor keinen Herzinfarkt erlitten hatten, die akuten hämodynamischen Wirkungen von Carvedilol mit denen von Metoprolol verglichen. Deren Ergebnisse legten ein ähnliches Maß an Betablockade nahe. Jedoch zeigten die mit Carvedilol behandelten Patienten zusätzliche Reaktionen, die bei Patienten, die Metoprolol genommen hätten, nicht beobachtet worden seien, nämlich einen gesenkten Blutdruck, verringerten Gefäßwiderstand und niedrigeren linksventrikulären Füllungsdruck (S. 15, r. u.). Unter Hinweis auf weitere, bereits durchgeführte Untersuchungen meinen DasGupta et al., die zu Carvedilol gewonnenen Daten könnten eine signifikante Auswirkung auf die klinische Behandlung der Herzinsuffizienz haben , wenn sie durch zukünftige Studien bestätigt würden. Abschließend wird ausgeführt, Carvedilol sei ein einzigartiger Vasodilatator, der zugleich als Betablocker wirke, und eine weiterführende Bewertung seiner Sicherheit und Wirksamkeit werde empfohlen.
41
Pitt berichtet 1992 (Entgegenhaltung 23), dass eine Schwierigkeit bei der Behandlung von Patienten mit Herzinsuffizienz mit Betablockern bisher darin bestehe, dass man befürchte, eine manifeste Herzinsuffizienz oder eine Lungenstauung zu verursachen, und dass die Substanzen hinsichtlich ihrer Verträglichkeit und Compliance langfristig problematisch seien. Einige der neueren β-adrenergen Blocker seien jedoch von Interesse, da sie über vasodilatierende Eigenschaften verfügten, die möglicherweise die langfristige Toleranz und Compliance des Patienten verbesserten. Die SOLVD-Gruppe ziehe daher für eine umfangreiche Mortalitätsstudie neben Nebivolol Carvedilol, einen selektiven Betablocker mit α-adrenergen blockierenden Eigenschaften, in Betracht (I-109, r. u.).
42
Auch Rosendorff (Entgegenhaltung 53) wies 1993 darauf hin, dass insbesondere Carvedilol die Vorteile einer β- und α1-Blockade einschließlich peripherer Gefäßerweiterung kombiniere. Es gebe einige noch zu bestätigende Hinweise darauf, dass Carvedilol die linksventrikuläre diastolische Funktion verbessere und eine Regression linksventrikulärer Hypertrophie bewirke und dass es bei der Behandlung einiger Patienten mit Herzinsuffizienz oder Arrhythmie nützlich sein könne (Einl., letzter Abs.). Die möglichen günstigen Wirkungen von Carvedilol durch Verbesserung der zentralen Hämodynamik bei Patienten mit Herzinsuffizienz müssten in groß angelegten, weitsichtig kontrollierten Untersuchungen bestätigt werden (S. 39, l. o.).
43
Lessem/Lukas (Entgegenhaltung 54) führen 1993 aus, Carvedilol als ein nicht selektives β- und α1-blockierendes Arzneimittel sei als antihypertensives, antianginales Arzneimittel und für eine Hilfstherapie gegen Herzinsuffizienz entwickelt worden. Nachdem Studien gezeigt hätten, dass Vasodilatatoren gut für Patienten mit Herzinsuffizienz seien, und wegen positiver Erfahrungen mit dem vasodilatierenden Betablocker Buzindolol sei Carvedilol bei Patienten mit Herzinsuffizienz getestet worden. Unter Hinweis auf eine Studie von DasGupta meinen die Autoren, Carvedilol könne aufgrund seines vasodilatatorischen Mechanismus im Vergleich zu anderen Betablockern die bessere Wahl für Patienten mit verschlechterter linksventrikulärer Funktion neben ischämischer Herzkrankheit sein. Die Nützlichkeit einer solchen Therapie müsse aber bei einer Patientengruppe nachgewiesen werden, die groß genug sei, um zu einer be- hördlichen Zulassung für eine Verbindung mit einem Hauptwirkmechanismus zu gelangen, der momentan in diesem Krankheitsstadium kontraindiziert sei.
44
Louis et al. berichten 1994 (Entgegenhaltung 55) unter Hinweis auf die Entgegenhaltung 8 und 13, bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz aufgrund von systolischer linksventrikulärer Dysfunktion sei festgestellt worden, dass Carvedilol signifikante Verbesserungen der myokardialen Hämodynamik in Langzeittherapie bewirke, und zwar auch bei Patienten, die eine Hintergrundtherapie mit ACE-Hemmern erhielten (S. 88, r. o.). Abschließend betrachten die Autoren Carvedilol als einen wichtigen neuen Wirkstoff bei der Behandlung insbesondere von chronischem Herzversagen (S. 91, r. o.). Es lagen also im Prioritätszeitpunkt bereits Studien vor, die gegen die vom gerichtlichen Sachverständigen berichtete, möglicherweise negative Addition der gefäßerweiternden Wirkungen von Carvedilol und ACE-Hemmern sprachen.
45
Diese zahlreichen Veröffentlichungen belegen, dass Carvedilol nach Auffassung zahlreicher Autoren gerade wegen seiner gefäßerweiternden Eigenschaften ein interessanter Betablocker für die Therapie von Herzinsuffizienz mit Betablockern war.
46
d) Carvedilol war, auch im Hinblick auf eine mortalitätssenkende Wirkung , Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Diskussionen. Der gerichtliche Sachverständige hat es als wohl begründete Hypothese von Doughty et al. (Entgegenhaltung 2) bezeichnet, dass durch eine Betablockade die Mortalität bei Herzinsuffizienz weiter reduziert und dadurch die damals bekannte Therapie sinnvoll ergänzt werden könne (Gutachten, S. 6 u./7 o.). Der Aufsatz von Fowler bringt in der Schlussbemerkung deutlich eine Erfolgserwartung hinsichtlich der Feststellung einer mortalitätssenkenden Wirkung von Carvedilol bei Patienten mit Herzinsuffizienz nach einer entsprechenden, groß angelegten Studie zum Ausdruck (S. 65 r. u. bis S. 66 l. o.). Fowler schlägt vor, eine solche große klinische Studie zur Prüfung der Mortalitätswirkung von Carvedilol durchzuführen. Die Aufsätze von Pitt (Entgegenhaltung 23), Senior (Entgegenhaltung 3) und Feuerstein (Entgegenhaltung 7) begründeten ebenfalls für den Fachmann die Erwartung einer mortalitätssenkenden Wirkung von Carvedilol.
47
Pitt (Entgegenhaltung 23, S. 109, r. 2. Abs.) berichtet über eine von der SOLVD-Studiengruppe geplante, umfangreiche Mortalitätsstudie zur Überprüfung der Wirksamkeit von Carvedilol und Magnesium beim plötzlichen Herztod von Patienten mit Herzinsuffizienz. Dabei sollte die Standardtherapie mit ACEHemmer , Digoxin und Diuretika je nach Bedarf der Patienten aufrechterhalten bleiben.
48
Es gab, wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, zwar auch Argumente, die gegen eine mortalitätssenkende Wirkung von oder sogar für eine Erhöhung der Mortalität durch Carvedilol sprachen. Dadurch bestand, was der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, in der Fachwelt aber gerade ein Bedürfnis, sich in einer aussagekräftigen Studie Klarheit über die Wirkung von Carvedilol auf die Mortalität von Patienten mit Herzinsuffizienz zu verschaffen.
49
e) Irrelevant ist in diesem Zusammenhang, dass es bis 1997 weder für Carvedilol noch für andere Betablocker eine behördliche Zulassung zur Behandlung der Herzinsuffizienz gab. Denn für ein neu entwickeltes Arzneimittel kann es per se noch keine Zulassung geben, da das Zulassungsverfahren notwendig am Ende der Entwicklung steht. Ebenfalls nicht entscheidend ist, dass die manifeste Herzinsuffizienz in der fachärztlichen Praxis als Kontraindikation für Carvedilol galt. Der im Bereich der Arzneimittelforschung und -entwicklung tätige Fachmann hatte unabhängig von Vorstellungen auf Seiten der Anwender aufgrund der Diskussion um die Wirkung von Carvedilol bei der Behandlung von Herzinsuffizienz am Prioritätstag Anlass, sich mit diesem Wirkstoff und seinen Auswirkungen auf die Mortalität der Patienten näher zu befassen.
50
III. Auch in der Fassung der Patentansprüche nach Hilfsantrag 2 erweist sich das Streitpatent nicht als schutzfähig.
51
1. Gegen die Zulässigkeit der Patentansprüche nach Hilfsantrag 2 bestehen allerdings keine Bedenken. Hilfsantrag 2 sieht in beiden Patentansprüchen vor, dass das Carvedilol enthaltende Medikament zur Verabreichung in bestimmten Dosierungen über bestimmte Zeiträume hergerichtet ist. Geschützt werden soll also die Verwendung einer chemischen Substanz bei der therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers, die zu dieser Verwendung hergerichtet ist, etwa durch eine zweckmäßige Konfektionierung der Tablettengrößen , einen Aufdruck auf der Packung oder den dieser beiliegenden Begleitzettel. Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine solche Verwendung einer chemischen Substanz nicht durch § 5 Abs. 1 PatG vom Patentschutz ausgenommen (grundlegend BGHZ 88, 209, 215 - Hydropyridin). Für den mit § 5 Abs. 2 Satz 1 PatG wörtlich übereinstimmenden Art. 52 Abs. 4 EPÜ gilt nichts anderes. Den Patentansprüchen des Hilfsantrags 2 steht daher das Verbot der Patentierung von Verfahren zur chirurgischen und therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers nicht entgegen.
52
2. Der Vorschlag, das Medikament zur Verabreichung nach dem Dosierungsschema der Patentansprüche des Hilfsantrags 2 herzurichten, beruht jedoch jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die einschleichende Dosierung von Betablockern und insbesondere Carvedilol bei der Behandlung von Herzinsuffizienz in Dosen und Zeiträumen, die sich allenfalls geringfügig und jedenfalls naheliegend von dem Dosierungsschema der Beklagten unterschei- den, ist auch bei Unterstellung der früheren der von der Beklagten beanspruchten Prioritäten im Stand der Technik nachgewiesen.
53
So haben Olsen et al. 1991 (Entgegenhaltung 62) und 1993 (Entgegenhaltung
8) über Studien berichtet, bei denen unter Herzinsuffizienz leidenden Patienten Carvedilol in einem Dosierungsschema verabreicht wurde, das demjenigen der verteidigten Patentansprüche sehr nahe kommt. Fowler (Entgegenhaltung 61) berichtet über diese Versuche unter Angabe des Dosierungsschemas.
54
Kelly schildert 1993 eine geplante Carvedilol-Studie. Die in dieser Studie vorgeschlagene Dosierung ist aus Sicht des Fachmanns mit derjenigen der verteidigten Patentansprüche praktisch identisch (S. 47 r.). Die bei Kelly angegebene Anfangsdosis von 3,125 mg zweimal täglich für sieben Tage ist als eine Alternative in Patentanspruch 1 (täglich 6,25 mg Carvedilol über einen Zeitraum von sieben Tagen) enthalten, die 6,25 mg zweimal täglich in der zweiten Woche bei Kelly sind es als erste Dosissteigerung nach einer Woche und damit Ausgangspunkt der weiteren Dosissteigerungen ebenfalls. Die Maximaldosen von zweimal 25 mg sind bei Kelly und in Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 identisch. Lediglich der zeitliche Abstand der Dosissteigerungen beträgt bei Kelly eine Woche und nicht wie im Patentanspruch 1 14 Tage. Die beanspruchten weiteren Dosissteigerungen im Zeitraum von 14 Tagen waren jedoch ebenfalls bei der einschleichenden Therapie von Herzinsuffizienz mit Carvedilol bekannt. So berichten Olsen et al. 1991 (Entgegenhaltung 62) und 1993 (Entgegenhaltung
8) darüber, bei der Behandlung von unter Herzinsuffizienz leidenden Patienten mit einer nach einer Woche verabreichten Initialdosis von 3,125 mg die Dosis während des nächsten Behandlungsmonats von zweimal täglich 6,25 mg bis zu einer maximalen Dosis von zweimal täglich 25 mg (bei Patienten mit einem Körpergewicht von weniger als 75 kg) gesteigert zu haben. Eine solche einschleichende Dosierung umfasst insbesondere einen Verdoppelungszeitraum von etwa 14 Tagen, da bei einer Verdoppelung auf zweimal 12,5 mg nach 14 Tagen die nächste Verdoppelung auf zweimal 25 mg in etwa innerhalb weiterer 14 Tage erfolgen muss, um die Maximaldosis binnen eines Monats zu erreichen. Dem Fachmann waren aus dem Stand der Technik daher Behandlungspläne mit Carvedilol bekannt, die eine wöchentliche oder eine etwa 14tägige Dosissteigerung einschlossen. Das Streitpatent hat hierunter eine Auswahl getroffen. Die Berufung hat jedoch nicht geltend gemacht, dass die Entscheidung für den 14tägigen Erhöhungszeitraum auf erfinderischer Tätigkeit beruhte. Insbesondere beruft sie sich nicht auf besondere Wirkungen, Eigenschaften , Vorteile oder Effekte einer Dosissteigerung im Abstand von 14 Tagen anstelle einer Woche.
55
Auch das Dosierungsschema des mit Hilfsantrag 2 verteidigten Patentanspruchs 2 unterscheidet sich von demjenigen bei Kelly lediglich durch den Verdoppelungszeitraum, der aber aus den Veröffentlichungen von Olsen bekannt war. Der anspruchsgemäßen Dosierung von 3,125 mg oder 6,25 mg Carvedilol vorzugsweise zweimal täglich über einen Zeitraum von 14 Tagen entspricht der Vorschlag bei Kelly, Patienten zweimal täglich über eine Woche 3,125 mg (insgesamt also 6,25 mg) zu verabreichen und die Dosis in der zweiten Woche auf zweimal täglich 6,25 mg Carvedilol zu steigern. Eine erfinderische Tätigkeit liegt in dem Dosierungsschema daher auch hier nicht.
56
Die Berufung macht nicht geltend, dass der Fachmann bei der Konfektionierung von Carvedilol in mit den beanspruchten Dosierungsschemata übereinstimmenden Einheiten für ein Medikament auf Schwierigkeiten stieß.
57
Da die Patentansprüche des Hilfsantrags 2 in allen übrigen Merkmalen dem Hauptantrag und Hilfsantrag 1 entsprechen, teilen sie auch deren Schicksal , die Schutzfähigkeit des Streitpatents nicht begründen zu können.
58
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit §§ 97, 101 ZPO.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 18.09.2001 - 3 Ni 44/00 (EU) -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZB 64/09
vom
12. Januar 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger
und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 13. August 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.385 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Kläger begehren von dem Beklagten nach Beendigung des Mietvertrages die Rückzahlung der von ihnen geleisteten Mietkaution. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben die erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger Berufung eingelegt. Die mit dem Briefkopf der Rechtsanwaltssozietät des Klägervertreters versehene Berufungsschrift, der eine Ablichtung des erstinstanzlichen Urteils anlag, hat folgenden Wortlaut: "Geschäftszeichen: 9 C 669/08 In Sachen S. R. und Herrn K. Bevollmächtigte RAe: K. und Kollegen gegen J. P. Bevollmächtigte RAe: B. & H.
legen wir hiermit gegen das Urteil vom 10.02.2009 Berufung ein. Eine Ablichtung des erstinstanzlichen Urteils haben wir in der Anlage mit beigefügt."
2
Das Landgericht hat die Berufung der Kläger als unzulässig verworfen, weil die Berufungsschrift nicht erkennen lasse, für wen - für die Klägerin zu 1, den Kläger zu 2 oder beide - das Rechtsmittel eingelegt werde. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Kläger.

II.

3
1. Die Rechtsbeschwerde ist kraft Gesetzes statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und im Übrigen auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 575 ZPO). Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Der angefochtene Beschluss verletzt das Verfahrensgrundrecht der Kläger auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ). Dieses verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. dazu BVerfGE 77, 275, 284; 74, 228, 234; BVerfG, NJW 2005, 814, 815; BVerfG, NJW 2003, 281; BVerfG NJW 1991, 3140; Senatsbeschluss vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775, unter II 1; BGHZ 151, 221, 227; BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, unter II 1 bb; BGH, Beschluss vom 5. November 2002 - VI ZB 40/02, NJW 2003, 437, unter II 3 b). Indem das Berufungsgericht zu Unrecht (dazu unter 2) davon ausgegangen ist, dass die Berufungsschrift auch durch Auslegung nicht erkennen lasse, für wen das Rechtsmittel eingelegt werde, hat es den Klägern den Zugang zur Berufungsinstanz ungerechtfertigt verwehrt.
4
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung zu Unrecht nach § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen.
5
a) Das Berufungsgericht ist allerdings in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zutreffend davon ausgegangen, dass zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift gemäß § 519 Abs. 2 ZPO auch die Angabe gehört, für und gegen welche Partei das Rechtsmittel eingelegt wird. Aus der Berufungsschrift muss entweder für sich allein oder mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig zu erkennen sein, wer Berufungskläger und wer Berufungsbeklagter sein soll. Dabei sind vor allem an die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers strenge Anforderungen zu stellen; bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung muss jeder Zweifel an der Person des Rechtsmittelklä- gers ausgeschlossen sein. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die erforderliche Klarheit über die Person des Berufungsklägers ausschließlich durch dessen ausdrückliche Bezeichnung zu erzielen wäre; sie kann auch im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und der etwa sonst vorliegenden Unterlagen gewonnen werden. Dabei sind, wie auch sonst bei der Ausdeutung von Prozesserklärungen , alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen. Die Anforderungen an die zur Kennzeichnung der Rechtsmittelparteien nötigen Angaben richten sich nach dem prozessualen Zweck dieses Erfordernisses, also danach, dass im Falle einer Berufung, die einen neuen Verfahrensabschnitt vor einem anderen als dem bis dahin mit der Sache befassten Gericht eröffnet, zur Erzielung eines auch weiterhin geordneten Verfahrensablaufs aus Gründen der Rechtssicherheit die Parteien des Rechtsmittelverfahrens, insbesondere die Person des Rechtsmittelführers, zweifelsfrei erkennbar sein müssen (Senatsbeschlüsse vom 9. April 2008 - VIII ZB 58/06, NJW-RR 2008, 1161, Tz. 5, und vom 6. Dezember 2005 - VIII ZB 30/05, juris, Tz. 4; BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - XI ZB 14/06, NJW-RR 2007, 413, Tz. 8; BGH, Beschluss vom 13. März 2007 - XI ZB 13/06, FamRZ 2007, 903, Tz. 7; jeweils m.w.N.).
6
b) Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, es sei innerhalb der Berufungsfrist nicht erkennbar gewesen , für wen mit dem Schriftsatz vom 19. März 2009 Berufung eingelegt worden sei.
7
aa) Die Auslegung von Prozesshandlungen und damit auch der Berufungsschrift unterliegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der freien revisionsrechtlichen Nachprüfung (Senatsbeschluss vom 24. Juni 1992 - VIII ZR 203/91, NJW 1992, 2413, unter I 2 a; BGH, Beschluss vom 20. Januar 2004 - VI ZB 68/03, NJW-RR 2004, 862, unter II 3 a; jeweils m.w.N.). Sie orientiert sich an dem Grundsatz, dass im Zweifel dasjenige ge- wollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstandenen Interesse entspricht. Lediglich theoretisch mögliche Zweifel, für die tatsächliche Anhaltspunkte nicht festgestellt sind, können bei der Auslegung der Berufungsschrift nicht ausschlaggebend sein (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2004, aaO).
8
bb) In der hier zu beurteilenden Berufungsschrift werden zwar die Parteirollen nicht genannt. Der Berufungsschrift war jedoch eine Abschrift der angefochtenen Entscheidung beigefügt. Diesem vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Umstand kommt entscheidende Bedeutung zu. Denn die in der Sollvorschrift des § 519 Abs. 3 ZPO vorgesehene Vorlage einer Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift des angefochtenen Urteils ist zwar nicht der einzige Umstand , aufgrund dessen sich eine fehlende Angabe in der Berufungsschrift als unschädlich erweisen kann; sie stellt indessen ein geeignetes Mittel und letztlich den sichersten Weg dar, um Zweifelsfälle zu vermeiden (vgl. BGHZ 165, 371, 373; BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2006 - IV ZB 20/06, NJW-RR 2007, 935, Tz. 8). Im vorliegenden Fall lässt sich durch einen Abgleich der Berufungsschrift mit der beigefügten Abschrift des erstinstanzlichen Urteils jeder vernünftige Zweifel hinsichtlich der Frage, ob für beide oder nur für einen Kläger Berufung eingelegt werden soll, ausräumen.
9
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht kein Zweifel, dass mit der Berufungsschrift das Rechtsmittel für beide Kläger eingelegt worden ist. Im Eingang des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts wird als Prozessbevollmächtigter beider Kläger die Rechtsanwaltssozietät genannt, zu der der Klägervertreter gehört und unter deren - auch seinen Namen aufweisenden - Briefkopf er die Berufungsschrift gefertigt hat. Hinzu kommt, dass die genannte Rechtsanwaltssozietät auch im Rubrum der Berufungsschrift als Prozessbevollmächtigte der Kläger aufgeführt wird. Ferner ergibt sich aus der Ur- teilsformel des Amtsgerichts, dass die Klage in vollem Umfang abgewiesen worden ist. Vernünftige Zweifel, dass das Rechtsmittel für beide Kläger eingelegt worden ist, können bei dieser Sachlage - zumal beide Kläger in der Berufungsschrift aufgeführt sind und sich der Berufungsschrift auch ansonsten keine Anhaltspunkte für eine Beschränkung der Rechtsmitteleinlegung auf einen der Kläger entnehmen lassen - nicht aufkommen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2005 - V ZB 42/04, BGHReport 2005, 1216, unter III 2 b).
10
3. Nach alledem kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Er ist daher aufzuheben, und die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Syke, Entscheidung vom 10.02.2009 - 9 C 669/08 -
LG Verden, Entscheidung vom 13.08.2009 - 2 S 101/09 -

Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

Der Beauftragte ist berechtigt, von den Weisungen des Auftraggebers abzuweichen, wenn er den Umständen nach annehmen darf, dass der Auftraggeber bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde. Der Beauftragte hat vor der Abweichung dem Auftraggeber Anzeige zu machen und dessen Entschließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 397/98 Verkündet am:
10. Februar 2000
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja

a) Wer aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch genommen wird,
kann im Erstprozeß einwenden, der Gläubiger dürfe ihn daraus nicht in Anspruch
nehmen, weil er nach dem Inhalt des Vertrages mit dem Hauptschuldner
keinen Anspruch auf eine solche Sicherung habe, sofern sich die Berechtigung
dieses Einwands aus dem unstreitigen Sachverhalt oder dem Inhalt der
Vertragsurkunden ohne weiteres ergibt.

b) Hat der Bürge in bewußter Abweichung von einer Sicherungsabrede zwischen
Hauptschuldner und Gläubiger, die nur die Verpflichtung vorsah, eine gewöhnliche
Bürgschaft beizubringen, eine Bürgschaft auf erstes Anfordern erteilt,
kann er sich dem Gläubiger gegenüber nicht darauf berufen, der Hauptschuldner
sei nicht verpflichtet gewesen, eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu
stellen.

c) Will die Bank entgegen dem Auftrag des Hauptschuldners, eine dem gesetzlichen
Leitbild entsprechende Bürgschaft zu leisten, eine solche auf erstes Anfordern
herausgeben, muß die Bank nicht nur dessen Zustimmung einholen,
sondern ihn auch über die für ihn damit verbundenen rechtlichen Nachteile
belehren. Erfüllt sie diese Verpflichtung nicht, kann der Auftraggeber sich gegenüber
dem Aufwendungsersatzanspruch mit allen Einwendungen verteidigen
, die ihm gegen die Hauptforderung zustehen, es sei denn, er hat der Er-
teilung der Bürgschaft auf erstes Anfordern in Kenntnis der für ihn damit verbundenen
Rechtsfolgen zugestimmt.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2000 - IX ZR 397/98 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Paulusch und die
Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Kirchhof und Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 19. Oktober 1998 wird auf Kosten der Nebenintervenientin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin beauftragte die Nebenintervenientin durch Generalübernehmervertrag (GÜV) vom 5. Juli 1995 mit der Errichtung einer Textilfabrik. Für die erste Bauphase wurde ein Pauschalpreis von 29.400.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Gemäß § 7 GÜV übernahmen beide Vertragsteile die Verpflichtung, einander wechselseitig unbefristete, selbstschuldnerische "Vertragserfüllungs-/Zahlungsbürgschaften einer Deutschen Großbank oder Sparkasse entsprechend den als Anlage 10 und 11 beigefügten Mustern" zur Absicherung der sich aus diesem Vertrag ergebenden gegenseitigen Verpflichtungen in Höhe von 10% der Bruttoauftragssumme zur Verfügung zu stellen. Die in dieser Bestimmung erwähnten Muster wurden dem Vertrag jedoch nicht beigefügt. Nach § 12 Abs. 2 GÜV bedürfen Ä nderungen und Ergän-
zungen des Vertrages der Schriftform; auf dieses Erfordernis kann nur schriftlich verzichtet werden.
Die Nebenintervenientin beauftragte die beklagte Bank, der Klägerin eine Kontrakterfüllungsbürgschaft gemäß einem beigefügten Muster zu erteilen , welches eine gewöhnliche selbstschuldnerische Bürgschaft vorsah. Die Beklagte lehnte eine solche Bürgschaft ab und schlug statt dessen einen Text vor, der die Verpflichtung umfaßte, aus der Bürgschaft auf erstes schriftliches Anfordern Zahlung zu leisten. Die Nebenintervenientin stimmte dieser Ä nderung gegenüber der Beklagten zu. Darauf übersandte die Beklagte ihr die Urkunde über eine Bürgschaft auf erstes Anfordern bis zum Betrag von 2.940.000 DM, die die Nebenintervenientin anschließend an die Klägerin "auf der Grundlage" des GÜV weiterleitete. Die Klägerin bestätigte ihr den Empfang der Urkunde.
Am 6. Juni 1997 kündigte die Klägerin den GÜV aus wichtigem Grund. Sie behauptet, ihr sei durch Pflichtverletzungen der Nebenintervenientin ein Schaden in Höhe von mehr als 7.000.000 DM entstanden, und hat deshalb die Beklagte aus der Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch genommen. Die Beklagte bestreitet das Vorbringen der Klägerin und vertritt die Auffassung, diese dürfe schon deshalb nicht aus der Bürgschaft auf erstes Anfordern gegen sie vorgehen, weil sie nach dem GÜV nur eine gewöhnliche Bürgschaft habe verlangen können. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der von der Nebenintervenientin geführten Revision wird Klageabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg.

I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Vertrag mit dem Inhalt einer Bürgschaft auf erstes Anfordern zustande gekommen. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden und wird auch von der Revision nicht angegriffen.
1. Die Klägerin hat das ihr durch Übersendung der Urkunde übermittelte Angebot gemäß § 151 Satz 1 BGB angenommen. Das Angebot des Bürgen bedarf nach der Verkehrssitte regelmäßig keiner ihm gegenüber erklärten Annahmeerklärung durch den Gläubiger. Die auch im Falle des § 151 BGB erforderliche nach außen hervortretende Betätigung des Annahmewillens ist regelmäßig schon darin zu sehen, daß der Gläubiger, der zuvor eine Bürgschaft verlangt hatte, die ihm zugeleitete Urkunde behalten hat (Senatsurt. v. 6. Mai 1997 - IX ZR 136/96, WM 1997, 1242). Hier hat die Klägerin zudem durch die der Nebenintervenientin übersandte Empfangsbestätigung ihren Annahmewillen kundgetan.
2. Dieser Vertrag ist unabhängig davon wirksam, was die Nebenintervenientin als Hauptschuldnerin mit der Klägerin in der Sicherungsabrede des GÜV vereinbart hat. Die Bürgschaft begründet eine von der Verbindlichkeit des
Hauptschuldners verschiedene selbständige Verpflichtung des Bürgen. Ihr Rechtscharakter bestimmt sich nicht aus der Hauptschuld. Das Zustandekommen eines Bürgschaftsvertrages ist nicht von Inhalt und Wirksamkeit der Hauptschuld abhängig (BGHZ 90, 187, 190; 139, 214, 217).

II.


Das Berufungsgericht meint, es könne dahingestellt bleiben, ob § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Bürgen überhaupt den Einwand ermögliche, die Verpflichtung auf erste Anforderung sei im Hinblick auf den Inhalt der Sicherungsabrede zwischen Gläubiger und Hauptschuldner ohne Rechtsgrund übernommen worden; denn hier stimme die Bürgschaft auf erstes Anfordern inhaltlich mit der Sicherungsabrede überein. Aus der Sicht der Klägerin habe die Nebenintervenientin durch das Begleitschreiben, mit dem sie die Bürgschaftsurkunde übersandt habe, erklärt, daß sie die Bürgschaft der Beklagten als vertragsgemäß erachte. Dieses Angebot habe die Klägerin gebilligt, indem sie den Empfang der Bürgschaftsurkunde bestätigt habe. Dem stehe auch die in § 12 GÜV enthaltene Schriftformabrede nicht entgegen.
Diese Erwägungen tragen die angefochtene Entscheidung nicht; die dagegen gerichteten Revisionsrügen sind begründet.
1. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob, wie die Beklagte behauptet, die Nebenintervenientin und die Klägerin sich in einer Verhandlung vom 19. Juni 1995 auf ein bestimmtes Bürgschaftsmuster
geeinigt hatten, welches lediglich eine gewöhnliche Bürgschaft vorsah. Für die revisionsrechtliche Prüfung ist somit von einem entsprechenden Einvernehmen zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin auszugehen. Unter solchen Umständen ist es rechtsfehlerhaft, in dem Schreiben der Nebenintervenientin, mit dem der Klägerin die Bürgschaftsurkunde der Beklagten übersandt wurde, ein Angebot auf Ä nderung des Vertrages zu sehen.

a) Der Vertragsinhalt beruhte auf monatelangen, unter Hinzuziehung von Anwälten geführten Verhandlungen. Beide Seiten hatten sich in § 7 des Vertrages gegenseitig lediglich zur Gewährung selbstschuldnerischer Bürgschaften verpflichtet. Die Klägerin hatte, als ihr die Urkunde der Beklagten übersandt wurde, noch keine Bürgschaft beigebracht. In Anbetracht dieser Gegebenheiten hätte die Übernahme der Verpflichtung, eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, die vertraglich vorgesehene Risikoverteilung einseitig zu Lasten der Nebenintervenientin verschoben. Diese müßte dann der Bank deren zur Erfüllung der Bürgschaft auf erstes Anfordern getätigte Aufwendungen gemäß §§ 675, 670 BGB erstatten, bevor feststeht, daß die Ansprüche, die die Gläubigerin aus dem Bauvertrag als der Hauptforderung gegen sie geltend macht, tatsächlich begründet sind. Die Nebenintervenientin hätte sich damit freiwillig bereiterklärt, das Insolvenzrisiko allein zu tragen. Für eine solche Vertragsänderung bestand auch nach dem Vorbringen der Klägerin keinerlei Anlaß. Diese hat selbst nicht behauptet, jemals eine Bürgschaft auf erstes Anfordern verlangt zu haben. Sie konnte daher, selbst wenn sie den von der Beklagten gewählten Text zur Kenntnis nahm, nicht ernsthaft davon ausgehen, die Nebenintervenientin wolle die Abrede über die gegenseitige Sicherung durch Bürgschaft in einer Weise ändern, die ihr eigenes wirtschaftliches Risiko beträchtlich erweiterte. Dies gilt um so mehr, als die Nebenintervenientin im
Begleitschreiben mit keinem Wort auf den Willen, eine so wesentliche Ä nderung des Vertragsgefüges anzustreben, hingewiesen, im Gegenteil der Klägerin die Bürgschaftsurkunde "auf der Grundlage" des GÜV zugeleitet hatte.

b) Aufgrund dieser vom Berufungsgericht nicht beachteten Umstände wäre es sogar dann rechtsfehlerhaft, in der Übersendung der Bürgschaftsurkunde in Verbindung mit dem Begleitschreiben vom 27. Juli 1995 ein Angebot zu sehen, die in § 7 GÜV getroffene Sicherungsabrede zu ändern, wenn die genaue Formulierung des Bürgschaftsvertrages entgegen der Behauptung der Beklagten vor Vertragsabschluß von den Parteien des GÜV nicht besprochen worden war. Nach dem eindeutigen Inhalt von § 7 GÜV hatten Auftraggeberin und Auftragnehmerin lediglich gewöhnliche selbstschuldnerische Bürgschaften beizubringen. Die Abrede über eine Zahlung auf erstes Anfordern berührt die Interessen der Parteien so wesentlich, daß sie üblicherweise in den Vertrag selbst aufgenommen und nicht der noch zu klärenden Ausgestaltung des zu verwendenden Bürgschaftsformulars überlassen wird. Bereits aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich nichts, was darauf hindeutet, daß die Vertragsparteien im Streitfall anders verfahren sind. Die Nebenintervenientin war danach in jedem Falle lediglich verpflichtet, eine einfache Bürgschaft beizubringen.
2. Davon abgesehen wäre eine Vertragsänderung dieses Inhalts aufgrund der in § 12 Abs. 2 GÜV enthaltenen qualifizierten Schriftformabrede nicht wirksam geworden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dient eine solche Bestimmung dazu, die Aushöhlung der Schriftformvereinbarung durch Bindung der Vertragspartner an spätere mündliche Erklärungen oder schlüssiges Verhalten unmöglich zu machen (BGHZ 66, 378, 381 f). Ob dem
zu folgen oder mit einer im Schrifttum vertretenen Ansicht anzunehmen ist, die Parteien hätten es im Rahmen der Vertragsautonomie in der Hand, die Bindung an eine solche Klausel formlos aufzuheben (Palandt/Heinrichs, BGB 59. Aufl. § 125 RdNr. 14; Erman/Brox, BGB 9. Aufl. § 125 Rdnr. 8; Soergel/Hefermehl, BGB 12. Aufl. § 125 Rdnr. 33), kann auf sich beruhen. Hier sind weder Tatsachen vorgetragen noch festgestellt, die auf einen solchen Abänderungswillen hindeuten (vgl. BGH, Urt. v. 17. April 1991 - XII ZR 15/90, NJW-RR 1991, 1289, 1290).

III.


Gleichwohl bleibt die Revision erfolglos; denn das angefochtene Urteil ist aus anderen Gründen im Ergebnis richtig.
1. Da ein wirksamer Vertrag über eine Bürgschaft auf erstes Anfordern vorliegt, betrifft der Einwand, im Verhältnis zwischen Gläubiger und Hauptschuldner gebe es keine Rechtsgrundlage für eine solche Sicherheit, die materielle Begründetheit der Anforderung.

a) Einwände in dieser Hinsicht kann der aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern Verpflichtete nach ständiger Rechtsprechung im Erstprozeß nur geltend machen, wenn der Gläubiger eine formale Rechtsstellung offensichtlich mißbraucht (§ 242 BGB). Es muß mit anderen Worten auf der Hand liegen oder mindestens liquide beweisbar sein, daß trotz Vorliegens der formellen Voraussetzungen der materielle Bürgschaftsfall nicht eingetreten ist. Alle Streitfragen,
deren Beantwortung sich nicht ohne weiteres ergibt, sind im Rückforderungsprozeß auszutragen (Senatsurt. v. 28. Oktober 1993 - IX ZR 141/93, WM 1994, 106, 107; v. 17. Oktober 1996 - IX ZR 325/95, WM 1996, 2228, 2229 f; v. 23. Januar 1997 - IX ZR 297/95, WM 1997, 656, 658).

b) In der Regel geht es dabei um Einwendungen, die die Begründetheit der Hauptschuld betreffen. Die Rechtsprechung hat jedoch darüber hinaus Streitigkeiten um Einzelpunkte der Bürgschaftsverpflichtung, etwa die Fragen, ob oder bis wann die Bürgschaft zeitlich begrenzt ist oder ob die Voraussetzungen der Einstandspflicht nachträglich entfallen sind, ebenfalls grundsätzlich in den Rückforderungsprozeß verwiesen (BGH, Urt. v. 31. Januar 1985 - IX ZR 66/84, ZIP 1985, 470, 471; v. 13. Juli 1989 - IX ZR 223/88, ZIP 1989, 1108, 1109; v. 14. Dezember 1995 - IX ZR 57/95, WM 1996, 193, 195). Beruft sich der Bürge darauf, der Gläubiger habe nach den vertraglichen Vereinbarungen mit dem Hauptschuldner lediglich Anspruch auf eine gewöhnliche Bürgschaft, er habe also eine Bürgschaft auf erstes Anfordern ohne Rechtsgrund erhalten, verteidigt er sich mit einem aus dem Akzessorietätsprinzip des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB hergeleiteten Einwand (vgl. BGHZ 107, 210, 214). Er darf daher ebenfalls im Erstprozeß nur beachtet werden, wenn sich seine Berechtigung schon aus dem unstreitigen Sachverhalt sowie dem Urkundeninhalt ohne weiteres ergibt.
2. Im Streitfall ist dieser Einwand jedoch schon aus Gründen ausgeschlossen , die das Strukturprinzip der Bürgschaft im allgemeinen, insbesondere ihr Verhältnis zur Hauptschuld, betreffen. Die Beklagte kann deshalb der Klägerin nicht entgegenhalten, daß deren Werkvertrag mit der Nebeninterveni-
entin nur die Stellung einer gewöhnlichen selbstschuldnerischen Bürgschaft vorsieht.

a) Hat der Hauptschuldner dem Gläubiger eine Sicherheit gewährt, auf die jener keinen Anspruch hatte, kann er grundsätzlich deren Rückgewähr aus § 812 Abs. 1 BGB verlangen. Diente die Bürgschaft allein dazu, die Sicherungsabrede zwischen Hauptschuldner und Gläubiger zu erfüllen, hat der Bürge jedoch eine Haftung übernommen, die der Gläubiger nach dem Hauptvertrag nicht oder jedenfalls nicht in dem erteilten Umfang verlangen konnte, hat der Hauptschuldner daher in der Regel gegen den Gläubiger Anspruch darauf, die Durchsetzung dieser Rechte gegen den Bürgen zu unterlassen, soweit eine solche im Widerspruch zu der von den Hauptparteien getroffenen Sicherungsabrede steht. Auf diese Einrede kann sich auch der Bürge dem Gläubiger gegenüber gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen. Das folgt aus dem Sinn und Zweck der Akzessorietät zur Hauptschuld; denn dadurch soll sichergestellt werden, daß der Bürge grundsätzlich nicht mehr als der Hauptschuldner zu leisten hat. § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB enthält insoweit eine umfassende Schutzvorschrift zugunsten des Bürgen. Das hat der Senat für einen Fall, in dem ein Mieter mit der Bürgschaft dem Gläubiger eine über das gesetzlich zulässige Maß hinausgehende Sicherheit verschafft hatte, ausdrücklich entschieden (BGHZ 107, 210, 214). Die dortige Begründung greift in gleicher Weise, wenn der Bereicherungsanspruch des Hauptschuldners sich darauf stützt, daß es für die Leistung in den vertraglichen Beziehungen der Parteien des Hauptvertrages keine Rechtsgrundlage gab. Hat der Sicherungsnehmer eine Bürgschaft auf erstes Anfordern erhalten, deren Inhalt und Zweck nur darin bestehen sollte , die Sicherheit zu leisten, die der Hauptschuldner aufgrund der Sicherungsabrede dem Gläubiger beizubringen hatte, konnte letzterer aber nur die Stel-
lung einer dem gesetzlichen Leitbild entsprechenden Bürgschaft verlangen, kommt der Einwand aus der Sicherungsabrede gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auch für den Bürgen in Betracht.

b) Der Rechtsgrund des Bürgschaftsvertrages ist jedoch nicht notwendigerweise davon abhängig, daß die Parteien des Hauptvertrages eine Sicherungsabrede getroffen haben und/oder der Hauptschuldner dem Bürgen einen entsprechenden Auftrag erteilt hat. Die Bürgschaft kann auch ohne Wissen und gegen den Willen des Hauptschuldners übernommen werden. In diesem Falle ist es für die Bürgschaftsverpflichtung gleichgültig, ob eine Sicherungsabrede zwischen Hauptschuldner und Gläubiger besteht und welchen Inhalt sie hat (vgl. BGH, Urt. v. 5. März 1975 - VIII ZR 202/73, WM 1975, 348, 349). Eine Bürgschaft kann weiter zur Sicherung von Ansprüchen gegeben werden, die der Gläubiger dem Hauptschuldner gegenüber aus Rechtsgründen nicht durchsetzen kann. Daher vermag eine Bürgschaft, die ein Gesellschafterdarlehen sichert, das Kapitalersatzrisiko zu decken, wenn dies dem erklärten Willen der Vertragsparteien entspricht (vgl. Senatsurt. v. 15. Februar 1996 - IX ZR 245/94, NJW 1996, 1341, 1342). Eine Gewährleistungsbürgschaft kann auch zur Sicherung verjährter Ansprüche erteilt werden (vgl. BGHZ 121, 173, 177 f). Alle diese Fälle sind dadurch gekennzeichnet, daß der Hauptschuldner, selbst wenn er die vertragliche Hauptleistung nicht zu erfüllen braucht, die Sicherheit nicht zurückfordern darf und die Berufung des Bürgen auf die bezeichneten Leistungsverweigerungsrechte des Hauptschuldners deshalb trotz der Bestimmung des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht durchgreift.

c) Im Streitfall hat die beklagte Bank nicht lediglich zur Erfüllung der zwischen der Klägerin und der Nebenintervenientin getroffenen Sicherungsabrede
geleistet, sondern bewußt eine über deren Inhalt hinausgehende Bürgschaft erteilt. Aus dem ursprünglichen Auftrag der Nebenintervenientin und dem ihm beigefügten Formular war für die Beklagte ohne weiteres ersichtlich, daß die Parteien der GÜV nur eine gewöhnliche Bürgschaft vereinbart hatten. Die Beklagte hat somit gezielt eine davon abweichende Leistung erbracht.
Daß sie zuvor die Zustimmung der Nebenintervenientin eingeholt hat - wovon in diesem Rechtsstreit auszugehen ist, weil das abweichende Vorbringen der Nebenintervenientin keine Beachtung findet (§ 67 ZPO) -, ändert daran nichts; denn die Beklagte hat ihre Leistung nicht davon abhängig gemacht, daß die Sicherungsabrede ihr inhaltlich angepaßt wurde. Zu einer entsprechenden Ä nderung ist es, wie oben zu II 1 dargelegt, zwischen der Klägerin und der Nebenintervenientin auch nicht gekommen. Soweit die Beklagte nicht lediglich eine Bürgschaft entsprechend dem gesetzlichen Leitbild, sondern eine solche auf erstes Anfordern erteilt hat, handelt es sich daher um eine Leistung, die allein im Bürgschaftsvertrag ihren Rechtsgrund findet. Infolgedessen ist sie in diesem Punkt bewußt vom Inhalt der Sicherungsabrede des GÜV losgelöst und kann nicht unter Berufung auf deren Inhalt zurückgefordert werden. Daraus folgt zugleich, daß die Nebenintervenientin keinen Anspruch gegen die Klägerin hat, diese zusätzliche Sicherung zurückzugewähren oder deren Realisierung zu unterlassen.

d) Dieses Ergebnis ist auch interessengerecht.
aa) Es steht trotz der grundsätzlichen Verpflichtung des Hauptschuldners , dem Bürgen die durch die Befriedigung des Gläubigers entstandenen
Aufwendungen zu ersetzen, nicht in Widerspruch zu schutzwürdigen Belangen der Nebenintervenientin.
Die Bank trifft aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag, der der Bürgschaft zugrunde liegt, die Pflicht, die Interessen des Auftraggebers als ihres Kunden mit Sorgfalt zu wahren und zu schützen (vgl. Senatsurt. v. 17. Dezember 1992 - IX ZR 226/91, NJW 1993, 735, 738). Hat dieser sie beauftragt, eine gewöhnliche Bürgschaft zu übernehmen, ist sie nicht berechtigt, an deren Stelle eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu leisten, weil diese geeignet ist, ihren Auftraggeber einem wesentlichen zusätzlichen Risiko auszusetzen.
Die Bank genügt ihren Pflichten auch nicht schon dadurch, daß sie die vom Auftraggeber gewünschte einfache Bürgschaft ablehnt, eine Bürgschaft auf erstes Anfordern vorschlägt und die Zustimmung ihres Kunden dazu einholt ; denn sie kann grundsätzlich nicht davon ausgehen, daß diesem die ihm aus der Ä nderung drohenden rechtlichen und wirtschaftlichen Nachteile bekannt sind. Das trifft selbst im Verhältnis zu einer ständig im Bauwesen tätigen Person zu. Zwar ist in der Regel davon auszugehen, daß dieser das Rechtsinstitut der Bürgschaft auf erstes Anfordern bekannt ist, weil eine solche Sicherheit im Baugewerbe häufig vereinbart wird (Senatsurt. v. 2. April 1998 - IX ZR 79/97, WM 1998, 1062, 1063). Daraus folgt jedoch nicht notwendig die Kenntnis , daß sie auch als Hauptschuldnerin im wirtschaftlichen Ergebnis den Vorteil verliert, der ihr durch Vereinbarung einer gewöhnlichen Bürgschaft im Bauvertrag entstanden ist, wenn die Bank mit ihrer Zustimmung eine Bürgschaft auf erstes Anfordern herausgibt. Ein solches Verhalten der Bank ist vielmehr geeignet , in dem Kunden die falsche Vorstellung zu begründen, lediglich die Bank übernehme damit eine erweiterte Verpflichtung. Der Gedanke, daß dieser dar-
aus auch zusätzliche Ansprüche gegen ihren Kunden erwachsen, die dessen eigenes Risiko beträchtlich erhöhen, liegt für einen nicht rechtskundigen Auftraggeber eher fern. Will die Bank von dem Auftrag, eine dem gesetzlichen Leitbild entsprechende Bürgschaft zu leisten, zum Nachteil ihres Kunden abweichen , muß sie ihn daher genau über die ihm drohenden rechtlichen Nachteile belehren. Eine solche Aufklärung ist nur dann entbehrlich, wenn die Bank davon ausgehen darf, dem Auftraggeber seien die beschriebenen Rechtsfolgen bekannt. Allein in einem solchen Falle muß er dem Bürgen den ihm entstandenen Aufwand erstatten, ohne dem Einwendungen aus der Hauptschuld entgegenhalten zu können.
bb) Die bürgende Bank wird dadurch nicht unbillig benachteiligt. Sie hat es in der Hand, durch vertragsgerechte Aufklärung des Kunden sicherzustellen , daß sie bei Erfüllung der Pflichten aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ihre Aufwendungen ohne weiteres ersetzt verlangen kann. Anderenfalls darf sie Erstattung ihrer Auslagen nur verlangen, soweit sich der Anspruch aus der Bürgschaft im Endergebnis ebenfalls als begründet erweist.
cc) Diese Lösung ist mit § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbar; denn der Rechtsübergang nach dieser Vorschrift setzt voraus, daß die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner tatsächlich besteht. Die Beschränkung der Einwendungen gegen den Anspruch aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern dient allein dazu, dem Gläubiger eine Durchsetzung seines Anspruchs zu erleichtern. Diese Besonderheit gilt folglich nicht entsprechend gegenüber einem vom Bürgen aufgrund seiner Leistung aus § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB erhobenen Begehren. Der Anspruch aus dieser Vorschrift setzt vielmehr voraus, daß tatsächlich eine Hauptschuld besteht. Der Hauptschuldner ist daher nach
dieser Regelung nur dann verpflichtet, an den Bürgen zu zahlen, wenn er auch an den Gläubiger hätte leisten müssen.

IV.


Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, auch die übrigen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs seien erfüllt. Die Klägerin hat diesen insbesondere in der gebotenen Weise angefordert, indem sie erklärt hat, sie habe wegen Pflichtverletzungen der Nebenintervenientin den GÜV fristlos gekündigt, weshalb ihr Vertragsstrafen- und Schadensersatzansprüche von über 7 Mio. DM zustünden. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist eine schlüssige Darlegung dieser Ansprüche nicht erforderlich (Senatsurt. v. 2. April 1998, aaO S. 1064 m.w.N.).
Daher war die Revision zurückzuweisen, mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zu Lasten der Streithelferin, die allein das Rechtsmittel eingelegt und durchgeführt hat (vgl. BGHZ 39, 296, 298).
Paulusch Kreft Stodolkowitz Kirchhof Fischer

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 283/02 Verkündet am:
6. Mai 2003
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 6. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und
die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 5. Juni 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger, Verwalter in der am 19. Oktober 1993 eröffneten Gesamtvollstreckung über das Vermögen der c. GmbH (im folgenden: Schuldnerin), nimmt die beklagte Bank auf Auszahlung einem Girokonto der Schuldnerin gutgeschriebener Beträge in Anspruch.
Das Gesamtvollstreckungsgericht erließ am 16. Juli 1993 ein allgemeines Verfügungsverbot gegen die Schuldnerin, die einen Gesamtvollstreckungsantrag gestellt hatte, und bestellte den Kläger zum Seque-
ster. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden: Beklagte) teilte der Schuldnerin am 22. Juli 1993 mit, daß sie alle Kredite kündige, und daß ihre auf dem bisherigen Konto ...200 gebuchte Kreditforderung in Höhe von 2.860.770,46 DM künftig auf dem Konto ...202 geführt werde. Sie nahm die Hauptgesellschafterin der Schuldnerin, die L. GmbH, aufgrund eines Schuldbeitritts auf Zahlung in Anspruch.
Am 29. Juli 1993 löste die Beklagte zwei Festgeldkonten der Schuldnerin auf und brachte die ihr verpfändeten Guthaben in Höhe von 357.535,50 DM und 90.016,88 DM dem Konto ...200 gut. Ferner schrieb sie diesem Konto am 5. August 1993 weitere 2.860.770,46 DM gut und belastete es am 13. September 1993 in Höhe von 357.535,50 DM und 90.016,88 DM.
Der Kläger hat behauptet, der Gutschrift vom 5. August 1993 in Höhe von 2.860.770,46 DM liege eine an die Schuldnerin gerichtete Überweisung ihrer Hauptgesellschafterin zugrunde. Nach der Gutschrift habe das Konto ein die Klagesumme übersteigendes Guthaben aufgewiesen. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Gutschrift vom 5. August 1993 oder die Gutschriften der Festgeldguthaben rückgängig zu machen.
Die Beklagte hat hingegen vorgetragen, sie habe die Hauptgesellschafterin der Schuldnerin nur zur Zahlung der Differenz zwischen der Verbindlichkeit der Schuldnerin und den Festgeldguthaben, die sie irrtümlich auf 2.414.431,17 DM, d.h. um 1.213,09 DM zu hoch, beziffert habe, aufgefordert. Diesen Betrag habe die Hauptgesellschafterin der Schuldnerin auf ihre Verbindlichkeit aus dem Schuldbeitritt an sie, die
Beklagte, gezahlt und auf das Konto ...202 überwiesen. Am 5. August 1993 habe sie, die Beklagte, 2.860.770,46 DM von dem Konto ...202 auf das Konto ...200 umgebucht. Dadurch sei auf dem Konto ...202 ein Sollsaldo entstanden, weil sie zuvor die Festgeldguthaben versehentlich nicht dem Konto ...202, sondern dem Konto ...200 gutgeschrieben habe. Bei der Korrektur dieses Fehlers sei ihr ein weiteres Versehen unterlaufen. Sie habe die dem Konto ...200 belasteten Festgeldbeträge irrtümlich nicht dem Konto ...202, sondern dem Konto der Hauptgesellschafterin der Schuldnerin gutgeschrieben. Dies sei durch eine Stornierung zugunsten des Kontos ...202 ausgeglichen worden.
Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von 447.552,38 DM nebst Zinsen abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger seinen Zahlungsantrag weiterverfolgt und hilfsweise die Feststellung begehrt, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten , weil sie ihn durch falsche vorprozessuale Auskünfte über die erfolgten Zahlungen und Buchungen zur Klageerhebung veranlaßt habe. Das Berufungsgericht hat dem Zahlungsantrag in Höhe von 228.829,89 uzüglich Zinsen stattgegeben. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Klage sei wegen positiver Vertragsverletzung begründet. Die Beklagte habe ihre nachvertraglichen Nebenpflichten verletzt, indem sie das Konto ...200 in Höhe von 357.535,50 DM und 90.016,88 DM belastet und diese Beträge dem Konto der Hauptgesellschafterin der Schuldnerin gutgeschrieben habe. Soweit darin eine Überweisung zu sehen sei, fehle ein entsprechender Auftrag des Klägers. Auch zu einer Storno- und Berichtigungsbuchung sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen.
Die Berechtigung von Stornierungen richte sich nach Nr. 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken in der Fassung von 1988. Nach dieser Regelung sei die Belastung des Kontos ...200 in Höhe von 357.535,50 DM und 90.016,88 DM nicht zulässig gewesen. Zweifelhaft sei bereits, ob die Gutschriften dieser Beträge überhaupt rückgängig gemacht worden seien. Da die Gutschriften nach Verwertung der Festgeldguthaben erfolgt seien, hätte ihre Rückgängigmachung vorausgesetzt , daß die Beträge wieder den Festgeldkonten gutgeschrieben worden wären. Tatsächlich seien sie aber zunächst dem Konto der Hauptgesellschafterin der Schuldnerin und anschließend dem Konto ...202 gutgeschrieben worden. Außerdem setze ein Stornorecht einen sachlichrechtlichen Rückgewähranspruch der Bank gegen den Kontoinhaber gemäß § 812 BGB voraus. Daran fehle es hier, weil der Kläger mit der Verwertung der Festgeldguthaben einen Anspruch auf Gutschrift auf dem
Girokonto erworben habe, dem die Beklagte mit den Gutschriften nachgekommen sei.
Ob die Gutschrift des Betrages von 2.860.770,46 DM in Höhe der Klageforderung stornofähig sei, bedürfe keiner Entscheidung, weil diese Buchung nicht storniert worden sei.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte schulde dem Kläger wegen positiver Vertragsverletzung die Zahlung von 447.552,38 DM, ist rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt , daß der Kläger durch die Rückgängigmachung der Gutschriften in Höhe von 357.535,50 DM und 90.016,88 DM einen Vermögensschaden in dieser Höhe erlitten hat. Dies wäre selbst dann nicht der Fall, wenn die Beklagte zur Stornierung der Gutschriften nicht berechtigt gewesen sein sollte. Belastungsbuchungen haben nur deklaratorische Bedeutung und lassen, wenn sie zu Unrecht erfolgen, das Kontoguthaben und daraus resultierende Zahlungsansprüche des Kontoinhabers unberührt (BGHZ 121, 98, 106; Schimansky, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 47 Rdn. 28).

III.


Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
1. Nach dem Sachvortrag der Beklagten, der im Revisionsverfahren mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zugrunde zu legen ist, ist die Klageforderung weder gemäß § 700 Abs. 1 Satz 1, § 607 Abs. 1 BGB a.F. noch gemäß § 780 Satz 1 BGB begründet.
Ob das Kontokorrentverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten durch den Erlaß des Verfügungsverbots am 16. Juli 1993 beendet worden ist (vgl. hierzu: Nobbe, Das Girokonto in der Insolvenz, in: Prütting (Hrsg.), Insolvenzrecht 1996, RWS-Forum 9, 1997, S. 99, 117 m.w.Nachw.), so daß die Ansprüche aus den abstrakten Schuldversprechen gemäß § 780 Satz 1 BGB, die in den Gutschriften vom 29. Juli und 5. August 1993 zu sehen sind, selbständig geltend gemacht werden können , oder ob bei fortbestehendem Kontokorrentverhältnis nur ein Anspruch gemäß § 700 Abs. 1 Satz 1, § 607 Abs. 1 BGB a.F. auf Auszahlung des Kontoguthabens erhoben werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Dem Anspruch gemäß § 780 Satz 1 BGB steht in Höhe der Klageforderung die im Schreiben der Beklagten vom 8. November 1999 erhobene Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 2, § 821 BGB) entgegen (vgl. hierzu: Senat, Urteile vom 16. April 1991 - XI ZR 68/90, WM 1991, 1152, 1153 und vom 7. Juli 1992 - XI ZR 239/91, WM 1992, 1522, 1523), so daß ein Kontoguthaben, dessen Auszahlung der Kläger verlangen könnte, nicht besteht.
2. Die Beklagte kann die gegenüber der Schuldnerin abgegebenen Schuldversprechen, die in den auf dem Konto ...200 vorgenommenen Gutschriften über 357.535,50 DM und 90.016,88 DM vom 29. Juli 1993 sowie über 2.860.770,46 DM vom 5. August 1993 liegen, nach § 812 Abs. 2 BGB kondizieren, soweit sie ohne Rechtsgrund erfolgt sind.

a) Die Gutschriften über 357.535,50 DM und 90.016,88 DM resultieren aus wirksam verpfändeten Festgeldguthaben der Schuldnerin bei der Beklagten. Nach der Verwertung ihres Pfandrechts war die Beklagte verpflichtet , diese Guthaben der Schuldnerin auf dem Konto ...200 gutzuschreiben. Eine Kondiktion dieser Gutschriften, die zu einer Reduzierung der unstreitigen Verbindlichkeiten der Schuldnerin von 2.860.770,46 DM auf 2.413.218,08 DM geführt haben, scheidet deshalb aus.

b) Bei der Gutschrift über 2.860.770,46 DM vom 5. August 1993 handelt es sich nach dem Vorbringen der Beklagten um eine bloße bankinterne Umbuchung vom Abwicklungskonto ...202 auf das Konto ...200, auf die die Schuldnerin in dieser Höhe auch unter Berücksichtigung der Überweisung ihrer Hauptgesellschafterin vom 6. August 1993 über 2.414.431,17 DM keinen Anspruch hatte. Diese Überweisung ist nach Darstellung der Beklagten nicht an die Schuldnerin, sondern an sie, die Beklagte, auf ihren eigenen Anspruch gegen die Hauptgesellschafterin aus deren Schuldbeitritt auf das Abwicklungskonto ...202 erfolgt. Durch diese Überweisung ist die nur noch in Höhe von 2.413.218,08 DM bestehende Verbindlichkeit der Schuldnerin erloschen (§ 422 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das in der Gutschrift vom 5. August 1993 liegende Schuldversprechen ist mithin in Höhe von 447.552,38 DM (2.860.770,46 DM -
2.413.218,08 DM), d.h. in Höhe der Klageforderung, ohne Rechtsgrund abgegeben worden.
Soweit der von der Hauptgesellschafterin der Schuldnerin an die Beklagte überwiesene Betrag die Verbindlichkeiten der Schuldnerin um 1.213,09 DM (2.414.431,17 DM - 2.413.218,08 DM) übersteigt, hat eine Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB im Verhältnis zwischen ihr und der Beklagten oder aber eine Verrechnung auf andere Verbindlichkeiten der Hauptgesellschafterin stattzufinden. Der Schuldnerin steht dieser Betrag nach dem Vorbringen der Beklagten nicht zu.
3. Die Beklagte kann ihren Bereicherungsanspruch gegenüber der Klageforderung einredeweise geltend machen (§ 812 Abs. 2, § 821 BGB).

a) Die Eröffnung der Gesamtvollstreckung steht der Bereicherungseinrede nicht entgegen. Einreden und Einwendungen, die gegen einen Anspruch des Schuldners erhoben werden können, sind grundsätzlich auch dem Verwalter gegenüber zulässig. Ein Ausschluß der Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung war in der Gesamtvollstrekkungsordnung nicht vorgesehen. Der Wert der Masse wird dadurch nicht geschmälert, weil eine mit der Bereicherungseinrede behaftete Forderung von vornherein wertlos ist (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1994 - IX ZR 252/93, WM 1995, 352, 353 f.).

b) Die Beklagte hat die Bereicherungseinrede unanfechtbar erlangt. Eine Anfechtung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO kommt nicht in Betracht, weil es an einer Gläubigerbenachteiligung fehlt. Da die Forde-
rung gegen die Beklagte bereits im Zeitpunkt ihrer Entstehung einrede- behaftet und wertlos war, stand den Gläubigern zu keinem Zeitpunkt ein einredefreier Anspruch als Zugriffsobjekt zur Verfügung (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 1994 - IX ZR 252/93, WM 1995, 352, 354).

IV.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird nunmehr Feststellungen dazu zu treffen haben, ob die Hauptgesellschafterin der Schuldnerin aufgrund ihres Schuldbeitritts an die Beklagte auf das Konto ...202 2.414.431,17 DM oder aber an die Schuldnerin auf deren Konto ...200 2.860.770,46 DM überwiesen hat. Letzterenfalls stünde der Beklagten weder die Bereicherungseinrede noch ein Stornierungsrecht zu.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Appl

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.