Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 03. Dez. 2015 - 16 U 39/15

ECLI:ECLI:DE:OLGSH:2015:1203.16U39.15.0A
bei uns veröffentlicht am03.12.2015

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen I des Landgerichts Itzehoe vom 24. Februar 2015 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.035,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Dezember 2013 zu zahlen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung des jeweiligen Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des für den Gegner aufgrund des Urteils vollsteckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger, Tankstellenagent der Beklagten, verlangt von dieser Rückzahlung einer sog. Kassenpacht, die er - seines Erachtens zu Unrecht - gezahlt hat.

2

Der Kläger hat von der Beklagten aufgrund des Tankstellen-Agenturvertrags vom 15./21. April 2004 (Anlage B 10) eine Tankstelle in K. als selbstständiger Kaufmann (Handelsvertreter) übernommen, an der er für diese Kraft- und Schmierstoffe auf deren Rechnung vertreibt. Daneben betreibt er als Eigengeschäft im eigenen Namen und auf eigene Rechnung das sog. Shop-Geschäft.

3

Beiderlei Umsätze werden über eine Registrierkasse abgewickelt, die Bestandteil eines von der Beklagten zur Verfügung gestellten Kassensystems ist, für die der Kläger gemäß einer Nachtragsvereinbarung vom Dezember 2004 (Anlage K 1, Bl. 5) eine Kassenpacht von monatlich 281,21 € zzgl. Mehrwertsteuer, derzeit also 334,64 € zu zahlen hat. Das Kassensystem besteht aus der eigentlichen Tankstellenkasse (POS - Point of sale) und einem Büroarbeitsplatz (BOS - back-office-system). Auf den Hardware-Komponenten befindet sich eine voraufgespieltes Software, die über buchhalterische Funktionen wie die Erstellung von Tagesabrechnungen, Umsatzsteuererklärungen und betriebswirtschaftlichen Auswertungen verfügt. Über das Kassensystem, auf das die Beklagte per Datenfernübertragung zugreifen kann, wird auch die Abwicklung des Agenturgeschäfts gesteuert. Die Beklagte stellt dergestalt die Preise am sog. Preismast wie auch an den einzelnen Zapfsäulen ein und gibt diese Preise der Kasse vor. Nach einem Tankvorgang wird die Zapfsäule erst freigegeben, wenn die Kasse die Bezahlung registriert hat. Über das Kassensystem „zieht sich“ die Beklagte darüber hinaus die vom Kläger zu erteilenden Abrechnungen des Agenturgeschäftes.

4

Mit der Klage hat der Kläger die in den 54 Monaten vom Januar 2010 bis zum Juni 2014 gezahlte Pacht von 18.070,56 € zurückgefordert. Er hat gemeint, die Nachtragsvereinbarung sei unwirksam. Bei dem Kassensystem handele es sich um eine Unterlage i. S. von § 86a Abs. 1 HGB, die die Beklagte ihm unentgeltlich zur Verfügung zu stellen habe. Er hat betont, dass ohne das Kassensystem ein Kraftstoffverkauf praktisch nicht möglich sei. Das System diene sowohl der Darstellung der zu veräußernden Produkte (Kraftstoffe) als auch zur Bedienung der Verkaufseinrichtung.

5

Die Beklagte hat sich dem entgegengestellt. Gemäß § 86a Abs. 1 HGB müsse sie als Unternehmer nur diejenigen produktspezifischen Hilfsmittel aus ihrer Sphäre bereitstellen, auf die der Kläger zur Ausübung seiner Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit und zur Anpreisung der Ware angewiesen sei. Einen solchen sehr engen Bezug zu dem vertriebenen Produkt habe das Kassensystem nicht. Es handele sich vielmehr - jedenfalls hinsichtlich der Hardware - um eine Büroausstattung, deren Kosten der Handelsvertreter selbst zu tragen habe.

6

Das Landgericht hat die Beklagte zur vollen Rückzahlung verurteilt. Der Kläger habe die Kassenpacht ohne Rechtsgrund gezahlt, § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB. Die Nachtragsvereinbarung sei unwirksam, weil das Kassensystem zu den erforderlichen Unterlagen i. S. von § 86 a Abs. 1 HGB gehöre, die der Unternehmer dem Handelsvertreter unentgeltlich zur Verfügung zu stellen habe. Da das Kassensystem hier speziell auf den Verkauf von Kraftstoffen ausgelegt sei und nicht nur die Preisanzeige am Mast und die Preisanzeige an den Säulen, sondern auch die Bezahlung und Abrechnung mit der Beklagten sowie die Provisionsabrechnung durchführe, sei es eine Unterlage, die für die Werbung der Kunden und die Abrechnung unerlässlich sei. Der Kläger sei zum Abschluss der den Gegenstand des Handelsvertretervertrages bildenden Verträge darauf angewiesen. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass hier - anders als im Regelfall eines typischen Handelsvertretervertrages - der Tankstellenpächter den Verkauf der Ware vollständig durchführe, die Ware übergebe, die Bezahlung entgegennehme und später mit dem Unternehmer verrechne. Schon von daher habe der Unternehmer grundsätzlich alle Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die auch für die Abwicklung des Kaufes erforderlich seien, also insbesondere auch die „Kasse“ im eigentlichen Sinne mit allen dazugehörigen Komponenten. Soweit das System darüber hinaus die Preisgestaltung am Preismast und an den Zapfsäulen regele, seien auch dies ohne Zweifel Funktionen, die aus der Sphäre des Unternehmers stammten, einen sehr engen Bezug zu den vertriebenen Produkten hätten und auf die der Handelsvertreter zur Abwicklung der Verkaufsgeschäfte zwingend angewiesen sei. Ohne eine derartige Logistik, die hier nur die Beklagte zur Verfügung stellen könne, sei eine Vermittlung oder der Abschluss von Verträgen praktisch ausgeschlossen. Zwar habe nach § 87d HGB der Handelsvertreter die in seinem regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstehenden Aufwendungen wie eigene Büroausstattung etwa selbst zu tragen. Eine eindeutige Trennung, welcher Anteil des Kassensystems „Unterlage“ sei und was zur selbst zu beschaffenden Geschäftseinrichtung zähle, sei in der vorliegenden Konstellation jedoch nicht möglich. Da das Kassensystem trotz der Unterscheidung in Hard- und Software ein einheitliches Produkt darstelle, könne dem Kläger auch nicht nur ein Anteil der Kosten des Systems auferlegt werden; daneben fehle es auch an Anhaltspunkten, wie eine wertmäßige Verteilung vorgenommen werden könne, es überwiege ganz wesentlich die Preisbestimmung und Preisbezeichnung der Kraftstoffe sowie deren Abrechnung mit den Kunden, die in den Interessenbereich der Beklagten fielen.

7

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die meint, das Kassensystem sei nicht als „Unterlage“ anzusehen.

8

Der Kläger sei darauf zur Vermittlung oder zum Abschluss der vertragsgegenständlichen Verträge schon nicht angewiesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Vertrag bei Selbstbedienungstankstellen bereits mit der Beendigung des Tankvorganges zustande komme, sodass diejenigen Funktionen des Kassensystems, die zeitlich erst danach zum Tragen kämen (wie namentlich die Übermittlung von Kraftstoffart und -menge, die Speicherung und Übermittlung dieser Daten und der gesamte Bezahlvorgang) für die Frage der Erforderlichkeit nicht relevant seien. Im Übrigen könne die konkrete vertragliche Ausgestaltung im Einzelfall für die Frage der Erforderlichkeit keine Bedeutung haben, weil eine objektive Anknüpfung erfolgen müsse. Es sei also zu fragen, ob ganz allgemein der Verkauf von Kraftstoffen ein derartiges System erfordere, was zu verneinen sei, da bekanntlich auch bereits vor Einführung solcher Kassensysteme Benzin an Tankstellen veräußert worden sei; zwingend notwendig sei das System deshalb nicht.

9

Auch fehle es an einem sehr engen Bezug zu dem vertriebenen Produkt. Bei dem Kassensystem handele es sich nicht um ein produktspezifisches Hilfsmittel, sondern ein produktunspezifisches. Mit seiner Hilfe könne man zwar auch Kraftstoffe verkaufen, aber grundsätzlich auch jedes andere im Einzelhandel übliche Produkt, was der Kläger im Rahmen seines Shop-Geschäftes ja auch tue. In der Abgrenzung zu der vom Handelsvertreter selbst zu finanzierenden Büroausstattung, die in der Regel ebenfalls erforderlich im Sinne einer conditio sine qua non sein werde, müsse nicht gefragt werden, ob der jeweilige Gegenstand für den Vertrieb der jeweiligen Art von Produkten erforderlich sei, sondern gerade speziell für diejenigen des Unternehmers.

10

Die Unterlage stamme auch nicht spezifisch aus der Sphäre des Unternehmers bzw. könne nicht nur von diesem zur Verfügung gestellt werden. Das lasse sich schon daran erkennen, dass das Kassensystem weder speziell für die Beklagte hergestellt noch exklusiv von Herstellern nur an diese veräußert werde. Sowohl Mitbewerber als auch einzelnen Tankstellenbetreiber könnten ein derartiges System problemlos erwerben (Bl. 112).

11

Die Richtigkeit dieser Auffassung lasse sich auch durch Kontrollüberlegungen bestätigen: Die Auffassung des Landgerichts würde dazu führen, dass, hätten die Parteien im Agenturvertrag keine Regelung getroffen, der Kläger einen einklagbaren Anspruch auf kostenlose Überlassung eines solchen Kassensystems habe. Das könne schon angesichts des ganz erheblichen Wertes eines solchen Systems, der weit über dem Wert der in § 86a Abs. 1 HGB beispielhaft genannten Unterlagen wie Zeichnungen, Geschäftsbedingungen und Preislisten liege, nicht ernsthaft vertreten werden. Auch trage das vom Landgericht verwendete Alles-oder-nichts-Prinzip dem Umstand nicht Rechnung, dass das Kassensystem Synergien schaffe, die beiden Parteien nützten. Verkauf und einfache Abrechnung lägen auch im Interesse des Klägers, welcher überdies auch im Rahmen seines Eigengeschäftes von den sonstigen Funktionen des Kassensystems profitiere.

12

Auf Auflage des Senats vom 6. Juli 2015 (Bl. 122) hat die Beklagte zu ihrer Kostenkalkulation vorgetragen, wie der ungerade Betrag der Kassenpacht im Einzelnen ermittelt worden sei, lasse sich nicht mehr feststellen (Bl. 146). Bei der Preisbildung handele es sich um eine Mischkalkulation, die unter Berücksichtigung der zu erwartenden Provisionserlöse und einer als angemessen erachteten Beteiligung an den Kosten des Kassensystems dem Pächter einen auskömmlichen Betrieb der Tankstelle ermöglichen solle (Bl. 145); entsprechend sei die Pacht fix, während die Beklagte das Risiko von Preissteigerungen und auch des Austausches trage. Bei der Bemessung hätten die Außendienstmitarbeiter einen gewissen Spielraum (Bl. 146). Das sei auch gerechtfertigt. Einen allgemeinen Grundsatz dahin, dass der Handelsvertreter nicht Kosten des Unternehmers tragen dürfe, gebe es nicht. Soweit der BGH davon spreche, dass der Handelsvertreter sich nicht an Kosten des Unternehmers beteiligen müsse, so beziehe sich das nur auf die Herleitung, warum die Überlassung von Unterlagen kostenlos zu erfolgen habe. Im Übrigen richtet sich die Behandlung der Geschäftskosten des Handelsvertreters nach § 87d HGB; und dieser sei dispositiv, erlaube es daher auch, dem Handelsvertreter Kosten aufzuerlegen (Bl. 147ff.).

13

Die genauen Anschaffungskosten könne sie nicht benennen; die Systeme habe sie in einem Paket von 490 Tankstellen von XY gekauft (Bl. 137; in der Buchhaltung [vgl. Anlage BerB 2, Bl. 150] sei entsprechend ein Anschaffungswert insoweit nicht ausgewiesen). Ein neues System würde heute 14.724,- € kosten, dafür 1.595,- € für die Forecourt-Steuerung, d.h. die Anbindung des Preismastes sowie die Überwachung des Füllstandes und der Gasrückführung mittels des Kassensystems, (Bl. 137f.). Zwischen 2004 und 2015 habe sie für Ergänzungen, Updates und Austausch von Komponenten 10.649,20 € aufgewandt (Bl. 138 i.V.m. Anlage BerB 2, Bl. 150), daneben für Reparaturen zwischen 2005 und 2012 weitere 2.761,54 € (Bl. 139) sowie von 2005 (1.719,- €) bis 2015 (1.998,- €) durchschnittlich jährlich 1.919,78 € für Wartung (vgl. Anlage BerB 3, Bl. 151ff.). Danach werde ein Großteil der Pacht schon für die Wartung benötigt. In Anbetracht der weiteren Kosten sei die Pacht insgesamt nicht unangemessen.

14

Die Beklagte beantragt,

15

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

16

Der Kläger beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

19

Das Kassensystem sei eine Unterlage im Sinne von § 86a HGB. Ohne dieses seien Vermittlung und Abschluss von Geschäften für die Beklagte nicht möglich. Die Beklagte stelle auf andere Weise als über das System Preisinformationen nicht zur Verfügung. Das System sei daher auch eine erforderliche Unterlage. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne diese - wie hier auch - die Form einer Software haben. Dass das Kassensystem darüber hinaus weitere Funktionalitäten habe, ändere an der Einordnung nichts, zumal auch diese namentlich die Steuerung der Zapfsäule und die Abrechnung - unabdingbar für den vereinbarungsgemäßen Verkauf des Kraftstoffs sei. Dass das für einen einheitlichen Preis überlassene „Paket“ daneben auch andere Komponenten aufweise, schade nicht, da es sich - wie im Fall des Bundesgerichtshofs (NJW 2011 2423, Rn. 30 bei juris) - um ein nach der Verkehrsauffassung einheitliches Produkt handele: es werde eine Pacht für eine Kasse verlangt.

II.

20

Die Berufung hat teilweise Erfolg, § 513 Abs. 1 ZPO.

21

Der Kläger kann - nur - die Hälfte der im streitgegenständlichen 4 ½-Jahreszeitraum gezahlte Kassenpacht zurückverlangen, § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB. Der Rückzahlungsanspruch ergibt sich indes nicht daraus, dass das Kassensystem eine kostenlos zu überlassende Unterlage im Sinne von § 86a HGB wäre; das ist nicht bzw. nur sehr teilweise der Fall und kann eine völlige Kostenfreiheit nicht rechtfertigen (dazu A.) Der Anspruch folgt vielmehr aus dem handelsvertreterrechtlichen Grundsatz einer angemessenen Kostenverteilung (dazu B.).

1.

22

Ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch steht dem Kläger nicht oder nur zu geringem Teil unter dem Gesichtspunkt zu, dass die Beklagte dem Kläger das Kassensystem als eine „Unterlage“ im Sinne von § 86a Abs. 1 HGB unentgeltlich zur Verfügung zu stellen hätte, wonach dann die entgegenstehende Regelung in der Nachtragsvereinbarung gemäß § 86 a Abs. 3 HGB unwirksam wäre.

23

Bei näherer Betrachtung stellt das streitgegenständliche Kassensystem ungeachtet seiner vertrieblichen bzw. - vgl. U 8 oben - logistischen Notwendigkeit nicht bzw. nur sehr teilweise eine Unterlage im Sinne von § 86a Abs. 1 HGB dar, da es an dem erforderlicheninhaltlichen Bezug zum Produkt fehlt.

24

Gemäß § 86a Abs. 1 HGB hat der Unternehmer dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen und Geschäftsbedingungen zur Verfügung zu stellen, was nach ganz herrschender Meinung unentgeltlich zu geschehen hat. Die Unentgeltlichkeit folgt aus dem Leitbild des Handelsvertreters als eines selbstständigen Vermittlers von Geschäften. Dieser soll sich einerseits nicht an den Kosten des Unternehmers beteiligen müssen, muss andererseits jedoch das alleinige Risiko der von ihm entfalteten Absatzbemühungen tragen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2011, VIII ZR 11/10, NJW 2011, 2423, Rn 19 bei juris m.w.N.).

25

Der Begriff der Unterlagen ist nach allgemeiner Auffassung weit zu fassen. Die im Gesetz vorgenommene Aufzählung von Mustern, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen und Geschäftsbedingungen ist nur beispielhaft und nicht abschließend. Von dem Begriff der Unterlagen wird alles erfasst, was dem Handelsvertreter zur Ausübung seiner Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit - insbesondere zur Anpreisung der Waren bei dem Kunden - dient und aus der Sphäre des Unternehmers stammt. Aus den Beispielen, die die Vorschrift aufführt, lässt sich ableiten, dass es sich jeweils um Unterlagen handeln muss, die einen sehr engen Bezug zu dem vertriebenen Produkt haben und ohne die eine erfolgreiche Vermittlung nicht möglich ist. Das gilt insbesondere für Preislisten und Geschäftsbedingungen, ohne die der Handelsvertreter die Vermittlung oder den Abschluss eines Vertrages unter Einhaltung der vom Unternehmer vorgegebenen Konditionen nicht leisten kann. Die übrigen beispielhaft erwähnten Unterlagen, nämlich Muster, Zeichnungen und Werbedrucksachen sind - je nach Branche - erforderlich, damit der Handelsvertreter den künftigen Kunden das Produkt, das er nach dem Handelsvertretervertrag zu vertreiben hat, überhaupt vorstellen kann. Ohne derartige Unterlagen, die nur der Unternehmer zur Verfügung stellen kann, ist eine Vermittlung oder der Abschluss von Verträgen praktisch ausgeschlossen (vgl. BGH, a. a. O., Rn 24).

26

Aus dieser Herleitung ergibt sich, dass es - was an sich auch schon aus dem bloßen Wortsinn des Ausdrucks „Unterlage“ folgt - um Dinge geht, die das zu vertreibende Produkt „unterlegen“, also inhaltlich bezeichnen, beschreiben und/oder eingrenzen oder, anders gesagt, um die Bereitstellung bestimmter produktspezifischer Informationen, die für die Einflussnahme auf die Entschließung des Kunden von Bedeutung sind. Bei den im Gesetz beispielhaft genannten Mustern, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen und Geschäftsbedingungen steht ersichtlich der informatorische Gehalt im Vordergrund, dessen Verfügbarkeit für den Handelsvertreter und den von ihm erwarteten Einwirken auf den Kunden schlechthin notwendig ist. Da Produkt und Produktinformation aus der Sphäre des Unternehmers stammen, erscheint es auch mehr oder weniger selbstverständlich, die Materialkosten dieser Information seinen Aufwendungen zuzuordnen unter den Kommunikationsbedingungen Mitte des vergangenen Jahrhunderts - die neue Fassung des Handelsvertreterrechts beruht im Wesentlichen auf einem Gesetz vom 6. August 1953 - konnte es sich, und auch das spiegelt der Begriff der „Unterlagen“, allein um papierförmiges Material handeln, das typischerweise zentral vom Unternehmer beauftragt und verteilt wurde.

27

Mit einem solchen papiernen Medium mit überschaubaren Kosten ist das hier streitgegenständliche Kassensystem nicht mehr sinnvoll vergleichbar. Es umfasst zwar auch noch die ursprünglich gemeinte Funktion der Mitteilung einer Produktinformation, nämlich des jeweiligen Preises für die einzelnen Waren. Es geht indes über die vormalige Mitteilung eines produktbezogenen Inhalts vom Unternehmer über den Handelsvertreter an den Kunden so weit hinaus, dass ihm im Durchgang durch die zwischen den Parteien unstreitigen Funktionalitäten insgesamt eine andere Qualität beizumessen ist:

28

In erster Linie erfüllt das Kassensystem die Funktion einer Registrierkasse, die eine geordnete Abwicklung und Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben im Betrieb des Handelsvertreters ermöglicht, und damit Funktionen, die ganz eindeutig dem Geschäftsbetrieb des Handelsvertreters zuzuordnen sind, der nun einmal eine Kasse benötigt und sie zu führen und abzurechnen hat. In diesem Zusammenhang gestattet die Kasse dem Handelsvertreter auch die Erstellung von Journalen und Umsatzsteuererklärungen, worin ebenfalls Funktionen liegen, die ganz eindeutig seinem Betrieb und dessen büroorganisatorischem Bereich zuzuordnen sind und mit einer produktspezifischen Information nichts mehr zu tun haben.

29

Daneben ermöglicht das Kassensystem vermittels der Datenfernübertragung auch eine „umgekehrte“ Kommunikation des Handelsvertreters mit dem Unternehmen, indem es nämlich den Transfer betrieblicher Umsatz- und Provisionsdaten vom Handelsvertreter an das Unternehmen leistet, womit es ebenfalls ein Hilfsmittel zur Erfüllung von Aufgaben bietet, die in die Sphäre des Handelsvertreters fallen. Insoweit dient es allerdings zugleich handgreiflich auch den Bedürfnissen des Unternehmers; denn es ist in seinem Sinn und Interesse, wenn er jederzeit selbst auf die Daten der Kasse zugreifen kann, die Kasse Informationen nach einem von ihm vorgegebenen System liefert und die Kopplung der Kassen mit der Warenausgabe über die Zapfsäulen zugleich eine hohe Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit der gezogenen Abrechnung bietet. Insofern erspart das System der Beklagten im Vergleich zu einer papiernen Abrechnung ohne Verbindung zur Warenausgabe einen erheblichen Personal- und Organisationsaufwand, der sonst mit der Bearbeitung der Abrechnungen, aber auch mit der Kontrolle der Warenausgabe und der korrekten Betriebsführung im Übrigen verbunden wäre.

30

Zusammengefasst ist damit das Kassensystem nur noch in einer einzelnen Funktion - der Preismitteilung - überhaupt noch mit dem Charakter einer Unterlage als des Trägers spezifischer Produktinformationen behaftet, während es im Übrigen, weit darüber hinausgehend, ein komplexes multifunktionales, von dem konkret gehandelten Produkt losgelöstes betriebswirtschaftliches Rechnungs- und wechselseitiges Kommunikationsmedium ist.

31

Danach verbietet sich eine vollständige oder auch nur weitgehende Einordnung als „Unterlage“, und dies auch unter dem vom Kläger noch angeführten Gesichtspunkt eines „einheitlichen Pakets“. Das wird angesichts der vielfältigen allein vertreternützigen Funktionen der Sache ersichtlich nicht gerecht. Etwas anderes lässt sich insoweit nach Meinung des Senats auch nicht aus der Entscheidung des BGH vom 4. Juli 2011 (NJW 2011 2423 Rn. 30 bei juris) herauslesen. Dort wurde dem Handelsvertreter für monatlich 80,- € eine Software zur Verfügung gestellt, die ihm u.a. die Nutzung der Vertriebssoftware des Unternehmens ermöglichte, das Finanzdienstleistungen vermittelte. In einem solchen Fall muss einleuchten, dass der Handelsvertreter ohne Zugang zu der Software Kundengespräche nicht sinnvoll und nicht erfolgreich hat führen können. Dort lag es entsprechend nahe, den erkauften Zugang wie eine Überlassung von - inhaltlichen, produktspezifischen - Unterlagen zu behandeln und demgegenüber - auch angesichts des insgesamt berechneten Preises - die Software-Komponenten, die der vom Handelsvertreter selbst zu finanzierenden allgemeinen Büroorganisation zuzuordnen waren, zu vernachlässigen. Hier liegen, wie ausgeführt, die Dinge wesentlich komplexer und sind auch die anfallenden Kosten erheblich andere. Das lässt eine „Einheitslösung“ als verfehlt erscheinen.

2.

32

Im Hinblick auf die zahlreichen Funktionen, die, wie dargestellt, das Kassensystem im Interesse des einen und des anderen Vertragspartners und auch im Interesse beider hat, kann nach Meinung des Senats die Frage wirtschaftlich und auch rechtlich vernünftigerweise nur sein, ob in Anbetracht dieser Funktionen und ihrer jeweiligen Zuordnung auf den Nutzen der jeweiligen Partei die von der Beklagten mit der Kassenpacht vorgenommene Kostenzurechnung im Hinblick auf das Leitbild des Handelsvertretervertrages angemessen ist, welches es, wie eingangs ausgeführt, verbietet, dem Handelsvertreter Kosten aufzuerlegen, die „eigentlich“ Kosten des Unternehmers sind.

33

Der Gedanke einer fairen Kostenverteilung nach dem jeweiligen Nutzen, der sich im Übrigen auch aus § 242 BGB verstehen würde, gilt im Besonderen auch im Handelsvertreterrecht. Wenn der Bundesgerichtshof (a.a.O., Rn. 19) ausführt, dass aus dem Leitbild des Handelsvertreters als selbständigem Vermittler von Geschäften folge, dass er sich nicht an den Kosten des Unternehmers beteiligen müsse, so gilt das nicht - wie aber die Beklagte will - allein für die Herleitung der Unentgeltlichkeit der Überlassung von Unterlagen im Sinne von § 86a Abs. 1 HGB, sondern für das gesamte Handelsvertreterverhältnis. Nichts anderes ergibt sich auch aus § 87d HGB; dieser bestätigt vielmehr inzident das allgemeine Leitbild. Wenn danach der Handelsvertreter Ersatz seiner im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen nur bei Handelsüblichkeit verlangen kann, so besagt das nur, dass das Unternehmen ihm grundsätzlich seine eigenen Aufwendungen nicht von der Hand halten muss. Die Vorschrift gestattet es daher mitnichten, dem Handelsvertreter Kosten des Unternehmers aufzuerlegen. Ihre Ratio ist vielmehr nichts anderes als der Gedanke, dass grundsätzlich jeder die ihm zuzurechnenden Kosten selbst zu tragen hat.

34

In Anbetracht des nicht unerheblichen Betrags, den die Beklagte - anfangs gänzlich unaufgeschlüsselt, augenscheinlich nicht wirklich durchkalkuliert und faktisch teilweise in das Ermessen der Außendienstmitarbeiter gestellt - dem Kläger aufgrund der Nachtragsvereinbarung allmonatlich abverlangt, liegt nicht fern, dass der Betrag zu nicht geringen Anteilen auch Kosten enthält, die bei richtiger Zuordnung - sei es, weil es ihr Kommunikationsvorteile einbringt, sei es, weil es ihr Kosten erspart, die sie bei einer herkömmlichen Organisation der Informationsverarbeitung und der Kontrolle ihrer Agenten hätte - der Beklagten zuzuordnen sind. Und so stellt es sich denn auch - nach den von der Beklagten auflagegemäß hergegebenen Unterlagen - in concreto dar.

a)

35

Aus den von der Beklagten vorgelegten Zahlen, deren Richtigkeit der Kläger nicht in Abrede genommen hat, ergibt sich, dass die Pacht die insgesamt anfallenden Kosten rundheraus deckt.

36

Der Kläger zahlt monatlich 281,21 € netto, also jährlich

3.374,52 €.

An Kosten fallen dagegen an

        

- für Austausch, Erneuerung, Updates 10.649,20 in 12 Jahren
  also jährlich in Durchschnitt

887,43 € 

- für die Wartung jährlich

1.919,72 € 

- für Reparaturen 2.761,54 € in 12 Jahren,
  also jährlich durchschnittlich

230,13 € 

- hinzu zu rechnen ist eine anzusparende Rücklage
  für die etwa anfallende Runderneuerung der Anlage;
  dafür kann - bei einem betriebswirtschaftlich großzügigen
  Ansatz von Tagesneuwerten - aus Anschaffungskosten neu   

14.724,00 € 

./. reale bisherige Erneuerungskosten

10.649,20 € 

ein Betrag von

4.074,80 € 

angesetzt werden,

        

das sind verteilt auf 15 Jahre

271,65 €.

Damit ergeben sich Kosten von jährlich

3.308,99 €,

also nur 65,53 € mehr, als die Beklagte nach dem Vertrag verlangt,
eine Differenz von monatlich rd. 5,- €, die zu vernachlässigen ist.

b)

37

Dabei bleibt aber unberücksichtigt, dass von dem Kassensystem, das hiernach der Handelsvertreter allein bezahlt, auch die Beklagte wesentliche Vorteile hat.

38

Nicht nur ermöglicht ihr das System die sekundenschnelle Umsetzung der Änderung ihrer Tagespreise, Sie kann auch auf das System durchgreifen und sich jederzeit daraus die von ihr benötigten Daten ziehen, die in der Kasse für sie schon zur unmittelbaren Verarbeitung vorstrukturiert sind. Dadurch erspart sie sich, wie schon ausgeführt, im Vergleich zu einer „händischen Bearbeitung“ in erheblichem Umfang Personal- und Organisationsaufwand, der sonst mit der Kommunikation, der Bearbeitung der Abrechnungen, mit der Kontrolle der Warenausgabe und der korrekten Betriebsführung im Übrigen verbunden wäre.

39

Im Abgleich mit den für den Kläger bestehenden Vorteilen einer EDV, die auch ihm die Kommunikation erleichtert, ihm die Buchhaltung und steuerliche Erklärungen abnimmt und daneben - hinsichtlich der Shop-Geschäftes - auch allein seinen Belangen dient, hält der Senat insgesamt eine hälftige Kostenverteilung für angemessen, § 287 Abs. 1 ZPO.

3.

40

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

41

Seit dem 22. Dezember 2013 befand sich die Beklagte mit der Rückzahlung in Verzug (vgl. U 9). Der Verzugszins beträgt 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz; der Rückzahlungsanspruch ist keine Entgeltforderung im Sinne von §§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 3 BGB (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, Kommentar, 74. Auflage, § 288 Rn. 8, 286 Rn. 27 m.N.)

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

43

Der Senat lässt die Revision zu, § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Frage der Einordnung des Kassensystems ist höchstrichterlich nicht geklärt; die nähere Eingrenzung des Begriffs der Unterlage erscheint klärungsbedürftig, nachdem etwa das Hanseatische Oberlandesgericht (Beschluss vom 28. Oktober 2014, 15 U 11/14, hier Bl. 54) eine bloße Datenleitung als „Unterlage“ angesehen hat, die der Unternehmer auf seine Kosten zu liefern und zu warten habe.


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Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.08.2015 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil

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(1) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen.

(2) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die erforderlichen Nachrichten zu geben. Er hat ihm unverzüglich die Annahme oder Ablehnung eines vom Handelsvertreter vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts und die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. Er hat ihn unverzüglich zu unterrichten, wenn er Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfange abschließen kann oder will, als der Handelsvertreter unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte.

(3) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.

Der Handelsvertreter kann den Ersatz seiner im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen nur verlangen, wenn dies handelsüblich ist.

(1) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen.

(2) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die erforderlichen Nachrichten zu geben. Er hat ihm unverzüglich die Annahme oder Ablehnung eines vom Handelsvertreter vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts und die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. Er hat ihn unverzüglich zu unterrichten, wenn er Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfange abschließen kann oder will, als der Handelsvertreter unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte.

(3) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.

Der Handelsvertreter kann den Ersatz seiner im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen nur verlangen, wenn dies handelsüblich ist.

(1) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen.

(2) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die erforderlichen Nachrichten zu geben. Er hat ihm unverzüglich die Annahme oder Ablehnung eines vom Handelsvertreter vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts und die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. Er hat ihn unverzüglich zu unterrichten, wenn er Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfange abschließen kann oder will, als der Handelsvertreter unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte.

(3) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen.

(2) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die erforderlichen Nachrichten zu geben. Er hat ihm unverzüglich die Annahme oder Ablehnung eines vom Handelsvertreter vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts und die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. Er hat ihn unverzüglich zu unterrichten, wenn er Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfange abschließen kann oder will, als der Handelsvertreter unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte.

(3) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 11/10 Verkündet am:
4. Mai 2011
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter (nur) die Unterlagen kostenlos zur Verfügung
zu stellen, auf die dieser zur Vermittlung oder zum Abschluss der den Gegenstand
des Handelsvertretervertrages bildenden Verträge angewiesen ist. Dies ist
für ein Softwarepaket zu bejahen, wenn zumindest einzelne Komponenten für die
Tätigkeit des Handelsvertreters unverzichtbar sind, nicht aber für Werbegeschenke
("Give-aways") und andere für die Tätigkeit des Handelsvertreters bloß nützliche oder
seiner Büroausstattung zuzuordnende Artikel.
BGH, Urteil vom 4. Mai 2011 - VIII ZR 11/10 - OLG Celle
LG Hannover
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin
Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider sowie die Richterin
Dr. Fetzer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 10. Dezember 2009 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Urteil der 24. Zivilkammer (4. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Hannover vom 3. März 2009 hinsichtlich der Klage zum Nachteil der Beklagten abgeändert worden ist. Die Berufung des Klägers gegen das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen. Die Anschlussrevision des Klägers wird zurückgewiesen. Die Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger zu 2/5 und die Beklagte zu 3/5 zu tragen. Die Kosten der Revisionsinstanz werden gegeneinander aufgehoben. Der Streitwert wird auf 13.244,34 € für die Revisionsinstanz und auf 17.744,34 € für die Berufungsinstanz festgesetzt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger war von Ende des Jahres 2003 bis zum 31. Oktober 2007 als (Unter-)Handelsvertreter für die Beklagte tätig, die ihrerseits als Handelsvertreterin Finanzdienstleistungen vertreibt. Er macht geltend, dass die Beklagte sein Provisionskonto zu Unrecht mit diversen Kosten und Gebühren belastet habe, und verlangt Auszahlung der einbehaltenen Beträge.
2
Die Beklagte bietet ihren Handelsvertretern kostenpflichtige Schulungsund Fortbildungsmaßnahmen an. Zur Unterstützung ihrer Vermittlungstätigkeit können die Handelsvertreter von der Beklagten ferner verschiedene mit deren Logo versehene Artikel wie Briefpapier, Visitenkarten, Datenerhebungsbögen und Werbegeschenke aller Art gegen Entgelt erwerben. Das gleiche gilt für die von der Beklagten herausgegebene Zeitschrift "F. ", die die Handelsvertreter gegen Entgelt für die von ihnen betreuten Kunden bestellen können. Der Kläger machte von diesen Angeboten Gebrauch. Die dadurch entstandenen Kosten wurden vereinbarungsgemäß seinem Provisionskonto belastet.
3
Aufgrund eines zwischen den Parteien gesondert abgeschlossenen Vertrages ("A. Business Center Nutzungsvertrag Software-Vorteilsangebot") wurde dem Kläger die Nutzung der Vertriebssoftware der Beklagten gegen Zahlung eines gleichfalls seinem Provisionskonto belasteten Entgelts in Höhe von 80 € monatlich ermöglicht.
4
Der Kläger hat Zahlung des von der Beklagten insgesamt einbehaltenen Betrages von 10.564,34 € nebst Zinsen begehrt. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 3.680 € nebst Zinsen stattgegeben und die weitergehende Klage abgewiesen. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt, soweit sie erstinstanzlich unterlegen sind. Die Beklagte hat in der Berufungsinstanz hilfsweise die Aufrechnung mit einem bereicherungsrechtlichen Wertersatzanspruch im Hinblick auf den Wert der dem Kläger überlassenen Software erklärt. Mit der Hilfswiderklage hat die Beklagte Auskunft begehrt, in welchen Fällen der Kläger von seinen Kunden ein Entgelt für die Erstellung der privaten Finanzstrategie erhalten habe. Das Oberlandesgericht hat das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Rückzahlung von (insgesamt) 7.930,22 € nebst Zinsen verurteilt, die Hilfswiderklage hat es abgewiesen.
5
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter; die Abweisung der Hilfswiderklage nimmt sie hin. Mit der Anschlussrevision wendet sich der Kläger gegen das Berufungsurteil , soweit seine Berufung erfolglos geblieben ist, und verfolgt seinen Klageantrag in voller Höhe weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg. Die Anschlussrevision des Klägers ist unbegründet.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Dem Kläger stehe gegen die Beklagte wegen unberechtigter Abbuchungen ein Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Die zu Lasten des Provisionskontos vorgenommenen Abbuchungen seien überwiegend ohne Rechtsgrund erfolgt. Ein Rechtsgrund habe lediglich für die Beträge bestanden, die die Beklagte für die Teilnahme des Klägers an Schulungen und Seminaren abgebucht habe. Das Berufungsgericht teile die Auslegung des § 86a HGB http://www.juris.de/jportal/portal/t/xl3/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE009701309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/xl3/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE009701309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/xl3/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE009701309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - durch das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 11. September 2009 - 19 U 64/09). Die Bestimmung sei Ausprägung der allgemeinen Rechtspflicht des Unternehmers , den Handelsvertreter bei seiner Arbeit zu unterstützen. Der Begriff der Unterlagen sei weit zu fassen. Der Unternehmer müsse grundsätzlich alle produktspezifischen Hilfsmittel aus seiner Sphäre unentgeltlich bereitstellen, auf die der Handelsvertreter objektiv gesehen oder nach seinem pflichtgemäßen Ermessen zur Ausübung seiner Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit und zur Anpreisung der Ware angewiesen sei.
9
Bei den vom Kläger bestellten Werbegeschenken - wie Aufkleber, Kleidung , Süßigkeiten, Spielsachen und andere "Give-aways" mit dem Unternehmenslogo der Beklagten - handele es sich um allgemeine Werbemittel, die als erforderliche Unterlagen im Sinne des § 86a HGB anzusehen seien. Darauf, dass es sich nicht um unverzichtbare Hilfsmittel handele, komme es nicht an. Entscheidend sei, dass der Unternehmer, der seinem Produkt näher stehe als der Handelsvertreter, diesen bei der Anpreisung der Ware zu unterstützen und ihm die speziell auf die zu vertreibenden Produkte abgestimmten Hilfsmittel bereitzustellen habe.
10
Auch für das Briefpapier mit dem A. -Logo und die entsprechend gestalteten Visitenkarten gelte § 86a Abs. 1 HGB. Es liege im Interesse der Beklagten , dass die für sie tätigen Handelsvertreter nach außen hin bei schriftlichen Erklärungen ein einheitliches Briefpapier verwendeten. Auch der Zusatz auf dem Briefpapier, dass Erklärungen des Handelsvertreters die Beklagte nicht verpflichteten, erfolge in deren Interesse. Bei der gebotenen weiten Auslegung des § 86a HGB habe der Unternehmer die Kosten für Briefpapier und Visitenkarten zu übernehmen, wenn er deren Gestaltung vorgebe. http://www.juris.de/jportal/portal/t/xl3/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE009701309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/xl3/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE009701309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 6 -
11
Entsprechendes gelte für die so genannten Datenerhebungsbögen und die Mandantenordner. Die Beklagte lege nach ihren Geschäftsanweisungen großen Wert darauf, dass eine eingehende Datenerhebung erfolge. Die Datenerhebungsbögen seien Grundlage der Finanzanalyse und deshalb als erforderliche Unterlage im Sinne von § 86a HGB von der Beklagten kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Gegen diese Wertung spreche auch nicht, dass der Kläger die Möglichkeit gehabt habe, von den Kunden für die Erstellung der Finanzstrategie eine Vergütung zu verlangen. Wenn die Beklagte von ihren Kunden keine gesonderte Vergütung für die Erstellung der Finanzstrategie verlange, sondern etwaige Entgelte den Handelsvertretern belasse, könne durch diese vertragliche Gestaltung nicht die zwingende Regelung des § 86a HGB, wonach Unterlagen kostenfrei zur Verfügung zu stellen seien, umgangen werden. Dies gelte nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass nicht von allen Kunden die Erstellung der Finanzstrategie tatsächlich bezahlt werde.
12
Bei der Zeitschrift "F. " handele es sich um eine Werbedrucksache im Sinne des Gesetzes, denn bei einer wertenden Betrachtung des Inhalts der Zeitschrift stehe die Werbung für die Beklagte und ihr Produkt - den Finanzberatungsvertrag - im Vordergrund. Unerheblich für die Einschätzung als Werbemittel sei, dass die Zeitschrift auch käuflich zu erwerben sei. Durch diese Möglichkeit verliere die Zeitschrift nicht den Charakter einer "Werbedrucksache" der Beklagten, denn Werbemittel müssten nicht zwingend kostenlos dem Kunden zur Verfügung gestellt werden.
13
Dem Kläger stehe ferner ein Anspruch auf Auszahlung der von der Beklagten für die überlassene Software einbehaltenen Beträge zu. Der Vertrag über die Nutzung der Software betreffe auch von der Beklagten selbst entwickelte Softwareprodukte, die für die Tätigkeit des Klägers zumindest nützlich gewesen seien. Es handele sich teilweise um speziell auf den Vertrieb der Be- http://www.juris.de/jportal/portal/t/1e0q/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE009701309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1e0q/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE009701309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1e0q/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE009701309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1e0q/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE009701309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 7 - klagten zugeschnittene Software und somit bei der gebotenen weiten Auslegung des Gesetzes um ein für die Vermittlungstätigkeit erforderliches Arbeitsmittel. Für die Entscheidung sei dabei unbeachtlich, dass nur Teile des Gesamtsoftwarepakets der Vermittlungstätigkeit dienten und deshalb unter § 86a Abs. 1 HGB fielen, während andere Teile allein der vom Kläger selbst zu finanzierenden Büroorganisation zuzurechnen seien. Wenn die Beklagte erforderliche - und damit kostenfreie - Arbeitsmittel zusammen mit nützlichen - und damit möglicherweise vergütungspflichtigen - Arbeitsmitteln in einem Paket zu einem einheitlichen Preis zur Verfügung stelle, sei die Vergütungsvereinbarung für das Gesamtpaket gemäß § 86a Abs. 3 HGB unwirksam.
14
Der Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf Übernahme der ihm für seine Teilnahme an Seminaren, Schulungen und Fortbildungskursen entstandenen Kosten. Eine Schulung oder ein Fortbildungsseminar sei keine "Unterlage" im Sinne des § 86a HGB. Es müsse sich um körperliche Gegenstände handeln , was bei Schulungen nicht der Fall sei. Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift komme nicht in Betracht. § 86a HGB finde seinen Sinn darin, dass der Unternehmer, der als Geschäftsherr seinem Produkt näher stehe als der Handelsvertreter, die Hilfsmittel bereitzustellen habe, die speziell auf die vom Handelsvertreter zu vertreibenden Produkte abgestimmt seien. Für Fortbildungen und Schulungen, die in erster Linie in die Sphäre des Handelsvertreters fielen, gelte dies allerdings nicht.
15
Der mit der Hilfsaufrechnung verfolgte bereicherungsrechtliche Wertersatzanspruch im Hinblick auf die überlassene Software bestehe nicht, denn es sei der Beklagten angesichts der Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung gemäß § 86a HGB verwehrt, für eventuell vergütungspflichtige Anteile des Pakets bereicherungsrechtliche Ansprüche geltend zu machen.

II.

16
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
17
A. Revision der Beklagten
18
Die Revision ist unbegründet, soweit sich die Beklagte gegen die Zurückweisung ihrer Berufung gegen das Urteil des Landgerichts und mithin gegen die Verurteilung zur Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 3.680 € nebst Zinsen wegen unberechtigter Abbuchungen für die Nutzung der A. - Software wendet. Die Revision hat hingegen Erfolg, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Berufungsgericht der Klage auf die Berufung des Klägers in weitergehendem Umfang als das Landgericht stattgegeben hat. Denn eine Verpflichtung zur kostenlosen Überlassung gemäß § 86a Abs. 1 HGB traf die Beklagte lediglich hinsichtlich der Vertriebssoftware; die von der Beklagten vorgenommenen Verrechnungen wegen der vom Kläger bestellten Büroartikel und Werbemittel sind hingegen zu Recht erfolgt.
19
1. § 86a Abs. 1 HGB verpflichtet den Unternehmer, dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen zur Verfügung zu stellen. Hiervon abweichende Vereinbarungen sind gemäß § 86a Abs. 3 HGB unwirksam. Nach allgemeiner Meinung sind die Unterlagen im Sinne des § 86a HGB kostenlos zu überlassen (Emde in Großkomm. HGB, 5. Aufl., § 86a Rn. 74; Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts , 3. Aufl., Rn. 611; Thume, BB 1995, 1913, 1914 f.; OLG Köln, RuS 2009, 87; OLG München, OLGR 2002, 82; OLG Saarbrücken, OLGR 1997, 5, 7). Aus dem Leitbild des Handelsvertreters als selbständiger Vermittler von Geschäften folgt, dass er sich einerseits nicht an den Kosten des Unternehmers beteiligen muss, andererseits jedoch das alleinige Risiko der von ihm entfalteten Absatzbemühungen trägt. Durch eine Beteiligung an Kosten des Unternehmers für Unterlagen im Sinne des § 86a Abs. 1 HGB wäre der Handelsvertreter indes verpflichtet, auch im Falle erfolgloser Absatzbemühungen für die überlassenen Unterlagen ein Entgelt an den Unternehmer zu zahlen und so letztlich einen Teil des unternehmerischen Risikos des Prinzipals zu tragen (vgl. OLG Saarbrücken , aaO; OLG Hamm, NJW-RR 1990, 567, 569 f.). Dies wäre mit der Risikoverteilung im Handelsvertreterverhältnis unvereinbar.
20
2. Der Begriff der Unterlagen ist nach allgemeiner Auffassung weit zu verstehen, denn die im Gesetz vorgenommene Aufzählung von Mustern, Zeichnungen , Preislisten, Werbedrucksachen und Geschäftsbedingungen ist nur beispielhaft und nicht abschließend (Thume in Röhricht/v. Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 86a Rn. 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene, 2. Aufl., § 86a Rn. 4; Emde, aaO Rn. 69; OLG Köln, Urteil vom 11. September 2009 - 19 U 64/09, juris Rn. 6). Von dem Begriff der Unterlagen wird alles erfasst, was dem Handelsvertreter zur Ausübung seiner Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit - insbesondere zur Anpreisung der Waren bei dem Kunden - dient und aus der Sphäre des Unternehmers stammt (Emde, aaO; Küstner/Thume, aaO Rn. 608; Oetker/Busche, HGB, 2009, § 86a Rn. 5).
21
3. Umstritten ist hingegen die Frage, unter welchen Voraussetzungen Unterlagen für die Tätigkeit des Handelsvertreters im Sinne des § 86a Abs. 1 HBG "erforderlich" sind.
22
a) Nach einer verbreiteten Meinung, der auch das Berufungsgericht folgt, werden von der Überlassungspflicht nicht nur unverzichtbare Hilfsmittel erfasst. Erforderlich im Sinne des § 86a Abs. 1 HGB seien darüber hinaus auch die Hilfsmittel, die der Handelsvertreter aus seiner Sicht mit guten Gründen für den Erfolg seiner Tätigkeit für notwendig halte; insbesondere müssten umfassendes Werbematerial und die die konkrete Vertriebstätigkeit im Einzelfall betreffende Software kostenlos zur Verfügung gestellt werden (OLG Köln, Urteil vom 11. September 2009 - 19 U 64/09, aaO; Löwisch in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 86a Rn. 16; Emde, aaO Rn. 69 f.). Teilweise werden auch Kundenzeitschriften und produktunspezifische Werbemittel wie Aufkleber und mit dem Logo des Unternehmers versehene Kleidung als gemäß § 86a Abs. 1 HGB "erforderliche" und deshalb kostenlos zu überlassende Unterlagen eingeordnet (Emde, aaO Rn. 70; OLG Köln, Urteile vom 30. November 2007 - 19 U 84/07, juris Rn. 4 ff., sowie vom 11. September 2009 - 19 U 64/09, aaO Rn. 8).
23
b) Die Gegenmeinung befürwortet eine restriktive Auslegung und verlangt , dass die Unterlagen für die spezifische Anpreisung der Ware unerlässlich sein müssen (LG Bonn, Urteil vom 19. Mai 2009 - 10 O 483/08, juris; Thelen, VersR 2009, 1025, 1030 f.; Roth, BB 2010, 2000, 2003).
24
c) Der zuletzt genannten Auffassung gebührt der Vorzug. Schon der Wortlaut des § 86a Abs. 1 HGB ("erforderliche" Unterlagen) spricht dafür, dass der Handelsvertreter nur solche Unterlagen kostenlos beanspruchen kann, auf die er zur Vermittlung oder zum Abschluss der den Gegenstand des Handelsvertretervertrages bildenden Verträge angewiesen ist. Auch die in der Vorschrift aufgeführten Beispiele stützen eine solche Auslegung, denn es handelt sich jeweils um Unterlagen, die einen sehr engen Bezug zu dem vertriebenen Produkt haben und ohne die eine erfolgreiche Vermittlung schlechthin nicht möglich ist. Dies gilt insbesondere für Preislisten und Geschäftsbedingungen, ohne die der Handelsvertreter die Vermittlung oder den Abschluss eines Vertrages unter Einhaltung der vom Unternehmer vorgegebenen Konditionen nicht leisten kann. Die übrigen beispielhaft erwähnten Unterlagen, nämlich Muster, Zeichnungen und Werbedrucksachen sind - je nach Branche - erforderlich, damit der Handelsvertreter den künftigen Kunden das Produkt, das er nach dem Handelsvertretervertrag zu vertreiben hat, überhaupt vorstellen kann. Ohne derartige Unterlagen , die nur der Unternehmer zur Verfügung stellen kann, ist eine Vermittlung oder der Abschluss von Verträgen praktisch ausgeschlossen.
25
Auch die Stellung des Handelsvertreters als selbständiger Unternehmer legt eine enge Auslegung nahe. Die eigentliche Vertriebstätigkeit, also die von ihm zu entfaltenden Bemühungen zur Herbeiführung der Vertragsschlüsse, auf die der Handelsvertretervertrag gerichtet ist, obliegt ihm als selbständigem Unternehmer. Ihn trifft insoweit das handelsvertretertypische Risiko, dass sich die von ihm dafür getätigten Aufwendungen und sein Einsatz nur bei erfolgreicher Vermittlung von Verträgen rentieren, weil er sonst keine Einnahmen erzielt. Nach § 87d HGB trägt der Handelsvertreter deshalb - soweit nicht ein Aufwendungsersatz durch den Prinzipal handelsüblich ist - die in seinem regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstehenden Aufwendungen selbst. Hierzu gehören die eigene Büroausstattung und alle sonstigen Kosten des eigenen Betriebs und der Repräsentation gegenüber den Kunden (Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 87d Rn. 4). Zu den gemäß § 86a Abs. 1 HGB (kostenlos) vom Unternehmer zur Verfügung zu stellenden Unterlagen gehören deshalb nur die Hilfsmittel, die der Handelsvertreter spezifisch aus der Sphäre des Unternehmers benötigt, um seine Tätigkeit überhaupt ausüben zu können.
26
4. Nach den vorstehend dargelegten Maßstäben handelt es sich bei den vom Kläger bestellten Artikeln (mit Ausnahme des Softwarepakets) entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht um erforderliche Unterlagen im Sinne des § 86a Abs. 1 HGB, so dass die Beklagte das Provisionskonto des Klägers insoweit zu Recht belastet hat.
27
a) Dies gilt zunächst für die der Büroausstattung des Klägers zuzuordnenden Unterlagen wie Briefpapier, Visitenkarten und Erhebungsbögen, auch wenn diese Artikel mit dem Logo der Beklagten versehen sind. Mit dem einheitlichen Logo mag ein Werbeeffekt für die Beklagte und ihr System der Finanzberatung verbunden sein, der in erster Linie der Beklagten, mittelbar aber auch dem Kläger zu Gute kommen dürfte. Das einheitliche Logo macht die Artikel aber entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung noch nicht zu "produktspezifischen Hilfsmitteln" und nimmt ihnen auch nicht den Charakter als Büroausstattung (vgl. Evers, VW 2010, 137). Angesichts dessen rechtfertigt auch der Umstand, dass die Beklagte in ihren Geschäftsanweisungen großen Wert auf die Erhebung der zur Beurteilung der Vermögenssituation erforderlichen Daten legte, weil diese für eine von der Beklagten versprochene "Finanzoptimierung" unerlässliche Grundlage war, keine andere Beurteilung.
28
b) Auch bei den Werbeartikeln ("Give-aways") und den Mandantenordnern , die der Kläger von der Beklagten bezogen hat, handelt es sich, anders als bei den in § 86a HGB genannten (produktbeschreibenden) Werbedrucksachen, nicht um für die Vermittlungstätigkeit notwendige Unterlagen. Derartige Aufmerksamkeiten dienen der allgemeinen Kundenpflege und sollen dazu beitragen , ein Klima zu schaffen und aufrechtzuerhalten, das Geschäftsabschlüsse erleichtert. Solche "Kundengeschenke" gehören ähnlich wie Bewirtungskosten und Repräsentationsaufwand zum Geschäftsaufwand des Handelsvertreters.
29
c) Auch die Zeitschrift "F. " dient der allgemeinen Kundenpflege und soll allgemein das Interesse der Kunden an den Beratungsleistungen der Beklagten und den Produkten der Partnergesellschaften wecken. Ein unmittelbarer Bezug zu den Produkten der Partnergesellschaften ist nicht vorhanden; die Kundenzeitschrift kann daher nicht mit einer Produktbroschüre verglichen werden, auf die der Handelsvertreter zur Vermittlung von Verträgen gegebenenfalls angewiesen ist.
30
5. Dagegen ist dem Berufungsgericht im Ergebnis darin beizupflichten, dass die Beklagte die A. -Business-Software kostenlos zur Verfügung zu stellen hatte. Die gegenteilige Vergütungsvereinbarung ist gemäß § 86a Abs. 3 HGB unwirksam. Auch die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass es sich bei dem Softwarepaket jedenfalls bezüglich eines Teils der darin enthaltenen Softwarekomponenten um eine für die Tätigkeit des Klägers als ihres (Unter-) Handelsvertreters unverzichtbare Unterlage handelt. Da die Beklagte die unverzichtbare Vertriebssoftware dem Kläger gemäß § 86a Abs. 1 HGB kostenlos zur Verfügung zu stellen hatte, ist die für das A. -Business-Paket getroffene Vergütungsvereinbarung unwirksam. Entgegen der Auffassung der Revision kann die Vergütungsvereinbarung auch nicht teilweise aufrechterhalten werden. Zwar bezieht sich der Nutzungsvertrag nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch auf Softwarekomponenten, die der vom Kläger grundsätzlich selbst zu finanzierenden allgemeinen Büroorganisation zugerechnet werden können. Dies führt aber entgegen der Auffassung der Revision nicht dazu, dass der Kläger zumindest einen Teil des Entgelts für die Nutzung des Softwarepakets schuldet. Denn Vertragsgegenstand war die Nutzung eines zu einem einheitlichen Preis angebotenen, auf die Bedürfnisse des Handelsvertreters abgestimmten Softwarepakets; dabei handelt es sich nach der Verkehrsauffassung um ein einheitliches Produkt.
31
6. Die somit vom Berufungsgericht zu Recht bejahten Ansprüche auf Auszahlung der für die A. -Software einbehaltenen Beträge sind nicht verjährt. Dies gilt auch für die im Jahre 2004 entstandenen Ansprüche, da die Verjährung durch die am 17. Januar 2008 erfolgte Zustellung des noch im Dezember 2007 beantragten Mahnbescheides rechtzeitig gehemmt worden ist (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 167 ZPO). Entgegen der Ansicht der Revision genügte der Mahnbescheidsantrag den Anforderungen an die Individualisierung des Anspruchs gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.
32
Dazu ist es erforderlich, dass der Anspruch durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt wird, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann und dem Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr setzen will. Wann diese Anforderungen erfüllt sind, kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 23. Januar 2008 - VIII ZR 46/07, NJW 2008, 1220 Rn. 13; vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, NJW 2009, 56 Rn. 18; vom 10. Juli 2008 - IX ZR 160/07, NJW 2008, 3498 Rn. 7; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 229/09, NJW-RR 2010, 1455 Rn. 11; vom 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, NJW 2011, 613 Rn. 9; vgl. auch BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 39 zur Unterbrechung der Verjährung nach § 209 BGB aF mwN). Voraussetzung für die verjährungshemmende Wirkung ist dabei nicht, dass aus dem Mahnbescheid für einen außenstehenden Dritten ersichtlich ist, welche konkreten Ansprüche mit dem Mahnbescheid geltend gemacht werden; es reicht aus, dass dies für den Antragsgegner erkennbar ist (BGH, Urteile vom 23. Januar 2008 - VIII ZR 46/07, aaO Rn. 15; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 229/09, aaO; vom 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, aaO Rn. 11).
33
Diesen Anforderungen genügt hier der Mahnbescheidsantrag, denn nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsurteils war für die Beklagte durch die vorangegangenen Forderungsschreiben des Klägers, welche die Beklagte zurückgewiesen hat, eindeutig erkennbar, auf welchen Lebenssach- verhalt der Kläger seine Forderungen gründet und aus welchen Einzelforderungen sich der Anspruch zusammensetzt. Einer näheren Aufschlüsselung der Forderungen im Mahnbescheid oder einer Bezugnahme auf das letzte Forderungsschreiben bedurfte es daher nicht (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 2010 - VIII ZR 211/09, aaO Rn. 12).
34
7. Die Hilfsaufrechnung der Beklagten ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB) wegen der dem Kläger überlassenen Software zu Recht verneint. Rechtsgrund für die dem Kläger eingeräumte Softwarenutzung ist sein aus § 86a HGB folgender Anspruch auf kostenlose Überlassung der speziellen A. -Vertriebssoftware. Da die Beklagte das dem Kläger überlassene, aus verschiedenen Softwarekomponenten bestehende Paket nur einheitlich angeboten hat, kommt eine nachträgliche Aufspaltung in einzelne Komponenten nicht in Betracht. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Beklagte für einzelne Komponenten , soweit sie diese dem Beklagten gesondert angeboten hätte, eine Vergütung hätte verlangen können, weil es sich insoweit um allgemeine und deshalb vom Handelsvertreter selbst zu finanzierende Bürosoftware handelte.
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B. Anschlussrevision des Klägers
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Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte die Kosten für die vom Kläger in Anspruch genommenen Schulungen von den verdienten Provisionen abziehen durfte, so dass dem Kläger insoweit kein Erstattungsanspruch zusteht. Bei den Schulungen und Seminaren der Beklagten , an denen der Kläger teilgenommen hat, handelt es sich nicht um erforderliche Unterlagen im Sinne des § 86a Abs. 1 HGB.
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Zwar wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass der Unternehmer Veranstaltungen kostenlos anbieten müsse, wenn sie der Übermittlung von Informationen dienten, die der Handelsvertreter zur Ausübung seiner Tätigkeit benötige, wie beispielsweise Informationen über den Gegenstand des Vertriebsobjekts , den Kundenkreis oder die Lieferbedingungen (Emde, aaO Rn. 70). Inwieweit dem zu folgen ist, bedarf keiner Entscheidung, denn um die Vermittlung derartiger Informationen geht es hier nicht. Gegenstand der von der Anschlussrevision als Beispiel genannten Seminare - etwa zum Erwerb von Lizenzen, ohne die die Handelsvertreter der Beklagten Beratungen für bestimmte Geschäfte (z. B. Immobiliengeschäfte) nicht durchführen dürfen - war nicht die Übermittlung von Produktinformationen, Geschäftsbedingungen oder ähnlichen Nachrichten über die zu vertreibenden Produkte der Partnergesellschaften , sondern die Vermittlung von Fachkenntnissen, die der Handelsvertreter für den Vertrieb bestimmter Finanzprodukte allgemein benötigt. Eine Verpflichtung des Unternehmers, dem Handelsvertreter den Erwerb derartiger Fachkenntnisse zu finanzieren, lässt sich § 86a Abs. 1 HBG nicht entnehmen. Die von der Anschlussrevision befürwortete analoge Anwendung des § 86a Abs. 1 HGB kommt schon mangels Bestehen einer Regelungslücke nicht in Betracht.

III.

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Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht bezüglich der Klage zum Nachteil der Beklagten entschieden hat; es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich der Klage. Die weitergehende Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers sind zurückzuweisen. Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 03.03.2009 - 24 O 40/08 -
OLG Celle, Entscheidung vom 10.12.2009 - 11 U 51/09 -

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen.

(2) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die erforderlichen Nachrichten zu geben. Er hat ihm unverzüglich die Annahme oder Ablehnung eines vom Handelsvertreter vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts und die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. Er hat ihn unverzüglich zu unterrichten, wenn er Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfange abschließen kann oder will, als der Handelsvertreter unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte.

(3) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.

Der Handelsvertreter kann den Ersatz seiner im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen nur verlangen, wenn dies handelsüblich ist.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.