Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 28. Mai 2015 - 7 U 27/15

bei uns veröffentlicht am28.05.2015

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 3 O 11/15 - vom 12. Januar 2015

abgeändert

und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Klägerin EUR 4.295,13 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2013 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers

zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger 72% und die Beklagte 28%. Von den Kosten zweiter Instanz trägt der Kläger 75% und die Beklagte 25%.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert: I. Instanz bis EUR 16.000,00,

II. Instanz bis EUR 13.000,00.

Gründe

 
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten nach Erklärung eines Widerspruchs vom 14.10.2010 gemäß § 5a VVG a.F. die Rückerstattung der von ihm auf eine (bei der Beklagten abgeschlossene) Kapitallebensversicherung bis zum 01.10.2010 gezahlten Prämien von insgesamt EUR 22.936,77 einschließlich Zinsen abzüglich des von der Beklagten ausbezahlten Rückkaufwertes in Höhe von EUR 18.233,13 brutto.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das vom Kläger angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 12.01.2015 (Bl. 283 ff. d.A.).
Das Landgericht hat dem Grunde nach einen Anspruch des Klägers auf Rückerstattung der Prämien einschließlich Zinsen gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB bejaht und die Beklagte zur Zahlung eines weiteren Bereicherungsausgleichs i.H.v. EUR 999,34 verurteilt.
Der Kläger verfolgt die erstinstanzlich geltend gemachten Hauptanträge mit der Berufung in voller Höhe weiter. An dem erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag wird nicht festgehalten. In der Berufungsbegründung wendet sich der Kläger inhaltlich lediglich gegen den vom Landgericht bei der Berechnung des Bereicherungsausgleichs vorgenommenen Abzug der vollen Abschlusskosten in Höhe von EUR 6.295,79 sowie gegen die Zurückweisung des geltend gemachten Anspruchs auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von EUR 1.604,12.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Abschlusskosten im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des streitgegenständlichen Versicherungsvertrages nicht dem fristgemäß widersprechenden Versicherungsnehmer aufgebürdet werden könnten, da diese Kosten allein mit der von der Beklagten unzureichend erfolgten Widerspruchsbelehrung in Zusammenhang stünden und damit ausschließlich in den Risikobereich der Beklagten fallen würden. Es sei daher nicht sachgerecht, den Versicherungsnehmer mit diesen Kosten zu belasten. Dies widerspräche der Wertung der Europäischen Richtlinie. Der Kläger beruft sich diesbezüglich auf diverse obergerichtliche Entscheidungen (OLG Köln, Urteil vom 15.08.2014, 20 U 39/14; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.02.2015, I-4 U 46/13; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 26.02.2015, 16 U 61/13; OLG Bamberg, Beschluss vom 11.12.2014, 1 U 5/14; Hanseatisches OLG, Beschluss vom 05.01.2015, 9 U 130/13).
Hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten ist der Kläger der Auffassung, dass infolge der Rechtswidrigkeit der Belehrung ein diesbezüglicher Schadensersatzanspruch des Klägers bestehe.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 12.01.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Az. 3 O 11/15,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 14.294,25 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.10.2010 zu zahlen.
10 
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit i.H.v. EUR 1.604,12 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Die Beklagte weist darauf hin, dass die geltend gemachten Abschlusskosten nicht nur Vermittlerkosten, sondern auch Kosten für die vorvertragliche Risikoprüfung, die Antragsbearbeitung und Policierung sowie für die Beratung in Ansehung des Risikoschutzes umfassen würden. Es würde sich nicht um bloße Verwaltungskosten, sondern um Kosten des Erwerbs und der Vertragsausführung handeln, die grundsätzlich zu den Aufwendungen auf die erlangte Sache zählten, welche die Bereicherung mindern würden. Die Beklagte beruft sich hierbei neben der - vom Landgericht in Bezug genommenen - Rechtsprechung des OLG Stuttgart auf einen Beschluss des OLG Frankfurt vom 18.03.2015 (7 U 166/11). Die Beklagte trägt ergänzend vor, dass in den geltend gemachten Abschlusskosten eine Vermittlercourtage in Höhe von EUR 4.622,19 enthalten sei, welche von der Beklagten nach Ablauf der Stornohaftzeit nicht mehr zurückverlangt werden könne.
14 
Hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs ist die Beklagte der Auffassung, dass ein Schadensersatzanspruch wegen einer fehlerhaften Widerspruchsbelehrung bereits deshalb nicht in Betracht komme, weil die Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a VVG a.F. keine Rechtspflicht darstelle.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages in zweiter Instanz wird auf die Schriftsätze der Parteivertreter verwiesen.
II.
16 
Die zulässige Berufung des Klägers ist zum Teil begründet.
1.
17 
Dem Kläger steht ein weiterer Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe der Beiträge nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB sowie auf Nutzungsersatz nach § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB in Höhe von EUR 4.295,13 zu.
18 
Das Landgericht hat die - der Höhe nach unstreitigen - Abschlusskosten zu Unrecht in voller Höhe von EUR 6.295,79 Abzug gebracht. Abzugsfähig sind die Aufwendungen für die Vermittlercourtage, welche von der Beklagten nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten nach Ablauf der Stornohaftzeit in Höhe von EUR 4.622,19 nicht mehr zurückverlangt werden kann. Diese Kosten werden vom Senat allerdings nur in Höhe von EUR 3.000,00 als angemessen angesehen. Der Kläger kann damit - zusätzlich zu den vom Landgericht zugesprochenen EUR 999,34 - die darüber hinausgehend abgezogenen Abschlusskosten von EUR 3.295,79 beanspruchen.
a)
19 
Die als Teil der Abschlusskosten geltend gemachte Vermittlercourtage von EUR 4.622,19 kann nur in Höhe von EUR 3.000,00 zugrunde gelegt werden.
20 
Die von der Beklagten angegebene Vermittlercourtage ist unangemessen hoch. Vor diesem Hintergrund sind die Abschlusskosten vom Senat gemäß § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen. Mit Blick auf aus anderen Verfahren gewonnene Erfahrungswerte und auf die nunmehr in § 4 Abs. 1 der Deckungsrückstellungsverordnung bestimmte Obergrenze der im Wege der Zillmerung zu berücksichtigenden Abschlusskosten wäre jedenfalls ein Ansatz von 4 Prozent der Beitragssumme des vom Kläger abgeschlossenen Versicherungsvertrages nicht zu beanstanden.
21 
Bis zur Erklärung des Widerspruchs im Oktober 2010 belief sich die vertraglich geleistete Prämiensumme auf EUR 22.938,25. Auf Basis des vorgesehenen Vertragsendes am 01.03.2026 und den damit verbliebenen 184 Monatsprämien von zuletzt EUR 301,39 beläuft sich Beitragssumme für den Versicherungsvertrag - ohne Berücksichtigung weiterer Beitragssteigerungen - auf EUR 78,394,01, so dass ein Betrag von EUR 3.000,00 nicht zu beanstanden wäre.
22 
Dieser Betrag ist hier für die Abschlusskosten in Ansatz zu bringen.
b)
23 
Die Frage, inwieweit die Beklagte als Bereicherungsschuldnerin Aufwendungen, die ihr im Zusammenhang mit der Erlangung des Bereicherungsgegenstandes entstanden sind, bereicherungsmindernd geltend machen kann, kann nicht für alle Fälle einheitlich beantwortet werden. Die Beantwortung hängt maßgeblich davon ab, welche der Parteien des Bereicherungsverhältnisses das Risiko der Rückerlangung der an einen Dritten geleisteten Zahlung tragen muss (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, NJW 1990, 314 unter I 3 b aa).
24 
Bei den Abschlusskosten, die angesichts des Zeitablaufs nicht mehr zurück zu fordern sind, handelt es sich nicht um bloße Verwaltungskosten, sondern um Kosten des Erwerbs und der Vertragsausführung, die grundsätzlich zu den Aufwendungen auf die erlangte Sache zählen, welche die Bereicherung mindern (dazu allgemein BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, NJW 1993, 648; RG, Urteil vom 11. Juni 1909 - II 571/08, RGZ 72, 1 [3 f.]; Staudinger/Lorenz, BGB [2007] § 818 Rn. 37; abweichend Schwab in MünchKomm-BGB, 6. Aufl. § 818 Rn. 135).
25 
Der Anrechnung dieser Abschlusskosten stehen insbesondere die Überlegungen des Kammergerichts in seinem Urteil vom 13. Februar 2015 - 6 U 179/13 (juris Rn. 33) nicht entgegen. Dort wird - bezogen auf einen hier nicht geltend gemachten Rücktritt nach § 8 VVG a.F. und einen Anspruch aus § 346 BGB - ausgeführt, dass der Versicherer sich nicht auf eine vertragsgemäße Verwendung von Abschlusskosten berufen dürfe, da dies einer faktischen Durchführung des Vertrages gleichkäme. Dies sei nicht mit der Annahme der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. vereinbar und würde gegen den unionsrechtlichen Grundsatz des „effet utile“ verstoßen. Wenn das Recht zur Lösung vom Vertrag über lange Zeiträume fortbestehe, weil der Versicherer den Versicherungsnehmer unzureichend über dieses Recht belehrt habe, so müsse es bei der Risikoabwägung in seinen Risikobereich fallen, dass die auf den Abschluss aufgewendeten Kosten vergeblich gewesen seien (so schon LG Heidelberg, Urteil vom 25. September 2014 - 1 S 15/13, juris Rn. 37; i.E. ebenso OLG Karlsruhe, Urteil vom 22. Mai 2015 - 12 U 122/12 (14), juris Rn. 51; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 26. Februar 2015 - 16 U 61/13, juris Rn. 58; vgl. auch Sommermeyer/Fink, EWiR 2015, 149, 150).
26 
Aus dem Gebot einer möglichst wirksamen Anwendung des Rechts der Europäischen Union („effet utile“) kann indes nicht gefolgert werden, dass es dem Versicherer verwehrt sein soll, die aufgewendeten und nicht mehr zurückzufordernden Abschlusskosten in Abzug zu bringen. Dies würde ihn unangemessen benachteiligen. Mit Blick auf die gesetzliche Regelung des § 818 Abs. 3 BGB sind dem Versicherer - anders als im Falle eines Rücktritts nach § 8 VVG a.F. - die sich aus der fehlenden Zurückforderbarkeit von Abschlusskosten ergebenden finanziellen Folgen der vom Versicherungsnehmer durch Abschluss des Vertrages getroffenen Vermögensdisposition nicht zuschreiben. Insofern ist eine andere Beurteilung vorzunehmen als in Bezug auf Verwaltungskosten und etwaige gezogene Nutzungen.
27 
Das Risiko, Verwaltungskosten für einen nicht wirksamen Vertrag aufgewendet zu haben, ist dem Versicherer aufzuerlegen. Hierbei handelt es letztlich nur um eine rechnerische Größe. Damit deckt der Versicherer letztlich denjenigen Aufwand ab, der ihm für die Durchführung des Vertrages und damit für die Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebes entsteht (z.B. Kosten für die Betreuung der Verträge, die Aufrechterhaltung einer personellen und sachlichen Infrastruktur). Die kalkulierten Verwaltungskosten fließen damit positiv in das Geschäftsergebnis des Versicherers ein und wirken sich auf die Erzielung des etwaigen Geschäftsgewinns oder der die Reduzierung eines Verlustes aus. Soweit der Versicherer Nutzungen aus den Beiträgen des Versicherungsnehmers gezogen hat, hat er diese, einen Gewinn steigernden oder einen Verlust reduzierenden, Einnahmen ebenfalls auszukehren; er soll nicht aus dem - von Beginn an - unwirksamen Vertrag Vorteile ziehen, die ihm die Rechtsordnung so nicht zubilligt.
28 
Dagegen stellen sich Abschlusskosten, die nicht mehr zurückzufordern sind, im Ergebnis in keiner Weise als eine irgendwie geartete Bereicherung des Versicherers dar. Diese sind ausschließlich dem jeweiligen Vermittler zugutegekommen, ohne dass der Versicherer selbst hieraus einen Vorteil hätte ziehen können. Dies rechtfertigt es nach Auffassung des Senates, die Regelung des § 818 Abs. 3 BGB - wie auch in anderen Fällen eines unwirksam gewordenen Vertrages - anzuwenden und diese nicht mit Blick auf den Grundsatz des „effet utile“ im Sinne eines weitgehenden Verbraucherschutzes unangewendet zu lassen. Denn allein der Umstand, dass europarechtliche Bestimmungen - Art. 31 Abs. 1 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung und des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung - dem Verbraucherschutz dienen sollen, führt nicht zwingend dazu, dass in jedem Fall die für den Verbraucher günstigste denkbare Interpretation zu suchen ist (OLG Stuttgart VersR 2015, 561, 563 f.).
29 
Dies gilt hier insbesondere vor dem Hintergrund, dass der der Beklagten vorzuwerfende Verstoß nicht in einem solchen gegen europarechtliche Bestimmungen liegt, sondern lediglich in einer den Anforderungen des § 5a VVG a.F. nicht genügenden Widerspruchsbelehrung. Ihr insbesondere auch nicht dadurch, dass sie einen Vertragsschluss über den Weg des damals gesetzlich vorgesehenen Policenmodells intendiert hat, von vornherein die Schutzwürdigkeit ihrer Belange im Rahmen des bereicherungsrechtlichen Ausgleichs abgesprochen werden, zumal die nicht ordnungsgemäße Belehrung - gerade bei Annahme der Nichtanwendbarkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. - nicht ohne Sanktion bleibt und sie grundsätzlich - auch bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung - auf das Zustandekommen des Vertrages über § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. vertrauen durfte und daher nicht gehalten war, sich eine Rückforderung der ausgekehrten Abschlusskosten gegenüber dem Vermittler vorzubehalten (vgl. dazu bereits Senatsurteil vom 23. Oktober 2014 - 7 U 54/14, VersR 2015, 561 [juris Rn. 97]; i.E. ebenso Reiff, r+s 2015, 105, 109 f.; a.A. OLG Dresden, Urteile vom 21. April 2015 - 4 U 731/14, juris Rn. 31 und vom 24. Februar 2015 - 4 U 786/14, juris Rn. 46 und OLG Köln, Urteil vom 15. August 2014 - 20 U 39/14, VersR 2015, 177 [juris Rn. 28], nach denen generell das Risiko, dass der Versicherer seine Vertragskosten unnötig aufgewandt hat, diesem lediglich deswegen zugewiesen wird, weil er den Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt hat).
2.
30 
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten zu.
31 
Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte sich bereits im Zeitpunkt der Beauftragung der klägerischen Prozessbevollmächtigten mit der nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB geschuldeten Herausgabe von Prämien und gezogenen Nutzungen in Verzug befunden hätte. Die geltend gemachten Anwaltskosten sind bereits mit Ausübung des Widerspruchsrechts durch das Anwaltsschreiben vom 14.10.2010 angefallen. Durch dieses Schreiben ist der streitgegenständliche Bereicherungsanspruch überhaupt erst entstanden. Die Anwaltskosten sind daher nicht Folge einer Nichtleistung nach vorhergehender Leistungsaufforderung. Daher kann der Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nicht unter dem Gesichtspunkt des Verzuges beanspruchen.
32 
Soweit der Kläger einen diesbezüglichen Schadensersatzanspruch darauf stützt, dass die Beklagte nicht ordnungsgemäß über den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. belehrt habe, so vermag auch dies einen Schadensersatzanspruch nicht zu begründen. Aus § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. ergibt sich keine Rechtspflicht zur Belehrung in drucktechnisch deutlicher Form. Das Unterlassen einer solchen Gestaltung der Belehrung wird nach der Regelung in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. abschließend mit dem Hinausschieben des Fristbeginns für die Erklärung des Widerspruchs sanktioniert. Zum Zeitpunkt der Belehrung durfte die Beklagte auch noch auf die Wirksamkeit dieser Regelung mit Blick auf die im Jahr 2001 vorherrschende Rechtsprechung vertrauen, so dass der erforderliche Zurechnungszusammenhang fehlt.
III.
1.
33 
Die Kostenentscheidung folgt - unter Berücksichtigung des in erster Instanz abgewiesenen und in zweiter Instanz nicht mehr weiter verfolgten Hilfsantrages - aus § 92 Abs. 1 ZPO.
2.
34 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
3.
35 
Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen in Fällen eines Widerspruchs gemäß § 5a VVG a.F. die Abschlusskosten von einem Wertersatzanspruch in Höhe der geleisteten Versicherungsprämien gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB in Abzug zu bringen sind, ist umstritten und bisher höchstrichterlich nicht geklärt (vgl. oben II.1).
36 
Soweit der Kläger zuletzt beantragt hat, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung das Verfahren gemäß § 148 ZPO bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs in dem Verfahren IV ZR 236/15 auszusetzen, ist diesem Antrag nicht nachzukommen, da in diesem Verfahren nicht etwa über ein Rechtsverhältnis entschieden wird, dessen Bestehen für den vorliegenden Rechtsstreit präjudizielle Bedeutung hat.
37 
Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist vielmehr gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revision zuzulassen.
4.
38 
Bei der Streitwertfestsetzung sind die als Nutzungsersatz geltend gemachten Zinsen entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senates nur insoweit zu berücksichtigen, als diese nicht Teil der Hauptforderung sind.

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(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 346 Wirkungen des Rücktritts


(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. (2)

Zivilprozessordnung - ZPO | § 148 Aussetzung bei Vorgreiflichkeit


(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 8 Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers; Verordnungsermächtigung


(1) Der Versicherungsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Der Widerruf ist in Textform gegenüber dem Versicherer zu erklären und muss keine Begründung enthalten; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.

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(1) Im Wege der Zillmerung werden die Forderungen auf Ersatz der geleisteten, einmaligen Abschlusskosten einzelvertraglich bis zur Höhe des Zillmersatzes ab Versicherungsbeginn aus den höchstmöglichen Prämienteilen gedeckt, die nach den verwendeten B

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Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juli 2015 - IV ZR 448/14

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(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10. Februar 2014 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 153/13 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.646,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 6% und die Beklagte zu 94% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die gegnerische Partei nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.


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(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Im Wege der Zillmerung werden die Forderungen auf Ersatz der geleisteten, einmaligen Abschlusskosten einzelvertraglich bis zur Höhe des Zillmersatzes ab Versicherungsbeginn aus den höchstmöglichen Prämienteilen gedeckt, die nach den verwendeten Berechnungsgrundsätzen in dem Zeitraum, für den die Prämie gezahlt wird, weder für Leistungen im Versicherungsfall noch zur Deckung von Kosten für den Versicherungsbetrieb bestimmt sind. Der Zillmersatz darf 25 Promille der Summe aller Prämien nicht überschreiten.

(2) Die höchstmöglichen Prämienteile im Sinne von Absatz 1 werden in dem Umfang, in dem sie die geleisteten, einmaligen Abschlusskosten in Höhe des Zillmersatzes noch nicht gedeckt haben und folglich der Höhe nach mit den nach § 15 Absatz 1 der Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung höchstens zu aktivierenden Forderungen gegenüber den Versicherungsnehmern übereinstimmen, von dem bei der Berechnung der einzelvertraglichen Deckungsrückstellung anzusetzenden Barwert der künftigen Prämien abgezogen.

(3) Für Lebensversicherungsverträge, bei denen aufgrund gesetzlich vorgeschriebener Rückkaufswerte gegenüber der nach § 341f des Handelsgesetzbuchs berechneten Deckungsrückstellung eine nach § 25 Absatz 2 der Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung erhöhte Deckungsrückstellung zu stellen ist, gelten als höchstmögliche Prämienteile gemäß Absatz 1 die Prämienteile, die

1.
nicht zur Bildung der erhöhten Deckungsrückstellung benötigt werden und
2.
nach den verwendeten Berechnungsgrundsätzen in dem Zeitraum, für den die Prämie gezahlt wird, weder für Leistungen im Versicherungsfall noch zur Deckung von Kosten für den Versicherungsbetrieb bestimmt sind.
Für Unfallversicherungen der in § 161 des Versicherungsaufsichtsgesetzes genannten Art gilt Satz 1 entsprechend, soweit in Anlehnung an die für die Lebensversicherung gesetzlich vorgeschriebenen Regelungen erhöhte Rückkaufswerte vertraglich garantiert werden.

(4) Der von einem Versicherungsunternehmen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses verwendete Zillmersatz für die Berechnung der Deckungsrückstellung gilt für die gesamte Laufzeit des Vertrages.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 22 O 308/13 - vom 14. Februar 2014

abgeändert

und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 4.098,21 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. August 2013 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin

zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt die Klägerin 2/3, die Beklagte 1/3, von den Kosten zweiter Instanz trägt die Klägerin 17/20, die Beklagte 3/20.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert:    

I. Instanz

bis zu 26.000 Euro bis 7. Januar 2014
bis zu 22.000 Euro sodann.

        

II. Instanz 

bis zu 22.000 Euro.

Gründe

 
I.
Die Klägerin macht bereicherungsrechtliche Ansprüche auf verzinsliche Rückzahlung von Versicherungsprämien, hilfsweise Auskunftsansprüche und einen Anspruch auf Zahlung eines neuberechneten Rückkaufswertes geltend.
Mit Antrag vom 20. August 2004 (Anlage BLD 1) beantragte die Klägerin den Abschluss einer Rentenversicherung mit aufgeschobener lebenslanger Rentenzahlung und Recht auf vorgezogene Teilrenten bzw. Teilkapitalabfindung zu festgelegten Terminen, mit Kapitalleistung bei Tod vor Ablauf der Aufschubzeit und garantierter Mindestlaufzeit der Renten sowie mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Der entsprechende Versicherungsschein vom 29. September 2004 (Anlage K 1 = GA I 23 ff.) sieht einen Versicherungbeginn am 1. Oktober 2004, den Ablauf der Aufschubzeit am 30. September 2040 sowie einen Monatsbeitrag von 600 Euro vor. Ein Anteil der Überschussbeteiligung i.H.v. 31,52 Euro wird danach für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung verwendet. In einem auf den 29. September 2004 datierten Schreiben der Beklagten an die Klägerin (Anlage K 2 = GA I 29 f.) wird um Beachtung der „Wichtigen Hinweise auf der nächsten Seite“ gebeten, die das Widerspruchsrecht betreffen. Auf Seite 2 findet sich der nachfolgende Text:
Widerspruchsrecht
Wie Ihnen bereits auf Grund unseres Hinweises im Versicherungsantrag bekannt ist, können Sie innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins dem Versicherungsvertrag uns gegenüber in Textform widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.“
Auf diesen Vertrag leistete die Klägerin Prämien bis zum 30. Juni 2012 i.H.v. insgesamt 29.587,75 Euro. Im Jahr 2008 war der Beitrag auf Wunsch der Klägerin auf 100 Euro reduziert worden (Anlagen BLD 5 - 7 = GA I 68 ff.), im Januar 2010 wurde die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung aus der Rentenpolice ausgenommen, so dass sich der Beitrag in der Folge auf 53,11 Euro belief (Anlagen BLD 11 f. = GA I 74 f.).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 29. Mai 2012 erklärte die Klägerin unter anderem den Widerspruch gegen das Zustandekommen des Versicherungsvertrages (Anlage K 5 = GA I 44), was nochmals mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 wiederholt wurde (Anlage K 6 = GA I 45 ff-). Unter dem 12. Juni 2012 rechnete die Beklagte, die den Widerspruch als Kündigung deutete, den Vertrag ab und zahlte der Klägerin daraufhin 8.883,99 Euro aus (Anlage BLD 17 f. = GA I 80 f.). Im Oktober 2013 zahlte die Beklagte einen weiteren Betrag i.H.v. 6.815,43 Euro - 6.383,65 Euro nebst Zinsen - und erklärte dazu, dass zum 1. Juni 2008 ein Stornoabzug von 5.019,78 Euro und zum 1. Juli 2012 ein solcher von 810,24 Euro erfolgt sei (GA I 86 f.).
In erster Instanz hat die Klägerin geltend gemacht, der Versicherungsschein enthalte keine Widerspruchsbelehrung. Bei Antragstellung seien ihr die erforderlichen Unterlagen nicht übergeben worden, so dass der Vertrag nach dem damals gängigen Policenmodell zustande gekommen sei. Sie habe dem Abschluss des Vertrages nach § 5a VVG a.F. wirksam widersprochen. Hierzu sei sie zum einen berechtigt, weil das Policenmodell als solches europarechtswidrig sei; zum anderen habe die Frist des § 5a Abs. 2 VVG a.F. nicht zu laufen begonnen. Es fehle an einer drucktechnisch deutlichen Form der Widerspruchsbelehrung, die zudem inhaltlich nicht ordnungsgemäß sei. Die Frist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. komme wegen der Europarechtswidrigkeit dieser Regelung nicht zum Tragen. Das Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt; darin, dass der Widerspruch erst acht Jahre nach Vertragsschluss erklärt worden sei, liege auch keine Genehmigung.
Ihr stehe daher ein Herausgabeanspruch hinsichtlich der ohne Rechtsgrund gezahlten Prämien und auf Herausgabe der Nutzungen zu. Es sei davon auszugehen, dass die Versicherungsgesellschaften aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden eingesetzten Vermögen eine wesentlich höhere Rendite als marktüblich erzielten, so dass ein Zinssatz von 6,4436 Prozent angesetzt werde. Aus eigener Kenntnis könne sie keine Einzelheiten über den Umfang der tatsächlich gezogenen Nutzungen vortragen. Sie begehre unter Zugrundelegung der gezahlten Prämien und unter Abzug der erbrachten Zahlungen zunächst einen Betrag von 13.888,33 Euro und zudem Zinsen auf alle Prämien i.H.v. 12.834,65 Euro, mithin insgesamt 26.722,98 Euro.
Darüber hinaus stehe ihr ein Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Aufklärung über das Widerspruchsrecht zu, aufgrund dessen sie auch die Rückzahlung der geleisteten Prämien und Nutzungen verlangen könne. Letztlich habe die Beklagte den Rückkaufswert fehlerhaft berechnet, von dieser verwendete Vertragsklauseln zum Stornoabzug und zu Abschlusskosten seien unwirksam. Auskunft über das ungezillmerte Deckungskapital ohne Abschluss- und Stornokosten habe die Beklagte bisher nicht erteilt.
Die Klägerin, die im Hauptantrag zunächst die Zahlung von 33.538,41 Euro nebst Zinsen begehrt hatte, hat nach Erledigterklärung i.H.v. 6.815,43 Euro (GA I 89) in erster Instanz zuletzt beantragt,
10 
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 26.722,98 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Mai 2012 zu zahlen,
11 
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit i.H.v. 1.878,30 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
12 
hilfsweise im Wege der Stufenklage
13 
3. die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft
14 
a) über das zum Zeitpunkt der Kündigung am 1. Juli 2012 vorhandene Deckungskapital ohne Verrechnung von Abschlusskosten,
15 
b) zugleich über die Höhe der abgezogenen Stornokosten sowie
16 
c) über die ungezillmerten Abschlusskosten, die bis zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung entstanden wären,
17 
zu dem Vertrag mit der Versicherungsnummer 4.1 008 111.92 zu erteilen,
18 
4. die Beklagte zu verurteilen, die von ihr erteilen Auskünfte durch die Vorlage entsprechender Unterlagen zu belegen und gegebenenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte an Eides statt zu versichern,
19 
5. die Beklagte zu verurteilen, ihr einen weitergehenden Rückkaufswert in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in einer Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2012 zu zahlen.
20 
Die Beklagte, die sich der teilweisen Erledigungserklärung angeschlossen hat (GA I 105), hat in erster Instanz beantragt,
21 
die Klage abzuweisen.
22 
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Klägerin sei nicht zum Widerspruch berechtigt gewesen. Sie habe sämtliche Fristen des § 5a VVG a.F. nicht gewahrt und sei ordnungsgemäß und mehrfach über ihr Widerspruchsrecht belehrt worden. Ein „ewiges“ Widerspruchsrecht infolge einer etwaigen Europarechtswidrigkeit stehe der Klägerin nicht zu. Deren Verhalten sei überdies als konkludente Genehmigung eines etwaig schwebend unwirksamen Vertrages anzusehen.
23 
Nutzungen im von der Klägerin behaupteten Maße habe sie nicht gezogen. Darüber hinaus habe sie von den Prämien Abschlusskosten i.H.v. 9.097,16 Euro gezahlt sowie Verwaltungskosten entnommen. Sparanteile seien mithin nur Teile der Beiträge, die nicht für die Kosten verwendet worden seien. Überdies seien Steuervorteile im Wege der Saldotheorie zu berücksichtigen.
24 
Ansprüche auf Rückzahlung von Prämien seien zudem für den Zeitraum bis 31. Dezember 2010 verjährt.
25 
Ein Anspruch auf Schadensersatz stehe der Klägerin ebenfalls nicht zu. Es sei dabei zu bestreiten, dass diese bei anderer Belehrung über das Widerspruchsrecht dem Vertrag widersprochen hätte.
26 
Hinsichtlich des Rückkaufswertes habe sie die geschuldeten Auskünfte erteilt.
27 
Wegen des weiteren Vortrages der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand des dortigen Urteils verwiesen.
28 
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 14. Februar 2014, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen. Der Klägerin stehe ein Anspruch aus § 812 BGB im Hinblick auf den erklärten Widerspruch nicht zu; die Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 VVG a.F. habe die hinreichend durch das Policenbegleitschreiben belehrte Klägerin nicht eingehalten. Ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch stehe der Klägerin genauso wenig zu wie ein weitergehender Auskunftsanspruch.
29 
Die Klägerin hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 19. Februar 2014 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 19. März 2014, der beim Oberlandesgericht am selben Tag eingegangen ist, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 22. April 2014, der am selben Tag beim Oberlandesgericht eingegangen ist, begründet.
30 
Mit ihrer Berufung macht die Klägerin, die ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft, geltend, das Policenmodell verstoße gegen europäisches Recht, so dass der hierauf beruhende Vertragsschluss bereits nicht wirksam und daher rückabzuwickeln sei. Überdies sei ihr Widerspruch wirksam und nicht verspätet, da die Widerspruchsbelehrung weder den formalen noch den inhaltlichen Anforderungen an eine solche genüge. Es fehle an der erforderlichen drucktechnischen Hervorhebung. Die Benennung des Adressaten des Widerspruchs sei erforderlich. Die für den Fristbeginn notwendigen Informationen seien nicht benannt, eine Aufzählung derselben sei im Policenanschreiben nicht enthalten, da lediglich auf den Versicherungsschein Bezug genommen werde. Auf § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. könne wegen dessen Europarechtswidrigkeit nicht abgestellt werden.
31 
Es werde bestritten, dass die Beklagte nur Nutzungen i.H.v. 111,24 Euro gezogen haben wolle. Klägerseits sei bestmöglich und umfangreich vorgetragen worden; der Beklagten obliege eine sekundäre Darlegungslast zu den tatsächlich gezogenen Nutzungen. Allein die Risikoanteile i.H.v. 306,10 Euro seien zu berücksichtigen. Die Beklagte könne sich hinsichtlich der Abschluss- und Verwaltungskosten sowie hinsichtlich der Gesamtkosten nicht auf eine Entreicherung berufen. Insofern sei zu beachten, dass die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung den europarechtlichen Besonderheiten unterliege. Verstöße gegen die Belehrungspflicht dürften nicht sanktionslos bleiben.
32 
Der geltend gemachte Anspruch sei nicht verjährt. Vor Ausübung des Widerspruchsrechts könne die Verjährung nicht beginnen, da der Anspruch auf Herausgabe sämtlicher Prämien erst durch den Widerspruch ausgelöst werde. Die gebotene Anknüpfung an die Kenntnis des Versicherungsnehmers von den den Kondiktionsanspruch begründenden Tatsachen führe überdies nicht zur Verjährung des Anspruchs. Zudem liege hier eine schwierige, ungeklärte und damit zweifelhafte Rechtslage vor, die einen Verjährungsbeginn ausschließe.
33 
Die Ablehnung der Hilfsanträge durch das Erstgericht sei zu Unrecht erfolgt. Ein Auskunftsanspruch betreffend die Mitteilung des Rückkaufswertes ohne Abzug von Stornokosten und Verrechnung von Abschlusskosten stehe dem Versicherungsnehmer in jedem Fall zu. Bestehe ein Anspruch in unbestimmter Höhe, könne im Wege der Stufenklage zunächst auf Auskunft geklagt werden. Der Anspruch auf Erstattung des vollständigen Rückkaufswertes im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Vertrages ergebe sich aus § 176 Abs. 1 VVG a.F.
34 
Die Klägerin beantragt,
35 
unter Aufhebung des am 14. Februar 2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart - 22 O 308/13 -
36 
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 26.722,98 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Mai 2012 zu zahlen,
37 
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit i.H.v. 1.878,30 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
38 
höchst hilfsweise
39 
3. die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft
40 
a) über das zum Zeitpunkt der Kündigung am 1. Juli 2012 vorhandene Deckungskapital ohne Verrechnung vor Abschlusskosten,
41 
b) über die ungezillmerten Abschlusskosten, die bis zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung entstanden wären,
42 
zu dem Vertrag mit der Versicherungsnummer 4.1 008 111.92 zu erteilen,
43 
4. die Beklagte zu verurteilen, die von ihr erteilen Auskünfte durch die Vorlage entsprechender Unterlagen zu belegen und gegebenenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte an Eides statt zu versichern,
44 
5. die Beklagte zu verurteilen, ihr einen weitergehenden Rückkaufswert in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in einer Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2012 zu zahlen.
45 
Die Beklagte beantragt,
46 
die Berufung zurückzuweisen.
47 
Die Beklagte verteidigt unter Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrages das landgerichtliche Urteil. Das Policenmodell sei wirksam und verstoße nicht gegen europäisches Recht. Daher sei der Widerspruch der Klägerin, die ordnungsgemäß belehrt worden sei, verfristet. Die Klägerin habe ein etwaiges Recht zum Widerspruch überdies verwirkt. Zudem erhebe sie die Einrede der Verjährung.
48 
Letztlich scheitere der geltend gemachte Anspruch auf Prämienrückgewähr an bereicherungsrechtlichen Grundsätzen; es habe insofern eine Saldierung zu erfolgen, bei der zudem in besonderer Weise die Grundsätze von Treu und Glauben und damit auch die Interessen der Gemeinschaft der Versicherten zu berücksichtigen seien. Der Wert des von der Klägerin während der Laufzeit des Vertrages in Anspruch genommenen Versicherungsschutzes sei zu berücksichtigen. Zum einen sei der Risikobeitrag, mit dem z.B. das Todesfallrisiko abgedeckt werde, zu berücksichtigen. Zum anderen sei der gewährte Versicherungsschutz unauflösbar mit der Entstehung weiterer Kosten verbunden, namentlich mit in Abzug zu bringenden Verwaltungskosten. Zu saldieren seien überdies die Abschlusskosten. Zu berücksichtigen sei zudem, dass der streitgegenständliche Versicherungsvertrag nicht nur aus einer Rentenversicherung bestanden habe, sondern auch einen Berufsunfähigkeitsschutz enthalten habe. Nach allem ergebe sich allenfalls ein Saldo zugunsten der Klägerin i.H.v. 820,10 Euro (vgl. die Berechnung bei GA II 202), die sich auch die gezogenen steuerlichen Vorteile anrechnen lassen müsse.
49 
Zumindest sei sie - die Beklagte - mit Blick auf die Gesamtkosten des Versicherungsschutzes für die Berufsunfähigkeitsversicherung und die Risikobeiträge zur Hauptversicherung nebst der durch den Vertragsabschluss und dessen Verwaltung angefallenen Kosten entreichert.
50 
Der Klägerin stehe ein Nutzungsersatzanspruch keinesfalls in der geltend gemachten Höhe zu. Deren Vortrag sei schon nicht schlüssig. Nutzungen könnten nur insoweit verlangt werden, wie sie tatsächlich vom Bereicherungsschuldner gezogen worden seien. Der von ihr - der Beklagten - erlangte Nutzungsbetrag belaufe sich auf 111,24 Euro.
51 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Parteien in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
52 
Ergänzend wird verwiesen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 23. Oktober 2014.
II.
53 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nur zum Teil begründet.
54 
Der Klägerin steht ein weiterer Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe der Beiträge nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB sowie auf Nutzungsersatz nach § 818 Abs. 1 Alt. 1 BGB nur i.H.v. 4.098,21 Euro zu.
55 
1. Die Klägerin kann dem Grunde nach aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Beiträge verlangen, weil sie diese rechtsgrundlos geleistet hat.
56 
a) Ein Rechtsgrund ergibt sich nicht aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrag. Dieser ist auf der Grundlage des § 5a VVG a.F. nicht wirksam zustande gekommen, weil die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 29. Mai 2012 (Anlage K 5 = GA I 44) rechtzeitig den Widerspruch erklärt hat.
57 
aa) Da die Beklagte der Klägerin bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben und eine Verbraucherinformation nach § 10a VAG a.F. unterlassen hatte, hätte ein wirksamer Vertrag nur nach Maßgabe des § 5a VVG a.F. zustande kommen können. Diese Vorschrift regelte den Vertragsschluss nach dem sogenannten Policenmodell.
58 
Der Antrag des Versicherungsnehmers stellte das Angebot zum Abschluss des Vertrages dar. Dieses nahm der Versicherer dadurch an, dass er dem Versicherungsnehmer mit der Versicherungspolice die Allgemeinen Versicherungsbedingungen und die für den Vertragsschluss maßgebliche Verbraucherinformation übersandte. Durch die Annahme kam der Vertrag aber noch nicht zustande; vielmehr galt er gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erst dann als abgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassen der Unterlagen widersprach. Bis zum Ablauf dieser Frist war von einem schwebend unwirksamen Vertrag auszugehen (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, VersR 2014, 817 Rn. 15).
59 
Hier kann dahinstehen, ob das Policenmodell als solches mit den Vorgaben des Art. 31 Abs. 1 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung und des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung unvereinbar ist und ob sich ein Versicherungsnehmer, der ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden ist und die Versicherungsbedingungen sowie eine Verbraucherinformation erhalten hat, darauf nach Durchführung des Vertrages berufen kann. Jedenfalls wurde die 14-tägige Widerspruchsfrist gegenüber der Klägerin nicht wirksam in Lauf gesetzt. Denn die Klägerin ist von der Beklagten auch im Zuge der Annahme des Antrages und der Übersendung des Versicherungsscheins nicht ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht belehrt worden.
60 
Gemäß der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Regelung des § 5a VVG hat der Lauf der Frist erst begonnen, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach § 5a Abs. 1 VVG vollständig vorgelegen haben und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist. Zu den maßgeblichen Unterlagen zählen neben dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen sowie die weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen. Demgegenüber führt die Beklagte im Schreiben vom 29. September 2004 lediglich an, der Versicherungsnehmer könne 14 Tage „nach Erhalt des Versicherungsscheins“ widersprechen. Ein darüber hinaus erforderlicher Hinweis auf anderweitige Unterlagen, die ebenfalls vorliegen müssen, damit die Frist in Lauf gesetzt werden kann, fehlt.
61 
bb) Für einen solchen Fall bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Nachdem die Klägerin die erste von ihr geschuldete Prämie im Oktober 2004 gezahlt hatte, wäre nach dieser Bestimmung ihr Recht zum Widerspruch längst erloschen gewesen, als sie diesen im Mai 2012 erklärte. Indes bestand ihr Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort, nachdem die Bestimmung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. richtlinienkonform dergestalt auszulegen ist, dass sie im - hier einschlägigen - Bereich der Lebens- und Rentenversicherung und der Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung nicht anwendbar ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, VersR 2014, 817 Rn. 27 ff.).
62 
b) Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil eine entsprechende Anwendung der Regelungen in den § 7 Abs. 2 VerbrKrG und § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG nach Außerkrafttreten dieser Gesetze nicht mehr möglich ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, VersR 2014, 817 Rn. 37).
63 
c) Die Klägerin verstößt mit ihrer Rechtsausübung nicht gegen Treu und Glauben.
64 
aa) Sie hat ihr Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde. Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie der Klägerin keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, VersR 2014, 817 Rn. 39).
65 
bb) Aus demselben Grund liegt in der Geltendmachung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs keine widersprüchliche und damit unzulässige Rechtsausübung. Widersprüchliches Verhalten ist nach der Rechtsordnung grundsätzlich zulässig und nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Eine Rechtsausübung kann unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen. Die Beklagte kann indes keine vorrangige Schutzwürdigkeit für sich beanspruchen, nachdem sie es versäumt hat, die Klägerin ordnungsgemäß über ihr Widerspruchsrecht zu belehren.
66 
2. Die Beklagte ist der Klägerin nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB zur Herausgabe des durch deren Leistung Erlangten verpflichtet und daher zur Zahlung weiterer 4.098,21 Euro zu verurteilen.
67 
a) Die sich aus dem Bereicherungsrecht ergebenden Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind dabei nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, VersR 2014, 817 Rn. 41 ff.).
68 
b) Die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung gegenseitiger Verträge hat nach den Grundsätzen der sogenannten Saldotheorie zu erfolgen. Danach ist der Bereicherungsanspruch bei beiderseits ausgeführten gegenseitigen nichtigen Verträgen ein von vornherein in sich beschränkter einheitlicher Anspruch auf Ausgleich aller mit der Vermögensverschiebung zurechenbar zusammenhängender Vorgänge in Höhe des sich dabei ergebenden Saldos. Es ist deshalb durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang hervorgerufenen Vor- und Nachteile zu ermitteln, für welchen Beteiligten sich ein Überschuss ergibt. Leistung und Gegenleistung sind dabei in Fortgeltung des bei Vertragsschluss gewollten Austauschverhältnisses für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung entsprechend § 818 Abs. 3 BGB grundsätzlich zu saldieren. Dies bedeutet bei ungleichartigen Leistungen, dass der Bereicherungsschuldner die erlangte Leistung nur Zug um Zug gegen seine volle Gegenleistung herauszugeben braucht, ohne dass es der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts bedarf (so BGH, Urteil vom 20. März 2001 - XI ZR 213/00, NJW 2001, 1863).
69 
aa) Daher kann die Klägerin zunächst nach § 818 Abs. 2 BGB den Ersatz des Wertes der von ihr im Zeitraum von Oktober 2004 bis Juni 2012 geleisteten Prämien verlangen (vgl. Wendehorst in BeckOK-BGB, Stand: August 2014 § 818 Rn. 23). Sie hat - unstreitig - monatlich nachfolgende Beträge gezahlt:
70 
von Oktober 2004 bis einschließlich Mai 2008 600 Euro, mithin insgesamt 26.400 Euro,
71 
im Juni 2008 56,35 Euro,
72 
von Juli 2008 bis Februar 2010 85,93 Euro, mithin insgesamt 1.718,60 Euro,
73 
im April 2010 31,94 Euro und
74 
von Mai 2010 bis Juni 2012 53,11 Euro, mithin insgesamt 1.380,86 Euro.
75 
Dies ergibt einen Gesamtbetrag von
76 
29.587,75 Euro.
77 
bb) Allerdings muss sich die Klägerin im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den Versicherungsschutz anrechnen lassen, den sie jedenfalls bis zur Beendigung des Vertrages aufgrund des Widerspruchs vom Mai 2012 genossen hat. Erlangter Versicherungsschutz ist ein Vermögensvorteil, dessen Wert nach den §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB zu ersetzen sein kann.
78 
(1) Der Versicherungsnehmer hat während der Prämienzahlung Versicherungsschutz genossen. Es ist davon auszugehen, dass er diesen im Versicherungsfall in Anspruch genommen und sich - selbst bei zwischenzeitlich erlangter Kenntnis von seinem Widerspruchsrecht - gegen eine Rückabwicklung entschieden hätte. Mit Blick darauf führte eine Verpflichtung des Versicherers zur Rückgewähr sämtlicher Prämien zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, VersR 2014, 817 Rn. 45).
79 
Dabei sind die Beitragsanteile, die auf diesen partiellen Versicherungsschutz entfallen, anzusetzen, nicht aber der Versicherungsnehmer so zu stellen, als habe er - zu entsprechend anderen Konditionen - eine Risikoversicherung abgeschlossen (vgl. dazu Heyers, NJW 2014, 2619, 2621).
80 
(2) Hier ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Klägerin im Zeitraum von Oktober 2004 bis Januar 2010 (vgl. Anlage BLD 12) eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung genommen hatte.
81 
Deren Beitragsanteil setzt sich zusammen aus dem Zahlbeitrag und dem auf die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung entfallenden Überschussanteil und beläuft sich nach den seitens der Klägerin nicht hinreichend bestrittenen Angaben der Beklagten auf
82 
3.892,16 Euro
83 
bzw. monatlich durchschnittlich ca. 60,82 Euro, so dass von den gezahlten Beiträgen noch
84 
25.695,59 Euro
85 
verbleiben, die auf die Hauptversicherung entrichtet worden sind.
86 
Selbst wenn das prozessuale Vorbringen der Klägerin als ausreichendes Bestreiten anzusehen wäre, ergibt sich mit Blick auf den Antrag (vgl. Anlage BLD 1), den Versicherungsschein und die weiteren vorliegenden Unterlagen ein Betrag in zumindest dieser Höhe auch aufgrund einer vom Senat vorzunehmenden Schätzung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass seit Beginn der Versicherung ein Teil der Beiträge für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung aus der Überschussbeteiligung aufgewendet worden ist und ein anderer Teil von der Klägerin selbst aufgebracht worden ist.
87 
(3) Darüber hinaus hat die Klägerin Versicherungsschutz für den Fall des Todes vor Ablauf der Aufschubzeit erhalten. Im Todesfall der versicherten Person vor dem Beginn der Rentenzahlung zum 1. Oktober 2040 wäre eine Kapitalleistung in Höhe der gezahlten Beiträge fällig geworden (vgl. Anlage BLD 12). Auch hierfür hat die Klägerin einen Teil der Beiträge aufgebracht, nämlich denjenigen, der kalkulatorisch für die Finanzierung der Versicherungsleistungen vorgesehen ist, die der Versicherer für vorzeitige Todesfälle erbringen muss, soweit diese über das kalkulatorisch vorgesehene Deckungskapital des Versicherungsvertrages hinausgehen. Dieser Anteil ist mit dem von der Beklagten angegebenen und von der Klägerin nicht bestrittenen Wert von
88 
306,10 Euro
89 
anzusetzen, mithin bei 93 Monaten Laufzeit mit monatlich 3,29 Euro.
90 
Auf diese Risikoabsicherung entfallende Verwaltungskosten, die von der Beklagten in ihren - als offenkundig i.S. von § 291 ZPO anzusehenden - Geschäftsberichten der Jahre 2004 bis 2012 mit einem Anteil von 2,6 bis 3,1 Prozent der gebuchten Bruttobeiträge angegeben werden und in diesem Zeitraum durchschnittlich 2,87 Prozent betragen haben (vgl. http://www.amv.de/online/portal/amvinternet/content/914584/908856), fallen demgegenüber nicht maßgeblich ins Gewicht und sind daher - mit Blick auf noch anderweitig vorzunehmende Schätzungen - zu vernachlässigen.
91 
Das gilt ebenso für etwaige Ratenzuschläge, die bei der von der Klägerin gewählten monatlichen Zahlung von der Beklagten ausweislich § 6 (1) der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Rentenversicherung mit 5 Prozent des Jahresbeitrages erhoben worden sind.
92 
cc) Darüber hinaus sind die angesichts des Zeitablaufs nicht mehr zurück zu fordernden Kosten der Vermittlung in Abzug zu bringen. Hierbei handelt es sich nicht um bloße Verwaltungskosten (so aber OLG Köln, Urteil vom 15. August 2014 - 20 U 39/14), sondern um Kosten des Erwerbs und der Vertragsausführung, die grundsätzlich zu den Aufwendungen auf die erlangte Sache zählen, welche die Bereicherung mindern (dazu allgemein BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, NJW 1993, 648; RG, Urteil vom 11. Juni 1909 - II 571/08, RGZ 72, 1 [3 f.]; Staudinger/Lorenz, BGB [2007] § 818 Rn. 37; abweichend Schwab in MünchKomm-BGB, 6. Aufl. § 818 Rn. 135).
93 
Diese sind von der Beklagten mit
94 
9.097,16 Euro
95 
angegeben worden (vgl. Anlage BLD 14 = GA I 77 + GA I 108), ohne dass dies von der Klägerin in Zweifel gezogen worden wäre, die lediglich generelle Bedenken gegenüber einer diesbezüglichen Saldierung geltend macht.
96 
Selbst wenn dies als ausreichendes Bestreiten anzusehen wäre, ergibt sich dieser Betrag ebenfalls aufgrund einer vom Senat vorzunehmenden Schätzung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO. Mit Blick auf aus anderen Verfahren gewonnene Erfahrungswerte und auf die nunmehr in § 4 Abs. 1 der Deckungsrückstellungsverordnung bestimmte Obergrenze der im Wege der Zillmerung zu ermittelnden Abschlusskosten wäre auch ein Ansatz von 4 Prozent der Beitragssumme des von der Klägerin ursprünglich abgeschlossenen Versicherungsvertrages nicht zu beanstanden. Mit Blick auf die zunächst gewählte vertragliche Gestaltung betrug der vereinbarte monatliche Beitrag 600 Euro, so dass sich über die vereinbarte Vertragslaufzeit von 36 Jahren ein Betrag von 259.200 Euro ergibt. Hiervon hätten sich vier Prozent mit 10.368 Euro errechnet, so dass der von der Beklagten genannte Betrag nicht zu beanstanden ist, sich sogar unterhalb der Schätzung des Senates bewegt.
97 
Anders als die Klägerin meint, ist eine Minderung der Bereicherung der Beklagten infolge von ihr aufgebrachter Abschlusskosten auch nicht mit Blick auf europarechtliche Gesichtspunkte zu verneinen. Der der Beklagten vorzuwerfende Verstoß liegt nicht in einem solchen gegen europarechtliche Bestimmungen begründet, sondern lediglich in einer nicht den Anforderungen des § 5a VVG a.F. genügenden Widerspruchsbelehrung. Ihr kann auch nicht allein dadurch, dass sie einen Vertragsschluss über den Weg des Policenmodells intendiert hatte, die Schutzwürdigkeit ihrer Belange im Rahmen des bereicherungsrechtlichen Ausgleichs abgesprochen werden, zumal die nicht ordnungsgemäße Belehrung - gerade bei Annahme der Nichtanwendbarkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. - nicht ohne Sanktion bleibt. Überdies führt der Umstand, dass eine europarechtliche Bestimmung dem Verbraucherschutz dienen soll, nicht zwingend dazu, dass in jedem Fall die für den Verbraucher günstigste denkbare Interpretation zu suchen ist.
98 
dd) Nicht abzuziehen sind - entgegen der Auffassung der Beklagten - Verwaltungskosten für den gesamten Vertrag über die hier gegenständliche Rentenversicherung, dessen Zustandekommen die Klägerin wirksam widersprochen hat. Insoweit kommt zum Tragen, dass die Frage, inwieweit der Bereicherungsschuldner Aufwendungen, die ihm im Zusammenhang mit der Erlangung des Bereicherungsgegenstandes entstanden sind, bereicherungsmindernd geltend machen kann, nicht für alle Fälle einheitlich beantwortet werden kann. Dies hängt vielmehr maßgeblich davon ab, welche der Parteien des Bereicherungsverhältnisses das Risiko der Rückerlangung der an einen Dritten geleisteten Zahlung tragen muss (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, NJW 1990, 314 unter I 3 b aa).
99 
Insoweit trägt die Beklagte hier das Entreicherungsrisiko. Nach der gesetzlichen Regelung in § 5a VVG a.F. ist der Beklagten, die sich für diese Art des Vertragsschlusses entschieden hat, das Risiko einer späteren Wirksamkeit des Vertrages auferlegt, wenn es im Grundsatz - wie hier zugrunde gelegt - auf die Regelung in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ankäme. Mit Blick darauf, dass die Ausgestaltung des Policenmodells als solches keinen europarechtlichen Bedenken begegnet (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, VersR 2014, 1065), ist hier das Risiko, Verwaltungskosten für einen aufgrund nicht ordnungsgemäßer Belehrung nicht wirksamen Vertrag aufgewendet zu haben (vgl. allgemein BGH, Urteil vom 6. Dezember 1991 - V ZR 310/89, NJW-RR 1992, 589 unter III 1 a), der Beklagten, keinesfalls aber der Klägerin anzulasten.
100 
ee) Darüber hinaus muss die Klägerin sich etwaige Steuervorteile, die sie seit dem Jahr 2004 im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag erlangt hat, nicht anrechnen lassen.
101 
Insofern will nicht die Klägerin einen Abzug von dem zurückzuzahlenden Betrag vornehmen, sondern die Beklagte ihn durch Anrechnung von der Klägerin entstandenen Vorteilen mindern. Dafür bietet § 818 Abs. 3 BGB indes keine Grundlage: Er schränkt die Haftung des Bereicherungsschuldners auf die noch in dessen Vermögen vorhandene Bereicherung ein, begründet aber keine selbstständige Anspruchsgrundlage. Die Steuervorteile beruhen ferner auf dem Abschluss des Kausalgeschäfts, nicht auf dem rechtsgrundlosen Erwerb, so dass sie nicht anspruchsmindernd im Wege einer Saldierung berücksichtigt werden können (vgl. auch OLG Nürnberg, Urteil vom 31. Januar 2012 - 1 U 1522/11, BeckRS 2012, 07733; für den fehlerhaften Beitritt zu einer Gesellschaft: BGH, Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07, BeckRS 2008, 22673 Rn. 33).
102 
ff) Im Ergebnis errechnet sich demnach ein Betrag von insgesamt
103 
16.292,33 Euro,
104 
der von der Klägerin auf die streitgegenständliche Versicherung erbracht worden ist und als Bereicherung bei der Beklagten verblieben ist.
105 
c) Der Klägerin steht als weiterer Anspruch nach § 818 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen zu. Erfasst werden davon indes nur diejenigen Nutzungen, die tatsächlich gezogen werden. Dabei ist es unerheblich, ob der Bereicherte (weitere) Nutzungen hätte ziehen können, und ob er dies schuldhaft unterlassen hat. Andererseits kommt es auch nicht darauf an, ob der Bereicherungsgläubiger die Nutzungen hätte selbst ziehen können. Verwendet der Empfänger rechtsgrundlos erlangtes Geld in einer Weise, die nach der Lebenserfahrung bestimmte wirtschaftliche Vorteile vermuten lässt, so ist der übliche Zinssatz als gezogene Nutzung anzusetzen (vgl. nur Schwab in MünchKomm-BGB, 6. Aufl. § 818 Rn. 8).
106 
Gerade Letzteres ist im hier zu entscheidenden Fall für die Beklagte anzunehmen. Allerdings ist dabei - anders als die Klägerin meint - nicht durchweg auf den gesetzlichen Verzugszinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz oder einen durchschnittlichen Zinssatz von 6,4436 Prozent abzustellen. Ebenso wenig kann mit Blick auf die mehr als sieben Jahre währende Durchführung des Vertrages, während derer die Klägerin Teil der Versichertengemeinschaft gewesen ist, lediglich auf den in den jeweiligen Jahren zu erzielenden Zinssatz für Neuanlagen abgestellt werden. Auch insofern kommt zum Tragen, dass das Verhalten der Klägerin und die Ausübung des Widerspruchsrechts im Jahr 2012 nicht zu missbilligen ist, sondern dies von der Beklagten infolge der nicht ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung letztlich zu verantworten ist. Daher kann die Beklagte der Klägerin nicht diejenigen Vorteile versagen, die der gesamten Versichertengemeinschaft im betreffenden Zeitraum zugekommen sind.
107 
Vor diesem Hintergrund erscheinen dem Senat, wenn auf den üblichen Zinssatz abgestellt wird, maßgeblich vielmehr diejenigen Nettozinsen, die die Beklagte - nicht aber von der Klägerin bemühte, indes nicht benannte andere Versicherer - im Bereich der Kapitalanlagen im hier maßgeblichen Zeitraum von 2004 bis 2012 erzielen konnte. Diese liegen ausweislich der betreffenden Geschäftsberichte (vgl. http://www.amv.de/online/portal/amvinternet/content/914584/908856) zwischen 3,0 und 4,5 Prozent und haben im Schnitt 4,02 Prozent betragen.
108 
Letzteren Satz zugrunde gelegt, errechnet sich - unter Berücksichtigung des zuvor ermittelten, der Beklagten sukzessive zugekommenen und letztlich zur Verfügung stehenden Betrages von 16.292,33 Euro, des erlangten Versicherungsschutzes betreffend die Berufsunfähigkeit sowie des Lebensversicherungsschutzes - bis zum Tag des Widerspruchs (29. Mai 2012) ein vom Senat wiederum gemäß § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzender Gesamtbetrag von
109 
3.500 Euro.
110 
Bei dieser Schätzung berücksichtigt der Senat, dass im Zeitraum von Oktober 2004 bis Mai 2008 wesentlich höhere Prämien auf die Lebensversicherung - nach Abzug der Prämienanteile für das Berufsunfähigkeitsrisiko und das Todesfallrisiko und der Abschlusskosten - bezahlt wurden als in der nachfolgenden Zeit.
111 
d) Die von der Beklagten als Bereicherung herauszugebenden Beträge belaufen sich mithin auf insgesamt
112 
19.792,33 Euro.
113 
Hierauf hat die Beklagte aufgrund der Abrechnung vom 12. Juni 2012 (Anlage BLD 18) - unter Abzug der Kapitalertragsteuer - einen Betrag von 8.883,99 Euro unmittelbar an die Klägerin gezahlt. Darüber hinaus ist der Klägerin allerdings auch die Abführung der Kapitalertragsteuer zugutegekommen; entweder hat dies zu einer Befreiung von einer Steuerverbindlichkeit oder zu einem Steuerrückerstattungsbetrag geführt. Daher sind weitere 426,48 Euro hinzuzurechnen. Letztlich hat die Beklagte Ende 2013 einen weiteren Betrag i.H.v. 6.383,65 Euro (ohne hier maßgebliche Zinsen) gezahlt, so dass insgesamt Zahlungen i.H.v.
114 
15.694,12 Euro
115 
in Abzug zu bringen sind.
116 
Es verbleibt demnach ein noch offener Restbetrag i.H.v.
117 
4.098,21 Euro.
118 
Da kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, dass die genannten Zahlungen der Beklagten auf einen Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen infolge Bereicherung erbracht worden sind, ist davon auszugehen, dass die Leistungen der Beklagten auf die Hauptforderung erfolgten, so dass in diesem Betrag die gesamten Zinsansprüche i.H.v. 3.500 Euro enthalten sind.
119 
e) Auf diesen Betrag hat die Beklagte lediglich Rechtshängigkeitszinsen nach §§ 291, 288 Abs. 1 BGB i.V.m. § 187 BGB in entsprechender Anwendung zu erbringen, jedoch keine Verzugszinsen - wie beantragt - ab dem 11. Mai 2012.
120 
aa) Die Klägerin hat die Beklagte zwar mit anwaltlichen Schreiben vom 29. Mai 2012 aufgefordert (vgl. Anlage K 5 = GA I 44), sämtliche von ihr „eingezahlten Beträge zzgl. Zinsen und Kosten Zug um Zug gegen Übergabe des Versicherungsscheins“ zu zahlen. Dies wurde mit anwaltlichem Schreiben vom 2. Oktober 2012 - wiederum ohne Nennung eines konkreten Betrages - wiederholt (vgl. Anlage K 6 = GA I 45 f.). Insofern mangelt es jedoch bereits an einer ausreichend bestimmten Leistungsaufforderung, so dass von einer wirksamen Mahnung nicht ausgegangen werden kann.
121 
Mit Blick auf den berechtigten Anspruch i.H.v. etwa 10.500 Euro (4.098,21 Euro + 6.383,65 Euro) stellt - nach Zahlung des Rückkaufswertes - das Begehren auf Rückzahlung derjenigen Prämien, die nicht durch den Rückkaufswert gedeckt sind und sich auf mehr als 20.000 Euro belaufen haben, überdies eine erhebliche Zuvielforderung dar, so dass auch aus diesem Grund nicht von einer wirksamen In-Verzug-Setzung auszugehen ist. Bei verständiger Betrachtung und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ist hier nach Treu und Glauben nicht anzunehmen, dass die Beklagte als Schuldnerin die Erklärung als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen musste und die Klägerin auch zur Annahme der gegenüber ihren Vorstellungen geringeren Leistung bereit gewesen wäre (vgl. dazu BGH, Urteil vom 5. Oktober 2005 - X ZR 276/02, NJW 2006, 769 Rn. 24).
122 
bb) Allerdings ist die Beklagte auch aufgrund ihres Schreibens vom 11. Oktober 2012 (Anlage BLD 20 = GA I 83) mit der Zahlung des geschuldeten Betrages nicht in Verzug geraten, selbst wenn dieses als ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung i.S.v. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB angesehen werden könnte und es in diesem Fall einer Mahnung nicht bedurft hätte. Es fehlt insoweit jedoch an dem nach § 286 Abs. 4 BGB notwendigen Verschulden.
123 
Ein unverschuldeter Rechtsirrtum des Schuldners kann ihn von den Folgen des Verzugs freistellen. Dabei sind an die Sorgfaltspflicht des Schuldners aber strenge Anforderungen zu stellen. Es reicht nicht aus, dass er sich seine eigene Rechtsauffassung nach sorgfältiger Prüfung und sachgemäßer Beratung gebildet hat. Unverschuldet ist ein solcher Irrtum nur dann, wenn der Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte. Das ist in der Rechtsprechung insbesondere bejaht worden für den Fall, dass die Leistungspflicht von der Beantwortung äußerst schwieriger und umstrittener Rechtsfragen abhing, die in der Rechtsprechung noch nicht einheitlich beurteilt wurden (vgl. dazu BGH, Urteil vom 27. September 1989 - IVa ZR 156/88, NJW-RR 1990, 160; Ernst in MünchKomm-BGB, 6. Aufl. § 286 Rn. 111 f.). So liegt der Fall hier mit Blick auf die Frage der Wirksamkeit der Regelung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., nachdem zahlreiche Oberlandesgerichte die Bestimmung in Einklang mit europäischem Recht gesehen hatten, zugleich aber auch gewichtige Stimmen dagegen gesprochen haben, so dass die Rechtslage in besonderem Maße unklar gewesen ist (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 26. Januar 2005 - VIII ZR 79/04, NJW 2005, 976 unter II B; Jacob, jurisPR-VersR 8/2014 Anm. 2).
124 
f) Gegenüber diesem Anspruch der Klägerin kann die Beklagte nicht erfolgreich die Einrede der Verjährung erheben.
125 
aa) Der von der Klägerin erhobene Anspruch ist erst infolge der Ausübung des Widerspruchsrechts im Jahr 2012 entstanden, da erst aufgrund dieser Erklärung die schwebende Unwirksamkeit, in der sich das Rechtsverhältnis befunden hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, VersR 2014, 1065 Rn. 14), geendet hat (anders Armbrüster, NJW 2014, 497, 498; Jacob, jurisPR-VersR 8/2014 Anm. 2; Heyers, NJW 2014, 2619, 2622). Insofern ist die Beurteilung nicht anders als bei dem Fall vorzunehmen, in dem die Entstehung des Anspruchs von einer Kündigung oder Anfechtung abhängt (vgl. auch Koch, LMK 2014, 359159); auch da beginnt die Verjährung erst mit wirksamer Kündigung bzw. Anfechtung zu laufen (vgl. Henrich/Spindler in BeckOK-BGB, Stand: August 2014 § 199 Rn. 4; Grothe in MünchKomm-BGB, 6. Aufl. § 199 Rn. 14).
126 
bb) Dazuhin ist hier vor dem Jahr 2012 (vgl. die Vorlageentscheidung des Bundesgerichtshofes vom 28. März 2012 - IV ZR 76/11, VersR 2012, 608) nicht davon auszugehen, dass der Verjährungsbeginn gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hätte einsetzen können. Zwar ist danach grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen erforderlich, in der Regel indes nicht, dass der Anspruchsberechtigte aus den ihm bekannten Tatsachen auch die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Daher liegt grob fahrlässige Unkenntnis vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (vgl. nur BGH, Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 253/07, NJW-RR 2009, 544 Rn. 33 f.). Dies kann indes nicht in dem Fall angenommen werden, dass die Rechtslage unsicher und zweifelhaft ist, so dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag; dies führt zum Hinausschieben des Verjährungsbeginns (vgl. nur BGH, Urteile 1. Juni 2011 - VIII ZR 91/10, NJW 2011, 2570 Rn. 23 und vom 23. September 2008 - XI ZR 263/07, BeckRS 2008, 22079 Rn. 18).
127 
Gerade so liegt der Fall jedoch hier, nachdem insbesondere die Rechtslage hinsichtlich der Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. lange Zeit ungewiss war und die frühere obergerichtliche Rechtsprechung einen Anspruch der Klägerin bereits dem Grunde nach verneint hätte, da sie einhellig von der europarechtlichen Unbedenklichkeit der Regelungen des § 5a VVG a.F. ausgegangen ist. Insofern greifen dieselben Überlegungen, die gegen den Eintritt des Schuldnerverzugs auf Seiten der Beklagten sprechen.
128 
2. Der noch in erster Instanz verfolgte und vom Landgericht zu Recht zurückgewiesene Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB wird in der zweiten Instanz nicht weiterverfolgt, so dass hierauf seitens des Senats nicht weiter eingegangen werden muss.
129 
3. Der Klägerin steht auch ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten nicht zu.
130 
Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte sich bereits im Zeitpunkt der Beauftragung der klägerischen Prozessbevollmächtigten mit der nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB geschuldeten Herausgabe von Prämien und gezogenen Nutzungen in Verzug befunden hätte, nachdem diese erst mit Schreiben vom 29. Mai 2012 den Widerspruch erklärt hat (vgl. Anlage K 5 = GA I 44). Daher kann die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten ebenfalls nicht beanspruchen.
131 
4. Soweit die Klage abzuweisen ist, kann die Klägerin nicht hilfsweise im Rahmen einer Stufenklage gemäß § 254 ZPO einen Anspruch auf Auskunft und auf Zahlung weiterer Auszahlungsbeträge geltend machen. Daher hat die Berufung auch bezüglich des Hilfsantrages keinen Erfolg.
132 
a) Ein solcher Auskunftsanspruch scheitert bereits daran, dass die letztlich begehrte Zahlung eines weitergehenden Rückkaufswerts den Bestand des Versicherungsvertrages voraussetzen würde. Gerade dies ist indes mit Blick auf den von der Klägerin wirksam erklärten Widerspruch nicht mehr der Fall.
133 
b) Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Beklagte - ausgehend von gezahlten Beiträgen i.H.v. 29.587,75 Euro - durch Zahlung von insgesamt 15.694,12 Euro (ohne Berücksichtigung 2013 nachgezahlter Zinsen, jedoch unter Einschluss der Kapitalertragsteuer) jedenfalls mehr als die Hälfte des Rückkaufswertes des auf Grundlage der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals aus dem Versicherungsvertrag bezahlt hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11. September 2013 - IV ZR 17/13, BGHZ 198, 195 = NJW 2013, 3240 Rn. 21 f.).
134 
Infolge dessen besteht ein weitergehender Auskunfts-, Rechnungslegungs- und Zahlungsanspruch, den die Klägerin hilfsweise weiterverfolgt, auch aus diesem Grunde nicht.
135 
c) Vorstehende Überlegungen führen zudem dazu, dass der Klägerin der mit der Stufenklage verfolgte Auskunftsanspruch sowie auch ein Anspruch auf Zahlung eines weiteren Rückkaufswertes nicht zusteht.
136 
Eine Stufenklage ist insgesamt abzuweisen, wenn sich - wie hier - bereits aus der Auskunftsstufe ergibt, dass ein Zahlungsanspruch, den die Auskunft vorbereiten sollte, nicht begründet ist (BGH, Versäumnisurteil vom 28. November 2001 - VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042 unter II 4; Zöller/Greger, ZPO 30. Aufl. § 254 Rn. 9).
137 
d) Darüber hinaus ist ein etwaiger Auskunftsanspruch der Klägerin mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bereits erfüllt.
138 
Der dortige IV. Zivilsenat hat im Urteil vom 26. Juni 2013 (IV ZR 39/10, VersR 2013, 1381) einen auf § 242 BGB gestützten Auskunftsanspruch lediglich insoweit bejaht, als der Versicherer in geordneter Form Auskunft zu erteilen hat durch Benennung folgender Beträge: der während der Vertragslaufzeit zugewiesenen laufenden Überschussbeteiligung und des anlässlich der Vertragsbeendigung zugewiesenen Schlussüberschussanteils, soweit etwaige Überschüsse Bestandteil der Berechnung des ungezillmerten Deckungskapitals und/oder der Berechnung des Rückkaufswerts sind, sowie der an die Finanzverwaltung abgeführten Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge auf die vorerwähnte Überschussbeteiligung.
139 
Soweit der IV. Zivilsenat (vgl. Beschluss vom 7. Januar 2014 - IV ZR 216/13, VersR 2014, 822 Rn. 16) die Verpflichtung des Versicherers, die geschuldete Auskunft in geordneter Form zu erteilen, dahin erläutert hat, dass dieser Auskunft zu erteilen hat über die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals, über den Rückkaufswert im Sinne der versprochenen Leistung sowie über den vorgenommenen Stornoabzug, was jeweils in gesonderter Form zu erfolgen hat, geht das von der Klägerin verfolgte Auskunftsbegehren darüber hinaus und kann daher nicht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gestützt werden, während die Beklagte mit Blick auf das erstinstanzliche Vorbringen, in dem die Stornokosten und der Mindestrückkaufswert benannt worden sind, den sich daraus ergebenden Verpflichtungen genüge getan hat.
III.
140 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, wobei bei der Kostentragung erster Instanz zu berücksichtigen ist, dass die Kosten hinsichtlich des erledigten Teils in Anwendung von § 91a ZPO von der Beklagten zu tragen sind.
141 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, nachdem die Beschwer beider Parteien unterhalb der Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO liegt.
142 
2. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts.
143 
Die Ausführungen der Berufung in der Berufungsbegründung haben sich durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, VersR 2014, 1065) überholt, weil dieser zur Vereinbarkeit des sogenannten „Policenmodells“ mit Europarecht mittlerweile eingehend und abschließend entschieden hat. An der kurzzeitig vertretenen Rechtsauffassung, die Revision zur Überprüfung zu europarechtlichen Fragestellungen zum sogenannten Policenmodell zuzulassen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 31. Oktober 2013 - 7 U 129/13), hält der Senat nicht fest, weil diese Rechtsfrage durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2014 beantwortet ist.
IV.
144 
Bei der Festsetzung des Streitwertes ist berücksichtigt worden, dass bei Bereicherungsansprüchen Zinsen und Nutzungen nur dann Teil der Hauptforderung sind, wenn sie Gegenstand eines einheitlichen Gesamtanspruchs sind (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2000 - XI ZR 273/99, NJW-RR 2000, 1015; Onderka in Schneider/Herget, Streitwertkommentar 13. Aufl. Rn. 1632).
145 
1. Die Beklagte hat im Laufe des Rechtsstreits 6.815,43 Euro - 6.383,65 Euro nebst Zinsen - gezahlt. Damit hat sie lediglich auf einen Hauptsachebetrag von 6.383,65 Euro die von der Klägerin begehrte Zahlung erbracht. Gegenständlich sind mithin noch 26.722,98 Euro, in denen Zinsen auf Prämien i.H.v. 12.834,65 Euro enthalten sind.
146 
Mit Blick auf den bereits zuvor gezahlten Betrag von 8.883,99 Euro nebst 426,48 Euro Kapitalertragsteuer - insgesamt 9.310,47 Euro - und der Annahme, dass diese Zahlung auf gegebenenfalls zurückzuerstattende Prämien anzurechnen ist, wären die in den ersten 15 ½ Monaten gezahlten Prämien rückerstattet, so dass die zweite Zahlung in etwa einen Zeitraum von weiteren 10 ½ Monaten, mithin von Januar bis November 2006, betrifft.
147 
Für den erstgenannten Zeitraum macht die Klägerin einen Zinsanspruch i.H.v. insgesamt etwa 4.200 Euro geltend. Die auf den Zeitraum von Januar 2006 bis November 2006 entfallenden Zinsen belaufen sich auf etwa 2.440 Euro.
148 
2. Demnach ist der Streitwert für das Berufungsverfahren unter Berücksichtigung der begehrten Beiträge, die noch mit 13.888,33 Euro zurückverlangt werden, und dieser Zinsanteile sowie unter Hinzunahme eines Betrages von 1.000 Euro für die Hilfsanträge (§ 3 ZPO) auf bis zu 22.000 Euro festzusetzen.
149 
3. Der Gegenstandswert des erstinstanzlichen Verfahrens beläuft sich bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung (vgl. GA I 89 + 105) auf bis zu 26.000 Euro, da zu den zunächst begehrten Prämien i.H.v. 20.703,76 Euro nur die unter IV 1 angeführten etwa 4.200 Euro Zinsen betreffend die erste Rückerstattung i.H.v. 9.310,47 Euro inklusive Kapitalertragsteuer hinzurechnen sind.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10. Februar 2014 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln ‑ 26 O 153/13 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.646,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 6% und die Beklagte zu 94% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die gegnerische Partei nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.