Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 16. Nov. 2015 - 14 AR 2/15

bei uns veröffentlicht am16.11.2015

Tenor

Zum örtlich zuständigen Gericht wird das Landgericht X bestimmt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller macht gegen die Antragsgegner Ansprüche aus § 64 S. 1 GmbHG geltend, weil diese als Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin trotz deren Überschuldung ab dem Jahr 2010 weitere Zahlungen in Höhe von insgesamt 157.635,43 EUR bzw. 213.540,59 EUR veranlasst hätten und daher zur Rückzahlung dieser Beträge in die Insolvenzmasse verpflichtet seien.
Der Antragsteller hat am 23.12.2014 beim Amtsgericht ... einen Mahnbescheid gegen beide Antragsgegner über einen Betrag von 157.635,43 EUR sowie einen weiteren Mahnbescheid gegen den Antragsgegner Ziffer 1 über 55.905,16 EUR beantragt. Nach Zustellung und Widerspruch durch die Antragsgegner sind die jeweiligen Verfahren an das Landgericht X (Az. ...) bzw. an das Landgericht Y (Az. ... und ...) als im Mahnantrag angegebene Gerichte abgegeben worden.
Nach Aufforderung zur Anspruchsbegründung hat der Antragsteller den am 14.09.2015 beim Oberlandesgericht eingegangenen Antrag auf Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts gestellt und beantragt, das Landgericht X für örtlich zuständig zu erklären, da die Insolvenzschuldnerin im dortigen Bezirk ihren Sitz habe.
Der Antragsgegner Ziffer 2 hat diesem Antrag zugestimmt. Der Antragsteller Ziffer 1 hat sich zu dem Antrag nicht geäußert.
II.
1. Das Oberlandesgericht Stuttgart ist gemäß § 36 Abs. 1 ZPO als das im Rechtszug zunächst höhere Gericht für die Bestimmung der Zuständigkeit zuständig, da beide mit der Sache befassten Gerichte zum hiesigen Bezirk gehören.
2. Nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hat bei einer Klage gegen Streitgenossen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, eine Bestimmung des zuständigen Gerichts zu erfolgen, wenn für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist.
Nach dem Vorbringen des Antragstellers würden die Antragsgegner für etwaige Rückzahlungsansprüche nach § 64 S. 1 GmbHG als damalige Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin gemeinschaftlich haften und sind daher Streitgenossen im Sinne des § 60 ZPO (vgl. Schmidt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2015, § 64 Rn. 60).
Die Antragsgegner haben ihren allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichts Y bzw. des Landgerichts X.
Ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand lässt sich zudem nicht zweifelsfrei feststellen. Zwar wird zum Teil die Ansicht vertreten, dass es sich bei der Rückzahlungspflicht des § 64 S. 1 GmbHG um ein Fortwirken der Geschäftsführerpflichten handele, die grundsätzlich am Sitz der Gesellschaft zu erfüllen seien, so dass ein besonderer Gerichtsstand nach § 29 Abs. 1 ZPO eröffnet wäre (vgl. Haas/Kolmann/Pauw in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2015, § 92 Rn. 192). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes handelt es sich bei dem geltend gemachten, zugunsten der Insolvenzgläubiger bestehenden Anspruch nach § 64 S.1 GmbHG jedoch um eine Ersatzforderung eigener Art, die nicht unmittelbar an die Geschäftsführerpflichten gegenüber der Gesellschaft anknüpft (vgl. BGH, Beschluss vom 11.02.2008 - II ZR 291/06 = NJW-RR 2008, 1066). Es bestehen daher zumindest erhebliche Zweifel, ob Ersatzansprüche nach dieser Vorschrift dem Anwendungsbereich des § 29 Abs. 1 ZPO unterfallen (vgl. Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 64 Rn. 14a). Ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand wird auch nicht durch § 19a ZPO begründet, weil diese Vorschrift allein auf Passivprozesse des Insolvenzverwalters Anwendung findet (vgl. BGH, Urteil vom 27.05.2003 - IX ZR 203/02 = NJW 2003, 2916).
10 
Die Zweifel am Bestehen eines gemeinsamen besonderen Gerichtsstands sind für die Eröffnung einer Bestimmung des zuständigen Gerichts durch das nächsthöhere Gericht nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausreichend. Da diese Norm eine Bestimmung des zuständigen Gerichts auch bereits vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens zulässt, kommt es insoweit auch nicht darauf an, ob eines der zuerst befassten Gerichte bereits Zweifel an seiner Zuständigkeit hat erkennen lassen (vgl. zu letzterem: BayObLG, Beschluss vom 10.11.2003 - 1Z AR 114/03 = NJW-RR 2004, 944; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11.10.2005 - 15 AR 44/05 = OLGR 2006, 357). Entscheidend ist vielmehr, dass derartige Zweifel bereits jetzt gegeben sind und durch eine Bestimmung des zuständigen Gerichts zum jetzigen Zeitpunkt Zuständigkeitsstreitigkeiten für das weitere Verfahren vermieden werden können (vgl. OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.02.2014 - 1 AR 28/13, zitiert nach Juris; OLG München, Beschluss vom 08.01.2013 - 34 AR 336/12 = ZIP 2013, 435). Denn die Vorschrift des § 36 ZPO dient in erster Linie der Prozessökonomie durch Vermeidung von Verfahrensverzögerungen durch Streitigkeiten über das zuständige Gericht.
11 
Einer Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO stehen auch keine schützenswerten Belange der Antragsgegner entgegen. Insbesondere ist ein entsprechender Antrag auch im Mahnverfahren nach Abgabe der Verfahren an die Prozessgerichte des jeweiligen allgemeinen Gerichtsstands noch möglich, soweit der Antragsteller noch keine Antragsbegründung eingereicht bzw. in einer solchen einen Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts angekündigt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 17.09.2013 – X ARZ 423/13 = NJW-RR 2013, 1531). Zwar ist der Antragsteller vorliegend in sämtlichen Verfahren bereits zur Begründung seines Antrags aufgefordert worden. Er hat hierauf jedoch unverzüglich den am 14.09.2015 beim Oberlandesgericht eingegangenen Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gestellt.
12 
3. Als örtlich zuständiges Gericht ist das Landgericht X zu bestimmen, weil eine Verhandlung vor diesem Gericht zweckmäßig erscheint (vgl. BGH, Beschluss vom 20.05.2008 - X ARZ 98/08 = NJW-RR 2008, 1514). Insbesondere befindet sich im dortigen Bezirk der Sitz der Insolvenzschuldnerin, so dass sich dort auch die für die vorliegenden Streitigkeiten relevanten Zahlungsvorgänge zugetragen haben. Zudem haben der Antragsteller und der Antragsgegner Ziffer 2 sich für die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts X ausgesprochen. Schließlich wäre das Landgericht X auch bei Annahme des Vorliegens eines gemeinsamen besonderen Gerichtsstands nach § 29 Abs. 1 ZPO das örtlich zuständige Gericht. Demgegenüber sind Gründe, die eine Verhandlung vor dem Landgericht Y zweckdienlich erscheinen ließen, nicht erkennbar.
13 
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, da die entstandenen Kosten Teil des Klageverfahrens sind (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 37 Rn. 3a).

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(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt: 1. wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;2. wenn es mit Rücksich

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(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. (2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 60 Streitgenossenschaft bei Gleichartigkeit der Ansprüche


Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegensta

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Der allgemeine Gerichtsstand eines Insolvenzverwalters für Klagen, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen, wird durch den Sitz des Insolvenzgerichts bestimmt.

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(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 291/06
vom
11. Februar 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Verpflichtet der Alleingesellschafter einer GmbH bei der aufschiebend bedingten
Abtretung seiner Anteile den Erwerber, einen Geschäftsführerwechsel zu beschließen
, ist darin die Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht zu sehen und die
entsprechende Beschlussfassung des Erwerbers in eine solche im Namen des
Veräußerers umzudeuten.

b) Die bloße Tatsache, dass der Veräußerer in dem vorgenannten Fall die Verfügungsgewalt
über das Bankkonto der Gesellschaft behält, genügt für seine Qualifikation
als "faktischer Geschäftsführer" noch nicht.

c) § 64 Abs. 2 GmbHG statuiert einen "Ersatzanspruch eigener Art" gegen den Geschäftsführer
(vgl. BGHZ 146, 264, 278) und ist kein einer Teilnahme Dritter
(§ 830 BGB) zugänglicher Deliktstatbestand.
BGH, Hinweisbeschluss vom 11. Februar 2008 - II ZR 291/06 - OLG Celle
LG Stade
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 11. Februar 2008
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision des Klägers durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg.
2
I. Die nach der (irrigen) Auffassung des Berufungsgerichts Anlass zur Zulassung der Revision gebenden Rechtsfragen betreffen allein die von dem Kläger verfolgten Ansprüche aus § 64 Abs. 2 GmbHG, nicht dagegen die Insolvenzanfechtung der Zahlung von 5.858,00 € seitens der R. GmbH. Darin ist eine entsprechende Beschränkung der Revisionszulassung zu sehen, die sich auch aus der Begründung der Zulassungsentscheidung ergeben kann (vgl. BGHZ 153, 358, 360; Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 543 Rdn. 16 m.w.Nachw.). Zulassungsgründe im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO liegen im Übrigen auch hinsichtlich der Entscheidung des Berufungsgerichts über die Insolvenzanfechtung nicht vor.
3
II. Die von dem Berufungsgericht und der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen sind, soweit sie die Zulässigkeit einer sog. "Legitimationsermächtigung" betreffen, nicht entscheidungserheblich; die weiteren Fragen der Darlegungs - und Substantiierungslast des Klägers hinsichtlich einer faktischen Geschäftsführerstellung des Beklagten im Rechtsstreit um Ansprüche aus § 64 Abs. 2 GmbHG sind einzelfallabhängig und nicht allgemein klärungsfähig oder klärungsbedürftig.
4
1. Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist die Ansicht des Berufungsgerichts , die rechtliche Geschäftsführerstellung des Beklagten sei spätestens am 4. Juni 2003 beendet worden. Abgesehen davon, dass die Abtretung der Geschäftsanteile des Beklagten an den Erwerber W. in § 3 Abs. 3 des notariellen Anteilsveräußerungsvertrages vom 2. Juni 2003 bei der Gesellschaft (bzw. der späteren Schuldnerin) bereits angemeldet worden ist (§ 16 Abs. 1 GmbHG), hat sich der Anteilserwerber in § 5 des Veräußerungsvertrages verpflichtet, einen Geschäftsführerwechsel zu beschließen, und ist dieser (gemäß § 271 BGB sofort fälligen) Verpflichtung noch im Notartermin in Anwesenheit des Beklagten nachgekommen. Selbst wenn man wegen der aufschiebenden Bedingung (Kaufpreiszahlung) des Anteilsveräußerungsvertrages von einer noch nicht wirksamen Anmeldung des Anteilsübergangs i.S. von § 16 Abs. 1 GmbHG ausgeht (vgl. dazu Sen.Urt. v. 15. April 1991 - II ZR 209/90, ZIP 1991, 724, 726), der Kläger also noch Alleingesellschafter der Schuldnerin blieb, so wäre jedenfalls in der Vereinbarung des Geschäftsführerwechsels die Erteilung einer zulässigen Stimmrechtsvollmacht zu sehen und die Beschlussfassung des Erwerbers im scheinbar eigenen Namen in eine solche im Namen des Beklagten umzudeuten (vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbHG 10. Aufl. § 47 Rdn. 20, 22), weil die Vertragsparteien, insbesondere der Beklagte, den Geschäftsführerwechsel auf jeden Fall herbeiführen wollten. Dies zeigt auch die von dem Beklagten - offenbar auf Anraten des beurkundenden Notars nachgereichte und als vor- sorgliche Maßnahme zu verstehende - Genehmigung des von dem Erwerber "als vollmachtloser Vertreter" gefassten Beschlusses. Da hierin sowie auch schon in der kaufvertraglichen Vereinbarung und in der Unterzeichnung der notariellen Urkunde durch den Beklagten nach der Beschlussfassung zugleich der eigene Wille des Beklagten zur Herbeiführung des Geschäftsführerwechsels zum Ausdruck kommt, könnte darin im Übrigen auch eine entsprechende - hinreichend dokumentierte - "Entschließung" bzw. Beschlussfassung des Beklagten selbst als Alleingesellschafter gesehen werden (vgl. Sen.Urt. v. 27. März 1995 - II ZR 140/93, ZIP 1995, 643, 645). Auf die Frage der Zulässigkeit einer sog. "Legitimationszession" (vgl. dazu Scholz/K. Schmidt aaO § 47 Rdn. 21) kommt es unter den vorliegenden Umständen - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - jedenfalls nicht an.
5
2. Soweit das Berufungsgericht eine faktische Geschäftsführerstellung des Beklagten in der Zeit nach dem Geschäftsführerwechsel nicht für dargetan erachtet hat, ist das eine aus Rechtsgründen nicht zu beanstandende, tatrichterliche Würdigung. Eine faktische Geschäftsführerstellung erfordert den Nachweis , dass der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat (BGHZ 150, 61, 69 f.; Sen.Urt. v. 11. Juli 2005 - II ZR 135/03, ZIP 2005, 1550). Dafür reicht nicht aus, dass der Beklagte den Zugriff auf das Gesellschaftskonto behielt und einzelne Zahlungen - nach seinem Vortrag auf Weisung des neuen Geschäftsführers - abwickelte, ohne die Bank, der er einige Monate zuvor einen Handelsregisterauszug über seine Bestellung als Geschäftsführer vorgelegt hatte, von der Beendigung seines Geschäftsführeramtes in Kenntnis zu setzen. Ein Anteilsveräußerer , der - wie der Beklagte - den Kaufpreis für seine Anteile noch nicht erhalten hat, kann sich die Verfügungsgewalt über das Gesellschaftskonto z.B. auch zu Sicherungszwecken vorbehalten, ohne dadurch zum faktischen Geschäftsführer zu werden. Dass der Beklagte auch sonst Geschäftsführungshandlungen vornahm und die Geschicke der Schuldnerin bestimmte, hat der Kläger nicht dargetan, obwohl er, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist , umfassenden Zugriff auf die gesamten Geschäftsunterlagen der Gemeinschuldnerin hat. Unerheblich ist, ob der Beklagte sich der Bank gegenüber noch als Geschäftsführer geriert hat.
6
3. Den bloßen "Verdacht", dass der Beklagte im Zusammenwirken mit dem Anteilserwerber eine gezielte "Bestattung" der GmbH unter Ausplünderung ihres Restvermögens vorgenommen haben könnte, hat das Berufungsgericht tatrichterlich vertretbar nicht für ausreichend erachtet. Soweit die Revision meint, der Beklagte habe jedenfalls an einer gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 GmbHG strafbaren Insolvenzverschleppung mitgewirkt, könnte das der Revision schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil sich daraus i.V.m. §§ 64 Abs. 1 GmbHG, 823 Abs. 2 BGB nur ein Anspruch auf Ersatz eines Quotenschadens der Altgläubiger ergeben könnte (vgl. BGHZ 126, 181, 190; 138, 211, 214 ff.), der Kläger aber einen solchen Schaden weder dargetan hat noch geltend macht, sondern Ersatz für verbotene Zahlungen gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG begehrt. Dafür haftet nur der - rechtliche oder faktische - Geschäftsführer. Eine Teilnahme Dritter hieran i.S. von § 830 BGB scheidet aus, weil § 64 Abs. 2 GmbHG kein Deliktstatbestand, sondern eine eigenständige Anspruchsgrundlage ist, bzw. einen "Ersatzanspruch eigener Art" begründet (BGHZ 146, 264, 278).
Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
LG Stade, Entscheidung vom 11.04.2006 - 4 O 305/04 -
OLG Celle, Entscheidung vom 15.11.2006 - 9 U 59/06 -

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

Der allgemeine Gerichtsstand eines Insolvenzverwalters für Klagen, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen, wird durch den Sitz des Insolvenzgerichts bestimmt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 203/02
Verkündet am:
27. Mai 2003
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die Revision kann auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform
des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 1887) darauf gestützt werden,
daß das Gericht des ersten Rechtszuges seine internationale Zuständigkeit
zu Unrecht verneint habe (im Anschluß an BGH, Urt. v. 28. November 2002
- III ZR 102/02, ZIP 2003, 685, 686 f).
ZPO § 19a; EGInsO Art. 102; EuInsVO Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2
§ 19a ZPO begründet weder eine örtliche noch eine deutsche internationale
Zuständigkeit für Klagen des Insolvenzverwalters am Sitz des Insolvenzgerichts.
BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 203/02 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Kirchhof, Dr. Fischer, Raebel und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 11. Juli 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Juni 1999 vom Amtsgericht Pforzheim eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des H. H. und nimmt die in Thailand wohnende Beklagte aufgrund folgenden Vorbringens in Anspruch: Der Insolvenzschuldner - ihr Schwager - habe ihr am 7. April 1999 zwei ihm gehörende, bebaute Grundstücke in Spanien mit einem Wert von 2,5 bis 3 Mio. DM veräußert. Der vereinbarte Kaufpreis von nur 500.000 DM sei nicht gezahlt, sondern gegen eine angebliche Darlehensforderung der Beklagten verrechnet worden. Die Übertragung sei gemäß §§ 129 ff InsO anfechtbar.
Die auf Rückübereignung der Grundstücke gerichtete Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel ist nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht begründet und deshalb entsprechend § 539 Abs. 2 Satz 2 ZPO zurückzuweisen , obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht nicht vertreten war.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Deutsche Gerichte seien nicht zuständig. Ein zwischenstaatlicher Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand oder ein internationales Abkommen, das die internationale Zuständigkeit vorrangig regele, bestehe nicht. Die Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates der Europäischen Union über Insolvenzverfahren vom 29. Mai 2000 sei erst am 31. Mai 2002 in Kraft getreten und finde nach Art. 43 nur auf solche Insolvenzverfahren Anwendung, die nach ihrem Inkrafttreten eröffnet wurden.
Die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts folge auch nicht aus den innerstaatlichen Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit. Insbesondere erstrecke sich § 19a ZPO - demzufolge der allgemeine Gerichtsstand eines Insolvenzverwalters für Klagen, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen, durch den Sitz des Insolvenzgerichts bestimmt wird - ausschließlich auf massebezogene Passivprozesse des Insolvenzverwalters, während es für dessen Aktivprozesse bei den allgemeinen Vorschriften verbleibe. Schon dem Wortlaut nach kennzeichne der "allgemeine Gerichtsstand" einer Person nach der Systematik der Zivilprozeßordnung das Gericht, das für alle gegen sie ge-
richteten Klagen zuständig ist (§ 12 ZPO). Der Regierungsentwurf zum Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung habe die Einführung eines § 31a ZPO mit folgendem Wortlaut vorgesehen: "Für Klagen gegen den Insolvenzverwalter, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Insolvenzgericht seinen Sitz hat" (BT-Drucks. 12/3803, S. 17). Nach der Begründung habe die neue Norm nur klarstellen sollen, daß sich der Gerichtsstand für derartige Klagen nicht nach dem Wohnsitz des Verwalters bestimme (aaO S. 67). Auf den ergänzenden Vorschlag des Bundesrates, dieses Ziel durch einen ausdrücklichen Ausschluß des § 13 ZPO klarzustellen (aaO S. 122), sei § 19a ZPO in der später Gesetz gewordenen Fassung entworfen worden (aaO S. 133). Der Rechtsausschuß des Bundestages habe diesem Vorschlag zugestimmt, weil er dem Anliegen Rechnung trage, den allgemeinen Gerichtsstand am Wohnsitz des Insolvenzverwalters für Klagen auszuschließen , die sich auf die Insolvenzmasse beziehen (BT-Drucks. 12/7303, S. 108).
Diese Entscheidung des Gesetzgebers könne nicht durch die vom Kläger angeführten Belange des Insolvenzverwalters und der Insolvenzgläubiger, die auf eine Erleichterung der Rechtsverfolgung zielen, entkräftet werden, zumal ihnen ebenso schutzwürdige Belange des in Anspruch Genommenen entgegenstünden.

II.


Demgegenüber rügt die Revision: Der Wortlaut des § 19a ZPO lasse es zu, die Vorschrift auch auf Aktivprozesse zu beziehen. Das sei mindestens für die internationale Zuständigkeit geboten, weil sonst keine Zuständigkeit in dem
Staat zu begründen sei, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Interessenlagen bei der internationalen Zuständigkeit sei wesentlich vielschichtiger als diejenige bei der örtlichen. Das ausländische Verfahrensrecht könne erhebliche Erschwerungen für die Prozeßführung mit sich bringen. Zudem entscheide die internationale Zuständigkeit mittelbar über das anzuwendende Kollisionsrecht und über das anzuwendende materielle Recht. Ferner führten gerade Auslandsprozesse des Insolvenzverwalters nicht nur zu einer erheblichen Zeitverzögerung, sondern auch zu erhöhten Kosten, so daß die Interessen der Gläubiger hierdurch nicht hinreichend gewahrt werden könnten.

III.


Diesen Erwägungen vermag der Senat nicht zu folgen.
1. Er ist allerdings nicht durch § 545 Abs. 2 ZPO n.F. gehindert, die deutsche internationale Zuständigkeit zu überprüfen (ebenso BGH, Urt. v. 28. November 2002 - III ZR 102/02, ZIP 2003, 685, 686 f m.w.N.; Leible NJW 2003, 407, 408 f; a.M. Emde EWiR 2003, 495, 496). Der uneingeschränkte Wortlaut der Vorschrift allein ergibt nicht hinreichend, daß nicht nur die örtliche und sachliche (nationale), sondern auch die internationale Zuständigkeit nicht mehr revisibel sein soll. Denn auf diese trifft die nur auf eine Vereinfachung abstellende Begründung des Gesetzgebers nicht zu, die eine Gleichwertigkeit der angerufenen erstinstanzlichen Gerichte voraussetzt. Gerichte aller anderen Staaten können nicht ohne weiteres in diesem Sinne als gleichwertig angesehen werden. Insbesondere ist gegenüber der beantragten Anerkennung eines ausländischen Urteils die Rüge der fehlenden Zuständigkeit (§ 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oft die einzige wirksame Verteidigungsmöglichkeit. Wäre sie nicht mehr
revisibel, so wären deutsche Beklagte in wesentlich höherem Maße als bisher gehalten, sich auf Klagen im Ausland vor an sich international unzuständigen Gerichten einzulassen und auch die daraus folgenden prozessualen und sachlich -rechtlichen Nachteile hinzunehmen.
2. Mit dem Berufungsgericht geht der Senat davon aus, daß § 19a ZPO eine örtliche Zuständigkeit des (deutschen) Gerichts am Sitz des Insolvenzgerichts - als Anknüpfungspunkt für eine internationale Zuständigkeit - nur für Klagen gegen einen Insolvenzverwalter bestimmt. Die Begründung des Berufungsgerichts hierfür trifft zu; der Senat macht sie sich zu eigen. Die mögliche Arbeitserleichterung für den Insolvenzverwalter, die mit der gegenteiligen Auslegung verbunden wäre, hat der Gesetzgeber zum Schutz der möglichen Beklagten gerade nicht ausreichen lassen (vgl. auch Gerhardt, in Festschrift für Brandner, 1996, S. 605, 614).
3. Für die deutsche internationale Zuständigkeit gilt nichts anderes. Die von der Revision vorgebrachten Zweckmäßigkeitserwägungen vermögen keine weitergehende Zuständigkeit für Klagen eines Insolvenzverwalters am Sitz des Insolvenzgerichts zu begründen. Sie berücksichtigen nicht, daß eine einseitige Zuständigkeitserweiterung im internationalen Rechtsverkehr zu Spannungen führen und die Anerkennungsfähigkeit deutscher Urteile im Ausland gefährden kann.

a) Zwar kennen einige ausländische Staaten eine Allzuständigkeit des Insolvenzgerichts für sämtliche mit einem Insolvenzverfahren zusammenhängenden Streitigkeiten (vis attractiva concursus, vgl. Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungs -, Konkurs- und Vergleichsrecht Bd. II 12. Aufl. Rn. 39.46 für Italien, Rn. 39.67 für Österreich). International anerkannt ist aber weder diese noch
allgemein eine Zuständigkeit anderer Gerichte des Eröffnungsstaats für alle aus einem Insolvenzverfahren hervorgehenden Prozesse. Bedenken gegen die Anknüpfung einer umfassenden Zuständigkeit an den Sitz des Insolvenzgerichts bestehen in besonderem Maße, wenn - wie hier - dingliche Rechte an einem im Ausland belegenen Grundstück übertragen werden sollen (vgl. § 24 ZPO, Art. 16 Nr. 1 Buchst. a EuGVÜ, Art. 22 Nr. 1 EuGVVO). Auch Thailand kennt - nach den dem Senat verfügbaren Unterlagen (Wenk, Gerichtsverfassung und Zivilprozeß in Thailand, 1960, S. 22 f) - eine vorrangige Zuständigkeit des Gerichts der belegenen Sache für Klagen betreffend unbewegliches oder bewegliches Eigentum oder Rechte, die sich auf Eigentum beziehen.

b) In Spanien käme allerdings in Insolvenzverfahren, die nach dem 31. Mai 2002 in Deutschland eröffnet werden (vgl. Art. 43, 47 EuInsVO), die Anerkennung eines deutschen Anfechtungsurteils auf der Grundlage des Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2 EuInsVO in Betracht. Danach werden auch Entscheidungen anerkannt, die unmittelbar aufgrund eines anzuerkennenden Insolvenzverfahrens ergehen und in engem Zusammenhang damit stehen, sogar wenn diese Entscheidungen von einem anderen Gericht als dem Insolvenzgericht getroffen werden. Ob diese Vorschrift auch Anfechtungsklagen erfaßt (so MünchKomm-InsO/Reinhart, Art. 25 EuInsVO Rn. 5; Duursma-Kepplinger, in Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, EuInsVO Art. 25 Rn. 54, 56 m.w.N.; Haubold IPRax 2002, 157, 160; vgl. auch Kemper ZIP 2001, 1609, 1614), braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2 EuInsVO zieht nur Folgerungen für denjenigen Fall, daß ein Mitgliedstaat eine Zuständigkeit für solche Verfahren für sich in Anspruch nimmt. Die europarechtliche Norm begründet aber nicht selbst eine entsprechende internationale Zuständigkeit der Einzelstaaten (vgl. Leible/Staudinger KTS 2000, 533, 566 Fn. 230; ferner MünchKomm-InsO/Reinhart, Art. 25 EuInsVO Rn. 6; Lüke ZZP
111 [1998] S. 275, 291 ff und Diskussionsbeitrag S. 354 f; Lüke in Festschrift für Schütze [1999], S. 467, 481 f; Herchen, Das Übereinkommen über Insolvenzverfahren der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 23. November 1995 [2000], S. 228 ff).
Eine solche Zuständigkeit hat der deutsche Gesetzgeber sogar mit dem durch Gesetz vom 14. März 2003 (BGBl. I 345) neu gefaßten Art. 102 EGInsO nicht in Anspruch genommen, der nunmehr zur Durchführung der Europäischen Insolvenzverordnung dienen soll; Art. 102 § 1 EGInsO regelt nur die Zuständigkeit der Insolvenzgerichte, nicht aber von Prozeßgerichten. Im Gegenteil bestätigt die Amtliche Begründung zu § 343 InsO n.F. (BT-Drucks. 15/16, S. 21) den Gleichklang von internationaler und örtlicher Zuständigkeit der Insolvenzgerichte im deutschen Recht. Eine internationale Zuständigkeit ohne entsprechende örtliche Zuständigkeit wäre nutzlos. Zwischenstaatliche Regeln über die mögliche Anerkennung einer internationalen Zuständigkeit können allein nicht als Maßstab für die Auslegung der örtlichen Zuständigkeit in den Einzelstaaten dienen.
Es kommt deshalb nicht mehr entscheidend darauf an, daß die erst später in Kraft getretene Regelung des Art. 25 EuInsVO nicht rückwirkend die Auslegung des älteren § 19a ZPO bestimmen kann.
Kreft Kirchhof Fischer Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bergmann ist wegen Urlaubs verhindert, seine Unterschrift beizufügen Raebel Kreft

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

Tenor

Für die beabsichtigte Klage ist das Amtsgericht Zerbst örtlich zuständig.

Gründe

1

Der Antragsteller hat vor, von den Beklagten als Gesamtschuldner Schadensersatz für aufgewendete Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,67 EUR zu verlangen, weil er von ihnen wiederholt zu Unrecht mit Zahlungsansprüchen konfrontiert worden sei. Da die Antragsgegner ihren allgemeinen Gerichtsstand bei verschiedenen Gerichten haben, sucht der Antragsteller um die gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit nach.

2

Der zulässige Antrag führt gemäß §§ 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2; 37 Abs. 1 ZPO zur Zuständigkeit des Amtsgerichts Zerbst. Die Antragsgegner sollen den Kläger aus demselben Rechtsverhältnis heraus geschädigt haben, indem sie ihn zwangen, sich gegen die unberechtigte Inanspruchnahme durch Hinzuziehung eines zu honorierenden Rechtsanwalts zu verteidigten. Ob die Antragsgegner insoweit als Mittäter (§§ 830, 840 Abs. 1, 421 BGB) zu betrachten wären, kann für ihre passive Streitgenossenschaft i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO dahinstehen. Es genügt eine einfache Streitgenossenschaft nach §§ 59, 60 ZPO, für deren Vorliegen es ausreicht, dass nach dem Vortrag des Antragstellers gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Verpflichtungen gegeben sind.

3

Ob für die Antragsgegner ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet ist, muss der Senat nicht abschließend klären. Die Zuständigkeit ist gerichtlich zu bestimmen, wenn ein gemeinsamer Gerichtsstand der potentiellen Beklagten nicht einfach und zuverlässig festgestellt werden kann (BGH NJW-RR 2008, 1514; Beschluss vom 17. 9. 2013, X ARZ 423/13 - BeckRS 2013, 18035 Rdn. 7; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 36 Rdn. 18), was hier anzunehmen ist.

4

Der Anspruch des Klägers lässt sich aus verschiedenen Rechtsverhältnissen herleiten (vgl. BGH r + s 2007, 474 f.), ohne dass der Sachverhalt eine Anspruchsgrundlage besonderes nahe legt. Das gilt insbesondere für Ansprüche aus Delikt (OLG Düsseldorf NJW-RR 2003, 566), für die § 32 ZPO einen gemeinsamen besonderen Gerichtsstand vorhält, an dem der Rechtsstreit umfassend zu entscheiden wäre (vgl. Zöller/Vollkommer, § 32 Rdn. 20, 15). In Betracht kommen möglicherweise auch die Gerichtsstände der Erbschaft gemäß §§ 27, 28 ZPO oder der dingliche Gerichtsstand für persönliche Klagen nach § 26 ZPO. Die Zuordnung des Klagegrundes zu diesen Gerichtsständen ist schwierig und führt zu keinem eindeutigen Ergebnis.

5

Zuständig ist das Amtsgericht Zerbst. Die Auswahl des Gerichts erfolgt unter Berücksichtigung der Prozesswirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit (PG/Lange, ZPO, 5. Aufl., § 36 Rdn. 9). Der Streit des Antragstellers und der Antragsgegner beruht auf der Übertragung des Grundstücks K.         Straße            in T.       durch einen der Erblasser, wobei das zur Inanspruchnahme des Antragstellers führende Testament ebenfalls in T.       aufgesetzt wurde. Dort befand sich wohl auch der letzte Wohnsitz der verfügenden Ehegatten G.         . Der Antragsteller und der Antragsgegner zu 2. wohnen zudem in T.      , womit die beabsichtigte gerichtliche Auseinandersetzung am zweckmäßigsten in T.       zu führen ist. Dies wird sogar den oben angeführten besonderen Gerichtsständen gerecht, die zu keinem anderen Ergebnis geführt hätten.


(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 423/13
vom
17. September 2013
in dem Gerichtsstandbestimmungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das zuständige Gericht kann, wenn ein Mahnverfahren vorangegangen ist und
mehrere Antragsgegner Widerspruch oder Einspruch eingelegt haben, noch
nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bestimmt werden, wenn der Antragsteller einen
entsprechenden Antrag mit der Anspruchsbegründung stellt oder, bei Unkenntnis
des dafür zuständigen Obergerichts, gegenüber den Streitgerichten zumindest
ankündigt und den Antrag unverzüglich nachholt.
BGH, Beschluss vom 17. September 2013 - X ARZ 423/13 - OLG Hamm
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2013
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richterin Mühlens,
den Richter Gröning, die Richterin Schuster und den Richter Dr. Deichfuß

beschlossen:
Als zuständiges Gericht wird das Amtsgericht Iserlohn bestimmt.

Gründe:


1
I. Die Antragstellerin, die eine Spezialwerkstatt für klassische Automobile betreibt, nimmt die in Neubrandenburg bzw. Iserlohn wohnhaften Antragsgegnerinnen zu 1 und 2 als Gesamtschuldnerinnen auf Zahlung der Unterstellkosten für von ihr reparierte und nicht abgeholte Fahrzeuge Mercedes Pullman 600 und Tatra sowie auf deren Abholung in Anspruch. Die Fahrzeuge gehören einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Sitz in Italien liegen soll und der neben den Antragsgegnerinnen deren Vater angehört, der den Reparaturauftrag erteilt hatte.
2
Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerinnen wegen der Unterstellkosten Mahnbescheide des Amtsgerichts Hünfeld erwirkt. Dieses hat die Verfahren nach Widerspruchseinlegung an die in den Mahnbescheidsanträgen benannten Amtsgerichte Neubrandenburg bzw. Iserlohn abgegeben. Die Akten sind beim Amtsgericht Iserlohn am 13. November 2012 und beim Amtsgericht Neubrandenburg am darauf folgenden Tag eingegangen. Mit zwei Schriftsätzen vom 30. November 2012 hat die Antragstellerin ihren Anspruch begründet, die Klagen auf den Abholungsantrag erweitert und in beiden Sachen einen Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO angekündigt , den sie am 7. März 2013 gestellt hat.
3
Das vorlegende Oberlandesgericht kann einen gemeinsamen besonderen Gerichtsstand nicht zuverlässig feststellen und möchte das Amtsgericht Iserlohn, das es auch unter Berücksichtigung der Klageerweiterung sachlich weiterhin für zuständig erachtet, als das zuständige Gericht bestimmen. So zu entscheiden, sieht es sich durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf gehindert.
4
II. Die Vorlage ist zulässig.
5
Die Voraussetzungen für eine Vorlage der Sache durch das an sich nach § 36 Abs. 2 ZPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufene Oberlandesgericht Hamm nach § 36 Abs. 3 ZPO an den Bundesgerichtshof liegen vor. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf (MDR 2013, 56; Beschluss vom 27. März 2013 - I-5 Sa 16/13) kommt eine Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nach vorangegangenem Mahnverfahren und Einlegung des Widerspruchs nur in Betracht, solange - anders als hier - entweder gar kein Verfahren oder allenfalls eines an das Prozessgericht abgegeben worden ist.
6
III. In der Sache tritt der Senat der Ansicht des vorlegenden Gerichts bei.
7
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Bestimmung eines zuständigen Gerichts für eine Klage gegen mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben und als Streitgenossen in diesem verklagt werden sollen, zwar nicht mehr möglich, wenn der Antragsteller gegen die Beklagten bereits vor verschiedenen Gerichten Klage erhoben hat (BGH, Beschluss vom 23. Februar 2011 - X ARZ 388/10, NJW-RR 2011, 929). Dieser Grundsatz kann entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf aber nicht uneingeschränkt auf Fälle der hier vorliegenden Art übertragen werden, in denen der Anspruch gegen mehrere Streitgenossen zunächst im Mahnverfahren verfolgt worden ist. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts ist nach vorangegangenem Mahnverfahren gegen mehrere Antragsgegner vielmehr grundsätzlich auch noch zulässig, nachdem Widerspruch bzw. Einspruch eingelegt worden ist und die Verfahren daraufhin an die im Mahnbescheidsantrag angegebenen, für die Antragsgegner als zuständig bezeichneten Gerichte abgegeben worden sind (BGH, Beschluss vom 2. Juni 1978 - I ARZ 202/78, NJW 1978, 1982). Die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zwar zu einer Fassung von § 696 ZPO ergangen, der zufolge die Sache nach Widerspruch zwingend an das Gericht abzugeben war, bei dem der Antragsgegner seinen allgemeinen Gerichtsstand hatte. Nichts anderes kann jedoch gelten, wenn sich, wie hier, ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand für den Rechtsstreit nicht zuverlässig feststellen lässt, was für eine Gerichtsstandbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO genügt (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2008 - X ARZ 98/08, NJW-RR 2008, 1514). Die vorübergehende Verfahrenstrennung ist auch in einem solchen Fall in den gesetzlichen Regelungen für das Verfahren nach Einlegung des Widerspruchs oder Einspruchs gegen den Mahnbescheid angelegt und kann dem Antragsrecht auf Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 deshalb grundsätzlich nicht entgegenstehen. Fehlt ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand, kann in Fällen wie dem vorliegenden in der Angabe des für die Streitgenossen jeweils für die Durchführung des streitigen Verfahrens zuständigen Gerichts auch keine nach § 35 ZPO bindende Gerichtsstandswahl gesehen werden.
8
2. Ist dem streitigen Verfahren ein Mahnverfahren vorangegangen, stellt es eine der Klageerhebung im Klageverfahren gegen mehrere Beklagte vor verschiedenen Gerichten vergleichbare Zäsur, nach der die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht mehr zulässig ist, erst dar, wenn der Antragsteller den Anspruch begründet (§ 697 Abs. 2 ZPO), ohne zugleich auf eine Zuständigkeitsbestimmung hinzuwirken. Ist der Antragsteller im Zeitpunkt der Anspruchsbegründung mangels Kenntnis vom Zeitpunkt des Eingangs der Akten bei den verschiedenen Streitgerichten noch im Unkla- ren über das für den Antrag zuständige Oberlandesgericht, reicht es aus, wenn er den Bestimmungsantrag in der Anspruchsbegründungsschrift zunächst nur ankündigt und die beteiligten Gerichte um diesbezügliche Mitteilung der Akteneingangsdaten bittet. In solchen Fällen gebietet es der Gedanke der Prozessökonomie allerdings, dass der Antrag unverzüglich nachgeholt wird, damit die getrennten Verfahren so bald wie möglich zusammengeführt werden können. Der dafür erforderliche zeitliche Zusammenhang ist im Streitfall noch gewahrt.
9
3. Die vom Oberlandesgericht Düsseldorf für seinen gegenteiligen Standpunkt angeführten Gründe überzeugen nicht. Soweit es meint, der Antragsteller könne die Abgabe an verschiedene Gerichte verhindern, indem er entweder keinen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens stellt oder - falls die Gegenseite dies beantragt - die Gebühr nach KV Nr. 1210 nicht entrichtet , begibt es sich in Widerspruch zu seinem eigenen - zutreffenden - Ansatzpunkt , dass der Antragsteller seinen Anspruch begründen muss, damit die weiteren Voraussetzungen für eine Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO überhaupt geprüft werden können. Soweit das Oberlandesgericht Düsseldorf den Antragsteller darauf verweisen will, den Anspruch gegebenenfalls nur gegenüber einem der Antragsgegner zu begründen, ist zu bedenken, dass es dem Antragsteller grundsätzlich freistehen muss, sein gegen mehrere Schuldner gerichtetes Begehren im Rahmen der von der Zivilprozessordnung dafür bereitgestellten prozessualen Instrumentarien bestmöglich zu verfolgen und ihm deshalb nicht angesonnen werden kann, davon abzusehen , den Verfahren gerade so Fortgang zu geben, wie es das Gesetz für eine Rechtsverfolgung gegen mehrere Antragsgegner an sich vorsieht und wie es für eine effektive Verfolgung des Anspruchs gegen alle Antragsgegner auch zweckmäßig sein kann, nur um das Antragsrecht auf Zuständigkeitsbestimmung nicht zu verlieren.
10
IV. Wie das vorlegende Oberlandesgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, ist es zweckmäßig und prozessökonomisch, entsprechend der Anregung der Klägerin, der die Beklagten nicht widersprochen haben, als zuständiges Gericht das Amtsgericht Iserlohn zu bestimmen.
Meier-Beck Mühlens Gröning
Schuster Deichfuß
Vorinstanz:
OLG Hamm, Entscheidung vom 23.07.2013 - I-32 SA 16/13 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 98/08
vom
20. Mai 2008
in dem Gerichtsstandsbestimmungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO genügt es,
dass ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand der Streitgenossen
nicht zuverlässig feststellbar ist.

b) Ist für die Ansprüche gegen einen Streitgenossen ein ausschließlicher Gerichtsstand
begründet, so kann das für diesen zuständige Gericht auch
dann zu dem für den Rechtsstreit gegen sämtliche Streitgenossen zuständigen
Gericht bestimmt werden, wenn in seinem Bezirk keiner der Streitgenossen
seinen allgemeinen Gerichtstand hat.

c) Der ausschließliche Gerichtsstand nach § 13 Abs. 2 VerkProspG ist mit
Wirkung zum 1. November 2005 entfallen.
BGH, Beschluss vom 20. Mai 2008 - X ARZ 98/08 - OLG Köln
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Mai 2008 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin Mühlens
und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning

beschlossen:
Als zuständiges Gericht wird das Landgericht Düsseldorf bestimmt.

Gründe:


1
I. Der Antragsteller beabsichtigt, die Antragsgegner wegen Kapitalanlagebetrugs als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Zur Begründung seines Antrags auf Gerichtsstandsbestimmung behauptet er:
2
Er habe im Jahre 2005 von der D. AG (im Folgenden: D. AG) Inhaberschuldverschreibungen im Gesamtwert von 15.000,-- € erworben. Die D. AG sei spätestens seit dem Jahre 2003 nicht mehr in der Lage gewesen , die ausgegebenen Inhaberschuldverschreibungen auf der Grundlage operativer Gewinne zurückzuzahlen. Die Verantwortlichen hätten ein "Schneeballsystem" betrieben, bei dem die Begleichung fälliger Zinsen und die Rückführung von Anlagekapital zu keinem Zeitpunkt aus zu erwirtschaftenden Überschüssen , sondern allein aus neu eingehendem Anlagekapital weiterer Investoren habe erfolgen sollen. Alle Verkaufsprospekte, die ihm bei der Zeichnung der Anleihen vorgelegen hätten, seien deswegen unrichtig und unvollständig gewesen.
3
Der Antragsteller will den Antragsgegner zu 1 in seiner Eigenschaft als ehemaligen Vorstand der D. AG, den Antragsgegner zu 2 als "konzeptionellen Kopf" des Anlagebetrugs, den Antragsgegner zu 3, der die D. AG steuerlich beraten hat und Vorstand der Antragsgegnerin zu 5, einer Steuerberatungsaktiengesellschaft , ist, sowie den Antragsgegner zu 4, der bei der Antragsgegnerin zu 5 tätig gewesen ist, als "Hintermänner" aus Prospekthaftung und unerlaubter Handlung in Anspruch nehmen. Gegen den Antragsgegner zu 6, der Geschäftsführer der Antragsgegnerin zu 7, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ist, hält er wegen für die D. AG erstellter falscher Testate ebenfalls Ansprüche aus Prospekthaftung und unerlaubter Handlung für gegeben. Gleiches gilt für den Antragsgegner zu 9, der Mitglied des Aufsichtsrats der D. AG gewesen sei und das "Geschäftsmodell" der D. AG unterstützt habe. Die Antragsgegnerin zu 7 will der Antragsteller aus Prospekthaftung und aufgrund eines Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte in Anspruch nehmen. Die Antragsgegnerin zu 8 haftet nach Auffassung des Antragstellers aus unerlaubter Handlung als alleinige Aktionärin der D. AG. Insoweit behauptet er, sie habe die überhöhte Bewertung einer im Jahr 2001 erfolgten Sacheinlage in die D. AG gekannt, in deren Folge die D. AG fälschlich als finanzstark dargestellt worden sei.
4
Ihren allgemeinen Gerichtsstand haben die Antragsgegner zu 1 und 7 im Bezirk des Landgerichts Köln, die Antragsgegner zu 2, 3, 5 und 6 im Bezirk des Landgerichts Nürnberg-Fürth, der Antragsgegner zu 4 im Bezirk des Landgerichts Bamberg und die Antragsgegner zu 8 und 9 in Bremen.
5
Das Oberlandesgericht Köln, bei dem der Antragsteller die Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beantragt hat, beabsichtigt, das Landgericht Düsseldorf zum zuständigen Gericht zu bestimmen, weil Düsseldorf der Sitz der D. AG gewesen ist. Es sieht sich aber an einer entsprechenden Anordnung durch einen Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 13. August 2007 (1 AR 45/07, juris) gehindert.
6
II. Die Vorlage ist zulässig.
7
Gemäß § 36 Abs. 3 ZPO hat ein Oberlandesgericht, das mit der Bestimmung des zuständigen Gerichts befasst ist, die Sache dem Bundesgerichtshof unter anderem dann vorzulegen, wenn es in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen will. Diese Voraussetzung liegt vor.
8
Das vorlegende Oberlandesgericht will seiner Entscheidung die Auffassung zugrunde legen, dass ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand für alle Antragsgegner nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht zuverlässig feststellbar und eine Gerichtsstandsbestimmung daher erforderlich sei. Es beabsichtigt , das Landgericht Düsseldorf zum zuständigen Gericht zu bestimmen. Es hat dazu ausgeführt, Düsseldorf sei der Sitz der D. AG gewesen, und jedenfalls für den Antragsgegner zu 1 als ehemaligem Vorstand gelte gemäß § 32b ZPO die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf. Das Vorliegen eines ausschließlichen Gerichtsstands binde den Senat bei der Ermessensausübung zwar nicht, er sei aber vorrangig zu berücksichtigen, zumal kein anderer der vorliegend in Betracht kommenden Gerichtsstände einen wesentlich engeren Bezug zu dem zu beurteilenden Sachverhalt aufweise. Der beabsichtigten Gerichtsstandsbestimmung stehe jedoch die Auffassung des Oberlandesgerichts Dresden entgegen, wonach für Streitigkeiten, die auf Prospektangaben im Sinne von § 13 Abs. 1 VerkProspG beruhten und vor dem 1. Juli 2005 veröffentlichte Verkaufsprospekte für andere als von Kreditinstituten ausgegebene Wertpapiere beträfen, (weiterhin) das Landgericht Frankfurt am Main ausschließlich zuständig sei.
9
Diese Divergenz rechtfertigt die Vorlage. Zwar steht ein nicht für sämtliche Streitgenossen gegebener ausschließlicher Gerichtsstand der Bestimmung eines anderen Gerichts nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entgegen (BGHZ 90, 155, 159 f.; Sen.Beschl. v. 7.2.2007 - X ARZ 423/06, NJW 2007, 1365). Zur Zulässigkeit der Vorlage reicht es jedoch aus, dass das vorlegende Oberlandesgericht einer gegebenen ausschließlichen Zuständigkeit bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts - zu Recht - vorrangige Bedeutung beimessen will.
10
III. Der Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung ist begründet. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sind erfüllt. Für die Antragsgegner, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben und als Streitgenossen in Anspruch genommenen werden sollen, besteht kein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand.
11
1. Ein gemeinsamer Gerichtsstand nach § 32 ZPO kann - was für die Gerichtsstandsbestimmung genügt (Musielak/Heinrich, ZPO, 5. Aufl., § 36 Rdn. 16 m.w.N.) - angesichts der nach dem Vorbringen des Antragstellers unterschiedlichen Tatbeiträge der Antragsgegner nicht zuverlässig festgestellt werden.
12
2. Ein gemeinsamer ausschließlicher Gerichtsstand ergibt sich auch nicht aus § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, wonach für Klagen, mit denen der Ersatz auf Grund falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen verursachten Schadens geltend gemacht wird, das Gericht am Sitz des betroffenen Emittenten, des betroffenen Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen oder der Zielgesellschaft ausschließlich zuständig ist.
13
a) Der Senat tritt allerdings dem vorlegenden Oberlandesgericht darin bei, dass diese Vorschrift auf den Streitfall anwendbar ist. Eine Konkurrenz zu der Gerichtsstandsregelung des § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VerkProspG in der bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung besteht nicht. Diese Vorschrift ist durch Artikel 7 KapMuEG mit Wirkung zum 1. November 2005 außer Kraft getreten. Aus der Entstehungsgeschichte und dem Zusammenwirken der Regelungen des Wertpapier-Verkaufsprospektgesetzes, des Gesetzes zur Umset- zung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG vom 22. Juni 2005 (Prospektrichtlinie -Umsetzungsgesetzes), des Wertpapierprospektgesetzes und des Gesetzes zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren vom 16. August 2005 sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass § 13 Abs. 2 VerkProspG auch nach dem 1. November 2005 einen partiellen Anwendungsbereich behalten sollte.
14
§ 13 VerkProspG in der bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung regelte die Haftung für fehlerhafte Verkaufsprospekte betreffend nicht börsenzugelassene Wertpapiere und andere Vermögensanlagen durch den Verweis auf die Haftungsnormen des Börsengesetzes für börsenzugelassene Wertpapiere (§§ 44 bis 47 BörsG), und sah in Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main vor. § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG, der auf § 13 VerkProspG verweist, ist mit Wirkung zum 1. Juli 2005 gemeinsam mit den Sätzen 2, 3 und 5 der Bestimmung durch Art. 2 Nr. 14 ProspektRL-UmsetzungsG als Übergangsregelung in das Verkaufsprospektgesetz eingefügt worden. Der Regelungsbedarf hierfür ergab sich aus der Tatsache , dass das Verkaufsprospektgesetz bis zum Inkrafttreten des Prospektrichtlinie -Umsetzungsgesetzes und des Wertpapierprospektgesetzes am 1. Juli 2005 zum einen die Anforderungen an den Inhalt von Verkaufsprospekten beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren und anderen Vermögensanlagen (§§ 1 bis 8e VerkProspG in der Fassung bis 30.6.2005), und zum anderen die Haftung für fehlerhafte derartige Prospekte (§ 13 Abs. 1 VerkProspG in der Fassung bis 30.6.2005) geregelt hatte. Seit seinem Inkrafttreten am 1. Juli 2005 regelt nunmehr das Wertpapierprospektgesetz die Anforderungen an den Inhalt von Verkaufsprospekten für das öffentliche Angebot von Wertpapieren und für die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt, während es für andere Vermögensanlagen in dieser Hinsicht bei den Regelun- gen des - in diesem Zuge angepassten - Verkaufsprospektgesetzes geblieben ist. Die Haftung für fehlerhafte Prospekte börsenzugelassener Wertpapiere ist in §§ 44 ff. BörsG geregelt, während § 13 Abs. 1 VerkProspG weiterhin die Haftung für fehlerhafte Verkaufsprospekte im Übrigen, also für nicht zum Handel an der inländischen Börse zugelassene Wertpapiere, begründet und wegen der Rechtsfolgen auf §§ 44 bis 47 BörsG mit im Einzelnen geregelten Maßgaben verweist. Im Rahmen der Übergangsvorschriften hat der Gesetzgeber des Prospektrichtlinie -Umsetzungsgesetzes in § 18 Abs. 2 Satz 2 VerkProspG die Spezialregelung getroffen, dass auf vor dem 1. Juli 2005 im Inland veröffentlichte Verkaufsprospekte für von Kreditinstituten ausgegebene Wertpapiere das bislang geltende Recht weiterhin anzuwenden ist, womit sichergestellt werden sollte , dass aufgrund eines Verkaufsprospekts, insbesondere eines unvollständigen Verkaufsprospekts, von einem Kreditinstitut ausgegebene Wertpapiere auch nach dem 1. Juli 2005 aufgrund eines solchen Verkaufsprospekts öffentlich angeboten werden können (Begr. BT-Drucks. 15/4999 S. 41 zu Art. II Nummer 14). Auf vor dem 1. Juli 2005 veröffentlichte Verkaufsprospekte für andere als in Satz 2 genannte Wertpapiere und Vermögensanlagen hat der Gesetzgeber in § 18 Abs. 2 Satz 3 VerkProspG die Fortgeltung der alten Fassung des Verkaufsprospektgesetzes bis zum 30. Juni 2006 angeordnet, womit eine bis zu diesem Zeitpunkt befristete Übergangsregelung hinsichtlich der bis zum 30. Juni 2005 auf der Grundlage des bis dahin geltenden Verkaufsprospektgesetzes veröffentlichten Verkaufsprospekte geschaffen worden ist, wie sich aus der Begründung zum Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz ergibt (BT-Drucks. 15/4999 aaO). In § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG hat der Gesetzgeber schließlich für die in Satz 3 genannten Verkaufsprospekte im Hinblick auf die Haftung die Fortgeltung des § 13 VerkProspG und der §§ 45 bis 47 BörsG in der damals geltenden Fassung angeordnet. Damit beschränkt sich der Regelungsgehalt dieser Vorschrift auf die Frage, welche Haftungsnormen im Falle des Satzes 3 anwendbar sind. Der in § 13 Abs. 2 VerkProspG daneben geregelte ausschließliche Gerichtsstand für Verkaufsprospekte von Vermögensanlagen ist im Zuge dieser Neuregelungen unverändert geblieben. Dass es bei dem alten Gerichtsstand des § 13 Abs. 2 VerkProspG verbleiben sollte, erscheint aus damaliger Sicht des Gesetzgebers folgerichtig.
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Die Notwendigkeit einer Änderung des § 13 Abs. 2 VerkProspG (und des § 48 BörsG) ergab sich erst - wenig später - im Zusammenhang mit dem Erlass des Kapitalanlagen-Musterverfahrensgesetzes, das am 1. November 2005 in Kraft getreten ist. Dieses Gesetz bezweckt die Bündelung und Konzentration gleichgerichteter Ansprüche vieler Geschädigter aufgrund falscher Darstellungen gegenüber dem Kapitalmarkt (vgl. BT-Drucks. 15/5091, S. 1, 13 f.). Zu diesem Zweck wurde - neben der Einführung eines Musterverfahrens - mit § 32b ZPO ein ausschließlicher Gerichtsstand bei falschen, irreführenden oder unterlassenen Kapitalmarktinformationen - also auch für die hier in Rede stehende Haftung nach § 13 Abs. 1 VerkProspG - am Sitz des Emittenten oder Anbieters der Vermögensanlagen geschaffen, der nach dem Willen des Gesetzgebers an die Stelle des bisherigen Gerichtsstands nach § 48 BörsG und § 13 Abs. 2 VerkProspG treten sollte (vgl. BT-Drucks. 15/5091, S. 33). Konsequenterweise hat der Gesetzgeber § 13 Abs. 2 VerkProspG und die korrespondierende Gerichtsstandsregelung für börsenzugelassene Wertpapiere in § 48 BörsG durch Artikel 7 und 8 Nr. 2 KapMuEG aufgehoben.
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Die Fortgeltung von § 13 Abs. 2 VerkProspG kann nicht damit begründet werden, dass § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG eine Verweisung auf § 13 VerkProspG - und damit auch auf den außer Kraft gesetzten § 13 Abs. 2 VerkProspG - enthält. Soweit das Oberlandesgericht Dresden meint, der Gesetzgeber habe mit § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG seinen Willen zum Ausdruck gebracht, § 13 VerkProspG von der in § 18 Abs. 2 Satz 3 VerkProspG angeordneten lediglich befristeten Weitergeltung des Verkaufsprospektgesetzes bis zum 30. Juni 2006 auszunehmen, und hieraus die Fortgeltung der Gerichtsstandsbestimmung des § 13 Abs. 2 VerkProspG als einer Spezialregelung ableiten will ("lex posterior generalis non derogat legi priori speciali"), spricht dagegen der Wortlaut der Regelung sowie der Regelungszusammenhang des Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetzes mit dem Börsengesetz. Nachdem auch das Börsengesetz durch das Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz geändert worden war, ergab sich die Notwendigkeit, für die Rechtsfolgen der Haftung für Altfälle, hinsichtlich derer § 13 Abs. 1 VerkProspG in der bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung mit bestimmten Maßgaben auf §§ 44 bis 47 BörsG verweist, klarzustellen, welche Fassung der mehrfach geänderten §§ 45 bis 47 BörsG, auf die § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG Bezug nimmt, weiter gelten soll. Diese Klarstellung ist Gegenstand der Regelung des § 18 Abs. 2 Satz 4 VerkProspG. Eine Spezialregelung des Gerichtsstands ist damit nicht getroffen worden, und zu ihr bestand auch kein erkennbarer Anlass.
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Anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus der Regelung des mit dem Gesetz zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren geschaffenen § 31 EGZPO, der sich ausschließlich mit der Geltung des § 32b ZPO für Musterverfahren nach dem Kapitalanlagen-Musterverfahrensgesetz befasst. Vielmehr bestätigt die Bestimmung umgekehrt, dass der Gesetzgeber die sofortige Geltung des § 32b ZPO für alle anderen, nicht von § 31 EGZPO erfassten Verfahren gewollt hat.
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b) Der ausschließliche Gerichtsstand des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist aber nach dem Vorbringen des Antragstellers nicht ohne weiteres für sämtliche Antragsgegner begründet. Zweifel bestehen jedenfalls an einer Prospektverantwortlichkeit der Antragsgegnerin zu 8.
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3. Als zuständiges Gericht bestimmt der Senat das Landgericht Düsseldorf.
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Die Bestimmung hat nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Prozesswirtschaftlichkeit zu erfolgen, wobei die ausschließliche Zuständigkeit nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO jedenfalls für die gegen den Antragsgegner zu 1 geltend gemachten Ansprüche die Bestimmung eines anderen Gerichts, wie ausgeführt, zwar nicht grundsätzlich hindert, aber bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts erhebliches Gewicht hat. Das nach § 32b ZPO jedenfalls für die gegen einen Streitgenossen zu erhebenden Ansprüche zuständige Gericht kann auch dann als zuständig bestimmt werden, wenn bei diesem Gericht keiner der Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Andernfalls könnte - wie auch im Streitfall - derjenige Gerichtsstand , den der Gesetzgeber als ausschließlichen gewollt hat, gegebenenfalls überhaupt nicht berücksichtigt werden, ohne dass dies durch die schützenswerten Interessen der anderen Streitgenossen, denen die Zuständigkeit ihres Wohnsitzgerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ohnedies genommen werden kann, geboten wäre.
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Der Antragsteller hat die Bestimmung des Landgerichts Düsseldorf angeregt , die Antragsgegner zu 8 und 9 haben dagegen keine Bedenken erhoben. Der Antragsgegner zu 2 hat zwar die Bestimmung des Gerichtsstands Frankfurt am Main angeregt. Indessen hat weder er noch einer der anderen Antragsgegner seinen Wohnsitz oder Geschäftssitz im Bezirk dieses Gerichts, so dass auch unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten eine anderweitige Entscheidung nicht geboten ist. Ebenso sind anderweitig anhängige Verfahren auf Schadensersatz wegen falscher Angaben in dem Verkaufsprospekt der D. AG dargetan. Bei den weiteren beim vorlegenden Oberlandesgericht anhängigen Verfahren handelt es sich nicht um Schadensersatzklagen, sondern um weitere Gerichtsstandsbestimmungsverfahren , die entgegen der Auffassung der Antragsgegner zu 6 und 7 keinen Anlass geben, das Landgericht Köln für zuständig zu erklären. Dem im Rahmen des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ausschließlich zur Entscheidung berufenen Landgericht Düsseldorf ist daher bei der Gerichtsstandsbestimmung der Vorzug zu geben.
Melullis Scharen Mühlens
Meier-Beck Gröning
Vorinstanz:
OLG Köln, Entscheidung vom 21.02.2008 - 8 W 84/07 -

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.