Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 24. Okt. 2016 - 1 Ws 146/16
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Ulm wird der Beschluss des Landgerichts Ravensburg - 1. Strafvollstreckungskammer - vom 30. August 2016
a u f g e h o b e n ,
soweit in diesem Beschluss festgelegt wurde, dass die vom Verurteilten in Japan verbüßte anrechenbare Haft von insgesamt 551 Tagen im Maßstab 1:3 angerechnet wird.
2. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Ravensburg - 1. Strafvollstreckungskammer - vom 30. August 2016 wird als unbegründet
v e r w o r f e n .
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer.
Gründe
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Urteil einreichenOberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 24. Okt. 2016 - 1 Ws 146/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.
(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.
(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.
(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.
(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.
(1) Nach Bewilligung der Rechtshilfe führt die nach § 50 Satz 2 zuständige Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung durch, soweit der ausländische Staat mit der Vollstreckung einverstanden ist. Die Zuständigkeit für die Vollstreckung einer Sanktion, die in eine nach dem Jugendgerichtsgesetz zulässige Sanktion umgewandelt worden ist, richtet sich nach den Bestimmungen des Jugendgerichtsgesetzes.
(2) Die Vollstreckung des Restes einer freiheitsentziehenden Sanktion kann zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Vorschriften des Strafgesetzbuches gelten entsprechend. Würde bei zeitiger Freiheitsstrafe der Zeitraum, nach dem zwei Drittel der Strafe verbüßt sind, mehr als 15 Jahre betragen, findet zusätzlich § 57a des Strafgesetzbuchs mit Ausnahme von Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 entsprechend Anwendung.
(3) Die Entscheidung nach Absatz 2 und die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung beziehen, trifft das nach § 462a Abs. 1 Satz 1 und 2 der Strafprozeßordnung zuständige Gericht oder, falls eine Zuständigkeit nach dieser Vorschrift nicht begründet ist, das für die Entscheidung nach § 50 zuständige Gericht.
(4) Die Vollstreckung der umgewandelten Sanktion richtet sich nach den Vorschriften, die auf eine entsprechende in der Bundesrepublik Deutschland verhängte Sanktion anwendbar wären.
(5) Die Vollstreckung eines Geldbetrages ist einzustellen oder zu beschränken, wenn die verurteilte Person eine Urkunde vorlegt, aus der sich ergibt, dass der Geldbetrag in einem anderen Staat vollstreckt wurde oder dies der Vollstreckungsbehörde auf andere Weise bekannt wird.
(6) Von der Vollstreckung ist abzusehen, wenn eine zuständige Stelle des ausländischen Staates mitteilt, daß die Voraussetzungen für die Vollstreckung entfallen sind.
(7) Wurde eine ausländische Anordnung der Einziehung von Taterträgen vollstreckt und ergeben sich aus ihr Anhaltspunkte dafür, dass eine namentlich bekannte Person gegen die verurteilte Person aus der der Anordnung zugrunde liegenden Tat einen Schadenersatzanspruch haben könnte, so ist diese durch die Vollstreckungsbehörde unverzüglich durch einfachen Brief an die letzte bekannte Anschrift über die Rechte nach § 56a zu belehren. Davon kann abgesehen werden, wenn die in § 56a Absatz 4 Satz 2 genannte Frist verstrichen ist.
(1) Wenn über die Auslegung eines Strafurteils oder über die Berechnung der erkannten Strafe Zweifel entstehen oder wenn Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung erhoben werden, so ist die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.
(2) Das Gericht entscheidet ferner, wenn in den Fällen des § 454b Absatz 1 bis 3 sowie der §§ 455, 456 und 456c Abs. 2 Einwendungen gegen die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde erhoben werden oder wenn die Vollstreckungsbehörde anordnet, daß an einem Ausgelieferten, Abgeschobenen, Zurückgeschobenen oder Zurückgewiesenen die Vollstreckung einer Strafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung nachgeholt werden soll, und Einwendungen gegen diese Anordnung erhoben werden.
(3) Der Fortgang der Vollstreckung wird hierdurch nicht gehemmt; das Gericht kann jedoch einen Aufschub oder eine Unterbrechung der Vollstreckung anordnen. In den Fällen des § 456c Abs. 2 kann das Gericht eine einstweilige Anordnung treffen.
(1) Der Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten richtet sich nach diesem Gesetz.
(2) Strafrechtliche Angelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind auch Verfahren wegen einer Tat, die nach deutschem Recht als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße oder die nach ausländischem Recht mit einer vergleichbaren Sanktion bedroht ist, sofern über deren Festsetzung ein auch für Strafsachen zuständiges Gericht entscheiden kann.
(3) Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen gehen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Vorschriften dieses Gesetzes vor.
(4) Die Unterstützung für ein Verfahren in einer strafrechtlichen Angelegenheit mit einem Mitgliedstaat der Europäischen Union richtet sich nach diesem Gesetz.
(5) Die Unterstützung für ein Verfahren in einer strafrechtlichen Angelegenheit, die den Auslieferungs- und Durchlieferungsverkehr mit der Republik Island oder dem Königreich Norwegen betrifft, richtet sich nach diesem Gesetz.
Tenor
1.
Die sofortige Beschwerde ist gegenstandslos, soweit das Landgericht Münster in dem angefochtenen Beschluss entsprechend dem japanischen Erkenntnis auch eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 136,- € festgesetzt hat.
2.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde auf Kosten der Staatskasse, die dem Verurteilten die ihm insoweit im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu ersetzen hat, mit der klarstellenden Maßgabe als unbegründet verworfen, dass auf die entsprechend dem japanischen Erkenntnis festgesetzte Freiheitsstrafe von acht Jahren die in Japan vollzogene Untersuchungshaft (vollständig) angerechnet wird.
1
G r ü n d e :
2I.
3Der Verurteilte ist durch Urteil des Bezirksgerichts Chiba vom 21. Juni 2011
4(Az.: (Wa) No. 1444, 2010), welches seit dem 6. Juli 2011 rechtskräftig ist, wegen Verstoßes gegen das japanische Betäubungsmittel- und Zollgesetz zu einer Gefängnisstrafe von acht Jahren sowie zu einer Geldstrafe von fünf Mio. Yen verurteilt worden. Zugleich ist in dem Urteil bestimmt, dass die von dem Verurteilten in der
5Zeit vom 9. Juli 2010 bis zum 5. Juli 2011 erlittene Untersuchungshaft mit (nur)
6240 Tagen auf die Gefängnisstrafe anzurechnen ist und im Falle der Unein-
7bringlichkeit der Geldstrafe an die Stelle von je 10.000 Yen jeweils ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe tritt.
8Mit Schreiben vom 8. Juni 2012 beantragte der Verurteilte seine Überstellung in die Bundesrepublik Deutschland zur weiteren Vollstreckung der Strafe. Ein entsprechendes Ersuchen ist bisher nicht formell gestellt. Nach Auskunft des Bundesamtes für Justiz erwartet Japan aus innerstaatlichen Gründen, dass Ersuchen um Überstellung vom jeweiligen ausländischen Staat gestellt werden. In Vorbereitung einer solchen Entscheidung hat die Bundesrepublik Deutschland am 6. Oktober 2011 die japanischen Behörden um Übersendung der Unterlagen nach Art. 6 des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983 (ÜberstÜbk) gebeten.
9Die japanischen Behörden haben die entsprechenden Unterlagen mit Verbalnote vom 22. Juni 2012 übersandt und dabei zur Vollstreckung Folgendes mitgeteilt:
10Der Verurteilte sei am 9. Juli 2010 festgenommen worden. Mit Rechtskraft des Strafurteils am 6. Juli 2011 habe die Vollstreckung der verhängten Gefängnisstrafe begonnen. Allerdings werde seit dem 6. Januar 2012 bis planmäßig zum 19. Mai 2013 (500 Tage) wegen Uneinbringlichkeit der Geldstrafe Ersatzfreiheitsstrafe gegen den Verurteilten vollstreckt. Auf die Gefängnisstrafe dürfe die erlittene Untersuchungshaft mit insgesamt 255 Tagen angerechnet werden, nämlich 240 Tage gemäß der Festlegung in dem Strafurteil und 15 Tage nach gesetzlicher Bestimmung.
11Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Münster hat das japanische Strafurteil mit Beschluss vom 9. Januar 2013 für vollstreckbar erklärt und eine Freiheitsstrafe von acht Jahren sowie eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 136 Euro festgesetzt und zudem bestimmt, dass sowohl der in Japan bereits vollstreckte Teil der Sanktion als auch die erlittene Untersuchungshaft (vollständig) auf die Strafe angerechnet werden.
12Gegen diesen ihr am 16. Januar 2013 zugestellten Beschluss hat die Staatsanwaltschaft Münster mit am 22. Januar 2013 bei dem Landgericht Münster eingegangener Verfügung vom selben Tage sofortige Beschwerde eingelegt, die sie mit weiterer Verfügung vom 24. Januar 2013 begründet hat und der die Generalstaatsanwaltschaft Hamm mit Zuschrift vom 22. Februar 2013 zunächst beigetreten ist. Gerichtet ist die Beschwerde gegen die festgesetzte Tagessatzhöhe, die nach Auffassung der Staatsanwaltschaft unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse eines Strafgefangenen allenfalls mit 10 Euro anzusetzen sei, und gegen eine die japanischen Vorgaben übersteigende Anrechnung von Untersuchungshaft. Hierzu hat die Generalstaatsanwaltschaft Hamm ausgeführt, dass in Deutschland der Sache nach
13das sog. Fortsetzungsverfahren im Sinne der Art. 9 Abs. 1 lit. a) und Art. 10 des ÜberstÜbk angewendet werde, so dass der nur für das sog. Umwandlungsverfahren geltende Art. 11 Abs. 1 Satz 2 lit. c) ÜberstÜbk, demzufolge Untersuchungshaftzeiten vollständig anzurechnen seien, nicht zur Anwendung komme.
14Mit Beschluss vom 4. April 2013, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat der Senat die Sache gemäß § 55 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 42 Abs. 1 IRG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung über folgende Rechtsfrage vorgelegt:
15„Findet im Geltungsbereich des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983 (ÜberstÜbk) dessen Art. 11 Abs. 1
16Satz 2 lit. c) Anwendung bei der Entscheidung der deutschen Gerichte gemäß §§ 54, 55 IRG über die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Straf-erkenntnisses mit der Folge, dass das zur Entscheidung berufene deutsche Gericht bei der zu treffenden „Umwandlungsentscheidung“ über die Anrechnung einer im Ausland erlittenen Untersuchungshaft zu befinden und deren Anrechnung in vollem Umfang anzuordnen hat?“
17Mit Beschluss vom 13. Januar 2014 (Az.: 4 ARs 9/13) hat der Bundesgerichtshof die Vorlegung – mit einer Einschränkung – für zulässig erachtet und entschieden, dass im Geltungsbereich des Überstellungsübereinkommens dessen Art. 11 Abs. 1 S. 2
18lit. c) nicht durch §§ 48 ff. IRG verdrängt werde und bei der von deutschen Gerichten zu treffenden Entscheidung über die Vollstreckbarkeit eines ausländischen Straferkenntnisses gemäß diesem Übereinkommen i.V.m. §§ 48 ff. IRG das sogenannte Umwandlungsverfahren anzuwenden sei. Wegen der Begründung wird auf die Gründe des vorgenannten Beschlusses des Bundesgerichtshofs verwiesen.
19Zwischenzeitlich, nämlich mit Verbalnote des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten des Kaiserreichs Japan vom 10. Juni 2013 und darin in Bezug genommenem Schreiben des japanischen Justizministeriums vom 27. Mai 2013, haben die japanischen Behörden mitgeteilt, dass die in dem Urteil des Bezirksgerichts Chiba vom 21. Juni 2011 verhängte Geldstrafe nunmehr durch Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafe in der Zeit vom 6. Januar 2012 bis zum 19. Mai 2013 (500 Tage) vollständig erledigt sei. Aufgrund dieser Mitteilung ist davon auszugehen, dass seit dem 20. Mai 2013 die Gefängnisstrafe von acht Jahren weiter vollstreckt wird.
20Die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm hat nunmehr mit Zuschrift vom 21. Feb- ruar 2014 beantragt, wie erkannt.
21II.
221.
23Die gemäß § 55 Abs. 2 S. 1 IRG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist, wie bereits in dem vorausgegangenen Senatsbeschluss vom 4. April 2013 näher ausgeführt, in wirksamer Weise auf die Umwandlungsentscheidung – und innerhalb dieser weiter auf die Umwandlung der Geldstrafe und die Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft auf die daneben festgesetzte Freiheitsstrafe – beschränkt (Ziff. 2 Teil 2 u. Ziff. 4 des angefochtenen Beschlusses), wohingegen die davon trennbaren übrigen Teile der angegriffenen Entscheidung, nämlich die Vollstreckbarerklärung in Bezug auf das japanische Straferkenntnis an sich, die Umwandlung der darin verhängten Gefängnisstrafe von acht Jahren in eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und die Anordnung der Anrechnung des Teils der bereits in Japan vollstreckten Sanktion auf die „festzusetzende Sanktion“ (ersichtlich gemeint: auf die festgesetzte Sanktion) ausweislich der Beschwer-debegründung nicht angefochten sind. Davon abgesehen sind die vom Rechtsmittelangriff ausgenommenen Teile der angefochtenen Entscheidung rechtlich auch nicht zu beanstanden, da das sachlich und örtlich zuständige Landgericht Münster (vgl. §§ 50, 51 IRG) zu Recht die Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Voll-streckungsübernahme nach Art. 3 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 ÜberstÜbk, § 49 Abs. 1
24IRG bejaht und die von dem japanischen Gericht verhängte Gefängnisstrafe von acht Jahren nach § 54 Abs. 1 S. 2 u. 3 IRG in eine Freiheitsstrafe von acht Jahren umgewandelt sowie unter Ziff. 3 der Beschlussformel eine der gesetzlichen Regelung des § 54 Abs. 4 IRG entsprechende Anrechnungsbestimmung getroffen hat.
252.
26Soweit sich das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft auf die Umwandlung der in dem japanischen Erkenntnis neben der Gefängnisstrafe von acht Jahren verhängten Geldstrafe von fünf Mio. Yen in eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 136,- € bezieht, ist die sofortige Beschwerde nunmehr prozessual überholt und damit gegenstandslos geworden, denn diese von dem japanischen Gericht neben der Gefängnisstrafe verhängte Geldstrafe ist mittlerweile durch Verbüßung von 500 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe in der Zeit vom 6. Januar 2012 bis zum 19. Mai 2013 vollständig erledigt.
273.
28Soweit sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Münster gegen die unter Ziff. 4 des angefochtenen Beschlusses getroffene Entscheidung richtet, dass die (komplette) Zeit der erlittenen Untersuchungshaft auf die Strafe anzurechnen ist,
29ist das Rechtsmittel unbegründet. Auf den Vorlagebeschluss des Senats hat der Bundesgerichtshof in seinem bereits zitierten Beschluss vom 13. Januar 2014
30(Az.: 4 ARs 9/13) ausgeführt, dass bei der von deutschen Gerichten zu treffenden Entscheidung über die Vollstreckbarkeit eines ausländischen Straferkenntnisses gemäß dem ÜberstÜbk i.V.m. §§ 48 ff. IRG das sogenannte Umwandlungsverfahren anzuwenden sei und deshalb im Geltungsbereich des ÜberstÜbk dessen Art. 11 Abs. 1 S. 2 lit. c) nicht durch die §§ 48 ff. IRG, insbesondere auch nicht durch § 54 Abs. 4 S. 1 IRG, verdrängt werde. Art. 11 Abs. 1 S. 2 lit. c) des hier anzuwendenden ÜberstÜbk schreibt aber vor, dass die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaates bei der Umwandlung der im Urteilsstaat verhängten Sanktion „die Gesamtzeit des an der verurteilten Person bereits vollzogenen Freiheitsentzuges anzurechnen“ habe. Diese damit hier maßgebliche und gegenüber § 54 Abs. 4 S. 1 IRG vorrangige Bestimmung gilt für jeden bereits verbüßten Teil der Sanktion einschließlich der erlittenen Untersuchungshaft, die mithin hier, wie vom Landgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend entschieden, (in voller Höhe) für anrechenbar zu erklären war
31(vgl. auch OLG Celle, Beschluss vom 07.04.2011, 1 Ausl 17/11, bei juris;
32OLG Rostock, Beschluss vom 02.08.2010, 1 Ws 128/10, bei juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 18.11.2009, 1 Ws 306/09, bei juris; OLG Stuttgart, Beschluss
33vom 08.07.2005, 3 Ws 1/05 = NStZ-RR 2005, 383; Schomburg/Hackner in:
34Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen,
355. Aufl., Art. 11 ÜberstÜbk, Rdnr. 4). Lediglich aus Gründen der Klarstellung hat der Senat die insoweit vom Landgericht Münster unter Ziff. 4 getroffene Anrechnungsbestimmung dergestalt neu gefasst, dass die Zeit der erlittenen Untersuchungshaft auf die Freiheitsstrafe von acht Jahren anzurechnen ist.
36Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 2 StPO.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
I.
- 1
- 1. Das Bezirksgericht C. (Japan) hat gegen den Verurteilten am 21. Juni 2011 wegen Verstoßes gegen das japanische Betäubungsmittel- und Zollgesetz eine Gefängnisstrafe mit Zwangsarbeit von acht Jahren und eine Geldstrafe von fünf Millionen Yen verhängt. Ferner hat es angeordnet, dass im Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an die Stelle von 10.000 Yen jeweils ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe tritt, und die vom Verurteilten zwischen dem 9. Juli 2010 und dem 5. Juli 2011 verbüßte Untersuchungshaft mit 240 Tagen anzurechnen ist. Das Urteil ist seit dem 6. Juli 2011 rechtskräftig.
- 2
- Am 8. Juni 2012 beantragte der Verurteilte seine Überstellung in die Bundesrepublik Deutschland zur weiteren Vollstreckung der Strafe. Nach Mitteilung der japanischen Behörden darf die erlittene Untersuchungshaft im Umfang von 255 Tagen auf die Freiheitsstrafe angerechnet werden. Dies ergebe sich einerseits aus der Bestimmung im Urteil und im Übrigen (im Umfang von 15 Tagen) aus gesetzlichen Vorschriften.
- 3
- Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts M. hat das japanische Strafurteil mit Beschluss vom 9. Januar 2013 für vollstreckbar erklärt und eine Freiheitsstrafe von acht Jahren sowie eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 136 Euro festgesetzt. Ferner hat es bestimmt, dass sowohl die in Japan bereits vollstreckte Freiheits- und Ersatzfreiheitsstrafe als auch die erlittene Untersuchungshaft - vollständig - auf die Strafe anzurechnen sind.
- 4
- Gegen diesen Beschluss hat die Staatsanwaltschaft M. sofortige Beschwerde eingelegt. Sie rügt unter anderem, dass die Strafvollstreckungskammer die erlittene Untersuchungshaft in einem die Vorgaben der japanischen Behörden übersteigenden Umfang angeordnet hat.
- 5
- 2. Das Oberlandesgericht Hamm hat die Sache mit Beschluss vom 4. April 2013 gemäß § 55 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 42 Abs. 1 IRG dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
- 6
- Es ist der Auffassung, dass Art. 11 Abs. 1 Satz 2 lit. c ÜberstÜbk im Rahmen der Übernahme der Vollstreckung durch Deutschland nicht anwendbar sei, so dass das deutsche Gericht keine eigene Entscheidung über die Anrechnung von Untersuchungshaft zu treffen habe, sondern die Vorgaben des japanischen Urteils maßgeblich seien.
- 7
- An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht Hamm durch die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 11. Juli 2005 - 3 Ws 1/05, des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 18. November 2009 - 1 Ws 306/09, des Oberlandesgerichts Rostock vom 2. August 2010 - I Ws 128/10 und des Oberlandesgerichts Celle vom 7. April 2011 - 1 Ausl 17/11 gehindert. Diese Gerichte haben im Rahmen ihrer Entscheidungen über die Übernahme der Vollstreckung unter Bezugnahme auf Art. 11 Abs. 1 Satz 2 lit. c ÜberstÜbk die Anrechnung der gesamten im Ausland erlittenen Untersuchungshaft angeordnet, ohne sich daran durch die Vorgaben der Urteilsstaaten gehindert zu sehen.
- 8
- Das Oberlandesgericht Hamm ist der Auffassung, die Bundesrepublik Deutschland habe sich im Rahmen einer Erklärung gemäß Art. 3 Abs. 3 ÜberstÜbk, mit der die Anwendung des sog. Fortsetzungsverfahrens (Art. 9 Abs. 1 lit. a) iVm Art. 10 ÜberstÜbk) oder des Umwandlungsverfahrens (Art. 9 Abs. 1 lit. b) iVm Art. 11 ÜberstÜbk) ausgeschlossen werden kann, "gewissermaßen" für ein eigenständiges Verfahren entschieden, nämlich für das in den §§ 48 ff. IRG geregelte Verfahren. Diese Regelungen entsprächen "eher" einem Fortsetzungsverfahren. Die Frage könne aber letztlich offen bleiben, denn Deutschland habe in der Erklärung zu Art. 3 Abs. 3 ÜberstÜbk zum Ausdruck gebracht, dass es dem Überstellungsübereinkommen "nur mit der Maßgabe" beitrete, dass das Verfahren nach den §§ 48 ff. IRG auf die Übernahme der Vollstreckung ausländischer Erkenntnisse im Geltungsbereich des Überstellungsübereinkommens Anwendung finde. Damit sei den §§ 48 ff. IRG entgegen § 1 Abs. 3 IRG Vorrang vor kollidierenden Bestimmungen des Überstellungsübereinkommens eingeräumt worden. Selbst bei Anwendbarkeit des Art. 11 Abs. 1 Satz 2 lit. c ÜberstÜbk würde diese Bestimmung daher durch § 54 Abs. 4 Satz 1 IRG verdrängt.
- 9
- 3. Das Oberlandesgericht Hamm hat deshalb dem Bundesgerichtshof folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: "Findet im Geltungsbereich des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983 (ÜberstÜbk) dessen Art. 11 Abs. 1 Satz 2 lit. c Anwendung bei der Entscheidung der deutschen Gerichte gemäß §§ 54, 55 IRG über die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Straferkenntnisses mit der Folge, dass das zur Entscheidung berufene deutsche Gericht bei der zu treffenden "Umwandlungsentscheidung" über die Anrechnung einer im Ausland erlittenen Untersuchungshaft zu befinden und deren Anrechnung in vollem Umfang anzuordnen hat?"
- 10
- Der Generalbundesanwalt hat in seiner Stellungnahme beantragt, die Vorlegungsfrage zu bejahen.
II.
- 11
- 1. Die Vorlegung ist - mit einer Einschränkung - zulässig.
- 12
- a) Die Vorlegung ist zulässig, soweit ihr die Frage zugrunde liegt, ob im Geltungsbereich des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983 (ÜberstÜbk) dessen Art. 11 Abs. 1 Satz 2 lit. c Anwendung bei der Entscheidung der deutschen Gerichte gemäß §§ 48 ff. IRG über die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Straferkenntnisses findet, und ob - bejahendenfalls - das zur Entscheidung berufene deutsche Gericht eine "Umwandlungsentscheidung" zu treffen hat.
- 13
- Das Oberlandesgericht Hamm kann nicht seiner Rechtsansicht über den Vorrang des § 54 IRG gegenüber Art. 11 ÜberstÜbk entsprechend entscheiden, ohne hierbei von den Beschlüssen der Oberlandesgerichte Stuttgart vom 11. Juli 2005 - 3 Ws 1/05, des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 18. November 2009 - 1 Ws 306/09, des Oberlandesgerichts Rostock vom 2. August 2010 - 1 Ws 128/10 und des Oberlandesgerichts Celle vom 7. April 2011 - 1 Ausl 17/11 abzuweichen.
- 14
- Dies gilt auch, soweit das vorlegende Gericht die Ansicht vertritt, bei der von deutschen Gerichten gemäß diesem Übereinkommen in Verbindung mit §§ 54, 55 IRG zu treffenden Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Straferkenntnisses sei statt des sogenannten Umwandlungsverfahrens das Fortsetzungsverfahren anzuwenden. Zwar hat das Oberlandesgericht in seinem Beschluss vom 4. April 2013 diese Rechtsfrage an einer Stelle offen gelassen (S. 9). Der Vorlegungsfrage und den Ausführungen des Oberlandesgerichts im Übrigen entnimmt der Senat aber, dass es eine Beantwortung auch der Frage nach der Anwendung des Umwandlungs- bzw. des Fortsetzungsverfahrens durch den Senat begehrt, falls dieser einen Vorrang der Regelungen des IRG gegenüber denen des Überstellungsübereinkommens verneint. Eine solche - hinsichtlich mehrerer Rechtsfragen abgestufte - Vorlage ist zulässig (vgl. etwa die Praxis zu Art. 267 AEUV), da auch insofern eine die Vorlegung rechtfertigende Divergenz zur Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte besteht (vgl. LR-StPO/Franke, 26. Aufl., § 121 GVG Rn. 59a, § 358 StPO Rn. 6, 8).
- 15
- Der Zulässigkeit der Vorlegung steht auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Januar 2009 (2 BvR 1492/08) nicht entgegen. Diesem Nichtannahmebeschluss kommt weder materielle Rechtskraft noch Bindungswirkung im Sinne des § 31 Abs. 1 BVerfGG zu (Maunz/SchmidtBleibtreu /Klein/Bethge - Graßhoff, BVerfGG, 41. Ergänzungslieferung, 2013, § 93a Rn. 49).
- 16
- b) Unzulässig ist die Vorlage dagegen, soweit sich die Frage des Oberlandesgerichts auch darauf bezieht, ob bei der zu treffenden "Umwandlungsentscheidung" über die Anrechnung einer im Ausland erlittenen Untersuchungshaft zu befinden und deren Anrechnung in vollem Umfang anzuordnen ist. Hierbei handelt es sich nicht um eine von § 42 Abs. 1 IRG erfasste Rechtsfrage , sondern um eine bloße Folgeentscheidung nach Beantwortung obiger Rechtsfragen, hinsichtlich derer eine grundsätzliche Bedeutung oder eine die Vorlegung rechtfertigende Differgenz nicht besteht.
- 17
- 2. Der Senat beantwortet die vorgelegten Rechtsfragen wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich.
- 19
- aa) Dies folgt bereits aus § 1 Abs. 3 IRG, wonach Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen den Vorschriften des IRG vorgehen, soweit sie - wie das Überstellungsübereinkommen (vgl. BGBl. II (1991), S. 1006) - unmittelbar anwendbares staatliches Recht geworden sind (vgl. auch OLG Nürnberg, Beschluss vom 18. November 2009 - 1 Ws 306/09, juris, Rn. 18; OLG Schleswig, NStZ 2004, 406, 407; OLG Stuttgart, NStZ-RR 2005, 383, 384; Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Aufl., § 54 IRG, Rn. 1b).
- 20
- bb) Aus der vom Oberlandesgericht Hamm in Bezug genommenen Erklärung Deutschlands zu Art. 3 Abs. 3 ÜberstÜbk ergibt sich nichts anderes.
- 21
- Sie lautet: "Die Bundesrepublik Deutschland wird die Vollstreckung von Sanktionen nur unter der Voraussetzung übernehmen, daß ein deutsches Gericht das im Urteilsstaat ergangene Urteil für vollstreckbar erklärt hat. Für die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Übernahme der Vollstreckung erfüllt sind, legt das Gericht die im Urteil enthaltenen Tatsachenfeststellungen und rechtlichen Schlußfolgerungen zugrunde" (BGBl. II (1992), S. 97).
- 22
- Eine Aussage, wonach kollidierenden Bestimmungen der §§ 48 ff. IRG entgegen § 1 Abs. 3 IRG der Vorrang vor den Regelungen des ÜberstÜbk zukomme , ist mit dieser Erklärung nicht verbunden:
- 23
- Dies folgt bereits daraus, dass Art. 3 Abs. 3 ÜberstÜbk die Unterzeichnerstaaten lediglich dazu ermächtigt, die Anwendung eines der in Art. 9 Abs. 1 lit. a und b ÜberstÜbk vorgesehenen Verfahren - also das sog. Fortsetzungsverfahren oder das Umwandlungsverfahren - auszuschließen. Eine weiter gehende Ermächtigung, etwa bei Abgabe der Erklärung gemäß Art. 3 Abs. 3 ÜberstÜbk Aussagen über das Verhältnis des Überstellungsübereinkommens zu Vorschriften des innerstaatlichen Rechts zu treffen, sieht diese Vorschrift nicht vor.
- 24
- Zudem enthält die Erklärung zu Art. 3 Abs. 3 ÜberstÜbk - anders als das vorlegende Oberlandesgericht meint - auch keine Aussage über das Rangverhältnis zwischen diesem Übereinkommen und dem Gesetz über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Geregelt ist dort lediglich, dass vor Übernahme der Vollstreckung ein deutsches Gericht das im Urteilsstaat ergangene Urteil für vollstreckbar zu erklären und bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Übernahme der Vollstreckung erfüllt sind, die im (ausländischen) Urteil enthaltenen Tatsachenfeststellungen und rechtlichen Schlussfolgerungen zugrunde zu legen hat.
- 25
- cc) Aus der vom vorlegenden Oberlandesgericht weiterhin in Bezug genommenen "Denkschrift" der Bundesregierung vom 5. März 1991 zu dem Übereinkommen (BT-Drucks. 12/194, S. 17 ff.) lässt sich ebenfalls nicht der Wille des Gesetzgebers entnehmen, dass das Überstellungsübereinkommen im Kollisionsfall durch die §§ 48 ff. IRG verdrängt wird.
- 26
- Zwar wird dort ausdrücklich auf die Regelungen der §§ 48 ff., 54 IRG verwiesen. Es wird aber ausdrücklich auch erklärt, dass im Hinblick auf Art. 104 GG, der für eine Freiheitsentziehung im Geltungsbereich des Grundgesetzes die Entscheidung eines deutschen Richters verlangt, die Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung nur durch das "Medium" einer deutschen Gerichtsentscheidung zulässig sei (vgl. BT-Drucks. 12/194, S. 20). Ein Hinweis auf einen Vorrang der Regelungen des IRG gegenüber denen des Überstellungsübereinkommens lässt sich dem nicht entnehmen.
- 27
- b) Im Geltungsbereich des Überstellungsübereinkommens findet bei der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Straferkenntnisses entgegen der Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts das sog. Umwandlungsverfahren Anwendung.
- 28
- aa) Bereits der Wortlaut der insofern maßgeblichen, nach Art. 3 Abs. 3 des Übereinkommens abgegebenen Erklärung der Bundesrepublik Deutschland legt es nahe, dass bei der Vollstreckbarerklärung das sog. Umwandlungsverfahren anzuwenden ist.
- 29
- Denn schon die Erklärung, Deutschland werde die Vollstreckung nur übernehmen, wenn ein deutsches Gericht das im Urteilsstaat ergangene Urteil für vollstreckbar erklärt hat, spricht dafür, dass sich Deutschland für das Umwandlungsverfahren entschieden hat (so auch BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2009 - 2 BvR 1492/08 [juris Rn. 4]. Zudem ist nach dieser Erklärung die gemäß Art. 10 des Übereinkommens mit dem Fortsetzungsverfahren - von notwendigen Anpassungen abgesehen - verbundene zwingende Übernahme und Bindung an die in dem ausländischen Urteil enthaltenen Rechtsfolgen nicht vorgesehen; "rechtliche Schlußfolgerungen" sind der Vollstreckbarerklärung vielmehr lediglich zugrunde zu legen.
- 30
- bb) Die Anwendung des Umwandlungsverfahrens bei der Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile wird zudem durch den Willen des Gesetzgebers belegt, der in der "Denkschrift" der Bundesregierung vom 5. März 1991 zum Ausdruck gekommen ist.
- 31
- Dort wird zu Art. 3 des Übereinkommens zwar auf das Verfahren nach den §§ 48 ff., 54 IRG hingewiesen, "dessen Einzelheiten … sowohl mit dem 'Fortsetzungs-' als auch mit dem 'Umwandlungsverfahren' nach dem Überein- kommen … im Einklangstehen". Die sich unmittelbar anschließende Begrün- dung zu der - damals noch beabsichtigten - Erklärung zu dieser Regelung verweist jedoch ausdrücklich auf "Artikel 104 GG, wonach über die Zulässigkeit jeder Freiheitsentziehung im Geltungsbereich des Grundgesetzes ein deutscher Richter zu entscheiden hat" (BT-Drucks. 12/194, S. 20).
- 32
- Der Wille, dem "flexibleren" und in geeigneten Fällen der Übernahme der Ahndung aus dem Urteil des Urteilsstaates nicht entgegenstehenden Umwandlungsverfahren den Vorzug zu geben, wird zudem in den Ausführungen der "Denkschrift" zum Zweck des Übereinkommens und der - beabsichtigten - Erklärung der Bundesrepublik deutlich. Gefördert und erleichtert werden soll damit nämlich nicht nur die soziale Wiedereingliederung verurteilter Personen, die Überstellung soll vielmehr auch den Interessen der Rechtspflege dienen und "in jedem Einzelfall auf der Grundlage aller ihrem Strafrecht zugrunde liegenden Strafzwecken" getroffen werden (BT-Drucks. 12/194, S. 17).
- 33
- cc) Dass im Geltungsbereich des Überstellungsübereinkommens bei der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Straferkenntnisses entgegen der Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts das Umwandlungsverfahren Anwendung findet, entspricht - wie ausgeführt - zudem der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und - ganz überwiegend - der Oberlandesgerichte (vgl. obige Nachweise sowie OLG Dresden, Beschluss vom 24. Mai 2012 - 2 Ws 214/12; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. August 2013 - 1 Ws 141/12; aA OLG Köln, NStZ-RR 2011, 249, 250). Die Abweichungen in der deutschen Übersetzung des Überstellungsübereinkommens gegenüber der englischen bzw. der französischen Fassung stehen dem - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 10. Oktober 2013 dargelegt hat - nicht entgegen.
Mutzbauer Quentin
(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.
(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.
(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.
(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.
(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten des Beschwerdeführers (§ 77 Abs. 1 IRG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO) zurückgewiesen.
Gründe
I.
- 1
Der Senat hat mit Beschluss vom 08.06.2010 die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der I. Großen Strafkammer - Strafvollstreckungskammer - des Landgerichts Neubrandenburg vom 03.03.2010 - 6 StVK 385/09 -, mit dem die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Bezirksgerichts Slupsk/Republik Polen vom 12.10.2004 - II K 88/03 - i.V.m. dem Urteil des Berufungsgerichts Gdansk/Republik Polen vom 31.01.2005 - II AKa 460/04 - für zulässig erklärt und die zu verbüßende Gesamtfreiheitsstrafe auf vier Jahre und sechs Monate abzüglich der erlittenen Untersuchungshaft festgesetzt wurde, als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 03.07.2010. Er rügt die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 77 Abs. 1 IRG, § 33a StPO) und beantragt, sowohl die Umwandlungsentscheidung des Landgerichts wie auch den angefochtenen Senatsbeschluss aufzuheben und die Vollstreckung aus den polnischen Urteilen für unzulässig zu erklären, hilfsweise festzustellen, dass wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung drei Jahre der Strafe als vollstreckt gelten und ebenfalls hilfsweise festzustellen, dass die in Polen erlittene Untersuchungshaft im Maßstab 1 : 2 auf die zu vollstreckende Strafe anzurechnen ist.
II.
- 2
Der Rechtsbehelf hat - auch bei einer Auslegung als Gegenvorstellung - keinen Erfolg.
1.
- 3
Die Gehörsrüge ist unbegründet.
- 4
Der Senat hat seiner Entscheidung keine Tatsachen oder Beweismittel zum Nachteil des Beschwerdeführers zugrunde gelegt, zu denen dieser nicht zuvor gehört worden wäre. Das gilt insbesondere für die Behauptung des Verurteilten, in dem in Polen gegen ihn geführten Ermittlungs- und Strafverfahren, aus dem die nunmehr zu vollstreckende Gesamtfreiheitsstrafe resultiert, sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör in einer Art. 6 Abs. 1 MRK tangierenden Weise verletzt worden, was sich im deutschen Umwandlungsverfahren, wo dieser Umstand keine Berücksichtigung gefunden hat, fortgesetzt habe.
a)
- 5
Der Senat hat das entsprechende Vorbringen des Verurteilten im Beschwerdeverfahren zur Kenntnis genommen und in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich berücksichtigt (vgl. dort unter II.3 c). Er hat es jedoch aus den dort dargelegten Erwägungen für das Umwandlungsverfahren als nicht durchgreifend erachtet. Darin liegt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Erneut gilt, dass der Beschwerdeführer mit seinen diesbezüglichen Ausführungen durchaus gehört, aber eben nicht erhört worden ist.
b)
- 6
Die Frage, ob in dem polnischen Verfahren eine Verletzung des Anspruchs des Verurteilten auf rechtliches Gehör stattgefunden hat, war im hiesigen Beschwerdeverfahren lediglich im Rahmen der Begründetheit des Rechtsmittels zu prüfen (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 IRG), andernfalls die Übernahme der Strafvollstreckung abzulehnen gewesen wäre. Der Senat hat dies erwogen und verneint. Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, würde dies nur bedeuten, dass der Senat fehlerhaft entschieden hätte, nicht jedoch würde es sich dabei um eine neuerliche oder fortgesetzte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör handeln.
2.
- 7
Der Antrag kann auch bei einer Auslegung als Gegenvorstellung keinen Erfolg haben.
- 8
Auch wenn man unterstellt, der Senat habe falsch entschieden, wäre er zu einer Abänderung der getroffenen und mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht weiter anfechtbaren Beschwerdeentscheidung nicht befugt. Eine Ausnahme bestünde nur dann, wenn ihm ein schwerwiegender Verfahrensfehler unterlaufen wäre (OLG Stuttgart Justiz 96, 147) oder wenn der Beschwerdeführer eine Grundrechtsverletzung zu seinem Nachteil behauptet und durch die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Einlegung der Verfassungsbeschwerde ersparen würde (BVerfGE 63, 77 = NJW 83, 1900; OLG Düsseldorf MDR 80, 335; 82, 518; OLG Karlsruhe Justiz 02, 24). Dafür ist nichts ersichtlich.
3.
- 9
Die vorstehend unter Ziffer 2 genannten Gründe stünden auch den beantragten - nachträglichen - Feststellungen entgegen, wegen einer - angeblich - rechtstaatswidrigen Verfahrensverzögerung gelte ein Teil der verhängten Strafe als verbüßt und die in Polen vollstreckte Untersuchungshaft sei auf die noch zu verbüßende Strafe im Verhältnis 1 : 2 anzurechnen. Abgesehen davon hätten beide Anträge auch in der Sache keinen Erfolg.
a)
- 10
Selbst unterstellt, in dem in Polen gegen den Beschwerdeführer geführten Ermittlungs- und Strafverfahren wäre es zu Verfahrensverzögerungen von solchem Ausmaß gekommen, dass, wäre dies von deutschen Gerichten und Behörden zu verantworten, eine Kompensation nach der dafür vom Großen Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs entwickelten Vollstreckungslösung (GSSt 1/07, BGHSt 52, 124) zu erfolgen hätte, stünde dem hier nicht nur die Rechtskraft des polnischen Strafurteils und die Regelung des Art. 10 Abs. 1 ÜberstÜbk, sondern auch der Umstand entgegen, dass der beklagte Konventionsverstoß der deutschen Justiz nicht zuzurechnen ist und es deshalb auch nicht deren Sache ist, für einen Ausgleich zu sorgen.
- 11
Eine entsprechende Individualbeschwerde des Verurteilten gegen die Bundesrepublik Deutschland wäre gemäß Art. 35 Abs. 3 MRK für unzulässig zu erklären, weil die gerügte Handlung oder Unterlassung ihr nicht zuzurechnen ist (EGMR Entscheidungen v. 15. 6. 1999, Nr. 18360/91; EKMR Entscheidung v. 14. 4. 1998, Nr. 20652/92; vgl. Grabenwerter EMRK, 3. Aufl., § 13 Rn 42 mwN). Die Regelungen der MRK sind nicht dahin zu verstehen, dass sie ein quasi einheitliches Verfahrensrecht der Vertragsstaaten im Einzelnen mit einer unbeschränkten Zurechnung unabhängig von den nationalen Verfahrensrechtsordnungen schaffen (so auch - wenngleich in anderem prozessualen Zusammenhang - BGH NStZ 2010, 410).
- 12
Wenn überhaupt geboten, wäre es Sache der polnischen Justiz, etwa durch einen nachträglichen (Teil-) Erlass der verhängten Strafe, für einen Ausgleich zu sorgen. Eine solche Entscheidung wäre dann nach Art. 14 ÜberstÜbk bei der inländischen Vollstreckung zu beachten (vgl. auch § 57 Abs. 6 IRG).
b)
- 13
Während die Dauer der in Polen vollzogenen Untersuchungshaft auf die noch zu vollstreckende Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen war (Art. 11 Abs. 1 Satz 2 lit c ÜberstÜbk; so auch - jedoch nachrangig [§ 1 Abs. 3 IRG] - § 54 Abs. 1 Satz 1 IRG; vgl. auch Gesetzentwurf der Bundesregierung zum ÜberstÜbk in BT-Drs. 12/194 S. 23 und entsprechend Denkschrift der Bundesregierung [s. Schomburg/Hackner in: Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 4. Aufl., Art. 11 ÜberstÜbk, Rdn. 4]), was in dem Umwandlungsbeschluss des Landgerichts Neubrandenburg auch so angeordnet ist, ist für die vom Beschwerdeführer beantragte Festlegung eines besonderen Anrechnungsmaßstabs kein Raum. Die dafür vom Beistand wohl in den Blick genommene Vorschrift des § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB ist im vorliegenden Verfahren unanwendbar (OLG Hamm NStZ-RR 1999, 384 m.w.N.; OLG Nürnberg OLGSt IRG § 55 Nr. 2). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Beschluss des OLG Hamm vom 10.7.2006 - 2 Ws 164/06 -, der sich im Leitsatz erkennbar nur auf einen abweichenden Maßstab im Anwendungsbereich des § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB bezieht, wobei dessen Ausschluss im Verfahren nach § 54 IRG allerdings erneut bestätigt wird. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten seinerzeitigen Haftbedingungen in der Republik Polen müssen daher auch in diesem Zusammenhang unberücksichtigt bleiben.
III.
- 14
Weil durch die Erhebung der Gehörsrüge eine Gerichtsgebühr in Höhe von 50,00 € entstanden ist (Nr. 3900 KVGKG), war die tenorierte Kostenentscheidung zu treffen.
(1) Soweit die Vollstreckung des ausländischen Erkenntnisses zulässig ist, wird es für vollstreckbar erklärt. Zugleich ist die insoweit verhängte Sanktion in die ihr im deutschen Recht am meisten entsprechende Sanktion umzuwandeln. Für die Höhe der festzusetzenden Sanktion ist das ausländische Erkenntnis maßgebend; sie darf jedoch das Höchstmaß der im Geltungsbereich dieses Gesetzes für die Tat angedrohten Sanktion nicht überschreiten. An die Stelle dieses Höchstmaßes tritt ein Höchstmaß von zwei Jahren Freiheitsentzug, wenn die Tat im Geltungsbereich dieses Gesetzes
- 1.
im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bedroht ist oder - 2.
als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße bedroht ist, die ausländische Sanktion jedoch nach Satz 2 in eine freiheitsentziehende Sanktion umzuwandeln ist.
(2) Bei der Umwandlung einer Geldstrafe oder einer Geldbuße wird der in ausländischer Währung berechnete Geldbetrag nach dem im Zeitpunkt des ausländischen Erkenntnisses maßgeblichen Kurswert in Euro umgerechnet.
(2a) Soweit eine Anordnung der Einziehung, die einen bestimmten Gegenstand betrifft, umzuwandeln ist, bezieht sich die Erklärung der Vollstreckbarkeit auf diesen Gegenstand. Statt auf den bestimmten Gegenstand kann sich die Erklärung der Vollstreckbarkeit auch auf einen dem Wert des Gegenstandes entsprechenden Geldbetrag beziehen, wenn
- 1.
der ausländische Staat darum ersucht hat und - 2.
die Voraussetzungen des § 76 des Strafgesetzbuchs in entsprechender Anwendung vorliegen.
(3) Bei der Umwandlung einer gegen einen Jugendlichen oder einen Heranwachsenden verhängten Sanktion gelten die Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes entsprechend.
(4) Auf die festzusetzende Sanktion sind der Teil der Sanktion, der in einem ausländischen Staat gegen die verurteilte Person wegen der Tat bereits vollstreckt worden ist, sowie nach § 58 erlittene Haft anzurechnen. Ist die Anrechnung bei der Entscheidung über die Vollstreckbarkeit unterblieben oder treten danach die Voraussetzungen für die Anrechnung ein, so ist die Entscheidung zu ergänzen.
(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.
(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.
(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.
(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.
(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.
(1) Auf die zu vollstreckende Freiheitsstrafe ist auch die im Ausland erlittene Freiheitsentziehung anzurechnen, die der Verurteilte in einem Auslieferungsverfahren zum Zwecke der Strafvollstreckung erlitten hat. Dies gilt auch dann, wenn der Verurteilte zugleich zum Zwecke der Strafverfolgung ausgeliefert worden ist.
(2) Bei Auslieferung zum Zwecke der Vollstreckung mehrerer Strafen ist die im Ausland erlittene Freiheitsentziehung auf die höchste Strafe, bei Strafen gleicher Höhe auf die Strafe anzurechnen, die nach der Einlieferung des Verurteilten zuerst vollstreckt wird.
(3) Das Gericht kann auf Antrag der Staatsanwaltschaft anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach dem Erlaß des Urteils, in dem die dem Urteil zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmalig geprüft werden konnten, nicht gerechtfertigt ist. Trifft das Gericht eine solche Anordnung, so wird die im Ausland erlittene Freiheitsentziehung, soweit ihre Dauer die Strafe nicht überschreitet, auch in einem anderen Verfahren auf die Strafe nicht angerechnet.
(1) Wenn über die Auslegung eines Strafurteils oder über die Berechnung der erkannten Strafe Zweifel entstehen oder wenn Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung erhoben werden, so ist die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.
(2) Das Gericht entscheidet ferner, wenn in den Fällen des § 454b Absatz 1 bis 3 sowie der §§ 455, 456 und 456c Abs. 2 Einwendungen gegen die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde erhoben werden oder wenn die Vollstreckungsbehörde anordnet, daß an einem Ausgelieferten, Abgeschobenen, Zurückgeschobenen oder Zurückgewiesenen die Vollstreckung einer Strafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung nachgeholt werden soll, und Einwendungen gegen diese Anordnung erhoben werden.
(3) Der Fortgang der Vollstreckung wird hierdurch nicht gehemmt; das Gericht kann jedoch einen Aufschub oder eine Unterbrechung der Vollstreckung anordnen. In den Fällen des § 456c Abs. 2 kann das Gericht eine einstweilige Anordnung treffen.
(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.
(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.
(1) Soweit dieses Gesetz keine besonderen Verfahrensvorschriften enthält, gelten die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und seines Einführungsgesetzes, der Strafprozeßordnung, des Jugendgerichtsgesetzes, der Abgabenordnung und des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sinngemäß.
(2) Bei der Leistung von Rechtshilfe für ein ausländisches Verfahren finden die Vorschriften zur Immunität, zur Indemnität und die Genehmigungsvorbehalte für Durchsuchungen und Beschlagnahmen in den Räumen eines Parlaments Anwendung, welche für deutsche Straf- und Bußgeldverfahren gelten.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Liegt ein vollständiges rechtskräftiges und vollstreckbares Erkenntnis im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 1 vor oder hat eine zuständige Stelle des ausländischen Staates unter Angabe der Zuwiderhandlung, die zu der Verurteilung geführt hat, Zeit und Ort ihrer Begehung und möglichst genauer Beschreibung der verurteilten Person vor dessen Eingang darum ersucht, so kann zur Sicherung der Vollstreckung einer freiheitsentziehenden Sanktion gegen die verurteilte Person die Haft angeordnet werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen
- 1.
der Verdacht begründet ist, dass sie sich dem Verfahren über die Vollstreckbarkeit oder der Vollstreckung entziehen werde, oder - 2.
der dringende Verdacht begründet ist, dass sie in dem Verfahren über die Vollstreckbarkeit in unlauterer Weise die Ermittlung der Wahrheit erschweren werde.
(2) Die Haftentscheidung trifft das für die Entscheidung nach § 50 zuständige Gericht. Die §§ 17, 18, 20, 23 bis 27 gelten entsprechend. An die Stelle des Oberlandesgerichts tritt das Landgericht, an die Stelle der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht. Gegen die Entscheidungen des Landgerichts ist die Beschwerde zulässig.
(3) Für den Fall der Vollstreckung einer Geldstrafe, einer Geldbuße oder einer Anordnung der Einziehung oder für den Fall, dass eine zuständige Stelle des ausländischen Staates unter Angabe der verdächtigen Person, der Zuwiderhandlung, wegen derer das Strafverfahren geführt wird, und der Zeit und des Ortes ihrer Begehung in einem solchen Fall vor Eingang des vollständigen rechtskräftigen und vollstreckbaren Erkenntnisses um eine Sicherstellungsmaßnahme nach den §§ 111b bis 111h der Strafprozessordnung ersucht, findet § 67 Absatz 1 entsprechend Anwendung. Zur Vorbereitung einer Einziehungsentscheidung im ausländischen Staat, die sich auch auf den Wertersatz beziehen kann, können unter den Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Sicherstellungsmaßnahmen nach den §§ 111b bis 111h der Strafprozessordnung getroffen werden.
(4) Die Absätze 1 und 3 gelten nicht, wenn die Vollstreckung von vornherein unzulässig erscheint.