Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 05. Mai 2014 - 2 Ws 704/13

bei uns veröffentlicht am05.05.2014

Gericht

Oberlandesgericht Nürnberg

Tenor

I.

Auf die Beschwerde des Verurteilten I. D. wird der Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 22.11.2013 hinsichtlich der unter Nummern 3 a und c des Entscheidungssatzes enthaltenen Weisungen aufgehoben.

II.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Verurteilten im Beschwerdeverfahren trägt die Staatskasse.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landgerichts Traunstein vom 01.08.2008 (Az.: 2 KLs 120 Js 37126/06) wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Er verbüßte diese Strafe in der Justizvollzugsanstalt S. Zwei Drittel der Strafe waren seit dem 25.07.2012 verbüßt, Strafende war zum 26.05.2016 vorgemerkt. In der Zeit vom 26.07.2012 bis 25.09.2013 hat der Verurteilte eine durch Urteil des Landgerichts Traunstein vom 09.07.2009 (Az.: 6 KLs 201 Js 10942/08) wegen gemeinschaftlichen Raubes verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten vollständig verbüßt.

Der Verurteilte ist albanischer und kanadischer Staatsangehöriger. Er besitzt nur geringe Kenntnisse der deutschen Sprache.

Durch seit 03.01.2009 bestandskräftigen Bescheid der Landeshauptstadt München - Kreisverwaltungsreferat - vom 27.11.2008 (Az.: KVR-II/313 BS; Bl. 203 ff. d. A.) wurde der Verurteilte aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen, ihm die Wiedereinreise untersagt, und angeordnet, dass er nach erfülltem Strafanspruch des Staates nach Kanada abgeschoben wird.

Mit Verfügung vom 16.07.2013 ordnete die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing (künftig: Strafvollstreckungskammer) dem Verurteilten analog § 140 Abs. 2 StPO Frau Rechtsanwältin Dr. G. als Pflichtverteidigerin für das laufende Prüfungsverfahren gemäß § 57 Abs. 1 StGB bei.

Nach Einholung einer Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt S. vom 25.06.2013, die der Strafaussetzung zur Bewährung nicht entgegen trat, sowie eines Gutachtens der Sachverständigen Dr. (IM T.) M. P. vom 28.10.2013 setzte die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 22.11.2013 die weitere Vollstreckung des Strafrestes aus dem Urteil des Landgerichts Traunstein vom 01.08.2008 mit Wirkung ab dem 20.12.2013 zur Bewährung aus, setzte die Bewährungszeit auf fünf Jahre fest, und erteilte folgende Weisungen:

„3. Der Verurteilte wird angewiesen:

a) Unverzüglich nach seiner Entlassung auszureisen und das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu verlassen;

b) Unverzüglich nach seiner Entlassung außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik Deutschland einen festen Wohnsitz zu begründen und diesen sowie jeden Wohnsitzwechsel unverzüglich und unaufgefordert dem Gericht schriftlich mitzuteilen;

c) Jedwede Einreise in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, entsprechend dem Ausweisungsbescheid des Kreisverwaltungsreferats München vom 27.11.2008, zu unterlassen;

d) Dem Gericht jede Befristung des Ausweisungsbescheids des Kreisverwaltungsreferats München vom 27.11.2008 und jede daraufhin geplante Einreise in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland rechtzeitig vorher schriftlich und unter Nennung des Aufenthaltsgrundes sowie des voraussichtlichen Aufenthaltsortes mitzuteilen.“

Am 27.11.2011 wurde der Beschluss dem Verurteilten in der Justizvollzugsanstalt S. eröffnet. Hierbei unterzeichnete er ein (offenbar) vorgefertigtes Protokoll, in dem er folgendes erklärte:

„Ich habe davon Kenntnis erhalten, dass durch Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 22.11.2013 StVK 311/2008 (StA Traunstein - 120 VRs 37112/06) - die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird.

Die Bewährungszeit beträgt 5 Jahre.

Ich bin über die Bedeutung der Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung, die Bewährungszeit, die Auflagen und Weisungen sowie die Möglichkeit des Widerrufs der Strafaussetzung gemäß § 56 f StGB belehrt worden.

Ich habe insbesondere davon Kenntnis erhalten, dass die Strafaussetzung widerrufen wird, wenn ich in der Bewährungszeit eine Straftat begehe, gegen Auflagen und Weisungen gröblich oder beharrlich verstoße oder mich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers entziehe. Des Weiteren wurde ich darauf hingewiesen jeden Wechsel meines Aufenthalts während der Bewährungszeit dem Bewährungshelfer anzuzeigen.

Ich bestätige, obigen Beschluss erhalten zu haben.

Mit meiner Entlassung bin ich einverstanden. Auf die Einlegung von Rechtsmittel wird verzichtet.“

Der Verurteilte gab seine Entlassungsanschrift an und unterzeichnete die vorbereitete Erklärung.

Handschriftlich ist noch vermerkt:

„Als Dolmetscher in albanischer Sprache hat der Gefangene G. V., geb. ..., fungiert.“

Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer ist der Verteidigerin des Verurteilten am 26.11.2013 zugestellt worden. Mit Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 28.11.2013, eingegangen bei Gericht per Telefax am selben Tag, erhob der Verurteilte Beschwerde gegen die unter Nummern 3 a und 3 c erteilten Weisungen. Zur Begründung stützt er sich unter anderem auf eine Entscheidung des 1. Strafsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 28.03.2011 (Az.: 1 Ws 114/11), wonach sich Weisungen im Rahmen einer Bewährung nicht auf Maßnahmen richten dürften, die im Ausländerrecht ausdrückliche Regelung erfahren haben.

Mit Verfügung vom 17.12.2013 half die Strafvollstreckungskammer der Beschwerde nicht ab.

Am 19.12.2013 wurde der Verurteilte aus der Justizvollzugsanstalt S. entlassen und nach Kanada abgeschoben.

Mit Schreiben vom 20.12.2013, ergänzt durch Schreiben vom 02.01.2014 und 08.01.2014 wies die Verteidigerin darauf hin, dass der Rechtsmittelverzicht unwirksam sei, da ein Fall notwendiger Verteidigung gemäß § 140 Abs. 2 StPO analog vorliege und hieran kein Verteidiger mitgewirkt habe. Es komme hinzu, dass der Verurteilte die deutsche Sprache kaum beherrsche.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Schreiben vom 23.12.2013 und 09.01.2014 beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig als unzulässig zu verwerfen.

II.

1. Die statthafte (§ 454 Abs. 4 Satz 1, § 453 Abs. 2 StPO) Beschwerde ist zulässig, insbesondere formgerecht erhoben (§§ 304, 306 StPO). Der Rechtsmittelverzicht ist infolge der Art und Weise seines Zustandekommens unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung eines fairen rechtsstaatlichen Verfahrens (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG; vgl. auch OLG Bremen, StV 2012, 425) unwirksam. Es bestehen erhebliche Zweifel, dass der der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtige Verurteilte über die im angefochtenen Beschluss enthaltenen Weisungen zutreffend informiert wurde, ehe er den Rechtsmittelverzicht erklärte. Es ist bereits unklar, ob ihm nur die vorgefertigte Erklärung oder auch der Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 22.11.2013 von dem im Protokoll namentlich benannten Mitgefangenen übersetzt wurde, da nicht protokolliert wurde, was letzterer übersetzt hat. Darüber hinaus ist ungesichert, ob eine wortgetreue Übersetzung erfolgte, da es sich bei dem Mitgefangenen offenbar nicht um einen öffentlich bestellten und vereidigten Übersetzer handelt. Außerdem ist - worauf die Beschwerde zu Recht hinweist - der Inhalt der dem Rechtsmittelverzicht vorausgehenden Belehrung des Verurteilten schon deshalb unzutreffend, weil er über Verstöße belehrt wurde, die überhaupt nicht Gegenstand der ihm auferlegten Weisungen sind. Da er keinem Bewährungshelfer unterstellt wurde, kann es keinen Widerrufsgrund darstellen, wenn er sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers entzieht; aus demselben Grund läuft die Belehrung ins Leere, soweit er darauf hingewiesen wurde, jeden Aufenthaltswechsel dem Bewährungshelfer anzeigen zu müssen. Schließlich geht aus dem Belehrungstext nicht hervor, dass der Verurteilte über die Ausreisepflicht und das Einreiseverbot belehrt worden ist. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass der Verurteilte vor Abgabe der Verzichtserklärung keine Gelegenheit hatte, sich mit seiner Pflichtverteidigerin über die Zulässigkeit einer derartigen Weisung zu beraten.

Nach alledem kann der Rechtsmittelverzicht keinen Bestand haben.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

a) Nach § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO kann mit der Beschwerde (neben einer nachträglich verlängerten Bewährungszeit) nur gerügt werden, dass eine getroffene Anordnung gesetzwidrig sei. Das Beschwerdegericht kann die nach § 56c StGB im Rahmen der Ausgestaltung der Bewährung erteilten Weisungen daher nur darauf prüfen, ob sie mit dem Gesetz in Übereinstimmung stehen. Eine erteilte Weisung ist gesetzwidrig, wenn sie im Gesetz nicht vorgesehen, unverhältnismäßig oder unzumutbar ist, oder wenn sie sonst die Grenzen des dem erstinstanzlichen Gericht eingeräumten Ermessens überschreitet (vgl. OLG Dresden NStZ-RR 2008, 27; OLG Stuttgart NStZ-RR 2004, 89 je m. w. N.). Unzulässig sind in der Regel aber auch Weisungen, die dem Ziel derselben nach dem Sinn des Gesetzes, nämlich die in den Verurteilten hinsichtlich seiner Besserung gesetzten Erwartungen und ein etwaig noch verbleibendes Restrisiko bezüglich strafrechtlich relevanten Verhaltens abzusichern, nicht dienen, sondern allenfalls anderweitige Zwecke verfolgen. Weisungen gemäß § 56c StGB sind richterliche Gebote und Verbote, die ausschließlich dem Zweck dienen, dem Verurteilten bei seinem Bemühen zu helfen, keine Straftaten mehr zu begehen. Weisungen, bei denen jegliche Beziehung zum Resozialisierungsziel fehlt, sind unzulässig (vgl. zum Ganzen OLG Koblenz NStZ 1987, 24 f.; OLG Köln, NStZ-RR 2010, 49 Rdn. 15 nach juris; Fischer, StGB, 60. Aufl. § 56c Rdn. 4; Schönke/Schröder/Stree, StGB, 28. Aufl. § 56c Rdn. 1, 2,6 und 14).

So liegt es hier. Die Erwartung, ein Verurteilter werde infolge seiner Abschiebung jedenfalls im Inland keine Straftaten mehr begehen, vermag für sich allein eine günstige Kriminalprognose nicht zu rechtfertigen (OLG Stuttgart, Beschl. vom 26.08.1987 - 3 Ws 166/87, Leitsatz in juris). Demgemäß sind Weisungen gegenüber einem Ausländer, unverzüglich aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen und entsprechend einem Ausweisungsbescheid nicht mehr einzureisen, in der Regel unzulässig (vgl. OLG Koblenz NStZ 1987, 24 f.; LG Braunschweig StV 2001, 240; Fischer, StGB, 60. Aufl. § 56c Rdn. 4). Somit ist die mit einer Strafaussetzungsentscheidung verbundene Weisung an einen Ausländer, zur Vermeidung einer Wiederholungstat seinen Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu nehmen, rechtswidrig, da sie im Ergebnis einer Ausweisung des Verurteilten aus der Bundesrepublik Deutschland gleichkommt. Ein solcher Eingriff ist jedoch abschließend durch das Aufenthaltsgesetz geregelt und liegt ausschließlich im Kompetenzbereich der Ausländerbehörde (BayObLGSt 1980, 101 Rdn. 11 nach juris; OLG Schleswig SchlHA 1991, 118, 119; OLG Koblenz NStZ 1987, 24, 25).

Allerdings werden Ausnahmen hiervon für möglich erachtet (vgl. Schönke/Schröder/Stree, StGB, 28. Aufl. § 56c Rdn. 14). So geht das OLG Köln zwar auch davon aus, dass Weisungen, denen jegliche Beziehung zum Resozialisierungsziel fehlt, unzulässig seien. Dies sei aber nicht der Fall, wenn die Gefahrenquelle, neue Straftaten zu begehen, maßgeblich im weiteren Aufenthalt des Verurteilten in Deutschland liege. So verhalte es sich, wenn die Straftaten mit mehrfachen illegalen Einreiseversuchen in Zusammenhang stünden und vor allem in der Perspektivlosigkeit seines Aufenthalts in Deutschland lägen, wo der Verurteilte sich nur vorübergehend aufgehalten habe und nie einer geregelten Arbeit nachgegangen sei, so dass weitere Straftaten zu erwarten seien, wenn mit einer erneuten Einreise zu rechnen sei (NStZ-RR 2010, 49 Rdn. 16 nach juris). Zum selben Ergebnis kommt das LG Berlin (NStZ 2005, 100 Rdn. 11 nach juris), wenn der Verurteilte zu dem alleinigen Ziel nach Deutschland eingereist sei, hier Straftaten zu begehen (konkret zur illegalen Arbeitsaufnahme), und es ihm nicht möglich gewesen sei, sich hier aufzuhalten, ohne Straftaten zu begehen. Die günstige Prognose habe somit von der Ausreiseweisung abgehangen.

Ein derartiger Ausnahmefall (unabhängig davon, ob ein solcher grundsätzlich anzuerkennen wäre) liegt aber ersichtlich nicht vor. Die vorliegend unter Nummer 3 a und c erteilten Weisungen sind weder erforderlich noch geeignet, die günstige Prognose zu stützen.

Die Strafvollstreckungskammer stützt ihre Einschätzung einer positiven Sozialprognose auf das psychiatrische Sachverständigengutachten vom 28.10.2013. Danach sei der Verurteilte emotional stabil und verfüge über ausreichende Copingmechanismen. Im Rahmen des sozialen Empfangsraums stellte die Sachverständige fest, dass die finanziellen Schwierigkeiten, die auch maßgeblicher Umstand der Tatbegehung waren, nunmehr der Vergangenheit angehörten, da die Ehefrau des Verurteilten über ein ausreichendes Einkommen (Anm.: als Zahnärztin) verfüge. Desweiteren stelle sich dem Verurteilten mit seiner Ehefrau sowie seinem neun Jahre alten Sohn ein stabiles Familienumfeld dar, in welches er sich voraussichtlich problemlos werde wieder integrieren können. Infolge des Wohnsitzes seiner Familie in Kanada werde er auch seine weitere Zukunft dort gestalten.

Daran anknüpfend führt die Strafvollstreckungskammer aus, infolge des bestandskräftigen Ausweisungsbescheides des Kreisverwaltungsreferats München vom 27.11.2008 dürfe der Verurteilte sich nach der Haftentlassung nicht mehr in Deutschland aufhalten; insoweit bestehe die begründete Erwartung, er werde auch, wie angekündigt, zu seiner Familie nach Kanada zurückkehren. Unter Abwägung aller entscheidungserheblichen Gesichtspunkte erscheine daher die Gefahr, dass der Verurteilte erneut straffällig werde, als derart gering, dass eine Entlassung in die Freiheit unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses des Allgemeinheit verantwortet werden könne.

Aus dieser Begründung ergibt sich, dass die Rückkehr des Verurteilten zu seiner Familie in Kanada einen wesentlichen Gesichtspunkt für die positive Sozialprognose darstellt. Entscheidend dafür, dass die Strafvollstreckungskammer von einer Rückkehr zur Familie ausgehen konnte, war aber der bestandskräftige Bescheid des Kreisverwaltungsreferats München vom 27.11.2008, mit dem der Verurteilte nach Kanada abgeschoben wurde, sowie die Ankündigung des Verurteilten, zu seiner Familie zurückzukehren.

Zu den erteilten Weisungen führt die Strafvollstreckungskammer aus, diese seien „erforderlich, um weitere Straftaten zu verhindern und eine effektive Überwachung zu ermöglichen sowie im Hinblick auf den beabsichtigten Wohnsitz im Ausland einigermaßen sicher zu stellen und für den Fall einer etwaigen erlaubten Wiedereinreise rechtzeitig entgegensteuern zu können.“

Die von der Strafvollstreckungskammer bejahte positive Sozialprognose beruht auf der begründeten Erwartung der Rückkehr des Verurteilten zu und seinem Verbleib bei der Familie. Hierfür sind die unter 3 a und c erteilten Weisungen auch unter Berücksichtigung dieser Ausführungen der Strafvollstreckungskammer aber weder erforderlich noch geeignet.

Die Rückkehr des Verurteilten zu seiner Familie in Kanada wurde bereits dadurch hinreichend abgesichert, dass er durch bestandskräftigen Bescheid des Kreisverwaltungsreferats nach Kanada abgeschoben wurde. Demgegenüber bezieht sich die Ausreiseweisung allein auf ein Verlassen der Bundesrepublik Deutschland ohne Angabe des Zielstaates (ob eine solche überhaupt rechtlich zulässig wäre, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden). Durch diese ist somit nicht gewährleistet, dass der Verurteilte tatsächlich Wohnung bei seiner Familie nimmt.

Die unter Nr. 3 c erteilte Weisung, mit der dem Verurteilten die Wiedereinreise in das Bundesgebiet verboten wurde, ist ebenfalls weder erforderlich noch geeignet, das Resozialisierungsziel zu sichern. An der Erforderlichkeit fehlt es schon deshalb, da das Wiedereinreiseverbot bereits im Bescheid des Kreisverwaltungsreferats München vom 27.11.2008 enthalten ist, auf den die Weisung („entsprechend dem Ausweisungsbescheid“) ausdrücklich Bezug nimmt. Aus Nummer 3 d der Weisung ergibt sich darüber hinaus, dass die Strafvollstreckungskammer die Dauer des Wiedereinreiseverbots offenbar an eine Befristung des Ausweisungsbescheids anknüpfen will, also überhaupt keine eigenständige Regelung trifft. Eine solche Frist enthält der Bescheid vom 27.11.2008 nicht; gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG darf diese fünf Jahre nicht überschreiten.

Das Wiedereinreiseverbot ist darüber hinaus auch ungeeignet, das Resozialisierungsziel zu stützen. Es ist naturgemäß nicht mit einem Verbleib des Verurteilten bei seiner Familie verknüpft.

Damit dienen die Weisungen in Nummer 3 a und c allein dazu, den Aufenthalt des Verurteilten in Deutschland zu unterbinden und die Begehung von Straftaten in Deutschland zu verhindern. Die Ausreiseanordnung dient darüber hinaus dem Zweck, die Ausreise zu beschleunigen. Dieser Beschleunigungseffekt hat aber nichts mehr mit einer Hilfestellung auf dem Weg in eine straffreie Lebensführung zu tun; die Ausreiseweisung dient letztlich der Erzwingung, die bestandskräftig begründete ausländerrechtliche Verlassenspflicht zu erfüllen. Der bei einem Verstoß gegen das Verbot der Wiedereinreise drohende Bewährungswiderruf stellt sich letztlich als eine Erweiterung der der Ausländerbehörde zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, auf eine Wiedereinreise zu reagieren, dar. Eine solche Anordnung ohne Möglichkeit der Bewährungsüberwachung hilft dem Verurteilten nicht, künftige Straftaten zu vermeiden, sondern hindert ihn nur daran, sie als Täter oder Teilnehmer in der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich vorzunehmen (vgl. zum Ganzen Meyer, in Anm. zu OLG Koblenz, NStZ 1987, 26). Die Einhaltung der ausländerrechtlichen Beschränkungen wird mit den im Aufenthaltsgesetz vorgesehenen Maßnahmen zu überwachen und durchzusetzen sein. Für eine zusätzliche Reaktion - die Widerrufsmöglichkeit - auf einen Verstoß gegen die Ausweisungsverfügung besteht kein Anlass und keine gesetzliche Grundlage.

Den Anordnungen, unverzüglich aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen und entsprechend dem Ausweisungsbescheid des Kreisverwaltungsreferats nicht mehr einzureisen, fehlt somit eine tragfähige Beziehung zu dem Resozialisierungsziel (unabhängig davon, dass das Wiedereinreiseverbot nicht einmal von der Bewährungszeit sondern von einer verwaltungsrechtlichen Befristung abhängig gemacht wird).

b) Die Beschränkung der Beschwerde auf die angefochtenen zwei Weisungen und damit nur deren Aufhebung statt des gesamten Beschlusses der Strafvollstreckungskammer waren möglich, da hierdurch der Hauptentscheidung (Aussetzung des Strafrestes) nicht die Grundlage entzogen wurde. Für die Teilanfechtung von Beschlüssen mit der Beschwerde gelten die gleichen Grundsätze wie für die Rechtsmittelbeschränkung bei Berufung und Revision (vgl. OLG Frankfurt NJW 1980, 2535; OLG Koblenz NStZ 1987, 24, 25; aA für die vorliegenden Fallkonstellation OLG Schleswig SchlHA 1991, 118). In der Regel kann ein Aussetzungsbeschluss nicht von den damit verbundenen Weisungen getrennt werden, die Anfechtung und Aufhebung einzelner Weisungen führt also grundsätzlich zur Aufhebung des gesamten Beschlusses, da regelmäßig Weisungen nur erteilt werden, wenn dies als erforderlich erscheint, um dem Verurteilten Hilfe zu leisten, damit er keine weiteren Straftaten begeht (§ 56c Abs. 1 StGB). Bei Zusagen hinsichtlich bestimmter zukünftiger Lebensführung, deren Einhaltung erwartet werden kann, unterbleiben Weisungen in der Regel (§ 56c Abs. 4 StGB). Folglich stellen erteilte Weisungen in diesen Regelfällen eine tragende Grundlage für die Gesamtentscheidung dar und können nicht isoliert angefochten oder aufgehoben werden.

So liegt der Fall hier aber nicht. Wie ausgeführt, beruht die günstige Sozialprognose auf der Ankündigung des Verurteilten, zu seiner Familie zurückzukehren sowie der ihm durch Ausweisungsbescheid verwehrten Möglichkeit, sich weiter im Bundesgebiet aufzuhalten. Die angefochtenen Weisungen waren - wie ausgeführt - weder erforderlich noch geeignet, dieses Ziel zu erreichen.

Im psychiatrischen Sachverständigengutachten wird der soziale Empfangsraum des Verurteilten in Kanada als positiv bewertet; empfohlen wird, den Verurteilten in Kanada für zwei Jahre einem Bewährungshelfer zu unterstellen. Weitere Einschränkungen oder Vorsorgen werden nicht für erforderlich gehalten. Folglich kann nach Ansicht des Senats hier - abweichend vom Regelfall - ausgeschlossen werden, dass die Strafvollstreckungskammer bei Wegfall der angefochtenen Weisungen von der Strafaussetzung abgesehen hätte.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 3 StPO, § 467 Abs. 1 StPO analog.

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Referenzen

(1) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn

1.
zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet;
2.
dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird;
3.
das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann;
4.
der Beschuldigte nach den §§ 115, 115a, 128 Absatz 1 oder § 129 einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorzuführen ist;
5.
der Beschuldigte sich auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet;
6.
zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in Frage kommt;
7.
zu erwarten ist, dass ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird;
8.
der bisherige Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen ist;
9.
dem Verletzten nach den §§ 397a und 406h Absatz 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist;
10.
bei einer richterlichen Vernehmung die Mitwirkung eines Verteidigers auf Grund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint;
11.
ein seh-, hör- oder sprachbehinderter Beschuldigter die Bestellung beantragt.

(2) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt auch vor, wenn wegen der Schwere der Tat, der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann.

(3) (weggefallen)

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn

1.
zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet;
2.
dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird;
3.
das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann;
4.
der Beschuldigte nach den §§ 115, 115a, 128 Absatz 1 oder § 129 einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorzuführen ist;
5.
der Beschuldigte sich auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet;
6.
zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in Frage kommt;
7.
zu erwarten ist, dass ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird;
8.
der bisherige Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen ist;
9.
dem Verletzten nach den §§ 397a und 406h Absatz 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist;
10.
bei einer richterlichen Vernehmung die Mitwirkung eines Verteidigers auf Grund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint;
11.
ein seh-, hör- oder sprachbehinderter Beschuldigter die Bestellung beantragt.

(2) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt auch vor, wenn wegen der Schwere der Tat, der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann.

(3) (weggefallen)

(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten unzulässig ist, trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft, der Verurteilte und die Vollzugsanstalt sind zu hören. Der Verurteilte ist mündlich zu hören. Von der mündlichen Anhörung des Verurteilten kann abgesehen werden, wenn

1.
die Staatsanwaltschaft und die Vollzugsanstalt die Aussetzung einer zeitigen Freiheitsstrafe befürworten und das Gericht die Aussetzung beabsichtigt,
2.
der Verurteilte die Aussetzung beantragt hat, zur Zeit der Antragstellung
a)
bei zeitiger Freiheitsstrafe noch nicht die Hälfte oder weniger als zwei Monate,
b)
bei lebenslanger Freiheitsstrafe weniger als dreizehn Jahre
der Strafe verbüßt hat und das Gericht den Antrag wegen verfrühter Antragstellung ablehnt oder
3.
der Antrag des Verurteilten unzulässig ist (§ 57 Abs. 7, § 57a Abs. 4 des Strafgesetzbuches).
Das Gericht entscheidet zugleich, ob eine Anrechnung nach § 43 Abs. 10 Nr. 3 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wird.

(2) Das Gericht holt das Gutachten eines Sachverständigen über den Verurteilten ein, wenn es erwägt, die Vollstreckung des Restes

1.
der lebenslangen Freiheitsstrafe auszusetzen oder
2.
einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art auszusetzen und nicht auszuschließen ist, daß Gründe der öffentlichen Sicherheit einer vorzeitigen Entlassung des Verurteilten entgegenstehen.
Das Gutachten hat sich namentlich zu der Frage zu äußern, ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, daß dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht. Der Sachverständige ist mündlich zu hören, wobei der Staatsanwaltschaft, dem Verurteilten, seinem Verteidiger und der Vollzugsanstalt Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben ist. Das Gericht kann von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen absehen, wenn der Verurteilte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft darauf verzichten.

(3) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist sofortige Beschwerde zulässig. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(4) Im Übrigen sind § 246a Absatz 2, § 268a Absatz 3, die §§ 268d, 453, 453a Absatz 1 und 3 sowie die §§ 453b und 453c entsprechend anzuwenden. Die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes wird mündlich erteilt; die Belehrung kann auch der Vollzugsanstalt übertragen werden. Die Belehrung soll unmittelbar vor der Entlassung erteilt werden.

(1) Die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beziehen (§§ 56a bis 56g, 58, 59a, 59b des Strafgesetzbuches), trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte sind zu hören. § 246a Absatz 2 und § 454 Absatz 2 Satz 4 gelten entsprechend. Hat das Gericht über einen Widerruf der Strafaussetzung wegen Verstoßes gegen Auflagen oder Weisungen zu entscheiden, so soll es dem Verurteilten Gelegenheit zur mündlichen Anhörung geben. Ist ein Bewährungshelfer bestellt, so unterrichtet ihn das Gericht, wenn eine Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung oder den Straferlaß in Betracht kommt; über Erkenntnisse, die dem Gericht aus anderen Strafverfahren bekannt geworden sind, soll es ihn unterrichten, wenn der Zweck der Bewährungsaufsicht dies angezeigt erscheinen läßt.

(2) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist oder daß die Bewährungszeit nachträglich verlängert worden ist. Der Widerruf der Aussetzung, der Erlaß der Strafe, der Widerruf des Erlasses, die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe und die Feststellung, daß es bei der Verwarnung sein Bewenden hat (§§ 56f, 56g, 59b des Strafgesetzbuches), können mit sofortiger Beschwerde angefochten werden.

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Die Beschwerde wird bei dem Gericht, von dem oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene Entscheidung erlassen ist, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt.

(2) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde sofort, spätestens vor Ablauf von drei Tagen, dem Beschwerdegericht vorzulegen.

(3) Diese Vorschriften gelten auch für die Entscheidungen des Richters im Vorverfahren und des beauftragten oder ersuchten Richters.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf eine Strafaussetzung zur Bewährung oder eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beziehen (§§ 56a bis 56g, 58, 59a, 59b des Strafgesetzbuches), trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte sind zu hören. § 246a Absatz 2 und § 454 Absatz 2 Satz 4 gelten entsprechend. Hat das Gericht über einen Widerruf der Strafaussetzung wegen Verstoßes gegen Auflagen oder Weisungen zu entscheiden, so soll es dem Verurteilten Gelegenheit zur mündlichen Anhörung geben. Ist ein Bewährungshelfer bestellt, so unterrichtet ihn das Gericht, wenn eine Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung oder den Straferlaß in Betracht kommt; über Erkenntnisse, die dem Gericht aus anderen Strafverfahren bekannt geworden sind, soll es ihn unterrichten, wenn der Zweck der Bewährungsaufsicht dies angezeigt erscheinen läßt.

(2) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist Beschwerde zulässig. Sie kann nur darauf gestützt werden, daß eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist oder daß die Bewährungszeit nachträglich verlängert worden ist. Der Widerruf der Aussetzung, der Erlaß der Strafe, der Widerruf des Erlasses, die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe und die Feststellung, daß es bei der Verwarnung sein Bewenden hat (§§ 56f, 56g, 59b des Strafgesetzbuches), können mit sofortiger Beschwerde angefochten werden.

(1) Das Gericht erteilt dem Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit Weisungen, wenn er dieser Hilfe bedarf, um keine Straftaten mehr zu begehen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(2) Das Gericht kann den Verurteilten namentlich anweisen,

1.
Anordnungen zu befolgen, die sich auf Aufenthalt, Ausbildung, Arbeit oder Freizeit oder auf die Ordnung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse beziehen,
2.
sich zu bestimmten Zeiten bei Gericht oder einer anderen Stelle zu melden,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Gegenstände, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen oder
5.
Unterhaltspflichten nachzukommen.

(3) Die Weisung,

1.
sich einer Heilbehandlung, die mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist, oder einer Entziehungskur zu unterziehen oder
2.
in einem geeigneten Heim oder einer geeigneten Anstalt Aufenthalt zu nehmen,
darf nur mit Einwilligung des Verurteilten erteilt werden.

(4) Macht der Verurteilte entsprechende Zusagen für seine künftige Lebensführung, so sieht das Gericht in der Regel von Weisungen vorläufig ab, wenn die Einhaltung der Zusagen zu erwarten ist.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Gericht erteilt dem Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit Weisungen, wenn er dieser Hilfe bedarf, um keine Straftaten mehr zu begehen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

(2) Das Gericht kann den Verurteilten namentlich anweisen,

1.
Anordnungen zu befolgen, die sich auf Aufenthalt, Ausbildung, Arbeit oder Freizeit oder auf die Ordnung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse beziehen,
2.
sich zu bestimmten Zeiten bei Gericht oder einer anderen Stelle zu melden,
3.
zu der verletzten Person oder bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
4.
bestimmte Gegenstände, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen oder
5.
Unterhaltspflichten nachzukommen.

(3) Die Weisung,

1.
sich einer Heilbehandlung, die mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist, oder einer Entziehungskur zu unterziehen oder
2.
in einem geeigneten Heim oder einer geeigneten Anstalt Aufenthalt zu nehmen,
darf nur mit Einwilligung des Verurteilten erteilt werden.

(4) Macht der Verurteilte entsprechende Zusagen für seine künftige Lebensführung, so sieht das Gericht in der Regel von Weisungen vorläufig ab, wenn die Einhaltung der Zusagen zu erwarten ist.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.