I.
Die Parteien streiten um die dingliche Berechtigung an einem Pkw.
Die Klägerin erlangte im Rahmen eines am 4. März 2015 mit der BRO M. GmbH abgeschlossenen Darlehensvertrag zur Finanzierung des Kaufs des gebrauchten Pkw Mercedes-Benz ML 350 CDI, Fahrzeugident-Nr. …443 zum Kaufpreis von € 40.000,00 von der Käuferin Sicherungseigentum an diesem Fahrzeug (vgl. Ziffer II.1. der VertragsAGB, K 3). Auf Geheiß der Klägerin wurde der Pkw am 26. März 2015 an die BRO M. GmbH ausgehändigt und mit dem Kennzeichen …69 zugelassen. Die Verkäuferin D. AG übersandte der Klägerin gemäß den Vertragsbedingungen die Zulassungsbescheinigung Teil II mit der Nr. …41.
Im Februar 2017 gelangte der Pkw auf ungeklärte Weise an unbekannte Personen, die ihn auf „mobile.de“ zum Preis von € 27.400,00 zum Verkauf anboten.
Der Beklagte nahm aufgrund der Anzeige unter der dort angegebenen Nummer Kontakt auf. Er vereinbarte mit dem Verkäufer einen Kaufpreis von € 25.000,00 sowie die Besichtigung des Pkw am 24. Februar 2017 um 9 Uhr an einer Straße im Bereich des Flughafens in Düsseldorf, wo der Verkäufer angabegemäß arbeite. Um 7 Uhr an diesem Tag meldete sich der Verkäufer telefonisch beim Beklagten und teilte mit, dass er beruflich verhindert sei, weshalb sein Bruder die Übergabe durchführen würde. Am Treffpunkt wurde der Beklagte erneut telefonisch vom Verkäufer kontaktiert, der darum bat, dass das Geschäft nicht auf der Straße abgewickelt werden und der Beklagte weiter weg von der Straße, auf einem Parkplatz hinter dem Gebäude warten sollte, was dieser auch tat.
Auf diesem Parkplatz traf die avisierte Kontaktperson später ein, wies sich mit einem angeblich slowenischen Ausweis aus, den der Beklagte fotografierte (K 9), und legte eine Kopie des angeblichen Ausweises des Verkäufers (K 10) und eine auf den 24. Februar 2017 datierte Verkaufsvollmacht (K 11) vor, in der als dem Bevollmächtigten ausgehändigte Anlagen „Fahrzeugbrief“, „Fahrzeugschein“ und „Fahrzeugschlüssel 2 Stück“ angekreuzt waren.
Der angebliche Bruder des Verkäufers übergab gegen Zahlung von € 25.000,00 sich als Fälschung herausstellende Zulassungsbescheinigungen (K 13, K 14), deren Nummern mit dem amtlichen Kennzeichen des Kfz, …91 und den am Fahrzeug angebrachten FIN-Tafeln übereinstimmten sowie einen behauptet bereits vom Verkäufer unterzeichneten Kaufvertrag (K 12). Der Bevollmächtigte konnte allerdings lediglich einen Schlüssel übergeben, was er damit erklärte, dass sein Bruder den zweiten Schlüssel in der Hosentasche vergessen habe. Das von ihm zugesagte Nachsenden von Zweit- und Reserveschlüssel ist nie erfolgt.
Als die Ehefrau des Beklagten versuchte, das Kfz zuzulassen, wurde entdeckt, dass die Zulassungsbescheinigungen als Blankodokumente entwendet worden und die Stempel auf den Kennzeichen gefälscht waren. Die auf den vorgelegten Identitätskarten (K 9, K 10) vermerkten bundesdeutschen Anschriften sind nicht existent. Das Kfz befindet sich seither auf einem Sicherstellungsgelände in P. Die Klägerin kündigte den Darlehensvertrag mit Schreiben vom 7. März 2017 (K 7) fristlos wegen „Unterschlagung - Betrug“, stellte das gesamte Darlehen fällig und macht ihre Rechte am sicherungsübereigneten Fahrzeug geltend.
Bis vom Senat im Berufungsverfahren auf die gegenteilige Verfügung der Staatsanwaltschaft Berlin vom 21. November 2017 in der Beiakte der Staatsanwaltschaft Berlin, Az. 271 Js 4828/17, hingewiesen wurde, gingen die Verfahrensbeteiligten von einer Beschlagnahme des Fahrzeugs durch die Staatsanwaltschaft Berlin aus.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht behauptet, dass dem Zeugen T., dem der Geschäftsführer der BRO GmbH das Fahrzeug geliehen habe, die Jacke nebst Fahrzeugschlüssel gestohlen worden und das Fahrzeug daraufhin entwendet worden sei. Auch sei der Beklagte grob fahrlässig hinsichtlich der Unkenntnis von der fehlenden Verfügungsbefugnis und Eigentümerstellung des Verkäufers gewesen. Es hätten auffällige Umstände vorgelegen, weshalb sich dem Beklagten hätte aufdrängen müssen, dass ihn eine Aufklärungspflicht hinsichtlich der Berechtigung des Verkäufers treffe. Insbesondere sei das Auto mit Standort H. inseriert worden, sollte aber 200 km entfernt in Düsseldorf übergeben werden, der Preis sei anlasslos schon am Telefon um € 2.400,00 reduziert worden, die Abwicklung sollte nicht auf der Straße, sondern auf einem Parkplatz hinter einem Gebäude stattfinden, das in keinem erkennbaren Bezug zum Verkäufer stand, der vermeintliche Bruder habe keinen Bezug zum Ort der Abwicklung in Düsseldorf gehabt, es habe lediglich ein einziger Schlüssel übergeben werden können und auch in den übergebenen Dokumenten seien Auffälligkeiten enthalten. Die Klägerin war deshalb der Ansicht, dass ein gutgläubiger Erwerb sowohl an § 935 BGB scheitere als auch die Voraussetzungen des § 932 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB nicht vorlägen. Sie hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, gegenüber der Staatsanwaltschaft Berlin der Herausgabe des Fahrzeugs an die Klägerin zuzustimmen.
Der Beklagte hat vorgebracht, dass die Umstände des Besitzverlustes nicht geklärt seien, weshalb ein Abhandenkommen nicht nachgewiesen sei. Er sei gutgläubig und nicht grob fahrlässig hinsichtlich seiner Unkenntnis von der Nichtberechtigung des Veräußerers gewesen. Er hat beantragt, die Klage abzuweisen und Widerklage erhoben mit dem Antrag, die Klägerin zu verurteilen, gegenüber der Staatsanwaltschaft Berlin der Herausgabe an ihn zuzustimmen und die Zulassungsbescheinigung Teil II mit der Nummer …41 an ihn herauszugeben.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und die dort gestellten Anträge wird ergänzend Bezug genommen.
Mit Endurteil vom 19. April 2018 hat das Landgericht den Beklagten antragsgemäß verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein gutgläubiger Erwerb an der aufgrund der Gesamtumstände des Falls anzunehmenden grob fahrlässigen Unkenntnis des Beklagten von der Nichtberechtigung des Veräußerers scheitere. Der gesamte Erwerbsvorgang sei von Seltsamkeiten und Heimlichkeiten geprägt gewesen. Das Fahrzeug sei nicht am inserierten Standort zur Übergabe bereitgestellt worden, es sei nicht der angebliche Verkäufer, sondern dessen Bruder aufgetaucht, der dazu aufgefordert habe, auf einen wenig frequentierten Parkplatz zu fahren. Es sei lediglich ein Fahrzeugschlüssel übergeben worden, der angebliche Erstzulassungsort stimme, was einem durchschnittlichen Käufer hätte auffallen müssen, nicht mit der ausstellenden Behörde überein. Dies alles hätte in seiner Gesamtheit zu weiteren Nachforschungen durch den Beklagten führen müssen. Darauf, ob das Fahrzeug abhanden gekommen sei, komme es nach allem nicht an.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung erstrebt der Beklagte die Abänderung des landgerichtlichen Urteils, die Abweisung der Klage und - nachdem sich in der Berufungsinstanz die fehlende Sicherstellung durch die Staatsanwaltschaft Berlin herausgestellt hat - den Ausspruch der Feststellung, dass der Beklagte Eigentümer des fraglichen Pkw sei sowie wie in erster Instanz die Verurteilung der Klägerin zur Herausgabe der Zulassungsbescheinigung II mit der Nummer …41.
Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe, dass der Beklagte verurteilt wird, gegenüber dem Polizeipräsidium Niederbayern zu Az. PV1-9634.018.18 der Herausgabe des Pkw nebst Schlüsseln zuzustimmen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2019 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Berufung war auf den Antrag der Klägerin zurückzuweisen und der Urteilsausspruch aufgrund der veränderten tatsächlichen Umstände antragsgemäß zu modifizieren.
1. Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung wegen der Änderung der Anträge in der Berufungsinstanz bestehen nicht, weil wegen des in beiden Instanzen unverändert gebliebenen Antrags auf Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II weiterhin eine Beschwer des Berufungsbeklagten gegeben ist; die Klageänderung im Übrigen ist sachdienlich.
2. Die Berufung des Beklagten war zurückzuweisen, da das Landgericht zutreffend einen gutgläubigen Erwerb des Pkw durch den Beklagten verneint hat.
a) Zwar ist der Berufung zuzugeben, dass die vom Landgericht zur Begründung seiner Ansicht herangezogenen Auffälligkeiten in den Zulassungsbescheinigungen beim Beklagten noch keine Zweifel an der Berechtigung des Verkäufers wecken mussten, da diese nur marginal waren und einem Käufer, der keinen Anlass hatte, besonderes Augenmerk auf die ausstellende Behörde zu richten, nicht auffallen mussten (vgl. OLG Braunschweig, 9 U 50/16, juris Rn. 16). Denn abgesehen davon war das äußere Erscheinungsbild der Blankofälschungen ordnungsgemäß.
b) Allerdings ist dem Beklagten unabhängig hiervon grob fahrlässige Unkenntnis von der Nichtberechtigung vorzuwerfen, § 932 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB.
aa) Grobe Fahrlässigkeit ist nach gefestigter Rechtsprechung regelmäßig anzunehmen, wenn der Erwerber trotz Vorliegens von Verdachtsgründen, die Zweifel an der Berechtigung des Veräußerers wecken müssen, sachdienliche Nachforschungen nicht unternimmt (BGH, VIII ZR 331/86, juris). Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung für den Gebrauchtwagenhandel wegen der dort nicht selten vorkommenden Unregelmäßigkeiten bei der Bewertung der Umstände, die für den Käufer eines gebrauchten Kfz eine Nachforschungspflicht hinsichtlich der Verfügungsberechtigung des Veräußerers begründen, ein strenger Maßstab anzulegen (BGH, VIII ZR 331/86, juris).
bb) Hier lag, wie das Landgericht zutreffend gesehen hat, eine Vielzahl kleinerer Auffälligkeiten vor, die allerdings in ihrer Gesamtheit einen handgreiflichen Anhaltspunkt für Zweifel am Eigentum des Verkäufers bildeten:
Zum einen hat der Beklagte das Fahrzeug im Straßenverkauf übernommen, wo nach gefestigter Rechtsprechung besondere Vorsicht geboten ist, weil er das Risiko der Entdeckung eines gestohlenen Fahrzeugs mindert (BGH, V ZR 92/12, juris Rn. 15). Dabei wurde er vom angeblichen Verkäufer auch noch kurzfristig von der Straße weg zu einem hinter einem Gebäude gelegenen Parkplatz gelotst.
Zum anderen konnte der angeblich Bevollmächtigte nur einen Schlüssel vorlegen, was, da eine Nachsendung versprochen wurde, zwar gutgläubigen Erwerb nicht gänzlich ausschließt (vgl. OLG München, 23 U 434/11, juris Rn. 34; OLG Köln, 16 U 86/17, juris LS). Allerdings bestand hier die weitere Besonderheit, dass die Behauptung, der Schlüssel sei in der Hosentasche vergessen worden, weder zu den ins Einzelne gehenden Angaben in der auf den Verkaufstag datierten Verkaufsvollmacht passte noch das Fehlen des ebenfalls zur Nachsendung versprochenen Reserveschlüssels erklären konnte. Ein fehlender Zweitschlüssel aber ist typisch für entwendete Fahrzeuge (vgl. OLG Schleswig, 17 U 6/17, juris Rn. 28).
Hinzu kommt, dass der Ort der Übergabe ersichtlich keinerlei Bezug zur Person des angeblich in Köln lebenden, behauptet kurzfristig eingeschalteten Bevollmächtigten des Verkäufers hatte. Darüber hinaus verfügte dieser Bevollmächtigte trotz seines angeblich spontanen Einspringens über allerlei schriftliche, auf den Verkaufstag datierte, allerdings in keiner Weise nachprüfbare Unterlagen zum Nachweis seiner Bevollmächtigung, jedoch entgegen deren Inhalt nur über einen Autoschlüssel.
Aufgrund dieser auffälligen Gesamtumstände des Geschäfts hätte der Beklagte - wie jedem hätte einleuchten müssen - Nachforschungen zur Berechtigung des ihm völlig unbekannten Veräußerers und seines ebenfalls unbekannten Bevollmächtigten anstellen müssen.
3. Auf den im Wege der zulässigen Anschlussberufung gestellten, sachdienlich geänderten Antrag der Klägerin war antragsgemäß auszusprechen, dass der Beklagte gegenüber dem Polizeipräsidium Niederbayern der Herausgabe des streitbefangenen Pkw zuzustimmen hat. Die Klägerin hat, wie soeben ausgeführt, ihr Eigentum an dem Fahrzeug nicht an den Beklagten verloren.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen; es handelt sich um die Entscheidung eines Einzelfalls.
Der Streitwert entspricht dem von beiden Parteien angenommenen Wert des streitbefangenen Kfz.