Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 13. Aug. 2010 - I Vollz (Ws) 9/10
Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
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Gegen den Gefangenen wurde mit Disziplinarentscheidung der Anstaltsleitung der JVA Waldeck vom 21.07.2010 gem. § 103 Abs. 1 Ziff. 5 und 8 StVollzG die getrennte Unterbringung während der Freizeit für die Dauer einer Woche sowie die gleichzeitige Beschränkung des Verkehrs mit Personen außerhalb der Anstalt auf dringende Fälle angeordnet. Auf seinen hiergegen gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 22.07.2010, mit dem er begehrte, den Vollzug der Disziplinarmaßnahme, gegen die er einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu stellen beabsichtige, gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 StVollzG bis zu deren Rechtskraft auszusetzen, teilte ihm der Vorsitzende der 1. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock mit Schreiben vom 23.07.2010 mit, der Erlass der begehrten Eilanordnung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer "nicht einmal ansatzweise das Geschehen geschildert (habe), das zur Anordnung der Disziplinarmaßnahme geführt hat". Nach Erhalt dieses Schreibens am 24.07.2010 lehnte der Beschwerdeführer den Vorsitzenden der Strafvoll-streckungskammer mit Schreiben vom 25.07.2010 wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Gesuch wurde von der 2. Strafkammer des Landgerichts Rostock mit Beschluss vom 04.08.2010 als unbegründet verworfen. Seinen Antrag, im Wege einstweiliger Anordnung die Aussetzung des Vollzugs der Disziplinarmaßnahme anzuordnen, verwarf die 1. Strafvollstreckungskammer sodann durch den vom Beschwerdeführer abgelehnten Richter mit Beschluss vom 05.08.2010.
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Gegen die Verwerfung seines Befangenheitsgesuchs wendet sich der Gefangene mit seiner sofortigen Beschwerde vom 09.08.2010, die am 10.08.2010 beim Landgericht eingegangen ist.
II.
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Das Rechtsmittel ist unzulässig.
- 4
Gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO kann die Entscheidung, mit der die Ablehnung eines erkennenden Richters als unbegründet zurückgewiesen wurde, nur zusammen mit dem "Urteil" angefochten werden. Eine gesonderte Anfechtung durch sofortige Beschwerde ist in derartigen Fällen ausgeschlossen, weshalb es auch der vom Gefangenen als vermisst gerügten Rechtsmittelbelehrung insoweit nicht bedurfte.
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§ 28 StPO findet über die allgemeine Verweisung auf die Vorschriften der Strafprozessordnung in § 120 Abs. 1 StVollzG auch im Strafvollzugsverfahren Anwendung (Kamann/Volckart in Feest [Hrsg.], StVollzG, 5. Aufl. 2006, § 118 Rdz. 9 mw.N.; Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 120 Rdz. 2 m.w.N.; vgl. auch OLG Celle StraFo 98, 428; OLG Hamburg StraFo 08, 520; OLG Koblenz NStZ 86, 384; a.A. OLG Nürnberg NStZ 88, 475; KG NStZ 1983, 4; OLG Hamburg ZfStrVo 1995, 184).
- 6
Vorliegend war der Vorsitzende der 1. Strafvollstreckungskammer "erkennender Richter" im Sinne der Vorschrift, weil er über den Eilantrag des Gefangenen auf Aussetzung des Vollzugs der Disziplinarmaßnahme zu entscheiden hatte. Die Zurückweisung des gegen ihn gerichteten Ablehnungsgesuchs hätte deshalb grundsätzlich nur zusammen mit der von ihm getroffenen Entscheidung vom 05.08.2010, mit der der Aussetzungsantrag zurückgewiesen wurde, angefochten werden können. Vorliegend besteht indes die Besonderheit, dass die letztgenannte Entscheidung (= das "Urteil" i.S.v. § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO) gemäß § 114 Abs. 2 Satz 3 StVollzG unanfechtbar ist (Callies/Müller-Dietz a.a.O. § 114 Rdz. 4 m.w.N.). Das hat zur Folge, dass auch der Ablehnungsbeschluss jeder Anfechtung entzogen ist (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 28 Rdz. 8; vgl. bei Unanfechtbarkeit eines Urteils auch OLG Köln MDR 76, 774).
III.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil das Gerichtskostengesetz für den Fall einer erfolglosen sofortigen Beschwerde, über die - wie hier - nach § 120 Abs. 1 StVollzG, § 311 StPO das Oberlandesgericht zu entscheiden hatte, das Gerichtskostengesetz in den Nrn. 3810 ff. der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG keinen Gebührentatbestand vorsieht (Kamann/Volckart a.a.O. § 121 Rdz. 5; OLG Celle RPflger 1982, 314).
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(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Das Gericht kann auch eine einstweilige Anordnung erlassen; § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidungen sind nicht anfechtbar; sie können vom Gericht jederzeit geändert oder aufgehoben werden.
(3) Der Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 2 ist schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zulässig.
(1) Der Beschluß, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, ist nicht anfechtbar.
(2) Gegen den Beschluß, durch den die Ablehnung als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird, ist sofortige Beschwerde zulässig. Betrifft die Entscheidung einen erkennenden Richter, so kann sie nur zusammen mit dem Urteil angefochten werden.
(1) Kommt die Behörde in den Fällen des § 114 Absatz 2 Satz 2 sowie des § 115 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 der ihr in der einstweiligen Anordnung oder im Beschluss auferlegten Verpflichtung nicht nach, gilt § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Im Übrigen sind die Vorschriften der Strafprozessordnung und die auf der Grundlage des § 32a Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 Nummer 6, des § 32b Absatz 5 und des § 32f Absatz 6 der Strafprozessordnung erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend anzuwenden, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.
(2) Auf die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.
(1) Der Beschluß, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, ist nicht anfechtbar.
(2) Gegen den Beschluß, durch den die Ablehnung als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird, ist sofortige Beschwerde zulässig. Betrifft die Entscheidung einen erkennenden Richter, so kann sie nur zusammen mit dem Urteil angefochten werden.
(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Das Gericht kann auch eine einstweilige Anordnung erlassen; § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidungen sind nicht anfechtbar; sie können vom Gericht jederzeit geändert oder aufgehoben werden.
(3) Der Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 2 ist schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zulässig.
(1) Kommt die Behörde in den Fällen des § 114 Absatz 2 Satz 2 sowie des § 115 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 der ihr in der einstweiligen Anordnung oder im Beschluss auferlegten Verpflichtung nicht nach, gilt § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Im Übrigen sind die Vorschriften der Strafprozessordnung und die auf der Grundlage des § 32a Absatz 2 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 Nummer 6, des § 32b Absatz 5 und des § 32f Absatz 6 der Strafprozessordnung erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend anzuwenden, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.
(2) Auf die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.
(1) Für die Fälle der sofortigen Beschwerde gelten die nachfolgenden besonderen Vorschriften.
(2) Die Beschwerde ist binnen einer Woche einzulegen; die Frist beginnt mit der Bekanntmachung (§ 35) der Entscheidung.
(3) Das Gericht ist zu einer Abänderung seiner durch Beschwerde angefochtenen Entscheidung nicht befugt. Es hilft jedoch der Beschwerde ab, wenn es zum Nachteil des Beschwerdeführers Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen dieser noch nicht gehört worden ist, und es auf Grund des nachträglichen Vorbringens die Beschwerde für begründet erachtet.