Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 07. Apr. 2017 - 17 U 6/17

ECLI:ECLI:DE:OLGSH:2017:0407.17U6.17.0A
bei uns veröffentlicht am07.04.2017

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage des Beklagten wird

1. festgestellt, dass der Beklagte Eigentümer des Wohnmobils der Marke/des Typs Fiat Ducato mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … ist , sowie

2. der Kläger verurteilt, der Herausgabe des Wohnmobils der Marke/des Typs Fiat Ducato mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … - derzeit auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Hamburg (Az. …) sichergestellt durch die Polizeidienststelle Polizeipräsidium Köln, … - an den Beklagten zuzustimmen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Jedoch kann der Kläger die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 38.000,00 € abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt die Zustimmung des Beklagten zur Herausgabe eines derzeit polizeilich sichergestellten und zuvor unstreitig von diesem erworbenen Wohnmobils an ihn selbst sowie im Berufungsrechtszug zusätzlich die Feststellung, dass er Eigentümer dieses Fahrzeugs ist.

2

Dieses hatte der Beklagte an eine Frau vermietet und von dieser nicht mehr zurückerhalten. Stattdessen bot eine als „H. H. aus Hamburg“ auftretende Veräußerin südländischen Aussehens das - ausweislich Auftragsbestätigung des Beklagten vom 9. September 2015 (B 1, Bl. 64 f. d. A.) von diesem zu einem Listenpreis von 50.755,00 € und zu einem tatsächlichen Kaufpreis von 44.000,00 € erworbene - Wohnmobil vom Typ Fiat Ducato „W…“ im Internet zu einem Verhandlungspreis von 33.400,00 € an (B 2), unter Angabe einer Laufleistung von 5.500 km. Nach seiner Darstellung traf der in Köln wohnhafte Kläger sich mit der Verkäuferin zunächst in einem Café am Rande eines Supermarkts in Hamburg - in diesem soll die Verkäuferin ihrer Darstellung nach gearbeitet haben - und fuhr von dort zu dem einige Kilometer entfernten Standort des Wohnmobils in einer Parkbucht vor einem größeren Gebäude, nach Angaben des Beklagten möglicherweise eine Schwimmhalle. Nach einer Besichtigung des Fahrzeugs erreichte der Kläger nicht zuletzt wegen einer Beschädigung am Heck des Fahrzeugs eine Kaufpreisminderung auf 29.500,00 €.

3

Im schriftlichen Kaufvertrag vom 22. März 2016 (K 1, Bl. 5 d. A.) wurde eine etwas geringere Laufleistung von 4.117 km angegeben, aber im Übrigen die gleiche Fahrzeugidentifizierungsnummer … wie in den vorgelegten Zulassungsbescheinigungen Teil I und II (K 2, K 3, Bl. 6 bis 7 d. A.) und am Fahrzeug angegeben. Während der Kaufvertrag als Verkäuferadresse „K. Straße 278, 2… Hamburg“ aufwies, hieß es in der Zulassungsbescheinigung Teil I „K. Straße 37 B, 2… Hamburg“ und in der Zulassungsbescheinigung Teil II „K. Straße 37 B, 2… Hamburg“. Der Kaufvertrag benannte eine „H. H…nn“ als Verkäuferin. Demgegenüber waren am Vorabend an den Beklagten die technischen Daten „MfG Familie H…n“ von einer E-Mail-Adresse „mh…n@gmx“ übermittelt worden (B 2, Bl. 66 ff. d.A).

4

Wie der Kläger dargelegt hat, habe er durch Inaugenscheinnahme des Personalausweises die Identität der Verkäuferin überprüft; die Unstimmigkeiten hinsichtlich der Adressen- und Namensangabe seien ihm nicht aufgefallen. Nach Barzahlung erhielt der Kläger die Zulassungsbescheinigungen sowie zwei Fahrzeugschlüssel. Die Zulassungsbescheinigungen stellten sich später als sogenannte „Blanko-Fälschungen“ heraus. Auch von den Fahrzeugschlüsseln war lediglich einer ein Originalschlüssel, der andere eine Imitation, mit welchem nur in unmittelbarer Nähe des weiteren Fahrzeugschlüssels und der dort eingebauten Funkbetätigung das Fahrzeug gestartet werden konnte.

5

Der Kläger behauptet in beiden Rechtszügen, dass ihm die mangelnde Verfügungsbefugnis der Verkäuferin nicht bekannt gewesen sei. Er ist deshalb der Auffassung, das Fahrzeug gutgläubig erworben zu haben. Dies stellt der Beklagte aufgrund der vorliegenden Ungereimtheiten und der - als solches unstreitigen - Tätigkeit des Klägers als Serviceberater in einem Autohaus in Abrede.

6

Soweit das Wohnmobil zur Besicherung einer Darlehensfinanzierung an die finanzierende Bank sicherungsübereignet war, hat diese mit Schreiben vom 11. Oktober 2016 (Bl. 157 d.A.) bestätigt, dass das Darlehen zurückgeführt worden sei. Mit Schreiben bereits vom 11. August 2016 (Bl. 157 d.A.) hatte die Bank mitgeteilt, dass sie die echte Zulassungsbescheinigung Teil II im Falle seines Obsiegens in diesem Rechtsstreit an den Beklagten herausgeben werde.

7

Das Landgericht, auf dessen Urteil hinsichtlich weiterer Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen wird, hat der auf Zustimmung zur Herausgabe des sichergestellten Fahrzeuges an den Kläger gerichteten Klage stattgegeben. Hierzu sei der Beklagte verpflichtet, weil der Kläger gemäß §§ 929 Satz 1, 932 BGB infolge gutgläubigen Erwerbs Eigentümer des Fahrzeugs geworden sei. Der Kläger habe sich die erforderlichen Unterlagen vorlegen lassen. Plausibel und nachvollziehbar sei, dass ihm die Unstimmigkeiten nicht aufgefallen seien; eine Pflicht zu weiteren Nachforschungen habe nicht bestanden. Auch Verkaufsumstände und Preisdifferenz seien nicht untypisch für den Gebrauchtwagenhandel. Selbst den Umstand, dass der Zweitschlüssel offensichtlich kein Originalschlüssel ist, habe der Kläger nicht merken müssen, weil nicht ersichtlich sei, dass der Kläger vergeblich Startversuche mit diesem Schlüssel vorgenommen habe.

8

Gegen dieses Urteil macht der Beklagte mit seiner rechtzeitig eingelegten Berufung Folgendes geltend:

9

- Das Landgericht habe die berufliche Tätigkeit des Klägers nicht hinreichend berücksichtigt. Es sei aber in der Rechtsprechung anerkannt, dass für Kfz-Händler strengere Sorgfaltspflichten gelten würden, welche über die Sorgfaltspflichten eines Privatmannes deutlich hinausgingen. Dies könne bei einem Serviceberater nicht anders liegen.

10

- Der Arbeitgeber des Klägers habe - aus dem Internet ersichtlich - zudem auch Wohnmobile in der Vermietung; ungeachtet dessen bietet der Kläger auch selbst Fahrzeuge im Internet an, beispielsweise der Firma BMW.

11

- Anders als das Landgericht es meine, hätten die Unstimmigkeiten in den Fahrzeugbescheinigungen aber auch bereits einem Laien auffallen müssen.

12

- Jedenfalls aus Händlerperspektive müsse aber ein um 25 % unter Wert annoncierter Kaufpreis zudem Bedenken erwecken.

13

- Das Landgericht habe auch verkannt, dass der Kläger eine Tauglichkeitsprüfung der Fahrzeugschlüssel hätte vornehmen müssen; sei es doch typisch für entwendete Fahrzeuge, dass bei diesen zumeist nur ein Originalschlüssel vorhanden oder funktionsfähig sei.

14

- Inzwischen habe sich weiter heraus gestellt, dass auch das Deckblatt des Serviceheftes erkennbar mittels eines neuen Deckblattes manipuliert worden sei.

15

- Aber auch die Situation des „Straßenverkaufs“ als solche müsse stets Zweifel erwecken, insbesondere wenn weitere Ungereimtheiten oder Ungenauigkeiten hinzu kämen; so liege es hier bei der Kilometerangabe, aber auch bei der Bescheinigung für die Flüssiggasanlage, der Abweichung der Ausstattung des Modells des angebotenen Baujahrs 2015 und dem tatsächlich gegebenen Modelljahr 2016 sowie bei dem zu dem deutschen Namen nicht passenden südländische Aussehen der Verkäuferin sowie deren behauptetes Alter.

16

Der Beklagte beantragt,

17

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen sowie das Feststellungsbegehren des Klägers zurückzuweisen

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sowie widerklagend

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1. im Wege des Zwischenfeststellungsantrages festzustellen, dass er, der Beklagte, Eigentümer des Wohnmobils der Marke/des Typs Fiat Ducato mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … ist und

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2. den Kläger zu verurteilen, der Herausgabe des Wohnmobils der Marke/des Typs Fiat Ducato mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … - derzeit auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Hamburg sichergestellt durch die Polizeidienststelle Polizeipräsidium Köln, an ihn, den Beklagten, zuzustimmen.

21

Der Kläger beantragt,

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1. die Berufung zurückzuweisen
sowie

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2. festzustellen, dass er, der Kläger, Eigentümer des Wohnmobils der Marke/des Typs Fiat Ducato mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … ist.

24

Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil und vertieft sein bisheriges Vorbringen dahin, dass der Kaufpreis keineswegs auffällig niedrig gewesen sei, er lediglich im Nachhinein ein Fahrzeug bei ebay angeboten habe, er keine Veranlassung zu einem Startversuch mit dem zweiten Schlüssel gehabt habe - welcher mutmaßlich wegen räumlicher Nähe zum Erstschlüssel auch funktioniert hätte - und sein Fokus darauf gerichtet gewesen sei, anhand von Zulassungsbescheinigungen und Personalausweis die Identität und Verfügungsberechtigung der Verkäuferin sowie durch Besichtigung den tatsächlichen Zustand des Wohnmobils zu überprüfen. Aus seiner Sicht habe keine Veranlassung bestanden - und dies werde auch nicht behauptet - etwa sich das Serviceheft anzusehen, über dessen Vorhandensein als solches er sich durchaus überzeugt habe. Die Darstellung von dessen Inhalt durch den Beklagten werde mit Nichtwissen bestritten. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 4. April 2017 beanstandet der Kläger das seiner Auffassung nach fehlende Rechtschutzbedürfnis für die Widerklage des Beklagten und die unterbliebene förmliche Rückübereignung durch die finanzierende Bank.

25

Im Übrigen wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 24. März 2017 sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die jeweils beigefügten Anlagen. Der Senat hat die Ermittlungsakten beigezogen.

II.

26

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in vollem Umfange Erfolg.

27

Deshalb war nicht nur unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die auf Zustimmung zur Herausgabe des sichergestellten Fahrzeuges an den Kläger erhobene Klage abzuweisen, sondern auch auf die gemäß § 533 ZPO statthafte, weil jedenfalls sachdienliche Widerklage des Beklagten der Kläger umgekehrt zur Zustimmung der Herausgabe an den Beklagten zu verurteilen sowie im Rahmen zulässiger Zwischenfeststellung auch festzustellen, dass der Beklagte Eigentümer des streitbefangenen Wohnmobils ist. Vielmehr musste umgekehrt auch die im Rahmen zulässiger Anschlussberufung statthaft erhobene Zwischenfeststellungsklage des Klägers erfolglos bleiben, weil der Kläger nicht Eigentum erworben hat. Den beiderseitigen Anträgen fehlt es allerdings nicht am Rechtsschutzinteresse. Denn obwohl die Rechtskraftwirkung einer Entscheidung zwischen den Parteien auf diese beschränkt ist und im Rahmen strafprozessualer Sicherstellung gemäß § 111 k StPO auch die Entscheidung des Ermittlungsrichters herbeigeführt werden kann, wird die Staatsanwaltschaft jedenfalls nicht grundlos die Entscheidung der Zivilgerichte übergehen.

28

In der Sache kam es für die Frage der eigentumsrechtlichen Zuordnung des streitbefangenen Wohnmobils allein darauf an, ob der Beklagte sein ursprüngliches Eigentum durch gutgläubigen Erwerb des Klägers gemäß § 932 BGB verloren hat. Denn die anfängliche Sicherungsübereignung an die den Erwerb des Beklagten finanzierende Bank ist nach - auch vom Kläger nicht bestrittener - Rückführung des gewährten Darlehens gegenstandslos geworden, zumal die Bank mitgeteilt hat, dass sie im Falle eines Obsiegens des Beklagten in diesem Rechtsstreit die „echte“ Zulassungsbescheinigung Teil II auch an diesen herausgeben werde. Sofern nicht die Sicherungsübereignung selbst auflösend bedingt gewesen sein sollte, hätte die finanzierende Bank jedenfalls im Sinne des § 931 BGB ihren Herausgabeanspruch aufschiebend bedingt abgetreten, so dass der Beklagte mit Entscheidung dieses Rechtsstreits zugleich Eigentum erwirbt; die Übergabe der Zulassungsbescheinigung wirkt ohnehin nicht als solche rechtsbegründend. Allerdings wird der Beklagte vor einem gutgläubigen Erwerb nicht gemäß § 935 Abs. 1 BGB geschützt, weil er den unmittelbaren Besitz am Fahrzeug durch die Überlassung zu Vermietungszwecken mit seinem Einverständnis aufgegeben hatte und für einen unfreiwilligen Besitzverlust der Mieterin nichts spricht; die Weggabe durch den Besitzmittler ist kein Fall des „Abhandenkommens“ (BGH, Urteil vom 20. September 2004 - II ZR 318/02 -, NJW-RR 2005, 280, bei juris Rn.21).

29

Gleichwohl kann ein gutgläubiger Erwerb durch den Kläger nach Auffassung des Senats nicht angenommen werden. Die insoweit zu fordernden Standards an die gebotene Sorgfalt beim Erwerb eines gebrauchten Kraftfahrzeuges (1.), insbesondere unter Berücksichtigung des konkreten Informationsgrades des Klägers (2.), wurden von diesem nämlich ersichtlich nicht beachtet, so dass ihm der einen gutgläubigen Erwerb ausschließende Vorwurf grober Fahrlässigkeit im Sinne des § 932 Abs. 2 BGB nicht erspart werden kann (3.).

30

1. Bereits seit längerem ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs sich der Erwerber nicht allein auf den Rechtschein des vorhandenen Besitzes des Verkäufers verlassen darf, sondern das Unterlassen der Einsichtnahme in den Kraftfahrzeugschein und den Kraftfahrzeugbrief (heute: Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II) in aller Regel einem gutgläubigen Erwerb entgegen steht (siehe nur BGH, Urteil vom 5. Februar 1975 - VIII ZR 151/73 -, NJW 1975, 735, bei juris, Rn. 12 mit Verweis auf die frühere Rechtsprechung). Obwohl einen Erwerber keine generelle Nachforschungspflicht trifft, ist es mit der bloßen Einsichtnahme in die vorgelegten Papiere jedoch regelmäßig nicht getan. Erforderlich ist vielmehr, und zwar als Mindestanforderung für einen gutgläubigen Erwerb, die „Übergabe und Prüfung des Kraftfahrzeugbriefes“ (BGH a.a.O., bei juris, Rn. 18; bestätigt etwa durch BGH, Urteil vom 13. Mai 1996 - II ZR 222/95 -, NJW 1996, 226 ff., bei juris, Rn. 7 und BGH, Urteil vom 1. März 2013 - V ZR 92/12 -, NJW 2013, 1946 ff.,bei juris, Rn. 13). Dies gilt unabhängig davon, ob der Erwerber Privatmann ist oder als Händler Erfahrungen in der Vornahme von Fahrzeugankäufen gesammelt hat (KG, Urteil vom 22. Mai 2014 - 8 U 114/13 -, MDR 2015, 2311, bei juris, Rn. 17; OLG Braunschweig, Urteil vom 1. September 2011 - 8 U 170/10 -, bei juris, Rn. 34, 36).

31

Je nach dem Ergebnis dieser Prüfung oder auch aufgrund anderer Begleitumstände kann es zur Notwendigkeit weiterer Erkundigungen kommen, die - soll nicht vom Kauf Abstand genommen werden - bis zu einer Anfrage bei der Kraftfahrzeugzulassungsstelle oder beim Kraftfahrtbundesamt reichen können (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1991 - VIII ZR 19/91 -, NJW 1992, 310 ff., bei Juris, Rn. 13 ff., 18). Umstände, die geeignet sind, insoweit weitere Nachforschungen nahezulegen, sind etwa Ungereimtheiten im gesamten Verlauf des Geschäfts, ein sehr günstiger Verkaufspreis (siehe bereits BGH, Urteil vom 1. Juli 1987 - VIII ZR 331/86 -, NJW-RR 1987, 1456 ff., bei juris, Rn. 19, 24 ff.), aber auch bereits die Situation des „Straßenverkaufs“ selbst, jedenfalls bei auffälligem Verlauf (BGH, Urteil vom 1. März 2013 - V ZR 92/12 -, NJW 2013, 1946 f., bei juris Rn. 15; vgl. auch OLG Schleswig, Urteil vom 1. September 2006 - 14 U 201/05 -, NJW 2007, 357 ff., bei juris Rn. 19), eine Situation, die deshalb spezifische Risiken aufweist, weil sie naturgemäß das Risiko der Entdeckung eines entwendeten Fahrzeugs mindert (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1991 a.aO., bei juris Rn. 14).

32

Inwieweit welche Umstände tatsächlich aussagekräftig zu Nachforschungen veranlassen müssen, ist allerdings eine Frage des Einzelfalls. Entscheidend ist stets, ob der Erwerber deshalb die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich groben Maße außer Acht gelassen hat, weil er dasjenige unbeachtet gelassen hat, was in gegebenem Falle jedem hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1991 - VIII ZR 19/91 -, bei Juris, Rn. 13 m. w. N.). Hierbei liegt es in der Natur der Sache, dass auf den Wahrnehmungshorizont des Erwerbers abzustellen ist, also eine „ex ante“-Betrachtung vorzunehmen ist und nicht auf die „ex post“-Sicht nach späteren Ermittlungen.

33

2. Insoweit kommt es naturgemäß nicht allein auf die objektiven Umstände des Erwerbsgeschäfts an, sondern gerade auch auf Vorkenntnisse und Erfahrungen des Erwerbers. Aus diesem Grund hat die Rechtsprechung zu Recht bisher von Fahrzeughändlern eine entschieden intensivere Prüfung und Nachforschung verlangt als von Privatpersonen (so ausdrücklich etwa KG, Urteil vom 22. Mai 2014 - 8 U 114/13 -, MDR 2015, 23 f, bei juris, Rn. 17 und 21; OLG Braunschweig vom 1. September 2011 - 8 U 170/10 -, bei juris, Rn. 36). Fälschungen von Zulassungsbescheinigungen etwa, die einem im Umgang mit derartigen Papieren vertrauten Händler ohne weiteres auffallen oder zumindest als Ungereimtheiten zu weiteren Nachforschungen veranlassen, müssen einem Privatkäufer nicht ohne weiteres ins Auge fallen. Ähnlich liegt es bei anderen Ungereimtheiten. Allerdings muss auch ein Privatkäufer sich jedenfalls in wohlverstandenem Eigeninteresse darüber hinreichende Sicherheit verschaffen, ob etwa Serviceintervalle eingehalten sind oder eine Werksgarantie noch besteht und deshalb das Serviceheft vorlegen lassen (hiervon geht ersichtlich auch OLG München, Urteil vom 26. Mai 2011 - 23 U 434/11 -, bei juris Rn. 33, aus).

34

Vorliegend ist der Kläger - Serviceberater in einem Autohaus - nicht einem selbständigen Händler oder wenigstens einem im Ankauf tätigen Mitarbeiter eines Autohauses gleichzusetzen, wenn auch zweifelsohne fahrzeugkundig, also im Umgang mit Kraftfahrzeugen generell erfahren. Wie er vor dem Senat erläutert hat, führt er Kundendienstaufträge sowie die Abwicklung von Versicherungsschäden durch und sieht in dieser Eigenschaft ein bis zwei Zulassungsbescheinigungen täglich. Er war auch in der Lage, dem Senat die zum Teil nicht ganz leserlichen Rubriken in der Kopie der vorgelegten Fahrzeugbescheinigung Teil II im Hinblick auf die im Feld „K“ angesprochene EU-Konformitätsbescheinigung zu erläutern (K 3, Bl. 7 d.A.). Dies veranschaulicht, dass der Kläger im Umgang mit solchen Papieren und den einzutragenden Daten jedenfalls deutlich erfahrener ist als ein durchschnittlicher Privaterwerber.

35

Auch daraus folgt für den Senat keineswegs, dass der Kläger gleichwohl einem Händler gleichzustellen wäre, ist es doch ein Unterschied, ob in primärer Verantwortung täglich der An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen vorgenommen wird oder ob ein Mitarbeiter eines Autohauses lediglich am Rande das Eine oder Andere über An- und Verkäufe erfahren mag, sich aber als Serviceberater vorrangig auf die technische Seite zu konzentrieren hat. Andererseits wird bei einem Erwerber wie dem Kläger im Verhältnis zu einem durchschnittlichen Privaterwerber ein generell leicht erhöhtes und in technischen Fragen deutlich erhöhtes Niveau von Vorkenntnissen angenommen werden können, was den von einem derartigen Erwerber zu beachtenden Sorgfaltsstandard mitdefinieren muss.

36

3. Diesen Anforderungen ist der Kläger beim konkreten Erwerbsvorgang nicht gerecht geworden. Vielmehr sind ihm berechtigte Zweifel an der Verfügungsbefugnis der ihm gegenübergetretenen Verkäuferin und damit der Anlass zu weiteren Nachforschungen in Folge von grober Fahrlässigkeit verborgen geblieben.

37

a) Insoweit sind bereits eine Reihe von Unstimmigkeiten auffällig, die jedenfalls in der Gesamtschau dem Kläger Veranlassung zu Nachfragen hätten geben müssen.
Dies betrifft in geringerem Maß die textlichen Unstimmigkeiten in der Zulassungsbescheinigung Teil II selbst, der durchaus eine gekonnte Fälschung darstellt. Auf Originalpapier und mit qualifizierter Drucktechnik ausgeführt, darf bezweifelt werden, ob ein Laie etwa hätte erkennen können, dass die Siegelung nicht als echte Klebesiegelung, sondern lediglich mit einem Tintenstrahldrucker angebracht worden ist (Behördengutachten des LKA Hamburg vom 2. Juni 2016, Ermittlungsakte Bl. 280 ff. d.A.). Ebenso hätten die unterschiedliche Angaben in der Postleitzahl der Anschrift der Verkäuferin in der Zulassungsbescheinigung Teil I einerseits und Teil II andererseits ( K 2, K 3, Bl. 6, 7 d.a.) zwar bei peniblem Vergleich auffallen können, aber nicht zwingend müssen. Schon auffälliger ist der Unterschied zwischen der in der Zulassungsbescheinigung angegebenen Hausnummer bei der Anschrift der Verkäuferin und der entsprechenden Hausnummer im Kaufvertrag, auch wenn grundsätzlich ein Umzug in einer gleichen Straße möglich sein mag. Deutlich schwerer ins Gewicht fällt daher das im Kaufvertrag mit 20. Mai 2015 - offenbar nach „Verbesserung“ - angegebene Erstzulassungsdatum, das mit dem in der Zulassungsbescheinigung Teil II (K 3, Bl. 7 d. A.) angegebenen Datum in der Zeile betreffend die EU-Konformitätsbescheinigung harmonisiert, nicht aber mit dem weiter oben im Feld „B“ angegebenen Erstzulassungsdatum vom 8. Oktober 2015. Es erstaunt, dass der im Umgang mit derartigen Unterlagen erfahrene Kläger ersichtlich nicht einen Abgleich zwischen diesen Daten untereinander vorgenommen hat, obwohl hierdurch doch zum einen Rückschlüsse auf den Lauf der typischerweise mit der Erstzulassung beginnenden Werksgarantie möglich sind und zum anderen natürlich auf die Vertrauenswürdigkeit der Angaben der Verkäuferin.

38

Eine weitere und auffällige Unstimmigkeit betrifft die Schreibweise des Nachnamens „H...nn“ (Kaufvertrag, Zulassungsbescheinigungen) oder „H…n“ der Verkäuferin (E-Mail betreffend die Serienausstattung vom 21. März 2016, B 2, Bl. 66 ff d.a.). Ist es schon bemerkenswert, dass eine Verkäuferin eher südländischen Aussehens sich mit einem typisch deutschen Vor- und Familiennamen nennt, dürften - von Schreibfehlern einmal abgesehen - in aller Regel die meisten Menschen sich ihres Namens und seiner Schreibweise sicher sein. Um einen bloßen Schreibfehler kann es sich bei der Angabe „H…nn“ aber schon deshalb nicht handeln, da auch die Mailadresse derart lautete, nämlich „mh…[email protected]“ . Es verwundert, dass der Beklagte und seine Ehefrau auch dies übersehen haben wollen, obwohl diese E-Mail mit den technischen Spezifikationen doch am Vorabend des Ankaufes gekommen war und annehmbar der Kläger diese Mail am nächsten Tag auch bei sich führte, um einen technischen Abgleich vornehmen zu können. Jedenfalls jetzt wäre eine genauere Nachprüfung angezeigt gewesen.

39

b) Dass aber der Kläger ersichtlich mit einem abgesenkten Aufmerksamkeitsniveau - welches nicht zu seinen als Serviceberater in einem Autohaus erworbenen Vorkenntnissen passt - den Erwerbsvorgang abwickelte, wird auch am Umgang mit Zweitschlüsseln und Serviceheft deutlich.

40

Es mag sein, dass im konkreten Fall eine Erprobung des Zweitschlüssels keine besonderen Erkenntnisse gebracht hätte, weil - solange der Erstschlüssel in der Nähe lag - ein Starten auch mit dem Zweitschlüssel möglich gewesen wäre, obwohl der notwendige Transponder in diesen gerade nicht eingebaut war. Es ist aber schon erstaunlich, dass nach eigener Bekundung der Kläger einen Startvorgang mit diesem Schlüssel noch nicht einmal probiert hatte, ist doch das Fehlen eines funktionsfähigen Zweitschlüssels - was einem Mitarbeiter eines Autohauses kaum verborgen geblieben sein kann - typisch für entwendete Fahrzeuge.

41

Noch erstaunlicher ist es, dass der Kläger nach eigener Bekundung sich zwar über die Existenz des Servicehefts als solches informiert, dieses aber nicht einmal aufgeschlagen hatte. Der Senat kann offen lassen, ob entsprechend dem Vortrag des Klägers - welchen der Beklagte mit Nichtwissen bestritten hat - schon die erste Seite auch des Serviceheftes manipuliert war, und zwar aufgrund grober Pixelung erkennbar. Entscheidend ist vielmehr, dass durch dieses Verhalten der Kläger eine weitere sich aufdrängende Möglichkeit der Risikominimierung nicht wahrgenommen hat. Es mag sein, dass bei einem noch relativ jungen Fahrzeug die Problematik von Serviceintervallen und deren Einhaltung sich noch nicht stellen konnte, wohl aber Bestand und Beginn der Werksgarantie, die sich einem solchen Serviceheft typischerweise entnehmen lassen; möglicherweise wäre der Kläger gerade auch hierdurch erneut auf Differenzen jedenfalls hinsichtlich der angegebenen Daten der Erstzulassung aufmerksam geworden. Dieses Versäumnis ist umso gravierender, als der Kläger ersichtlich auch nicht etwa die Vorlage der Erstbestellung und des Kaufbelegs verlangt hatte, was bei einem jungen Fahrzeug noch mit Erfolg möglich sein müsste.

42

c) Insgesamt hat der Kläger gerade derartige Möglichkeiten der Untersuchung bzw. des Abgleichs von Daten nicht wahrgenommen, die ihm aufgrund bereits seiner Vorkenntnisse als Serviceberater in einem Autohaus in ihrer Relevanz hätten bekannt sein müssen und welche zumindest im Falle der Unstimmigkeiten in der Namensangabe und beim Zulassungsdatum auch hinreichenden Anlass zu weiteren Nachforschungen gegeben hätten. Nur auf diese Weise wäre es aber auch möglich gewesen, dem Risikopotential entgegen zu wirken, dass vorliegend aus den Rahmenumständen des Erwerbsgeschäfts folgte.

43

Diese bestanden nämlich zunächst in der Situation eines Straßenverkaufs einschließlich des eigenartigen und daher auffälligen Umstandes, dass das Fahrzeug nicht etwa auf dem Parkplatz des Supermarktes parkte, sondern fernab vor einem öffentlichen Gebäude. Hinzu kam ein gegenüber dem ursprünglichen tatsächlichen Kaufpreis von 44.000,00 € günstiger Zweitverkaufspreis von letztlich nur 29.500,00 €, der gerade deshalb auffällig ist, weil - wie aus einschlägigen Internetplattformen und der Tagespresse senatsbekannt ist - Wohnmobile länger genutzt werden und wertstabiler sind als Personenkraftwagen. Ein Phänomen, das einem in einem Autohaus tätigen Mitarbeiter kaum verborgen geblieben sein dürfte, mag er sich beruflich auch nicht speziell mit Wohnmobilen beschäftigen. Gerade diese Umstände hätten es umso mehr nahegelegt, sorgfältig zu handeln und notfalls noch einen Tag der Überprüfung einzuschieben. Wer dies nicht tut - vielleicht aus Sorge, dass der günstige Kauf dann nicht mehr gelingt, oder wegen der Entfernung zwischen eigenem Wohnort und dem Verkaufsort -, handelt aber grob fahrlässig und ist nicht gutgläubig im Sinne des § 932 BGB.

44

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

45

Ein Grund zur Zulassung der Revision im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO besteht nach Auffassung des Senats nicht, weil in der vorstehenden Entscheidung lediglich die schon von der Rechtsprechung bisher erarbeiteten Maßstäbe auf die Umstände des Einzelfalls hin konkretisiert werden.


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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist. In dem Falle des § 929 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte.

(2) Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.

Ist ein Dritter im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer dem Erwerber den Anspruch auf Herausgabe der Sache abtritt.

(1) Der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer war, dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen war.

(2) Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere sowie auf Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung oder in einer Versteigerung nach § 979 Absatz 1a veräußert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 318/02 Verkündet am:
20. September 2004
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 19. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Strohn und
Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten und die Anschlußrevision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 8. Oktober 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 4. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um Herausgabeansprüche bezüglich eines Pkw VW Passat Kombi, sowie um die Verpflichtung des Beklagten, Nutzungsentschädigung an den Kläger zu zahlen. Beide Parteien behaupten, Eigentümer des Pkw zu sein.
Der Beklagte hat am 29. Februar 2000 einer Frau M., die als Halterin des Pkw in dem Kfz-Brief eingetragen war, ein Darlehen über 3.000,00 DM gewährt. Er erhielt von Frau M. am selben Tag einen von ihr geschriebenen und unterschriebenen Schuldschein, in dem zum einen erwähnt ist, daß Frau M. dem Schuldscheininhaber 3.000,00 DM schuldet und dieser als Sicherheit den Kfz-Brief und einen Schlüssel des Fahrzeugs erhält. Weiter heißt es sodann: "Die Rückzahlung beginnt im März 2000 und ist bis Ende Mai 2000 abgeschlossen. Bei Nichteinhaltung des Rückzahlungstermins und Schuldsumme geht das Kfz ... in Eigentum und Besitz des Schuldscheininhabers über. Der Kfz-Brief und der Zweitschlüssel vom Kfz werden dem Schuldscheininhaber bei Unterzeichnung ausgehändigt".
Der Schlüssel wurde dem Beklagten am selben Tag ausgehändigt, der Kfz-Brief verblieb entgegen der Absprache in der Folgezeit bei Frau M..
Nachdem die Rückzahlung des Darlehens nicht erfolgte, brachte der Beklagte am 13. Juni 2000 den Pkw am Arbeitsplatz des Klägers mit Hilfe des Zweitschlüssels in seinen Besitz.
Der Kläger, der am 31. Mai 2000 als Halter in den Kfz-Brief eingetragen wurde, behauptet, Frau M. habe ihm ca. eine Woche vor dem 31. Mai 2000 den Pkw übereignet. Er begehrt mit der Klage Herausgabe des Pkw, Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 1.903,02 € für die Zeit vom 13. Juni bis 31. Juli 2000, sowie die Feststellung, daß der Beklagte ihm gegenüber zur Zahlung von Nutzungsentschädigung ab dem 1. August 2000 bis zur Herausgabe des Pkw verpflichtet ist.
Das Landgericht hat der Herausgabeklage stattgegeben und die auf Nutzungsentschädigung gerichteten Klageanträge abgewiesen. Beide Parteien haben dagegen Berufung eingelegt, mit der sie jeweils ihre erstinstanzlich abgewiesenen Anträge weiterverfolgen; der Beklagte hat zusätzlich Eventualwiderklage erhoben auf Feststellung, daß er Eigentümer des Pkw sei.
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Herausgabeklage abgewiesen und die Eventualwiderklage zugesprochen. Auf die Berufung des Klägers hat es den Beklagten zur Zahlung der beantragten Nutzungsentschädigung verurteilt und den auf zukünftige Nutzungsentschädigung gerichteten Feststellungsantrag zugesprochen.
Der Beklagte begehrt mit seiner vom Senat zugelassenen Revision die Abweisung der Klageanträge bezüglich der Nutzungsentschädigung. Der Kläger erstrebt mit seiner Anschlußrevision die Herausgabe des Pkw sowie die Abweisung der Eventualwiderklage.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten und die Anschlußrevision des Klägers sind begründet und führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
Der Kläger habe keinen Herausgabeanspruch gegen den Beklagten gemäß § 861 BGB. Zwar liege eine verbotene Eigenmacht des Beklagten i.S. des
§ 858 BGB vor. Der Anspruch aus § 861 BGB sei jedoch gemäß § 864 Abs. 2 BGB erloschen, da auf die Feststellungswiderklage des Beklagten dessen Eigentum festgestellt werde. Einen eigenen Eigentumserwerb habe der Kläger nicht bewiesen. Zugunsten des Beklagten spreche die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die zugunsten des Klägers sprechende Vermutung des § 1006 Abs. 2 BGB habe der Beklagte widerlegt, indem er durch die Vorlage des Schuldscheins vom 29. Februar 2000 dargetan und bewiesen habe, daß er (Sicherungs-)Eigentümer des Pkw geworden sei. Da der Kläger jedoch bis zur rechtskräftigen Feststellung des Eigentums des Beklagten aus § 861 BGB besitzberechtigt gewesen sei, stehe ihm gegen den Beklagten ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung gemäß § 1007 Abs. 3 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 987 ff. BGB zu.
II. Die Revision des Beklagten ist begründet. Ist, wovon das Berufungsgericht ausgeht, der Beklagte Eigentümer des Pkw geworden und geblieben, hat der Kläger gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung. Die Voraussetzungen des § 1007 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. §§ 989 ff. BGB sind entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht erfüllt. Dem ursprünglichen Besitzer steht gegen den (zum Besitz berechtigten) Eigentümer auch dann kein Anspruch aus §§ 1007 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. 989 ff. BGB zu, wenn der unmittelbare Eigenbesitz des Eigentümers durch verbotene Eigenmacht erlangt wurde. Zwar formt § 1007 Abs. 3 Satz 2 BGB die Regelungen über das Eigentümer -Besitzer-Verhältnis dergestalt um, daß bei einer Vindikationslage der ursprüngliche Besitzer an die Stelle des Eigentümers tritt. Einem Anspruch aus § 1007 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. §§ 989 ff. BGB steht jedoch entgegen, daß ihm gegenüber , wie die Verweisung auf § 986 BGB zeigt, petitorische Einwendungen erheblich sind (BGH, Urt. v. 7. Mai 1991 - VI ZR 159/90, BGHZ 114, 305, 312 ff.
m.w.N.; Münch.Komm.BGB/Medicus, 4. Aufl. § 1007 Rdn. 7; Staudinger/ Gursky, BGB [1999] § 1007 Rdn. 1, 18, 36 jeweils m.w.N.).
Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß der Beklagte Eigentümer des Pkw geblieben ist (s.u. III).
III. Die Anschlußrevision des Klägers ist ebenfalls begründet.
1. Im Ergebnis zutreffend, wenn auch nicht frei von Rechtsfehlern, sind die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Erwerb des Sicherungseigentums des Beklagten.
Das Berufungsgericht hat die für einen Eigentumsübergang auf den Beklagten neben der Einigung erforderliche Übergabe des Fahrzeugs gemäß § 929 BGB nicht fehlerfrei festgestellt. Der von dem Berufungsgericht angenommene unmittelbare Besitzerwerb im Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung, den es darin begründet sehen will, daß dem Beklagten durch die Aushändigung des Zweitschlüssels die Zugriffsmöglichkeit auf den Pkw eröffnet war, reicht zur Begründung eines Besitzübergangs i.S. des § 929 BGB nicht aus (BGH, Urt. v. 10. Januar 1979 - VIII ZR 302/77, NJW 1979, 714 m.w.N.; Münch.Komm. BGB/Quack, 4. Aufl. § 929 Rdn. 111, 115 ff.; Erman/Michalski, BGB 11. Aufl. § 929 Rdn. 10). Die gemäß §§ 133, 157 BGB an den Parteiinteressen auszurichtende Auslegung des Schuldscheins ergibt jedoch, daß der Beklagte am 29. Februar 2000 durch Einigung gemäß § 929 BGB und Vereinbarung eines Besitzkonstituts gemäß § 930 BGB Sicherungseigentum an dem Pkw erworben hat. Der Senat kann die Auslegung selbst vornehmen, da die dazu erforderlichen Feststellungen bereits zweitinstanzlich getroffen worden sind und weitere
Aufklärung nicht mehr in Betracht kommt (BGH, Urt. v. 14. Dezember 1990 - V ZR 223/89, NJW 1991, 1180; Urt. v. 12. Dezember 1997 - V ZR 250/96, NJW 1998, 1219).
Entgegen der Ansicht der Anschlußrevision scheitert die Annahme des Besitzmittlungsverhältnisses nicht daran, daß sich aus der Vereinbarung der Parteien keine konkreten Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Sicherungsgut ergeben. Zur Annahme eines Besitzmittlungsverhältnisses genügt im Ergebnis jedes besitzbegründende Rechtsverhältnis. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe nur BGH, Urt. v. 2. Mai 1979 - VIII ZR 207/78, NJW 1979, 2308 f.), der die überwiegende Literaturmeinung folgt (siehe die Nachw. bei Staudinger/Wiegand, BGB [1995] Anh. zu §§ 929-931 Rdn. 87), wird das gemäß § 930 BGB erforderliche Besitzmittlungsverhältnis aus der Sicherungsabrede (stillschweigend) abgeleitet, auch wenn diese keine ausdrückliche Regelungen über Rechte und Pflichten enthält.
Die Vereinbarung kann entgegen der Ansicht der Anschlußrevision auch nicht im Sinne einer bedingten Übereignung ausgelegt werden. Zwar ist grundsätzlich die Begründung von Sicherungseigentum auch durch eine bedingte Übereignung möglich. Eine solche ist im Rahmen der Begründung von Sicherungseigentum jedoch im allgemeinen nicht anzunehmen, vielmehr muß hierfür ein Anhaltspunkt in dem Parteivorbringen gegeben sein (BGH, Urt. v. 2. Februar 1984 - IX ZR 8/83, NJW 1984, 1184; Urt. v. 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, NJW 1991, 353, 354). Dies folgt daraus, daß eine bedingte Übereignung den Sicherungsinteressen des Sicherungsnehmers nicht ausreichend gerecht wird, so daß es der Feststellung besonderer Umstände in den Parteierklärungen bedarf , wonach der Sicherungsnehmer - ausnahmsweise - auf seine relativ unangreifbare Sicherung für den Fall der Nichterfüllung der Forderung verzichtet.

Anhaltspunkte dafür, daß Frau M. und der Beklagte hier von dem Normalfall der Sicherungsübereignung abweichen wollten, ergeben sich weder aus dem Inhalt ihrer Vereinbarung noch aus dem sonstigen Parteivorbringen. Insbesondere reicht dafür nicht aus, daß die Nichteinhaltung der Rückzahlungsverpflichtung als Bedingungseintritt für den Eigentumserwerb genannt wird. Dies ist bei der Vereinbarung von Sicherungseigentum mittels Besitzkonstitut durchaus üblich und besagt lediglich, daß sich mit Eintritt des Sicherungsfalls das Treuhandeigentum in vollwertiges (Verwertungs-)Eigentum umwandelt.
2. Das Berufungsgericht verkennt jedoch, daß die Vermutungswirkung aus § 1006 Abs. 2 BGB für das Eigentum des Klägers spricht und diese Vermutung durch den Nachweis des Erwerbs des Sicherungseigentums des Beklagten nicht widerlegt ist.

a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Kläger am 13. Juni 2000, als der Beklagte den Pkw eigenmächtig an sich gebracht hat, Besitzer des Pkw gemäß § 854 BGB. Diesen Besitz hat er durch die Wegnahme des Beklagten unfreiwillig verloren, so daß für den Kläger die Vermutung des § 1006 Abs. 2 BGB streitet. Infolgedessen wird zu seinen Gunsten ohne weiteres vermutet, daß er von Beginn seiner Besitzzeit an Eigenbesitzer gewesen ist und daß er mit dem Besitzerwerb zugleich Eigentümer geworden ist (st.Rspr., s. nur BGH, Urt. v. 23. April 1975 - VIII ZR 58/74, LM BGB § 1006 Nr. 14; Urt. v. 30. November 1988 - VIII ZR 305/87, NJW-RR 1989, 651, 652). Diese Vermutung kann der Beklagte nur durch den Beweis des Gegenteils (§ 292 ZPO) zu voller - freilich gemäß § 286 ZPO auch aus den Gesamtumständen zu gewinnender - Überzeugung des Gerichts widerlegen (Senat, Urt. v. 4. Februar 2002 - II ZR 37/00, NJW 2002, 2101, 2102 m.w.N.). Der Beklagte
muß folglich beweisen, daß der vermutungsbegünstigte Kläger nie Eigentümer geworden ist (BGH, Urt. v. 16. Oktober 2003 - IX ZR 55/02, ZIP 2003, 2247, 2250; Staudinger/Gursky, BGB [1999] § 1006 Rdn. 38; Baumgärtel, Handbuch der Beweislast, Bd. II, 2. Aufl. § 1006 Rdn. 18 m.w.N.). Er hat daher entweder den Nachweis zu erbringen, daß es zwischen Frau M. und dem Kläger keine Einigung über einen Eigentumsübergang auf den Kläger gegeben hat, oder daß der Kläger im Zeitpunkt des Erwerbs bösgläubig war. Ein gutgläubiger Eigentumserwerb ist hier nicht von vornherein ausgeschlossen, da die Weggabe durch die Besitzmittlerin M. nicht zu einem Abhandenkommen des Pkw gemäß § 935 BGB auf seiten des Beklagten geführt hat (BGH, Urt. v. 16. April 1969 - VIII ZR 64/67, WM 1969, 656, 657) und der Kfz-Brief, dessen Fehlen bei der Übereignung den guten Glauben des Klägers ausgeschlossen hätte (BGH, Urt. v. 8. Mai 1978 - VIII ZR 46/77, NJW 1978, 1854; Senat, Urt. v. 13. April 1994 - II ZR 196/93, NJW 1994, 2022, 2023; Senat, Urt. v. 13. Mai 1996 - II ZR 222/95, ZIP 1996, 1384, 1385), ebenfalls übergeben wurde.

b) Da somit aufgrund der bisherigen Feststellungen die zugunsten des Klägers sprechende Eigentumsvermutung nicht widerlegt ist, war das Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat.
Eine eigene Sachentscheidung (§ 563 Abs. 3 ZPO) konnte der Senat nicht treffen, da die Frage, ob die Eigentumsvermutung zugunsten des Klägers Bestand hat, weiterer Sachaufklärung bedarf. Die sich aus § 1006 Abs. 2 BGB ergebenden Folgerungen sind bislang von allen Prozeßbeteiligten verkannt worden, so daß den Parteien Gelegenheit gegeben werden muß, hierzu weiter vorzutragen. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht weiter Gelegen-
heit, den Vortrag der Parteien darauf zu überprüfen, ob der Beklagte möglicherweise schon die Vermutungsgrundlage, nämlich den Eigenbesitz des Klägers , widerlegt hat (s. dazu Staudinger/Gursky aaO; Baumgärtel aaO Rdn. 9 m.w.N.). Wird die Eigenbesitzvermutung gemäß § 286 ZPO zur Überzeugung des Berufungsgerichts widerlegt, streitet § 1006 Abs. 2 BGB nicht zugunsten des Klägers (BGH, Urt. v. 21. Februar 1979 - VIII ZR 124/78, BGHZ 73, 355, 361; Staudinger/Gursky aaO Rdn. 7 m.w.N.). Das Berufungsgericht wird bei der erneuten Entscheidung auch zu berücksichtigen haben, daß die Höhe einer eventuell zu zahlenden Nutzungsentschädigung begrenzt ist durch den Wert des Pkw im Zeitpunkt der Wegnahme.
IV. Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird bis zum 10. Juni 2004 auf 26.258,51 €, danach auf 35.394,01 € festgesetzt.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

(1) Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist. In dem Falle des § 929 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte.

(2) Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.

13
aa) Entgegen der Ansicht der Revision weicht das Berufungsgericht in Bezug auf die sich aus § 932 Abs. 2 BGB ergebenden Sorgfaltsanforderungen nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab. Danach begründet beim Erwerb eines gebrauchten Fahrzeuges der Besitz desselben allein nicht den für den Gutglaubenserwerb nach § 932 BGB erforderlichen Rechtsschein. Vielmehr gehört es regelmäßig zu den Mindesterfordernissen gutgläubigen Erwerbs eines solchen Kraftfahrzeuges, dass sich der Erwerber den Kraftfahrzeugbrief vorlegen lässt, um die Berechtigung des Veräußerers zu prüfen (BGH, Urteil vom 13. Mai 1996 - II ZR 222/95, NJW 1996, 2226, 2227 mwN). Auch wenn der Veräußerer im Besitz des Fahrzeugs und des Briefes ist, kann der Erwerber gleichwohl bösgläubig sein, wenn besondere Umstände seinen Verdacht erregen mussten und er diese unbeachtet lässt (BGH, Urteil vom 23. Mai 1966 - VIII ZR 60/64, WM 1966, 678 f. mwN). Eine allgemeine Nachforschungspflicht des Erwerbers besteht hingegen nicht (BGH, Urteil vom 5. Februar 1975 - VIII ZR 151/73, NJW 1975, 735, 736). Von diesen Maßstäben ist das Berufungsgericht ausgegangen.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 7. Oktober 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kiel (Az. 2 O 329/04) wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt als Eigentümerin von dem Beklagten die Herausgabe eines Fahrzeugs, das der Beklagte gutgläubig erworben haben will.

2

Die Firma A GmbH beantragte am 19. März 2004 über die Firma B GmbH in W den Abschluss eines Leasingvertrages über ein Fahrzeug Typ VW NFZ Transporter Multivan TDI mit 128 kW und Sonderausstattung (Alufelgen 17, Bordcomputer, CD-Wechsler, elektrische Fensterheber, Metallic-Lackierung, Navigation Plus, Nebelscheinwerfer, Telefonvorbereitung, Tempomat und Zentralverriegelung) für die Dauer von 48 Monaten. Ausweislich der Leasingbedingungen der Klägerin für Geschäftsfahrzeuge ist der Leasinggeber Eigentümer und der Leasingnehmer Halter des Fahrzeugs (VIII Nr. 1, 4). Die Klägerin erwarb das Fahrzeug von der Firma B GmbH zum Kaufpreis von 45.000,-- €. Die Klägerin zahlte den vereinbarten Kaufpreis. Das Fahrzeug wurde aufgrund des Leasingvertrages der Firma A GmbH überlassen. Das Fahrzeug wurde ausweislich des Kraftfahrzeugbriefes, der sich im Besitz der Klägerin befindet, am 25. Juni 2003 zugelassen und am 5. April 2004 auf die Firma A GmbH umgeschrieben. Dem Beklagten fiel am 22. Mai 2004 im Internet ein Angebot auf, nach welchem ein VW Multivan T5, Erstzulassung 06/03, mit einer Laufleistung von 25.000 km und kleineren Unfallschäden für 22.900,00 € zum Verkauf angeboten wurde. Bereits am folgenden Tag nahm der Beklagte Kontakt mit dem Verkäufer „C“ - in Wahrheit D - auf, besichtigte das Fahrzeug in Dortmund und unternahm eine Probefahrt. Er ließ sich den Fahrzeugschein und den Kraftfahrzeugbrief vorlegen und überprüfte die Daten. Er fragte den Verkäufer, ob dieser zu einem Verkauf des Fahrzeugs bevollmächtigt sei, was dieser bejahte. Der Verkäufer erklärte darüber hinaus, er sei zusammen mit seinem Bruder „Eigentümer“ der GmbH. Da der Beklagte nicht ausreichend Bargeld dabei hatte, wollte er die Abwicklung des Kaufvertrages zunächst auf die darauffolgende Woche verschieben. Der Verkäufer bestand jedoch auf einem Vertragsschluss und der Abwicklung am selben Tag und erklärte, es gebe viele Interessenten. Der Beklagte nahm daher telefonisch Kontakt zu seinem Arbeitgeber auf, der sich bereit erklärte, ihm das Geld zur Verfügung zu stellen. Ein anderer „Chef“, der Neffe des eigentlichen, bestätigte ihm auf entsprechende Nachfrage, dass die Erklärung des Verkäufers ausreichend sei. Er selbst habe auch bereits Firmenfahrzeuge ohne eine schriftliche Vollmacht verkauft. Gemeinsam begaben sich die Beteiligten daraufhin von Dortmund nach Hannover, weil der Beklagte dort das Geld von seinem Arbeitgeber erhalten sollte. Auf einem Parkplatz wurden die Papiere und die Schlüssel sowie der Kaufpreis von 22.900,-- € in bar übergeben. Der Beklagte erhielt vom Verkäufer zwei Schlüssel, das Serviceheft und Aufkleber für das Fahrzeug. Bei dem vom Kläger und „C“ unterzeichneten Kaufvertrag handelt es sich um ein ausgefülltes Vertragsformular des ADAC für den privaten Verkauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs. In dem Kaufvertrag ist die Verkäuferin mit „a GmbH“ bezeichnet, und der Verkäufer bestätigt darin, dass das Fahrzeug nach seiner Kenntnis nicht gewerblich genutzt wurde. In dem mit Hilfe eines entwendeten Blankoformulars gefälschten Kraftfahrzeugbrief ist die Halterin des Fahrzeugs ebenfalls mit „a GmbH“ bezeichnet, während sie in dem ebenfalls gefälschten Fahrzeugschein als „A GmbH“ bezeichnet ist. In dem Kraftfahrzeugbrief ist als Datum der Erteilung der allgemeinen Betriebserlaubnis der 25. Juni 2004 angegeben, ein Datum der Bescheinigung fehlt. Als Datum der Zulassung des Fahrzeugs ist der 25. Juni 2003 angegeben. Der Beklagte übersandte der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 1. Juli 2004 eine Kopie des schriftlichen Kaufvertrages, verweigerte die Herausgabe des Fahrzeugs, und forderte seinerseits mit Schreiben vom 19. August 2004 die Klägerin zur Herausgabe des Kraftfahrzeugbriefes auf.

3

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe aufgrund der vielen Auffälligkeiten des Veräußerungsvorganges kein Eigentum an dem Fahrzeug durch einen gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten erwerben können, so dass sie weiterhin dessen Eigentümerin sei.

4

Die Klägerin hat beantragt,

5

den Beklagten zu verurteilen, an sie das Fahrzeug Volkswagen T 5 Multivan, Fahrzeug-Ident-Nr. WV…. herauszugeben.

6

Der Beklagte hat beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Er hat behauptet, er habe vor dem Abschluss des Kaufvertrages seine in Bremen lebende Schwester gebeten, sich anhand der Fahrgestellnummer und des Kennzeichens des Fahrzeugs bei der örtlichen Polizei zu vergewissern, dass das Fahrzeug nicht als gestohlen gemeldet sei. Es sei ihm daraufhin bestätigt worden, dass dies nicht der Fall sei. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, aufgrund der Angebote vergleichbarer Fahrzeuge im Internet sei der Kaufpreis nicht von vornherein als ungewöhnlich günstig anzusehen. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil eine von ihm in Auftrag gegebene Bewertung des Fahrzeugs durch den Sachverständigen E vom 16. September 2005 für den Stichtag 23. Mai 2004 einen Wert des Fahrzeugs von 24.900,00 € ergeben habe.

9

Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf dessen Tatbestand nebst aller Verweisungen Bezug genommen wird, den Beklagten zur Herausgabe des Fahrzeugs verurteilt.

10

Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt, der Käufer eines Kraftfahrzeuges müsse sich grundsätzlich auf einen vorgelegten Kraftfahrzeugbrief des Verkäufers verlassen können. Dies gelte jedenfalls dann, wenn dessen Fälschung nicht auf den ersten Blick auffallen müsse. Eine grobe Fahrlässigkeit sei ihm auch wegen des fehlenden Datums im Kraftfahrzeugbrief und der unterschiedlichen Schreibweise der Verkäuferin in den Dokumenten nicht vorzuwerfen. Denn eine fehlerhafte Schreibweise komme durchaus auch bei Originaldokumenten vor. Eine Nachfrage bei der Firma A GmbH hinsichtlich der Verfügungsbefugnis des Verkäufers hätte auch nicht weitergeführt, weil der tatsächliche Verkäufer D mit dem Geschäftsführer der Fa. A GmbH kollusiv zusammengewirkt habe. Zudem weise die Rechnung der Firma B GmbH eine von der im Originalkraftfahrzeugbrief abweichende Identifikationsnummer auf, so dass das Eigentum der Klägerin an dem Fahrzeug bestritten werden müsse.

11

Der Beklagte beantragt,

12

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

13

Die Klägerin beantragt,

14

die Berufung unter Aufrechterhaltung des Urteils des Landgerichts Kiel vom 7. Oktober 2005, 2 O 329/04, zurückzuweisen.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

16

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß § 985 BGB einen Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs VW NFZ Transporter Multivan TDI, weil sie ursprünglich Eigentümerin des Fahrzeugs war und der Beklagte das Eigentum an diesem nicht durch einen gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten gemäß §§ 929 Satz 1, 932 BGB erworben hat.

17

Dass die Klägerin zunächst an dem Fahrzeug Eigentum erworben hat, steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des von der Klägerin in Ablichtung vorgelegten Kraftfahrzeugbriefs und der Auftragsbestätigung der Fa. B vom 05. April 2004 fest. Dass die in der Rechnung der Fa. B angegebene Identifikationsnummer geringfügig von der in dem Kraftfahrzeugbrief angegebenen abweicht, ist offensichtlich allein auf einen Schreibfehler zurückzuführen. Der Beklagte bestreitet insoweit auch nicht, dass die in dem Kraftfahrzeugbrief angegebene Identifikationsnummer mit der des Fahrzeugs übereinstimmt.

18

Ein gutgläubiger Erwerb einer beweglichen Sache vom Nichtberechtigten setzt voraus, dass dem Erwerber nicht bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört (§ 932 Abs. 2 BGB). Eine Kenntnis des Beklagten wird von der Klägerin selbst nicht behauptet und ist auch aus den Umständen nicht ersichtlich. Ein Eigentumserwerb des Beklagten scheitert jedoch daran, dass ihm infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, dass das Fahrzeug dem Veräußerer nicht gehörte. Grobe Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn der Erwerber die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dasjenige unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall sich hätte aufdrängen müssen (BGH NJW 2005, 1365, 1366; BGH NJW 1994, 2022). Eine generelle Pflicht eines Erwerbers zu Nachforschungen besteht ohne konkreten Verdacht der Nichtberechtigung zwar nicht, weil dieser grundsätzlich auf die Besitzlage vertrauen darf (Münchener Kommentar-Quack, BGB, 4. Auflage, § 932 Rn. 45). Im Rahmen eines Gebrauchtwagenkaufes hat sich der Erwerber allerdings zumindest den Kraftfahrzeugbrief vorlegen zu lassen, um sich anhand dessen davon zu überzeugen, dass der Verkäufer verfügungsbefugt ist (BGH NJW 2005, 1365, 1366; BGH NJW 1996, 2226, 2227; BGH NJW 1991, 1415, 1416). Denn es muss Argwohn erwecken und zu weiteren Nachforschungen Anlass geben, wenn der Veräußerer entweder den Kraftfahrzeugbrief nicht vorlegen kann oder wenn sich aus diesem ein vom Veräußerer personenverschiedener Halter ergibt (BGH NJW 1994, 2022, 2023). Bei zweifelhaften Umständen des Geschäfts können darüber hinaus weitere Nachforschungen durch den Erwerber erforderlich sein. Solche weiteren Nachforschungen sind immer dann angezeigt, wenn die Person des im Brief Eingetragenen nicht mit der des Veräußerers übereinstimmt oder weitere Umstände der Veräußerung zweifelhaft sind (BGH NJW 1991, 1415, 1416; BGH WM 1975, 362, 363). Von wesentlicher Bedeutung für das Vorliegen einer solchen Verdachtsituation können insbesondere die Veräußerungssituation und ein offenkundig günstiger Preis sein (vgl. BGH NJW 1991, 1415, 1417).

19

Der Beklagte hat unstreitig den Kraftfahrzeugbrief und den Fahrzeugschein, die ihm von dem Verkäufer übergeben wurden, eingesehen. Anhand dieser Dokumente allein konnte der Beklagte die Verfügungsbefugnis des Verkäufers, des angeblichen „C“, jedoch nicht überprüfen. Denn in den vorgelegten gefälschten Fahrzeugdokumenten war eine juristische Person, nämlich die Firma A GmbH, als Halterin eingetragen. Die vor dem Beklagten auftretende natürliche Person konnte daher zwangsläufig nicht mit der angeblichen Eigentümerin des Kraftfahrzeugs übereinstimmen. Der vorgelegte Kraftfahrzeugbrief allein hatte daher für die entscheidende Frage der Berechtigung der Veräußerungsbefugnis des „C“ keine entscheidende Aussagekraft. Bereits aus diesem Grund bestand hier über die Prüfung der vorgelegten Fahrzeugdokumente hinaus Anlass für weitere Nachforschungen durch den Beklagten. Das Oberlandesgericht Schleswig hat in einer Entscheidung vom 26. Januar 1984 (DAR 1985, 26, 27) hinsichtlich einer vergleichbaren Erwerbssituation ausgeführt, der Erwerber dürfe sich in einem solchen Fall nicht damit begnügen, dass eine Übereinstimmung nicht gegeben sein könne, weil bei einer als Eigentümerin eingetragenen juristischen Person ein für sie handelnder Veräußerer nur in Form einer natürlichen Person in Erscheinung treten könne. Er dürfe nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Handelnde vertretungsberechtigt ist, weil auch bei Fahrzeugen juristischer Personen eine Eigentumsberechtigung des Veräußerers ebenso gut fehlen könne wie bei denen natürlicher Personen. Es liegt daher auf der Hand und muss sich jedem aufdrängen, dass in einem solchen Fall der Frage der Berechtigung des Veräußerers weiter nachgegangen werden muss. Dass der Beklagte aufgrund dieses Umstandes auch selbst Veranlassung zu weiteren Nachforschungen gesehen hatte, ergibt sich im Übrigen bereits daraus, dass er solche weiteren Nachforschungen tatsächlich angestellt hat, indem er sich u.a. bei dem Neffen seines Chefs gerade danach erkundigt hat, ob eine Vollmacht für den Veräußerer erforderlich sei. Anlass zur Nachforschung für den Beklagten ergab sich darüber hinaus auch aufgrund der weiteren Besonderheiten dieses Geschäfts. So wurde das Fahrzeug zu einem günstigen Preis von 22.900,00 € angeboten, der zu einer sorgfältigen Prüfung Anlass geboten hätte. Soweit der Beklagte nunmehr unter Vorlage der Fahrzeugbewertung des Sachverständigen E vorträgt, der Preis sei tatsächlich nicht ungewöhnlich günstig gewesen, so steht dies insbesondere mit seinem eigenen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Kiel vom 2. September 2005 im Widerspruch. Der persönlich gehörte Beklagte hat ausweislich des Protokolls (Seite 1) vorgetragen, er habe zuvor bereits etwa sechs Monate nach einem neuwertigen VW-Bus gesucht. Er sei per Zufall an einem Samstag kurz vor Mitternacht im Internet auf das Angebot gestoßen. Er sei sehr aufgeregt gewesen, denn der Preis von 22.900,00 € sei ihm so schon sehr günstig erschienen. Er habe vor lauter Aufregung in der Nacht fast kaum geschlafen und sogleich am nächsten Morgen um 6.00 Uhr beim Verkäufer angerufen. Daraus ergibt sich, dass der Beklagte selbst den Kaufpreis für günstig gehalten hat. Weitere eine Nachforschung gebietende Besonderheiten dieses Geschäfts sind die Abwicklung des Geschäfts an einem Sonntag und das Drängen des Verkäufers auf einen sofortigen Vertragsabschluss bei Barzahlung. Zwar sind diese Gesichtspunkte einzeln für sich betrachtet im Gebrauchtwagenhandel nicht stets besonders ungewöhnlich, in ihrer Gesamtschau erzeugten sie aber eine besondere Verdachtssituation. Der Verkäufer war darüber hinaus auch nicht bereit, den Vertragsabschluss und die Vertragsabwicklung dem Wunsch des Beklagten entsprechend auf die darauffolgende Woche zu verschieben, sondern drängte auf eine sofortige Entscheidung des Beklagten und eine Barzahlung. Er war sogar bereit, hierfür mit dem Beklagten zusammen von Dortmund nach Hannover zu fahren, um dort das Bargeld in Empfang zu nehmen. Er nahm diese ungewöhnlichen Umstände in Kauf, obwohl er doch andererseits nach seinen eigenen Äußerungen gegenüber dem Beklagten eine Vielzahl anderer Interessenten für das Fahrzeug hatte. Diese Umstände waren insbesondere deshalb ungewöhnlich, weil es sich nicht um ein Geschäft unter Privatleuten handelte, sondern der Verkäufer als Mitinhaber eines Unternehmens auftrat. In diesem Zusammenhang ist es daher weiter auffällig, dass die Verkaufsverhandlungen außerhalb üblicher Geschäftszeiten an einem Sonntag und darüber hinaus nicht auf einem Betriebsgelände der GmbH, sondern auf der Straße abgewickelt wurden. Ein weitere Auffälligkeit bestand darin, dass einerseits als Verkäuferin die A GmbH in dem Kaufvertrag genannt ist, andererseits für diese ein Formular für den privaten Verkauf eines gebrauchten Kraftfahrzeuges verwendet wurde und der Verkäufer in diesem zudem bestätigt, dass das Fahrzeug nach seiner Kenntnis nicht gewerblich genutzt wurde. Der Beklagte durfte sich auch nicht damit beruhigen, dass der Verkäufer C ihm erklärt habe, das Fahrzeug gehöre seiner Ehefrau und sei ihr zu groß, denn diese Eigentümerbenennung stand im Widerspruch zum Inhalt des Kaufvertrages. Dagegen sind die unterschiedlichen Schreibweisen der Fa. A GmbH in den Fahrzeugdokumenten und dem Kaufvertrag, ein fehlendes Ausstellungsdatum und die sich aus dem gefälschten Fahrzeugbrief ergebende Erteilung der Betriebserlaubnis erst nach der Zulassung des Fahrzeugs nicht auf den ersten Blick ersichtlich, so dass dem Beklagten hieraus nicht der Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens gemacht werden kann, wenn er diese Ungereimtheiten übersehen hat. Hierbei muss berücksichtigt werden, das bei dem Kauf des Fahrzeugs die Besichtigung desselben im Vordergrund gestanden haben dürfte. Zudem kann es auch bei Originaldokumenten zu Schreibfehlern und Auslassungen kommen. Im übrigen handelte es sich bei den vorgelegten Dokumenten immerhin um entwendete Originalformulare, so dass eine Fälschung nicht offensichtlich war.

20

Die von dem Beklagten vorgenommenen Nachforschungen waren nicht geeignet, bestehende Bedenken zu beseitigen und den Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu entkräften. Er hätte sich insbesondere nicht allein mit der Auskunft des Neffen seines Chefs zufrieden geben dürfen, dass eine Vollmacht für derartige Geschäfte nicht benötigt werde. Dies gilt insbesondere deshalb, weil aufgrund der Umstände des Geschäfts über diese lediglich generelle Auskunft eines Nichtbeteiligten hinaus keine Hinweise dafür ersichtlich waren, dass der Verkäufer „C“ und dessen Bruder tatsächlich Gesellschafter der Firma A GmbH waren und damit mit der im Kraftfahrzeugbrief eingetragenen Halterin verbunden waren. Es hätte daher konkreter weiterer Nachforschungen bedurft, um sich der Berechtigung des „C“, das Fahrzeug für die GmbH zu veräußern, zu vergewissern. Insbesondere hätte der Beklagte sich vergewissern müssen, ob „C“ (Mit-) Inhaber der GmbH war. Soweit der Beklagte insoweit behauptet, weitere Nachforschungen bei der A GmbH hätten tatsächlich zu keinen Ergebnissen geführt, weil der Geschäftsführer derselben mit dem Verkäufer D zusammengearbeitet habe, so rechtfertigt dies keine andere Betrachtung. Denn zum einen ergibt sich bereits aus dem vorgetragenen Sachverhalt nicht zwingend, dass ein solches kollusives Zusammenwirken tatsächlich stattgefunden hat. Zum anderen kann sich grundsätzlich derjenige, der gebotene Nachforschungen nicht anstellt, nicht darauf berufen, diese hätten voraussichtlich zu keinem anderen Ergebnis geführt, weil es auf die Ursächlichkeit der unterlassenen, nach Lage des Falls aber erforderlichen Anstrengungen bei der Beurteilung der Gutgläubigkeit im Regelfall nicht ankommt. Es ist vielmehr allein darauf abzustellen, ob überhaupt die gebotenen Nachforschungen angestellt worden sind (BGH NJW 1994, 2022, 2024; Münchener Kommentar-Quack, BGB, 4. Auflage, § 932 Rn. 44).

21

Die von dem Beklagten behauptete Nachfrage über seine Schwester in Bremen bei der Polizei danach, ob das Fahrzeug als gestohlen gemeldet ist, war ebenfalls keine geeignete Maßnahme, um die bestehende Verdachtssituation zu klären. Denn Diebstahlsmeldungen werden in dem häufigen Fall der Fahrzeugunterschlagungen regelmäßig zunächst nicht erstattet (vgl. BGH NJW 1994, 2022, 2023). Die Nachfrage nach einer Diebstahlsmeldung konnte daher die in diesem Fall gebotenen Erkundigungen nicht ersetzen. Es bedurfte daher nicht einer Beweisaufnahme über die von dem Beklagten behauptete Nachfrage bei der Polizei.

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Die Überprüfung der Fahrzeugidentitätsnummer durch den Beklagten - die zwischen den Parteien streitig ist - war ebenfalls keine geeignete Maßnahme, um die Berechtigung des Verkäufers „C“ zu überprüfen. Denn aus einer solchen Überprüfung konnten sich allein die Übereinstimmung der an dem Fahrzeug befindlichen Identitätsnummer mit der in den Dokumenten aufgeführten ergeben. Dadurch aber konnten weitere Anhaltspunkte für eine Berechtigung des Veräußerers nicht gewonnen werden.

23

Nach alledem konnte die Berufung des Beklagten keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

24

Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

25

Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.


(1) Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist. In dem Falle des § 929 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte.

(2) Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.