Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 24. Mai 2017 - 12 U 2484/16

bei uns veröffentlicht am24.05.2017

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Zwischenurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17.11.2016, Az. 3 HK O 7193/15, aufgehoben. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 154.940 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über einen Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus einem Werkvertrag über die Verlagerung einer Schäumanlage von S (Ortsteil von S. im Main-Kinzig-Kreis) nach R. (Gemeinde I.) in Tirol / Österreich.

Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Beklagte hatte gebrauchte Maschinenanlagen erworben, die von der Rechtsvorgängerin der Klägerin abgebaut, zum Sitz der Beklagten nach Österreich transportiert und dort wieder aufgebaut wurden. Diesen Leistungen lag ein Angebot der Rechtsvorgängerin der Klägerin vom 16.07.2014 (vgl. Anl K 2) zugrunde, das unter anderem folgende Regelungen enthielt:

X. Montageeckdaten:

Montagebeginn: nach Absprache

Erfüllungsort/Land: S.-St., R. / Deutschland, Österreich

XI. Sonstige Vereinbarungen:

„Auf das Rechtsverhältnis zwischen P. und dem Auftraggeber oder zwischen P. und Dritten, findet ausschließlich das Recht der Bundesrepublik Deutschland Anwendung, sowie es zwischen deutschen Kaufleuten gilt.

Die Anwendung der Vorschrift über den internationalen Warenkauf (CSIG-Wiener UN-Kaufrecht und des Deutschen Internationalen Privatrechts werden ausdrücklich ausgeschlossen.

Als Gerichtsstand wird Nürnberg vereinbart.“

Die beigefügten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Rechtsvorgängerin der Klägerin enthielten unter anderem folgende Regelungen (vgl. Anl K 53):

„X. Gerichtsstand, Recht, Salvatorische Klausel

1. Ist der Besteller Vollkaufmann, ist bei allen aus dem Vertragsverhältnis mittelbar oder unmittelbar sich ergebenden Streitigkeiten, Nürnberg alleiniger Gerichtsstand.

2. Für die vertraglichen Beziehungen gilt das Recht der Bundesrepublik Deutschland.“

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit Sitz in Nürnberg hat mit Schriftsatz vom 30.09.2015, eingegangen bei Gericht am 07.10.2015, vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth gegen die Beklagte mit Sitz in R., Österreich, Klage erhoben.

Am 02.10.2015 ist die Rechtsvorgängerin der Klägerin als übertragender Rechtsträger mit der Klägerin verschmolzen worden (im Folgenden daher nur noch: Klägerin).

Die Klägerin hat gemeint, nachdem die Beklagte das Angebot der Klägerin unverändert mündlich angenommen habe, sei die darin enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung wirksam geworden. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei von einer ausdrücklichen Einigung der Vertragsparteien hinsichtlich des Gerichtsstandes auszugehen. Die Gerichtsstandsvereinbarung sei der Beklagten elektronisch per E-Mail übermittelt worden, so dass der Beklagten eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung möglich gewesen wäre. Im Übrigen würde die Art der Vereinbarung der üblichen Praxis entsprechen, so dass von einem entsprechenden Handelsbrauch ausgegangen werden könne.

Darüber hinaus hätten die Vertragsparteien die Geltung deutschen Rechts vereinbart, so dass gemäß § 38 Abs. 1 ZPO für eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung eine nur mündliche Absprache unter Vollkaufleuten ausreichend sei.

Die Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth würde sich zudem aus den einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin ergeben.

Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung vom 16.03.2016 die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth gerügt (vgl. Bl. 96 f. d. A.).

Die Beklagte hat gemeint, eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung liege nicht vor.

Die Klägerin hat hierauf mit Schriftsatz vom 22.04.2016 erwidert und sich höchst hilfsweise auf den Gerichtsstand des Erfüllungsortes, S.-St., und damit auf eine Zuständigkeit des Landgerichts Hanau berufen (vgl. Bl. 119 d. A.).

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat am 06.10.2016 mündlich verhandelt (vgl. Bl. 190 ff. d. A.).

Die Klägerin hat beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 154.940 EUR nebst 9 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz aus 76.000 EUR seit dem 08.12.2014, aus 28.970 EUR seit dem 01.02.2015 sowie aus 49.970 EUR seit dem 01.02.2015 sowie 40 EUR vorgerichtliche Mahnpauschale zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen (vgl. S. 2 ff. des Urteils).

Das Landgericht hat sich mit dem angefochtenen Zwischenurteil vom 17.11.2016 für örtlich und international zuständig erklärt.

Zur Begründung hat das Landgericht insbesondere ausgeführt, eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung nach den Rechtsvorschriften der EuGVVO liege nicht vor. Die Parteien hätten aber eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung gemäß § 38 Abs. 2 ZPO getroffen.

Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Zwischenurteils Bezug genommen (vgl. S. 3 ff. des Urteils).

Gegen dieses, ihr am 18.11.2016 zugestellte Zwischenurteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 15.12.2016 Berufung eingelegt, die sie mit dem Schriftsatz vom 03.01.2017 begründet hat.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Zwischenurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17.11.2016 abgeändert.

II. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung gegen das Zwischenurteil des Landgerichts den bereits erstinstanzlich gestellten Antrag auf Klageabweisung in der Berufungsinstanz weiter (vgl. Bl. 216 d. A.).

Noch zutreffend habe das Landgericht die Rechtswirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung nach Maßgabe des Art. 25 Abs. 1 Satz 3 EuGVVO verneint (vgl. Bl. 217 f. d. A.).

Dagegen habe das Landgericht aber zu Unrecht angenommen, die Parteien hätten gemäß § 38 Abs. 2 ZPO die Zuständigkeit deutscher Gerichte vereinbart.

Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Der Senat hat den Parteien mit der Terminsverfügung vom 21.03.2017 einen Hinweis erteilt (vgl. Bl. 244 ff. d. A.).

Im Übrigen wird hinsichtlich des Vortrags der Parteien auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschrift des Senats vom 03.05.2017 (Bl. 272 f. d. A.) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Die Berufung der Beklagten ist statthaft, denn § 513 Abs. 2 ZPO ist nur anwendbar auf die örtliche und sachliche, nicht aber auf die internationale Zuständigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2003 - XI ZR 474/02, NJW 2004, 1456 f.), und auch im Übrigen zulässig.

Die Berufung der Beklagten ist begründet, denn die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist nicht gegeben. International zuständig sind nur die Gerichte in Österreich.

1. Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth ergibt sich weder aus der Regelung in „XI. Sonstige Vereinbarungen“ des Angebots der Klägerin vom 16.07.2014 noch aus der Bestimmung in „X. Gerichtsstand, Recht, Salvatorische Klausel“ der in Bezug genommenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin. Denn es fehlt jeweils an den zwingenden Voraussetzungen des Art. 25 EuGVVO.

a) Die Frage der internationalen Zuständigkeit richtet sich nach den Regelungen der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Neufassung) EuGVVO [nF] = Brüssel Ia-VO (im Folgenden: EuGVVO).

Beide Parteien haben ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (vgl. Art. 63 Abs. 1 EuGVVO). Die vorliegende Klage ist mit Schriftsatz vom 30.09.2015, eingegangen bei Gericht am 07.10.2015, vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth erhoben worden. Die Klage ist damit nach dem Inkrafttreten der EuGVVO erhoben worden (vgl. Art. 66 Abs. 1 EuGVVO). Soweit der Senat darauf hingewiesen hat, im Hinblick auf das Angebot vom 16.07.2014 sei noch die Verordnung EG Nr. 44/2001 - Brüssel I-VO - anzuwenden, wird hieran nicht festgehalten. Denn auch im Falle einer Gerichtsstandsvereinbarung bestimmt sich die Anwendbarkeit der Neufassung nach der Klageerhebung, nicht nach dem Zeitpunkt der Vereinbarung (vgl. Musielak/Voit-Stadler, ZPO, 14. Aufl., EuGVVO nF Art. 66 Rn. 1). Nachdem die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung in Art. 23 Abs. 1 Satz 3 EuGVVO aF und in Art. 25 Abs. 1 Satz 3 EuGVVO nF im Wesentlichen inhaltsgleich sind, konnte ein erneuter Hinweis an die Parteien insoweit mangels Entscheidungserheblichkeit unterbleiben. Eine Gerichtsstandsvereinbarung hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit kann dementsprechend nur dann Wirkungen entfalten, wenn die Voraussetzungen nach Art. 25 EuGVVO eingehalten sind.

b) Gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. a) EuGGVO muss eine Gerichtsstandsvereinbarung schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung geschlossen werden. Das ist vorliegend nicht der Fall.

aa) Die Formerfordernisse aus Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. a) bis c) EuGGVO sind Wirksamkeitsvoraussetzung und unterliegen der autonomen Interpretation. Sie sind eng auszulegen. Sie sollen gewährleisten, dass die Einigung zwischen den Parteien zweifelsfrei feststeht und sie somit vor überraschenden Gerichtsständen schützen (vgl. Musielak/Voit-Stadler, ZPO, 14. Aufl., EuGVVO nF Art. 25 Rn. 8).

Eine schriftliche Vereinbarung im Sinne von Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. a) EuGGVO liegt dann vor, wenn die Parteien beide ihren Willen schriftlich kundgegeben haben, wobei im Gegensatz zu § 126 Abs. 2 BGB dies auch in getrennten Schriftstücken erfolgen kann, sofern aus ihnen die inhaltliche Übereinstimmung beider Erklärungen hinreichend deutlich hervorgeht (vgl. BGH, Urteil vom 22.02.2001 - IX ZR 19/00, NJW 2001, 1731).

Eine schriftliche Vereinbarung der Parteien liegt weder hinsichtlich der Regelung in „XI. Sonstige Vereinbarungen“ des Angebots der Klägerin vom 16.07.2014 noch hinsichtlich der Bestimmung in „X. Gerichtsstand, Recht, Salvatorische Klausel“ der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin vor, denn die Beklagte hat ihren Willen (zur Annahme des Angebots) lediglich mündlich kundgetan.

bb) Die Klägerin kann sich für die Gerichtsstandsklausel auch nicht auf Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. a) 2. Alt. EuGGVO berufen, da es vorliegend auch an einer schriftlichen Bestätigung einer zuvor mündlich vereinbarten Gerichtsstandsvereinbarung fehlt. Durch die Klägerin ist erstinstanzlich vorgetragen worden, dass das Angebot der Klägerin, Anl K 2, von der Beklagten (mündlich) ohne jede Änderung oder Bedingung angenommen worden sei (vgl. Schriftsatz vom 22.04.2016, S. 2, Bl. 112 d. A.). Eine zuvor getroffene (mündliche) Vereinbarung hinsichtlich eines Gerichtsstandes durch die Parteien ist durch die Klägerin bereits nicht behauptet worden.

c) Die Einbeziehung einer Gerichtsstandsklausel in einen Vertrag durch einen Hinweis in einem - nicht unterschriebenen - Angebot könnte allerdings gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. b) EuGGVO dann ausreichend sein, wenn dies den „Gepflogenheiten“ entsprechen würde, „die zwischen den Parteien entstanden sind“. Dies kann der Senat nach dem Vorbringen der Klägerin jedoch nicht feststellen. „Gepflogenheiten“ setzen eine längere Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien voraus, aus denen sich eine bestimmte Übung ergeben hat (vgl. Musielak/Voit-Stadler, ZPO, 14. Aufl., EuGVVO nF Art. 25 Rn. 12). Insoweit wurde durch die Klägerin weder vorgetragen noch ist dem Senat sonst ersichtlich, dass solche Gepflogenheiten vorliegend bereits entstanden wären.

d) Schließlich wäre die Schriftform nach Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. c) EuGGVO dann entbehrlich, wenn die Art und Weise der Vereinbarung einer Gerichtsstandsklausel einem internationalen Handelsbrauch entsprechen würde, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten. Diese Voraussetzungen liegen ebenfalls nicht vor.

Ein Handelsbrauch in einem bestimmten Geschäftszweig besteht dann, wenn die dort tätigen Kaufleute bei Abschluss einer bestimmten Art von Verträgen allgemein oder regelmäßig ein bestimmtes Verhalten befolgen (vgl. EuGH, NJW 1997, 1431).

Die Behauptung der Klägerin, im Hinblick auf die Regelung in Art. 18 CISG liege auf der Hand, dass es auch unter Vollkaufleuten im internationalen (deutsch-östereichischen) Handelsverkehr üblich sei, mündlich schriftliche Angebote anzunehmen, stellt eine bloße Behauptung ins Blaue hinein dar. Denn durch die Klägerin wird lediglich von einem (gemäß Art. 18 CISG) rechtlich zulässigen Verhalten auf das Bestehen eines entsprechenden Handelsbrauchs geschlossen. Zur Untermauerung ihres Vortrags bezieht sich die Klägerin dabei zudem auf Vertragsbedingungen anderer Unternehmen (vgl. Schriftsatz vom 22.04.2016, S. 7 f., Bl. 117 f. d. A. unter Hinweis auf Anl K 52). Den insoweit vorgelegten Vertragsbedingungen ist allerdings gemein, dass sie sämtlich die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods, CISG) ausdrücklich ausschließen.

Der nachfolgend durch die Klägerin angebotene Beweis stellt deshalb auch einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar, denn er dient nicht unmittelbar dem Beweis von der Klägerin vorgetragener Tatsachen, sondern der Ausforschung von Tatsachen bzw. der Erschließung von Erkenntnisquellen, die es erst ermöglichen sollen, bestimmte Tatsachen zu behaupten und sodann unter Beweis zu stellen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., Vor § 284 Rn. 8c).

2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist eine Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht gemäß § 38 Abs. 2 ZPO vereinbart worden.

Denn Art. 25 EuGVVO verdrängt in seinem Anwendungsbereich als lex specialis die Vorschrift des § 38 ZPO sowie sondergesetzliche Vorschriften über die Prorogation (vgl. Musielak/Voit-Heinrich, ZPO, 14. Aufl., § 38 Rn. 14). Nachdem die europäische Zuständigkeitsordnung in ihrem Anwendungsbereich das nationale Zuständigkeitsrecht verdrängt, ist der Anwendungsbereich des § 38 ZPO in Fällen mit internationalen Bezügen angesichts des weiten Geltungsanspruchs der europäischen Zuständigkeitsordnung stark eingeschränkt. In Betracht kommen lediglich noch die Bereichsausnahmen des Art. 1 Abs. 2 EuGVVO (vgl. Geimer, IZPR, 7. Aufl., Rn. 1605). Diese sind vorliegend nicht einschlägig.

3. Eine internationale Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth ergibt sich auch nicht aus Art. 26 Abs. 1 EuGVVO.

Die Beklagte hat mit der Klageerwiderung vom 16.03.2016 die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth gerügt (vgl. Bl. 96 f. d. A.). Von einer Einlassung auf das Verfahren ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erst auszugehen, wenn die Beklagte die Zuständigkeitsrüge nicht spätestens in der Stellungnahme erhebt, die nach dem innerstaatlichen Prozessrecht als das erste Verteidigungsvorbringen vor dem angerufenen Gericht anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 31.05.2011 - VI ZR 154/10, NJW 2011, 2809, 2812). Die Rüge der internationalen Unzuständigkeit muss nach § 282 Abs. 3 ZPO frühest möglich erfolgen, mithin bereits in der Klageerwiderung (vgl. BGH, Urteil vom 19.05.2015 - XI ZR 27/14, NJW 2015, 2667). Damit wurde die Zuständigkeitsrüge durch die Beklagte rechtzeitig mit der Klageerwiderung erhoben.

4. Eine internationale Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth ergibt sich ebenfalls nicht aus Art. 5 Abs. 1 EuGVVO.

Die Klägerin kann die Beklagte nach dieser Regelung an ihrem Sitz nach Art. 63 Abs. 1 EuGVVO in Anspruch nehmen. Dieser liegt in R. (Gemeinde I.) in Tirol, so dass sich aus Art. 5 Abs. 1 EuGVVO ein Gerichtsstand in Österreich ergibt.

5. Die Klägerin kann sich bei einem Vertragsverhältnis mit einem internationalen Bezug grundsätzlich auch auf die besondere Zuständigkeit gemäß Art. 7 Nr. 1 EuGVVO (Gerichtsstand des Erfüllungsortes) stützen. Allerdings wird durch diese Regelung eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte vorliegend nicht begründet.

a) Der Vertrag zwischen den Parteien betrifft „Dienstleistungen“ im Sinne von Art. 7 Nr. 1 lit. b) EuGVVO. Erforderlich für das Vorliegen einer Dienstleistung in diesem Sinne ist die Erbringung einer bestimmten Tätigkeit gegen Entgelt (vgl. EuGH, EuZW 2009, 510). Im Einzelnen sind Verträge über Dienstleistungen im Sinne von Art. 7 Nr. 1 lit. b) EuGVVO nicht nur Dienstverträge, sondern unter anderem auch Werk- und Geschäftsbesorgungsverträge (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., Anh I Art. 7 EuGVVO Rn. 9; zu Art. 5 EuGVO: Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 5 EuGVO Rn. 44).

Der Vertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten hat die Demontage von Maschinenanlagen in Deutschland, deren Transport nach Österreich sowie die anschließende Montage der Anlagen in Österreich zum Gegenstand. Im Anwendungsbereich der EuGVVO ist damit von einem „Dienstleistungsvertrag“ auszugehen, da die durch die Klägerin geschuldeten Leistungen in der Regel gegen Entgelt erbracht werden.

b) Art. 7 Nr. 1 lit. b) EuGVVO sieht bei internationalen Dienstleistungsverträgen einen einheitlichen Erfüllungsort für sämtliche Verpflichtungen beider Vertragspartner aus diesem Vertrag vor. Maßgeblich soll der Erfüllungsort der vertragscharakteristischen Leistung sein, also der Ort, an dem die Dienstleistungen nach dem Vertrag erbracht wurden oder hätten erbracht werden müssen (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., Anh I Art. 7 EuGVVO Rn. 13).

Allerdings kann vorliegend der Senat einen Ort der Hauptdienstleistung nicht feststellen. Nach den Bestimmungen des geschlossenen Vertrages war durch die Klägerin zunächst die Demontage vorzubereiten. Danach waren die Maschinenanlagen zu demontieren. Anschließend war der Transport der Anlagen nach Österreich zu organisieren und sodann durchzuführen. Danach war die Remontage der Anlagen vorzubereiten und nachfolgend die Remontage durchzuführen. Schließlich hatte durch die Klägerin eine Inbetriebnahme zu erfolgen. Darüber hinaus schuldete die Klägerin noch allgemeine Leistungen, wie die logistische Planung, die Projektbetreuung sowie den Abschluss von Versicherungen (vgl. die Leistungs- und Schnittstellenbeschreibung zu dem Angebot der Klägerin vom 16.07.2014, Anl K 2).

Nach dem Leistungsverzeichnis des Angebots der Klägerin lassen sich Positionen in Höhe von 75.000 EUR netto dem Ort der Demontage (= St.), in Höhe von 18.350 EUR netto dem Transport und in Höhe von 70.200 EUR netto dem Ort der Remontage (= R.) ohne weiteres zuordnen. Positionen in Höhe von insgesamt 12.510 EUR netto dürften wohl eher dem Ort der Demontage als dem Ort der Remontage zuzuordnen sein.

Allerdings insoweit noch nicht berücksichtigt sind die Verrechnungssätze für Montage/Inbetriebnahme beim Auftraggeber/Betreiber (Angebot der Klägerin vom 16.07.2014, Anl K 2).

Als Erfüllungsorte kommen insoweit S.-St., Deutschland (Ort der Demontage), und R. (Gemeinde I.) in Tirol, Österreich (Ort der Remontage), in Betracht. Das entspricht auch der Einschätzung der Klägerin in deren Angebot von 16.07.2014 (vgl. X. Montageeckdaten: Montagebeginn: nach Absprache, Erfüllungsort/Land: S.-St., R. / Deutschland, Österreich).

Allerdings vermag der Senat im Hinblick auf die dem Angebot der Klägerin vom 16.07.2014 zu entnehmenden Leistungen einen eindeutigen Schwerpunkt der Leistungen in Deutschland nicht festzustellen.

Der Europäische Gerichtshof hat in der Vergangenheit (zum EuGVÜ und zur EuGVO) bereits mehrfach entschieden, dass die Rechtssicherheit eines der Ziele dieser Übereinkommen ist (vgl. EuGH, NJW 2002, 1407, 1408). So soll in der Europäischen Gemeinschaft der Rechtsschutz der dort ansässigen Personen dadurch gestärkt werden, dass gemeinsame Zuständigkeitsregeln festgelegt werden, die eine Sicherheit im Hinblick auf die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den verschiedenen nationalen Gerichten, die mit einem Rechtsstreit befasst werden können, gewährleisten (vgl. EuGH, NJW 1995, 183). Der Grundsatz der Rechtssicherheit verlangt insbesondere, dass die jeweils von der allgemeinen Regel der Übereinkommen abweichenden Zuständigkeitregeln so ausgelegt werden, dass ein informierter, verständiger Beklagter vorhersehen kann, vor welchem anderen Gericht als dem des Staates, in dem er seinen Wohnsitz hat, er verklagt werden könnte (vgl. EuGH, NJW 2000, 719 f.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es außerdem unerlässlich, eine Häufung der Gerichtsstände zu vermeiden, um der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen zu begegnen und die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen außerhalb des Urteilsstaates zu erleichtern (vgl. EuGH, NJW 2000, 721, 722 f.).

Die Bestimmungen in den Übereinkommen sind demnach dahin auszulegen, dass die Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten in einem Fall, in dem die fragliche vertragliche Verpflichtung an verschiedenen Orten erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, einem Gericht nicht deshalb zuerkannt werden kann, weil in seiner örtlichen Zuständigkeit ein beliebiger dieser Erfüllungsorte liegt. Vielmehr ist, weil die Zuständigkeit für vertragliche Streitigkeiten dem Gericht des Ortes zugewiesen wird, an dem die den Gegenstand des Verfahrens bildende Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, für diese Verpflichtung ein einziger Erfüllungsort zu bestimmen (vgl. EuGH, NJW 2002, 1407, 1408).

Daher ist in einem Fall, der durch eine Mehrzahl von Erfüllungsorten der fraglichen Vertragspflicht gekennzeichnet ist, ein einziger Erfüllungsort zu bestimmen; dies ist grundsätzlich der Ort, zu dessen Gericht der Streitgegenstand die engste Verknüpfung aufweist.

Vorliegend könnte insoweit allenfalls von einer engsten Verknüpfung mit dem Ort der Remontage (= R.) ausgegangen werden, denn dort erfolgten einerseits die Montage und Inbetriebnahme und (nach dem Vortrag der Klägerin) andererseits erhebliche Anpassungen und Umplanungen der Anlagen, die Zusatzkosten in Höhe von 49.970 EUR verursacht haben sollen (vgl. Klageschrift vom 30.09.2015).

Damit sind Zuständigkeitsregeln der Übereinkommen in einem Fall - wie dem vorliegenden - nicht anwendbar, in dem es nicht möglich ist, das Gericht, das die engste Verknüpfung mit dem Streitgegenstand aufweist, zu ermitteln und so die gerichtliche Zuständigkeit mit dem tatsächlichen Erfüllungsort der von dem nationalen Gericht für maßgebend erachteten Verpflichtung in Einklang zu bringen (vgl. EuGH, NJW 2002, 1407, 1408).

Die Zuständigkeit lässt sich in einem solchen Fall nur gemäß Art. 5 Abs. 1 EuGVVO bestimmen, der einen sicheren und verlässlichen Anknüpfungspunkt bietet (vgl. EuGH, EuZW 1990, 35). Die Lösung entspricht auch der Systematik der Übereinkommen und beruht auf der Grundregel, dass Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen sind. Dass eine Zuständigkeitsregel ein allgemeiner Grundsatz ist, erklärt sich daraus, dass sie dem Beklagten grundsätzlich die Verteidigung erleichtert (vgl. EuGH, NJW 2000, 3121). Eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gemäß Art. 7 Nr. 1 EuGVVO (Gerichtsstand des Erfüllungsortes) ist vorliegend nicht begründet.

6. Eine andere Rechtslage ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass das Angebot der Klägerin vom 16.07.2014 (vgl. Anl K 2) folgende Regelungen enthielt: X. Montageeckdaten: […] Erfüllungsort/Land: S.-St., R. / Deutschland, Österreich.

a) Art. 7 Nr. 1 lit. b EuGVVO enthält zwar nach seinem Wortlaut den Vorbehalt „… sofern nichts anderes vereinbart worden ist …“. Hieraus ergibt sich indes nicht die Konsequenz, dass Vereinbarungen der Parteien über den materiellen Erfüllungsort im Rahmen von Art. 7 Nr. 1 lit. b EuGVVO zu berücksichtigen wären. Vielmehr kann sich der Vorbehalt nur auf eine Vereinbarung über einen (vom materiellen Erfüllungsort zu unterscheidenden) prozessrechtlichen Erfüllungsort beziehen, womit der Ort der tatsächlichen Leistungserbringung gemeint ist. Da die Parteien über diesen prozessrechtlichen Erfüllungsort keine Vereinbarung getroffen haben, liegt auch keine andere Vereinbarung im Sinne von Art. 7 Nr. 1 lit. b EuGVVO vor.

b) Zwar hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt, dass die Vertragsparteien den Lieferort der Waren nach ihrem freien Willen bestimmen könnten. Der Ausdruck „sofern nichts anderes vereinbart worden ist“ zeige nämlich, dass die Parteien im Hinblick auf die Anwendung dieser Bestimmung eine Vereinbarung über den Erfüllungsort der Verpflichtung schließen könnten (vgl. zu Art. 5 EuGVO: EuGH, EuZW 2010, 301, 302).

Der Europäische Gerichtshof bezieht die Formulierung aber nur auf Vereinbarungen über den materiell-rechtlichen Erfüllungsort und misst damit nur diesen eine gerichtsstandsbegründende Kraft zu, nicht aber solchen, die allein der Steuerung der Klagezuständigkeit dienen. Letztere sind weiterhin als „abstrakte Erfüllungsortvereinbarungen“ zu behandeln und an dem Maßstab des Art. 25 EuGVVO zu messen (vgl. Leible/Sommer, IPRax 2006, 568, 571). Damit gibt aber die Wendung „sofern nichts anderes vereinbart worden ist“ nur eine Selbstverständlichkeit - nämlich die Zulässigkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen - wieder (vgl. Leible, FS f. Spellenberg, 2010, 451, 454 ff.).

c) Um eine Umgehung der Erfordernisses des Art. 25 EuGVVO zu vermeiden, muss ein vereinbarter Erfüllungsort dem von den Parteien tatsächlich gewollten Erfüllungsort entsprechen. Dabei kann der Erfüllungsort nur insgesamt, nicht für einzelne vertragliche Verpflichtungen, vereinbart werden. Eine andere Lösung würde dem Ziel der Verordnung, eine Konzentration der verschiedenen Ansprüche bei den Gerichten eines einzigen Mitgliedstaates zu erreichen, entgegenstehen (vgl. Musielak/Voit-Stadler, ZPO, 14. Aufl., EuGVVO nF Art. 7 Rn. 15).

d) Die vorliegende Vereinbarung zweier Erfüllungsorte in unterschiedlichen Mitgliedstaaten mag zwar nicht der Vertragswirklichkeit, aber sehr wohl dem Ziel der Verordnung zu widersprechen. Sie kann deshalb keine Berücksichtigung finden und eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht begründen.

7. Nachdem eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht gegeben ist, ist die vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth erhobene Klage unzulässig. Auf die Berufung der Beklagten war daher das Zwischenurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17.11.2016 aufzuheben und die Klage als unzulässig abzuweisen.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

V.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.

Vorliegend war der volle Streitwert anzusetzen, denn die Beklagte und Berufungsklägerin verfolgt mit ihrer Berufung nicht (nur) eine (hilfsweise beantragte) Verweisung des Rechtsstreits, sondern insgesamt die Klageabweisung (vgl. OLG Frankfurt, OLGR 1999, 153).

VI.

Die Revision war zuzulassen, denn die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, § 543 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. ZPO. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts hinsichtlich der Wirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung durch die wahlweise Bestimmung zweier Erfüllungsorte in unterschiedlichen Vertragsstaaten der EuGVVO liegt - soweit ersichtlich - bislang nicht vor.

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(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfä

Zivilprozessordnung - ZPO | § 38 Zugelassene Gerichtsstandsvereinbarung


(1) Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtli

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Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 24. Mai 2017 - 12 U 2484/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 24. Mai 2017 - 12 U 2484/16 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10

bei uns veröffentlicht am 31.05.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 154/10 Verkündet am: 31. Mai 2011 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2003 - XI ZR 474/02

bei uns veröffentlicht am 16.12.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 474/02 Verkündet am: 16. Dezember 2003 Weber Justizhauptsektretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja ____________

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Mai 2015 - XI ZR 27/14

bei uns veröffentlicht am 19.05.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X I Z R 2 7 / 1 4 Verkündet am: 19. Mai 2015 Weber, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

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(1) Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(2) Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges kann ferner vereinbart werden, wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Die Vereinbarung muss schriftlich abgeschlossen oder, falls sie mündlich getroffen wird, schriftlich bestätigt werden. Hat eine der Parteien einen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, so kann für das Inland nur ein Gericht gewählt werden, bei dem diese Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand hat oder ein besonderer Gerichtsstand begründet ist.

(3) Im Übrigen ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zulässig, wenn sie ausdrücklich und schriftlich

1.
nach dem Entstehen der Streitigkeit oder
2.
für den Fall geschlossen wird, dass die im Klageweg in Anspruch zu nehmende Partei nach Vertragsschluss ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 474/02 Verkündet am:
16. Dezember 2003
Weber
Justizhauptsektretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
_____________________
ZPO § 513 Abs. 2; EuGVÜ Art. 5 Nr. 1

a) Die Berufung kann auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des
Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) darauf gestützt werden, daß
das Gericht des ersten Rechtszuges seine internationale Zuständigkeit zu Unrecht
angenommen hat.

b) Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ begründet für die Klage aus einem Scheck, der zur
Begleichung einer Kaufpreisschuld hingegeben wurde, keinen Gerichtsstand
am Erfüllungsort der Kaufpreisforderung.
BGH, Urteil vom 16. Dezember 2003 - XI ZR 474/02 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 16. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe und die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann und
Dr. Appl

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. November 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die B. Gerüstbau (im folgenden: Verkäuferin) verkaufte der Beklagten , die ihren Sitz in der Gemeinde K. in Österreich hat, gebrauchtes Gerüstbaumaterial zum Preis von 220.000 DM. Die Beklagte holte einen Teil der Ware in der Niederlassung der Verkäuferin in M. ab und zahlte 120.000 DM. Über den Restbetrag von 100.000 DM stellte sie an ihrem Geschäftssitz am 18. September 2001 auf Bitte der Verkäuferin einen auf die Bank ... in G. /Österreich gezogenen Scheck für die Klägerin als Zahlungsempfängerin aus. Die Verkäuferin hatte dieser den Restkaufpreisanspruch abgetreten. Der Scheck wurde von der bezogenen Bank bei Vorlage nicht eingelöst.

Die Klägerin hat die Beklagte im Scheckprozeß auf Zahlung von 100.208,24 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Beklagte hat gerügt, daß das angerufene Landgericht Duisburg international nicht zuständig sei. Zur Zahlung der Schecksumme sei sie nicht verpflichtet, da das verkaufte Gerüstbaumaterial Mängel aufweise.
Das Landgericht hat der Klage durch Scheckvorbehaltsurteil stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin nach einem gerichtlichen Hinweis auf die Unzuständigkeit der deutschen Gerichte für die Scheckklage die Abstandnahme vom Urkundenprozeß erklärt, ihre Klage auf den Anspruch aus dem Kaufvertrag gestützt und die Scheckklage nur für den Fall weiterverfolgt, daß das Berufungsgericht die Abstandnahme nicht zulasse. Die Beklagte hat dem widersprochen. Das Oberlandesgericht hat den Übergang in das ordentliche Verfahren sowie die Klageänderung nicht zugelassen und die Scheckklage als unzulässig abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht, dessen Urteil in IHR 2003, 81 ff. veröffent- licht ist, hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Die im Scheckprozeß erhobene Klage sei unzulässig, da den deutschen Gerichten die internationale Zuständigkeit fehle. Die Neufassung des § 513 Abs. 2 ZPO durch die am 1. Januar 2002 in Kraft getretene ZPO-Reform stehe einer Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts nicht entgegen. Zwar könne die Berufung danach nicht darauf gestützt werden, daß das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen habe. Dies umfasse dem Wortlaut nach auch die Rüge der internationalen Zuständigkeit. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich indes nicht, daß der Gesetzgeber die Frage der Kontrolle der internationalen Zuständigkeit im zweiten Rechtszug geprüft und entschieden habe.
Nach Art. 2 EuGVÜ sei die Beklagte grundsätzlich an ihrem Sitz in Österreich zu verklagen. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergebe sich nicht aus der allein in Betracht kommenden Ausnahmeregelung des Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ. Danach könne eine Person, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bildeten, vor dem Gericht des Erfüllungsortes verklagt werden. Streitgegenstand sei ein Anspruch aus einem Scheckbegebungsvertrag , der in Österreich zu erfüllen sei. Der Erfüllungsort bestimme sich nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit der Sache befaßten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich sei. Art. 63 ScheckG unterstelle die Wirkungen der Scheckerklärungen dem
Recht des Landes, in dessen Gebiet die Erklärungen unterschrieben worden seien, d.h. hier Österreich. Nach Art. 2 Abs. 2 des österreichischen Scheckgesetzes gelte mangels besonderer Angabe der bei dem Namen des Bezogenen angegebene Ort G. /Österreich als Zahlungsort.
Die Klägerin könne ihren Klageantrag im Berufungsverfahren nicht durch Übergang in das ordentliche Verfahren und Klageänderung auf Ansprüche aus dem Kaufvertrag stützen. Die Regelung des § 596 ZPO, die ein Abstehen von dem Urkundenprozeß bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erlaube, betreffe nach Inkrafttreten der ZPO-Reform jedenfalls nicht mehr das Verfahren im Scheckprozeß in zweiter Instanz. Das Berufungsverfahren wiederhole nicht die Tatsacheninstanz, sondern diene der Fehlerkontrolle und -beseitigung. Wechsele der Kläger die Prozeßart und stütze er sich auf Ansprüche aus dem Grundgeschäft, so verändere er den Streitgegenstand. Bei Zulassung einer solchen Abstandnahme müsse das Berufungsgericht sich mit Anspruchsgründen und Einwendungen sowie Einreden befassen, die gegenüber dem zuoder aberkannten Scheckanspruch des erstinstanzlichen Urteils einen völlig neuen Streitstoff einführten, für den das Ergebnis der bisherigen Prozeßführung nicht verwertet werden könne. Sinn und Zweck der Beschränkung des Tatsachenstoffs (§ 529 ZPO) und der Novenbeschränkung nach § 531 Abs. 2 ZPO ließen dies nicht zu.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
1. Das Berufungsgericht ist mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die von der Klägerin im Scheckprozeß erhobene Klage unzulässig ist. Obwohl das Landgericht seine Zuständigkeit angenommen hatte, war das Berufungsgericht zur Prüfung der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte befugt. Diese ist nicht gegeben.

a) Da die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht nach dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde, gelten sowohl für die Berufung als auch für die Revision die Regelungen der Zivilprozeßordnung in der seit dem 1. Januar 2002 gültigen Fassung (vgl. § 26 Nr. 5 und 7 EGZPO). Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, ist das Revisionsgericht auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) befugt, die internationale Zuständigkeit zu prüfen (BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 203/02, WM 2003, 1542, 1543).

b) Dies gilt auch für das Berufungsgericht. Die Vorschrift des § 513 Abs. 2 ZPO, nach der die Berufung nicht darauf gestützt werden kann, daß das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat, bezieht sich - wie § 545 Abs. 2 ZPO im Revisionsverfahren - nicht auf die internationale Zuständigkeit (OLG Celle ZIP 2002, 2168, 2170; Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht 4. Aufl. Rdn. 1009 und 1855; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 24. Aufl. § 513 Rdn. 8; Albers, in:
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 62. Aufl. § 513 Rdn. 5; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl. § 513 Rdn. 3; a.A. OLG Stuttgart MDR 2003, 350 f.; MünchKomm/Rimmelspacher, ZPO 2. Aufl. Aktualisierungsbd. § 513 Rdn. 16; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 513 Rdn. 7). Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses war anerkannt, daß die internationale Zuständigkeit in jedem Verfahrensabschnitt von Amts wegen zu prüfen war (BGHZ 44, 46 ff.; 115, 90, 91; 134, 127, 129 f.; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 - IX ZR 196/97, WM 1999, 226, 227). Weder dem Wortlaut des § 513 Abs. 2 ZPO noch der Gesetzesbegründung ist in hinreichender Weise zu entnehmen, daß der Gesetzgeber daran etwas ändern wollte.
Das Gesetz stellt darauf ab, daß das Gericht des ersten Rechtszugs "seine" Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Dieser Wortlaut läßt sich auch dahin verstehen, daß unter diesen Voraussetzungen nur die Zuständigkeitsverteilung unter den deutschen Gerichten, nicht aber diejenige zwischen den deutschen und den ausländischen Gerichten einer Nachprüfung durch das Berufungsgericht entzogen ist (vgl. BGHZ 153, 82, 85 zu § 545 Abs. 2 ZPO).
Nach der Gesetzesbegründung sollen durch § 513 Abs. 2 ZPO im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung der Berufungsgerichte Rechtsmittelstreitigkeiten vermieden werden, die allein auf die Frage der Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts gestützt werden. Die von diesem geleistete Sacharbeit solle nicht wegen fehlender Zuständigkeit hinfällig werden (BT-Drucks. 14/4722, S. 94). Diese Hinweise sind zu allgemein, als daß angenommen werden könnte, der Gesetzgeber habe die internationale Zuständigkeit ebenso wie die Zustän-
digkeitsverteilung unter den - unterstelltermaßen gleichwertigen (BGHZ 44, 46, 49) - innerstaatlichen Gerichten teilweise der Nachprüfung im Berufungsverfahren entziehen wollen (vgl. BGHZ 153, 82, 86). Die internationale Zuständigkeit hat ein ungleich höheres Gewicht als die örtliche, sachliche oder funktionelle Zuständigkeit. Sie betrifft die Abgrenzung zu den Souveränitätsrechten anderer Staaten und sie entscheidet über das internationale Privatrecht - und damit nicht selten mittelbar über das materielle Recht - sowie das Verfahrensrecht, das Anwendung findet. Die Entscheidung über die internationale Zuständigkeit kann demgemäß im Gegensatz zu der Zuständigkeitsabgrenzung unter den deutschen Gerichten die sachliche Entscheidung des Prozesses vorwegnehmen (BGHZ 44, 46, 50; 153, 82, 86).

c) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist für die von der Klägerin im Scheckprozeß erhobene Klage nicht gegeben.
aa) Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte mit Recht nach dem Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) beurteilt, das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich anwendbar ist. Die Vorschriften der Verordnung 44/2001 vom 22. Dezember 2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) sind nur auf solche Klagen anwendbar, die nach deren Inkrafttreten am 1. März 2002 erhoben worden sind (Art. 66 Abs. 1, Art. 76 Abs. 1 EuGVVO). Die Klage im Scheckprozeß ist der Beklagten jedoch bereits im November 2001 zugestellt worden.

bb) Nach Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ können Personen, die ihren Wohn- sitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, grundsätzlich nur vor den Gerichten dieses Staats verklagt werden. Der Sitz von Gesellschaften und juristischen Personen steht dabei dem Wohnsitz gleich (Art. 53 Abs. 1 Satz 1 EuGVÜ). Die Beklagte hat ihren Sitz in dem Vertragsstaat Österreich. Die Gerichte eines anderen Vertragsstaats sind gemäß Art. 3 EuGVÜ international nur zuständig, soweit das Übereinkommen Ausnahmen regelt. Aus den Zuständigkeitsbestimmungen der Zivilprozeßordnung, insbesondere aus § 23 ZPO, dessen Anwendung in Art. 3 Abs. 2 EuGVÜ ausdrücklich ausgeschlossen ist, kann die Zulässigkeit der Klage daher entgegen der von der Klägerin zunächst vertretenen Ansicht nicht hergeleitet werden.
cc) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist nicht durch rügelose Einlassung der Beklagten gemäß Art. 18 EuGVÜ begründet worden. Die Begründung der internationalen Zuständigkeit wird verhindert, wenn der Beklagte die internationale Zuständigkeit rügt und sich gleichzeitig hilfsweise zur Hauptsache einläßt (vgl. EuGH, Urteil vom 24. Juni 1981 - Rs 150/80, Slg. 1981, 1671, 1685, Rz. 12 ff. - Ele- fanten Schuh). So liegt es hier.
dd) Das Berufungsgericht hat ferner zutreffend angenommen, daß sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ergibt. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Ge-
richt des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.
In diesem Zusammenhang braucht die umstrittene Frage, ob der Rückgriffsanspruch des Schecknehmers gegen den Aussteller als vertraglicher Anspruch (so Baumbach/Hefermehl, 22. Aufl. Einl. WG Rdn. 28 und Einl. ScheckG Rdn. 16; Nobbe, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 62 Rdn. 23; MünchKomm/Häuser, HGB Bd. V ZahlungsV Rdn. D 203) oder als gesetzlicher Anspruch (so LG Göttingen RIW 1977, 235; LG Bayreuth IPRax 1989, 230 f.; LG Frankfurt a.M. IPRax 1997, 258 f.; Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere 12. Aufl. § 3 I 2 b) anzusehen ist, nicht entschieden zu werden. Auch wenn man den von der Klägerin geltend gemachten Rückgriffsanspruch als Anspruch aus einem Vertrag im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ansieht, folgt aus dieser Bestimmung keine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Der Gerichtsstand des Erfüllungsorts liegt in diesem Fall nicht in der Bundesrepublik Deutschland. Die maßgebliche scheckrechtliche Verpflichtung der Beklagten ist vielmehr in Österreich zu erfüllen.
(1) Der Ort, an dem die Kaufpreisschuld von der Beklagten zu erfüllen ist, ist für die internationale Zuständigkeit des Gerichts, das über die von der Klägerin im Scheckprozeß erhobene Klage zu entscheiden hat, entgegen der Auffassung der Revision unerheblich.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ist für die Bestimmung des Erfüllungsorts im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ die Verpflichtung heranzuziehen, die dem vertraglichen Anspruch entspricht, auf den der Kläger seine Klage stützt (EuGH,
Urteile vom 6. Oktober 1976 - Rs 14/76, Slg. 1976, 1497, 1508, Rz. 13/14 - de Bloos, vom 15. Januar 1987 - Rs 266/85, Slg. 1987, 239, 254, Rz. 9 - Shenavai und vom 5. Oktober 1999 - Rs C-420/97, Slg. I 1999, 6747, 6790, Rz. 31 - Leathertex). Etwas anderes gilt dann, wenn der Kläger seine Klage in einem Rechtsstreit auf mehrere Verpflichtungen stützt, die sich aus einem einzigen Vertrag ergeben. In diesem Fall folgt Nebensächliches der Hauptsache. Bei mehreren streitigen Verpflichtungen entscheidet die Hauptpflicht über die Zuständigkeit des Gerichts (EuGH, Urteile vom 15. Januar 1987 aaO S. 256 Rz. 19 und vom 5. Oktober 1999 aaO S. 6792 Rz. 39). Wird die Erfüllung mehrerer gleichrangiger Pflichten aus einem Vertragsverhältnis eingeklagt, so ist für jede von ihnen gesondert zu prüfen, ob der Erfüllungsort im Gerichtsstaat liegt (EuGH, Urteil vom 5. Oktober 1999 aaO Rz. 40 f.).
Nach diesen Grundsätzen scheidet der Erfüllungsort der Kaufpreisschuld als Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit des Gerichts, das über den Rückgriffsanspruch des Schecknehmers gegen den Aussteller zu entscheiden hat, aus. Auch wenn der Scheck erfüllungshalber hingegeben wird und damit letztlich dem Ausgleich der Kaufpreisforderung dient, so ergibt sich die Verpflichtung des Ausstellers keinesfalls - schon gar nicht als Nebenpflicht - aus dem Kaufvertrag. Sieht man die Verpflichtung als vertragliche an, so beruht sie auf dem schuldrechtlichen Teil des gesondert abgeschlossenen Begebungsvertrags.
(2) Die scheckrechtliche Verpflichtung der Beklagten ist, wie das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen hat, in dem Ort G. in Österreich zu erfüllen.

Der Erfüllungsort im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ist nach dem Recht zu ermitteln, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befaßten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich ist (EuGH, Urteile vom 6. Oktober 1976 - Rs 12/76, Slg. 1976, 1473, 1486, Rz. 15 - Tessili; vom 5. Oktober 1999 aaO S. 6791 Rz. 33 und vom 19. Februar 2002 - Rs C-256/00, Slg. I 2002, 1699, 1728 Rz. 33 - Besix). Gemäß Art. 63 ScheckG bestimmen die Wirkungen der Scheckerklärungen sich nach dem Recht des Landes, in dessen Gebiet die Erklärungen unterschrieben worden sind. Zu den Wirkungen einer Scheckerklärung gehört alles, was die Haftung des Scheckschuldners betrifft (vgl. Baumbach /Hefermehl, 22. Aufl. Art. 63 SchG Rdn. 1 und Art. 93 WG Rdn. 1; Nobbe, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 62 Rdn. 20). Dazu gehört auch der Erfüllungsort. Da die Beklagte den Scheck in K. /Österreich unterschrieben hat, ist das österreichische Recht, das keine Rückverweisung auf das deutsche Recht enthält (vgl. Art. 63 des österreichischen Scheckgesetzes), maßgeblich.
Das Berufungsgericht ist unter Anwendung des Art. 2 Abs. 2 des österreichischen Scheckgesetzes zu dem Ergebnis gelangt, daß die Verpflichtung der Beklagten aus dem Scheck in G. /Österreich zu erfüllen ist. Insoweit ist die angefochtene Entscheidung für das Revisionsgericht bindend, weil sie auf der Anwendung ausländischen Rechts beruht (§ 545 Abs. 1, § 560 ZPO). Diese Bindung besteht auch, soweit von der Anwendung ausländischen Rechts die Entscheidung über eine von Amts wegen zu prüfende Prozeßvoraussetzung, insbesondere die internationale Zuständigkeit, abhängt (BGHZ 89, 325, 331; BGH, Urteil vom 6. November 1991 - XII ZR 240/90, NJW 1992, 438, 439; a.A. Geimer,
Internationales Zivilprozeßrecht 4. Aufl. Rdn. 2606). Ihr steht nicht entgegen , daß die vom Berufungsgericht herangezogene Vorschrift des ausländischen Rechts - wie hier - den gleichen oder einen ähnlichen Wortlaut wie die entsprechende Vorschrift des deutschen Rechts hat (BGH, Urteile vom 29. September 1977 - II ZR 204/75, WM 1977, 1322 und vom 23. Januar 1996 - VI ZR 291/94, NJW-RR 1996, 732).
2. Soweit das Berufungsgericht die vom Kläger in zweiter Instanz vorgenommene Umstellung der Klage auf Ansprüche aus dem Kaufvertrag als unzulässig angesehen hat, hält dies jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand.
Dabei kann offenbleiben, ob dem Berufungsgericht insoweit zu folgen ist, als es für den Scheckprozeß davon ausgeht, daß die vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bejahte grundsätzliche Anwendbarkeit des § 596 ZPO auch im Berufungsverfahren (vgl. BGHZ 29, 337, 339 f.; 69, 66, 69; Senatsurteile vom 1. Februar 1994 - XI ZR 105/93, WM 1994, 455, 456 und vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 308/98, WM 1999, 2324, 2326) seit dem Inkrafttreten der ZPO-Reform am 1. Januar 2002 keine Geltung mehr beanspruchen könne (so auch Zöller/ Greger, ZPO 24. Aufl. § 596 Rdn. 4; a.M. dagegen Schellhammer, Zivilprozeß 10. Aufl. Rdn. 1841; Musielak/Voit, ZPO 3. Aufl. § 596 Rdn. 7). Die Klägerin hat sich nicht darauf beschränkt, in der Berufungsinstanz vom Urkundenprozeß (Scheckprozeß) abzustehen und in das ordentliche Verfahren überzugehen. Sie hat darüber hinaus den Klageanspruch ausgewechselt , indem sie ihre Klage nicht mehr auf Forderungen aus dem Scheck, sondern auf solche aus dem Kaufvertrag gestützt hat. Die Zulässigkeit der darin liegenden Klageänderung muß - unabhängig von der
Frage der Zulässigkeit der Abstandnahme vom Urkundenprozeß - am Maßstab des § 533 ZPO geprüft werden. Die Zulässigkeit dieser Klageänderung hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint.
Nach § 533 Nr. 2 ZPO ist eine Klageänderung nur zulässig, wenn die geänderte Klage auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Daran fehlt es hier. Das Landgericht hat zur Berechtigung der Kaufpreisforderung keine Feststellungen getroffen. Ohne die Klageänderung kommt es auf solche Feststellungen auch nicht an, da die Scheckklage - wie dargelegt - unzulässig ist.

III.


Die Revision der Klägerin war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Appl

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

(1) Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(2) Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges kann ferner vereinbart werden, wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Die Vereinbarung muss schriftlich abgeschlossen oder, falls sie mündlich getroffen wird, schriftlich bestätigt werden. Hat eine der Parteien einen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, so kann für das Inland nur ein Gericht gewählt werden, bei dem diese Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand hat oder ein besonderer Gerichtsstand begründet ist.

(3) Im Übrigen ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zulässig, wenn sie ausdrücklich und schriftlich

1.
nach dem Entstehen der Streitigkeit oder
2.
für den Fall geschlossen wird, dass die im Klageweg in Anspruch zu nehmende Partei nach Vertragsschluss ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 154/10 Verkündet am:
31. Mai 2011
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Lugano-Übk I Art. 13 Abs. 1 Nr. 3

a) Für die Begründung des Verbrauchergerichtsstands gemäß Art. 13 Abs. 1
Nr. 3 LugÜ I ist es nicht erforderlich, dass die Initiative zur Unterbreitung eines
Angebots vom Unternehmer ausgegangen ist. Die Bestimmung lässt es
genügen, dass dem Verbraucher vor dem Vertragsabschluss ein Angebot
unterbreitet worden ist, ohne danach zu differenzieren, auf wessen Veranlassung
dies geschehen ist.

b) Das auf Verschulden bei Vertragsschluss wegen Verletzung vorvertraglicher
Aufklärungspflichten gestützte Schadensersatzbegehren kann als Klage
"aus" einem Vertrag im Sinne des Art. 13 Abs. 1 LugÜ I zu qualifizieren sein,
sofern es zu einem Vertragsabschluss zwischen den Parteien gekommen ist.
BGH, Urteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10 - OLG München
LG München I
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. Mai 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Zoll, die
Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Teilurteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. Mai 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die in München wohnhafte Klägerin nimmt die Beklagten, Gesellschaften mit Sitz in Zürich, im Zusammenhang mit dem Abschluss von Vermögensverwaltungsverträgen und einem Hedgefondsgeschäft auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Beklagte zu 1 und die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2 (nachfolgend : Beklagte zu 2) boten die Verwaltung fremder Vermögen gegen Entgelt an. Die Beklagte zu 3 legte den Fonds "P. Focus Hedge 125%" (nachfolgend: Focus Fonds) auf, dessen Laufzeitende auf Dezember 2013 bestimmt ist. Mit Vertrag vom 24. Februar 2003 beauftragte sie die Beklagte zu 1 mit dem Vertrieb ihrer Produkte. Die Beklagte zu 4 ist eine Schweizer Bank. Keine der Beklagten verfügte über eine Erlaubnis nach § 32 Kreditwesengesetz.
3
Die Klägerin war von ihrem langjährigen Vermögensberater S. auf die von der Beklagten zu 1 angebotene Vermögensverwaltung und den von der Beklagten zu 3 aufgelegten Fonds hingewiesen worden. Am 4. März 2004 bevollmächtigte sie die Beklagte zu 1, sie gegenüber der Beklagten zu 4 bei der Verwaltung ihrer "dort deponierten Vermögenswerte" zu vertreten. Zugleich unterzeichnete sie einen "Letter of Intent", in dem sie "unwiderruflich" "Focus Notes 125%" "zeichnete", den zur Investition überwiesenen Betrag mit 155.000 € angab, die Beklagte zu 1 zur Investion gemäß ihrer gewählten Strategie beauftragte und ihr die "aktive Vermögensverwaltung" übertrug. Außerdem wies sie die Beklagte zu 1 an, die Versendung der für eine Kontoeröffnung bei der Beklagten zu 4 erforderlichen Unterlagen an sie zu veranlassen. Die Beklagte zu 4 übersandte der Klägerin daraufhin per Post einen Konto- und Depotführungssowie einen Kreditrahmenvertrag, die die Klägerin am 22. März 2004 in München unterschrieb und an die Beklagte zu 4 zurücksandte.
4
Die Beklagte zu 1 zeichnete in der Folge für die Klägerin Beteiligungen an dem genannten Fonds, nachdem diese insgesamt 142.673,71 € in Teilbeträgen von 5.034,49 € am 30. April 2004, 30.962,51 € am 7. Mai 2004 und 106.676,71 € am 10. Mai 2004 auf ihr Konto bei der Beklagten zu 4 eingezahlt hatte. Zusätzlich gewährte die Beklagte zu 4 der Klägerin Kredite in Höhe von 121.000 €, 310.000 € und 272.000 € zum Erwerb weiterer Fondsanteile.
5
Im November 2005 kündigte die Klägerin den Vermögensverwaltungsvertrag mit der Beklagten zu 1. Sie übertrug der Beklagten zu 2 die Verwaltung ihres Depots bei der Beklagten zu 4 und bevollmächtigte sie entsprechend. Die hierfür notwendigen Formulare hatte die Beklagte zu 2 der Klägerin per Post nach München übersandt, wo die Klägerin sie am 28. November 2005 unterzeichnete ; die Beklagte zu 2 zeichnete am 16. Januar 2006 in der Schweiz gegen.
6
Die Verträge mit der Beklagten zu 1, zu 2 und zu 4 enthielten jeweils Klauseln, wonach alle Rechtsbeziehungen mit der Klägerin dem Schweizer Recht unterstehen und Erfüllungsort ebenso wie ausschließlicher Gerichtsstand Zürich sein sollten.
7
Am 5. Juli 2007 kündigte die Klägerin ihre Beteiligung. Ihr wurde ein Betrag in Höhe von 53.160,10 € ausgezahlt. Mit ihrer auf Verstöße gegen das Kreditwesengesetz, verschwiegene Rückvergütungen und Prospekthaftung gestützten Klage macht sie die Differenz zum Anlagebetrag in Höhe von 142.673,71 €, d.h. 89.513,61 €, nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten geltend.
8
Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt, die Klage gegen die Beklagte zu 2 als unzulässig und die Klage gegen die Beklagten zu 3 und 4 als unbegründet abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte zu 1 Berufung eingelegt. Nachdem über das Vermögen der Beklagten zu 1 das Konkursverfahren eröffnet worden ist, hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin durch Teilurteil zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren gegen die Beklagten zu 2 bis 4 weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

9
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2010, 1463 veröffentlicht ist, hält die Klagen gegen die Beklagten zu 2 bis 4 für nicht zulässig, weil die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht gegeben sei. Die Klagen seien - ihre Zulässigkeit unterstellt - aber auch unbegründet.
10
1. Für die Klage gegen die Beklagte zu 2 könne sich die Klägerin nicht auf einen deliktischen Gerichtsstand nach Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988 (LugÜ I) berufen. Dieser Gerichtsstand setze voraus, dass das schädigende Ereignis in Deutschland eingetreten sei oder dort einzutreten drohe. Bei Abschluss des Vertrags mit der Beklagten zu 2 habe sich das angeblich geschädigte Vermögen jedoch bereits bei der Beklagten zu 4 in der Schweiz befunden. Jedenfalls aber sei der deliktische Gerichtsstand wirksam derogiert. Der Wirksamkeit der zwischen den Parteien geschlossenen Gerichtsstandsvereinbarung stehe das Derogationsverbot in Verbrauchersachen gemäß Art. 15 LugÜ I nicht entgegen. Dem Vertragsschluss sei keine Werbung und kein ausdrückliches Angebot im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I vorausgegangen. Die Zusendung des Vertragsformulars sei lediglich als Aufforderung zur Abgabe eines Vertragsangebots anzusehen, was für die Annahme von Werbemaßnahmen im Sinne der genannten Bestimmung nicht genüge. Dies gelte erst recht vor dem Hintergrund, dass der Vermögensberater der Klägerin, der ihrem Lager zuzurechnen sei, aktiv nach einem neuen Vermögensverwalter gesucht und sich zu diesem Zweck an die Beklagte zu 2 gewandt habe. Jedenfalls aber gelte das Derogationsverbot des Art. 15 LugÜ I nicht für die auf deliktische Anspruchsgrundlagen gestützte Klage gegen die Beklagte zu 2.
11
Die Klage gegen die Beklagte zu 2 sei auch unbegründet. Die Klägerin habe nicht schlüssig vorgetragen, weshalb die Beklagte zu 2 für eine vor ihrem Eintreten getroffene Anlageentscheidung haften solle.
12
2. Für die Klage gegen die Beklagte zu 3 sei die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ebenfalls nicht gegeben. Der deliktische Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 LugÜ I komme nicht in Betracht, da der Schadensort in der Schweiz gelegen sei. Die Klage wäre auch unbegründet. Die Beklage zu 3 habe einer Erlaubnis nach § 32 KWG nicht bedurft, da sie keine Tätigkeit in Deutschland entfaltet habe. Für etwaige Prospekthaftungsansprüche, die als vertragliche Ansprüche anzusehen seien, fehle ein deutscher Gerichtsstand, weil der Vermögensberater der Klägerin in die Schweiz gereist sei und ihm der Prospekt dort hätte übergeben werden müssen. Ansprüche aus Prospekthaftung habe die Klägerin auch erst in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz geltend gemacht, so dass ihr Vorbringen gemäß § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen sei. Etwaige vertragliche Aufklärungspflichten seien in der Schweiz zu erfüllen gewesen, so dass für diesbezügliche Schadensersatzansprüche die dortigen Gerichte zuständig seien. Abgesehen davon sei das Vorbringen der Klägerin durch die Einwendung der Beklagten zu 4 entkräftet worden, bei den Zahlungen an die Beklagte zu 1 habe es sich nicht um Rückvergütungen sondern um das Entgelt für deren Verwaltungstätigkeit gehandelt. Ansprüche wegen sittenwidriger Schädigung durch Verschweigen der aus der Fremdfinanzierung des Anteilserwerbs resultierenden Risiken bestünden ebenfalls nicht, weil die Klägerin den Nachweis schuldig geblieben sei, dass die Beklagte zu 3 von dieser Gestaltung gewusst habe.
13
3. Auch für die Klage gegen die Beklagte zu 4 sei die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht gegeben. Der Wirksamkeit der geschlossenen Gerichtsstandsvereinbarung stehe das Derogationsverbot des Art. 15 LugÜ I nicht entgegen, da es gegenüber deliktischen Ansprüchen nicht gelte. Abgesehen davon würden Verträge zur Finanzierung von Wertpapierkäufen von Art. 13 LugÜ I nicht erfasst. Aus Art. 5 Nr. 3 LugÜ I könne eine Zuständigkeit nicht hergeleitet werden, da es an einem Schadensort in Deutschland fehle.
14
Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Die Beklagte zu 4 habe keine eigenen Aufklärungspflichten verletzt. Umstände, die ausnahmsweise eine Aufklärungspflicht des Kreditgebers über die Risiken aus der geplanten Kreditverwendung nach sich zögen, lägen nicht vor. Eine Verpflichtung zur Aufklärung über Innenprovisionen habe ihr nicht oblegen. Jedenfalls sei das Vorbringen der Klägerin durch die Einwendung der Beklagten zu 4 entkräftet worden, bei den Zahlungen an die Beklagte zu 1 habe es sich nicht um Rückvergütungen sondern um das Entgelt für deren Verwaltungstätigkeit gehandelt. Die Tätigkeit der Beklagten zu 4 sei auch nicht nach § 32 KWG erlaubnispflichtig gewesen; die bloße Versendung der Vertragsunterlagen genüge hierfür nicht.

II.

15
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die deutschen Gerichte für die gegen die Beklagten zu 2 bis 4 erhobenen Klagen international zuständig.
16
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 7; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, WM 2010, 2163 Rn. 8), nach dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - geschlossen in Lugano am 16. September 1988 - (LugÜ I) bestimmt. Dieses ist in Deutschland am 1. März 1995 und in der Schweiz am 1. Januar 1992 in Kraft getreten (BGBl. II 1995 S. 221) und findet gemäß Art. 54b Abs. 2 Buchst. a LugÜ I mit Vorrang vor dem nationalen Prozessrecht Anwendung (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, aaO Rn. 9; BGH, Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 264/95, BGHZ 134, 127, 133; Musielak/Stadler, ZPO, 7. Aufl., Vorb. EGVerordnungen , Rn. 13). Die Regeln über die internationale Zuständigkeit im Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (LugÜ II) sind im Streitfall noch nicht anwendbar, da die Klage erhoben wurde, bevor dieses Übereinkommen am 1. Januar 2010 für die Europäische Gemeinschaft in Kraft trat (BGBl. I 2009 S. 2862; Art. 63 Abs. 1 LugÜ II).
17
Die Auslegung des Lugano Übereinkommens I obliegt den deutschen Gerichten. Eine Auslegungszuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs besteht nicht (vgl. Senat, Urteile vom 27. Mai 2008 - VI ZR 69/07, BGHZ 176, 342 Rn. 9; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, WM 2010, 2163 Rn. 10; EuGH, Gutachten vom 7. Februar 2006 - C-1/03 - Slg. 2006 I, 1145, Rn. 19). Es gelten im Wesentlichen dieselben Auslegungsgrundsätze wie für die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ), da sich die Unterzeichnerstaaten zu einer möglichst einheitlichen Auslegung der Bestimmungen beider Abkommen verpflichtet haben (vgl. Präambel und Art. 1 des Protokolls Nr. 2 über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens; Senatsurteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, aaO; EuGH, Gutachten vom 7. Februar 2006 - C-1/03 - aaO; BAG, Urteil vom 20. August 2003 - 5 AZR 45/03, NZA 2004, 58, 61). Dabei ist zu beachten , dass die im Übereinkommen verwendeten Begriffe grundsätzlich autonom , d.h. ohne Rückgriff auf die lex fori oder lex causae auszulegen sind, wobei in erster Linie die Systematik und die Zielsetzung des Übereinkommens zu berücksichtigen sind, um die einheitliche Anwendung des Übereinkommens in allen Vertragsstaaten zu gewährleisten (vgl. Senat, Urteile vom 27. Mai 2008 - VI ZR 69/07, aaO, Rn. 11; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, aaO Rn. 13; vgl. zum EuGVÜ: EuGH, Urteile vom 11. Juli 2002 - Rs. C-96/00, Slg. 2002 S. I-6367, Gabriel, Rn. 37; vom 20. Januar 2005 - Rs. C-27/02, Slg. 2005 S. I499 , Engler, Rn. 33).
18
2. Für das von der Klägerin in der Revisionsinstanz gegen die Beklagte zu 2 allein weiterverfolgte Schadensersatzbegehren aus § 823 Abs. 2 BGB, § 32 KWG ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 Abs. 1 2. Alt. LugÜ I (Zuständigkeit für Verbrauchersachen ).
19
a) Der Anwendung dieser Bestimmungen steht nicht entgegen, dass die Parteien in dem zwischen ihnen zustande gekommenen Vermögensverwaltungsvertrag als ausschließlichen Gerichtsstand Zürich vereinbart haben. Denn gemäß Art. 15 LugÜ I kann von den Vorschriften über die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen im Wege der Vereinbarung nur dann abgewichen werden, wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird, dem Verbraucher lediglich zusätzliche Klagemöglichkeiten eröffnet oder die Gerichte des Staates für zuständig erklärt, in dem beide Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
20
b) Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 Abs. 1 2. Alt. LuGÜ I kann ein Verbraucher eine Klage aus einem Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung vor den Gerichten des Vertragsstaates erheben, in dessen Hoheitsgebiet er seinen Wohnsitz hat, sofern dem Vertragsabschluss in diesem Staat ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) und der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b). Unter einem Verbraucher ist dabei gemäß Art. 13 Abs. 1 LugÜ I eine Person zu verstehen, die zu einem Zweck tätig wird, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
21
c) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
22
aa) Die Klägerin hat den Vermögensverwaltungsvertrag mit der Beklagten zu 2 als Verbraucherin im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I abgeschlossen. Der Vertrag diente der Anlage und Verwaltung ihres privaten Vermögens und kann deshalb nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden.
23
bb) Der Vermögensverwaltungsvertrag ist als Vertrag im Sinne des Art. 13 Abs. 1 LugÜ I zu qualifizieren. Art. 13 Abs. 1 LugÜ erfasst nur solche Verträge, in denen die Parteien synallagmatische Verpflichtungen eingegangen sind (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, aaO Rn. 14; Geimer in Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 15 Rn. 25 zur inhaltsgleichen Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ: EuGH, Urteile vom 11. Juli 2002, aaO, Gabriel, Rn. 49; vom 20. Januar 2005, aaO, Engler, Rn. 34). Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, da sich die Klägerin zur Zahlung eines Entgelts für die von der Beklagten zu 2 zu erbringenden Leistungen verpflichtet hat.
24
cc) Der Vertrag war auf die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet. Der Begriff der "Erbringung einer Dienstleistung" in Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I ist in Anlehnung an Art. 5 des Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980 (BGBl. II 1986 S. 810, nachfolgend: EVÜ) weit auszulegen (vgl. Schweizerisches BG, BGE 133 III 295 Ziffer 8.1; BGH, Urteil vom 26. Oktober 1993 - XI ZR 42/93, BGHZ 123, 380, 385; EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. C-96/00 - aaO, Gabriel, Rn. 42; Geimer in Geimer/Schütze, aaO. Rn. 45; Senff, Wer ist Verbraucher im internationalen Zivilprozess?, 2001, S. 258). Er schließt Dienstverträge, die keine Arbeitsverträge sind, Werk- und Werklieferungsverträge sowie Geschäftsbesorgungsverhältnisse ein und erfasst damit alle Verträge, in denen dem Verbraucher - wie im Streitfall - eine tätigkeitsbezogene Leistung versprochen wird (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 1993 - XI ZR 42/93, BGHZ 123, 380, 385; vom 19. März 1997 - VIII ZR 316/96, BGHZ 135, 124, 130 f.; vom 13. Dezember 2005 - XI ZR 82/05, BGHZ 165, 248, 253).
25
dd) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind auch die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und b LugÜ I erfüllt.
26
(1) Die beiden spezifischen Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und b LugÜ I sollen gewährleisten, dass eine enge Verbindung zwischen dem fraglichen Vertrag und dem Staat besteht, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Sie erfassen die Fälle, in denen der Unternehmer in Form von Werbung oder Angeboten Schritte unternommen hat, um seine beweglichen Sachen oder Dienstleistungen in dem Land zu verkau- fen, in dem sich der Verbraucher aufhält (vgl. zu Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ: EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002, aaO, Gabriel, Rn. 41 ff.).
27
(2) Der Begriff "Werbung" im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a LugÜ I umfasst alle Formen der Werbung in dem Vertragsstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, unabhängig davon, ob sie allgemein verbreitet oder unmittelbar an den Empfänger gerichtet wird (vgl. Senat, Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, aaO Rn. 14; vgl. zu Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ : EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002, aaO, Gabriel, Rn. 44). Der Begriff "ausdrückliches Angebot" ist nicht im rechtstechnischen Sinne zu verstehen. Er setzt kein Vertragsangebot gemäß § 145 BGB voraus, sondern erfasst auch eine invitatio ad offerendum (vgl. Senat, Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, aaO Rn. 17; Geimer in Geimer/Schütze, aaO, Rn. 51; Teuber, Die internationale Zuständigkeit bei Verbraucherstreitigkeiten, 2003, S. 36; Kleinknecht , Die verbraucherschützenden Gerichtsstände im deutschen und europäischen Zivilprozessrecht, 2007, S. 153, jeweils mwN; vgl. zu Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ: vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juli 2002, aaO, Gabriel, Rn. 52; vom 20. Januar 2005, aaO, Engler, Rn. 36).
28
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es nicht erforderlich, dass die Initiative zur Unterbreitung eines Angebots vom Unternehmer ausgegangen ist. Eine solche Voraussetzung sieht Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I nicht vor. Die Bestimmung lässt es genügen, dass dem Verbraucher vor dem Vertragsabschluss ein Angebot unterbreitet worden ist, ohne danach zu differenzieren , auf wessen Veranlassung dies geschehen ist. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I über den Wortlaut hinaus auf die Fälle, in denen der Unternehmer dem Verbraucher von sich aus ein Angebot übermittelt hat, stände im Widerspruch zu dem mit der Vorschrift verfolgten Ziel, dem Verbraucher als dem gegenüber seinem beruflich oder gewerblich handelnden Kontrahenten wirtschaftlich schwächeren und rechtlich weniger erfahrenen Vertragspartner einen angemessenen Schutz zu sichern (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Darmon vom 27. Oktober 1992, Rs. C89 /91, Slg. 1993 I-00139, Shearson Lehmann Hutton, Rn. 83 ff.; EuGH, Urteile vom 11. Juli 2002, aaO, Gabriel, Rn. 39; vom 20. Januar 2005, aaO, Engler, Rn. 39). Der enge Inlandsbezug zwischen dem abgeschlossenen Vertrag und dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers, den die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und b LugÜ I gewährleisten sollen, ist auch dann gegeben , wenn dem im Wohnsitzstaat des Verbrauchers abgegebenen Angebot des Unternehmers eine Kontaktaufnahme durch den Verbraucher vorausgegangen ist. Im Interesse eines effizienten Verbraucherschutzes erfasst Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I deshalb auch die Fälle, in denen der Verbraucher die Initiative ergriffen und den Unternehmer um Übersendung eines Angebots oder von Informationsmaterial gebeten hat (vgl. Geimer in Schütze/Geimer, aaO, A I Art. 15 Rn. 55; MünchKommZPO/Gottwald, 2. Aufl., Art. 13 EuGVÜ Rn. 10; Schlosser, FS Steindorff (1990), S. 1379, 1385 f.; aA Hausmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., Anh. I § 40 Art. 13, Rn. 18).
29
(3) Mit "zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen" im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b LugÜ I ist jede schriftliche Rechtshandlung und jeder andere Schritt des Verbrauchers in seinem Wohnsitzstaat gemeint, in denen sein Wille, der Aufforderung des Gewerbetreibenden Folge zu leisten, zum Ausdruck kommt (vgl. Senat, Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, aaO Rn. 14; vgl. zu Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ: EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002, aaO, Gabriel, Rn. 45).
30
(4) Nach diesen Grundsätzen sind die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und b LugÜ I zu bejahen. Durch die Übersendung der Vertragsunterlagen nach München hat die Beklagte zu 2 der Klägerin in deren Wohnsitzstaat ein ausdrückliches Angebot im Sinne der genannten Bestimmung unterbreitet. Dieser Beurteilung steht - wie unter dd) (2) ausgeführt - nicht entgegen, dass der Kontakt zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2 nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf die Initiative der Klägerin, nämlich deren aktive Suche nach einem geeigneten Vermögensberater, zurückzuführen ist. Mit der Unterzeichnung eines Angebots zum Abschluss des Vermögensverwaltungsvertrags in München hat die Klägerin auch in ihrem Wohnsitzstaat die von ihrer Seite "zum Abschluss des Vertrags erforderlichen Rechtshandlungen" vorgenommen.
31
ee) Das von der Klägerin in der Revisionsinstanz allein weiterverfolgte Begehren aus § 823 Abs. 2 BGB, § 32 KWG ist auch als Klage "aus" einem Vertrag im Sinne des Art. 13 Abs. 1 LugÜ I zu qualifizieren (vgl. Senat, Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, aaO Rn. 24 ff.). Die vom Berufungsgericht vorgenommene Einordnung als deliktischer Anspruch im Sinne des Art. 5 Nr. 3 LugÜ I berücksichtigt nicht, dass die im Übereinkommen verwendeten Begriffe autonom auszulegen sind (vgl. Senat, Urteile vom 27. Mai 2008 - VI ZR 69/07, aaO, Rn. 11; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, aaO Rn. 13, 24; vgl. zum EuGVÜ: EuGH, Urteile vom 11. Juli 2002 - Rs. C-96/00, Slg. 2002 S. I-6367, Gabriel, Rn. 37; vom 20. Januar 2005 - Rs. C-27/02, Slg. 2005 S. I-499, Engler, Rn. 33).
32
(1) Für die Begründung des Verbrauchergerichtsstands gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I ist nicht die Geltendmachung eines vertraglichen Anspruchs im engeren Sinne erforderlich. Vielmehr genügt es, dass sich die Klage allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine so enge Verbindung zu diesem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, aaO Rn. 23; EuGH, Urteile vom 11. Juli 2002, aaO, Gabriel, Rn. 38, 56; vom 14. Mai 2009 - Rs. C-180/06 - Slg.
2009 I-3961, Ilsinger, Rn. 44, 52, 56). Diese Beurteilung wird durch die englische und französische Sprachfassung des Art. 13 LugÜ I bestätigt, die wesentlich umfassender formuliert sind als die deutsche Fassung und in denen es statt "Klagen aus einem Vertrag" "in proceedings concerning a contract" bzw. "en matière de contrat" heißt. Dies entspricht auch dem Zweck der Bestimmung , wonach der Verbraucher als der wirtschaftlich schwächere und rechtlich weniger erfahrene Vertragspartner geschützt werden soll und ihm der Entschluss zur gerichtlichen Wahrnehmung seiner Rechte nicht dadurch erschwert werden darf, dass er bei den Gerichten des Staates klagen muss, in dessen Hoheitsgebiet sein Vertragspartner seine Niederlassung hat (vgl. zum Brüsseler Abkommen EuGH, Urteil vom 19. Januar 1993 - Rs. 89/91 - Slg. 1993 S. 139, Shearson Lehmann Hutton, Rn. 18). Dagegen bezieht sich Art. 5 Nr. 3 LügU I nur auf alle nicht an einen Vertrag anknüpfenden Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird (vgl. EuGH, Urteile vom 27. Oktober 1998 - Rs. C-51/97, Slg. 1998 S. I-6511, Réunion européenne, Rn. 22; vom 11. Juli 2002, aaO, Gabriel, Rn. 33; vom 20. Januar 2005, Engler, Rn. 29; Oberhammer in Dasser/Oberhammer, Kommentar zum Lugano - Übereinkommen (LugÜ), 2008, Art. 5 Rn. 19 f.; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht (Bearb. 2011) Art. 5 Brüssel I-VO, Rn. 78).
33
(2) Im Streitfall weist der geltend gemachte Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG die für die Bejahung des Verbrauchergerichtsstands erforderliche enge Verbindung zu dem mit der Beklagten zu 2 abgeschlossenen Vertrag auf. Die Klägerin nimmt ihren Vertragspartner mit der Begründung auf Ersatz des ihr infolge der vereinbarten Verwaltungstätigkeit angeblich entstandenen Vermögensschadens in Anspruch, dass jener den Vertrag aufgrund eines gegen ihn gerichteten gesetzlichen Verbots nicht habe abschließen dürfen. Das Klagebegehren kann vom Vertrag nicht getrennt werden.
34
3. Für die gegen die Beklagte zu 3 erhobene Klage ergibt sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte jedenfalls aus Art. 18 Satz 1 LugÜ I.
35
a) Nach Art. 18 LugÜ I wird ein Gericht eines Vertragsstaats, sofern es nicht bereits nach anderen Vorschriften des Übereinkommens zuständig ist, zuständig, wenn sich der Beklagte vor ihm auf das Verfahren einlässt, ohne den Mangel der Zuständigkeit zu rügen, und keine anderweitige ausschließliche Zuständigkeit begründet ist. Von einer Einlassung auf das Verfahren ist auszugehen , wenn der Beklagte die Zuständigkeitsrüge nicht spätestens in der Stellungnahme erhebt, die nach dem innerstaatlichen Prozessrecht als das erste Verteidigungsvorbringen vor dem angerufenen Gericht anzusehen ist (vgl. zu der inhaltsgleichen Vorschrift des Art. 18 EuGVÜ: BGH, Urteil vom 18. September 2001 - IX ZB 75/99, NJW-RR 2002, 1357, 1358; EuGH, Urteil vom 24. Juni 1981 - Rs. C-150/80 - Slg. 1981 S. I 01671, Elefanten Schuh, Rn. 15 f.; OLG Düsseldorf, JR 1991, 243, 244; OLG Frankfurt, IPRax 2000, 525; OLG Hamm, RIW 1999, 540; Geimer in Geimer/Schütze, aaO, A1 Art. 24 Rn. 50 mwN). Vor den deutschen Zivilgerichten ist danach im Gegensatz zu § 39 ZPO keine Einlassung zur Hauptsache erforderlich; zuständigkeitsbegründend ist bereits eine rügelose Einlassung in der Klageerwiderung (OLG Düsseldorf , JR 1991, 243, 244; OLG Frankfurt, IPRax 2000, 525; OLG Hamm, RIW 1999, 540; OLG Rostock, OLGR 2006, 271, 272 f.; Musielak/Stadler, ZPO, 8. Aufl., VO (EG) 44/2001 Art. 24 Rn. 3; MünchKommZPO/Gottwald, 3. Aufl., Art. 24 EuGVO Rn. 7; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl. Art. 24 EG-VO Rn. 5; Kropholler /von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, Kommentar zum EuGVO, 9. Aufl., Art. 24 EuGVO Rn. 7, 15).
36
b) Nach diesen Grundsätzen sind die deutschen Gerichte jedenfalls mit Eingang der Klageerwiderung der Beklagten zu 3 zuständig geworden. In dieser hat die Beklagte zu 3 Einwendungen in der Sache erhoben, ohne die inter- nationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu beanstanden. Eine anderweitige ausschließliche Zuständigkeit gemäß Art. 16 LugÜ I besteht nicht. Die erstmals in der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz erhobene Rüge vermochte die bereits begründete Zuständigkeit nicht zu beseitigen.
37
4. Für das von der Klägerin in der Revisionsinstanz gegen die Beklagte zu 4 weiterverfolgte Schadensersatzbegehren aus Verschulden bei Vertragsschluss und aus § 823 Abs. 2 BGB, § 32 KWG ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 Abs. 1 2. Alt. LugÜ I. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin und die Beklagte zu 4 in den zwischen ihnen zustande gekommenen Verträgen als ausschließlichen Gerichtsstand Zürich vereinbart haben. Denn die Voraussetzungen für eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung in Verbrauchersachen gemäß Art. 15 LugÜ I sind nicht gegeben (vgl. dazu die Ausführungen unter Ziff. 2. a).
38
a) Die Klägerin hat sowohl den Konto- und Depotführungsvertrag als auch den Kreditvertrag als Verbraucherin abgeschlossen. Sie handelte ausschließlich zu privaten Zwecken. Die Verträge dienten der Anlage und Verwaltung ihres privaten Vermögens und können deshalb nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden. Eine andere Beurteilung ist entgegen der Auffassung der Beklagten zu 4 nicht deshalb geboten, weil die Klägerin in Hedgefondsanteile investiert hat und dadurch Gewinn erzielen wollte. Denn nach der Definition des Verbrauchers in Art. 13 Abs. 1 LugÜ gilt die Bestimmung für alle Verträge, die eine Person ohne Bezug zu einer gegenwärtigen oder zukünftigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder Zielsetzung und unabhängig von einer solchen abschließt (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Juni 1978 - Rs. C-150/77, Slg. 1978 S. I-1431, Bertrand, Rn. 16; Urteil vom 3. Juli 1997 - Rs. C-269/95, Slg. 1997 S. I-3767, Benincasa, Rn. 18). Auf das Bestehen oder Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht kommt es nicht an (vgl.
Schlussanträge des Generalanwalts Darmon, Rs. C-89/91, Slg. 1993 I-139, Shearson Lehmann Hutton, Rn. 77; Senff, aaO, S. 259 f.).
39
b) Die zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 4 abgeschlossenen Verträge sind auch als Verträge im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I zu qualifizieren. Sie enthalten synallagmatische Verpflichtungen und sind auf die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet. Sowohl in dem auf die Einrichtung und Führung eines Kontos abzielenden Zahlungsdienstrahmenvertrag als auch in dem auf die Verwahrung und Verwaltung der Fondsanteile gerichteten Depotvertrag (vgl. Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., § 9 Rn. 7) hat die Beklagte zu 4 der Klägerin tätigkeitsbezogene Leistungen gegen Entgelt versprochen. Es kann dahinstehen, ob auch Kreditverträge als Verträge über die Erbringung einer Dienstleistung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I anzusehen sind (verneinend: der Bericht der Kommission Schlosser zu Art. 13 EuGVÜ, ABl. EG vom 5. März 1979, Nr. C 59 Nr. 157; Loacker, Der Verbrauchervertrag im internationalen Privatrecht, 2006, S. 122; Martiny in Reithmann /Martiny, Internationales Vertragsrecht, 6. Aufl., Rn. 808 jeweils mwN; bejahend : Hoffmann/Primaczenko, WM 2007, 189, 190 f.; Mankowski, RIW 2006, 321, 322 ff.; Gaudemet-Tallon, Revue critique du droit international privé 2001, S. 143, 146; Kropholler/von Hein, aaO Art. 15 Rn. 20; Schlosser, EUZivilprozessrecht , 3. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rn. 7; MünchKommZPO /Gottwald, 2. Aufl., Art. 13 EuGVÜ Rn. 7; Cour d´appel de Colmar, ZIP 1999, 1209, 1210 mit Anmerkung Reich; Cour d´appel de Versailles, RIW 1999, 884). Denn Kreditverträge fallen jedenfalls dann unter Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I, wenn sie zu anderen auf die Erbringung von Dienstleistungen gerichteten Verträgen in engem Zusammenhang stehen und die Dienstleistungen insgesamt nicht nur als untergeordnete Nebenleistungen anzusehen sind (vgl. Schweizerisches Bundesgericht, BGE 133 III 295 Ziffer 8.1; vgl. auch BGH, Urteile vom 19. März 1997 - VIII ZR 316/96, aaO und vom 13. Dezember 2005 - XI ZR 82/05, aaO, jeweils zu dem auf Art. 5 EVÜ zurückgehenden Art. 29 EGBGB). So verhält es sich im Streitfall. Der zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 4 zustande gekommene Kreditvertrag war eng mit dem Kontound Depotführungsvertrag verknüpft, über den die Darlehensgewährung, die Verwendung der Darlehensmittel und die Verwaltung der Fondsanteile abgewickelt wurde. Die Beklagte zu 4 hatte der Klägerin ein "Leistungspaket" zur Verfügung gestellt, in dem dienstvertragliche Pflichten erhebliches Gewicht hatten.
40
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheitert eine Qualifikation des Kontoführungs- und Depotvertrags und des Kreditvertrags als Vertrag im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I auch nicht daran, dass es sich bei den mit den Kreditmitteln erworbenen Fondsanteilen um Wertpapiere handelte (vgl. zur Rechtsnatur verbriefter Fondsanteile: Schweizerisches Bundesgericht, BGE 132 III 186 S. 193). Das Berufungsgericht übersieht, dass vorliegend nicht die Anwendung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 LugÜ I, sondern die des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I in Frage steht. Die Bestimmungen in Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 LugÜ I knüpfen an den Kauf beweglicher Sachen an und erfassen deshalb den (kreditfinanzierten) Kauf von Wertpapieren nicht (vgl. Kroppholler/von Hein, aaO, Art. 15 EuGVO Rn. 17; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht , 6. Aufl., § 3 Rn. 116; vgl. zu Art. 5 EVÜ: Bericht von Giuliano/Lagarde BT-Drucks 10/503 S. 55). Dies steht jedoch einer Qualifikation des abgeschlossenen Kontoführungs- und Depotvertrags und des damit in engem Zusammenhang stehenden Kreditvertrags als Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung mit besonderem Inlandsbezug im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I nicht entgegen (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Darmon Rs. C-89/91, aaO, Shearson Lehmann Hutton, Rn. 75 ff.; Kroppholler/von Hein, aaOArt. 15 EuGVO Rn. 20).
41
c) Auch die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) und b) LugÜ I sind erfüllt. Durch die Übersendung der Vertragsunterlagen nach München hat die Beklagte zu 4 der Klägerin in deren Wohnsitzstaat ein ausdrückliches Angebot im Sinne der genannten Bestimmung unterbreitet. Mit der Unterzeichnung der Vertragsunterlagen in München hat die Klägerin in ihrem Wohnsitzstaat die von ihrer Seite zum Abschluss der Verträge erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen.
42
d) Sowohl das auf Verschulden bei Vertragsschluss wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten als auch das auf einen Verstoß gegen das Kreditwesengesetz gestützte Schadensersatzbegehren sind als Klage "aus" einem Vertrag im Sinne des Art. 13 Abs. 1 LugÜ I zu qualifizieren.
43
aa) Wie unter 2. c) ee) ausgeführt, genügt es für die Begründung des Verbrauchergerichtsstands gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I, dass sich die Klage allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine so enge Verbindung zu diesem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (vgl. Senat , Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, aaO Rn. 23; EuGH, Urteile vom 11. Juli 2002, aaO, Gabriel, Rn. 38, 56; vom 14. Mai 2009 - Rs. C-180/06 - Slg. 2009 I-3961, Ilsinger, Rn. 44, 52, 56). Diese Voraussetzung wird in Fällen, in denen es zu einem Vertragsabschluss zwischen den Parteien gekommen ist und der Kläger Schadensersatz wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten begehrt, regelmäßig zu bejahen sein (vgl. zu Art. 5 EuGVÜ /EuGVVO: EuGH, Urteile vom 14. Mai 2009 - Rs. C-180/06 - Slg. 2009 S. I-3961, Ilsinger, Rn. 44, 52, 56; vom 17. September 2002 - C-334/00, Tacconi , Slg. 2002, S. I-7357 Rn. 22; Mankowski, IPRax 2003, 127, 133 ff.; Kropholler /von Hein, aaO, Art. 5 Rn. 18; Rauscher/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht (Bearb. 2001) Art. 5 Brüssel I - VO Rn. 27; Schlosser, EUZivilprozessrecht , 3. Aufl., Anh. I § 40 Art. 5 EuGVVO Rn. 5; Schmidt, Europäi- sches Zivilprozessrecht 2004, Rn. 84; Hausmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., Art. 5 EuGVÜ Rn. 8; Martiny, FS Geimer 2002, S. 641, 653 f.). Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Die Klägerin nimmt ihre Vertragspartnerin mit der Begründung auf Schadensersatz in Anspruch, dass diese ihr vor Abschluss der Verträge zusätzliche Informationen hätte erteilen müssen, um die mit den Verträgen verbundenen Risiken und Belastungen besser einschätzen und den Abschluss der Verträge überdenken zu können. Dieses Begehren kann von den Verträgen nicht getrennt werden.
44
bb) Nichts anderes gilt für den Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz. Auch er kann von den zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 4 geschlossenen Verträgen nicht getrennt werden. Die Klägerin nimmt ihre Vertragspartnerin auf Ersatz des an sie transferierten und zum Fondanteilskauf verwendeten Geldbetrages in Anspruch, weil diese die Verträge aufgrund eines gegen sie gerichteten gesetzlichen Verbots nicht habe abschließen dürfen.

III.

45
Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann mangels der erforderlichen Feststellungen nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Die vom Berufungsgericht hilfsweise gemachten Ausführungen zur Begründetheit der Klage gelten als nicht geschrieben und sind vom Revisionsgericht nicht zu beachten (BGH, Urteile vom 10. Dezember 1953 - IV ZR 48/53, BGHZ 11, 222, 224; vom 25. November 1966 - V ZR 30/64, BGHZ 46, 281, 284 f.; vom 7. Juni 1990 - III ZR 216/89, NJW 1990, 2125, 2126; Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 563 Rn. 23, jeweils mwN). Verneint das Berufungsgericht die Zuläs- sigkeit der Klage, so darf das Revisionsgericht auf die Begründetheit der Klage nur dann eingehen, wenn das Berufungsurteil im Übrigen einen Sachverhalt ergibt, der für die rechtliche Beurteilung eine verwertbare tatsächliche Grundlage bietet, und bei Zurückverweisung ein anderes Ergebnis nicht möglich erscheint. Diese Voraussetzung ist z.B. erfüllt, wenn der Klagevortrag in jeder Richtung unschlüssig ist und auch durch weiteres Parteivorbringen nicht schlüssig gemacht werden kann (Senatsurteil vom 14. März 1978 - VI ZR 68/76, NJW 1978, 2031; BGH, Urteile vom 10. Oktober 1991 - IX ZR 38/91, VersR 1992, 762, 763; vom 29. September 1993 - VIII ZR 107/93, NJW-RR 1994, 175, 176; Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 563 Rn. 23).
46
Eine derartige Fallgestaltung ist vorliegend nicht gegeben. Das Berufungsgericht hat schon nicht geklärt, welches Recht auf die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisse Anwendung findet. Hierzu bestand schon deshalb Anlass, weil die Beklagten ausländische Unternehmen sind und die Klägerin ihre Ersatzansprüche auf den Erwerb einer Beteiligung an dem von der Beklagten zu 3 in der Schweiz aufgelegten Fonds stützt. Zwar wäre - wie das Berufungsgericht ohne die Frage zu erörtern angenommen hat - deutsches Recht anwendbar, wenn die Parteien im Laufe des Rechtsstreits nachträglich eine entsprechende stillschweigende und wirksame Rechtswahlvereinbarung gemäß Art. 27 Abs. 2 Satz 1, Art. 42 EGBGB in der bis 16. Dezember 2009 geltenden Fassung getroffen hätten. Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht aber nicht getroffen.
47
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Umstand, dass die Parteien und die Vorinstanzen übereinstimmend von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgehen, den Anforderungen an eine nachträgliche Rechtswahl nicht ohne weiteres genügt (vgl. BGH, Urteile vom 19. Januar 2000 - VIII ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002; vom 30. Oktober 2008 - I ZR 12/06, NJW 2008, 1205 Rn. 19 mwN). Zwar kann es für die Annahme einer nachträglichen konkludenten Rechtswahl ausreichen, wenn die Vertragsparteien im Prozess deutlich auf eine bestimmte Rechtsordnung Bezug nehmen oder diese ihren rechtlichen Ausführungen zugrunde legen. Zumindest für eine die ursprünglich geltende Rechtsordnung abändernde Rechtswahl bedarf es aber eines dahingehenden beiderseitigen Gestaltungswillens (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 1990 - VIII ZR 332/89, NJW 1991, 1292, 1293; vom 30. Oktober 2008 - I ZR 12/06, aaO).
48
Bei der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben , sich mit den in den Rechtsmittelschriften vorgebrachten Einwendungen gegen seine Beurteilung der Begründetheit der Klagen auseinanderzusetzen. Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 31.07.2009 - 28 O 8800/08 -
OLG München, Entscheidung vom 28.05.2010 - 5 U 4254/09 -

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X I Z R 2 7 / 1 4 Verkündet am:
19. Mai 2015
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Brüssel I-VO (EuGVVO aF) Art. 24 Satz 1
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß Art. 24 Satz 1
EuGVVO aF wird durch eine rügelose Einlassung in der Klageerwiderung begründet
(Fortführung von BGH, Urteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, BGHZ 190, 28
Rn. 35).
BGH, Urteil vom 19. Mai 2015 - XI ZR 27/14 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Mai 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter
Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. Dezember 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagten im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an einem Filmfonds auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Am 5. Dezember 2001 zeichnete der damals im Bezirk des Landgerichts München II wohnende Kläger auf Empfehlung eines Mitarbeiters der Beklagten zu 1), der Fondsinitiatorin, eine Kommanditeinlage in Höhe von 160.000 € an dem Filmfonds "S. " Fonds-Nr. . Die Beteili- gung wurde in Höhe von 41,4% über die Beklagte zu 2), eine in Dublin ansässige Gesellschaft irischen Rechts, finanziert.
3
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte zu 2) sei ihm aufgrund Prospekthaftung im weiteren Sinne, aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung bei der Anbahnung der Anteilsfinanzierung und gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 264a StGB neben der Beklagten zu 1) schadensersatzpflichtig. Er hat am 19. Dezember 2010 einen Güteantrag an einen Mediator gerichtet, der am 5. Mai 2011 das Scheitern des Güteverfahrens festgestellt hat. Nach Verlegung seines Wohnsitzes in die Schweiz hat der Kläger am 28. Juni 2012 Klage gegen beide Beklagten beim Landgericht München I eingereicht.
4
Das Landgericht hat die auf Zahlung und Feststellung gerichtete Klage gegen die Beklagte zu 2) durch Teilurteil als unzulässig abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist begründet.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Das Landgericht habe die Klage zu Recht wegen fehlender internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichte als unzulässig abgewiesen. Da die Beklagte zu 2) eine eigenständige juristische Person mit Sitz in Irland sei, sei der Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der bis zum 9. Januar 2015 geltenden Fassung (im Folgenden: EuGVVO aF) eröffnet, deren Gerichtsstände denen des nationalen Rechts vorgingen.
8
Eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach der EuGVVO aF sei nicht gegeben.
9
Im Zeitpunkt der Zeichnung der Fondsbeteiligung habe zwar ein Gerichtsstand gemäß Art. 15 Nr. 1 Buchst. c, Art. 16 EuGVVO aF bestanden. Darunter fielen nicht nur vertragliche Ansprüche, sondern alle Klagen, die zu einem Verbrauchervertrag eine so enge Bindung aufwiesen, dass sie von ihm nicht getrennt werden könnten. Dazu gehörten auch konkurrierende nichtvertragliche , insbesondere deliktische Anspruchsgrundlagen. Der Finanzierungsvertrag zwischen den Parteien sei ein Verbrauchergeschäft im Sinne des Art. 15 EuGVVO aF. Die Beklagte zu 2) habe ihre gewerbliche Tätigkeit auf Deutschland als damaligen Wohnsitzstaat des Klägers als Verbraucher ausgerichtet ; im Rahmen dieser Tätigkeit sei der konkrete Vertrag geschlossen worden. Der Gerichtsstand in Deutschland gemäß Art. 15, 16 EuGVVO aF sei aber durch den Umzug des Klägers in die Schweiz vor Einreichung der Klage weggefallen. Maßgeblich sei der Wohnsitz des Verbrauchers im Zeitpunkt der Klageerhebung. Der Antrag des Klägers auf Durchführung eines Schlichtungsverfahrens bei einem Anwaltsmediator rechtfertige keine andere Beurteilung, weil dieses Verfahren weder Rechtsprechungscharakter habe noch Voraussetzung für die Durchführung eines streitigen Gerichtsverfahrens sei.
10
Die Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich auch nicht aufgrund rügeloser Einlassung der Beklagten zu 2) gemäß Art. 24 EuGVVO aF. Die Beklagte zu 2) habe die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zwar nicht in der Klageerwiderung, aber noch rechtzeitig im Nachgang hierzu vor Eröffnung der mündlichen Verhandlung und in der mündlichen Verhandlung selbst gerügt.
11
Art. 5 und 6 EuGVVO aF begründeten keinen Gerichtsstand in Deutschland , weil sie hinter der abschließenden Regelung der Zuständigkeit für Verbrauchersachen in den Art. 15, 16 EuGVVO aF zurückträten.
12
Aus den Vorschriften des am 30. Oktober 2007 in Lugano geschlossenen Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: LugÜ II) ergebe sich ebenfalls keine Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Die Voraussetzungen des Art. 15 Nr. 1 Buchst. c LugÜ II lägen nicht vor, weil der Vertragsschluss zwischen den Parteien nicht die Folge einer Ausrichtung der Tätigkeit der Beklagten zu 2) auf die Schweiz als jetzigen Wohnsitzstaat des Verbrauchers, sondern das Ergebnis ihres Tätigwerdens in Deutschland sei. Zudem würde Art. 15 LugÜ II nur eine Zuständigkeit der Gerichte in der Schweiz begründen, da dort der Wohnsitz des Klägers sei. Art. 5 Nr. 3, Art. 6 LugÜ II seien nicht anwendbar, da es sich um eine Art. 15, 16 EuGVVO aF unterfallende Verbrauchersache handele. Der Umzug des Klägers in die Schweiz rechtfertige nicht die Anwendbarkeit der Art. 5 ff. EuGVVO aF/LugÜ II, die hinter die Spezialregelungen der Art. 15 ff. EuGVVO aF zurückzutreten hätten. Dem Verbraucherschutz werde ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass der Verbraucher in seinem neuen, von ihm selbst gewählten Wohnsitzstaat klagen könne.

II.

13
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
14
1. Gegen die von Amts wegen zu prüfende (BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 19 ff.) Zulässigkeit des erstinstanzlichen Teilurteils bestehen allerdings keine Bedenken. Ein Streitgenosse, bezüglich dessen die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit unzulässig ist, kann durch Teilurteil aus dem Prozess entlassen werden (BGH, Urteil vom 24. Februar 2015 - VI ZR 279/14, juris Rn. 6 ff.).
15
2. Ob die Auffassung des Berufungsgerichts, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich weder aus Art. 15, 16 EuGVVO aF noch aus Art. 6 Nr. 1 EuGVVO aF, rechtlicher Überprüfung standhält, bedarf keiner Entscheidung. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist jedenfalls, anders als das Berufungsgericht meint, kraft rügeloser Einlassung der Beklagten zu 2) vor dem Landgericht München I begründet.
16
a) Die Zuständigkeit kraft rügeloser Einlassung ist, da die Beklagte zu 2) ihren Sitz in Irland und damit in einem Mitgliedstaat der EU hat, nach Art. 24 Satz 1 EuGVVO aF, nicht nach Art. 24 Satz 1 LugÜ II zu beurteilen (Art. 64 Nr. 1 LugÜ II; vgl. Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., EuGVVO, Einl. Rn. 101).
17
b) Nach Art. 24 Satz 1 EuGVVO aF wird ein Gericht eines Mitgliedstaats, sofern es nicht bereits nach anderen Vorschriften der Verordnung zuständig ist, zuständig, wenn sich der Beklagte vor diesem Gericht auf das Verfahren einlässt , ohne den Mangel der Zuständigkeit zu rügen, und keine anderweitige ausschließliche Zuständigkeit begründet ist. Von einer Einlassung auf das Ver- fahren ist auszugehen, wenn der Beklagte die Zuständigkeitsrüge nicht spätestens in der Stellungnahme erhebt, die nach dem innerstaatlichen Prozessrecht als das erste Verteidigungsvorbringen vor dem angerufenen Gericht anzusehen ist (vgl. zur inhaltsgleichen Vorschrift des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988 [LugÜ I] BGH, Urteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, BGHZ 190, 28 Rn. 35 mwN; vgl. zu der inhaltsgleichen Vorschrift des Art. 18 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen vom 27. September 1968 [im Folgenden: EuGVÜ]: EuGH, Slg. 1981, I-1671 Rn. 15 f., IPRax 2014, 64 Rn. 37, ZIP 2014, 1142 Rn. 36; BGH, Beschluss vom 18. September 2001 - IX ZB 75/99, WM 2001, 2121, 2123). Vor den deutschen Zivilgerichten ist danach im Gegensatz zu § 39 ZPO keine Einlassung zur Hauptsache erforderlich; zuständigkeitsbegründend ist bereits eine rügelose Einlassung in der Klageerwiderung (BGH, Urteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, BGHZ 190, 28 Rn. 35). Nach diesen Grundsätzen sind die deutschen Gerichte mit Eingang der Klageerwiderung der Beklagten zu 2) zuständig geworden. In dieser hat die Beklagte zu 2) umfassende und ausführliche Einwendungen in der Sache erhoben, ohne die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu beanstanden. Eine anderweitige ausschließliche Zuständigkeit gemäß Art. 22 EuGVVO aF besteht nicht. Die erstmals im Schriftsatz vom 6. Dezember 2012 erhobene Rüge vermochte die bereits begründete Zuständigkeit nicht zu beseitigen.
18
c) Diesem Ergebnis steht das vom Berufungsgericht angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. November 1996 (IX ZR 264/95, BGHZ 134, 127 ff.) nicht entgegen. Dort wird zwar ausgeführt, dass eine rügelose Einlassung nicht vorliegt, wenn der Beklagte bei seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung, zumindest gleichzeitig mit der Bezugnahme auf die vorbereiten- den Schriftsätze, die internationale Unzuständigkeit rügt und zwar unabhängig davon, ob er diese Rüge bereits in der Klageerwiderung erhoben hat (BGH, aaO, S. 136). Diese Entscheidung betrifft jedoch ausdrücklich die Auslegung des § 39 ZPO bzw. dessen Verhältnis zu den § 282 Abs. 3, § 296 Abs. 3 ZPO und damit ausschließlich nationale Rechtsnormen. Die einschlägigen Vorschriften der EuGVVO aF bzw. des EuGVÜ fanden im damals zu entscheidenden Fall keine Anwendung, da der Beklagte seinen Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat hatte (BGH, aaO, S. 136).
19
d) Auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, RIW 2008, 726, 728), nach der erst ein rügeloses Einlassen im Kammertermin die internationale Zuständigkeit nach Art. 24 EuGVVO aF begründet, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Das Bundesarbeitsgericht begründet seine Auffassung ausdrücklich mit den Besonderheiten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, das im Vergleich zur Zivilprozessordnung wesentlich stärker vom Grundsatz der Mündlichkeit und vom Verhandlungsgrundsatz geprägt sei. Das Gericht bezieht seine Auffassung ausschließlich auf arbeitsgerichtliche Verfahren und nicht auf Zivilverfahren im Allgemeinen.

III.

20
Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Ellenberger Joeres Matthias Menges Dauber
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 06.05.2013 - 34 O 13014/12 -
OLG München, Entscheidung vom 17.12.2013 - 5 U 2301/13 -

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.