Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 01. Juni 2012 - 4 W 86/12 - 16

bei uns veröffentlicht am01.06.2012

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 8. Mai 2012 – 3 OH 29/07 aufgehoben. Der Antrag auf Fortsetzung des selbständigen Beweisverfahrens und Anhörung des Sachverständigen A. wird zu erneuten Entscheidung – auch über die Kosten der sofortigen Beschwerde – an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Antragsteller haben mit Antragsschrift vom 23.6.2007 über das Vorhandensein von Mängeln in ihrem Hausanwesen ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet. Mit Beschluss vom 25.8.2011 (GA II Bl. 360 ff.) hat das Landgericht den Sachverständigen A. beauftragt, seine bereits erstatteten Gutachten nach Maßgabe von sieben Fragestellungen zu ergänzen. Der Sachverständige hat sodann am 1.3.2012 eine dritte Ergänzung zum Gutachten vorgelegt. Mit Verfügung vom 8.3.2012 (GA II Bl. 370; ab S. 362 ist die Akte fehlerhaft foliiert) hat das Landgericht das Gutachten beiden Verfahrensbevollmächtigten zugeleitet und hierbei eine Gelegenheit „zu einer eventuellen Stellungnahme binnen drei Wochen“ gegeben.

Mit Schriftsatz vom 3.4.2012 (GA II Bl. 383) hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller beantragt, die ihm gesetzte Frist zur Stellungnahme zum dritten Gutachten des Sachverständigen A. um drei weitere Woche zu verlängern. Diesem Antrag ist das Landgericht nicht nachgekommen, sondern hat den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller mit Verfügung vom 4.4.2012 (GA II Bl. 383) darauf hingewiesen, dass das Verfahren nach Ablauf der gesetzten Frist abgeschlossen sei. Mit Schriftsatz vom 24.4.2012 (GA II Bl. 387 ff.) hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller Gegenvorstellung gegen die gerichtliche Verfügung vom 4.4.2012 erhoben und den Antrag gestellt, das Beweissicherungsverfahren fortzusetzen. Zugleich hat der Verfahrensbevollmächtigte Anhörungsrüge erhoben und hierbei die Auffassung vertreten, dass das Verfahren des Landgerichts die Antragsteller in ihrem Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletze. Mit Beschluss vom 8.5.2012 (GA II Bl. 389 f.) hat das Landgericht der Gegenvorstellung nicht abgeholfen.

Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit der am 18.5.2012 eingelegten sofortigen Beschwerde. Sie vertreten die Auffassung, dass die Ablehnung der Schriftsatznachlassfrist das rechtliche Gehör verletze. Das Landgericht habe fehlerhaft unterstellt, dass das Gutachten den Antragstellern spätestens am 12.3.2012 vorgelegen haben müsse. Tatsächlich sei die Verfügung vom 8.3.2012 dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller erst am 13.3.2012 vorgelegt worden.

Die Antragsteller beantragen,

unter Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Saarbrücken vom 8.5.2012 das Landgericht anzuweisen, Termin zur mündlichen Erläuterung des 3. Ergänzungsgutachtens durch den Sachverständigen A. zu bestimmen.

Mit Beschluss vom 21.5.2012 (GA II Bl. 295 f.) hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig:

a) Gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO findet die sofortige Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Landgerichte statt, wenn es sich um eine solche Entscheidung handelt, die eine mündliche Verhandlung nicht erfordert und durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Rechtsmittels gegeben: Der mit Verfügung vom 4.4.2012 und konkludent mit Beschluss vom 8.5.2012 zurückgewiesene Antrag war darauf gerichtet, das selbständige Beweisverfahren durch Anhörung des Sachverständigen fortzuführen.

b) Freilich hat die Auslegung des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO aus systematischen Erwägungen bei das selbständige Beweisverfahren betreffenden Entscheidungen eine Einschränkung erfahren. So ist insbesondere die Entscheidung, mit der ein Antrag nach § 492 Abs. 1, § 412 ZPO auf Einholung eines weiteren Gutachtens zurückgewiesen worden ist, mit der sofortigen Beschwerde nicht anfechtbar (BGH, Beschl. v. 9.2.2010 – VI ZB 59/09, MDR 2010, 767; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 567 Rdnr. 34; P/G/Lohmann, ZPO, 4. Aufl., § 567 Rdnr. 9). Dem liegt die Erwägung zu Grunde, Wertungswidersprüche zur Beweiserhebung im Hauptsacheverfahren zu vermeiden: Es erschiene ungereimt, den Parteien im selbständigen Beweisverfahren gegen die Ablehnung der Entscheidung, ein weiteres Gutachten einzuholen, ein Beschwerderecht einzuräumen, während im Erkenntnisverfahren gegen eine ablehnende Entscheidung nach § 412 ZPO kein Rechtsmittel gegeben ist. Im vorliegenden Sachverhalt beansprucht diese Einschränkung keine Geltung: Das von den Antragstellern gerichtete Gesuch auf Anhörung des Sachverständigen war nicht auf eine Ergänzung oder gar Ausweitung des durch den Beweisbeschluss definierten Beweisthemas gerichtet. Vielmehr erstreben die Antragsteller die Anhörung des Sachverständigen, um die Beweisaufnahme im zulässigen prozessualen Rahmen (§ 492 Abs. 1, § 411 Abs. 3 ZPO) abzuschließen. Gegen die dieses Gesuch ablehnende Entscheidung ist die sofortige Beschwerde statthaft (BGHZ 164, 94, 95).

c) Auch die Voraussetzungen der § 569 Abs. 1 und 2 ZPO sind erfüllt. Gemäß § 568 Abs. 1 ZPO ist die Entscheidung über die sofortige Beschwerde dem Einzelrichter zu übertragen.

2. Die sofortige Beschwerde hat vorläufigen Erfolg. Mit der gegebenen Begründung des Landgerichts kann die Entscheidung nicht aufrechterhalten werden:

a) Mit Blick darauf, dass die in § 411 Abs. 3 ZPO normierte Option, den Sachverständigen persönlich anzuhören, das Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) konkretisiert (BGHZ 164, 97; BVerfG, Beschl. v. 3.2.1998 – 1 BvR 909/94, NJW 1998, 2273), ist dem Antrag regelmäßig stattzugeben. Eine Ablehnung kommt jedoch dann in Betracht, wenn der Antragsteller seiner Prozessförderungspflicht nicht nachgekommen ist. Diese Einschränkung ist in § 411 Abs. 3 Satz 2 ZPO normiert, der auf die Regelungen der Präklusion nach § 296 ZPO verweist. Darüber hinaus sind die Grenzen des Rechtsmissbrauchs zu wahren (BGHZ 164, 97; 35, 370, 371; BVerfG, NJW 1998, 2273; P/G/Katzenmeier, aaO, § 411 Rdnr. 33; Musielak/Huber, ZPO, 8. Aufl., § 411 Rdnr. 8).

b) Im zur Entscheidung stehenden Sachverhalt hat sich das Landgericht bislang lediglich mit der Frage einer möglichen Verspätung beschäftigt. Diese Begründung hat bereits deshalb keinen Bestand, weil die tatsächliche Prämisse, wonach die gerichtliche Verfügung dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller bereits am 12.4.2012 zugegangen ist, nicht bewiesen ist. Der Verfahrensbevollmächtigte hat unwidersprochen vorgetragen, die Verfügung erst am 13.4.2012 erhalten zu haben. Trifft dieser Sachverhalt zu, haben die Antragsteller die ihnen gesetzte Frist von drei Wochen zum Zeitpunkt des Einganges des Fristverlängerungsantrags eingehalten. Darüber hinaus rechtfertigt eine Fristsetzung die Präklusion nur dann, wenn die Fristsetzung unmissverständlich erfolgt (BGH, Urt. v. 22.5.2001 – VI ZR 268/00, MDR 2001, 1130) und einen Hinweis auf die Folgen der Nichtbeachtung enthält (BGH, Beschl. v. 25.10.2005 – V ZR 241/04, NJW-RR 2006, 428; Brandenburgisches Oberlandesgericht, BauR 2009, 1486; OLGR Celle 2009, 446; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 411 Rdnr. 26; P/G/Katzenmeier, aaO, § 411 Rdnr. 31; vgl. Zöller/Greger, aaO, § 411 Rdnr. 5a). Daran fehlt es: Vielmehr erweckt die Formulierung der Verfügung, wonach den Parteien Gelegenheit zu einer „eventuellen“ Stellungnahme gegeben werde, den gegenteiligen Eindruck, dass es im freien Belieben der Parteien steht, sich zu dem Gutachten zu äußern. Aus einer solchen Formulierung müssen die Adressaten nicht befürchten, bei Nichtbeachtung der gesetzten Frist Nachteile zu erleiden.

Auch der Auffassung des Landgerichts, auch ohne Fristsetzung sei das Recht auf Anhörung präkludiert, vermag der Senat sich in Anbetracht der langen Dauer des laufenden Verfahrens und der allenfalls geringfügigen Überschreitung der gesetzten Frist nicht anzuschließen.

c) Gleichwohl sieht sich der Senat außerstande, das Gesuch in der Sache abschließend zu bescheiden. Denn es besteht Anlass, der Frage nachzugehen, ob die Grundsätze des Rechtsmissbrauchs einer erneuten Anhörung entgegensteht.

Zwar liegen die Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Antragstellung nicht bereits dann vor, wenn das schriftliche Gutachten das Gericht in der Sache überzeugt und es ihm nicht weiter erörterungsbedürftig erscheint (BVerfG, NJW 1998, 2273; P/G/Katzenmeier, aaO, § 411 Rdnr. 22; zu den Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Anhörung: Zöller/Greger, aaO, § 411 Rdnr. 5a; Rixecker, NJW 1984, 2135, 2137; Ankermann, NJW 1985, 1204 f.). Im vorliegenden sind jedoch weitere Umstände zu beachten, denen im Rahmen einer Rechtskontrolle unter dem Aspekt des Rechtsmissbrauchs Beachtung zu schenken ist:

So hat der Sachverständige in dem seit dem Jahr 2007 laufenden Beweisverfahren bereits am 6.3.2008 ein umfangreiches Sachverständigengutachten (GA I Bl. 69 ff.) vorgelegt. Auf die mit Schriftsatz der Antragsteller vom 8.10.2008 gestellten Fragen hat der Sachverständige seine gutachterlichen Äußerungen mit einem weiteren schriftlichen Gutachten vom 19.10.2009 (GA II Bl. 222 ff.) ergänzt. Mit Beschluss vom 18.12.2009 (GA II Bl. 240 f.) hat das Landgericht den Parteien sodann am 8.4.2010 Gelegenheit gegeben, den Sachverständigen anzuhören. Im Anschluss an diese Anhörung hat der Sachverständige nach Durchführung eines erneuten Termins am 23.7.2010 eine zweite Ergänzung vorgelegt (GA II Bl. 275 ff.). Auf einen erneuten Antrag der Antragsteller hat das Landgericht am 12.5.2011 eine zweite mündliche Erläuterung des Gutachtens angeordnet, welche am 12.5.2011 stattgefunden hat. Mit Beschluss vom 25.8.2011 hat das Landgericht dem Sachverständigen weitere Fragen vorgelegt, die dieser in der dritten Ergänzung zu seinem Gutachten am 1.3.2012  beantwortet hat. Es erschließt sich nicht, welchen Erkenntnisgewinn sich die Antragsteller von einer dritten persönlichen Anhörung des Sachverständigen versprechen, zumal die Antragsteller bislang keine spezifischen Einwände gegen die Nachvollziehbarkeit des Gutachtens vorgetragen haben. Hierbei wird auch der Frage nachzugehen sein, welches rechtliche Interesse die Antragsteller an der Beantwortung der ergänzenden Fragen haben (§ 485 Abs. 2 ZPO).

3. Eine eigene Sachentscheidung des Senats war demnach nicht veranlasst. Das Landgericht wird unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut – auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens (vgl. BGH, Beschl. v. 13.9.2005 – VI ZB 84/04; insoweit in BGHZ 164, 94 nicht abgedruckt) – über das Verfahrensgesuch zu entscheiden haben. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da sie Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts erfordern (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 3 ZPO).

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde


(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 569 Frist und Form


(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts ande

Zivilprozessordnung - ZPO | § 296 Zurückweisung verspäteten Vorbringens


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebrac

Zivilprozessordnung - ZPO | § 412 Neues Gutachten


(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet. (2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein S

Zivilprozessordnung - ZPO | § 568 Originärer Einzelrichter


Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 411 Schriftliches Gutachten


(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat. (2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverst

Zivilprozessordnung - ZPO | § 485 Zulässigkeit


(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 492 Beweisaufnahme


(1) Die Beweisaufnahme erfolgt nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels überhaupt geltenden Vorschriften. (2) Das Protokoll über die Beweisaufnahme ist bei dem Gericht, das sie angeordnet hat, aufzubewahren. (3) Das Gericht ka

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(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Beweisaufnahme erfolgt nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels überhaupt geltenden Vorschriften.

(2) Das Protokoll über die Beweisaufnahme ist bei dem Gericht, das sie angeordnet hat, aufzubewahren.

(3) Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 59/09
vom
9. Februar 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gegen die Ablehnung der Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO
ist auch im selbständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben.
BGH, Beschluss vom 9. Februar 2010 - VI ZB 59/09 - OLG Köln
LG Köln
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Februar 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin Diederichsen, die Richter Pauge,
Stöhr und die Richterin von Pentz

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 29. Juli 2009 wird auf Kosten des Antragsgegners als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 20.000,00 €

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat auf Antrag der Antragstellerin, die von dem Antragsgegner zahnärztlich behandelt worden war, in einem selbständigen Beweisverfahren die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet. Der Sachverständige hat das in Auftrag gegebene Gutachten erstattet und drei ergänzende Stellungnahmen abgegeben. Der Antragsgegner hat die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO beantragt. Diesen Antrag hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht die sofortige Beschwerde des Antragsgegners , der das Landgericht nicht abgeholfen hat, als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

2
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
3
1. Die Rechtsbeschwerde ist nur zulässig, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) oder das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Die erstgenannte Alternative liegt nicht vor. Die auf Grundlage der zweiten Alternative vorgenommene Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht ist aber für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend , wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung bereits nicht statthaft ist. Eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung kann nicht durch Zulassung einer Anfechtung unterworfen werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Oktober 2002 - VI ZB 27/02 - VersR 2003, 1007; vom 27. Januar 2004 - VI ZB 33/03 - MDR 2004, 698, 699 und vom 6. Oktober 2009 - VI ZB 18/08 - Rn. 4, AGS 2009, 599; BGH, Beschlüsse vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - VersR 2003, 482, 483; vom 1. Oktober 2002 - IX ZB 271/02 - VersR 2004, 488 f.; vom 8. Mai 2003 - I ZB 40/02 - VersR 2004, 761 und vom 21. April 2004 - XII ZB 279/03 - VersR 2005, 427). Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig gewesen ist (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - IX ZB 369/02 - NJW 2004, 1112, 1113 m.w.N.). Die Rechtsbeschwerde ist in diesem Fall auch dann unzulässig, wenn das Beschwerdegericht sie eigens zur Klärung der Zulässigkeitsfrage zugelassen hat (BGH, Beschlüsse vom 17. Oktober 2005 - II ZB 4/05 - NJW-RR 2006, 286 und vom 20. Dezember 2005 - VII ZB 52/05 - InVo 2006, 146; Prütting/Gehrlein/Lohmann, ZPO, § 574, Rn. 17).
4
So verhält es sich hier.
5
2. Gegen die Ablehnung der Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO ist auch im selbständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben.
6
a) Die Frage, inwieweit gegen einzelne Entscheidungen, die im selbständigen Beweisverfahren (§§ 485 ff. ZPO) ergehen, die sofortige Beschwerde (§ 567 ZPO) gegeben ist, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Während der Senat die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens für zulässig erachtet hat (Senatsbeschluss BGHZ 164, 94, 95), hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass gegen die gerichtliche Anforderung eines Auslagenvorschusses im selbständigen Beweisverfahren - wie auch im Hauptsacheverfahren - ein Rechtsmittel nicht gegeben ist (BGH, Beschluss vom 3. März 2009 - VIII ZB 56/08 - NJW-RR 2009, 1433, 1434). Die Frage, ob im selbständigen Beweisverfahren die Entscheidung , mit der ein Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO zurückgewiesen worden ist, mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar ist, wird von Oberlandesgerichten teilweise bejaht (OLG Frankfurt, MDR 2008, 585 f.; OLG Stuttgart, NJW-RR 2009, 497 f.), überwiegend jedoch verneint (OLG Hamm, OLGR 1996, 203 f.; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 933; OLG Hamm, OLGR 2001, 251, 252; OLG Köln, OLGR 2002, 128, 129; OLG Schleswig , OLGR 2003, 308; OLG Jena, IBR 2007, 350; OLG Koblenz, MDR 2007, 736, OLG Rostock, MDR 2008, 999 f.; OLG Zweibrücken, IBR 2009, 186; OLG Düsseldorf, MDR 2009, 588; OLG Schleswig, MDR 2009, 1304; OLG Hamm, OLGR 2009, 844 f.; vgl. auch Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 492, Rn. 8; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 490, Rn. 4).
7
b) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Dies ergibt sich, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, aus § 567 Abs. 1 ZPO. Weder ist im Gesetz ausdrücklich bestimmt, dass gegen die im selbständigen Beweisverfahren ergangene Entscheidung, kein weiteres Gutachtens gemäß § 412 ZPO einzuholen , die sofortige Beschwerde statthaft ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), noch handelt es sich in diesen Fällen um eine von § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO erfasste Entscheidung. Die Beweismöglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren gehen grundsätzlich nicht weiter als im Hauptsacheverfahren. Im Erkenntnisverfahren ist gegen die Ablehnung der Einholung eines neuen Gutachtens grundsätzlich kein Rechtsmittel gegeben. Nach § 492 ZPO folgt die Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren den Regeln des Erkenntnisverfahrens. Würde den Parteien im selbständigen Beweisverfahren in Fällen wie hier ein Beschwerderecht eingeräumt, erhielten sie ein Rechtsmittel an die Hand, welches ihnen bei einer Beweiserhebung in der Hauptsache nicht zur Verfügung stünde. Gründe für eine abweichende Regelung im selbständigen Beweisverfahren sind nicht vorhanden. Hält eine Partei die Einholung eines weiteren Gutachtens für notwendig, bleibt es ihr unbenommen, die Gründe dafür gegebenenfalls im Hauptsacheverfahren vorzutragen und dort die Anordnung der erneuten Begutachtung zu beantragen. Hat dieser Antrag im Hauptsacheverfahren keinen Erfolg , ist das Unterlassen einer weiteren Begutachtung, das einen revisiblen Verfahrensfehler darstellen kann, im Rechtsmittelverfahren überprüfbar (MünchKomm -ZPO/Zimmermann, 3. Aufl., § 412, Rn. 5; Zöller/Greger, aaO, § 412, Rn. 4) .
8
c) Eine verfahrensrechtliche Pflicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht im Hauptsacheverfahren gemäß § 412 ZPO nur ausnahmsweise, nämlich bei besonders schwierigen Fragen, bei groben Mängeln der vorhandenen Gutachten und dann, wenn ein neuer Gutachter über überlegene Forschungsmittel verfügt (BGHZ 53, 245, 258; Senatsurteile vom 5. Dezember 1961 - VI ZR 261/60 - VersR 1962, 231, 232; vom 9. Februar 1971 - VI ZR 142/69 - VersR 1971, 472, 473 und vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - VersR 1980, 533 f.; BGH, Urteil vom 18. März 1974 - III ZR 48/73 - VersR 1974, 804, 806 f.). Hinsichtlich der Frage, ob die Einholung eines weiteren Gutachtens geboten ist, ist dem Tatrichter ein Ermessensspielraum eingeräumt (§§ 144, 411 Abs. 3, 412 ZPO), bei dessen Ausübung er die Grundsätze der freien Beweiswürdigung , die sachfremde Erwägungen verbieten (§ 286 ZPO), zu beachten hat (Senatsurteil vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - aaO, S. 533). Die Entscheidung darüber, ob ein weiteres Gutachten einzuholen ist, erfordert mithin eine Würdigung der bisher erhobenen Beweise. Eine Beweiswürdigung findet im selbständigen Beweisverfahren indessen nicht statt. Die Tätigkeit des mit dem selbständigen Beweisverfahren beauftragten Gerichts beschränkt sich vielmehr, wie die Beschwerdeerwiderung zutreffend darlegt, auf die Entgegennahme und formelle Prüfung des Antrags (§§ 487, 490 ZPO), die Ladung des Gegners (§ 491 ZPO) und die Durchführung der Beweisaufnahme nach Maßgabe des § 492 ZPO. Ist dem Gericht im selbständigen Beweisverfahren eine Prüfung der Frage der Erforderlichkeit eines neuen Gutachtens mithin verwehrt, ist die Ablehnung eines darauf gerichteten Antrags auch der Überprüfung im Beschwerdeverfahren entzogen.
9
d) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, dass das selbständige Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch eine Streitvermeidung im Auge habe und dazu eine umfassende Beweiserhebung erforderlich sei. Ob die Einholung eines weiteren Gutachtens zur Streitvermeidung geeignet ist, ist eine Frage des Einzelfalls und rechtfertigt es nicht, den Parteien im selbständigen Beweisverfahren die Möglichkeit an die Hand zu geben, über den verfahrenseinleitenden Antrag hinaus die Art und Weise sowie den Umfang und die Dauer der Beweiserhebung zu bestimmen. Zudem steht einer Überprüfung von Entscheidungen über die Art und Weise der Beweiserhebung die Vorschrift des § 355 Abs. 2 ZPO entgegen, die auch im selbständigen Beweisverfahren Anwendung findet (Zöller/Herget, aaO, § 492, Rn. 1). Etwas anderes gilt allein für den Antrag einer Partei auf Ladung des gerichtlichen Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens, denn einem solchen Antrag hat das Gericht grundsätzlich - ohne Würdigung der bisher erhobenen Beweise - zu entsprechen. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats hat die Partei nämlich zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann (Senatsbeschluss vom 22. Mai 2007 - VI ZR 233/06 - VersR 2007, 1713 m.w.N.). Dieses Antragsrecht besteht deshalb auch im selbständigen Beweisverfahren (Senatsbeschluss BGHZ 164, 94, 96 f.).

10
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Galke Diederichsen Pauge
Stöhr von Pentz

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.05.2009 - 3 OH 13/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 29.07.2009 - 5 W 18/09 -

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

(1) Die Beweisaufnahme erfolgt nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels überhaupt geltenden Vorschriften.

(2) Das Protokoll über die Beweisaufnahme ist bei dem Gericht, das sie angeordnet hat, aufzubewahren.

(3) Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn

1.
die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder
2.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 241/04
vom
25. Oktober 2005
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. Oktober 2005 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Klein und Dr. Lemke, die
Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Oktober 2004 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 86.236,69 €.

Gründe:


I.

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten - eine der Rechtsnachfolgerinnen der Deutschen Bundesbahn - den Ersatz von Schäden sowie die Durchführung von Maßnahmen zur Abwehr des Zustroms von Grundwasser, das durch schädliche Bodeneinwirkungen verunreinigt ist. Die Beklagte verteidigt sich im Rechtsstreit u.a. damit, dass die Verunreinigungen nicht aus ihren ehemaligen Bahnhofsgrundstücken herrührten, welche sie zum Teil bis 1989 an eine Fa. R. verpachtet hatte, sondern ausschließlich aus dem jenseits der T. straße belegenen ehemaligen Betriebsgelände der Fa. R. stammten und allein durch den Grundwasserstrom durch ihr Grundstück hindurch auf das Betriebsgelände der Klägerin transportiert würden, die dort auf Grund einer wasserrechtlichen Erlaubnis zwei Brunnen betreibt.
2
Das Landgericht hat zwei hydrogeologische Gutachten eingeholt. Nach Eingang des zweiten Gutachtens hat das Landgericht durch Verfügung des Vorsitzenden vom 19. März 2003 den Parteien aufgegeben, binnen einer Frist von sechs Wochen nach Zustellung der Verfügung zu dem Gutachten Stellung zu nehmen. Mit Schriftsätzen im Mai und im Juni 2003 hat die Beklagte zweimal beantragt, die Frist zur Stellungnahme wegen Wechsels des Sachbearbeiters der Beklagten und wegen Überlastung des Anwalts zu verlängern; den Anträgen wurde entsprochen
3
Nachdem die Stellungnahme auch nicht innerhalb der verlängerten Frist eingegangen war, hat der Vorsitzende Termin auf den 11. November 2003 anberaumt. Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2003 hat die Beklagte Beweiseinreden erhoben, an den Sachverständigen zu stellende Fragen formuliert und beantragt, den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden. Dieser teilte mit, dass er am 11. November 2003 einen anderen Termin habe und zu dem umfangreichen Schriftsatz der Beklagten auch nicht binnen einer Woche sachgerecht Stellung nehmen könne.
4
Der Termin wurde ohne den Sachverständigen durchgeführt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und in den Urteilsgründen den Antrag der Beklagten auf Ladung des Sachverständigen nach § 411 Abs. 4 ZPO i.V.m § 296 Abs. 1 ZPO wegen Verspätung zurückgewiesen.
5
In der Berufungsinstanz hat die Beklagte nochmals die Anhörung des Sachverständigen unter Vorlage eines von ihr eingeholten Privatgutachtens beantragt. Das Oberlandesgericht hat dem Antrag unter Bezugnahme auf die Gründe im Urteil des Landgerichts nicht entsprochen und die Berufung ohne Beweisaufnahme zurückgewiesen.

II.


6
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es sich die rechtsfehlerhaften Ausführungen des Landgerichts zu eigen gemacht und deswegen von einer Anhörung des Sachverständigen auch im Berufungsrechtszug abgesehen hat.
7
1. a) Das Landgericht hat zu Unrecht den Antrag der Beklagten auf Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens nach § 411 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückgewiesen. Eine Zurückweisung aus diesem Rechtsgrund setzt eine wirksame richterliche Fristsetzung voraus, an der es hier fehlt.
8
Der Senat lässt insoweit dahinstehen, ob die nicht in einer mündlichen Verhandlung gem. § 411 Abs. 4 ZPO bestimmte Frist von sechs Wochen zur Stellungnahme zu dem Gutachten schon deshalb keine Ausschlusswirkung für verspätetes Vorbringen nach § 296 Abs. 1 ZPO herbeiführen konnte, weil die mit einer Frist versehene Aufforderung nicht durch die Kammer beschlossen, sondern allein durch den Vorsitzenden verfügt worden ist (vgl. BGH, Urt. vom 22. Mai 2001, VI ZR 268/00, NJW-RR 2001, 1431, 1432). Einen Ausschluss der erst lange nach Fristablauf von der Beklagten vorgetragenen Beweiseinreden und des Antrags auf Ladung des Sachverständigen konnte die Fristsetzung hier jedenfalls deshalb nicht herbeiführen, weil es an dem dafür erforderlichen Hinweis an die Parteien über die Folgen einer Nichtbeachtung der Frist fehlte. Eine Präklusionswirkung kann der Ablauf einer richterlichen Frist zum Vorbringen der Einwendungen gegen das Gutachten und der die Begutachtung betreffenden Anträge nach § 411 Abs. 4 Satz 1 ZPO nur dann auslösen, wenn bei der Partei keine Fehlvorstellungen über diese Wirkung aufkommen können (BGH, Urt. vom 22. Mai 2001, VI ZR 268/00, aaO). Daran fehlte es hier. In der Verfügung wurden die Parteien zu einer Stellungnahme zu dem Gutachten in einer von dem Richter bestimmten Frist aufgefordert, ohne dass dies mit einem Hinweis auf einen Ausschluss eines erst nach Ablauf der Frist eingehenden Vorbringens verbunden wurde.
9
b) Die fehlerhafte Zurückweisung des Antrags auf Anhörung des Sachverständigen zu den von ihr erhobenen Beweiseinreden verletzt deren Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Die Verletzung des Verfahrensgrundrechts folgt daraus, dass der Beklagten unter Verstoß gegen die Vorschriften der Zivilprozessordnung das Fragerecht an den Gutachter aus §§ 402, 397 Abs. 1 ZPO zu Unrecht versagt worden ist (BVerfG NJW-RR 1996, 183, 185; NJW 1998, 2273, 2274 und Senat, Urt. v. 15. November 1996, V ZR 132/95, LM BGB § 315 Nr. 52a).
10
2. a) Das Berufungsgericht hat den Fehler fortgeführt, indem es sich unter Berufung auf die Gründe des Landgerichts an einer Ladung des Sachverständigen gehindert gesehen hat. Die in erster Instanz erhobenen Beweiseinreden und das daraus begründete Fragerecht waren - infolge fehlerhafter Zurückweisung durch das Landgericht - nicht nach § 531 Abs. 1 ZPO im Berufungsrechtszug ausgeschlossen. Das Berufungsgericht wäre zur Behebung des Fehlers verpflichtet gewesen, dem in zweiter Instanz erneut gestellten Antrag auf Anhörung des Sachverständigen zu entsprechen (vgl. BGH, Urt. v. 24. Oktober 1995, VI ZR 13/95, NJW 1996, 788, 789 und v. 29. Oktober 2002, VI ZR 353/01, NJW-RR 2003, 208, 209).
11
b) Damit hat auch das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt. Zwar führt nicht jede fehlerhafte Anwendung einer Präklusionsvorschrift durch das Berufungsgericht zu einem Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht; eine solche Verletzung liegt jedoch dann vor, wenn der Fehler - wie hier - zur Folge hat, dass der Partei in beiden Tatsacheninstanzen auf Grund von Verfahrensfehlern das Fragerecht gegenüber dem Sachverständigen abgeschnitten wird (vgl. BVerfG NJW 1995, 2980).
12
3. a) Das angefochtene Urteil beruht auch auf der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Dies ist bereits dann so, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung der Beweiseinreden und einer Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen dazu anders entschieden hätte (Senat, Urt. v. 18. Juli 2003, V ZR 182/02, NJW 2003, 3205 f. und Beschl. v. 9. Juni 2005, V ZR 271/04, NJW 2005, 2624, 2625). So liegt es hier. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht nach einer Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen zu den von der Beklagten erhobenen Einreden zu einem anderen Beweisergebnis gelangt wäre.
13
b) Die Beweisfrage betrifft auch einen entscheidungserheblichen Punkt. Über die von der Klägerin geltend gemachten Abwehr- und Schadensersatzansprüche wäre anders zu urteilen, wenn die die Verunreinigung des Grundwassers auslösenden schädlichen Bodenveränderungen durch Teeröle allein auf den früheren Betriebsgrundstücken der Fa. R. , und nicht auch auf den ehemaligen Bahnhofsgrundstücken der Beklagten erfolgten.
14
Zur Abwehr von Beeinträchtigungen der Klägerin, die ausschließlich auf dem Durchfluss bereits verunreinigten Grundwassers von dem ehemaligen Betriebsgrundstück der Fa. R. zu den Betriebsgrundstücken und der auf diesen befindlichen Brunnenanlage der Klägerin beruhen, wäre die Beklagte nicht verpflichtet. Ein solcher Anspruch gegen Beeinträchtigungen aus dem natürlichen Grundwasserstrom setzt vielmehr voraus, dass die Störung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers zurückgeführt werden kann (vgl. Senat, BGHZ 90, 255, 266; 114, 183, 187). Störungen, die auf schädliche Bodenveränderungen auf den im Eigentum der Fa. R. stehenden Betriebsgrundstücken zurückzuführen sind, hätte die Beklagte indes weder durch eigene Handlungen ermöglicht noch durch pflichtwidriges Unterlassen herbeigeführt.

III.


15
Der Senat hat von der Möglichkeit der Aufhebung und Zurückverweisung durch Beschluss nach § 544 Abs. 7 ZPO Gebrauch gemacht.
16
Die Entscheidung über den Gegenstandswert der Nichtzulassungsbeschwerde folgt aus § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.
Krüger Klein Lemke Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 23.12.2003 - 5 O 38/94 -
OLG Köln, Entscheidung vom 19.10.2004 - 22 U 17/04 -

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 84/04
vom
13. September 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen und dessen
Anhörung sind auch im selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO zulässig.
BGH, Beschluss vom 13. September 2005 - VI ZB 84/04 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. September 2005 durch
die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsbehelfe der Antragsgegner werden der Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2004 und die Beschlüsse der 14. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10. Februar 2004, 17. Februar 2004 und 30. März 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an die 14. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurückverwiesen. Gegenstandswert: 7.500 €

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat im selbständigen Beweisverfahren die Begutachtung zahnärztlicher Leistungen der Antragsgegner im Oberkiefer und Unterkiefer durch einen Sachverständigen begehrt. Auf Beweisbeschluss des Landgerichts hat der Sachverständige G. das schriftliche Gutachten vom 22. August 2003 erstattet. Nach Einwendungen und Fragen der Antragsgegner hat der
Sachverständige ein schriftliches Ergänzungsgutachten erstellt. Die Antragsgegner haben daraufhin beantragt, den Sachverständigen zur Erläuterung von Gutachten und Ergänzungsgutachten zu laden und vorsorglich die Einholung eines Obergutachtens beantragt. Das Landgericht hat mit Beschluss der Einzelrichterin vom 10. Februar 2004 diese Anträge zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts den Beschluss der Einzelrichterin erneut als Kammerbeschluss erlassen und mit weiterem Beschluss der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde hinsichtlich des Hauptantrags zurückgewiesen und hinsichtlich des Hilfsantrags auf Einholung eines Obergutachtens als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Anhörungsrecht stehe den Antragsgegnern im selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO nicht zu. Diese Bestimmung sehe ausschließlich das schriftliche Gutachten als Beweismittel vor. Die Verweisung des § 492 Abs. 1 ZPO sei daher dahin einzuschränken, dass die Vorschriften über die mündliche Befragung des Sachverständigen nach §§ 402, 397 ZPO nicht anzuwenden seien. Die mündliche Anhörung könne im selbständigen Beweisverfahren nur zu dem Zweck einer gütlichen Einigung nach freiem Ermessen des Gerichts angeordnet werden. Dem Gericht des selbständigen Beweisverfahrens obliege keine endgültige Bewertung des schriftlichen Gutachtens. Das Landgericht habe eine mündliche Erörterung ohne Ermessensfehler abgelehnt, weil eine Einigung der Parteien nicht zu erwarten sei. Eine Aufklärung des behaupteten Widerspruchs zwischen dem Gutachten und dem Ergänzungsgutachten sei auch auf schriftlichem Wege möglich. Hinsichtlich des Hilfsantrags sei ohnedies die nicht mit Gründen versehene sofortige Beschwerde nicht statthaft. Die Einholung eines
weiteren Gutachtens nach § 412 ZPO stehe im freien Ermessen des Gerichts. Die Entscheidung betreffe daher die Art der Beweisaufnahme, die nach § 355 Abs. 2 ZPO einer Anfechtung entzogen sei. Mit ihren vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerden verfolgen die Antragsgegner ihre Anträge auf Anhörung des Sachverständigen, hilfsweise Einholung eines Obergutachtens weiter.

II.

1. Die Rechtsbeschwerden sind nach Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Die Zulassung der "Revision" ist als Zulassung der Rechtsbeschwerde zu verstehen, ohne dass es einer Berichtigung (§ 319 Abs. 1 ZPO) bedarf. Die Rechtsbeschwerden sind auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1, 575 ZPO).
a) Die sofortige Beschwerde war statthaft (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO; vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, 385, 386 m.w.N. zum früheren Recht). Anders als bei der Beweisaufnahme im Erkenntnisverfahren (vgl. § 355 Abs. 2 ZPO) handelt es sich bei der Zurückweisung des Gesuchs um Anhörung eines Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren um eine Entscheidung, die das Verfahren weitgehend abschließt und die deshalb nicht erst in einem möglicherweise folgenden Rechtsstreit zur Hauptsache geklärt werden kann (vgl. OLG Düsseldorf aaO).
b) Die sofortige Beschwerde war zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 78 Abs. 1, 569 Abs. 1 und 2 ZPO).
2. Die Rechtsbeschwerden haben auch in der Sache Erfolg. Die Frage, ob die mündliche Erläuterung eines Gutachtens durch den Sachverständigen im Rahmen eines zulässigen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 153, 302 ff.) selbständigen Beweisverfahrens nur nach §§ 492 Abs. 3, 411 Abs. 3 ZPO zum Zweck einer gütlichen Einigung nach freiem Ermessen des Gerichts angeordnet werden kann oder ob sie auf Antrag einer Partei auch im selbständigen Beweisverfahren des § 485 Abs. 2 ZPO stets zu erfolgen hat, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
a) Die Vertreter der Ansicht, der sich das Beschwerdegericht angeschlossen hat, wollen der Bestimmung des § 485 Abs. 2 ZPO entnehmen, dass ausschließlich die schriftliche Begutachtung als Beweismittel vorgesehen und daher auch die mündliche Erläuterung nur ausnahmsweise möglich ist (vgl. LG Köln, WuM 1998, 110; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 485 Rdn. 8; Thomas/ Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 485 Rdn. 5; Zimmermann, ZPO, 6. Aufl., § 487 Rdn. 13). Demgegenüber lässt die Gegenmeinung unter Hinweis auf §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 3 ZPO auch im Verfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO die mündliche Anhörung des Sachverständigen zu (vgl. OLG München, BauR 1994, 663, 664; OLG Düsseldorf [22. Zivilsenat], JurBüro 1992, 425, 426; NZBau aaO; [23. Zivilsenat] BauR 1993, 637, 638; [9. Zivilsenat] MDR 1994, 939, 940; OLG Köln, OLGR 1997, 69, 70; OLG Saarbrücken, NJW-RR 1994, 787, 788; OLG Hamburg, OLGR 2003, 263, 264; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 492 Rdn. 5; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 492 Rdn. 3; Musielak/Huber, ZPO, 4. Aufl., § 492 Rdn. 1). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an.

b) Die mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen und dessen mündliche Anhörung sind im selbständigen Beweisverfahren zulässig und bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch geboten. Dafür spricht zunächst der Wortlaut der gesetzlichen Regelung. § 492 Abs. 1 ZPO erklärt die für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels geltenden Vorschriften uneingeschränkt für anwendbar. Hiernach sind auch § 411 Abs. 3 ZPO und §§ 402, 397 Abs. 1 ZPO anzuwenden, die der Partei als Ausfluss des Art. 103 Abs. 1 GG das Recht geben, den Sachverständigen in den Grenzen von Verspätung und Rechtsmissbrauch zumindest einmal persönlich zu hören (vgl. Senatsurteile vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00 - VersR 2002, 120, 121 f.; vom 29. Oktober 2002 - VI ZR 353/01 - VersR 2003, 926, 927; vom 27. Januar 2004 - VI ZR 150/02 - VersR 2004, 1579; Senatsbeschluss vom 10. Mai 2005 - VI ZR 245/04 - z.V.b.). Ein engeres Verständnis dahin, dass die Anhörung nur zu dem Zweck einer gütlichen Einigung nach freiem Ermessen des Gerichts angeordnet werden könnte, ist nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht angezeigt. Das selbständige Beweisverfahren soll zwar die gütliche Streitbeilegung fördern. Eine vergleichsweise Regelung wird durch die Behebung von Zweifeln und Unklarheiten des schriftlichen Gutachtens auch leichter erreicht werden können. Die zu erwartende Einigung ist jedoch nicht Voraussetzung für die Durchführung einer mündlichen Erläuterung. Die selbständige Beweiserhebung steht einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich (vgl. § 493 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren hat daher zur Folge, dass ein neues Gutachten in einem sich anschließenden Rechtsstreit nur unter den engen Voraussetzungen des § 412 ZPO (vgl. dazu Senatsurteile vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - VersR 1980, 533 und vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - VersR 1999, 716, 717) eingeholt werden kann (vgl. Quack,
BauR 1991, 278, 281). Diese präkludierende Wirkung eines im selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO erhobenen Sachverständigenbeweises wäre ohne die Wahrung des rechtlichen Gehörs und damit des Fragerechts der Parteien gemäß §§ 402 Abs. 1, 397 Abs. 1 ZPO nicht zu rechtfertigen. Zudem kann nur auf diese Weise sichergestellt werden, dass der erhobene Beweis durch Sachverständigengutachten möglichst von Bestand ist (vgl. BTDrucks. 11/3621 S. 42 zu § 492 ZPO). 3. Hinsichtlich des lediglich vorsorglich gestellten Hilfsantrags bedarf es keiner Entscheidung des Senats, denn die Rechtsbeschwerde hat bereits im Hauptantrag Erfolg. Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass § 412 Abs. 1 ZPO zwar ebenfalls im selbständigen Beweisverfahren anzuwenden ist (§ 492 ZPO). Die Voraussetzungen, unter denen ein weiteres Gutachten einzuholen ist, sind indes streng (vgl. Senatsurteile vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - aaO und vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - aaO) und hier nicht ersichtlich gegeben. 4. Nach allem ist der Beschluss des Beschwerdegerichts ebenso aufzuheben wie derjenige des Landgerichts. Der Senat hält es für angezeigt, die Zurückverweisung an die Zivilkammer der ersten Instanz auszusprechen. Diese wird unter Beachtung der Rechtsauffassung des entscheidenden Senats erneut
über den Antrag der Beklagten auf Anhörung des Sachverständigen zu entscheiden haben. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.