vorgehend
Landgericht Hamburg, 306 O 262/04, 14.01.2005
Hanseatisches Oberlandesgericht, 9 U 28/05, 19.07.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 175/05 Verkündetam:
20.Dezember2006
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
VVG § 178e
Bei Anpassung des Versicherungsschutzes nach Änderung oder Wegfall der
Beihilfeberechtigung darf der Versicherer für die begehrte Aufstockung des
Versicherungsschutzes das aktuelle Lebensalter des Versicherten zugrunde
legen.
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2006 - IV ZR 175/05 - HansOLG Hamburg
LG Hamburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Seiffert, die Richterin Dr. Kessal-Wulf,
die Richter Felsch und Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom
20. Dezember 2006

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 19. Juli 2005 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
1940 Der geborene Kläger war als Angestellter im öffentlichen Dienst beihilfeberechtigt. Seit 1. April 1972 unterhielt er bei dem Beklagten für sich und seine 1939 geborene Ehefrau eine die Beihilfe ergänzende Krankheitskosten-Teilversicherung für eine Gesamtprämie von zuletzt 419,95 €; dadurch waren die Krankheitskosten des Klägers zu 50% und die seiner Ehefrau zu 30% abgedeckt.
2
Zum 1. März 2003 wurde der Kläger unter Fortfall seiner Beihilfeberechtigung verrentet. Er beantragte deshalb beim Beklagten die Umstellung des Vertrages auf eine Krankheitskosten-Vollversicherung. Da der Beklagte die für Beihilfeberechtigte vorgesehenen Tarife nicht als Volltarife führt, bot er dem Kläger eine Kombination anderer Tarife an, die im Leistungsumfang den bisherigen Tarifen entsprachen. Der hierfür kalkulierten Gesamtprämie von 1.558,36 € legte der Beklagte für den Aufstockungsanteil das Renteneintrittsalter des Klägers zugrunde. Der Kläger ist demgegenüber der Ansicht, dass das Alter maßgeblich sei, das er zu Vertragsbeginn am 1. April 1972 hatte; die Gesamtprämie dürfe daher nur 1.226,48 € betragen.
3
Landgericht Das hat der hierauf gerichteten Feststellungsklage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision bleibt ohne Erfolg.
5
I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in VersR 2005, 1382 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Umstellung seines Vertrages in eine Vollversicherung unter Zugrundelegung seines Eintrittsalters zum 1. April 1972. Ein Beihilfeberechtigter könne gemäß § 178e Satz 2 VVG nach Änderung oder Entfallen des Beihilfeanspruchs nur eine Anpassung im Rahmen bestehender Kostentarife "ohne erneute Risikoprüfung oder Wartezeiten" verlangen; das Lebensalter sei nicht Teil einer solchen Risikoprüfung. Sinn und Zweck der Vorschrift des § 178e Satz 2 VVG sei, wie sich auch aus der Zusammenschau mit § 178f VVG ergebe, dem Versicherungsnehmer eine Tarifanpassung zu ermöglichen, ohne dass er daraus Nachteile erleide. Schützenswerte Rechte und Anwartschaften habe der Kläger als Versicherungsnehmer indes lediglich in Form von Alterungsrückstellungen innerhalb seiner bisherigen Teilversicherung erworben; diese seien ihm bei einem neuen Tarif gut zu bringen. Würde auch für den Aufstockungsanteil das ursprüngliche Eintrittsalter zugrunde gelegt, erlangte der Kläger durch die Gutschrift tatsächlich nicht erworbener Alterungsrückstellungen einen ungerechtfertigten Vorteil, was dem Gleichbehandlungsgebot der §§ 11 Abs. 2, 12 Abs. 4 VAG widerspreche, denn andere Versicherungsnehmer müssten bei höherem Eintrittsalter wegen der nicht gebildeten Alterungsrückstellungen entsprechend höhere Prämien zahlen. Zudem müsste die Gemeinschaft der Versicherten zugunsten des bevorzugten Versicherungsnehmers den fehlenden Teil der Alterungsrückstellungen aus gemeinsamen Mitteln aufbringen. Dieser Nachteil werde nicht dadurch ausgeglichen , dass "ungenutzte" Alterungsrückstellungen - etwa als Folge von Vertragskündigungen - der Versichertengemeinschaft zugute kämen, denn diese Rückflüsse seien in die Prämienkalkulation bereits eingearbeitet. Die Maßgeblichkeit des jeweiligen Lebensalters ergebe sich auch aus §§ 10 f. KalV (Kalkulationsverordnung vom 18. November 1996, BGBl. I S. 1783), wonach bei Prämienanpassungen die Berechnung der Prämien für jede Person altersabhängig zu erfolgen habe. Der Versicherer sei auch nicht verpflichtet, Tarife bereitzustellen, in denen das Risiko von Veränderungen im Beihilfesystem von vornherein kalkulatorische Berücksichtigung finde; § 178e VVG gebe einen Anpassungsanspruch nur im Rahmen der bestehenden Krankheitskostentarife.
6
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

7
1. Ändert sich bei einem Versicherten, der nach den Grundsätzen des öffentlichen Dienstes beihilfeberechtigt ist, der Beihilfebemessungssatz oder entfällt der Beihilfeanspruch ganz, so hat der Versicherungsnehmer nach § 178e Satz 1 VVG Anspruch darauf, dass der Versicherer den Versicherungsschutz im Rahmen der bei ihm bestehenden Krankheitskostentarife so anpasst, dass dadurch der veränderte Beihilfebemessungssatz oder weggefallene Beihilfeanspruch ausgeglichen wird. Wird ein entsprechender Antrag innerhalb von zwei Monaten nach der Änderung gestellt, hat der Versicherer nach Satz 2 der Vorschrift den angepassten Versicherungsschutz ohne erneute Risikoprüfung oder Wartezeiten zu gewähren.
8
Dem ist der Beklagte nachgekommen, denn er hat dem Kläger die Umstellung der bisherigen Krankheitskosten-Teilversicherung in eine Vollversicherung angeboten, ohne dass er eine Risikoprüfung vorgenommen oder den angepassten Versicherungsschutz von Wartezeiten abhängig gemacht hätte. Entgegen der Ansicht der Revision war der Beklagte nicht gehindert, für die begehrte Aufstockung des Versicherungsschutzes und die darauf beruhende Prämienberechnung das aktuelle Lebensalter des Klägers anstelle seines Lebensalters bei Vertragsbeginn im Jahre 1972 zugrunde zu legen.
9
2. Die Vorschrift des § 178e VVG hielt der Gesetzgeber für erforderlich , um das Interesse im öffentlichen Dienst stehender Versicherter an einer vollen Deckung der dem Grunde nach beihilfefähigen Aufwendungen im Krankheitsfall zu sichern (BR-Drucks. 23/94 S. 314; BTDrucks. 12/6959 S. 105). Sie entspricht - wie die § 178e VVG verwandte Reglung des § 5 Abs. 10 SGB V - dem Bedürfnis des Versicherungsnehmers , ohne nachteilige Berücksichtigung von Faktoren, die er selbst nicht beeinflussen kann, einen umfassenden Versicherungsschutz zu wahren. Deshalb erlegt § 178e VVG dem Versicherer einen Kontrahierungszwang auf, ohne dass dieser zuvor die Möglichkeit einer neuerlichen Risikoprüfung hätte. Dadurch kann der Versicherungsnehmer seine Krankheitskosten im bisherigen Umfang abdecken; zugleich werden unzumutbare Prämien im Fall eines Neuabschlusses von Versicherungsverträgen vermieden (Senatsurteil vom 29. Oktober 2003 - IV ZR 38/03 - VersR 2004, 58 unter 2 a; vgl. auch Präve, VersR 1998, 397, 398).
10
3. Das Lebensalter des Versicherungsnehmers ist jedoch nicht Bestandteil der "erneuten Risikoprüfung", die § 178e Satz 2 VVG dem Beklagten verwehrt (a.A. OLG München VersR 2000, 575 und - ohne nähere Begründung - Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 178e VVG Rdn. 1 a.E.). Dies folgt sowohl aus einer Auslegung des § 178e VVG, für die vorrangig der sich aus Wortlaut und Sinnzusammenhang ergebende objektivierte Wille des Gesetzes maßgebend ist (Senatsurteil vom 3. November 2004 - IV ZR 214/03 - VersR 2005, 66 unter 1 a; vgl. auch BGHZ 46, 74, 76 m. vielen w.N.), als auch aus einer zusammenschauenden Betrachtung der Vorschrift mit der nachfolgenden Bestimmung des § 178f VVG.
11
a) Schon nach dem Wortlaut des § 178e Satz 2 VVG liegt die Interpretation des Klägers fern. Das Alter des Versicherten stellt ein generell -abstraktes Risiko dar, weil nach der allgemeinen Lebenserfahrung die Krankheitsanfälligkeit eines Menschen mit steigendem Alter zunimmt. Das Lebensalter des Versicherten ist dem Versicherer zudem seit Ab- schluss des ursprünglichen Versicherungsvertrages bekannt und von Anbeginn Bestandteil der versicherten Gefahr (BGHZ 88, 78, 80); es erfordert im Falle der Vertragsanpassung keine (erneute) "Prüfung", um das damit verbundene Wagnis zu bestimmen. Das Lebensalter allein besagt überdies noch nichts darüber, in welchem Umfang sich das versicherte Krankheitskostenrisiko beim Versicherten konkret verwirklichen wird.
12
Einer Prüfung und ggf. - ärztlichen - Untersuchung bedarf nur der aktuelle Gesundheitszustand des Versicherten, damit der Versicherer in der Lage ist, das von ihm individuell zu übernehmende Wagnis einzuschätzen und seine Prämienberechnung danach auszurichten (vgl. BVerwG VersR 1999, 743, 745); lediglich einer solchen neuerlichen Prüfung steht die Bestimmung des § 178e Satz 2 VVG entgegen. Der bei Vertragsbeginn festgestellte Gesundheitszustand und die vom Versicherer mit Blick darauf vorgenommene Risikoeinstufung bleiben auch für den weiteren Verlauf des Versicherungsverhältnisses maßgeblich; der Versicherer ist gehindert, die begehrte Aufstockung des Versicherungsschutzes von Risikozuschlägen abhängig zu machen, weil sich der Gesundheitszustand des Versicherten mittlerweile nachteilig verändert und das vom Versicherer zu tragende Risiko damit verschlechtert hat oder aufgrund später gewonnener Erkenntnisse die anfängliche Bewertung des Risikos zu günstig erscheint.
13
b) Zu Recht verweist das Berufungsgericht zur Unterstützung dieser Ansicht auf einen Vergleich mit den in § 178f Abs. 1 VVG enthaltenen Regelungen. Dort wird - anders als in § 178e Satz 1 VVG - zwischen abstrakten Alterungsrückstellungen einerseits und individuellen Risiko- zuschlägen andererseits ausdrücklich unterschieden. Bei bestehendem Versicherungsverhältnis kann der Versicherungsnehmer vom Versicherer verlangen, dass dieser Anträge auf Wechsel in andere Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz unter Anrechnung der aus dem Vertrag - etwa aus einer früheren Risikoeinstufung - bislang erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung annimmt (Satz 1). Soweit die Leistungen in dem Tarif, in den der Versicherungsnehmer wechseln will, allerdings höher oder umfassender sind als in dem bisherigen, kann der Versicherer für die angestrebte Mehrleistung einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und insoweit auch eine Wartezeit verlangen; die Vereinbarung eines Risikozuschlages und einer Wartezeit kann der Versicherungsnehmer wiederum dadurch abwenden, dass er hinsichtlich der Mehrleistung einen Leistungsausschluss vereinbart (Sätze 2 und 3).
14
Zur (1) Bildung von Alterungsrückstellungen ist der Versicherer nach § 178g Abs. 1 Satz 1 VVG, §§ 12 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4a Satz 1, 12a VAG, § 341f HGB, § 16 KalV verpflichtet; diese Vorschriften sind verbindliche Regelungsbestandteile des Versicherungsvertragsverhältnisses (vgl. BGHZ 159, 323, 326). Sie tragen dem erwähnten Umstand Rechnung , dass sich die Krankheitsanfälligkeit eines Menschen in der Regel mit steigendem Lebensalter erhöht, was sich auf das vom Krankenversicherer übernommene Risiko auswirkt (Rudolph in Bach/Moser, Private Krankenversicherung 3. Aufl. Teil G Rdn. 4). Die nach dem Gesetz zu bildenden Alterungsrückstellungen bei der Krankenversicherung beruhen auf dem Gedanken, dass die von den Versicherungsnehmern zu zahlenden Risikobeiträge mit zunehmendem Alter wegen der erhöhten Krankheitsanfälligkeit an sich kontinuierlich steigen müssten. Um das zu ver- meiden und im Ansatz während der gesamten Vertragslaufzeit - bei sonst gleichen Voraussetzungen - gleich bleibend hohe Prämien zu garantieren , werden die Prämien in den ersten Jahren höher als der aktuelle Risikobeitrag kalkuliert und der Überschuss bilanziell in eine Alterungsrückstellung nach § 341f HGB eingestellt (BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - III ZR 228/05 - VersR 2006, 1072 unter II 2 b). Da eine Prämienerhöhung alleine wegen altersbedingt zunehmender Leistungspflichten des Versicherers nicht zulässig ist (vgl. § 178g Abs. 2 VVG; Boetius, VersR 2005, 297, 302; Moser in Bach/Moser, aaO § 8a MB/KK Rdn. 15), wird über die vom Versicherer zu bildende Alterungsrückstellung das Anheben der Prämie vermieden, das andernfalls wegen der erfahrungsgemäß höheren Leistungen im Alter erforderlich wäre (BT-Drucks. 12/6959 S. 59 f.; BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 aaO; Boetius, aaO; Prölss, aaO § 178g Rdn. 5).
15
Anders (2) als die kalkulatorisch abstrakt-generellen Alterungsrückstellungen dient - wie ausgeführt - die hinter einer Risikoprüfung stehende Frage nach der Gesundheit des Versicherungsnehmers der Ermittlung konkret-individueller Risikozuschläge. Soweit der Versicherungsnehmer innerhalb des alten Tarifs bereits Rechte erworben hat, bleiben diese unberührt und sind beim Wechsel in den anderen Tarif - ebenso wie die erworbenen Alterungsrückstellungen - anzurechnen. § 178f Abs. 1 Satz 2 VVG gewährt dem Versicherer allerdings Abwehrrechte gegen Zusatzkosten, die durch Leistungsausweitungen im Zusammenhang eines Tarifwechsels entstehen können. Zu Alterungsrückstellungen ist der Versicherer in diesem Zusammenhang nur hinsichtlich eines tatsächlich versicherten Leistungsanspruchs und der dafür kalkulierten Prämien verpflichtet; folgerichtig sind dem Versicherungsnehmer nach Satz 1 der Vorschrift auch nur solche Alterungsrückstellungen gut zu bringen, zu denen er in der Vergangenheit für den bislang versicherten Leistungsanspruch durch die von ihm gezahlten Prämien beigetragen hat.
16
c) Dem daraus ersichtlichen System und Zweck der Alterungsrückstellungen würde es zuwiderlaufen, wenn der Versicherer im Anwendungsbereich des § 178e VVG gehalten wäre, die Prämie für den angepassten Versicherungsschutz unter Zugrundelegung rein fiktiver Alterungsrückstellungen mit Rückbezug auf das ursprüngliche Eintrittsalter zu kalkulieren. Für eine von diesem System abweichende Ausnahmeregelung hätte der Gesetzgeber eine ausdrückliche Grundlage schaffen müssen, die sich in § 178e VVG indes nicht findet.
17
d) In der Berücksichtigung vom Versicherungsnehmer in Wahrheit nicht erworbener Alterungsrückstellungen läge darüber hinaus ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot, wie es in den §§ 11 Abs. 2, 12 Abs. 4 Satz 1 VAG zum Ausdruck kommt. Es soll verhindern, dass einzelne Versicherungsnehmer zu Lasten anderer bevorzugt oder benachteiligt werden (Kaulbach in Fahr/Kaulbach, VAG 3. Aufl. § 11 Rdn. 10). Das wäre jedoch der Fall, hätte der Kläger Anspruch auf eine dem veränderten Versicherungsschutz angepasste Prämie unter Gutschrift von Alterungsrückstellungen, die er - anders als die übrigen Versicherungsnehmer - durch die Zahlung entsprechend höherer Beiträge in der Vergangenheit nicht gebildet hat. Die Alterungsrückstellung entspricht letztlich einem - zweckgebunden angesammelten - kollektiven Sparbeitrag (BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 aaO; Prölss, aaO § 178g VVG Rdn. 5). Die daraus erwachsenden Vorteile dürfen dem Versicherten - wie bei § 178f VVG auch - anlässlich einer Vertragsanpassung gemäß § 178e Satz 1 VVG nicht verloren gehen; es besteht aber ebenso wenig Anlass, ihm weitere finanzielle Vorteile durch die kalkulatorische Berücksichtigung von Alterungsrückstellungen zu gewähren, zu denen er nicht beigetragen hat.
18
e) Entgegen der Ansicht der Revision könnten derartige finanzielle Vorteile auch nicht mit solchen des Versicherers "aufgerechnet" werden, die diesem durch verfallene Alterungsrückstellungen entstehen (so aber OLG München aaO). Denn dass ein Teil der Alterungsrückstellungen erfahrungsgemäß verfällt, findet in der Prämienkalkulation von vornherein Berücksichtigung (§ 5 KalV; vgl. Moser, aaO § 8a MB/KK Rdn. 19). Dagegen wäre es rein spekulativ und würde zu einer stark überhöhten Prämie führen, wenn bei Beihilfetarifen von Beginn an generell eine Alterungsrückstellung für den seltenen Wegfall des Beihilfeanspruchs bei Verrentung zu bilden wäre. Wenn die Revision weiter einwendet, der Beklagte habe in die vom Kläger über Jahre gezahlten Prämien den später eingetretenen Wegfall der Beihilfeberechtigung bereits eingerechnet, so hat dieser eine solche Kalkulation nicht konkret behauptet. Darüber hinaus hätte eine derartige Kalkulation die Kenntnis des Beklagten vom Entfallen der Beihilfeberechtigung bei seiner Verrentung vorausgesetzt; auch dazu fehlt es an entsprechendem Vortrag. So hat der Kläger in seinem Antrag aus dem Jahre 1972 lediglich angegeben, "wissenschaftlicher Assistent" zu sein, was die Möglichkeit eines beamtenrechtlichen - und damit über die Pensionierung hinausdauernden - Beihilfeanspruchs einschloss.

19
4. Die Bedeutung des § 178e VVG liegt nach alledem darin, dass der Versicherer Einschränkungen in Bezug auf Risikoprüfung und Wartezeit hinzunehmen hat (Satz 2), obwohl er sich einer Aufstockung von der beihilfeergänzenden Teilversicherung zur Krankheitskosten-Vollversicherung nicht verweigern kann. Der damit verbundene Eingriff in die vertragliche Entschließungsfreiheit des Versicherers gebietet eine restriktive Handhabung der Vorschrift. Für die Alterungsrückstellungen heißt dies, dass allein die durch den Versicherungsnehmer daraus bereits erworbenen Rechte Berücksichtigung finden. Dem sozialpolitischen Anliegen, die Prämien bezahlbar zu halten (Senatsurteil vom 29. Oktober 2003 aaO), wird dadurch ausreichend Rechnung getragen, denn bei einem Neuabschluss der Krankheitskostenversicherung oder einem Wechsel des Versicherers wäre der völlige Verlust der Alterungsrückstellungen die Folge.
20
Nicht zuletzt hatte der Kläger bereits im Jahre 1972 die Wahl zwischen Beihilfeanspruch mit (kostengünstiger) Ergänzungsversicherung und Vollversicherung (mit bloßem Arbeitgeberzuschuss, dafür aber voller Alterungsrückstellung); zudem wäre eine Anwartschaftsversicherung in Betracht gekommen, um für die Zeit nach Entfallen des Beihilfeanspruchs vorzusorgen (Moser, aaO § 8 MB/KK Rdn. 65). Durch seine Entscheidung für den Beihilfeanspruch konnte sich der Kläger aufgrund der niedrigeren Versicherungsprämien schon während der Zeit seiner Beihilfeberechtigung Einsparungen sichern, die allein ihm und nicht der Versichertengemeinschaft zugute gekommen sind. Es ist daher auch nicht deren Aufgabe, den Kläger davon zu entlasten, dass er für den Aufstockungsanteil wegen der noch nicht gebildeten Alterungsrückstellungen höhere Prämien zu zahlen hat. Überdies steht dem Kläger zur Vermeidung - von ihm vorhersehbarer - finanzieller Härten die Möglichkeit zur Verfügung, bei seinem Versicherer in den so genannten Standardtarif zu wechseln (§ 257 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 SGB V; Kruse in LPK-SGB V § 257 Rdn. 9; vgl. auch BT-Drucks. 14/1245 S. 98), der in Leistung und Prämiengestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht.
21
Schließlich III. kann der Kläger den begehrten Anpassungsanspruch auch nicht aus der Tatsache herleiten, dass der Beklagte ihn zu gegebener Zeit nicht auf Alternativen zu dem von ihm gewählten Beihilfeergänzungsanspruch , wie etwa den Arbeitgeberzuschuss zur Krankenvollversicherung oder den zusätzlichen Abschluss einer Anwartschaftsversicherung , hingewiesen hat.
22
1. Zwar hat ein Versicherer grundsätzlich die Pflicht, den zukünftigen Vertragspartner über alle Umstände aufzuklären, die für dessen Entschließung von wesentlicher Bedeutung sein können. Der Umfang der vorvertraglichen Aufklärungspflicht ergibt sich aber aus der dem Aufklärungspflichtigen erkennbaren Interessenlage. Der Versicherer hat deshalb nur dann aufzuklären, wenn er erkennen oder mit der nahe liegenden Möglichkeit rechnen muss, dass der Antragsteller aus mangelnden versicherungsrechtlichen oder versicherungstechnischen Kenntnissen nicht die für ihn zweckmäßigste Vertragsgestaltung gewählt hat (BGH, Urteil vom 5. Februar 1981 - IVa ZR 42/80 - VersR 1981, 621 unter 3; vgl. auch Senatsurteil vom 13. April 2005 - IV ZR 86/04 - VersR 2005, 824 unter 3).
23
2.Feststellungen,di e einen solchen Schadensersatzanspruch tragen könnten, hat das Berufungsgericht mangels ausreichenden Vortrags des Klägers nicht treffen können. Auch in diesem Zusammenhang wird erheblich, dass der Kläger sich in seinem Antrag aus dem Jahre 1972 auf die Angabe beschränkte, "wissenschaftlicher Assistent" zu sein. Noch in einem Änderungsantrag aus dem Jahre 1987 hatte er angegeben , "aus einem Beamtenverhältnis Anspruch auf Beihilfe" zu haben. Unter diesen Umständen bestand keine Nachfrageverpflichtung des Versicherers (vgl. auch OLG Saarbrücken RuS 1997, 208, 210 f.; OLG Hamm NVersZ 2000, 125).
Terno Seiffert Dr. Kessal-Wulf
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 14.01.2005 - 306 O 262/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 19.07.2005 - 9 U 28/05 -

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(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine wirksame Aufsicht über das Versicherungsunternehmen beeinträchtigt wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn

1.
das Versicherungsunternehmen mit anderen Personen oder Unternehmen in einen Unternehmensverbund eingebunden ist oder in einer engen Verbindung zu einem solchen steht und dieser durch die Struktur des Beteiligungsgeflechts oder durch mangelhafte wirtschaftliche Transparenz eine wirksame Aufsicht über das Versicherungsunternehmen beeinträchtigt,
2.
eine wirksame Aufsicht über das Versicherungsunternehmen auf Grund der für Personen oder Unternehmen nach Nummer 1 geltenden Rechts- oder Verwaltungsvorschriften eines Drittstaats beeinträchtigt wird oder
3.
eine wirksame Aufsicht über das Versicherungsunternehmen dadurch beeinträchtigt wird, dass Personen oder Unternehmen nach Nummer 1 im Staat ihres Sitzes oder ihrer Hauptverwaltung nicht wirksam beaufsichtigt werden oder die für die Aufsicht über diese Personen oder Unternehmen zuständige Behörde nicht zu einer befriedigenden Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde bereit ist.
Die Erlaubnis kann ferner versagt werden, wenn entgegen § 9 Absatz 4 der Antrag keine ausreichenden Angaben oder Unterlagen enthält.

(3) Aus anderen als den in den Absätzen 1 und 2 genannten Gründen darf die Erlaubnis nicht versagt werden.

(1) Versicherungspflichtig sind

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte,
4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen,
10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren,
11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend,
11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch
a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder
b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
erfüllen und diese beantragt haben; dies gilt nicht für Personen, die zuletzt vor der Stellung des Rentenantrags privat krankenversichert waren, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen für eine Familienversicherung mit Ausnahme des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder die Voraussetzungen der Nummer 11,
12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben,
13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und
a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder
b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für

1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder
2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.

(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.

(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.

(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.

(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.

(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.

(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.

(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.

(10) nicht belegt

(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 38/03 Verkündet am:
29. Oktober 2003
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Im Hinblick auf § 178 e VVG sind die Vorschriften des § 21 Abs. 1 b) Nr. 1 und c)
sowie Abs. 2 der Satzung der Krankenversorgung des Bundesbahnbeamten unwirksam
, soweit danach der Verlust des Anspruchs auf Ruhegehalt das Ende der Mitgliedschaft
bei der Beklagten zur Folge hat.
BGH, Urteil vom 29. Oktober 2003 - IV ZR 38/03 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2003

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. Januar 2003 aufgehoben und das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. Januar 2002 abgeändert.
Es wird festgestellt, daß der Kläger über den 30. April 2000 hinaus weiterhin Mitglied der Beklagten ist.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten über das Fortbestehen der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten. Der Kläger war Beamter der früheren Deutschen Bundesbahn und seit 1969 Mitglied der beklagten Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten. Diese erfüllt als Körperschaft öffentlichen Rechts auf der Grundlage ihrer Satzung und nach Maßgabe ihres Tarifs

die Fürsorgepflicht in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen, die dem durch Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Eisenbahnwesens vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378) gebildeten Bundeseisenbahnvermögen (BEV) obliegt. Das BEV deckt durch pauschale Zuschüsse den Finanzbedarf der Beklagten zu gegenwärtig etwa 75%; daneben erhebt die Beklagte Beiträge von ihren Mitgliedern.
Durch rechtskräftiges Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. April 2000 wurde dem Kläger aus disziplinarischen Gründen das Ruhegehalt aberkannt; auf der Grundlage der Bundesdisziplinarordnung (BDO) wurde ihm befristet ein Unterhaltsbeitrag zugebilligt. Deshalb teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine Mitgliedschaft bei ihr habe zum 30. April 2000 geendet. Sie beruft sich auf § 21 ihrer Satzung, in dem es heißt:
1 - Die Mitgliedschaft endet
a) ...
b) durch Ausscheiden des Mitgliedes aus dem Dienst des BEV 1. bei Beamten, sofern sie weder Ruhegehalt noch sonstige Versorgungsbezüge durch das BEV erhalten (siehe auch Abs. 2), ....
c) durch Verlust des Anspruchs des Mitglieds auf Bezüge, Ruhegehalt oder sonstige Versorgungsbezüge, Witwen- oder Witwergeld mit dem letzten Tage des Bezuges (siehe auch Abs. 2); ... ..... 2 - Unterhaltsbeitrag nach der BDO, Gnadenunterhaltsbeitrag oder Übergangsgeld nach § 47 BeamtVG gelten nicht als Ruhegehalt oder sonstige Versorgungsbezüge im Sinne von Abs. 1 b Ziffer 1 und 1 c.

Mit Schreiben vom 5. und 6. Juni 2000 verlangte der Kläger ver- geblich die Fortsetzung der Krankenversicherung durch die Beklagte. Er trägt vor, wegen seines Alters und seiner Vorerkrankungen sei ihm der Neuabschluß einer privaten Krankenversicherung nicht zuzumuten; er habe Angebote zu monatlichen Beiträgen von 2.500 bis 2.900 DM erhalten , die seinen vom Dienstherrn vorläufig gezahlten Unterhaltsbeitrag oder eine eventuelle Erwerbsunfähigkeitsrente überstiegen. Der Weg in die gesetzliche Krankenversicherung sei ihm versperrt, weil er weder sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer noch Rentner sei. Die Beklagte sei jedoch nach § 178 e VVG verpflichtet, den Versicherungsschutz im Rahmen ihrer Tarife, d.h. gegen entsprechenden Beitragszuschlag, so anzupassen, daß der weggefallene Beihilfeanspruch ausgeglichen werde. Soweit die Satzung dem entgegenstehe, sei sie nichtig. Deshalb hat der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung ihrer ablehnenden Bescheide zur Fortsetzung der Krankenversicherung über den 30. April 2000 hinaus zu verpflichten, hilfsweise festzustellen, daß der Kläger über den 30. April 2000 hinaus weiterhin Mitglied der Beklagten ist. Diese vertritt den Standpunkt, sie müsse nicht leisten, weil auch der Dienstherr , dessen Verpflichtungen sie übernommen habe, wegen eines Dienstvergehens keine Fürsorgeleistungen mehr zu erbringen habe. Sie sei weder eine private noch eine gesetzliche Krankenversicherung.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Der Kläger ist Mitglied der Beklagten geblieben.
1. Das Berufungsgericht geht zunächst zutreffend von einem privatrechtlichen Vertrag zwischen den Parteien aus (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 1981 - IVa ZR 50/80 - NJW 1981, 2005 unter I); die Satzungsbestimmungen der Beklagten unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG/§ 307 BGB (vgl. BGHZ 103, 370, 383).
Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte zwar als betriebliche Sozialeinrichtung des BEV dessen Verpflichtungen aus § 79 BBG zu erfüllen; damit stimme das in § 21 der Satzung vorgesehene Ende der Mitgliedschaft bei einem Verlust des Anspruchs auf Bezüge oder Ruhegehalt aber überein, weil mit dem Beamtenstatus auch der Fürsorgeanspruch gegen den Dienstherrn verloren gehe. Da die Beklagte vom Dienstherrn keine Zuschüsse mehr für den Kläger erhalte, verstoße die Beendigung seiner Mitgliedschaft auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG sei nicht verletzt, weil dem Kläger und seiner Familie in Krankheitsfällen immerhin Sozialhilfe zustehe.
Der Kläger könne sich zur Begründung seines Anspruchs auch nicht auf die entsprechende Anwendung von § 178 e VVG stützen. Die Beklagte sei mit einem privaten Krankenversicherer nicht vergleichbar. Das BEV bediene sich der Beklagten im Rahmen zulässigen Ermessens zur Erfüllung seiner Fürsorgepflicht. Soweit die zu diesem Zweck vom

BEV pauschal an die Beklagte gezahlten Zuschüsse die entstandenen Aufwendungen nicht decken, bleibe den Mitgliedern der Beklagten nicht etwa wie anderen Beamten, die Leistungen nach den Beihilfevorschriften des Bundes erhalten, selbst überlassen, sich (einkommensunabhängig) privat zu versichern. Vielmehr erhebe die Beklagte von ihren Mitgliedern nach Besoldungs- und Vergütungsgruppen gestaffelte Beiträge, aus denen die von den Zuschüssen des Dienstherrn nicht gedeckten Leistungen der Beklagten finanziert werden. Dieses einheitliche Krankenversicherungssystem der Beklagten könne nicht in einen der Beihilfe und einen anderen, der privaten Krankenversicherung entsprechenden Teil aufgespalten werden, um auf letzteren § 178 e VVG anzuwenden. Der Kläger habe seinen Versicherungsschutz bei der Beklagten aus eigenem Verschulden verloren und nicht etwa deshalb, weil er ohne Erfolg in die gesetzliche Krankenversicherung habe wechseln wollen; deshalb sei die Beklagte auch nicht verpflichtet, den Kläger nach § 5 Abs. 10 SGB V wieder aufzunehmen.
2. Die Satzung der Beklagten ist, soweit sie an den Verlust des Ruhegehalts in jedem Fall das Ende der Mitgliedschaft bei der Beklagten knüpft, nach § 9 AGBG unwirksam. Sie benachteiligt den Kläger unangemessen , weil sie mit wesentlichen Grundgedanken des auf Mitglieder der Beklagten entsprechend anzuwendenden § 178 e VVG nicht vereinbar ist.

a) Die Vorschrift gibt dem privat Krankenversicherten (mit Beihilfeberechtigung nach den Grundsätzen des öffentlichen Dienstes) einen Anspruch auf Anpassung des Versicherungsschutzes im Rahmen der bei seinem Versicherer bestehenden Krankheitskostentarife, so daß ein ver-

änderter Beihilfebemessungssatz, aber auch ein weggefallener Beihilfeanspruch ausgeglichen werden. Hat der Beihilfeberechtigte auf ergänzenden privaten Versicherungsschutz völlig verzichtet, wird er von § 178 e VVG allerdings nicht geschützt (Präve, VersR 1998, 397; Berliner Kommentar zum VVG/Hohlfeld, § 178 e Rdn. 2). In allen anderen Fällen schafft § 178 e VVG einen zeitlich auf zwei Monate nach Änderung der Beihilfeberechtigung befristeten Anspruch auf Vertragsaufstokkung. Diese Regelung ist nach Auffassung des Gesetzgebers notwendig, um das Interesse im öffentlichen Dienst stehender Versicherter an einer vollen Deckung der dem Grunde nach beihilfefähigen Aufwendungen im Krankheitsfall zu sichern (BR-Drucks. 23/94 S. 314; BT-Drucks. 12/6959 S. 105). Auf diese Weise sollen unzumutbare Prämien im Fall eines Neuabschlusses von Versicherungsverträgen vermieden werden. Die Regelung entspricht, auch soweit es um den Versicherungsschutz bei vollständigem Wegfall des Beihilfeanspruchs etwa wegen Ausscheidens aus dem öffentlichen Dienst geht, der vor ihrem Inkrafttreten geübten Praxis (vgl. OLG Köln VersR 1988, 285), die nach der Reform des Versicherungsaufsichtsrechts im Jahre 1994 durch § 178 e VVG gesetzlich festgeschrieben worden ist (Renger, VersR 1993, 678, 681; Präve, VersR 1998, 397, 400). Aufgrund seiner Schutzfunktion ist § 178 e VVG zugunsten der Versicherten zwingend (§ 178 o VVG). Der hinter dieser Vorschrift stehende Gedanke findet auch in § 5 Abs. 10 SGB V Ausdruck. Danach ist, wenn der Versicherungsnehmer den Krankenversicherungsvertrag kündigt, der private Krankenversicherer zum erneuten Abschluß eines Versicherungsvertrages ohne Risikoprüfung zu den bisher geltenden Tarifbedingungen verpflichtet, wenn der vom Versicherungsnehmer geplante Wechsel in eine gesetzliche Krankenversicherung nicht zustande kommt und er damit Gefahr läuft, Krankenversicherungsschutz

zu zumutbaren Bedingungen zu verlieren (vgl. BT-Drucks. 14/1245 S. 59; Hauck/Haines/Gerlach, SGB V, K § 5 Rdn. 502 f.; Wannagat/Eichenhofer /Wollenschläger, § 5 SGB V Rdn. 129 f.).

b) Mit Recht macht die Revision geltend, daß das besondere Krankenversorgungssystem der Beklagten von dem durch § 178 e VVG gewährleisteten Schutz nicht ausgenommen werden kann. Daß es in den Gesetzesmaterialien zu dieser Vorschrift nicht erwähnt wird (vgl. insbesondere BT-Drucks. 12/6959 und 7595), steht seiner Einbeziehung nicht entgegen, sondern spricht dafür, daß es übersehen wurde. Der vom Gesetzgeber mit § 178 e VVG verfolgte Zweck, das Interesse der im öffentlichen Dienst stehenden Versicherten an einer vollen Deckung ihrer Krankheitskosten auch dann zu gewährleisten, wenn sich die Beihilfe verringert oder ganz wegfällt, trifft auf die Mitglieder der Beklagten in gleicher Weise zu: Sie gehören zum öffentlichen Dienst, empfangen über die Mitgliedschaft bei der Beklagten die Fürsorgeleistungen ihres Dienstherrn , darüber hinaus aber für die durch den pauschalen Zuschuß des Dienstherrn nicht gedeckten Aufwendungen erhebliche weitere, von der Beklagten durch das Beitragsaufkommen finanzierte Leistungen. Damit kann die Beklagte insgesamt etwa 90% der Aufwendungen erstatten, so daß für ihre Mitglieder im allgemeinen kein Anlaß besteht, zusätzlich eine private Krankenversicherung abzuschließen.
Zwar beschränkt sich der Anteil dieser durch Beiträge finanzierten Leistungen auf etwa 25% der Gesamtleistungen der Beklagten; die Beiträge sind auch ungeachtet der lediglich am Bedarf ausgerichteten Leistungen nach Besoldungs- und Vergütungsgruppen gestaffelt. Gleichwohl bietet die Beklagte auf diesem Wege gegen Entgelt einen ergän-

zenden Schutz vor den Folgen ungewisser Ereignisse auf der Grundlage eines Risikoausgleichs unter der Vielzahl ihrer durch die gleiche Gefahr bedrohten Mitglieder; sie orientiert sich insofern jedenfalls zum Teil an den für eine Versicherung typischen Prinzipien (zu letzteren vgl. BVerwG NJW 1992, 2978). Ungeachtet der Frage, ob die Beklagte generell wie ein privater Krankenversicherer zu behandeln ist, erfüllt sie jedenfalls für die Beamten der ehemaligen Deutschen Bundesbahn traditionell aus einer Hand nicht nur die Aufgaben der Beihilfe, sondern gerade auch einer gemeinschaftlichen Eigenvorsorge für die von der Beihilfe nicht gedeckten Aufwendungen mit Hilfe von Beiträgen der Mitglieder. Im Hinblick darauf können die Mitglieder der Beklagten nicht etwa Beihilfeberechtigten gleichgestellt werden, die auf eine private Krankenversicherung für die von der Beihilfe nicht gedeckten Aufwendungen völlig verzichtet haben. Beide Aufgaben der Beklagten stehen auch nicht in untrennbarem Zusammenhang: Die Revision weist mit Recht darauf hin, daß die Satzung der Beklagten eine Reihe von Fällen kennt, in denen Mitglieder Leistungen erhalten, auch wenn ihnen kein Fürsorgeanspruch gegen das BEV mehr zusteht. In diesen Fällen setzt das BEV jährlich im voraus einen Zuschlag des Mitglieds zu den Beiträgen fest, durch den der fehlende Fürsorgeanspruch abgegolten wird (§ 28 Abs. 2 der Satzung). Mithin bleibt das Begehren des Klägers auch im Rahmen des bei der Beklagten Versicherbaren.
Danach ist § 178 e VVG seinem Zweck nach jedenfalls entsprechend auf die Mitglieder der Beklagten anzuwenden. Deren Interesse an einer weiterhin (mit rund 90% so gut wie) vollen Deckung ihrer Krankheitskosten trotz Verringerung oder Wegfalls von Fürsorgeleistungen des Dienstherrn ist nicht weniger schutzwürdig als das anderer Angehöriger

des öffentlichen Dienstes. Die Eigenständigkeit der Fürsorgegewährung durch die Beklagte mit ihren Unterschieden im einzelnen gegenüber der für andere Angehörige des öffentlichen Dienstes geltenden Beihilferegelung (dazu vgl. BGHZ 19, 348, 354) rechtfertigt es nicht, die Mitglieder der Beklagten vom Schutz des § 178 e VVG auszunehmen. Die Regelungen des § 178 e VVG und des § 5 Abs. 10 SGB V stellen im übrigen nicht darauf ab, ob der Versicherte schuldlos in die Verlegenheit geraten ist, seinen privaten Krankenversicherungsschutz erweitern oder erneuern zu müssen. Anders als die Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst hängt die zur Daseinsvorsorge notwendige Krankenversorgung nicht davon ab, daß der Berechtigte seine Dienstpflichten nicht verletzt.

c) Dem trägt § 21 Abs. 1 Buchst. b Nr. 1, Buchst. c und Abs. 2 der Satzung der Beklagten nicht Rechnung. Soweit dort die Beendigung der Mitgliedschaft mit der Folge eines Ausschlusses auch von der beitragsfinanzierten Krankenversorgung in Fällen vorgesehen ist, in denen der Anspruch auf Bezüge oder Ruhegehalt aus disziplinarischen Gründen verloren geht oder nur noch ein Unterhaltsbeitrag nach der BDO geleistet wird, ist die Regelung mit wesentlichen Grundgedanken des § 178 e VVG unvereinbar und daher unwirksam (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG).

Über die Höhe der vom Kläger nach vollständigem Wegfall seines Fürsorgeanspruchs zu entrichtenden Beiträge ist hier nicht zu entscheiden.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 214/03 Verkündet am:
3. November 2004
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
_____________________
VVG § 178h Abs. 2 Satz 1
§ 178h Abs. 2 Satz 1 VVG setzt für eine wirksame Kündigung nicht voraus, dass der
Versicherungsnehmer dem Versicherer den Eintritt seiner gesetzlichen Versicherungspflicht
nachweist.
BGH, Urteil vom 3. November 2004 - IV ZR 214/03 - LG Koblenz
AG Bad Neuenahr-Ahrweiler
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 3. November 2004

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 7. August 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Kündi gung einer privaten Krankenversicherung.
Seit Beginn des Jahres 2001 unterhielt der Beklagt e beim Kläger eine Krankheitskostenvollversicherung und eine Krankentagegeldversicherung. Dem Versicherungsvertrag lagen Allgemeine Versicherungsbedingungen des Klägers zugrunde, die den Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung 1994 (MB/KK 94) und den Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (MB/KT 94) entsprechen. Der monatliche Beitrag betrug im Jahre 2001 195,06 DM (99,73 €) und sollte sich mit Beginn des Jahres 2002 auf 108,40 € erhöhen.

Infolge von Arbeitslosigkeit unterlag der Beklagte in der Zeit vom 29. August 2001 bis 4. September 2001 der gesetzlichen Versicherungspflicht. Unter Berufung darauf kündigte er das Versicherungsverhältnis am 24. September 2001. Den vom Kläger daraufhin mit Schreiben vom 4. Oktober 2001 geforderten Nachweis über den Eintritt der Versicherungspflicht erbrachte der Beklagte erst im August 2002.
Der Kläger fordert mit seiner Klage die Zahlung vo n Versicherungsprämien in Höhe von insgesamt 1.374,53 € für die Monate September 2001 bis September 2002. Er verweist darauf, daß der Versicherungsvertrag über eine Laufzeit von mindestens zwei Jahren abgeschlossen gewesen und die vom Beklagten erklärte außerordentliche Kündigung unwirksam sei. Zum einen habe die gesetzliche Versicherungspflicht im Zeitpunkt der Kündigungserklärung schon nicht mehr bestanden , zum anderen habe der Beklagte bei der Kündigung nicht den nach Auffassung des Klägers erforderlichen Nachweis über den Eintritt seiner Versicherungspflicht geführt.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Be rufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die v om Beklagten am 24. September 2001 erklärte Kündigung das Versicherungsverhältnis rückwirkend zum 29. August 2001, dem Zeitpunkt des Eintritts der gesetzlichen Versicherungspflicht, beendet. Das ergebe sich aus § 178h Abs. 2 Satz 1 VVG, der nach seinem klaren Wortlaut nicht von dem allgemeinen Grundsatz abweiche, wonach die Wirksamkeit der Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses nicht vom Nachweis des Kündigungsgrundes abhänge. Soweit für eine Kündigung nach § 178h Abs. 2 Satz 3 VVG ein solcher Nachweis erforderlich sei, erstrecke sich diese Nachweispflicht nicht auf die Kündigung nach § 178h Abs. 2 Satz 1 VVG.
Das einmal entstandene Kündigungsrecht des Beklagt en sei auch nicht deshalb rückwirkend entfallen, weil er im Zeitpunkt der Kündigungserklärung bereits nicht mehr versicherungspflichtig gewesen sei. Entscheidend sei dabei, daß die innerhalb der Zweimonatsfrist des § 178h Abs. 2 Satz 1 VVG erklärte Kündigung auf den Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht zurückwirke. Für eine Einschränkung des Kündigungsrechts bei nur kurzzeitig bestehender Versicherungspflicht ergebe das Gesetz keine Anhaltspunkte.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Der Prämienanspruch des Klägers ist mit Wirkung ab dem 29. August 2001, dem Tag des Eintritts der gesetzlichen Versicherungspflicht des Beklagten, nach § 178h Abs. 2 Satz 2 VVG erloschen, weil seine innerhalb der zweimonatigen Frist des § 178h Abs. 2 Satz 1 VVG erklärte

Kündigung das Versicherungsverhältnis rückwirkend zu diesem Zeitpunkt beendet hat.
§ 178h Abs. 2 VVG soll es dem Versicherungsnehmer einer privaten Krankheitskosten-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung ermöglichen , das Versicherungsverhältnis mittels einer außerordentlichen Kündigung zu beenden, wenn er kraft Gesetzes kranken- oder pflegeversicherungspflichtig wird. Er soll so vor der mit einer "Doppelversicherung" verbundenen Beitragsbelastung geschützt werden. Anders als § 178h Abs. 2 Satz 3 VVG setzt Satz 1 für eine wirksame Kündigung nicht voraus, daß der Versicherungsnehmer dem Versicherer den Eintritt seiner gesetzlichen Versicherungspflicht zusammen mit der Kündigungserklärung nachweist (so auch LSG Berlin EzS 130/537 - zitiert nach juris

).


1. Das ergibt die Auslegung der Vorschrift.

a) Dafür ist vorrangig der objektivierte Wille des Gesetzes maßgebend , wie er sich aus seinem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt (BGHZ 37, 58, 60 m.w.N.):
§ 178h Abs. 2 VVG eröffnet zwei unterschiedliche K ündigungsmöglichkeiten. Erklärt der Versicherungsnehmer die Kündigung innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht, so wirkt seine Kündigung auf diesen Zeitpunkt zurück. An die Wirksamkeit dieser in § 178h Abs. 2 Satz 1 VVG geregelten Kündigung sind nach dem Wortlaut der Vorschrift keine weiteren Voraussetzungen geknüpft. Insbesondere

spricht Satz 1 nicht davon, daß der Versicherungsnehmer dem Versicherer den Eintritt der Versicherungspflicht nachweisen muß.
Ein solcher Nachweis wird vom Gesetz nur für die i n § 178h Abs. 2 Satz 3 VVG geregelte spätere Kündigungsmöglichkeit gefordert. Nach Ablauf der vorgenannten Zweimonatsfrist kann der Versicherungsnehmer nämlich weiterhin kündigen. Allerdings beendet die Kündigung das private Versicherungsverhältnis dann erst zum Ende des Monats, in dem der Versicherungsnehmer dem Versicherer den Eintritt der Versicherungspflicht nachweist. In diesem Fall ist der Nachweis also erforderlich, um den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die Kündigung wirken kann. Ohne den geforderten Nachweis bliebe die Kündigungserklärung insoweit unvollständig.
Aus der unterschiedlichen Wirkweise beider Kündigu ngen ergibt sich ohne weiteres, weshalb im ersten Fall der Nachweis des Eintritts der Versicherungspflicht entbehrlich und vom Gesetz auch nicht gefordert ist. Denn der Zeitpunkt, zu dem die Kündigung Wirkung entfaltet, ist hier mit dem Eintritt der Versicherungspflicht bereits ausreichend festgelegt. Die Auffassung von Prölss (in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 178h Rdn. 10; ebenso wohl BK/Hohlfeld, § 178h Rdn. 5 a.E.), es gebe keinen sachlichen Grund für die Beschränkung der Relevanz des Nachweises auf Kündigungsfälle des § 178h Abs. 2 Satz 3, kann der Senat schon deshalb nicht nachvollziehen (dagegen auch LSG Berlin aaO).

b) Demgegenüber wird allerdings teilweise die Auff assung vertreten , die in § 178h Abs. 2 Satz 3 VVG geregelte Nachweispflicht diene rechtlich einem doppelten Zweck, weil sie nicht nur eine materielle Wirk-

samkeitsvoraussetzung für die Kündigung aufstelle, sondern zugleich eine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung enthalte. Der systematische Zusammenhang , in den das Gesetz beide Kündigungsmöglichkeiten stelle, ergebe, daß die Nachweispflicht als formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für beide Formen der Kündigung gleichermaßen gelten müsse. Denn einerseits bestehe zwischen beiden Kündigungsregelungen ein enger "textlicher Zusammenhang", andererseits läge beiden sachlich jeweils der Eintritt der gesetzlichen Versicherungspflicht zugrunde. Deshalb sei es nicht einzusehen und systemwidrig, daß das "schwächere" Kündigungsrecht nach Satz 3 der Vorschrift strengeren formellen Voraussetzungen unterliegen solle als das "stärkere" Kündigungsrecht nach Satz 1 (so LG Kassel, Urteil vom 3. August 2001 - 10 S 162/01 - unveröffentlicht ; ihm folgend LG Magdeburg, Urteil vom 18. Januar 2002 - 1 S 627/01 - unveröffentlicht; AG Lebach, Urteil vom 14. Juni 2002 - 3A C 35/02 - unveröffentlicht).
Das überzeugt nicht. Dem letztgenannten Argument i st bereits entgegenzuhalten, daß bei der späteren Kündigung nach § 178h Abs. 2 Satz 3 VVG die Möglichkeit der Rückwirkung entfällt und es deshalb erforderlich wird, den Wirkungszeitpunkt anderweitig festzulegen. Die Nachweispflicht ergibt sich mithin bereits aus dem Regelungskonzept des Gesetzes, ohne daß es darauf ankommt, ob es im Allgemeinen gerechtfertigt ist, an eine "schwächere" Kündigungsmöglichkeit strengere Voraussetzungen zu knüpfen.
Eine Erstreckung des formellen Erfordernisses auf die in § 178h Abs. 2 Satz 1 VVG geregelte Kündigung läßt sich mit Gesetzeswortlaut und -systematik nicht begründen. Dem eindeutigen Wortlaut, der in den

Sätzen 1 und 3 hinsichtlich der Voraussetzungen und Wirkungen beider Kündigungsformen klar differenziert und insoweit deutlich macht, daß gerade zwei voneinander unterschiedliche Regelungen für unterschiedliche Sachverhalte getroffen werden, stehen gesetzessystematische Hinweise für eine Erstreckung der Nachweispflicht auf beide Kündigungsformen nicht mit einer dem Bestimmtheitsgebot genügenden Klarheit gegenüber. Daß beide Kündigungsregelungen im selben Absatz des § 178h VVG "textlich eng beieinander stehen", besagt nichts. Denn es gibt keine Auslegungsregel oder Vermutung, derzufolge alles, was im selben Absatz einer Vorschrift geregelt wird, regelmäßig gleichen Voraussetzungen unterliegt. Vielmehr entspricht es üblicher Gesetzgebungstechnik, gemeinsame Voraussetzungen unterschiedlicher Regelungen im Gesetzestext voranzustellen und so "vor die Klammer zu ziehen". Das ist in § 178h Abs. 2 VVG hinsichtlich der Nachweispflicht aber gerade nicht geschehen. Als gemeinsame Voraussetzung ist dort einleitend lediglich der Eintritt der gesetzlichen Versicherungspflicht genannt. Daß allein deshalb die daran anknüpfenden unterschiedlichen Kündigungsmöglichkeiten noch weiteren gemeinsamen Voraussetzungen unterliegen sollen, läßt das Gesetz gerade wegen der nachfolgenden Differenzierung in bezug auf Kündigungs- und Wirkungszeitpunkt nicht erkennen.
2. In der Entstehungsgeschichte des § 178h Abs. 2 VVG finden sich ebenfalls keine ausreichenden Hinweise auf einen dieser Auslegung entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers, der es rechtfertigen würde , die Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut dahin zu verstehen, daß beide Kündigungsmöglichkeiten an einen Nachweis des Eintritts der Versicherungspflicht geknüpft sein sollen.


a) Bis Ende 1988 eröffnete § 173b Abs. 2 Satz 1 RV O dem Versicherungsnehmer einer privaten Krankenversicherung die Möglichkeit, das Versicherungsverhältnis durch Kündigung zu beenden, wenn er infolge einer Erhöhung der gesetzlichen Jahresarbeitsverdienstgrenze versicherungspflichtig wurde. Die Kündigung war ihm nach dem Gesetzeswortlaut möglich "zum Ende des Monats …, in dem er den Eintritt der Versicherungspflicht nachweist." Parallel dazu hieß es in § 13 Abs. 3 der seinerzeit verwendeten Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherer von 1976 (MB/KK 76): "Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes krankenversicherungspflichtig , so kann der Versicherungsnehmer eine Krankheitskostenvollversicherung insoweit zum Ende des Monats kündigen, in dem er den Eintritt der Versicherungspflicht nachweist. Will der Versicherungsnehmer von diesem Recht Gebrauch machen, so hat er spätestens innerhalb zweier Monate nach Eintritt der Versicherungspflicht zu kündigen." Gesetz und Vertragsbedingungen forderten seinerzei t also gleichermaßen den Nachweis des Eintritts der Versicherungspflicht als Kündigungsvoraussetzung.

b) Die juristische Auseinandersetzung um die Bedeu tung der Nachweispflicht für die Kündigung setzte erst ein, nachdem mit dem Gesundheits -Reformgesetz vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I 2477) § 173b Abs. 2 RVO durch § 5 Abs. 9 SGB V abgelöst wurde. Satz 1 der neuen Vorschrift lautete: "Wer versicherungspflichtig wird und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert ist, kann den

Versicherungsvertrag mit Wirkung vom Eintritt der Versicherungspflicht an kündigen." Die Vorschrift sah damit erstmals die Möglichkeit einer Rückwirkung der Kündigung auf den Eintritt der Versicherungspflicht vor und verzichtete nach ihrem Wortlaut zugleich auf dessen Nachweis und jede Fristbindung für die Kündigungserklärung. Das warf die Frage auf, ob und inwieweit die schärferen Kündigungsvoraussetzungen nach den in § 13 Abs. 3 MB/KK 76 geregelten vertraglichen Bestimmungen daneben noch Geltung beanspruchen konnten. Während ein Teil der Rechtsprechung sich am Wortlaut des § 5 Abs. 9 SGB V orientierte und der gesetzlichen Regelung Vorrang vor vertraglichen Vereinbarungen gab (AG Lüneburg VersR 1992, 563; AG Weiden VersR 1992, 564; weitere Nachweise bei Kammler, VersR 1993, 785, 787 f.), vertrat eine Gegenmeinung die Auffassung, weil § 5 Abs. 9 SGB V keine formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Kündigungserklärung in bezug auf Frist und Nachweispflicht aufstelle, komme insoweit die vertragliche Regelung des § 13 Abs. 3 MB/KK 76 weiterhin zum Tragen (LG Deggendorf VersR 1993, 1135 mit zust. Anm. Brams; AG Worms VersR 1993, 1137). Teilweise wurde sogar angenommen, § 5 Abs. 9 SGB V enthalte eine Regelungslücke , weil die Vorschrift nichts über die formellen Voraussetzungen der Kündigungserklärung enthalte. Diese Regelungslücke lasse sich über § 13 Abs. 3 MB/KK 76 (bzw. die gleichlautende Regelung in § 13 Abs. 3 MB/KT 78) und die dort genannten Kündigungsvoraussetzungen schließen (Kammler, aaO S. 789).

c) Vor dem Hintergrund dieser Auseinandersetzung w urde § 178h VVG mit dem Dritten Durchführungsgesetz/EWG zum VAG vom 21. Juli

1994 (BGBl I S. 1630, in Kraft getreten am 29. Juli 1994) geschaffen. Der amtlichen Begründung (BT-Drucks. 12/6959 S. 106) zufolge sollte Absatz 2 der Vorschrift § 5 Abs. 9 SGB V und vergleichbare Bestimmungen zum Wechsel zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung aufnehmen. Weiter enthält die amtliche Begründung den Hinweis, die Regelung entspreche den jeweiligen §§ 13 Abs. 3 in den MB/KK 76 und MB/KT 78. Letzteres ist jedoch - wie bereits gezeigt - gerade nicht der Fall (vgl. dazu auch LSG Berlin aaO), weil die genannten Musterbedingungen lediglich eine nicht rückwirkende, an die Zweimonatsfrist gebundene Kündigung kannten, die erst zum Zeitpunkt des - insoweit erforderlichen - Nachweises des Eintritts der gesetzlichen Versicherungspflicht wirkte. Demgegenüber erweist sich die neu geschaffene Regelung als eine Kombination aus den Regelungen des § 5 Abs. 9 SGB V einerseits und den vorgenannten Bestimmungen des § 13 Abs. 3 MB/KK 76 (§ 13 Abs. 3 MB/KK 78) andererseits, wobei die erste Kündigungsmöglichkeit die Rückwirkung der Kündigung dem früheren Gesetz und die Fristgebundenheit den Musterbedingungen entnimmt, während die spätere Kündigungsmöglichkeit sich vorwiegend an die Bestimmungen der Musterbedingungen anlehnt, jedoch auf die Fristbindung verzichtet.

d) Insoweit hat der Gesetzgeber mit der in Teilen unzutreffenden amtlichen Begründung keine verläßlichen Hinweise darauf gegeben, daß er - abweichend vom Wortlaut des § 178h Abs. 2 Satz 1 VVG - die dort geregelte Kündigung vom Nachweis des Eintritts der Versicherungspflicht abhängig machen wollte. Denn gerade zu dem oben dargestellten Streit nimmt die amtliche Begründung in keiner Weise Stellung.

Klargestellt hat der Gesetzgeber allerdings, daß d as neue Gesetz eine Verschärfung der Kündigungsvoraussetzungen durch vertragliche Vereinbarungen nicht mehr zuläßt. Denn gemäß § 178o VVG kann sich der Versicherer auf eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Versicherungsnehmers von § 178h abweicht, nicht mehr berufen. Einer ergänzenden Heranziehung von zusätzlichen Kündigungsvoraussetzungen aus Allgemeinen Versicherungsbedingungen (so die Lösung des LG Deggendorf - aaO - und des AG Worms - aaO - zur Zeit der Geltung des § 5 Abs. 9 SGB V) ist damit der Boden entzogen.
3. Eine Regelungslücke, die Veranlassung zu einer ergänzenden Auslegung der Vorschrift gäbe, enthält § 178h Abs. 2 Satz 1 VVG nicht. Zu Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, daß die Rechtsordnung bei vielen Dauerschuldverhältnissen Kündigungsrechte der Vertragsparteien vorsieht, ohne dabei den Nachweis des Kündigungsgrundes zur Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigungserklärung zu machen (vgl. dazu auch LSG Berlin aaO). Dies gilt selbst bei Dauerschuldverhältnissen , in denen Vertragspartner aus sozialen Gründen mitunter besonders schutzwürdig erscheinen und deshalb ein gesteigertes Bedürfnis nach Rechtsklarheit über den Fortbestand des Vertrages bestehen kann, etwa beim Wohnraummietvertrag und im Arbeitsverhältnis. Ein Rechtsgrundsatz , wonach eine Kündigungserklärung notwendigerweise an besondere formelle Voraussetzungen, etwa den Nachweis der tatsächlichen Voraussetzungen des Kündigungsgrundes, zu knüpfen ist, ist der Rechtsordnung deshalb fremd. Eine Vorschrift, die die Kündigung eines Versicherungsverhältnisses durch den Versicherungsnehmer regelt, enthält somit entgegen der Auffassung von Kammler (aaO) keine Rege-

lungslücke, wenn sie vom Kündigenden einen solchen Nachweis nicht fordert.
Eine ergänzende Gesetzesauslegung im Wege richterl icher Rechtsfortbildung, nach der die Kündigung nach § 178h Abs. 2 Satz 1 VVG über den Wortlaut der Vorschrift hinaus nur bei Nachweis des Eintritts der Versicherungspflicht wirksam wäre, kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil eine andere Regelung - etwa im Interesse der Rechtssicherheit (dazu Prölss, aaO) - besser oder den Interessen der Vertragsparteien gerechter (dazu LG Kassel aaO) wäre. Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß auch die vom Bundesministerium der Justiz eingesetzte Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts in ihrem Abschlußbericht vom 19. April 2004 unter Ziff. 1.3.2.4.5.11. die Auffassung vertritt, § 178h Abs. 2 Satz 1 VVG sehe in seiner derzeitigen Fassung keine Nachweispflicht vor. Infolgedessen schlägt die Kommission insoweit eine Gesetzesergänzung dahingehend vor, daß die Kündigung nur dann unwirksam sein soll, wenn der Versicherungsnehmer der Nachweispflicht auch auf ein schriftliches Verlangen des Versicherers nicht binnen zwei Monaten nachkommt (vgl. dazu § 197 Abs. 2 des Kommissionsentwurfs).
4. Das Kündigungsrecht des Beklagten ist hier nich t deshalb erloschen , weil er der gesetzlichen Versicherungspflicht lediglich sieben Tage lang - und damit im Zeitpunkt der Kündigungserklärung bereits nicht mehr - unterlag.

a) § 178h Abs. 2 Satz 1 VVG läßt das Kündigungsrec ht des Versicherungsnehmers mit dem Eintritt seiner gesetzlichen Versicherungs-

pflicht entstehen. Da die binnen zwei Monaten zu erklärende Kündigung nach dem Gesetz auf den Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht zurückwirkt, kann die Vorschrift ihren Zweck, den Versicherungsnehmer vor einer "doppelten Beitragsbelastung" zu schützen, für die Zeit der Überschneidung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung (hier vom 29. August bis zum 4. September 2001) auch dann noch entfalten, wenn im Zeitpunkt der Kündigungserklärung die gesetzliche Versicherungspflicht bereits wieder geendet hat.

b) Die Berufung auf das Kündigungsrecht verstößt a uch nicht gegen Treu und Glauben. Auch insofern ist entscheidend, daß die vom Beklagten erklärte Kündigung infolge ihrer Rückwirkung nach wie vor geeignet war, eine "Doppelversicherung" zu beseitigen.
Allein der Umstand, daß die gesetzliche Versicheru ngspflicht vorliegend lediglich sieben Tage lang bestand, lässt die Berufung des Beklagten auf sein Kündigungsrecht noch nicht treuwidrig erscheinen. Zwar

mag der Fall anders liegen, wenn feststeht, daß der Versicherungsnehmer die gesetzliche Versicherungspflicht für kurze Zeit in der Absicht herbeiführt, sich vorzeitig aus dem privaten Versicherungsvertrag zu lösen. Dafür gibt es hier aber keine ausreichenden Anhaltspunkte.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch

(1) Jede Änderung der in § 9 Absatz 2 Nummer 1 und 2 genannten Bestandteile des Geschäftsplans eines Erstversicherungsunternehmens, jede Erweiterung seines Geschäftsbetriebs auf ein Gebiet außerhalb der Mitglied- und Vertragsstaaten sowie die Unternehmensverträge eines Erstversicherungsunternehmens im Sinne des § 9 Absatz 4 Nummer 1 Buchstabe b und deren Änderung, Aufhebung, Kündigung oder Beendigung durch Rücktritt dürfen erst in Kraft gesetzt werden, wenn sie von der Aufsichtsbehörde genehmigt worden sind. Dasselbe gilt für jede Ausdehnung des Geschäftsbetriebs eines Rückversicherungsunternehmens auf ein Gebiet außerhalb der Mitglied- oder Vertragsstaaten oder auf andere Arten der Rückversicherung. Satz 1 gilt nicht für Satzungsänderungen, die eine Kapitalerhöhung zum Gegenstand haben. § 11 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Soll der Geschäftsbetrieb auf andere Versicherungssparten oder auf andere Arten der Rückversicherung ausgedehnt werden, so sind hierfür die Nachweise entsprechend § 9 Absatz 2 bis 4 vorzulegen.

(3) Soll der Geschäftsbetrieb auf ein Gebiet außerhalb der Mitglied- oder Vertragsstaaten ausgedehnt werden, ist

1.
anzugeben, welche Versicherungszweige und -arten oder Arten der Rückversicherung betrieben werden sollen, und
2.
nachzuweisen, dass das Versicherungsunternehmen
a)
auch nach der beabsichtigten Ausdehnung des Gebiets des Geschäftsbetriebs die Vorschriften über die Kapitalausstattung in den Mitglied- oder Vertragsstaaten erfüllt und
b)
im Falle der Errichtung einer Niederlassung in einem Gebiet außerhalb der Mitglied- und Vertragsstaaten eine dort erforderliche Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb erhalten hat oder eine solche Erlaubnis nicht erforderlich ist.

(1) Deckungsrückstellungen sind für die Verpflichtungen aus dem Lebensversicherungs- und dem nach Art der Lebensversicherung betriebenen Versicherungsgeschäft in Höhe ihres versicherungsmathematisch errechneten Wertes einschließlich bereits zugeteilter Überschußanteile mit Ausnahme der verzinslich angesammelten Überschußanteile und nach Abzug des versicherungsmathematisch ermittelten Barwerts der künftigen Beiträge zu bilden (prospektive Methode). Ist eine Ermittlung des Wertes der künftigen Verpflichtungen und der künftigen Beiträge nicht möglich, hat die Berechnung auf Grund der aufgezinsten Einnahmen und Ausgaben der vorangegangenen Geschäftsjahre zu erfolgen (retrospektive Methode).

(2) Bei der Bildung der Deckungsrückstellung sind auch gegenüber den Versicherten eingegangene Zinssatzverpflichtungen zu berücksichtigen, sofern die derzeitigen oder zu erwartenden Erträge der Vermögenswerte des Unternehmens für die Deckung dieser Verpflichtungen nicht ausreichen.

(3) In der Krankenversicherung, die nach Art der Lebensversicherung betrieben wird, ist als Deckungsrückstellung eine Alterungsrückstellung zu bilden; hierunter fallen auch der Rückstellung bereits zugeführte Beträge aus der Rückstellung für Beitragsrückerstattung sowie Zuschreibungen, die dem Aufbau einer Anwartschaft auf Beitragsermäßigung im Alter dienen. Bei der Berechnung sind die für die Berechnung der Prämien geltenden aufsichtsrechtlichen Bestimmungen zu berücksichtigen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 228/05
Verkündet am:
11. Mai 2006
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 249 Hd, 652
Der Verlust der Alterungsrückstellung beim Wechsel des privaten Krankenversicherers
ist für sich allein kein vom Versicherungsmakler in Fällen
fehlerhafter Beratung zu ersetzender Schaden. Der Versicherungsnehmer
und Maklerkunde ist vielmehr darauf verwiesen, eine etwaige
Prämiendifferenz als konkreten Vermögensschaden geltend zu machen.
BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - III ZR 228/05 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs haben die Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die klagenden Eheleute kündigten 1994 auf Empfehlung der beklagten Versicherungsmaklerin im Alter von 59 und 56 Jahren ihre privaten Krankenversicherungen bei A. Krankenversicherungs-Aktiengesellschaft , der sie 26 Jahre angehört hatten, und wechselten zu der G. Krankenversicherung. Die von den Klägern zu zahlenden Versicherungsbeiträge waren zunächst niedriger als bei der A. , liegen inzwischen nach dem Klagevorbringen aber über denen "der Konkurrenz". Die Kläger führen dies darauf zurück, dass ihre bei der A. angesammelten Alterungs- oder Altersrückstellungen nicht auf den neuen Krankenversicherer übergegangen seien, und werfen der Beklagten in dieser Beziehung Be- ratungsfehler vor. Mit der vorliegenden Klage machen sie als Schaden die auf der Grundlage eines versicherungsmathematischen Gutachtens errechneten Barwerte der Rückstellungen zum 31. Dezember 1994 in Höhe von 9.898,37 € und 11.561,23 € geltend.
2
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Zahlungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe


3
Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.


4
Nach Ansicht des Berufungsgerichts (OLG Frankfurt/Main OLG-Report 2006, 53) hat die Beklagte allerdings schuldhaft ihre Betreuungspflichten als Versicherungsmaklerin verletzt. Sie hätte die Kläger auf die Problematik der Alterungsrückstellungen hinweisen müssen, weil dies für die Entscheidung, den Krankenversicherer zu wechseln, von Bedeutung habe sein können. Nach der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sei auch anzunehmen, dass die unterlassene Aufklärung für den Versicherungswechsel ursächlich geworden sei.
5
Die Klagen scheiterten gleichwohl daran, dass die Kläger ihren Schaden nicht konkret dargelegt hätten. Sie hätten nicht vorgetragen, dass und um wie viel die Prämien, die sie bei der neuen Krankenversicherung zu zahlen hätten, höher seien als diejenigen, die sie bei dem alten Versicherer zu bezahlen hätten. Es sei nicht ausreichend, statt dessen den Barwert der bei einem Versicherungswechsel nicht übertragbaren Alterungsrückstellungen ihres früheren Krankenversicherers zu nennen. Eine abstrakte Schadensberechnung - verstanden nicht als beweiserleichternder Rekurs auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge, sondern als Ausschluss des Anspruchsgegners von der bei konkreter Berechnung anspruchsmindernden Darlegung eines ungewöhnlichen Verlaufs - sei nur in gesetzlich besonders geregelten Fällen (§§ 288, 290, 291, 849 BGB, § 376 Abs. 2 HGB) zur typisierenden Vereinfachung der Abwicklung bestimmter Schuldverhältnisse zulässig und von der Rechtsprechung bisher erweiternd nur in wenigen Fällen anerkannt worden. Für die Alterungsrückstellung sei keine weitere Möglichkeit der abstrakten Schadensberechnung rechtsfortbildend zuzulassen. Diese enthalte, wie in dem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe NJW-RR 1999, 324, 325 näher ausgeführt, kein individuelles vermögenswertes Recht des Versicherungsnehmers, das ihm entzogen werden könnte, sondern die bilanzielle Darstellung eines Risikos des Versicherers und bilde nur einen Faktor seiner Beitragskalkulation. Deren Barwert sei deswegen nicht geeignet, die durch einen Versicherungswechsel verursachten Vermögenseinbußen des Versicherungsnehmers abschließend abzubilden. Das setze die zwingende, aber nicht gegebene Annahme voraus, jede neue Versicherung sei genau um diesen Betrag teurer. Dem Schädiger dürfe in einem solchen Fall der Gegenbeweis eines konkreten niedrigeren Schadens nicht abgeschnitten werden. Denn die Alterungsrückstellungen seien nicht die allein entscheidende Größe für die Prämienbemessung; diese hänge vielmehr unter anderem auch von der Risikogruppeneinteilung, den Verwaltungskosten und den Gewinnmargen ab.

II.


6
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
7
1. Die Revision nimmt als ihr günstig hin, dass das Berufungsgericht - gegen das Landgericht Offenburg (VersR 2002, 177, 178) - mit Rücksicht auf den Verlust der Alterungsrückstellungen bei einem Wechsel der Krankenversicherung (vgl. BGHZ 141, 214, 215 ff.) eine Verletzung der der Beklagten als Versicherungsmaklerin obliegenden Pflichten zur umfassenden Betreuung ihrer Kunden (dazu BGHZ 94, 356, 359; Senatsurteil BGHZ 162, 67, 78 = NJW 2005, 1357, 1360) bejaht und deswegen dem Grunde nach zu einer Haftung der Beklagten gelangt. Das ist zugunsten der Kläger daher für die Revisionsinstanz zumindest zu unterstellen. Auf die Gegenrügen der Revisionserwiderung, auch zur Kausalität derartiger Beratungsfehler für den von den Klägern gewünschten Versicherungswechsel, kommt es nicht an.
8
2. Bei dieser Sachlage hängt der Klageerfolg entscheidend davon ab, ob und inwieweit sich ein Schaden der Kläger aus der Kündigung ihrer alten Krankenversicherung und dem Abschluss neuer Versicherungsverträge bei einem anderen Versicherer feststellen lässt. Mit Recht hat das Berufungsgericht indes die von den Klägern vorgelegte Schadensberechnung für unschlüssig gehalten und sich auf dieser Grundlage auch außerstande gesehen, lediglich einen Mindestschaden der Kläger gemäß § 287 ZPO zu schätzen.
9
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Berechnung eines Vermögensschadens grundsätzlich von der Differenzhypothese auszugehen. Danach ist die infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretene Vermögenslage mit derjenigen zu vergleichen, die ohne jenes Er- eignis eingetreten wäre. Ein Schaden ist gegeben, wenn das jetzige Vermögen insgesamt geringer ist als der Wert, den das Vermögen ohne das die Ersatzpflicht begründende Ereignis haben würde (BGHZ 86, 128, 130; 99, 182, 196; 161, 361, 366 f. m.w.N.). Er entfällt, wenn dem Nachteil ein entsprechender, gleich hoher Vermögenszuwachs gegenübersteht. Ausnahmen von diesen Grundsätzen hat die Rechtsprechung zwar mit Rücksicht auf den Schutzzweck der Haftung und die Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes in mehrfacher Hinsicht zugelassen (vgl. nur BGHZ - GSZ - 98, 212, 217 f. sowie BGHZ 161, 361, 367 und die weiteren Nachweise bei Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., Vorbem. vor § 249 Rn. 9 ff.). Deren Voraussetzungen sind hier aber nicht gegeben. Unter den Umständen des Streitfalls besteht dafür auch kein Bedürfnis.
10
b) Mit dem Berufungsgericht ist nach derzeitiger Rechtslage die von den Klägern allein ins Auge gefasste Alterungsrückstellung schon nicht als individueller Vermögensgegenstand und deren Verlust darum auch nicht als zurechenbarer Vermögensnachteil zu werten. Die Alterungsrückstellung bei der Krankenversicherung beruht auf dem Gedanken, dass die von den Versicherungsnehmern zu zahlenden Risikobeiträge mit zunehmendem Alter wegen der erhöhten Krankheitsanfälligkeit an sich kontinuierlich steigen müssten. Um das zu vermeiden und im Ansatz während der gesamten Vertragslaufzeit - bei sonst gleichen Voraussetzungen - gleich bleibend hohe Prämien zu garantieren, werden die Prämien in den ersten Jahren höher als der aktuelle Risikobeitrag kalkuliert und der Überschuss bilanziell in eine Alterungsrückstellung nach § 341f Abs. 3 HGB eingestellt (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 178g Rn. 5; Boetius, VersR 2001, 661 f., 665 ff.). Dabei handelt es sich jedoch - anders als bei der Lebensversicherung mit ihrem jeweils auf den einzelnen Vertrag bezogenen Rückkaufswert (vgl. hierzu jetzt BGHZ 164, 297; BVerfG VersR 2006, 489) - nicht um einen individuellen Sparvorgang. Vielmehr wird in der Krankenversi- cherung ein für jeden Angehörigen eines bestimmten Kollektivs gleich hoher - fiktiver - Durchschnittswert errechnet, der berücksichtigt, dass einzelne Versicherte früher versterben oder Verträge aus anderen Gründen vorzeitig beendet werden, und der keine Aussage darüber erlaubt, welchen Betrag der einzelne Versicherungsnehmer aus der Rückstellung tatsächlich benötigt, um die Summe seiner künftigen Krankheitskosten zu decken (Prölss in Prölss/Martin aaO; Boetius aaO S. 666, 670; Kalis, VersR 2001, 11, 12 f.; Schoenfeldt, ZVersWiss 2002, 137, 151 f.). Allgemein lässt sich lediglich sagen, dass für die überdurchschnittlich guten Risiken, die - wie die Kläger - trotz erneuter Risiko- und Gesundheitsprüfung durch den neuen Versicherer Aussicht auf einen Wechsel der Krankenversicherung haben, der durchschnittliche Wert der Alterungsrückstellung stets zu hoch ist (Boetius aaO S. 670), so dass allenfalls an einen - nicht einfach zu bestimmenden - Abschlag auf der Grundlage eines individuell ermittelten Rückstellungswerts zu denken wäre. Unter anderem aus solchen Gründen hat die Unabhängige Expertenkommission zur Untersuchung der Problematik steigender Beiträge der privat Krankenversicherten im Alter in ihrem 1996 erstellten Gutachten (BT-Drucks. 13/4945 S. 42 ff.) keine über die Mitnahme einer Alterungsrückstellung bei einem Tarifwechsel innerhalb desselben Versicherungsunternehmens hinausgehenden Empfehlungen aussprechen wollen, und auch die Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts hat in ihrem Abschlussbericht vom 19. April 2004 (Schriftenreihe der Zeitschrift VersR Heft 25 S. 143 ff., 147 ff.) ohne elementare Systemänderungen keine Möglichkeit zu einer Übertragung der Alterungsrückstellungen auf einen anderen Versicherer gesehen. Das entspricht der überwiegenden Meinung auch in der Fachliteratur (Prölss in Prölss/Martin, aaO, § 178f Rn. 14, § 178g Rn. 5 f.; Boetius aaO S. 667 ff.; Bürger, ZfV 2005, 18 ff.; Kalis aaO S. 13, 14; Schoenfeldt aaO S. 151 ff.; Scholz in Festschrift für v. Maydell, 2002, S. 633, 636 ff.; s. auch Hohlfeld in Berliner Kommentar zum VVG, § 178f Rn. 9; a.A. aus verfassungs- rechtlichen Gründen Laubin, VersR 2000, 561, 562 ff.; wohl auch Niederleithinger , VersR 2006, 437, 446). Der Gesetzgeber hat die Problematik - abgesehen von Tarifwechseln gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 VAG, § 178f Abs. 1 Satz 1 VVG - bisher nicht aufgegriffen (s. bereits BGHZ 141, 214, 220 f.). Auch der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz vom 13. März 2006 enthält insofern - entgegen der Revision - keine Regelung (vgl. § 204 VVG-E; Begründung S. 22 f.).
11
c) Ein Abstellen allein auf die verlorene Alterungsrückstellung zur Schadensermittlung - auch in Gestalt einer vom Berufungsgericht in Erwägung gezogenen abstrakt-normativen Schadensberechnung entsprechend der gewöhnlichen Entwicklung (dazu Palandt/Heinrichs, Vorbem. vor § 249 Rn. 51) - ließe sich im Übrigen selbst bei Anerkennung eines individuellen Vermögenswerts höchstens dann rechtfertigen, wenn alle privaten Krankenversicherer - zumindest auf längere Sicht - annähernd gleiche Beiträge für dasselbe Risiko berechneten. Einen solchen Sachverhalt hat das Berufungsgericht jedoch, von der Revision unangegriffen, in bindender tatrichterlicher Würdigung verneint, weil die Prämienbemessung außerdem von der Risikogruppeneinteilung, den Verwaltungskosten und den Gewinnmargen des Versicherers abhänge. Unter diesen Umständen ist für eine Schätzung des Schadens auf der Grundlage des Barwerts der Alterungsrückstellungen ebenso wenig Raum. Der Betroffene ist vielmehr darauf verwiesen, eine etwaige Differenz zwischen den von ihm jetzt gezahlten Prämien und den an seinen alten Versicherer sonst zu leistenden Beiträgen als konkreten Vermögensverlust geltend zu machen. Eine solche Beurteilung lässt die Ansprüche des Versicherungsnehmers entgegen der von der Revision geäußerten Ansicht nicht etwa leer laufen, weil der Versicherungsnehmer einen derartigen Schaden mangels entsprechender Kenntnisse nicht beziffern könnte. Soweit der Geschädigte dabei für einen Prämienvergleich auf Informationen über die Entwicklung der Versicherungsbeiträge bei seinem früheren Krankenversicherer angewiesen ist, kann er sich, falls er von diesem keine hinreichende Auskunft erhalten sollte, ebenso sachverständiger Hilfe bedienen wie bei der hier vorgelegten Berechnung eines Barwerts der Rückstellungen.
Schlick Streck Kapsa
Galke Herrmann
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 21.10.2004 - 3 O 110/04 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 21.07.2005 - 12 U 6/05 -

(1) Die Aufsichtsbehörde versagt die Erlaubnis, wenn

1.
nach dem Geschäftsplan und den nach § 9 Absatz 2 bis 4 vorgelegten Unterlagen die Verpflichtungen aus den Versicherungen nicht genügend als dauernd erfüllbar dargetan sind,
2.
Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Geschäftsleiter oder die Mitglieder des Aufsichtsrats die Voraussetzungen des § 24 nicht erfüllen, oder
3.
Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Inhaber einer bedeutenden Beteiligung an dem Versicherungsunternehmen oder, wenn der Inhaber eine juristische Person ist, auch ein gesetzlicher oder satzungsmäßiger Vertreter oder, wenn der Inhaber eine Personenhandelsgesellschaft ist, auch ein Gesellschafter des Inhabers, nicht zuverlässig ist oder aus anderen Gründen nicht den im Interesse einer soliden und umsichtigen Leitung des Unternehmens zu stellenden Ansprüchen genügt; dies gilt im Zweifel auch dann, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er die von ihm aufgebrachten Mittel für den Erwerb der bedeutenden Beteiligung durch eine Handlung erbracht hat, die objektiv einen Straftatbestand erfüllt,
4.
bei Erstversicherungsunternehmen über einen der in den Nummern 1 bis 3 genannten Fälle hinaus auch, wenn
a)
nach dem Geschäftsplan und den nach § 9 Absatz 2 bis 4 vorgelegten Unterlagen die Belange der Versicherten nicht ausreichend gewahrt sind,
b)
im Fall der Erteilung der Erlaubnis das Versicherungsunternehmen Tochterunternehmen einer Versicherungs-Holdinggesellschaft oder einer gemischten Finanzholding-Gesellschaft wird und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person, die die Versicherungs-Holdinggesellschaft oder die gemischte Finanzholding-Gesellschaft tatsächlich leitet, nicht zuverlässig ist oder nicht die zur Führung der Geschäfte der Versicherungs-Holdinggesellschaft oder der gemischten Finanzholding-Gesellschaft erforderliche fachliche Eignung besitzt oder
c)
im Fall des Betriebs der Krankenversicherung Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass das Unternehmen Tarife einführen wird, die im Sinne des § 204 des Versicherungsvertragsgesetzes einen gleichartigen Versicherungsschutz gewähren wie die Tarife eines anderen mit ihm konzernmäßig verbundenen Versicherungsunternehmens, sofern durch die Einführung solcher Tarife die Belange der Versicherten nicht ausreichend gewahrt werden.

(2) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine wirksame Aufsicht über das Versicherungsunternehmen beeinträchtigt wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn

1.
das Versicherungsunternehmen mit anderen Personen oder Unternehmen in einen Unternehmensverbund eingebunden ist oder in einer engen Verbindung zu einem solchen steht und dieser durch die Struktur des Beteiligungsgeflechts oder durch mangelhafte wirtschaftliche Transparenz eine wirksame Aufsicht über das Versicherungsunternehmen beeinträchtigt,
2.
eine wirksame Aufsicht über das Versicherungsunternehmen auf Grund der für Personen oder Unternehmen nach Nummer 1 geltenden Rechts- oder Verwaltungsvorschriften eines Drittstaats beeinträchtigt wird oder
3.
eine wirksame Aufsicht über das Versicherungsunternehmen dadurch beeinträchtigt wird, dass Personen oder Unternehmen nach Nummer 1 im Staat ihres Sitzes oder ihrer Hauptverwaltung nicht wirksam beaufsichtigt werden oder die für die Aufsicht über diese Personen oder Unternehmen zuständige Behörde nicht zu einer befriedigenden Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde bereit ist.
Die Erlaubnis kann ferner versagt werden, wenn entgegen § 9 Absatz 4 der Antrag keine ausreichenden Angaben oder Unterlagen enthält.

(3) Aus anderen als den in den Absätzen 1 und 2 genannten Gründen darf die Erlaubnis nicht versagt werden.

(1) Freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei sind, erhalten von ihrem Arbeitgeber als Beitragszuschuß den Betrag, den der Arbeitgeber entsprechend § 249 Absatz 1 oder 2 bei Versicherungspflicht des Beschäftigten zu tragen hätte. Satz 1 gilt für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Beschäftigte, deren Mitgliedschaft auf der Versicherungsberechtigung nach § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8 beruht, entsprechend. Bestehen innerhalb desselben Zeitraums mehrere Beschäftigungsverhältnisse, sind die beteiligten Arbeitgeber anteilig nach dem Verhältnis der Höhe der jeweiligen Arbeitsentgelte zur Zahlung des Beitragszuschusses verpflichtet. Freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte, die eine Beschäftigung nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz oder nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz ausüben, erhalten von ihrem Arbeitgeber als Beitragszuschuss den Betrag, den der Arbeitgeber bei Versicherungspflicht der Freiwilligendienstleistenden nach § 20 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches für die Krankenversicherung zu tragen hätte.

(2) Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze oder auf Grund von § 6 Abs. 3a versicherungsfrei oder die von der Versicherungspflicht befreit und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind und für sich und ihre Angehörigen, die bei Versicherungspflicht des Beschäftigten nach § 10 versichert wären, Vertragsleistungen beanspruchen können, die der Art nach den Leistungen dieses Buches entsprechen, erhalten von ihrem Arbeitgeber einen Beitragszuschuß. Der Zuschuss wird in Höhe des Betrages gezahlt, der sich bei Anwendung der Hälfte des Beitragssatzes nach § 241 zuzüglich der Hälfte des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a und der nach § 226 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bei Versicherungspflicht zugrunde zu legenden beitragspflichtigen Einnahmen als Beitrag ergibt, höchstens jedoch in Höhe der Hälfte des Betrages, den der Beschäftigte für seine Krankenversicherung zu zahlen hat. Für Beschäftigte, die bei Versicherungspflicht keinen Anspruch auf Krankengeld hätten, tritt an die Stelle des Beitragssatzes nach § 241 der Beitragssatz nach § 243. Soweit Kurzarbeitergeld bezogen wird, ist der Beitragszuschuss in Höhe des Betrages zu zahlen, den der Arbeitgeber bei Versicherungspflicht des Beschäftigten entsprechend § 249 Absatz 2 zu tragen hätte, höchstens jedoch in Höhe des Betrages, den der Beschäftigte für seine Krankenversicherung zu zahlen hat; für die Berechnung gilt der um den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz nach § 242a erhöhte allgemeine Beitragssatz nach § 241. Absatz 1 Satz 3 gilt.

(2a) Der Zuschuss nach Absatz 2 wird ab 1. Januar 2009 für eine private Krankenversicherung nur gezahlt, wenn das Versicherungsunternehmen

1.
diese Krankenversicherung nach Art der Lebensversicherung betreibt,
2.
einen Basistarif im Sinne des § 152 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes anbietet,
2a.
sich verpflichtet, Interessenten vor Abschluss der Versicherung das amtliche Informationsblatt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gemäß § 146 Absatz 1 Nummer 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes auszuhändigen, welches über die verschiedenen Prinzipien der gesetzlichen sowie der privaten Krankenversicherung aufklärt,
3.
soweit es über versicherte Personen im brancheneinheitlichen Standardtarif im Sinne von § 257 Abs. 2a in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung verfügt, sich verpflichtet, die in § 257 Abs. 2a in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung in Bezug auf den Standardtarif genannten Pflichten einzuhalten,
4.
sich verpflichtet, den überwiegenden Teil der Überschüsse, die sich aus dem selbst abgeschlossenen Versicherungsgeschäft ergeben, zugunsten der Versicherten zu verwenden,
5.
vertraglich auf das ordentliche Kündigungsrecht verzichtet,
6.
die Krankenversicherung nicht zusammen mit anderen Versicherungssparten betreibt, wenn das Versicherungsunternehmen seinen Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.
Der Versicherungsnehmer hat dem Arbeitgeber jeweils nach Ablauf von drei Jahren eine Bescheinigung des Versicherungsunternehmens darüber vorzulegen, dass die Aufsichtsbehörde dem Versicherungsunternehmen bestätigt hat, dass es die Versicherung, die Grundlage des Versicherungsvertrages ist, nach den in Satz 1 genannten Voraussetzungen betreibt.

(2b) u. (2c) (weggefallen)

(3) Für Bezieher von Vorruhestandsgeld nach § 5 Abs. 3, die als Beschäftigte bis unmittelbar vor Beginn der Vorruhestandsleistungen Anspruch auf den vollen oder anteiligen Beitragszuschuß nach Absatz 1 hatten, bleibt der Anspruch für die Dauer der Vorruhestandsleistungen gegen den zur Zahlung des Vorruhestandsgeldes Verpflichteten erhalten. Der Zuschuss wird in Höhe des Betrages gezahlt, den der Arbeitgeber bei Versicherungspflicht des Beziehers von Vorruhestandsgeld zu tragen hätte. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Für Bezieher von Vorruhestandsgeld nach § 5 Abs. 3, die als Beschäftigte bis unmittelbar vor Beginn der Vorruhestandsleistungen Anspruch auf den vollen oder anteiligen Beitragszuschuß nach Absatz 2 hatten, bleibt der Anspruch für die Dauer der Vorruhestandsleistungen gegen den zur Zahlung des Vorruhestandsgeldes Verpflichteten erhalten. Der Zuschuss wird in Höhe des Betrages gezahlt, der sich bei Anwendung der Hälfte des Beitragssatzes nach § 243 und des Vorruhestandsgeldes bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 Absatz 3) als Beitrag ergibt, höchstens jedoch in Höhe der Hälfte des Betrages, den der Bezieher von Vorruhestandsgeld für seine Krankenversicherung zu zahlen hat; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 86/04 Verkündet am:
13. April 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
_____________________
AKB § 2a Abs. 1
Wird dem Versicherer im Zusammenhang mit der Anforderung einer grünen
Versicherungskarte mitgeteilt, daß sich der Versicherungsnehmer mit dem
versicherten Fahrzeug in die Türkei begeben wird, muß er diesem - auch für
die Fahrzeugversicherung - Klarheit über die Besonderheiten des Versicherungsschutzes
verschaffen, der sich für die Türkei in einen (versicherten) europäischen
und einen (nicht versicherten) asiatischen Teil spaltet.
BGH, Urteil vom 13. April 2005 - IV ZR 86/04 - OLG München
LG München I
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 13. April 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. März 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen eines Fahrzeug brandes auf Versicherungsleistungen in Anspruch.
Er hatte bei dieser eine Haftpflicht- und eine Fah rzeugversicherung für sein Wohnmobil genommen. Dem Versicherungsverhältnis lagen Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) zugrunde, die in ihrem hier maßgeblichen Teil den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB 1996) entsprechen.

Im Jahre 2002 beabsichtigte der Kläger eine Urlaub sreise in die Türkei. Vor Fahrtantritt setzte sich seine Ehefrau mit dem Versicherungsagenten der Beklagten, dem Zeugen S. , telefonisch in Verbindung ; Einzelheiten des Gesprächs sind zwischen den Parteien streitig. Der Kläger erhielt nachfolgend eine grüne Versicherungskarte übersandt , bei der das Länderkürzel "TR" gestrichen war. Am 3. Juli 2002 brannte sein in C. bei I. abgestelltes Fahrzeug vollständig aus. Den dabei entstandenen Schaden machte der Kläger bei der Beklagten geltend. Diese verneinte ihre Eintrittspflicht, weil gemäß § 2a Abs. 1 AVB für den asiatischen Teil der Türkei kein Versicherungsschutz bestehe.
Das Landgericht hat der Zahlungsklage von 36.419,3 2 € nebst Zinsen in Höhe von 5.025 € stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung des Rechtsmittels des Klägers, der vor dem Berufungsgericht noch einen Zahlungsanspruch von insgesamt 33.500 € verfolgt hat - die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Revision.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefocht enen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Dieses hat ausgeführt: Der Schaden habe sich im asiatischen Teil der Türkei und daher außerhalb des versicherten geographischen

Bereichs ereignet. Eine "konkludente" Ausweitung des Versicherungsschutzes auf Asien sei dem Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen. Allerdings könnten den Versicherer Hinweispflichten treffen, wenn der Versicherungsnehmer ihm eine geplante Auslandsreise bekanntgebe. Das gelte aber nicht grundsätzlich schon dann, wenn im Zusammenhang mit der Anforderung einer grünen Versicherungskarte das Wort "Türkei" falle. Es müsse den Verantwortlichen vielmehr bekannt sein oder sich ihnen zumindest aufdrängen, daß eine Reise in ein nicht versichertes Gebiet anstehe. In Fällen wie dem vorliegenden müsse der Versicherungsnehmer zu erkennen geben oder es sonst nahe liegen, daß er in den außereuropäischen Teil der Türkei fahren wolle. Allein der Umstand, daß bei Anforderung der grünen Versicherungskarte die Türkei erwähnt werde , begründe keine Aufklärungspflichten über die geographische Unterteilung des Landes und die daraus resultierenden versicherungsrechtlichen Besonderheiten.
II. Das ist nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsge richt allerdings einen Anspruch auf Versicherungsleistungen verneint. Sie hat gemäß § 2a Abs. 1 AVB ihr Leistungsversprechen nur auf Europa und die außereuropäischen Gebiete bezogen, die zum Geltungsbereich des Vertrages über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gehören. Der Versicherungsfall , aus dem der Kläger die Beklagte in Anspruch nimmt, hat sich jedoch in dem Teil der Türkei ereignet, der zu Asien gehört. Damit besteht für den geltend gemachten Kaskoschaden kein Versicherungsschutz.

Entgegen der Auffassung der Revision halten die AV B in ihrem hier entscheidenden Teil einer Inhaltskontrolle am Maßstab des Transparenzgebots (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) stand. Zwar ist der Versicherer gehalten, in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Rechtsposition des Versicherungsnehmers klar und durchschaubar darzustellen (vgl. BGHZ 147, 354, 361 f.; 141, 137, 143). Diesem Gebot hat die Beklagte indes genügt. Ihre Versicherungsbedingungen sind unter § 2a Abs. 1 verständlich und mit der erforderlichen Eindeutigkeit gefaßt, wenn sie darin die örtliche Geltung des Versicherungsvertrages auf den Bereich Europas und auf bestimmte außereuropäische Gebiete beschränkt. Die Beklagte hat in der Klausel für die Haftpflichtversicherung den örtlichen Geltungsbereich übernommen, wie er durch den Verordnungsgeber in § 1 der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung festgelegt ist. Die in § 2a Abs. 1 AVB weiter enthaltene Bestimmung, die Versicherung gelte auch für die Fahrzeugversicherung nur für Europa und bestimmte außereuropäische Gebiete, läßt beim durchschnittlichen Versicherungsnehmer , auf dessen Verständnismöglichkeit es ankommt (vgl. BGHZ 123, 83, 85 und ständig), keine ernsthaften Zweifel daran aufkommen, daß Versicherungsschutz nicht für Schäden gewährt wird, die in einem Gebiet eintreten, das nicht zu Europa gehört, wobei in diesem Zusammenhang auf eine geographische Sichtweise abzustellen ist (BGHZ 40, 22, 24; BGHZ 108, 200, 204). Es ist dabei nicht Sache des Versicherers, den Versicherungsnehmer in den Versicherungsbedingungen oder auf sonstige Weise über die genauen geographischen Grenzen Europas in Kenntnis zu setzen. Er darf dieses Wissen beim Versicherungsnehmer voraussetzen oder zumindest erwarten, daß dieser es sich aus eigener Veranlassung verschafft.

2. Das Berufungsgericht geht weiter zu Recht davon aus, daß keine individuelle Erweiterung des Versicherungsschutzes in seinem örtlichen Geltungsbereich gemäß § 2a Abs. 2 Satz 1 AVB erfolgt ist. Daß eine solche Vereinbarung im Zuge des zwischen der Ehefrau des Klägers und dem ZeugenSch. geführten Telefongespräches getroffen worden ist, hat der Kläger nicht behauptet. Auch die Aushändigung der - nur auf die Haftpflichtversicherung bezogenen - grünen Versicherungskarte hat keine Erstreckung des Versicherungsschutzes auf den asiatischen Teil der Türkei bewirkt. Dem Kläger ist die Versicherungskarte mit Streichung des Länderkürzels für die Türkei übersandt worden. Das mußte der Kläger als Versicherungsnehmer bei gehöriger Sorgfalt so verstehen, daß die Beklagte von der in § 2a Abs. 1 AVB vorgesehenen Möglichkeit der Erweiterung des Geltungsbereiches des Versicherungsvertrages gerade keinen Gebrauch machen und den Versicherungsschutz nicht auf den asiatischen Teil der Türkei ausdehnen wollte (vgl. BGHZ 120, 87, 91 ff.). Das gilt erst recht für die Fahrzeugversicherung; auch hier war für den Kläger mit der gebotenen Deutlichkeit erkennbar, daß es die Beklagte bei dem örtlichen Geltungsbereich des § 2a Abs. 1 AVB belassen wollte. Einer Beweisaufnahme zu der Frage, ob der Zeuge S. über grüne Versicherungskarten verfügte, bei denen das Länderkürzel für die Türkei nicht gestrichen war, bedurfte es entgegen der Ansicht der Revision in diesem Zusammenhang nicht. Dadurch allein hätte der Kläger den ihm obliegenden Nachweis für eine Erweiterung des Versicherungsschutzes nicht führen können. Es genügt nicht, daß der Zeuge S. die Möglichkeit gehabt hätte, dem Kläger eine grüne Karte ohne Streichung des Länderkürzels "TR" zu übersenden. Damit wäre noch nicht bewiesen, daß die dem Kläger tatsächlich übersandte Versicherungskar-

te keine Streichung des Länderkürzels enthielt; nur darauf kommt es aber an.
Für die von der Revision angesprochene ergänzende Auslegung des Versicherungsvertrages ist angesichts der eindeutig abgefaßten Versicherungsbedingungen, die eine vertragliche Regelungslücke nicht erkennen lassen, kein Raum. Die Beklagte verhält sich schließlich auch nicht treuwidrig, wenn sie sich auf den beschränkten örtlichen Geltungsbereich des Versicherungsvertrages beruft. Daß sie im Falle einer Erweiterung des Versicherungsschutzes dem Kläger keine zusätzliche Versicherungsprämie berechnet hätte, ist unerheblich. Daraus läßt sich nicht ableiten, daß sie dem Kläger gegenüber zu einer Einbeziehung auch des asiatischen Teils der Türkei in den Versicherungsvertrag verpflichtet gewesen wäre.
3. Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht jedoch darin, daß schon aus Rechtsgründen ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus positiver Vertragsverletzung wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten zu verneinen ist.
Es besteht in Literatur und Rechtsprechung Einigke it, daß den Versicherer Hinweispflichten treffen, wenn für ihn erkennbar wird, daß der Versicherungsnehmer einer Belehrung bedarf, weil er über einen für ihn wesentlichen Vertragspunkt - wie etwa über die Reichweite des bestehenden Versicherungsschutzes - irrige Vorstellungen hat (BGHZ 108, 200, 205 f.; OLG Koblenz ZfS 1998, 261; OLG Stuttgart ZfS 1992, 412; OLG Hamm NZV 1991, 314; OLG Köln RuS 1989, 3; OLG Karlsruhe VersR 1988, 486; ÖOGH VersR 1995, 943; Stiefel/Hofmann, 17. Aufl.

§ 2a AKB Rdn. 4; Knappmann in Prölss/Martin VVG, 27. Aufl. § 2a AKB Rdn. 4). Eine solche Aufklärung kann ferner dann angezeigt sein, wenn dem Versicherer bekannt wird oder sich ihm zumindest hätte aufdrängen müssen, daß der Versicherungsnehmer sich mit dem versicherten Fahrzeug außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches des Versicherungsvertrages begeben will (Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung 2. Aufl. § 2a AKB Rdn. 3a).
Davon geht auch das Berufungsgericht grundsätzlich aus. Es verkürzt indes im weiteren die Belehrungspflichten des Versicherers in unzulässiger Weise, wenn es die Benennung der Türkei als künftiges Reiseziel nicht genügen läßt und zusätzlich verlangt, der Versicherungsnehmer müsse zum Ausdruck bringen, er wolle sich mit dem Fahrzeug gerade auch in den asiatischen Teil der Türkei begeben. Vielmehr bringt schon die Erwähnung der Türkei für sich allein das Interesse des Versicherungsnehmers hinreichend zum Ausdruck, das Fahrzeug im gesamten Gebiet der Türkei mit Versicherungsschutz führen zu können. Angesichts des Umstandes, daß die Türkei mit ihrem weit überwiegenden Teil geographisch dem asiatischen Kontinent zuzuordnen ist, liegt es nahe, daß sich der Versicherungsnehmer bei seiner angekündigten Reise nicht auf den europäischen Raum beschränken könnte. Dem sich daraus ergebenden Aufklärungsbedürfnis darf sich der Versicherer redlicherweise nicht verschließen. Es ist seine Aufgabe, dem Versicherungsnehmer Klarheit über die Besonderheiten des Versicherungsschutzes zu verschaffen , der sich für die Türkei in einen (versicherten) europäischen und in einen (nicht versicherten) asiatischen Teil spaltet. Er hat dem Versicherungsnehmer die drohende Lücke im Versicherungsschutz vor Augen zu führen und zu erläutern, daß das Fahrzeug ohne eine Erweite-

rung des örtlichen Geltungsbereiches des Versicherungsvertrages weder in der Haftpflichtversicherung noch in der Fahrzeugversicherung Versicherungsschutz hat, sollte es im asiatischen Raum bewegt werden. Daß sich auch die Beklagte dieses Problems bewußt gewesen ist, zeigt die Aussage des Zeugen S. . Dieser hat bekundet, er stelle einem Versicherungsnehmer keine grüne Versicherungskarte aus, sondern verweise ihn an das Kundendienstbüro der Beklagten, sollte ihm die Türkei als beabsichtigtes Reiseziel offengelegt werden, ohne dies mit der Einschränkung zu versehen, der Versicherungsnehmer müsse dabei zwischen dem europäischen und dem asiatischen Teil unterscheiden.
4. Durch seinen unzutreffenden rechtlichen Ansatz hat sich das Berufungsgericht den Blick auf die Frage verstellt, ob die Ehefrau des Klägers dem Zeugen S. - über allgemeine Urlaubsschilderungen hinausgehend - die Türkei als konkretes Reiseziel benannt hat. Sollte dies zu bejahen sein, wäre der Zeuge S. gehalten gewesen, für entsprechende Hinweise an den Kläger Sorge zu tragen. Es kommt somit auf das Ergebnis der landgerichtlichen Beweisaufnahme an, mit dem sich das Berufungsgericht bislang nicht auseinandergesetzt hat. Das

wird nachzuholen sein. Das Berufungsgericht wird sich gegebenenfalls auch mit der Frage eines Mitverschuldens des Klägers zu befassen haben , dem bei aufmerksamer Durchsicht der grünen Versicherungskarte hätte auffallen müssen, daß darin das Länderkürzel "TR" gestrichen war.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch