Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 06. Apr. 2011 - 5 U 428/10 - 68

bei uns veröffentlicht am06.04.2011

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 11.08.2010 – Az: 12 O 279/09 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 16.701,86 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen unterbliebener Beratung.

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Krankheitskostenversicherung für Beihilfeberechtigte mit der Versicherungsnummer ... Der Sohn des Klägers, M. S., geb. am … 1980, ist mitversichert. Ursprünglich bestand für ihn lediglich eine 20%ige Restabsicherung.

Mit Vollendung des 27. Lebensjahres verlor der Sohn des Klägers am 11.01.2007 seine Beihilfeberechtigung. Dies wurde der Beklagten nicht mitgeteilt.

Die Beklagte verlangte nach entsprechender Mitteilung durch den Kläger und Antrag, seinen Sohn zu 100% zu versichern, einen schriftlichen Antrag mit Gesundheitsangaben. Am 27.10.2008 stellte der Kläger einen solchen Antrag (Bl. 37 d.A.). Aus den Gesundheitsdaten ergab sich, dass der Sohn des Klägers seit 2006 wegen depressiver Dekompensation mit sozial phobischen Elementen in psychiatrischer Behandlung war. Deshalb verlangte die Beklagte einen Risikozuschlag, womit sich der Kläger am 10.01.2009 einverstanden erklärte (Bl. 51 d.A.) Daraufhin stellte die Beklagte den Vertrag mit Versicherungsschein vom 15.01.2009 (Versicherungsnummer ... - Bl. 52 d.A.) rückwirkend zum 01.10.2008 um, versicherte den Sohn des Klägers zu 100%, allerdings nur gegen einen monatlichen Risikozuschlag von 346,28 EUR und mit Wirkung vom 01.01.2009 von 367,68 EUR.

Der Kläger hat behauptet, seit Juni 2008, als er bemerkt habe, dass sein Sohn nicht mehr beihilfeberechtigt sei, habe er versucht, seinen Sohn zu 100% zu versichern. Zu diesem Zeitpunkt sei eine dauerhaft schwere Erkrankung seines Sohnes noch nicht absehbar gewesen. Erst im Herbst 2008, nach verschiedenen stationären Behandlungen habe sich dies geändert.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe erstmals durch Mitteilung ihres Außendienstmitarbeiters vom 10.09.2008 (Bl. 33 d.A.) erfahren, dass der Beihilfeanspruch des Sohnes des Klägers entfallen sei. Der Kläger sei durch seinen Arbeitgeber über den Wegfall der Beihilfeberechtigung seines Sohnes – wie dies üblich sei – informiert worden.

Der Kläger hat verlangt, die Beklagte zur Rückzahlung des Risikozuschlags in Höhe von insgesamt 4.347,81 EUR für die Zeit vom 01.10.2008 bis zum 30.09.2009 zu verurteilen und festzustellen, dass die Beklagte seinen Sohn ohne Risikozuschlag zu 100 Prozent ab dem 01.10.2008 versichern und die ab 01.10.2009 gezahlten Risikozuschläge an ihn zurückzahlen muss.

Das Landgericht Saarbrücken hat die Klage durch Urteil vom 11.08.2010 – Az: 12 O 279/09 – abgewiesen. Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken – 12 O 279/09 – vom 11.08.2010

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.347,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass im Rahmen des Krankenversicherungsvertrages ... die dort versicherte Person M. S. ab dem 01.10.2008 ohne Risikozuschlag zu 100 % zu versichern ist,

3. weiterhin festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab dem 01.10.2009 gezahlte Beiträge auf Grund der Zuschläge des im Gegensatz zu Ziffer 2. erhobenen Risikozuschlags an ihn zurückzuzahlen,

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 516,34 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

II.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Urteil des Landgerichts beruht weder auf einer Verletzung des Rechts noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch darauf zu, im Rahmen des Krankenversicherungsvertrages ... seinen Sohn M. S. ab dem 01.10.2008 ohne Risikozuschlag zu 100 % versichern zu können und folglich auch kein Anspruch auf Rückzahlung der bisher geleisteten Risikozuschläge.

(1.)

Der Kläger hat unstreitig die Zweimonatsfrist des § 178e S. 2 VVG a.F., die am 11.01.2007 noch anwendbar war (Art.1 Abs. 1 EGVVG), versäumt, so dass er keinen Anspruch auf Anpassung des Versicherungsschutzes für seinen Sohn ohne erneute Gesundheitsprüfung hatte. Aus diesem Grund durfte die Beklagte – wie bei jedem Neuabschluss – eine Erweiterung des Versicherungsschutzes von einer Gesundheitsprüfung abhängig machen.

Dass der Beklagten eine verzögerte Bearbeitung des Antrages des Klägers auf Erweiterung des Versicherungsschutzes für seinen Sohn vorzuwerfen wäre, die dazu geführt hat, dass in dieser Zeit neu auftretende Erkrankungen im Risikozuschlag berücksichtigt wurden, die bei einer rechtzeitigen Bearbeitung noch keine Rolle gespielt hätten, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt. Zum einen hat er weder unter Beweis gestellt, dass er bereits im Juni 2008 einen entsprechenden Antrag bei der Beklagten gestellt hat. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass eine Risikoprüfung im Juni 2008 zu einem anderen Ergebnis geführt hätte als die Ende 2008 erfolgte Risikoprüfung. Da die psychische Erkrankung des Sohnes des Klägers bereits im Jahr 2006 aufgetreten ist, hätte der Kläger diese auch im Juni 2008 angeben müssen. Dass bei der von der Beklagten eingeleiteten Gesundheitsprüfung der im Herbst 2008 erkennbare Krankheitsgrad nicht erkennbar geworden wäre, ist nicht substantiiert, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein geringerer Risikozuschlag im Juni/Juli 2008 verlangt worden wäre als dies tatsächlich Ende 2008 der Fall war.

Nachdem der Kläger sich mit dem von der Beklagten verlangten Risikozuschlag in Höhe von 346,23 EUR durch Unterschrift der Zusatzerklärung vom 10.01.2009 (Bl. 51 d.A.) einverstanden erklärt hat, kommt es auch nicht darauf an, ob der Versicherer bei der Risikoprüfung und Festlegung der Höhe des Zuschlags zu berücksichtigen und wegen einer Gleichbehandlungspflicht zu beachten hat, dass in Höhe des bereits vor der Vertragsanpassung bestehenden Versicherungsanteils – hier 20% - keine Risikozuschläge vereinbart sind, und deshalb lediglich ein entsprechender Anteil – hier in Höhe von 80% – der bei einem Neuvertrag anfallenden Risikozuschläge verlangt werden darf. Es ist weder vom Kläger vorgetragen, dass er sich von seiner Willenserklärung vom 10.01.2009 nachträglich gelöst hat, noch dass die Beklagte einen Risikozuschlag so wie bei einem 100%igen Neuabschluss berechnet hat.

Weil die Beklagte wegen der Versäumung der Zweimonatsfrist des § 178e S. 2 VVG a.F. auf einer erneuten Gesundheitsprüfung und Vereinbarung eines Risikozuschlags bestand, kann aus dem späteren Vertragsschluss – anders als der Kläger meint – nicht geschlossen werden, dass die zur Vertragsanpassung bereite Beklagte sich nicht mehr auf § 178e S. 2 VVG a.F. berufen kann. Die Fristversäumung räumt der Beklagten gerade das Recht ein, trotz Bereitschaft bzw. vielmehr Pflicht zur Vertragsanpassung Risikozuschläge zu erheben.

(2.)

Dem Kläger steht auch kein Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Beratung durch die Beklagte zu, aufgrund dessen er einen Anspruch auf Wegfall des Risikozuschlags für seinen Sohn hätte.

Die Beklagte trifft keine Pflicht, bei mitversicherten Kindern von Beihilfeberechtigten eigenständig zu überwachen, ob diese bei Erreichen des 27. Lebensjahres bzw. jetzt 25. Lebensjahres noch mitversichert sind, und den Versicherungsnehmer in diesem Fall von sich aus darauf hinzuweisen, dass die Beihilfeberechtigung des Kindes bei Erreichen dieser Altersgrenze endet, sofern kein Verlängerungsgrund nach § 32 Abs. 5 EStG (etwa Wehr- oder Zivildienst) besteht. Vielmehr konnte die Beklagte davon ausgehen, dass der Kläger den Wegfall der Beihilfeberechtigung selbst rechtzeitig erkennt bzw. von seinem Dienstherren davon unterrichtet wird.

(a)

Auch vor Einführung des § 6 VVG n.F., der auf vor dem 01.01.2008 entstandene Versicherungsverträge nicht anwendbar ist, hat die Rechtsprechung zwar Beratungspflichten des Versicherers anerkannt. Danach wurde der Versicherer für verpflichtet gehalten, den zukünftigen Vertragspartner über alle Umstände aufzuklären, die für dessen Entschließung von wesentlicher Bedeutung sein konnten. Der Umfang dieser vorvertraglichen Aufklärungspflicht ergab sich aus der dem Aufklärungspflichtigen erkennbaren Interessenlage. Der Versicherer hatte dann aufzuklären, wenn er erkennen oder mit der nahe liegenden Möglichkeit rechnen musste, dass der Antragsteller aus mangelnden versicherungsrechtlichen oder versicherungstechnischen Kenntnissen nicht die für ihn zweckmäßigste Vertragsgestaltung eigenständig auswählen konnte. Auch nach Vertragsschluss trafen den Versicherer Hinweispflichten, wenn für ihn erkennbar war, dass der Versicherungsnehmer einer Belehrung bedurfte, weil er über einen für ihn wesentlichen Vertragspunkt – wie etwa über die Reichweite des bestehenden Versicherungsschutzes – irrige Vorstellungen hatte (BGH, Urt. v. 13.04.2005 – IV ZR 86/04 – VersR 2005, 824).

Dieser Umfang der Beratungspflicht beruht auf der zutreffenden Erwägung, das der Versicherer nach Treu und Glauben immer dann eine besondere Information schuldet, wenn der Versicherungsnehmer aufgrund der Komplexität des Wagnisses oder der Versicherungsbedingungen nicht in der Lage ist, sich selbst Klarheit über seine Sicherung zu verschaffen, während dies dem Versicherer unschwer möglich ist (Senat, Urt. v. 20.09.1995 – 5 U 1054/94-98 – r+s 1997, 208). Eine Nachfragepflicht ohne jeden Hinweis und Anlass würde jedoch zu weit gehen (BGH, Urt. v. 20.12.2006 – IV ZR 175/05 – VersR 2007, 196; Senat, Urt. v. 20.09.1995 – 5 U 1054/94-98 – r+s 1997, 208). Den Versicherer trifft deshalb grundsätzlich keine Pflicht zu einer vorsorgenden umfassenden Rechtsberatung. Er muss nicht vorsorglich auf alle möglichen Auswirkungen von veränderten Umständen ohne konkreten Anlass – etwa einer Nachfrage des Versicherungsnehmers oder einer anstehenden Vertragsänderung – hinweisen (Senat, Urt. v. 20.09.1995 – 5 U 1054/94-98 – r+s 1997, 208).

Voraussetzung einer Beratungspflicht ist in jedem Fall, dass der Versicherungsnehmer die Beratung benötigt, er also nicht in ausreichendem Maße sachkundig ist bzw. sich nicht, auch durch die erforderliche Lektüre übersichtlicher Versicherungsbedingungen, selbst informieren kann (BGH, Urt. v. 18.12.1991 – IV ZR 299/90 – VersR 1992, 217; Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28.Aufl., § 6 Rdn 22; Armbrüster in: MünchKomm(VVG), § 6 Rdn. 31).

Diese Rechtsprechung wird durch die Ausgestaltung von § 6 VVG n.F. bestätigt. Obwohl § 6 VVG n.F. teilweise deutlich über die frühere Rechtslage hinausgeht, wird weiterhin ein Anlass für eine Beratung verlangt. Wie vorher, gilt der Grundsatz, dass sich der Versicherer nach Vertragsschluss nicht mehr darum kümmern muss, ob der vereinbarte Versicherungsschutz den Bedürfnissen des Versicherungsnehmers weiter genügt. Etwas anderes ist nur dann anzunehmen, wenn der Versicherer auch ohne eine Initiative des Versicherungsnehmers erkennen muss, dass der Versicherungsnehmer sich über den Umfang seines Versicherungsschutzes nicht im Klaren ist und sein Bedarf nicht mehr gedeckt ist (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 28.Aufl., § 6 Rdn. 5; Armbrüster in: MünchKomm(VVG), § 6 Rdn. 233). Das kann beispielsweise bei Gesetzes- oder erheblichen Rechtsprechungsänderungen der Fall sein oder bei technischen Veränderungen, deren Auswirkung der Versicherungsnehmer – im Gegensatz zum Versicherer – nicht erkennt (BGH, Urt. v 13.12.1978 – IV ZR 177/77 - VersR 1979, 343; Rixecker in: Versicherungsrechtshandbuch, Beckmann/Matusche-Beckmann, 2.Aufl., § 18a Rdn. 26).

(b)

Nach diesen Grundsätzen traf die Beklagte keine Beratungspflicht gegenüber dem Kläger. Der Kläger hatte sich weder mit einem konkreten Beratungsanliegen an die Beklagte gewandt noch standen Vertragsänderungen auf Wunsch des Klägers an. Vielmehr entstand am 11.01.2007 aufgrund der beihilferechtlichen Bestimmungen mit Vollendung des 27.Lebensjahres des Sohnes des Klägers eine Versicherungslücke durch Wegfall seines Beihilfeanspruches, weil diesem keine Verlängerungsgründe nach § 32 Abs. 5 EStG (etwa Wehr- oder Zivildienst) zugute kamen. Eine solche Änderung des Beihilfeanspruchs aufgrund der beihilferechtlichen Regelungen musste die Beklagte aber nicht von sich aus im Blick behalten. Vielmehr ist es Aufgabe eines Versicherungsnehmers, sich um seine beihilferechtlichen Angelegenheiten selbständig zu kümmern (Senat, Urt. v. 20.09.1995 – 5 U 1054/94-98 – r+s 1997, 208; OLG Hamm, NVersZ 2000, 125).

Der Versicherungsnehmer ist ohnehin gegenüber seinem Dienstherrn verpflichtet, auf Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse und Grundlagen seiner Beihilfeberechtigung und der seiner Angehörigen zu achten und solche seinem Dienstherrn mitzuteilen. Umgekehrt kann auch der Dienstherr verpflichtet sein, den Beihilfeberechtigten zu beraten bzw. zu informieren. Allerdings verneint die Rechtsprechung trotz der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (z.B. § 94 SBG) eine allgemeine Pflicht zur Belehrung über alle für den Beamten einschlägigen Rechtsvorschriften, vor allem dann, wenn es sich um Vorschriften handelt, deren Kenntnis bei dem Beamten vorausgesetzt werden oder die sich der Beamte unschwer selbst verschaffen kann. Lediglich besondere Fallgestaltungen können eine Belehrungspflicht auslösen, wie etwa eine ausdrückliche Bitte des Beamten um eine Auskunft, ein vom Dienstherrn erkennbarer Irrtum des Beamten in einem bedeutsamen Punkt sowie eine bestehende allgemeine Praxis, die Beamten über einschlägige Rechtsvorschriften zu unterrichten (OVG Saarland, NVwZ-RR 2007, 333). Dies zeigt, dass aus Sicht eines Versicherers keine Veranlassung besteht, von sich aus ohne Anhaltspunkte auf das Fortbestehen der Beihilfeberechtigung des Versicherungsnehmers oder seiner mitversicherten Angehörigen zu achten. Vielmehr kann der Versicherer darauf vertrauen, dass entweder der Versicherungsnehmer selbst das Bestehen und den Umfang seiner Beihilfeansprüche erkennt oder durch seinen Dienstherren ausreichend informiert wird. Es besteht deshalb kein Bedürfnis für eine Beratung durch den Versicherer, der anders als Versicherungsnehmer und Dienstherr an dem Beamtenrechtsverhältnis nicht beteiligt ist, aus dem der Beihilfeanspruch entspringt. Nicht entscheidend ist es deshalb, ob der Kläger durch seinen Dienstherrn tatsächlich über die Altersgrenze von 27 Jahren für seinen Sohn unterrichtet wurde oder nicht. Die Beklagte konnte jedenfalls davon ausgehen, dass dies aufgrund der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht durch den Dienstherrn geschieht, soweit dies erforderlich war, weil der Kläger die Rechtslage nicht eigenständig erkennen konnte.

Dem kann auch nicht entgegen gesetzt werden, dass durch die Zweimonatsfrist des § 178e S. 2 VVG a.F. eine besondere Eilbedürftigkeit für den Versicherungsnehmer entsteht, eine Änderung seiner Beihilfeberechtigung zeitnah zu bemerken. Der Gesetzgeber hat mit § 178e S. 2 VVG a.F. die Entscheidung getroffen, in den Fällen einer Änderung von Beihilfeansprüchen in einem eng begrenzten zeitlichen Rahmen den Versicherungsnehmer entgegen der sonstigen Grundsätze des Privatversicherungsrechts besser zu stellen und von einer erneuten Gesundheitsprüfung freizustellen. Dieser Vorteil bedeutet aber nicht für den Versicherer eine umfassende Überwachungs- und Hinweispflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer, stets dafür Sorge zu tragen, dass der Versicherungsnehmer diese Zweimonatsfrist einhalten kann. Die Frist ändert nichts an der oben begründeten Pflicht des Versicherungsnehmers, selbst bzw. aufgrund einer Beratung durch seinen Dienstherrn den Umfang seines Beihilfeanspruchs festzustellen. Erst wenn der Versicherer Kenntnis von einer Änderung der Beihilfeberechtigung durch den Versicherungsnehmer erhält, kann er verpflichtet sein, diesen darauf hinzuweisen, dass der Antrag auf Vertragsanpassung innerhalb der Frist des § 178e S. 2 VVG a.F. gestellt werden muss, um Nachteile zu vermeiden. An einer solchen Kenntnis der Beklagten innerhalb der Frist des § 178e S. 2 VVG a.F. fehlte es aber.

Der Versicherungsnehmer, der die Allgemeinen Versicherungsbedingungen ohnehin lesen muss, wird auch nicht damit überfordert, sich um seine beihilferechtlichen Angelegenheiten selbst zu kümmern. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf den es – ohne weitere Anhaltspunkte – bei der Beurteilung eines Beratungsbedürfnisses ankommt, weiß, dass er sich bereits bei Begründung des Versicherungsvertrages darum kümmern musste, dass er und seine Angehörigen insgesamt durch Beihilfe und Privatversicherung über einen umfassenden Versicherungsschutz verfügen. Er weiß auch, dass Kinder aufgrund ihres Alters und ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit beihilfeberechtigt sind. Deshalb drängt es sich dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer auf, dass auf die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gerade bei beihilfeberechtigten Kindern besonders zu achten ist.

Hinzu kommt, dass Beihilfen nur für nicht selbst beihilfeberechtigte, im Familienzuschlag nach dem Bundesbesoldungsgesetz berücksichtigte oder berücksichtigungsfähige Kinder des Beihilfeberechtigten gewährt wird (z.B. § 3 Abs. 2 BhVO Saarland). Der Familienzuschlag nach § 40 Abs. 2 Bundesbesoldungsgesetz hängt u.a. von der Anzahl Kinder ab, denen Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 des Einkommensteuergesetzes oder des § 3 oder § 4 des Bundeskindergeldgesetzes zustehen würde. Die Kindergeldberechtigung hängt nach § 32 Abs. 3 und 4 Einkommenssteuergesetz (EStG) vom Alter und sonstigen Umständen des Kindes ab. Daraus folgt, dass der Beihilfeanspruch für Kinder erst entfällt, wenn tatsächlich kein Kindergeld mehr gezahlt wird und das Kind auch im Familienzuschlag nicht mehr berücksichtigt wird. Es kommt sogar nicht darauf an, ob ein entsprechender Anspruch besteht oder nicht, sondern auf die tatsächliche – auch zu Unrecht erfolgte – Zahlung. Durch den Wegfall des Kindergeldes und der Berücksichtigung des Kindes beim Familienzuschlag wird dem Beihilfeberechtigten aber deutlich vor Augen geführt, dass sich beamtenrechtliche Leistungen aufgrund geänderter Lebensumstände des Kindes geändert haben. Er hat demnach allen Anlass, sich zu diesem Zeitpunkt auch um die beihilferechtliche Versorgung Gedanken zu machen, denn auch ohne Rechtskenntnisse liegt der Zusammenhang zwischen der Berücksichtigung im Familienzuschlag bzw. beim Kindergeld und der Beihilfeberechtigung nahe.

Außerdem wäre der Versicherer mit einer anlasslosen Überwachungs- und vorsorglichen Hinweispflicht in unzumutbarer Weise belastet. Auch wenn es zunächst so scheint, als sei der Versicherer nicht überfordert, mittels EDV zu überwachen, wann die bei ihm mitversicherten Kinder das 27. bzw. jetzt das 25. Lebensjahr vollenden, und den Versicherungsnehmer darauf hinweisen, dass möglicherweise jetzt oder in naher Zukunft der Beihilfeanspruch des Kindes endet, könnte der Versicherer damit einer bestehenden Überwachungs- und vorsorglichen Hinweispflicht nicht genügen. Denn bei einer solchen Pflicht müsste der Versicherer dann alle theoretisch denkbaren und nahe liegenden Veränderungsgründe vorsorglich bei seinen Versicherungsnehmern erfragen bzw. auf Änderungsmöglichkeiten hinweisen. Diese Hinweise müssten wie eine vorsorgliche Rechtsberatung einerseits leicht verständlich sein und andererseits alle denkbaren Varianten aufzeigen, damit nicht Irrtümer entstehen, die ihrerseits zum Schadensersatz verpflichten.

Gerade im Fall von beihilfeberechtigten Kindern zeigt die oben dargestellte Gesetzeslage, dass es nicht lediglich auf das 27. bzw. jetzt das 25. Lebensjahr ankommt, sondern auf vielfältige Umstände. Nach § 32 Abs. 3 und 4 EStG müsste bereits mit Vollendung des 18. Lebensjahres ein erster vorsorglicher Hinweis an alle Versicherungsnehmer erfolgen, weil sowohl die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses als auch die fehlende Arbeitslosmeldung den Kindergeldanspruch und damit den Beihilfeanspruch entfallen lassen kann. Mit Vollendung des 21. Lebensjahres müsste ein zweiter Hinweis erfolgen, weil sowohl Kindergeldanspruch als auch Beihilfeanspruch entfallen, wenn nicht eine der Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG erfüllt ist. Mit Vollendung des 27. Lebensjahres und seit dem Steueränderungsgesetz 2007 nun des 25. Lebensjahres müsste der dritte Hinweis erfolgen, dass die Altershöchstgrenze nun erreicht ist und der Beihilfeanspruch entfällt, wenn nicht einer der Verlängerungsgründe nach § 32 Abs. 5 EStG (etwa Wehr- oder Zivildienst) eingreift. Außerdem müssten alle Hinweise auch die Einkommenshöchstgrenzen nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG erfassen, um nicht unvollständig zu sein. Diese grobe Aufzählung zeigt bereits, dass eine solche routinemäßige Aufklärung aller Versicherungsnehmer ohne Anlass für den Versicherer alleine im Falle beihilfeberechtigter Kinder nicht zumutbar wäre. Weil eine Grenze kaum zu ziehen wäre, müsste der Versicherer auf alle sonstigen theoretisch möglichen Änderungsgründe ebenfalls vorsorglich hinweisen. Das liefe auf eine allgemeine Rechtsberatung heraus, die vom Versicherer nicht geschuldet wird.

Dagegen kann auch nicht argumentiert werden, wie der Kläger meint, dass vom Versicherer wenigstens verlangt werden kann, auf den denknotwendig spätesten Zeitpunkt aufmerksam machen muss, zu dem die mitversicherten Kinder in jedem Fall ihre Beihilfeberechtigung verlieren. Dadurch könnte zwar dem Argument begegnet werden, dass eine umfassende Hinweispflicht für den Versicherer unzumutbar ist. Eine Beratungspflicht setzt aber – wie dargelegt – immer ein Beratungsbedürfnis voraus. Wenn dieses zu diesem spätesten Zeitpunkt angenommen würde, wäre nicht zu begründen, dass es bei den früheren Zeitpunkten des möglichen Beihilfewegfalls anders wäre. Entweder hat sich der Versicherungsnehmer um die Voraussetzungen der Beihilfegewährung im Verhältnis zum Versicherer selbst zu kümmern oder nicht. Von einem bestimmten Zeitpunkt kann dies nicht abhängig gemacht werden.

(3.)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert von 12.354,05 EUR betrifft die Klageanträge zu 2) und 3) zusammen.

Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 06. Apr. 2011 - 5 U 428/10 - 68

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 06. Apr. 2011 - 5 U 428/10 - 68

Referenzen - Gesetze

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 06. Apr. 2011 - 5 U 428/10 - 68 zitiert 14 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Einkommensteuergesetz - EStG | § 32 Kinder, Freibeträge für Kinder


(1) Kinder sind1.im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,2.Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken i

Einkommensteuergesetz - EStG | § 64 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche


(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. (2) 1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. 2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem

Einkommensteuergesetz - EStG | § 65 Andere Leistungen für Kinder


1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:1.Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 6 Beratung des Versicherungsnehmers


(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu

Bundeskindergeldgesetz - BKGG 1996 | § 4 Andere Leistungen für Kinder


Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:1.Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus

Bundeskindergeldgesetz - BKGG 1996 | § 3 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche


(1) Für jedes Kind werden nur einer Person Kindergeld, Kinderzuschlag und Leistungen für Bildung und Teilhabe gewährt. (2) Erfüllen für ein Kind mehrere Personen die Anspruchsvoraussetzungen, so werden das Kindergeld, der Kinderzuschlag und die Leis

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 06. Apr. 2011 - 5 U 428/10 - 68 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 06. Apr. 2011 - 5 U 428/10 - 68 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Apr. 2005 - IV ZR 86/04

bei uns veröffentlicht am 13.04.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 86/04 Verkündet am: 13. April 2005 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: nein _____________________ AKB

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Dez. 2006 - IV ZR 175/05

bei uns veröffentlicht am 20.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 175/05 Verkündetam: 20.Dezember2006 Heinekamp Justizhauptsekretär alsUrkundsbeamter derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: nein

Referenzen

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 86/04 Verkündet am:
13. April 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
_____________________
AKB § 2a Abs. 1
Wird dem Versicherer im Zusammenhang mit der Anforderung einer grünen
Versicherungskarte mitgeteilt, daß sich der Versicherungsnehmer mit dem
versicherten Fahrzeug in die Türkei begeben wird, muß er diesem - auch für
die Fahrzeugversicherung - Klarheit über die Besonderheiten des Versicherungsschutzes
verschaffen, der sich für die Türkei in einen (versicherten) europäischen
und einen (nicht versicherten) asiatischen Teil spaltet.
BGH, Urteil vom 13. April 2005 - IV ZR 86/04 - OLG München
LG München I
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 13. April 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. März 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen eines Fahrzeug brandes auf Versicherungsleistungen in Anspruch.
Er hatte bei dieser eine Haftpflicht- und eine Fah rzeugversicherung für sein Wohnmobil genommen. Dem Versicherungsverhältnis lagen Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) zugrunde, die in ihrem hier maßgeblichen Teil den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB 1996) entsprechen.

Im Jahre 2002 beabsichtigte der Kläger eine Urlaub sreise in die Türkei. Vor Fahrtantritt setzte sich seine Ehefrau mit dem Versicherungsagenten der Beklagten, dem Zeugen S. , telefonisch in Verbindung ; Einzelheiten des Gesprächs sind zwischen den Parteien streitig. Der Kläger erhielt nachfolgend eine grüne Versicherungskarte übersandt , bei der das Länderkürzel "TR" gestrichen war. Am 3. Juli 2002 brannte sein in C. bei I. abgestelltes Fahrzeug vollständig aus. Den dabei entstandenen Schaden machte der Kläger bei der Beklagten geltend. Diese verneinte ihre Eintrittspflicht, weil gemäß § 2a Abs. 1 AVB für den asiatischen Teil der Türkei kein Versicherungsschutz bestehe.
Das Landgericht hat der Zahlungsklage von 36.419,3 2 € nebst Zinsen in Höhe von 5.025 € stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung des Rechtsmittels des Klägers, der vor dem Berufungsgericht noch einen Zahlungsanspruch von insgesamt 33.500 € verfolgt hat - die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Revision.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefocht enen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Dieses hat ausgeführt: Der Schaden habe sich im asiatischen Teil der Türkei und daher außerhalb des versicherten geographischen

Bereichs ereignet. Eine "konkludente" Ausweitung des Versicherungsschutzes auf Asien sei dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen. Allerdings könnten den Versicherer Hinweispflichten treffen, wenn der Versicherungsnehmer ihm eine geplante Auslandsreise bekanntgebe. Das gelte aber nicht grundsätzlich schon dann, wenn im Zusammenhang mit der Anforderung einer grünen Versicherungskarte das Wort "Türkei" falle. Es müsse den Verantwortlichen vielmehr bekannt sein oder sich ihnen zumindest aufdrängen, daß eine Reise in ein nicht versichertes Gebiet anstehe. In Fällen wie dem vorliegenden müsse der Versicherungsnehmer zu erkennen geben oder es sonst nahe liegen, daß er in den außereuropäischen Teil der Türkei fahren wolle. Allein der Umstand, daß bei Anforderung der grünen Versicherungskarte die Türkei erwähnt werde , begründe keine Aufklärungspflichten über die geographische Unterteilung des Landes und die daraus resultierenden versicherungsrechtlichen Besonderheiten.
II. Das ist nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsge richt allerdings einen Anspruch auf Versicherungsleistungen verneint. Sie hat gemäß § 2a Abs. 1 AVB ihr Leistungsversprechen nur auf Europa und die außereuropäischen Gebiete bezogen, die zum Geltungsbereich des Vertrages über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gehören. Der Versicherungsfall , aus dem der Kläger die Beklagte in Anspruch nimmt, hat sich jedoch in dem Teil der Türkei ereignet, der zu Asien gehört. Damit besteht für den geltend gemachten Kaskoschaden kein Versicherungsschutz.

Entgegen der Auffassung der Revision halten die AV B in ihrem hier entscheidenden Teil einer Inhaltskontrolle am Maßstab des Transparenzgebots (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) stand. Zwar ist der Versicherer gehalten, in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Rechtsposition des Versicherungsnehmers klar und durchschaubar darzustellen (vgl. BGHZ 147, 354, 361 f.; 141, 137, 143). Diesem Gebot hat die Beklagte indes genügt. Ihre Versicherungsbedingungen sind unter § 2a Abs. 1 verständlich und mit der erforderlichen Eindeutigkeit gefaßt, wenn sie darin die örtliche Geltung des Versicherungsvertrages auf den Bereich Europas und auf bestimmte außereuropäische Gebiete beschränkt. Die Beklagte hat in der Klausel für die Haftpflichtversicherung den örtlichen Geltungsbereich übernommen, wie er durch den Verordnungsgeber in § 1 der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung festgelegt ist. Die in § 2a Abs. 1 AVB weiter enthaltene Bestimmung, die Versicherung gelte auch für die Fahrzeugversicherung nur für Europa und bestimmte außereuropäische Gebiete, läßt beim durchschnittlichen Versicherungsnehmer , auf dessen Verständnismöglichkeit es ankommt (vgl. BGHZ 123, 83, 85 und ständig), keine ernsthaften Zweifel daran aufkommen, daß Versicherungsschutz nicht für Schäden gewährt wird, die in einem Gebiet eintreten, das nicht zu Europa gehört, wobei in diesem Zusammenhang auf eine geographische Sichtweise abzustellen ist (BGHZ 40, 22, 24; BGHZ 108, 200, 204). Es ist dabei nicht Sache des Versicherers, den Versicherungsnehmer in den Versicherungsbedingungen oder auf sonstige Weise über die genauen geographischen Grenzen Europas in Kenntnis zu setzen. Er darf dieses Wissen beim Versicherungsnehmer voraussetzen oder zumindest erwarten, daß dieser es sich aus eigener Veranlassung verschafft.

2. Das Berufungsgericht geht weiter zu Recht davon aus, daß keine individuelle Erweiterung des Versicherungsschutzes in seinem örtlichen Geltungsbereich gemäß § 2a Abs. 2 Satz 1 AVB erfolgt ist. Daß eine solche Vereinbarung im Zuge des zwischen der Ehefrau des Klägers und dem ZeugenSch. geführten Telefongespräches getroffen worden ist, hat der Kläger nicht behauptet. Auch die Aushändigung der - nur auf die Haftpflichtversicherung bezogenen - grünen Versicherungskarte hat keine Erstreckung des Versicherungsschutzes auf den asiatischen Teil der Türkei bewirkt. Dem Kläger ist die Versicherungskarte mit Streichung des Länderkürzels für die Türkei übersandt worden. Das mußte der Kläger als Versicherungsnehmer bei gehöriger Sorgfalt so verstehen, daß die Beklagte von der in § 2a Abs. 1 AVB vorgesehenen Möglichkeit der Erweiterung des Geltungsbereiches des Versicherungsvertrages gerade keinen Gebrauch machen und den Versicherungsschutz nicht auf den asiatischen Teil der Türkei ausdehnen wollte (vgl. BGHZ 120, 87, 91 ff.). Das gilt erst recht für die Fahrzeugversicherung; auch hier war für den Kläger mit der gebotenen Deutlichkeit erkennbar, daß es die Beklagte bei dem örtlichen Geltungsbereich des § 2a Abs. 1 AVB belassen wollte. Einer Beweisaufnahme zu der Frage, ob der Zeuge S. über grüne Versicherungskarten verfügte, bei denen das Länderkürzel für die Türkei nicht gestrichen war, bedurfte es entgegen der Ansicht der Revision in diesem Zusammenhang nicht. Dadurch allein hätte der Kläger den ihm obliegenden Nachweis für eine Erweiterung des Versicherungsschutzes nicht führen können. Es genügt nicht, daß der Zeuge S. die Möglichkeit gehabt hätte, dem Kläger eine grüne Karte ohne Streichung des Länderkürzels "TR" zu übersenden. Damit wäre noch nicht bewiesen, daß die dem Kläger tatsächlich übersandte Versicherungskar-

te keine Streichung des Länderkürzels enthielt; nur darauf kommt es aber an.
Für die von der Revision angesprochene ergänzende Auslegung des Versicherungsvertrages ist angesichts der eindeutig abgefaßten Versicherungsbedingungen, die eine vertragliche Regelungslücke nicht erkennen lassen, kein Raum. Die Beklagte verhält sich schließlich auch nicht treuwidrig, wenn sie sich auf den beschränkten örtlichen Geltungsbereich des Versicherungsvertrages beruft. Daß sie im Falle einer Erweiterung des Versicherungsschutzes dem Kläger keine zusätzliche Versicherungsprämie berechnet hätte, ist unerheblich. Daraus läßt sich nicht ableiten, daß sie dem Kläger gegenüber zu einer Einbeziehung auch des asiatischen Teils der Türkei in den Versicherungsvertrag verpflichtet gewesen wäre.
3. Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht jedoch darin, daß schon aus Rechtsgründen ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus positiver Vertragsverletzung wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten zu verneinen ist.
Es besteht in Literatur und Rechtsprechung Einigke it, daß den Versicherer Hinweispflichten treffen, wenn für ihn erkennbar wird, daß der Versicherungsnehmer einer Belehrung bedarf, weil er über einen für ihn wesentlichen Vertragspunkt - wie etwa über die Reichweite des bestehenden Versicherungsschutzes - irrige Vorstellungen hat (BGHZ 108, 200, 205 f.; OLG Koblenz ZfS 1998, 261; OLG Stuttgart ZfS 1992, 412; OLG Hamm NZV 1991, 314; OLG Köln RuS 1989, 3; OLG Karlsruhe VersR 1988, 486; ÖOGH VersR 1995, 943; Stiefel/Hofmann, 17. Aufl.

§ 2a AKB Rdn. 4; Knappmann in Prölss/Martin VVG, 27. Aufl. § 2a AKB Rdn. 4). Eine solche Aufklärung kann ferner dann angezeigt sein, wenn dem Versicherer bekannt wird oder sich ihm zumindest hätte aufdrängen müssen, daß der Versicherungsnehmer sich mit dem versicherten Fahrzeug außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches des Versicherungsvertrages begeben will (Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung 2. Aufl. § 2a AKB Rdn. 3a).
Davon geht auch das Berufungsgericht grundsätzlich aus. Es verkürzt indes im weiteren die Belehrungspflichten des Versicherers in unzulässiger Weise, wenn es die Benennung der Türkei als künftiges Reiseziel nicht genügen läßt und zusätzlich verlangt, der Versicherungsnehmer müsse zum Ausdruck bringen, er wolle sich mit dem Fahrzeug gerade auch in den asiatischen Teil der Türkei begeben. Vielmehr bringt schon die Erwähnung der Türkei für sich allein das Interesse des Versicherungsnehmers hinreichend zum Ausdruck, das Fahrzeug im gesamten Gebiet der Türkei mit Versicherungsschutz führen zu können. Angesichts des Umstandes, daß die Türkei mit ihrem weit überwiegenden Teil geographisch dem asiatischen Kontinent zuzuordnen ist, liegt es nahe, daß sich der Versicherungsnehmer bei seiner angekündigten Reise nicht auf den europäischen Raum beschränken könnte. Dem sich daraus ergebenden Aufklärungsbedürfnis darf sich der Versicherer redlicherweise nicht verschließen. Es ist seine Aufgabe, dem Versicherungsnehmer Klarheit über die Besonderheiten des Versicherungsschutzes zu verschaffen , der sich für die Türkei in einen (versicherten) europäischen und in einen (nicht versicherten) asiatischen Teil spaltet. Er hat dem Versicherungsnehmer die drohende Lücke im Versicherungsschutz vor Augen zu führen und zu erläutern, daß das Fahrzeug ohne eine Erweite-

rung des örtlichen Geltungsbereiches des Versicherungsvertrages weder in der Haftpflichtversicherung noch in der Fahrzeugversicherung Versicherungsschutz hat, sollte es im asiatischen Raum bewegt werden. Daß sich auch die Beklagte dieses Problems bewußt gewesen ist, zeigt die Aussage des Zeugen S. . Dieser hat bekundet, er stelle einem Versicherungsnehmer keine grüne Versicherungskarte aus, sondern verweise ihn an das Kundendienstbüro der Beklagten, sollte ihm die Türkei als beabsichtigtes Reiseziel offengelegt werden, ohne dies mit der Einschränkung zu versehen, der Versicherungsnehmer müsse dabei zwischen dem europäischen und dem asiatischen Teil unterscheiden.
4. Durch seinen unzutreffenden rechtlichen Ansatz hat sich das Berufungsgericht den Blick auf die Frage verstellt, ob die Ehefrau des Klägers dem Zeugen S. - über allgemeine Urlaubsschilderungen hinausgehend - die Türkei als konkretes Reiseziel benannt hat. Sollte dies zu bejahen sein, wäre der Zeuge S. gehalten gewesen, für entsprechende Hinweise an den Kläger Sorge zu tragen. Es kommt somit auf das Ergebnis der landgerichtlichen Beweisaufnahme an, mit dem sich das Berufungsgericht bislang nicht auseinandergesetzt hat. Das

wird nachzuholen sein. Das Berufungsgericht wird sich gegebenenfalls auch mit der Frage eines Mitverschuldens des Klägers zu befassen haben , dem bei aufmerksamer Durchsicht der grünen Versicherungskarte hätte auffallen müssen, daß darin das Länderkürzel "TR" gestrichen war.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 175/05 Verkündetam:
20.Dezember2006
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
VVG § 178e
Bei Anpassung des Versicherungsschutzes nach Änderung oder Wegfall der
Beihilfeberechtigung darf der Versicherer für die begehrte Aufstockung des
Versicherungsschutzes das aktuelle Lebensalter des Versicherten zugrunde
legen.
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2006 - IV ZR 175/05 - HansOLG Hamburg
LG Hamburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Seiffert, die Richterin Dr. Kessal-Wulf,
die Richter Felsch und Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom
20. Dezember 2006

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 19. Juli 2005 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
1940 Der geborene Kläger war als Angestellter im öffentlichen Dienst beihilfeberechtigt. Seit 1. April 1972 unterhielt er bei dem Beklagten für sich und seine 1939 geborene Ehefrau eine die Beihilfe ergänzende Krankheitskosten-Teilversicherung für eine Gesamtprämie von zuletzt 419,95 €; dadurch waren die Krankheitskosten des Klägers zu 50% und die seiner Ehefrau zu 30% abgedeckt.
2
Zum 1. März 2003 wurde der Kläger unter Fortfall seiner Beihilfeberechtigung verrentet. Er beantragte deshalb beim Beklagten die Umstellung des Vertrages auf eine Krankheitskosten-Vollversicherung. Da der Beklagte die für Beihilfeberechtigte vorgesehenen Tarife nicht als Volltarife führt, bot er dem Kläger eine Kombination anderer Tarife an, die im Leistungsumfang den bisherigen Tarifen entsprachen. Der hierfür kalkulierten Gesamtprämie von 1.558,36 € legte der Beklagte für den Aufstockungsanteil das Renteneintrittsalter des Klägers zugrunde. Der Kläger ist demgegenüber der Ansicht, dass das Alter maßgeblich sei, das er zu Vertragsbeginn am 1. April 1972 hatte; die Gesamtprämie dürfe daher nur 1.226,48 € betragen.
3
Landgericht Das hat der hierauf gerichteten Feststellungsklage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
5
I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in VersR 2005, 1382 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Umstellung seines Vertrages in eine Vollversicherung unter Zugrundelegung seines Eintrittsalters zum 1. April 1972. Ein Beihilfeberechtigter könne gemäß § 178e Satz 2 VVG nach Änderung oder Entfallen des Beihilfeanspruchs nur eine Anpassung im Rahmen bestehender Kostentarife "ohne erneute Risikoprüfung oder Wartezeiten" verlangen; das Lebensalter sei nicht Teil einer solchen Risikoprüfung. Sinn und Zweck der Vorschrift des § 178e Satz 2 VVG sei, wie sich auch aus der Zusammenschau mit § 178f VVG ergebe, dem Versicherungsnehmer eine Tarifanpassung zu ermöglichen, ohne dass er daraus Nachteile erleide. Schützenswerte Rechte und Anwartschaften habe der Kläger als Versicherungsnehmer indes lediglich in Form von Alterungsrückstellungen innerhalb seiner bisherigen Teilversicherung erworben; diese seien ihm bei einem neuen Tarif gut zu bringen. Würde auch für den Aufstockungsanteil das ursprüngliche Eintrittsalter zugrunde gelegt, erlangte der Kläger durch die Gutschrift tatsächlich nicht erworbener Alterungsrückstellungen einen ungerechtfertigten Vorteil, was dem Gleichbehandlungsgebot der §§ 11 Abs. 2, 12 Abs. 4 VAG widerspreche, denn andere Versicherungsnehmer müssten bei höherem Eintrittsalter wegen der nicht gebildeten Alterungsrückstellungen entsprechend höhere Prämien zahlen. Zudem müsste die Gemeinschaft der Versicherten zugunsten des bevorzugten Versicherungsnehmers den fehlenden Teil der Alterungsrückstellungen aus gemeinsamen Mitteln aufbringen. Dieser Nachteil werde nicht dadurch ausgeglichen , dass "ungenutzte" Alterungsrückstellungen - etwa als Folge von Vertragskündigungen - der Versichertengemeinschaft zugute kämen, denn diese Rückflüsse seien in die Prämienkalkulation bereits eingearbeitet. Die Maßgeblichkeit des jeweiligen Lebensalters ergebe sich auch aus §§ 10 f. KalV (Kalkulationsverordnung vom 18. November 1996, BGBl. I S. 1783), wonach bei Prämienanpassungen die Berechnung der Prämien für jede Person altersabhängig zu erfolgen habe. Der Versicherer sei auch nicht verpflichtet, Tarife bereitzustellen, in denen das Risiko von Veränderungen im Beihilfesystem von vornherein kalkulatorische Berücksichtigung finde; § 178e VVG gebe einen Anpassungsanspruch nur im Rahmen der bestehenden Krankheitskostentarife.
6
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

7
1. Ändert sich bei einem Versicherten, der nach den Grundsätzen des öffentlichen Dienstes beihilfeberechtigt ist, der Beihilfebemessungssatz oder entfällt der Beihilfeanspruch ganz, so hat der Versicherungsnehmer nach § 178e Satz 1 VVG Anspruch darauf, dass der Versicherer den Versicherungsschutz im Rahmen der bei ihm bestehenden Krankheitskostentarife so anpasst, dass dadurch der veränderte Beihilfebemessungssatz oder weggefallene Beihilfeanspruch ausgeglichen wird. Wird ein entsprechender Antrag innerhalb von zwei Monaten nach der Änderung gestellt, hat der Versicherer nach Satz 2 der Vorschrift den angepassten Versicherungsschutz ohne erneute Risikoprüfung oder Wartezeiten zu gewähren.
8
Dem ist der Beklagte nachgekommen, denn er hat dem Kläger die Umstellung der bisherigen Krankheitskosten-Teilversicherung in eine Vollversicherung angeboten, ohne dass er eine Risikoprüfung vorgenommen oder den angepassten Versicherungsschutz von Wartezeiten abhängig gemacht hätte. Entgegen der Ansicht der Revision war der Beklagte nicht gehindert, für die begehrte Aufstockung des Versicherungsschutzes und die darauf beruhende Prämienberechnung das aktuelle Lebensalter des Klägers anstelle seines Lebensalters bei Vertragsbeginn im Jahre 1972 zugrunde zu legen.
9
2. Die Vorschrift des § 178e VVG hielt der Gesetzgeber für erforderlich , um das Interesse im öffentlichen Dienst stehender Versicherter an einer vollen Deckung der dem Grunde nach beihilfefähigen Aufwendungen im Krankheitsfall zu sichern (BR-Drucks. 23/94 S. 314; BTDrucks. 12/6959 S. 105). Sie entspricht - wie die § 178e VVG verwandte Reglung des § 5 Abs. 10 SGB V - dem Bedürfnis des Versicherungsnehmers , ohne nachteilige Berücksichtigung von Faktoren, die er selbst nicht beeinflussen kann, einen umfassenden Versicherungsschutz zu wahren. Deshalb erlegt § 178e VVG dem Versicherer einen Kontrahierungszwang auf, ohne dass dieser zuvor die Möglichkeit einer neuerlichen Risikoprüfung hätte. Dadurch kann der Versicherungsnehmer seine Krankheitskosten im bisherigen Umfang abdecken; zugleich werden unzumutbare Prämien im Fall eines Neuabschlusses von Versicherungsverträgen vermieden (Senatsurteil vom 29. Oktober 2003 - IV ZR 38/03 - VersR 2004, 58 unter 2 a; vgl. auch Präve, VersR 1998, 397, 398).
10
3. Das Lebensalter des Versicherungsnehmers ist jedoch nicht Bestandteil der "erneuten Risikoprüfung", die § 178e Satz 2 VVG dem Beklagten verwehrt (a.A. OLG München VersR 2000, 575 und - ohne nähere Begründung - Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 178e VVG Rdn. 1 a.E.). Dies folgt sowohl aus einer Auslegung des § 178e VVG, für die vorrangig der sich aus Wortlaut und Sinnzusammenhang ergebende objektivierte Wille des Gesetzes maßgebend ist (Senatsurteil vom 3. November 2004 - IV ZR 214/03 - VersR 2005, 66 unter 1 a; vgl. auch BGHZ 46, 74, 76 m. vielen w.N.), als auch aus einer zusammenschauenden Betrachtung der Vorschrift mit der nachfolgenden Bestimmung des § 178f VVG.
11
a) Schon nach dem Wortlaut des § 178e Satz 2 VVG liegt die Interpretation des Klägers fern. Das Alter des Versicherten stellt ein generell -abstraktes Risiko dar, weil nach der allgemeinen Lebenserfahrung die Krankheitsanfälligkeit eines Menschen mit steigendem Alter zunimmt. Das Lebensalter des Versicherten ist dem Versicherer zudem seit Ab- schluss des ursprünglichen Versicherungsvertrages bekannt und von Anbeginn Bestandteil der versicherten Gefahr (BGHZ 88, 78, 80); es erfordert im Falle der Vertragsanpassung keine (erneute) "Prüfung", um das damit verbundene Wagnis zu bestimmen. Das Lebensalter allein besagt überdies noch nichts darüber, in welchem Umfang sich das versicherte Krankheitskostenrisiko beim Versicherten konkret verwirklichen wird.
12
Einer Prüfung und ggf. - ärztlichen - Untersuchung bedarf nur der aktuelle Gesundheitszustand des Versicherten, damit der Versicherer in der Lage ist, das von ihm individuell zu übernehmende Wagnis einzuschätzen und seine Prämienberechnung danach auszurichten (vgl. BVerwG VersR 1999, 743, 745); lediglich einer solchen neuerlichen Prüfung steht die Bestimmung des § 178e Satz 2 VVG entgegen. Der bei Vertragsbeginn festgestellte Gesundheitszustand und die vom Versicherer mit Blick darauf vorgenommene Risikoeinstufung bleiben auch für den weiteren Verlauf des Versicherungsverhältnisses maßgeblich; der Versicherer ist gehindert, die begehrte Aufstockung des Versicherungsschutzes von Risikozuschlägen abhängig zu machen, weil sich der Gesundheitszustand des Versicherten mittlerweile nachteilig verändert und das vom Versicherer zu tragende Risiko damit verschlechtert hat oder aufgrund später gewonnener Erkenntnisse die anfängliche Bewertung des Risikos zu günstig erscheint.
13
b) Zu Recht verweist das Berufungsgericht zur Unterstützung dieser Ansicht auf einen Vergleich mit den in § 178f Abs. 1 VVG enthaltenen Regelungen. Dort wird - anders als in § 178e Satz 1 VVG - zwischen abstrakten Alterungsrückstellungen einerseits und individuellen Risiko- zuschlägen andererseits ausdrücklich unterschieden. Bei bestehendem Versicherungsverhältnis kann der Versicherungsnehmer vom Versicherer verlangen, dass dieser Anträge auf Wechsel in andere Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz unter Anrechnung der aus dem Vertrag - etwa aus einer früheren Risikoeinstufung - bislang erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung annimmt (Satz 1). Soweit die Leistungen in dem Tarif, in den der Versicherungsnehmer wechseln will, allerdings höher oder umfassender sind als in dem bisherigen, kann der Versicherer für die angestrebte Mehrleistung einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und insoweit auch eine Wartezeit verlangen; die Vereinbarung eines Risikozuschlages und einer Wartezeit kann der Versicherungsnehmer wiederum dadurch abwenden, dass er hinsichtlich der Mehrleistung einen Leistungsausschluss vereinbart (Sätze 2 und 3).
14
Zur (1) Bildung von Alterungsrückstellungen ist der Versicherer nach § 178g Abs. 1 Satz 1 VVG, §§ 12 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4a Satz 1, 12a VAG, § 341f HGB, § 16 KalV verpflichtet; diese Vorschriften sind verbindliche Regelungsbestandteile des Versicherungsvertragsverhältnisses (vgl. BGHZ 159, 323, 326). Sie tragen dem erwähnten Umstand Rechnung , dass sich die Krankheitsanfälligkeit eines Menschen in der Regel mit steigendem Lebensalter erhöht, was sich auf das vom Krankenversicherer übernommene Risiko auswirkt (Rudolph in Bach/Moser, Private Krankenversicherung 3. Aufl. Teil G Rdn. 4). Die nach dem Gesetz zu bildenden Alterungsrückstellungen bei der Krankenversicherung beruhen auf dem Gedanken, dass die von den Versicherungsnehmern zu zahlenden Risikobeiträge mit zunehmendem Alter wegen der erhöhten Krankheitsanfälligkeit an sich kontinuierlich steigen müssten. Um das zu ver- meiden und im Ansatz während der gesamten Vertragslaufzeit - bei sonst gleichen Voraussetzungen - gleich bleibend hohe Prämien zu garantieren , werden die Prämien in den ersten Jahren höher als der aktuelle Risikobeitrag kalkuliert und der Überschuss bilanziell in eine Alterungsrückstellung nach § 341f HGB eingestellt (BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - III ZR 228/05 - VersR 2006, 1072 unter II 2 b). Da eine Prämienerhöhung alleine wegen altersbedingt zunehmender Leistungspflichten des Versicherers nicht zulässig ist (vgl. § 178g Abs. 2 VVG; Boetius, VersR 2005, 297, 302; Moser in Bach/Moser, aaO § 8a MB/KK Rdn. 15), wird über die vom Versicherer zu bildende Alterungsrückstellung das Anheben der Prämie vermieden, das andernfalls wegen der erfahrungsgemäß höheren Leistungen im Alter erforderlich wäre (BT-Drucks. 12/6959 S. 59 f.; BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 aaO; Boetius, aaO; Prölss, aaO § 178g Rdn. 5).
15
Anders (2) als die kalkulatorisch abstrakt-generellen Alterungsrückstellungen dient - wie ausgeführt - die hinter einer Risikoprüfung stehende Frage nach der Gesundheit des Versicherungsnehmers der Ermittlung konkret-individueller Risikozuschläge. Soweit der Versicherungsnehmer innerhalb des alten Tarifs bereits Rechte erworben hat, bleiben diese unberührt und sind beim Wechsel in den anderen Tarif - ebenso wie die erworbenen Alterungsrückstellungen - anzurechnen. § 178f Abs. 1 Satz 2 VVG gewährt dem Versicherer allerdings Abwehrrechte gegen Zusatzkosten, die durch Leistungsausweitungen im Zusammenhang eines Tarifwechsels entstehen können. Zu Alterungsrückstellungen ist der Versicherer in diesem Zusammenhang nur hinsichtlich eines tatsächlich versicherten Leistungsanspruchs und der dafür kalkulierten Prämien verpflichtet; folgerichtig sind dem Versicherungsnehmer nach Satz 1 der Vorschrift auch nur solche Alterungsrückstellungen gut zu bringen, zu denen er in der Vergangenheit für den bislang versicherten Leistungsanspruch durch die von ihm gezahlten Prämien beigetragen hat.
16
c) Dem daraus ersichtlichen System und Zweck der Alterungsrückstellungen würde es zuwiderlaufen, wenn der Versicherer im Anwendungsbereich des § 178e VVG gehalten wäre, die Prämie für den angepassten Versicherungsschutz unter Zugrundelegung rein fiktiver Alterungsrückstellungen mit Rückbezug auf das ursprüngliche Eintrittsalter zu kalkulieren. Für eine von diesem System abweichende Ausnahmeregelung hätte der Gesetzgeber eine ausdrückliche Grundlage schaffen müssen, die sich in § 178e VVG indes nicht findet.
17
d) In der Berücksichtigung vom Versicherungsnehmer in Wahrheit nicht erworbener Alterungsrückstellungen läge darüber hinaus ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot, wie es in den §§ 11 Abs. 2, 12 Abs. 4 Satz 1 VAG zum Ausdruck kommt. Es soll verhindern, dass einzelne Versicherungsnehmer zu Lasten anderer bevorzugt oder benachteiligt werden (Kaulbach in Fahr/Kaulbach, VAG 3. Aufl. § 11 Rdn. 10). Das wäre jedoch der Fall, hätte der Kläger Anspruch auf eine dem veränderten Versicherungsschutz angepasste Prämie unter Gutschrift von Alterungsrückstellungen, die er - anders als die übrigen Versicherungsnehmer - durch die Zahlung entsprechend höherer Beiträge in der Vergangenheit nicht gebildet hat. Die Alterungsrückstellung entspricht letztlich einem - zweckgebunden angesammelten - kollektiven Sparbeitrag (BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 aaO; Prölss, aaO § 178g VVG Rdn. 5). Die daraus erwachsenden Vorteile dürfen dem Versicherten - wie bei § 178f VVG auch - anlässlich einer Vertragsanpassung gemäß § 178e Satz 1 VVG nicht verloren gehen; es besteht aber ebenso wenig Anlass, ihm weitere finanzielle Vorteile durch die kalkulatorische Berücksichtigung von Alterungsrückstellungen zu gewähren, zu denen er nicht beigetragen hat.
18
e) Entgegen der Ansicht der Revision könnten derartige finanzielle Vorteile auch nicht mit solchen des Versicherers "aufgerechnet" werden, die diesem durch verfallene Alterungsrückstellungen entstehen (so aber OLG München aaO). Denn dass ein Teil der Alterungsrückstellungen erfahrungsgemäß verfällt, findet in der Prämienkalkulation von vornherein Berücksichtigung (§ 5 KalV; vgl. Moser, aaO § 8a MB/KK Rdn. 19). Dagegen wäre es rein spekulativ und würde zu einer stark überhöhten Prämie führen, wenn bei Beihilfetarifen von Beginn an generell eine Alterungsrückstellung für den seltenen Wegfall des Beihilfeanspruchs bei Verrentung zu bilden wäre. Wenn die Revision weiter einwendet, der Beklagte habe in die vom Kläger über Jahre gezahlten Prämien den später eingetretenen Wegfall der Beihilfeberechtigung bereits eingerechnet, so hat dieser eine solche Kalkulation nicht konkret behauptet. Darüber hinaus hätte eine derartige Kalkulation die Kenntnis des Beklagten vom Entfallen der Beihilfeberechtigung bei seiner Verrentung vorausgesetzt; auch dazu fehlt es an entsprechendem Vortrag. So hat der Kläger in seinem Antrag aus dem Jahre 1972 lediglich angegeben, "wissenschaftlicher Assistent" zu sein, was die Möglichkeit eines beamtenrechtlichen - und damit über die Pensionierung hinausdauernden - Beihilfeanspruchs einschloss.

19
4. Die Bedeutung des § 178e VVG liegt nach alledem darin, dass der Versicherer Einschränkungen in Bezug auf Risikoprüfung und Wartezeit hinzunehmen hat (Satz 2), obwohl er sich einer Aufstockung von der beihilfeergänzenden Teilversicherung zur Krankheitskosten-Vollversicherung nicht verweigern kann. Der damit verbundene Eingriff in die vertragliche Entschließungsfreiheit des Versicherers gebietet eine restriktive Handhabung der Vorschrift. Für die Alterungsrückstellungen heißt dies, dass allein die durch den Versicherungsnehmer daraus bereits erworbenen Rechte Berücksichtigung finden. Dem sozialpolitischen Anliegen, die Prämien bezahlbar zu halten (Senatsurteil vom 29. Oktober 2003 aaO), wird dadurch ausreichend Rechnung getragen, denn bei einem Neuabschluss der Krankheitskostenversicherung oder einem Wechsel des Versicherers wäre der völlige Verlust der Alterungsrückstellungen die Folge.
20
Nicht zuletzt hatte der Kläger bereits im Jahre 1972 die Wahl zwischen Beihilfeanspruch mit (kostengünstiger) Ergänzungsversicherung und Vollversicherung (mit bloßem Arbeitgeberzuschuss, dafür aber voller Alterungsrückstellung); zudem wäre eine Anwartschaftsversicherung in Betracht gekommen, um für die Zeit nach Entfallen des Beihilfeanspruchs vorzusorgen (Moser, aaO § 8 MB/KK Rdn. 65). Durch seine Entscheidung für den Beihilfeanspruch konnte sich der Kläger aufgrund der niedrigeren Versicherungsprämien schon während der Zeit seiner Beihilfeberechtigung Einsparungen sichern, die allein ihm und nicht der Versichertengemeinschaft zugute gekommen sind. Es ist daher auch nicht deren Aufgabe, den Kläger davon zu entlasten, dass er für den Aufstockungsanteil wegen der noch nicht gebildeten Alterungsrückstellungen höhere Prämien zu zahlen hat. Überdies steht dem Kläger zur Vermeidung - von ihm vorhersehbarer - finanzieller Härten die Möglichkeit zur Verfügung, bei seinem Versicherer in den so genannten Standardtarif zu wechseln (§ 257 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 SGB V; Kruse in LPK-SGB V § 257 Rdn. 9; vgl. auch BT-Drucks. 14/1245 S. 98), der in Leistung und Prämiengestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht.
21
Schließlich III. kann der Kläger den begehrten Anpassungsanspruch auch nicht aus der Tatsache herleiten, dass der Beklagte ihn zu gegebener Zeit nicht auf Alternativen zu dem von ihm gewählten Beihilfeergänzungsanspruch , wie etwa den Arbeitgeberzuschuss zur Krankenvollversicherung oder den zusätzlichen Abschluss einer Anwartschaftsversicherung , hingewiesen hat.
22
1. Zwar hat ein Versicherer grundsätzlich die Pflicht, den zukünftigen Vertragspartner über alle Umstände aufzuklären, die für dessen Entschließung von wesentlicher Bedeutung sein können. Der Umfang der vorvertraglichen Aufklärungspflicht ergibt sich aber aus der dem Aufklärungspflichtigen erkennbaren Interessenlage. Der Versicherer hat deshalb nur dann aufzuklären, wenn er erkennen oder mit der nahe liegenden Möglichkeit rechnen muss, dass der Antragsteller aus mangelnden versicherungsrechtlichen oder versicherungstechnischen Kenntnissen nicht die für ihn zweckmäßigste Vertragsgestaltung gewählt hat (BGH, Urteil vom 5. Februar 1981 - IVa ZR 42/80 - VersR 1981, 621 unter 3; vgl. auch Senatsurteil vom 13. April 2005 - IV ZR 86/04 - VersR 2005, 824 unter 3).
23
2.Feststellungen,di e einen solchen Schadensersatzanspruch tragen könnten, hat das Berufungsgericht mangels ausreichenden Vortrags des Klägers nicht treffen können. Auch in diesem Zusammenhang wird erheblich, dass der Kläger sich in seinem Antrag aus dem Jahre 1972 auf die Angabe beschränkte, "wissenschaftlicher Assistent" zu sein. Noch in einem Änderungsantrag aus dem Jahre 1987 hatte er angegeben , "aus einem Beamtenverhältnis Anspruch auf Beihilfe" zu haben. Unter diesen Umständen bestand keine Nachfrageverpflichtung des Versicherers (vgl. auch OLG Saarbrücken RuS 1997, 208, 210 f.; OLG Hamm NVersZ 2000, 125).
Terno Seiffert Dr. Kessal-Wulf
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 14.01.2005 - 306 O 262/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 19.07.2005 - 9 U 28/05 -

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt.

(2)1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten.3Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten.4Den Antrag kann stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat.5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird an einen Großelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.

(3)1Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt.2Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt.3Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll.4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

1Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:

1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind,
2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
2Soweit es für die Anwendung von Vorschriften dieses Gesetzes auf den Erhalt von Kindergeld ankommt, stehen die Leistungen nach Satz 1 dem Kindergeld gleich.3Steht ein Berechtigter in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder ist er versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder steht er im Inland in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, so wird sein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind nicht nach Satz 1 Nummer 2 mit Rücksicht darauf ausgeschlossen, dass sein Ehegatte als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union für das Kind Anspruch auf Kinderzulage hat.

(1) Für jedes Kind werden nur einer Person Kindergeld, Kinderzuschlag und Leistungen für Bildung und Teilhabe gewährt.

(2) Erfüllen für ein Kind mehrere Personen die Anspruchsvoraussetzungen, so werden das Kindergeld, der Kinderzuschlag und die Leistungen für Bildung und Teilhabe derjenigen Person gewährt, die das Kind in ihren Haushalt aufgenommen hat. Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, von einem Elternteil und dessen Ehegatten oder Lebenspartner, von Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, bestimmen diese untereinander den Berechtigten. Wird eine Bestimmung nicht getroffen, bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten. Antragsberechtigt ist, wer ein berechtigtes Interesse an der Leistung des Kindergeldes hat. Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, werden das Kindergeld, der Kinderzuschlag und die Leistungen für Bildung und Teilhabe vorrangig einem Elternteil gewährt; sie werden an einen Großelternteil gewährt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat.

(3) Ist das Kind nicht in den Haushalt einer der Personen aufgenommen, die die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, wird das Kindergeld derjenigen Person gewährt, die dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt. Zahlen mehrere anspruchsberechtigte Personen dem Kind Unterhaltsrenten, wird das Kindergeld derjenigen Person gewährt, die dem Kind laufend die höchste Unterhaltsrente zahlt. Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll. Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

Kindergeld wird nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre:

1.
Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 217 Absatz 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 30. Juni 2020 geltenden Fassung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 270 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 16. November 2016 geltenden Fassung vergleichbar sind,
2.
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.
Steht ein Berechtigter in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch oder ist er versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder steht er in Deutschland in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, so wird sein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind nicht nach Satz 1 Nummer 2 mit Rücksicht darauf ausgeschlossen, dass sein Ehegatte oder Lebenspartner als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Gemeinschaften für das Kind Anspruch auf Kinderzulage hat.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.