Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 24.9.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken, Az.: 8 O 305/08, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen einer Verletzung in Anspruch, die dieser ihm anlässlich eines Fußballspiels am 16.7.2005 zufügt hatte, an dem die Parteien als Mitspieler in gegnerischen Mannschaften teilgenommen hatten.
Dabei handelte es sich um ein Freundschaftsspiel der „Alte-Herren-Mannschaften“ des SV S. und des SV H.. Der streitgegenständliche Vorfall, den beide Parteien als sogenanntes Foulspiel des Beklagten qualifizieren, ereignete sich unter im Einzelnen umstrittenen Umständen im Strafraum der Mannschaft des Beklagten. Unstreitig ist, dass der Ball dem Kläger von einem Mitspieler zugespielt wurde und der Beklagte in die Beine des Klägers hineingrätschte. Daraufhin zeigte der Schiedsrichter dem Beklagten, dem zuvor schon die Gelbe Karte gezeigt worden war, die Gelb/Rote Karte und verwies diesen des Spielfeldes. Am Abend wurde der Kläger zum Ausschluss einer Rippenfraktur in das Kreiskrankenhaus nach Ottweiler verbracht, wo eine Thoraxprellung und eine Schienbeinprellung diagnostiziert wurden.
Der Kläger hat zum konkreten Hergang des Vorfalls vorgetragen, er habe den Ball mit dem linken Fuß spielen wollen, als der Beklagte aus einer Entfernung von circa 3 Metern „seitlich von hinten“ kommend mit ausgestrecktem Bein in sein Bein hineingerutscht sei und ihn unterhalb des Knies getroffen habe, woraufhin er, der Kläger, gestürzt und auf den Boden geprallt sei. Er hat die Ansicht vertreten, dies sei als äußerst grobes Foulspiel zu werten, welches die Grenzen des im Fußball erlaubten Verhaltens ganz erheblich überschritten habe. Der Beklagte habe den Ball überhaupt nicht erreichen können, weil er, der Kläger, sich zwischen dem Beklagten und dem Ball befunden habe.
Bei dem Sturz habe er sich eine schwere Thoraxprellung zugezogen, was er sich damit erkläre, dass er wohl noch mit dem Arm unter den Körper geraten sei. Des Weiteren habe er trotz Schienbeinschoners eine schmerzhafte Schienbeinprellung davongetragen. Aufgrund dieser Verletzungen habe er zunächst minutenlang benommen am Boden gelegen und habe dann in die Kabine getragen werden müssen; weil er infolge des Sturzes keine Luft mehr bekommen habe, habe ein anwesender Arzt die Notversorgung übernommen.
Aufgrund dieser Verletzungen sei ärztlich die Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden und eine Krankschreibung bis zum 11.9.2005 erfolgt. Er habe für die Dauer von mehr als 16 Wochen täglich unter Schmerzen gelitten und Schmerzmittel einnehmen müssen. Die sportliche Freizeitgestaltung mit seiner Familie sei wegen seiner Beschwerden bis Ende Februar 2006 erheblich eingeschränkt gewesen; den Fußballsport habe er über diesen Zeitraum überhaupt nicht ausüben können. Auch noch nach Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit habe er wegen des vom Sicherheitsgurt ausgehenden Drucks nur unter erheblichen Beschwerden Autofahren können. Da der Beklagte es nicht einmal fertiggebracht habe, sich für sein Fehlverhalten zu entschuldigen, hat der Kläger unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ein Schmerzensgeld von 6.000 EUR für gerechtfertigt erachtet.
Darüber hinaus hat der Kläger von dem Beklagten Schadensersatz wegen Verdienstausfalls verlangt, den er als selbstständiger Anwalt in seiner Einzelpraxis erlitten habe. Er habe zwar seine Gerichtstermine noch selbst wahrnehmen können, habe aber erhebliche Ausfallzeiten in seinem Büro gehabt, wo viel Arbeit liegen geblieben sei; er habe nur die wichtigsten Termine und Fristen gewahrt. Das Personal habe die anrufenden Mandanten vertrösten müssen, wobei es ohne weiteres möglich sei, dass es sich hierbei um neue Mandanten oder um Mandanten mit neuen Fällen gehandelt habe; das Personal sei nicht in der Lage, Mandanten zu gewinnen oder zu binden. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der ihm entstandene Dienstausfall sei gemäß § 287 ZPO mit 3.000 EUR zu bemessen.
Er hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger aus einem Vorfall vom 16.7.2005 Schmerzensgeld in einer vom Gericht zu bestimmenden Höhe zu zahlen, sowie sonstigen Schadensersatz in Höhe von 3.000 EUR, beide Beträge nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 16.7.2005 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sowohl die Schwere seines Regelverstoßes als auch die Schwere der erlittenen Verletzungen und das Ausmaß deren Folgen auf die Ausübung der beruflichen Tätigkeit des Klägers bestritten. Dass ihm kein extremer Regelverstoß vorgeworfen werden könne, folge bereits aus dem Umstand, dass er mit der Gelb/Roten Karte lediglich für das laufende Spiel gesperrt worden sei. Im Übrigen habe er nicht vorsätzlich gehandelt, der Zwischenfall habe sich im Eifer oder Übereifer des Spiels ereignet. Er hat den Hergang unter Bezugnahme auf eine Skizze (Bl. 32 d.A.) wie folgt geschildert: Er habe sich zunächst in etwa derselben Höhe befunden wie der den Ball abspielende Mitspieler des Klägers und sei dann dem Ball nachgelaufen. Um diesen vor dem Kläger zu erreichen, sei er in Grätschposition auf den Kläger zu gerutscht, der sich ebenfalls auf den zwischen ihnen befindlichen Ball zubewegt habe; er, der Beklagte, sei sich sicher gewesen, den Ball noch erreichen zu können, habe diesen aber verfehlt und stattdessen den rechten Fuß des Klägers getroffen. Bei der Schilderung des Klägers habe die Verletzung sich in der Kniekehle oder an der Wade befinden müssen. Dessen ungeachtet sei der verlangte Schmerzensgeldbetrag überhöht; für den geltend gemachten Verdienstausfallschaden fehle es an jeglicher Grundlage.
Das Landgericht hat die Klage nach Beweiserhebung durch Vernehmung des Schiedsrichters K. und der vom Kläger benannten Mitspieler Kl., D. und L. als Zeugen mit am 24.9.2009 verkündetem Urteil (Bl. 99 d.A.) abgewiesen, weil dem Kläger der Nachweis schuldhaften Verhaltens des Beklagten nicht gelungen sei.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er sich in erster Linie gegen die Wertung des Landgerichts wendet, das Verhalten des Beklagten sei noch in den Grenzbereich zwischen kampfbetonter Härte und unzulässiger Unfairness einzuordnen, so dass es an einem Verschulden fehle. Dabei habe das Landgericht vor allem zu Unrecht außer acht gelassen, dass es sich um ein Freundschaftsspiel im Amateurbereich, sogar im Alte-Herren-Bereich, gehandelt habe, in dem der Kläger habe erwarten dürfen, dass ein Gegenspieler auf solche in grober Weise gefährdenden Aktionen verzichtet. Des Weiteren habe es in Betracht ziehen müssen, ob für den Kläger nicht Beweiserleichterungen eingreifen könnten.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 24.9.2009 – 8 O 305/08 – den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger aus einem Vorfall vom 16.7.2005 Schmerzensgeld in einer vom Gericht zu bestimmenden Höhe sowie sonstigen Schadensersatz in Höhe von 2.500 EUR zu zahlen, beide Beträge nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 16.7.2005.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 26.2.2009 (Bl. 44 d. A.), vom 4.6.2009 (Bl. 58 d.A.), vom 16.7.2009 (Bl. 68 d.A.) und vom 6.8.2009 (Bl. 81 d.A.) und des Senats vom 23.6.2010 (Bl. 159 d. A.) sowie auf das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 24.9.2009 (Bl. 98 d.A.) Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Ihm stehen wegen der ihm durch den Beklagten bei einem Fußballspiel am 16.7.2005 unstreitig zugefügten Verletzungen keine Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche zu. Abgesehen davon, dass er einen materiellen Schaden nicht im Ansatz dargelegt hat, scheitert ein allein in Betracht kommender deliktischer Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB schon daran, dass dem Beklagten eine stillschweigend zwischen den Teilnehmern des Fußballspiels vereinbarte Haftungsbeschränkung auf vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten zugute kommt und dem Kläger der Nachweis eines solchen Verhaltens des Beklagten nicht gelungen ist.
1.
Die Haftung für bei einem sportlichen Wettkampf zugefügte Verletzungen muss dem Umstand Rechnung tragen, dass die Teilnehmer einvernehmlich mit körperlichem Einsatz ein Kampfspiel gegeneinander austragen, das selbst bei Einhaltung der Regeln des sportlichen Wettkampfs oder bei geringen Regelverstößen eine erhöhte Gefahr gegenseitiger Verletzungen in sich birgt (vgl. BGH, Urt. v. 5.11.1974 – VI ZR 100/73 – VersR 1975, 137 = BGHZ 63, 140). Der Bundesgerichtshof hat deshalb unter Hinweis auf § 242 BGB den Grundsatz aufgestellt, dass eine Haftung für solche Verletzungen ausgeschlossen ist, die sich ein Sportler bei einem regelgerechten und dem bei jeder Sportausübung zu beachtenden Fairnessgebot entsprechenden Einsatz seines Gegners zuzieht, weil derartige bewusst eingegangene Gefahren von jedem Teilnehmer in Kauf genommen würden. Dabei hat er dahingestellt sein lassen, ob die Inkaufnahme der dem jeweiligen Kampfsport immanenten Risiken als „Handeln auf eigene Gefahr“ oder als „sozial-adäquate Verhaltensweise“ anzusehen sei und damit bereits die Tatbestandsmäßigkeit oder doch die Rechtswidrigkeit des § 823 Abs. 1 BGB ausschließe (vgl. auch Fritzweiler in Fritzweiler/Pfister/Summerer, Praxishandbuch Sportrecht, 2. Aufl., S. 407 f.; Deutsch, VersR 1974, 1045; Zimmermann, VersR 1980, 497 jeweils zu den hierzu vertretenen Auffassungen). Jedenfalls müsse die Teilnahme eines Sportlers an einem solchen Kampfspiel, das - wie der Fußballwettkampf - nach bestimmten, für jeden Mitspieler verbindlichen Regeln geführt wird, rechtlich dahin verstanden werden, dass er selbst sich auf diese Regeln einlässt und bei regelkonformem Verhalten keine Schadensersatzansprüche wegen dennoch eingetretener Verletzungen erheben wird (vgl. BGH, Urt. v. 5.11.1974 – VI ZR 100/73 – VersR 1975, 137 = BGHZ 63, 140; Urt. v. 5.11.1974 – VI ZR 125/73 - zitiert nach juris; Urt. v. 10.2.1976 – VI ZR 32/74 – VersR 1976, 591; Urt. v. 1.4.2003 – VI ZR 321/02 – VersR 2003, 775; Urt. v. 27.10.2009 – VI ZR 296/08 – ZfSch 2010 133; ebenso OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1477; OLG Celle, VersR 2009, 1236; Staudinger/Schiemann, BGB, 2005, § 254, Rdn. 66, der dies als eine Frage des Mitverschuldens gemäß § 254 BGB ansieht). Die Haftung setzt deshalb nach gefestigter Rechtsprechung immer die Feststellung eines Regelverstoßes voraus.
2.
Dass der Beklagte einen (objektiven) Regelverstoß begangen und dadurch die – wenn auch ihrer Schwere nach umstrittene – Körperverletzung des Klägers verursacht hat, ist erwiesen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte in die Laufrichtung des Klägers hineingrätschte, dem der Ball von einem Mitspieler zugespielt worden war, und dabei statt des Balls das Bein des Klägers traf. Dies stellt einen Verstoß gegen die erste Alternative der Regel 12 – Treten des Gegners - der auch für Freundschaftsspiele geltenden Fußball-Regeln des Deutschen Fußballbundes für 2005/2006 (vgl. Fritzweiler in Fritzweiler/Pfister/Summerer, aaO., S. 429), aber auch gegen das für jeden sportlichen Wettkampf geltende Fairnessgebot dar, der auch von dem Beklagten selbst eingeräumt wird.
Aufgrund dieses Regelverstoßes ist - nicht nur auf der Grundlage der Lehre vom Erfolgsunrecht, sondern auch auf der Grundlage der Lehre vom Handlungsunrecht (vgl. MünchKommBGB/Wagner, 5. Aufl., § 823, Rdn. 4 ff. zur Darstellung des Streitstandes) – auch von der Rechtswidrigkeit der Verletzung des Körpers des Klägers auszugehen. Die Spielregeln, nach denen die Sportmannschaften antreten, dienen zwar in erster Linie dazu, die Eigenheiten des Spiels zu prägen, den Spielfluss und die Chancengleichheit zu gewährleisten und einen Ausgleich für regelwidrig erlangte Vorteile zu schaffen. Die für Fußballverbandsspiele geltenden Fußballregeln des Deutschen Fußballbundes enthalten aber auch Regeln dazu, welche Handlungen zum Schutz der Spieler vor Verletzungen nicht erlaubt sind. Auch wenn es sich dabei nicht um Rechtsnormen handelt, so können sie doch jedenfalls Aufschluss darüber geben, was als spielordnungsgemäßes Verhalten anzusehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 5.11.1974 – VI ZR 100/73 – VersR 1975, 137; Spindler in BeckOK BGB, Stand: 1.10.2007, § 823, Rdn. 394).
3.
Eine Schadensersatzverpflichtung aus § 823 Abs. 1 BGB setzt aber weiter voraus, dass dem Schädiger Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Allerdings greift zugunsten des Beklagten ein Haftungsausschluss für leichte und mittlere Fahrlässigkeit ein. Den Nachweis vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verhaltens hat der insoweit darlegungs- und beweisverpflichtete (vgl. BGH, Urt. v. Urt. v. 5.11.1974 – VI ZR 100/73 – VersR 1975, 137; Urt. v. 5.11.1974 - VI ZR 125/73 – zitiert nach juris; OLG Celle, VersR 2009, 1236) Kläger nicht zu erbringen vermocht.
a) Wegen der Besonderheiten des Wettkampfsports führt nach gefestigter Rechtsprechung nicht jede, nach objektiven Maßstäben als fahrlässig einzuordnende Verletzung eines Mitspielers zu einer Haftung des Schädigers aus § 823 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 1.2.1976 – VI ZR 32/74 – VersR 1976, 591; OLG Stuttgart, NJW-RR 2000, 1043; OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1477). Die erfolgreiche Teilnahme an einem Kampfspiel wie dem Fußballspiel setzt ein hohes Maß an physischer und psychischer Kraft, an Schnelligkeit, Geschicklichkeit und körperlichem Einsatz voraus. Die Hektik und Schnelligkeit des Spiels verlangt den Teilnehmern ab, oftmals im Bruchteil einer Sekunde Chancen abzuwägen, Risiken einzugehen und die im Einzelfall hiermit notwendigerweise verbundene Härte an den Tag zu legen. Dass diese Besonderheiten des Wettkampfsports die erhöhte Gefahr begründen, dass durch Fehleinschätzungen oder im Spieleifer Regelverstöße geschehen, liegt auf der Hand. Würde jeder dieser Regelverstöße die Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB für hierdurch verursachte Verletzungen auslösen, so wäre die Teilnahme an einem solchen Wettkampfsport mit einem vernünftigerweise nicht hinnehmbaren Haftungsrisiko verbunden.
Dieser Umstand rechtfertigt die Annahme einer stillschweigenden Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Das Bestehen eines ungewöhnlich hohen Haftungsrisikos bietet hier deshalb einen hinreichenden Anhaltspunkt für einen entsprechenden Parteiwillen, weil es alle Teilnehmer gleichermaßen trifft (vgl. BGH, Urt. v. 10.2.2009 – VI ZR 28/08 – NJW 2009, 1482, der die stillschweigende Vereinbarung einer Haftungsminderung bei einem alle Parteien eines Rechtsverhältnisses gleichermaßen treffenden Haftungsrisiko – vereinbarungsgemäße gemeinsame Anmietung und abwechselndes Führen eines Fahrzeugs bei einer gemeinsam geplanten und durchgeführten Reise – aus dem Gesichtspunkt einer Gefahrgemeinschaft ableitet). Da jeder Mitspieler aus einer Spielsituation ebenso gut als Anspruchsteller wie als Anspruchsgegner einer Schädigungshandlung hervorgehen kann, liegt eine Begrenzung des Haftungsrisikos im Interesse aller Mitspieler. Wenn diese im Bewusstsein der Risikolage und der aufgrund der Eigenart des Spiels erhöhten Verletzungsgefahr einvernehmlich an dem Spiel teilnehmen, so wollen sie sich nicht wegen der Folgen einer durch leichte Fahrlässigkeit verursachten Verletzung eines Mitspielers unter Umständen Existenz bedrohenden Schadensersatzansprüchen ausgesetzt sehen. Auf der Grundlage dieses übereinstimmenden Willens der Spielteilnehmer kann eine stillschweigende Beschränkung der Haftung auf vorsätzliche und grob fahrlässige Regelverstöße angenommen werden (ebenso Seybold/Wendt in Anm. zu OLG Celle, VersR 2009, 1236; im Ergebnis auch BGH, Urt. v. 1.2.1976 – VI ZR 32/74 – VersR 1976, 591; OLG Stuttgart, NJW-RR 2000, 1043; OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1477, MünchKommBGB/Wagner, 5. Aufl., § 823, Rn. 549 f.; Fleischer, VersR 1999, 785; Deutsch, VersR 1974, 1045; Weisemann/Spieker, Sport, Spiel und Recht, 2. Aufl., Rdn. 101, die eine Haftungsbeschränkung dogmatisch allerdings mit einer Differenzierung der Anforderungen begründen, die an die im Verkehr erforderliche Sorgfalt i.S.d. § 276 Abs. 2 BGB zu stellen sind).
Grobe Fahrlässigkeit setzt anerkanntermaßen einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Dabei rechtfertigt ein objektiv grober Pflichtenverstoß für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes persönliches Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einhergeht. Ein entsprechender Verschuldensvorwurf ist vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (vgl. vgl. BGH, Beschl. v. 11.5.2010 – IX ZB 167/09 – zitiert nach juris; Urt. v. 10.2.2009 – VI ZR 28/08 – NJW 2009, 1482 jew. m.w.N.; Senat, Urt. v. 10.3.1999 – 5 U 767/98 – ZfS 1999, 291).
b) Der Nachweis für ein vorsätzliches oder in dem beschriebenen Sinne grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten ist indes nicht erbracht.
Aus den Zeugenaussagen lässt sich kein zuverlässiges Bild des Vorfalls gewinnen. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten sei dadurch belegt, dass dieser keine Chance mehr gehabt habe, den Ball zu spielen. Diese von den Zeugen Kl. und L. bestätigte Behauptung (Bl. 70, 82 d.A.) lässt für sich genommen schon deshalb keinen hinreichend sicheren Rückschluss auf ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten zu, weil sie sich auf die Einschätzung einer Spielsituation beschränkt, die der Beklagte anders getroffen haben mag. Eine hiervon abweichende Einschätzung haben dann auch tatsächlich sowohl der als Zeuge vernommene Schiedsrichter K. getroffen, der von einem Kampf um den Ball berichtet hat, bei dem der Beklagte den Ball verfehlt und den Kläger versehentlich am Knie getroffen habe (Bl. 60 d.A.), als auch der Zeuge D., der bekundet hat, der Beklagte habe noch eine Chance gehabt, den Ball zu bekommen; diesem könne keine Absicht unterstellt werden (Bl. 73 d.A.). Insoweit stimmt dessen Aussage im Übrigen auch mit der Einschätzung des Zeugen L. überein, der auf Nachfrage angegeben hat, er gehe davon aus, dass der Beklagte den Ball habe erreichen wollen (Bl. 83 d.A.). Eine Spielsituation, die eindeutig den Rückschluss auf ein vorsätzliches Vorgehen des Beklagten zuließe, weil es aus dessen Sicht als aussichtslos erscheinen musste, den Ball noch zu treffen und der Angriff deshalb nur noch dem Kläger gelten konnte, hat der Kläger nicht geschildert; allein der Umstand, dass der Beklagte sich dem Kläger von seitlich hinten genähert haben soll, lässt einen solchen Rückschluss ohne weitere konkrete Angaben - etwa zu den Entfernungen der Spieler zueinander und jeweils zum Ball - nicht zu (vgl. BGH, Urt. v. 5.11.1974 – VI ZR 100/73 – VersR 1975, 137). Der Senat teilt deshalb die Einschätzung des Landgerichts, dass die Behauptung des Beklagten, er habe versucht den Ball zu erreichen, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht als widerlegt angesehen werden kann.
Der Kläger hat auch nicht zweifelsfrei den Nachweis einer grob fahrlässigen Regelverletzung erbringen können.
Der Schiedsrichter K. hat anlässlich seiner Vernehmung vom 4.6.2009 geschildert, dass beide Parteien zum Ball gegangen und aufeinander zugelaufen seien, was im Wesentlichen die mit einer Skizze (Bl. 32 d.A.) veranschaulichte Version des Beklagten bestätigt. Der Senat teilt nicht die Ansicht des Landgerichts, bei der Würdigung der Zeugenaussage des Schiedsrichters K. sei zu berücksichtigen, dass der Zeuge D. diesen als mit der Leitung des Spiels überfordert betrachtet hat. Dies bedeutet nicht, dass dieser auch tatsächlich überfordert gewesen ist; die unterschiedliche Wahrnehmung und Einschätzung von Spielsituationen ist für den Fußballwettkampf typisch. Geschieht in einem solchen Kampf um den Ball eine Regelverletzung, so kann jedenfalls ohne weitere Anhaltspunkte nicht ohne weiteres von einem grob fahrlässigen Verhalten ausgegangen werden.
Demgegenüber hat der Zeuge Kl. bei seiner Vernehmung vom 16.7.2009 (Bl. 68 d.A.) ebenso wie der Zeuge L. bei seiner Vernehmung vom 6.8.2009 (Bl. 82 d.A.) angegeben, der Beklagte habe seitlich von dem Kläger gestanden und „wohl etwas nach hinten“ bzw. der Beklagte habe sich „mehr von hinten als von der Seite“ kommend auf den Kläger zubewegt, während der Zeuge D. bei seiner Vernehmung vom 16.7.2009 (Bl. 72 d.A.) bekundet hat, die Parteien hätten sich seitlich voneinander befunden. Der Senat vermag bei dieser Sachlage nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, dass der Beklagte sich von hinten kommend tatsächlich außerhalb des Blickfeldes des Klägers befunden hat, was den Beklagten zwar - auch in einem Freundschaftsspiel zwischen Alte-Herren-Mannschaften - nicht dazu gezwungen hätte, auf seinen Angriff zu verzichten, ihm aber ein erhöhtes Maß an Vorsicht abverlangt hätte. Dass der Kläger geltend macht, durch den Angriff eine Schienbeinprellung – und nicht eine Verletzung im Bereich der Wade oder Kniekehle - davongetragen zu haben, spricht eher für die von dem Schiedsrichter K. bestätigte Schilderung des Beklagten.
Zu einer anderen Beurteilung gelangt man auch dann nicht, wenn man mit dem Landgericht zur Feststellung des streitigen Sachverhalts maßgeblich auf die Aussage des Zeugen L. (Bl. 82/83 d.A.) abstellen wollte, der als der den Kläger anspielende Mitspieler an dem fraglichen Spielzug unmittelbar beteiligt war. Dieser hat angegeben, dem Kläger auf das Tor laufend den Ball zugespielt zu haben, in der Absicht, einen Doppelpass zu spielen. Der Beklagte sei „mehr von hinten als von der Seite“ kommend in den Kläger hineingegrätscht, sei aber „praktisch zu spät gekommen“, weil der Kläger den Ball bereits abgespielt habe. Ausgehend davon, dass es in der Eigenart des Fußballspiels liegt, dass sich Spieler in der blitzschnell zu treffenden Beurteilung der Spielsituation und der Möglichkeit, den Ball noch zu erreichen, verschätzen und Entscheidungen treffen, die sich nachträglich als falsch erweisen können, lässt auch diese Schilderung den Rückschluss auf ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten nicht zu, weil sich jedenfalls eine subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung nicht feststellen lässt. Für diese Beurteilung spricht insbesondere auch, dass der Zeuge L. trotz seiner Wahrnehmung und Einschätzung der Spielsituation nicht daran zweifelte, dass der Beklagte versucht habe, den Ball zu erreichen. Auch in einem Freundschaftsspiel im Amateurbereich, sogar im „Alte-Herren-Bereich“, muss ein Spieler damit rechnen, dass er auf „energische und bissige“ Verteidiger trifft, als welchen der Zeuge D. den Beklagten beschrieben hat (Bl. 73 d.A.). Konkrete Anhaltspunkte, dass dessen Spielweise über ein energisches und möglicherweise auch verbissenes Vorgehen hinausgegangen wäre, sind nicht nachgewiesen.
c) Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, das Landgericht habe zu seinen Gunsten Beweiserleichterungen in Betracht ziehen müssen.
Die Beweislast für die schuldhafte Begehung einer unerlaubten Handlung trägt grundsätzlich der Verletzte (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 823, Rdn. 80). Nichts anderes gilt für Verletzungshandlungen bei Sportwettkämpfen, insbesondere kann dort nicht in Anwendung der Grundsätze der Beweislastverteilung nach Gefahrenbereichen dem jeweiligen Angreifer die Beweislast für regelgerechtes Verhalten und fehlendes Verschulden auferlegt werden.
Eine solche Beweislastverteilung würde die oben erörterten Besonderheiten des Wettkampfspiels außer acht lassen, das von Angriff und Verteidigung und jeweils blitzschnellem Rollenwechsel der Spieler gekennzeichnet ist. Der Bundesgerichtshof hat deshalb angenommen, dass die Inkaufnahme des Risikos, beim Spiel trotz Einhaltung der Regeln verletzt zu werden, auch die Übernahme des Risikos einschließt, im Streitfall den Regelverstoß nicht beweisen zu können. Eine Beweislast des Angreifenden würde diesen von einem Angriff auf den Ball abhalten, der doch gerade Aufgabe jedes Spielers ist (vgl. BGH, Urt. v. 5.11.1974 – VI ZR 100/73 - VersR 1975, 137; VI ZR 125/73 – zitiert nach juris). Soll die Eigenart des Fußballspiels als Kampf- und Angriffssport erhalten bleiben, so kann nichts anderes für die Frage gelten, ob der Regelverstoß schuldhaft begangen wurde.
4.
Ungeachtet des Umstandes, dass ein Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch des Klägers deshalb schon dem Grunde nach nicht gegeben ist, fehlt es dem Vorbringen des Klägers auch an der substantiierten Darlegung eines materiellen Schadens. Zwar werden dem selbstständig Tätigen, der einen Dienstausfall geltend macht, nach § 252 Satz 2 BGB und § 287 ZPO - auf den der Kläger sich ausdrücklich beruft – nicht nur Beweiserleichterungen gegenüber dem allgemeinen Grundsatz gewährt, wonach für die Entstehung eines Schadens der volle Beweis erforderlich ist; vielmehr mindern die genannten Vorschriften schon dessen Darlegungslast. Dies befreit den Kläger aber nicht davon, hinreichend konkrete Anhaltspunkte für die Schadensermittlung vorzutragen (vgl. BGH, Urt. v. 6.7.1993 – VI ZR 228/92 – NJW 1993, 2673; KG, VersR 2004, 483 jew. m.w.N.). Hieran fehlt es.
Hinreichende Anknüpfungspunkte lassen sich indes weder dem Vorbringen des Klägers, noch den vorgelegten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Rechnungen und Rezepten entnehmen (Bl. 17-20 d.A.), die lediglich die gestellten Diagnosen wiedergeben.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. § 713 ZPO ist anwendbar, da die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, für jede der Parteien unzweifelhaft nicht gegeben sind. Dies folgt daraus, dass die Revision nicht zugelassen ist und gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO n.F. die Nichtzulassungsbeschwerde für jede der Parteien unzulässig ist, da die Beschwer nicht mehr als 20.000 EUR beträgt.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO n.F. nicht gegeben sind.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.