Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller vom 02.03.2006 gegen den Beschluss des Landgerichts Schwerin vom 02.02.2006 wird als unzulässig verworfen.

2. Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller und Beschwerdeführer haben vor dem Landgericht Schwerin die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zur Feststellung der Ursache von Durchfeuchtungen ihres Hauses beantragt, welche ihrer Ansicht nach durch das nachbarliche Haus des Antragsgegners herrührten. Antragsgemäß hat das Landgericht ein Sachverständigengutachten eingeholt. Auf Beanstandungen insbesondere der Antragsteller hat es drei Ergänzungsgutachten des Sachverständigen veranlasst.

2

Die Antragsteller haben dem Sachverständigen die erforderliche Fachkompetenz abgesprochen und unter Vorlage eines Privatgutachtens die Einholung eines neuen Gutachtens eines anderen Sachverständigen beantragt. Dies hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt.

3

Hiergegen haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

II.

4

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

5

Gem. § 567 Abs. 1 ZPO findet die sofortige Beschwerde statt, wenn dies ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist oder wenn es sich um eine Entscheidung handelt, die eine mündliche Verhandlung nicht erfordert und durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

6

1. Die Voraussetzungen, unter denen das Gericht ein neues (weiteres) Sachverständigengutachten einholen kann, sind in § 412 ZPO geregelt, der gem. § 492 Abs. 1 ZPO auch auf das selbständige Beweisverfahren Anwendung findet. § 412 ZPO sieht ein Beschwerderecht der Verfahrensbeteiligten gegen die Entscheidung des Gerichts nicht vor.

7

2. Ein Beschwerderecht ist aber auch nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht gegeben.

8

a. Anders als die Entscheidung des Gerichtes über die mündliche Anhörung des Sachverständigen gem. §§ 411 Abs. 3, 397 ZPO, die auf Antrag eines Verfahrensbeteiligten erfolgt und dem Tatrichter kein Ermessen einräumt (BGH Urt. vom 27.01.2004 - VI ZR 150/02 - MDR 2004, 699; BGH Beschl. vom 13.09.2005 - VI ZB 84/04 - BGHZ 164, 94; OLG Düsseldorf Beschl. vom 18.04.2000 - 22 W 10/00 - NZBau 2000, 385 = NJW-RR 2001, 141; OLG Hamburg Beschl. vom 06.08.2002 - 2 Wx 47/02 - WuM 2003, 114), steht die Entscheidung über die Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens nach § 412 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters (BGH Urt. vom 04.03.1980 - VI ZR 6/79 - VersR 1980, 533 = MDR 1980, 62; BGH Urt. vom 16.03.1999 - VI ZR 34/98 - VersR 1999, 716; OLG Düsseldorf Beschl. vom 12.09.1997 - 22 W 48/97 - BauR 1998, 366 = NJW-RR 1998, 933). Prozessleitende Anordnungen des Gerichts, die in seinem freien Ermessen stehen, betreffen jedoch den amtswegigen Verfahrensgang und ermöglichen keine Anfechtung mit der Beschwerde (Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 567 Rn. 33). Eine Entscheidung von Amts wegen rechtfertigt die Beschwerde auch dann nicht, wenn mit ihr zugleich ein Gesuch einer Partei entschieden wird (Musielak/Ball, ZPO, 5. Aufl., § 567 Rn. 14; ähnlich auch Stein/Jonas/Grunski, ZPO, 21. Aufl., § 567 Rn. 16; MünchKommZPO/Braun, 2. Aufl., § 567 Rn. 7; OLG Rostock Beschl. vom 22.03.2007 - 7 W 122/06 - OLGR Rostock 2007, 841).

9

b. Eine hiervon abweichende Beurteilung ist aus Sicht des Senates auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des selbständigen Beweisverfahrens nicht geboten. Die Beweismöglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren sollen gem. § 485 Abs. 3 ZPO nicht weiter gehen als im Hauptprozess (vgl. OLG Rostock a.a.O.; OLG Koblenz Beschl. vom 30.01.2007 - 5 W 71/07; OLG Köln Beschl. vom 28.04.1999 - 19 W 15/99 - NJW-RR 2000, 729). Dieser Gleichklang muss auch für die Beschwerdemöglichkeiten gelten. Würde den Parteien des selbständigen Beweisverfahrens ein Beschwerderecht für den Fall, dass das Gericht ein erneutes Gutachten nicht einholt, wenn nur eine der Parteien dies verlangt, eingeräumt, erhielten sie ein Rechtsmittel an die Hand, welches ihnen bei einer Beweiserhebung in der Hauptsache nicht zur Verfügung stünde.

10

Dem wird in der Rechtsprechung vereinzelt entgegengehalten, dass das Gericht des selbständigen Beweisverfahrens eine Beweiswürdigung nach § 286 ZPO aufgrund der Besonderheiten des Verfahrens nicht vorzunehmen habe und daher auch nicht von Amts wegen prüfe, ob die Voraussetzungen des § 412 ZPO vorliegen. Daher komme im selbständigen Beweisverfahren die Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens allein auf Antrag einer der Parteien in Betracht (OLG Frankfurt Beschl. vom 07.12.2007 - 4 W 64/07), so dass die Voraussetzungen des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gegeben seien. Diese Argumentation überzeugt den Senat nicht. Der Gesetzgeber hat Sonderregelungen für das selbständige Beweisverfahren insoweit nicht getroffen, sondern es bei dem allgemeinen Verweis auf die für die Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geltenden Vorschriften bewenden lassen. Zudem würde die Einräumung eines Beschwerderechts dazu führen, dass der Richter im selbständigen Beweisverfahren zu der diesem Verfahren seiner Konzeption nach fremden Beweiswürdigung angehalten würde, könnte er anderweitig doch nicht feststellen, ob die Voraussetzungen des § 412 ZPO vorliegen.

11

Die Parteien des selbständigen Beweisverfahrens werden durch die Verneinung eines gesonderten Beschwerderechts auch nicht unangemessen benachteiligt. Der Bundesgerichtshof eröffnet nämlich im Fall der Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren die Möglichkeit, in den engen Grenzen des § 412 ZPO ein erneutes Gutachten im Hauptsacheverfahren einzuholen (BGH Beschl. vom 13.09.2005 - VI ZB 84/04 - BGHZ 164, 94). Den Parteien des selbständigen Beweisverfahrens bleibt damit die Möglichkeit, durch das Betreiben des Hauptsacheverfahrens das Beweisergebnis einer Würdigung des Tatrichters im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens zu unterziehen. Hält dieser die Voraussetzungen des § 412 ZPO für nicht gegeben, kann dies nur durch Anfechtung der hierauf gestützten Entscheidung in der Hauptsache angegriffen werden, also regelmäßig mit der Berufung. Das aber entspricht der Überprüfungsmöglichkeit im Falle einer Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren. Dass die Überprüfung des Beweisergebnisses hierdurch ggf. in ein sich anschließendes Hauptsacheverfahren verlagert wird, steht dem Beschleunigungscharakter des selbständigen Beweisverfahrens aus Sicht des Senates nicht entgegen. Im Gegenteil entfernte sich das Verfahren umso weiter von diesem, umso mehr zusätzliche Möglichkeiten der Durchführung von Rechtsmittelverfahren eröffnet würden. Die Beteiligten des selbständigen Beweisverfahrens sind auch ohne die Eröffnung eines zusätzlichen Rechtsmittelweges den gutachterlichen Feststellungen nicht ohne Korrekturmöglichkeit ausgesetzt, bleibt ihnen doch das Korrektiv der ergänzenden mündlichen Anhörung auch im selbstständigen Beweisverfahren, welches zur umfassenden Erläuterung des Beweisergebnisses genutzt werden kann.

12

3. Im Ergebnis dieser Erwägungen hält der Senat im Anschluss an die weit überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur die sofortige Beschwerde für nicht zulässig (ebenso OLG Düsseldorf Beschl. vom 12.09.1997 - 22 W 48/97 - BauR 1998, 366 = NJW-RR 1998, 933; OLG Hamm Beschl. vom 13.03.1996 - 12 W 3/96 - OLGR Hamm 1996, 203; OLG Frankfurt Beschl. vom 22.01.1996 - 1 W 38/95 - OLGR Frankfurt1996, 82; OLG Köln Beschl. vom 28.04.1999 - 19 W 15/99 - NJW-RR 2000, 729; Zöller/Gummer, § 567 Rn. 35; ausdrücklich offen gelassen BGH Beschl. vom 13.09.2005 - VI ZB 84/04 - BGHZ 164, 94; a.A. OLG Frankfurt Beschl. vom 07.12.2007 - 4 W 64/07).

III.

13

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

14

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind gem. § 574 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 ZPO gegeben, weil die vorstehend aufgezeigte Streitfrage grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

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(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.

(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

(1) Die Beweisaufnahme erfolgt nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels überhaupt geltenden Vorschriften.

(2) Das Protokoll über die Beweisaufnahme ist bei dem Gericht, das sie angeordnet hat, aufzubewahren.

(3) Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 150/02 Verkündet am:
27. Januar 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Verpflichtung des Tatrichters, einem Antrag der Partei, den gerichtlichen Sachverständigen
zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens zu laden, stattzugeben
und das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen sorgfältig und kritisch
zu würdigen.
BGH, Urteil vom 27. Januar 2004 - VI ZR 150/02 - OLG Oldenburg
LG Aurich
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Januar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 11. März 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von den Beklagten Ersatz des Schadens, der ihm aufgrund eines vom Beklagten zu 1 am 13. Februar 1993 verursachten Verkehrsunfalls entstanden ist. Der Kläger verlor beim Ausweichen vor dem seine Vorfahrt mißachtenden PKW des Beklagten zu 1 die Kontrolle über sein Fahrzeug. Dieses geriet nach links in den Straßengraben und überschlug sich. Dabei wurde der Kläger nicht unerheblich verletzt.
Die volle Ersatzpflicht der Beklagten für die Folgen des Unfalls ist bereits 1994 festgestellt worden. 1996 sind die Beklagten zudem verurteilt worden, dem Kläger den bis 31. August 1995 entstandenen Verdienstausfallschaden zu ersetzen. Im vorliegenden Rechtsstreit geht es insbesondere um den vom Kläger geltend gemachten weiteren Verdienstausfallschaden seit dem 1. September 1995. Der Kläger hat geltend gemacht, bei dem Unfall im Bereich der Halswirbelsäule derart verletzt worden zu sein, daß ihm eine weitere Berufstätigkeit nicht möglich sei. Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben u.a. darauf verwiesen, daß eine sozialgerichtliche Klage des Klägers auf Gewährung von Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeitsrente vom Sozialgericht abgewiesen und später im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht zurückgenommen wurde. Das Landgericht hat der Klage nach Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. M-H. weitgehend stattgegeben. Das Berufungsgericht hat nach Einholung weiterer Gutachten die Klage abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht führt in dem angefochtenen Urteil aus, die vom Kläger behaupteten Beschwerden, die letztlich zu seiner Erwerbsunfähigkeit geführt haben sollten, seien nicht auf den Verkehrsunfall zurückzuführen. Aufgrund der Beweisaufnahme sei ein haftungsausfüllender Ursachenzusammenhang nicht festzustellen. Dies ergebe sich insbesondere aus dem umfangreichen , sehr sorgfältig ausgearbeiteten und überzeugenden neurologischen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M-V. Dieser habe die entscheidende Frage dahingehend beantwortet, daß der Unfall nicht zu einer Schwäche der Konzentrations- und Merkfähigkeit sowie einer Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinnes bei dem Kläger geführt habe. Die für das vom Landgericht angenommene „cervico-encephale Syndrom" typischen Beschwerden wie Nackenund Hinterkopfschmerzen, die mit weiteren verschiedenartigen Beschwerden wie Müdigkeit, Angst, Schlafstörung, Schwindelgefühl, Sehstörung, Tinnitus, Reizbarkeit und Vergeßlichkeit einhergingen, habe er bezogen auf den Zeitraum nach dem Unfallereignis den von ihm ausgewerteten Unterlagen nicht entnehmen können, ebenso keine Anhaltspunkte für eine Hirnfunktionsstörung. Der Sachverständige Prof. Dr. M-V. weise darauf hin, daß bei dem Kläger keine objektiven klinischen krankhaften neurologischen Befunde, die auf eine Hirnfunktionsstörung hinweisen könnten, ermittelt worden seien. Er mache in seinem Gutachten zutreffend auf die deutlichen Unterschiede in der Art der zu verschiedenen Zeitpunkten geklagten bzw. beschriebenen Störungen aufmerksam. Für den Sachverständigen hätten sich Hinweise darauf ergeben, daß die von dem Kläger dargebotenen Störungen der Bewegungskoordination zu-
mindest zu einem beträchtlichen Teil nicht auf einer organischen Grundlage beruhten, sondern "psychogene Zutaten" seien. Mit den Ergebnissen der Vorgutachten habe sich der Sachverständige eingehend auseinandergesetzt. Anlaß zu weiterer Beweiserhebung bestehe nicht. Es sei auch nicht dem Antrag des Klägers auf Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. M-V. nachzugehen. Die zur Begründung dieses Begehrens geäußerten Umstände seien nach der Überzeugung des Senats in dem schriftlichen Gutachten bereits in ausreichender Weise abgehandelt.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. 1. Die Revision rügt mit Recht, daß das Berufungsgericht den prozessualen Anspruch des Klägers auf mündliche Befragung des Sachverständigen (§§ 397, 402 ZPO) verletzt hat, indem es davon abgesehen hat, den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. M-V. zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden. Der Kläger hat schriftsätzlich mehrfach die mündliche Befragung dieses Sachverständigen zu bestimmt formulierten Fragen beantragt. Auch wenn das Berufungsgericht aufgrund des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. M-V. die Frage der fehlenden Unfallursächlichkeit der Beschwerden des Klägers selbst für ausreichend geklärt hielt, konnte der Kläger verlangen, daß dem Sachverständigen die Fragen, die er zur Aufklärung der Sache für erforderlich hielt, zur mündlichen Beantwortung vorgelegt wurden (st.Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96 - VersR 1998, 342; vom 17. Dezember 1996 - VI ZR 50/96 - VersR 1997, 509; vom 22. Mai 2001
- VI ZR 268/00 - VersR 2002, 120, 121 f.; jew. m.w.N.). Die in dem angefochte- nen Urteil für die Ablehnung der Anhörung gegebene Begründung, die beabsichtigten Fragen seien in dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M-V. bereits in ausreichender Weise abgehandelt worden, erweist sich mithin als verfahrensfehlerhaft. Daß die Anträge verspätet oder rechtsmißbräuchlich gestellt worden seien , nimmt das Berufungsgericht nicht an. Dafür spricht auch nichts. Die schriftsätzlich formulierten Fragen bezogen sich teilweise auf eine kritische Stellungnahme des Privatgutachters Dr. M-K. zu dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M-V.; die Fragestellung war durchaus mit sachlicher Kritik und insbesondere mit dem Hinweis darauf verbunden, daß die Unfallursächlichkeit in den bisherigen ärztlichen Stellungnahmen weitgehend bejaht worden war. Auch wenn das Berufungsgericht die Beurteilung durch den Sachverständigen M-V. für maßgeblich hielt, weil er im Gegensatz zu den anderen Gutachtern die Krankengeschichte des Klägers vollständig ausgewertet habe, hätte es diesem doch Gelegenheit geben müssen, selbst Fragen an den Sachverständigen zu richten. Hierzu bestand um so mehr Anlaß, als es um Beschwerden des Klägers nach dem Unfall ging, über die dieser selbst dem Sachverständigen hätte Auskunft geben können. Dann wäre auch vermieden worden, daß das Berufungsgericht dem Sachverständigen zu weitgehend die Feststellung von Tatsachen anhand der Krankenunterlagen überließ, anstatt sie selbst festzustellen (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. Juni 1979 - VI ZR 91/78 - VersR 1979, 939, 940 f.). Ob dem Berufungsgericht, wie die Revision meint, auch in diesem Punkt ein durchgreifender Verfahrensfehler im Sinne eines Verstoßes gegen § 404a ZPO unterlaufen ist, kann dahinstehen, weil das Berufungsurteil ohnehin der Aufhebung unterliegt.
2. Dies gilt auch für die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe gegen die Verpflichtung des Tatrichters verstoßen, das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen sorgfältig und kritisch zu würdigen (vgl. dazu etwa Senatsurteile vom 19. Januar 1993 - VI ZR 60/92 - VersR 1993, 835 f. und vom 6. Januar 2001 - VI ZR 408/99 - VersR 2001, 783 f.), und sich insbesondere auch mit den vom Kläger vorgelegten Privatgutachten auseinanderzusetzen (Senatsurteile vom 14. Dezember 1993 - VI ZR 67/93 - VersR 1994, 480, 482 und vom 9. Januar 1996 - VI ZR 70/95 - VersR 1996, 647, 648 f.). Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht hätte die Beurteilung durch den Sachverständigen M-V. aufgrund der vollständigen Krankenunterlagen nicht für maßgeblich halten dürfen, ohne diese Unterlagen den anderen Gutachtern - die einen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den Beschwerden des Klägers bejaht haben - zwecks Überprüfung ihrer Auffassung zur Stellungnahme zuzuleiten. Auch sei die Beurteilung durch den Sachverständigen M-V. entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keineswegs vollständig. Diesen Einwänden wird das Berufungsgericht nachzugehen haben. Ob es einer weiteren Beweisaufnahme bedarf - etwa zu den vom Kläger be-
haupteten Schwindelgefühlen - und ob die haftungsrechtliche Relevanz der vom Sachverständigen M-V. angenommenen "psychogenen Zutaten" zu prüfen ist, kann beim derzeitigen Verfahrensstand nicht abschließend beurteilt werden.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 84/04
vom
13. September 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen und dessen
Anhörung sind auch im selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO zulässig.
BGH, Beschluss vom 13. September 2005 - VI ZB 84/04 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. September 2005 durch
die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsbehelfe der Antragsgegner werden der Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2004 und die Beschlüsse der 14. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10. Februar 2004, 17. Februar 2004 und 30. März 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an die 14. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurückverwiesen. Gegenstandswert: 7.500 €

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat im selbständigen Beweisverfahren die Begutachtung zahnärztlicher Leistungen der Antragsgegner im Oberkiefer und Unterkiefer durch einen Sachverständigen begehrt. Auf Beweisbeschluss des Landgerichts hat der Sachverständige G. das schriftliche Gutachten vom 22. August 2003 erstattet. Nach Einwendungen und Fragen der Antragsgegner hat der
Sachverständige ein schriftliches Ergänzungsgutachten erstellt. Die Antragsgegner haben daraufhin beantragt, den Sachverständigen zur Erläuterung von Gutachten und Ergänzungsgutachten zu laden und vorsorglich die Einholung eines Obergutachtens beantragt. Das Landgericht hat mit Beschluss der Einzelrichterin vom 10. Februar 2004 diese Anträge zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts den Beschluss der Einzelrichterin erneut als Kammerbeschluss erlassen und mit weiterem Beschluss der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde hinsichtlich des Hauptantrags zurückgewiesen und hinsichtlich des Hilfsantrags auf Einholung eines Obergutachtens als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Anhörungsrecht stehe den Antragsgegnern im selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO nicht zu. Diese Bestimmung sehe ausschließlich das schriftliche Gutachten als Beweismittel vor. Die Verweisung des § 492 Abs. 1 ZPO sei daher dahin einzuschränken, dass die Vorschriften über die mündliche Befragung des Sachverständigen nach §§ 402, 397 ZPO nicht anzuwenden seien. Die mündliche Anhörung könne im selbständigen Beweisverfahren nur zu dem Zweck einer gütlichen Einigung nach freiem Ermessen des Gerichts angeordnet werden. Dem Gericht des selbständigen Beweisverfahrens obliege keine endgültige Bewertung des schriftlichen Gutachtens. Das Landgericht habe eine mündliche Erörterung ohne Ermessensfehler abgelehnt, weil eine Einigung der Parteien nicht zu erwarten sei. Eine Aufklärung des behaupteten Widerspruchs zwischen dem Gutachten und dem Ergänzungsgutachten sei auch auf schriftlichem Wege möglich. Hinsichtlich des Hilfsantrags sei ohnedies die nicht mit Gründen versehene sofortige Beschwerde nicht statthaft. Die Einholung eines
weiteren Gutachtens nach § 412 ZPO stehe im freien Ermessen des Gerichts. Die Entscheidung betreffe daher die Art der Beweisaufnahme, die nach § 355 Abs. 2 ZPO einer Anfechtung entzogen sei. Mit ihren vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerden verfolgen die Antragsgegner ihre Anträge auf Anhörung des Sachverständigen, hilfsweise Einholung eines Obergutachtens weiter.

II.

1. Die Rechtsbeschwerden sind nach Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Die Zulassung der "Revision" ist als Zulassung der Rechtsbeschwerde zu verstehen, ohne dass es einer Berichtigung (§ 319 Abs. 1 ZPO) bedarf. Die Rechtsbeschwerden sind auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1, 575 ZPO).
a) Die sofortige Beschwerde war statthaft (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO; vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, 385, 386 m.w.N. zum früheren Recht). Anders als bei der Beweisaufnahme im Erkenntnisverfahren (vgl. § 355 Abs. 2 ZPO) handelt es sich bei der Zurückweisung des Gesuchs um Anhörung eines Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren um eine Entscheidung, die das Verfahren weitgehend abschließt und die deshalb nicht erst in einem möglicherweise folgenden Rechtsstreit zur Hauptsache geklärt werden kann (vgl. OLG Düsseldorf aaO).
b) Die sofortige Beschwerde war zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 78 Abs. 1, 569 Abs. 1 und 2 ZPO).
2. Die Rechtsbeschwerden haben auch in der Sache Erfolg. Die Frage, ob die mündliche Erläuterung eines Gutachtens durch den Sachverständigen im Rahmen eines zulässigen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 153, 302 ff.) selbständigen Beweisverfahrens nur nach §§ 492 Abs. 3, 411 Abs. 3 ZPO zum Zweck einer gütlichen Einigung nach freiem Ermessen des Gerichts angeordnet werden kann oder ob sie auf Antrag einer Partei auch im selbständigen Beweisverfahren des § 485 Abs. 2 ZPO stets zu erfolgen hat, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
a) Die Vertreter der Ansicht, der sich das Beschwerdegericht angeschlossen hat, wollen der Bestimmung des § 485 Abs. 2 ZPO entnehmen, dass ausschließlich die schriftliche Begutachtung als Beweismittel vorgesehen und daher auch die mündliche Erläuterung nur ausnahmsweise möglich ist (vgl. LG Köln, WuM 1998, 110; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 485 Rdn. 8; Thomas/ Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 485 Rdn. 5; Zimmermann, ZPO, 6. Aufl., § 487 Rdn. 13). Demgegenüber lässt die Gegenmeinung unter Hinweis auf §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 3 ZPO auch im Verfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO die mündliche Anhörung des Sachverständigen zu (vgl. OLG München, BauR 1994, 663, 664; OLG Düsseldorf [22. Zivilsenat], JurBüro 1992, 425, 426; NZBau aaO; [23. Zivilsenat] BauR 1993, 637, 638; [9. Zivilsenat] MDR 1994, 939, 940; OLG Köln, OLGR 1997, 69, 70; OLG Saarbrücken, NJW-RR 1994, 787, 788; OLG Hamburg, OLGR 2003, 263, 264; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 492 Rdn. 5; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 492 Rdn. 3; Musielak/Huber, ZPO, 4. Aufl., § 492 Rdn. 1). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an.

b) Die mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen und dessen mündliche Anhörung sind im selbständigen Beweisverfahren zulässig und bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch geboten. Dafür spricht zunächst der Wortlaut der gesetzlichen Regelung. § 492 Abs. 1 ZPO erklärt die für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels geltenden Vorschriften uneingeschränkt für anwendbar. Hiernach sind auch § 411 Abs. 3 ZPO und §§ 402, 397 Abs. 1 ZPO anzuwenden, die der Partei als Ausfluss des Art. 103 Abs. 1 GG das Recht geben, den Sachverständigen in den Grenzen von Verspätung und Rechtsmissbrauch zumindest einmal persönlich zu hören (vgl. Senatsurteile vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00 - VersR 2002, 120, 121 f.; vom 29. Oktober 2002 - VI ZR 353/01 - VersR 2003, 926, 927; vom 27. Januar 2004 - VI ZR 150/02 - VersR 2004, 1579; Senatsbeschluss vom 10. Mai 2005 - VI ZR 245/04 - z.V.b.). Ein engeres Verständnis dahin, dass die Anhörung nur zu dem Zweck einer gütlichen Einigung nach freiem Ermessen des Gerichts angeordnet werden könnte, ist nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht angezeigt. Das selbständige Beweisverfahren soll zwar die gütliche Streitbeilegung fördern. Eine vergleichsweise Regelung wird durch die Behebung von Zweifeln und Unklarheiten des schriftlichen Gutachtens auch leichter erreicht werden können. Die zu erwartende Einigung ist jedoch nicht Voraussetzung für die Durchführung einer mündlichen Erläuterung. Die selbständige Beweiserhebung steht einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich (vgl. § 493 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren hat daher zur Folge, dass ein neues Gutachten in einem sich anschließenden Rechtsstreit nur unter den engen Voraussetzungen des § 412 ZPO (vgl. dazu Senatsurteile vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - VersR 1980, 533 und vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - VersR 1999, 716, 717) eingeholt werden kann (vgl. Quack,
BauR 1991, 278, 281). Diese präkludierende Wirkung eines im selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO erhobenen Sachverständigenbeweises wäre ohne die Wahrung des rechtlichen Gehörs und damit des Fragerechts der Parteien gemäß §§ 402 Abs. 1, 397 Abs. 1 ZPO nicht zu rechtfertigen. Zudem kann nur auf diese Weise sichergestellt werden, dass der erhobene Beweis durch Sachverständigengutachten möglichst von Bestand ist (vgl. BTDrucks. 11/3621 S. 42 zu § 492 ZPO). 3. Hinsichtlich des lediglich vorsorglich gestellten Hilfsantrags bedarf es keiner Entscheidung des Senats, denn die Rechtsbeschwerde hat bereits im Hauptantrag Erfolg. Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass § 412 Abs. 1 ZPO zwar ebenfalls im selbständigen Beweisverfahren anzuwenden ist (§ 492 ZPO). Die Voraussetzungen, unter denen ein weiteres Gutachten einzuholen ist, sind indes streng (vgl. Senatsurteile vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - aaO und vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - aaO) und hier nicht ersichtlich gegeben. 4. Nach allem ist der Beschluss des Beschwerdegerichts ebenso aufzuheben wie derjenige des Landgerichts. Der Senat hält es für angezeigt, die Zurückverweisung an die Zivilkammer der ersten Instanz auszusprechen. Diese wird unter Beachtung der Rechtsauffassung des entscheidenden Senats erneut
über den Antrag der Beklagten auf Anhörung des Sachverständigen zu entscheiden haben. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 19.10.2006 gegen den Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 12.10.2006 wird als unzulässig verworfen.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Gegenstandswert wird auf 350,00 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 23.02.2005 hat das Landgericht Stralsund im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens gem. §§ 485 ff. ZPO die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu verschiedenen Mängeln angeordnet. Nach einer schriftlichen Ergänzung des Gutachtens auf Antrag beider Parteien hat die Antragsgegnerin Einwendungen gegen die sachverständigen Feststellungen geltend gemacht und eine weitere Ergänzung des Gutachtens beantragt. Mit Beschluss vom 12.10.2006 hat das Landgericht Stralsund beschlossen, dass der Sachverständige zu Einwendungen der Antragsgegnerin Stellung nehmen soll und der Antragsgegnerin die Zahlung eines Auslagenvorschusses i.H.v. 350,00 € aufgegeben. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, der das Landgericht Stralsund nicht abgeholfen hat.

II.

2

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist gem. § 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

3

1. Eine Beschwerde nach § 67 GKG (vormals: § 6 GKG a.F.) ist nicht eröffnet, da die Anforderung eines Vorschusses für die Kosten einer Beweisaufnahme ihre Grundlage nicht im Gerichtskostengesetz findet, sondern in den §§ 492 Abs. 1, 402, 379 ZPO abschließend geregelt ist (vgl. u.a. OLG München, Beschluss v. 22.02.2005, 1 W 913/05, NJOZ 2005, 1305; OLG Frankfurt, Beschluss v. 24.06.2004, 4 W 34/04, MDR 2004, 1255).

4

2. Die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde ergibt sich auch nicht aus § 567 Abs. 1 ZPO.

5

a. Allerdings lässt sich dies nicht schon aus § 355 ZPO herleiten. Diese Vorschrift, nach der eine Anfechtung des Beschlusses, durch den die eine oder die andere Art der Beweisaufnahme angeordnet ist, nicht zulässig ist, findet im selbständigen Beweisverfahren keine Anwendung. § 492 Abs. 1 ZPO nimmt nur auf die besonderen für die Aufnahme der einzelnen Beweismittel geltenden Vorschriften Bezug, nicht auf die allgemeinen Vorschriften über die Anordnung und Durchführung der Beweisaufnahme in einem Rechtsstreit (vgl. u.a. OLG Stuttgart, Beschluss v. 25.03.2002, 1 W 12/02, OLGR 2002, 418 f.).

6

b. Nach der gesetzlichen Systematik soll eine sofortige Beschwerde außer in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) nur zulässig sein gegen eine Entscheidung, die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückweist, wenn die Entscheidung grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Zwar kann man die angegriffene Entscheidung des Landgerichts Stralsund als die teilweise Ablehnung eines Gesuchs - die Anordnung einer Ergänzung des Sachverständigengutachtens ohne Vorschusszahlung - qualifizieren. Jedoch sind nach allgemeiner Ansicht die Voraussetzungen des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht erfüllt bzgl. solcher Anordnungen eines Gerichts, die von Amts wegen ergehen und einen Antrag nicht erfordern. Hat die Entscheidung von Amts wegen zu ergehen, ohne dass das Gesetz die Beschwerde ausdrücklich für statthaft erklärt, so liegen die Voraussetzungen von § 567 Abs. 1 Nr. 2 nicht vor und können auch nicht dadurch geschaffen werden, dass ein Beteiligter zuvor ein Gesuch gestellt hat (vgl. u.a. Stein/Jonas/Grunski, ZPO, 21. Aufl., § 567 Rdn. 16; MünchKommZPO/Braun, 2. Aufl., § 567 Rdn. 7 m.w.N. zur Rspr.).

7

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist seit langem anerkannt, dass gegen die Anordnung einer Vorschusspflicht gem. § 379 ZPO, über die das Gericht von Amts wegen unter Abwägung des fiskalischen Interesses und des allgemeinen und gleichgewichtigen Beschleunigungsinteresse zu befinden hat, keine Beschwerde eröffnet ist. Gleiches muss gem. §§ 492 Abs. 1, 402, 379 ZPO für die Anordnung einer Vorschusspflicht im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens gelten (so im Ergebnis ausdrücklich OLG München a.a.O; OLG Frankfurt a.a.O.). Die Beweismöglichkeiten im selbständigen Beweisverfahren sollen nicht weiter gehen als im Hauptprozess (vgl. u.a. OLG Koblenz, Beschl. v. 30.01.2007, 5 W 71/07 m.w.N. zur Rspr.). Dieser Gleichklang muss auch für die Beschwerdemöglichkeiten gelten.

8

3. Der Senat vermag sich aus den dargelegten Gründen der von der Antragsgegnerin ins Feld geführten Entscheidung des OLG Koblenz (Beschluss v. 17.04.2003, 3 W 249/03, NJOZ 2003, 3009) nicht anzuschließen. Auch die Besonderheiten des selbständigen Beweisverfahrens geben keinen Anlass, den Beschwerdeweg zu eröffnen.

9

a. Das OLG Koblenz begründet seine Ansicht zur Statthaftigkeit einer Beschwerde zum Einen damit, dass eine Beschwerde nicht ausnahmslos für unstatthaft erachtet werde. Werde in einem Klageverfahren einer Partei, der Prozesskostenhilfe gewährt worden sei oder die nach § 122 Abs. 2 ZPO von der Vorschusspflicht befreit sei, eine Vorschusspflicht auferlegt, sei seit jeher die Anfechtbarkeit dieser Entscheidung anerkannt. Denn eine solche Entscheidung bedeute eine teilweise Entziehung der Rechte aus der Prozesskostenhilfe, wogegen grundsätzlich das Rechtsmittel des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zur Verfügung stehe.

10

Diese Argumentation überzeugt den Senat nicht. Ordnet das Gericht eine Vorschusspflicht für die Partei an, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, ergibt sich zwar die Statthaftigkeit der Beschwerde gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 ZPO unmittelbar aus aus dem Gesetz. Entsprechendes gilt, wenn dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist und dem Beklagten ein Vorschuss abverlangt wird. Denn § 122 Abs. 2 ZPO soll verhindern, dass der Beklagte von ihm verauslagte Gerichtskosten dem Kläger abverlangen kann, wenn die Klage abgewiesen worden ist und dem Kläger die Gerichtskosten auferlegt worden sind (vgl. hierzu u.a. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 122 Rz. 21 m.w.N.).

11

Dass diese gesetzliche Regelung jedoch auf den vorliegenden Fall mittels einer Analogie übertragbar wäre, ist nicht ersichtlich und wird auch vom OLG Koblenz nicht dargelegt. Vor allem steht einer Analogie entgegen, dass die vorgenannte Beschwerdemöglichkeit ihre Rechtfertigung in den Besonderheiten des Prozesskostenhilfeverfahrens findet.

12

b. Ebensowenig lässt sich aus den Besonderheiten des selbständigen Beweisverfahrens die Statthaftigkeit der Beschwerde herleiten.

13

Das OLG Koblenz hat seine gegenteilige Ansicht damit begründet, eine Überprüfung der Anordnung eines Auslagenvorschusses durch ein Rechtsmittelverfahren finde im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens nicht statt. Auch in einem sich dem selbständigen Beweisverfahren anschließenden Klageverfahren spiele die Anordnung keine Rolle mehr. Ob das Unterlassen einer Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren auf einem Verfahrensfehler beruhe, werde im anschließenden Klageverfahren nicht mehr geprüft. Zwar werde im Rahmen einer dort eingeleiteten Beweisaufnahme erneut über die Frage zu entscheiden sein, welche Partei vorschusspflichtig sei. Habe sich in diesem Stadium jedoch die Gefahr eines Verlustes des Beweismittels oder der Erschwerung seiner Benutzung verwirklicht, so sei die im selbständigen Beweisverfahren erfolgte Rechtsverweigerung endgültig.

14

Der Senat teilt diese Argumentation nicht. Zwar kommt grundsätzlich eine Wiederholung oder Fortsetzung der Beweiserhebung durch das Prozessgericht in einem späteren Klageverfahren nur ausnahmsweise in Betracht. Anders ist es aber, wenn die selbständige Beweiserhebung fehlerhaft erfolgt ist. Insbesondere sind auf Beweiseinrede einer Partei Verfahrensfehler hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Beweiserhebung i.S.d. §§ 492 Abs. 1, 402, 373 ff. ZPO zu beachten. In diesem Falle ist die Beweisaufnahme fortzusetzen bzw. zu wiederholen (vgl. hierzu allg. Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 493 Rz. 2 f. m.w.N.). Ein solcher Verfahrensfehler ist u.a. dann anzunehmen, wenn es dem Antragsgegner zu Unrecht verwehrt worden ist, ergänzende Fragen durch den Sachverständigen klären zu lassen. Der denkbare Sonderfall, dass eine Fortsetzung oder Wiederholung der Beweisaufnahme in einem nachfolgenden Klageverfahren aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen ist, kann es nicht rechtfertigen, den dargestellten Grundsatz der Unanfechtbarkeit allgemein aufzugeben.

15

4. Gegen die Anordnung eines Vorschusses ist damit allein die Anhörungsrüge (§ 321 a ZPO) bzw. eine Gegenvorstellung eröffnet (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 24.06.2004, 4 W 34/04 a.a.O.; OLG München a.a.O.; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 379 Rdn. 6). Über die Anhörungsrüge bzw. Gegenvorstellung ist nicht in dieser Instanz, sondern durch das Landgericht Stralsund zu entscheiden. Dies ist bereits in dem Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 11.12.2006 geschehen. Gegen diesen Beschluss ist nichts zu erinnern.

16

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdewert beläuft sich auf 350,00 €

17

6. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind gem. § 574 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 ZPO gegeben, weil die vorstehend aufgezeigte Streitfrage grundsätzliche Bedeutung hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 84/04
vom
13. September 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen und dessen
Anhörung sind auch im selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO zulässig.
BGH, Beschluss vom 13. September 2005 - VI ZB 84/04 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. September 2005 durch
die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsbehelfe der Antragsgegner werden der Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2004 und die Beschlüsse der 14. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 10. Februar 2004, 17. Februar 2004 und 30. März 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an die 14. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurückverwiesen. Gegenstandswert: 7.500 €

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat im selbständigen Beweisverfahren die Begutachtung zahnärztlicher Leistungen der Antragsgegner im Oberkiefer und Unterkiefer durch einen Sachverständigen begehrt. Auf Beweisbeschluss des Landgerichts hat der Sachverständige G. das schriftliche Gutachten vom 22. August 2003 erstattet. Nach Einwendungen und Fragen der Antragsgegner hat der
Sachverständige ein schriftliches Ergänzungsgutachten erstellt. Die Antragsgegner haben daraufhin beantragt, den Sachverständigen zur Erläuterung von Gutachten und Ergänzungsgutachten zu laden und vorsorglich die Einholung eines Obergutachtens beantragt. Das Landgericht hat mit Beschluss der Einzelrichterin vom 10. Februar 2004 diese Anträge zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts den Beschluss der Einzelrichterin erneut als Kammerbeschluss erlassen und mit weiterem Beschluss der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde hinsichtlich des Hauptantrags zurückgewiesen und hinsichtlich des Hilfsantrags auf Einholung eines Obergutachtens als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Anhörungsrecht stehe den Antragsgegnern im selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO nicht zu. Diese Bestimmung sehe ausschließlich das schriftliche Gutachten als Beweismittel vor. Die Verweisung des § 492 Abs. 1 ZPO sei daher dahin einzuschränken, dass die Vorschriften über die mündliche Befragung des Sachverständigen nach §§ 402, 397 ZPO nicht anzuwenden seien. Die mündliche Anhörung könne im selbständigen Beweisverfahren nur zu dem Zweck einer gütlichen Einigung nach freiem Ermessen des Gerichts angeordnet werden. Dem Gericht des selbständigen Beweisverfahrens obliege keine endgültige Bewertung des schriftlichen Gutachtens. Das Landgericht habe eine mündliche Erörterung ohne Ermessensfehler abgelehnt, weil eine Einigung der Parteien nicht zu erwarten sei. Eine Aufklärung des behaupteten Widerspruchs zwischen dem Gutachten und dem Ergänzungsgutachten sei auch auf schriftlichem Wege möglich. Hinsichtlich des Hilfsantrags sei ohnedies die nicht mit Gründen versehene sofortige Beschwerde nicht statthaft. Die Einholung eines
weiteren Gutachtens nach § 412 ZPO stehe im freien Ermessen des Gerichts. Die Entscheidung betreffe daher die Art der Beweisaufnahme, die nach § 355 Abs. 2 ZPO einer Anfechtung entzogen sei. Mit ihren vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerden verfolgen die Antragsgegner ihre Anträge auf Anhörung des Sachverständigen, hilfsweise Einholung eines Obergutachtens weiter.

II.

1. Die Rechtsbeschwerden sind nach Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Die Zulassung der "Revision" ist als Zulassung der Rechtsbeschwerde zu verstehen, ohne dass es einer Berichtigung (§ 319 Abs. 1 ZPO) bedarf. Die Rechtsbeschwerden sind auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1, 575 ZPO).
a) Die sofortige Beschwerde war statthaft (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO; vgl. OLG Düsseldorf, NZBau 2000, 385, 386 m.w.N. zum früheren Recht). Anders als bei der Beweisaufnahme im Erkenntnisverfahren (vgl. § 355 Abs. 2 ZPO) handelt es sich bei der Zurückweisung des Gesuchs um Anhörung eines Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren um eine Entscheidung, die das Verfahren weitgehend abschließt und die deshalb nicht erst in einem möglicherweise folgenden Rechtsstreit zur Hauptsache geklärt werden kann (vgl. OLG Düsseldorf aaO).
b) Die sofortige Beschwerde war zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 78 Abs. 1, 569 Abs. 1 und 2 ZPO).
2. Die Rechtsbeschwerden haben auch in der Sache Erfolg. Die Frage, ob die mündliche Erläuterung eines Gutachtens durch den Sachverständigen im Rahmen eines zulässigen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 153, 302 ff.) selbständigen Beweisverfahrens nur nach §§ 492 Abs. 3, 411 Abs. 3 ZPO zum Zweck einer gütlichen Einigung nach freiem Ermessen des Gerichts angeordnet werden kann oder ob sie auf Antrag einer Partei auch im selbständigen Beweisverfahren des § 485 Abs. 2 ZPO stets zu erfolgen hat, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
a) Die Vertreter der Ansicht, der sich das Beschwerdegericht angeschlossen hat, wollen der Bestimmung des § 485 Abs. 2 ZPO entnehmen, dass ausschließlich die schriftliche Begutachtung als Beweismittel vorgesehen und daher auch die mündliche Erläuterung nur ausnahmsweise möglich ist (vgl. LG Köln, WuM 1998, 110; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 485 Rdn. 8; Thomas/ Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 485 Rdn. 5; Zimmermann, ZPO, 6. Aufl., § 487 Rdn. 13). Demgegenüber lässt die Gegenmeinung unter Hinweis auf §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 3 ZPO auch im Verfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO die mündliche Anhörung des Sachverständigen zu (vgl. OLG München, BauR 1994, 663, 664; OLG Düsseldorf [22. Zivilsenat], JurBüro 1992, 425, 426; NZBau aaO; [23. Zivilsenat] BauR 1993, 637, 638; [9. Zivilsenat] MDR 1994, 939, 940; OLG Köln, OLGR 1997, 69, 70; OLG Saarbrücken, NJW-RR 1994, 787, 788; OLG Hamburg, OLGR 2003, 263, 264; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 492 Rdn. 5; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 492 Rdn. 3; Musielak/Huber, ZPO, 4. Aufl., § 492 Rdn. 1). Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an.

b) Die mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen und dessen mündliche Anhörung sind im selbständigen Beweisverfahren zulässig und bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch geboten. Dafür spricht zunächst der Wortlaut der gesetzlichen Regelung. § 492 Abs. 1 ZPO erklärt die für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels geltenden Vorschriften uneingeschränkt für anwendbar. Hiernach sind auch § 411 Abs. 3 ZPO und §§ 402, 397 Abs. 1 ZPO anzuwenden, die der Partei als Ausfluss des Art. 103 Abs. 1 GG das Recht geben, den Sachverständigen in den Grenzen von Verspätung und Rechtsmissbrauch zumindest einmal persönlich zu hören (vgl. Senatsurteile vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00 - VersR 2002, 120, 121 f.; vom 29. Oktober 2002 - VI ZR 353/01 - VersR 2003, 926, 927; vom 27. Januar 2004 - VI ZR 150/02 - VersR 2004, 1579; Senatsbeschluss vom 10. Mai 2005 - VI ZR 245/04 - z.V.b.). Ein engeres Verständnis dahin, dass die Anhörung nur zu dem Zweck einer gütlichen Einigung nach freiem Ermessen des Gerichts angeordnet werden könnte, ist nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht angezeigt. Das selbständige Beweisverfahren soll zwar die gütliche Streitbeilegung fördern. Eine vergleichsweise Regelung wird durch die Behebung von Zweifeln und Unklarheiten des schriftlichen Gutachtens auch leichter erreicht werden können. Die zu erwartende Einigung ist jedoch nicht Voraussetzung für die Durchführung einer mündlichen Erläuterung. Die selbständige Beweiserhebung steht einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich (vgl. § 493 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren hat daher zur Folge, dass ein neues Gutachten in einem sich anschließenden Rechtsstreit nur unter den engen Voraussetzungen des § 412 ZPO (vgl. dazu Senatsurteile vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - VersR 1980, 533 und vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - VersR 1999, 716, 717) eingeholt werden kann (vgl. Quack,
BauR 1991, 278, 281). Diese präkludierende Wirkung eines im selbständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO erhobenen Sachverständigenbeweises wäre ohne die Wahrung des rechtlichen Gehörs und damit des Fragerechts der Parteien gemäß §§ 402 Abs. 1, 397 Abs. 1 ZPO nicht zu rechtfertigen. Zudem kann nur auf diese Weise sichergestellt werden, dass der erhobene Beweis durch Sachverständigengutachten möglichst von Bestand ist (vgl. BTDrucks. 11/3621 S. 42 zu § 492 ZPO). 3. Hinsichtlich des lediglich vorsorglich gestellten Hilfsantrags bedarf es keiner Entscheidung des Senats, denn die Rechtsbeschwerde hat bereits im Hauptantrag Erfolg. Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass § 412 Abs. 1 ZPO zwar ebenfalls im selbständigen Beweisverfahren anzuwenden ist (§ 492 ZPO). Die Voraussetzungen, unter denen ein weiteres Gutachten einzuholen ist, sind indes streng (vgl. Senatsurteile vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - aaO und vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - aaO) und hier nicht ersichtlich gegeben. 4. Nach allem ist der Beschluss des Beschwerdegerichts ebenso aufzuheben wie derjenige des Landgerichts. Der Senat hält es für angezeigt, die Zurückverweisung an die Zivilkammer der ersten Instanz auszusprechen. Diese wird unter Beachtung der Rechtsauffassung des entscheidenden Senats erneut
über den Antrag der Beklagten auf Anhörung des Sachverständigen zu entscheiden haben. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)