Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 22. Feb. 2013 - 12 U 120/12

bei uns veröffentlicht am22.02.2013

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 06. Juli 2012 verkündete Einzelrichterurteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 06. Juli 2012 verkündete Einzelrichterurteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von jeweils 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 523.246,90 Euro festgesetzt, und zwar für die Berufung auf 494.232,48 Euro und für die Anschlussberufung auf 29.014,42 Euro.

Gründe

I.

1

Die Klägerin macht Werklohnforderungen für ausgeführte Bauleistungen geltend. Die Beklagte hatte 2011 in Form eines offenen Vergabeverfahrens Bauleistungen für die Errichtung eines Dienstgebäudes für das ... in ... ausgeschrieben. Das Vergabeverfahren erfolgte nach der damals geltenden Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil A, Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen (VOB/A), in der Fassung für das Jahr 2000. In den Ausschreibungsunterlagen waren vier Lose für das Bauvorhaben vorgesehen. Zu allen vier Losen gab die Klägerin am 14. Januar 2002 ein schriftliches Angebot ab. Sie erhielt für das Los 1 - Rohbauarbeiten Dienstgebäude - den Zuschlag mit einer ausgewiesenen Auftragssumme in Höhe von 9.647.635,49 Euro brutto.

2

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen K 3 und 4 Bezug genommen. Vertragsinhalt wurden die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B) in der Fassung für das Jahr 2000 (im Folgenden: VOB/B a. F.). Die vereinbarte Bauleistung hatte die Beklagte in einem Leistungsverzeichnis - Langtext - im Einzelnen beschrieben. Dieses war den Ausschreibungsunterlagen als Anlage beigefügt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K 5 verwiesen. Zudem waren den Ausschreibungsunterlagen Pläne, insbesondere die für den Hörsaal maßgeblichen Zeichnungen, Plan Nr. 6.11.CE.50.06 (Hörsaal: Schalungsmuster, Schriftzug), Plan Nr. 6.11.CE.100.07 (Hörsaal: Außenansicht), Plan Nr. 6.11.CE.100.08 (Hörsaal: Ansicht Süd) und Plan Nr. 6.11.CE.100.09 (Hörsaal: Ansicht Ost) beigefügt. Insoweit wird auf die Anlage K 14 Bezug genommen. Ferner waren weitere Pläne zur Einsichtnahme bei der Beklagten ausgelegt, so auch der Grundrissplan EG/Teil C – Plan Nr. 4.01.C.100.00/11 (Dienstgebäude Grundriss EG C). Insoweit wird auf die Anlage K 6 verwiesen. Den Verdingungsunterlagen war zudem ein Zeichnungsverzeichnis beigefügt. In diesem wird ebenfalls auf den Plan Nr. 4.01.C.100.00/11 Bezug genommen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K 26 verwiesen.

3

Am 13. Dezember 2001 nahm die Klägerin durch ihre Mitarbeiter H. und Sp. Einsicht in die ausgelegten Pläne der Beklagten, um sich einen Überblick über das gesamte Bauvorhaben zu verschaffen. Ausgelegt war u. a. der Plan Nr. 4.01.C.100.00/11. Hinsichtlich dessen Einzelheiten wird auf die Anlage B 15 verwiesen.

4

Das Hörsaalgebäude des ... befindet sich im Süden im Eingangsbereich des Forums des Gesamtkomplexes. Das Gebäude besteht aus einer Sichtbetonkonstruktion. Die Bauleistungen zur Errichtung des Hörsaalgebäudes wurden an mehreren Stellen des Leistungsverzeichnisses beschrieben. Das Hörsaalgebäude war als Sichtbetonkonstruktion herzustellen. Die Außenwand sollte nach innen um fünf Grad geneigt und das Auditorium des Hörsaals stützenfrei ausgeführt und die Decke im Randbereich auf Stützen aufgelagert sein. In dem Leistungsverzeichnis wurde dies an den entsprechenden Stellen wie folgt beschrieben:

5

- Leistungsverzeichnis Seite 3, 3. Absatz:

6

„Der Hörsaal im Eingangsbereich des Forums, … sind als Sichtbetonkonstruktion vorgesehen. Das Dach des Hörsaals erhält eine Kiesschüttung, kann jedoch nachträglich begrünt werden.“

7

- Leistungsverzeichnis Seite 70, Mitte:

8

„Decke über dem Hörsaal im Forum:

9

Das geplante stützenfreie Deckensystem über dem Hörsaal hat lichte Abmessungen von ca. 20 x 22 m und ist im Randbereich auf Stb.-Wänden und Stützen aufgelagert. Das Hörsaaldach ist nicht begehbar, jedoch zu Wartungszwecken betretbar.

10

Zur Ausführung kommt eine einachsig gespannte Unterzugsdecke mit einer Stärke von d = 20 cm. Die über die gesamte Hörsaalfläche freispannenden Unterzüge haben Abmessungen bis zu bd = 35/140 cm.

11

Die Fassade des Forum überquert den Hörsaal, so dass sich der Hörsaaltrakt teilweise im Freien befindet. Die Hörsaaldecke wird in diesem Bereich zur Abtragung der Fassadenstützen mit herangezogen. Der hierfür erforderliche Abfangträger unter den Fassadenstützen hat statisch erforderliche Abmessungen von bd = 80/120 cm.“

12

Ferner sind die Positionen 1.3.4.107 - 1.3.4.109, 1.3.4.1100, 1.3.4.1120, 1.3.4.1150, 1.3.4.1170, 1.3.4.1178 und 1.3.4.1220 des Leistungsverzeichnisses einschlägig. Dort sind in jeweils getrennten Positionen die Schalungen für die Herstellung der Stützen, Decke und Wände beschrieben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 5 und K 13 Bezug genommen.

13

Die Beklagte nahm die ausgeführten Bauleistungen am 09. Oktober 2003 und 14. April 2005 ab. Die Klägerin beseitigte die in den Abnahmeprotokollen bezeichneten Mängel. Zuvor hatte eine Prüfung der von der Klägerin als Nachtrag 36 „Hörsaal“ angemeldeten Mehrkosten durch die Beklagte stattgefunden. Die Klägerin war der Ansicht, dass aus den zur Angebotsabgabe vorgelegten Ausschreibungsunterlagen nicht erkennbar gewesen sei, dass die Wände des Hörsaales im unteren Bereich als senkrechter Sockel und erst darüber mit einer Neigung von fünf Grad, also mit einem Knick hätten errichtet werden sollen. Darüber hinaus habe sich erst später ergeben, dass keine Kombination aus Wand und Stützen habe gefertigt werden sollen (getrennte Ausführung), sondern die Wandvorlagen in die Wände hätten integriert werden sollen (monolithische Ausführung). Für diese Art der Ausführung sei die von ihr kalkulierte Systemschalung nicht geeignet. Durch die Verwendung einer Unikat-Schalung seien die im Nachtrag 36 aufgeführten Mehrkosten in Höhe von 699.870,44 Euro brutto veranlasst gewesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Seiten 32 - 33 der Klageschrift verwiesen.

14

Die Klägerin erläuterte der Beklagten im Januar 2003 in einem „Workshop“ den wegen der geänderten Konstruktion entstehenden Mehraufwand und wies auf die dadurch entstehenden Mehrkosten bei der Schalung des Hörsaalgebäudes hin. Sie versuchte, mit der Beklagten eine kostengünstigere Lösung für die Konstruktion des Hörsaals abzustimmen. Diese hielt jedoch an der ausgeschriebenen Konstruktion fest. Die Klägerin begründete die in ihrem Nachtrag Nr. 36 zugrundeliegende Vergütungsforderung mit Schreiben vom 11. September 2003 dem Grunde und der Höhe nach. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2003 und weiterem Schreiben vom 22. Juli 2004 erkannte die Beklagte einen Teil des Nachtrags dem Grunde nach an. Im Übrigen lehnte sie die Vergütungsforderung der Klägerin ab.

15

Mit Schreiben vom 08. September 2004 leitete die Klägerin ein Verfahren nach § 18 Nr. 2 VOB/B ein. Dieses verlief erfolglos. Die Hauptniederlassung des Landesbetriebes Bau hatte mit Schreiben vom 21. März 2005 den Vergütungsanspruch der Klägerin zum überwiegenden Teil abgelehnt. Sie bestätigte lediglich die dem Grunde nach bereits anerkannten Positionen und wies die Niederlassung Ost des Landesbetriebes Bau an, diese Positionen der Höhe nach zu überprüfen.

16

Die Klägerin erstellte über die von ihr erbrachten Leistungen am 29. August 2005 die Schlussrechnung, die einen Betrag von 13.406.664,31 Euro brutto auswies. Unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 10.101.881,80 Euro errechnete sie eine Restforderung in Höhe von 3.304.182,51 Euro brutto. Diese gliederte sie in Abstimmung mit der Beklagten in zwei Teilschlussrechnungen. Die erste, hier maßgebliche Teilschlussrechnung betraf die Rohbauarbeiten, während die zweite Teilschlussrechnung ergänzende Arbeiten, wie beispielsweise das Verschließen von Durchbrüchen usw. beinhaltete. In der ersten Schlussrechnung rechnete die Klägerin u. a. auch den zwischen den Parteien hier relevanten, streitigen Nachtrag Nr. 36 (Hörsaal) mit einem Betrag in Höhe von 603.336,59 Euro netto unter den Positionen 5.0.36.10 - 5.0.36.360 ab. Insoweit wird auf die Anlage K 10 Bezug genommen.

17

Die Beklagte prüfte die Schlussrechnung und strich u. a. sämtliche Positionen des Nachtrags Nr. 36 und ermittelte so eine Restforderung in Höhe von 209.729,64 Euro, die auch ausgeglichen wurde. Darüber hinaus bezahlte sie für die Schalung des Hörsaals betreffenden Leistungen einen Teilbetrag in Höhe von 69.715,73 Euro und später auf den Nachtrag Nr. 36 (Hörsaal) weitere 57.416,10 Euro.

18

Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 10. November 2005 gegen die Schlussrechnungsprüfung der Beklagten nach § 16 Nr. 3 Abs. 5 VOB/B a. F. den Vorbehalt und begründete diesen mit Schreiben vom 08. Dezember 2005. Insoweit wird auf die Anlagen K 11 und K 12 verwiesen.

19

Die Klägerin hat behauptet, dass ihr bei der Herstellung des Rohbaus des Hörsaalgebäudes Mehrkosten entstanden seien, die ihren Ursprung in einer gegenüber dem ursprünglichen Bausoll von der Beklagten angeordneten Änderung des Bauentwurfs hätten. Sie habe die nach dem ursprünglichen Bausoll kalkulierte DOKA-Systemschalung nicht verwenden können, sondern den Rohbau mit einer aufwendigen Unikat-Schalung herstellen müssen. Das in der Leistungsbeschreibung beschriebene, vorgegebene Stütze-Regelsystem sei das eigentliche statische System. Die nach der Leistungsbeschreibung zu errichtenden und erforderlichen Stützen hätten von ihr aus einer Systemschalung der Fa. DOKA hergestellt werden können, wofür zwei Schalungssätze benötigt worden wären.

20

Für die Unterzüge hätte eine DOKA-Flex-Schalung und für die Wände eine DOKA-Rundschalung eingesetzt werden können. Dies sei auch Grundlage ihrer Kalkulation und ihres Angebotes gewesen. Soweit es in den Leitpositionen 1.3.4.1070 und 1.3.4.1080 des Leistungsverzeichnisses heiße, „Schalung der Stütze für alle Querschnitte bis 2.500/5.000 cm2 als ganze Schalung. Höhe bis ca. 6,5 m“, hätte die Herstellung der Stützen eine DOKA-Stützenschalung verwendet werden können. Mit dieser hätten wahlweise verschiedene Stützen-Querschnitte geschalt werden können. Soweit es in der Leitposition 1.3.4.1090 des Leistungsverzeichnisses heiße, „Schalung der Stütze für alle Querschnitte bis 2.500/5.000 cm2 als ganze Schalung. Höhe bis ca. 6,5 m“, hätte für die Herstellung der Stützen ebenfalls eine DOKA-Stützenschalung verwendet werden können. Mit dieser hätten wahlweise verschiedene Stützen-Querschnitte geschalt werden können.

21

Soweit es in der Leitposition 1.3.4.1090 des Leistungsverzeichnisses heiße, „Zulage zu vorgeschriebenen Stützenschalungen für einseitige Querschnittsreduzierung innerhalb der Stütze, Reduzierung bis auf 1.000 cm2 bis 20 m2“, hätte zur Realisierung der in dieser Position beschriebenen einseitigen Querschnittsreduzierung die vorhandene Systemstützenschalung von DOKA eine zusätzliche Konstruktion aus Keilbalken und Schalhaut erhalten. Eine einseitige Querschnittsreduzierung der Stützen hätte auf diese Weise hergestellt werden können.

22

Soweit es in der Leitposition 1.3.4.1100 des Leistungsverzeichnisses heiße, „Gemäß Position 1.3.4.1070 im Grundriss trapezförmig; Querschnitte über 10.000 cm2“, hätten zur Herstellung von Stützen mit trapezförmigem Grundriss zur Anpassung an die Geometrie des Bauträgers ebenfalls die vorhandenen Schalungssätze aus der DOKA-Systemschalung verwendet werden können. Diese hätten lediglich um Zusatzelemente erweitert werden müssen. Mittels extra angefertigter Spanten- und Schalhaut hätten die Seitenflächen der Stützen verändert werden können.

23

Soweit es in der Leitposition 1.3.4.1120 des Leistungsverzeichnisses heiße, „Schalung des Unterzugs/Überzugs mit rechteckigem Querschnitt bis zu 2.500 cm2, als glatte Schalung aus Schalungsplatten gleicher Größe, Betonfläche sichtbar bleiben, möglichst absatzfrei“, sei für die Herstellung der Unter- und Überzüge Sichtbetonqualität gefordert. Aufgrund der Höhenlage der Unterzüge/Überzüge hätte zunächst eine Schalbühne aus DOKA-Staxso-Türmen gebaut werden müssen. Mittels einer DOKA-Flex-Schalung und den Komponenten für Unterzüge hätte darauf die Unterzugsschalung aufgebaut werden können. Dies sei Grundlage der Kalkulation und ihres Angebots gewesen.

24

Soweit es in den Leitpositionen 1.3.4.1150, 1.3.4.1170 und 1.3.4.1180 des Leistungsverzeichnisses heiße, „Schalung der Wand im Forumsbereich EG als einhäuptige Schalung für sichtbar bleibende Betonflächen aus schwachsaugender Holzschalung aus Birkenfurnierschalung, …, Ausbildung mit geordnetem Schalungsbild nach Vorgabe Architekt, … Schalungsneigung 5 Grad, Schalungsgröße ca. 5,5 m, Ausführung im Grundriss rund“ bzw. „… Ausführung im Grundriss gerade“, hätte für die Herstellung der Wände eine DOKA-Rundschalung H 20 verwendet werden können. Wegen der vorgesehenen Neigung der Wände um fünf Grad hätte diese Systemschalung lediglich modifiziert werden müssen. Durch das Befestigen von Keilbalken hätte die Wandneigung vorgegeben werden können.

25

Diese Systemschalung mit den Zusatzbauteilen hätte sich mehrfach umsetzen lassen. Durch das Lösen der Sichtbetonschalung wäre es auch möglich gewesen, den gewünschten Radius mittels einer Schablone neu einzustellen. Dieses technologische Konzept unter Einsatz der modifizierten DOKA-Rundschalung sei Grundlage ihrer Kalkulation gewesen und habe Eingang in ihr Angebot vom 14. Januar 2002 gefunden. Wesentlicher Bestandteil der Schalungskalkulation seien die Vorhaltezeiten und Bedarfsmengen für einzelne Schalungen. Nach dem ursprünglichen Bausoll hätte sich das Bauwerk Hörsaal bei der Herstellung in Bauteil- und Betonierabschnitte zerlegen lassen. Das mehrmalige Umsetzen von Stützenschalungen, Wandschalungen und Unterzugsschalungen wäre hierbei möglich gewesen, wodurch die Kosten der Vorhaltung hätten gering gehalten werden können, was sich günstig auf den von ihr kalkulierten Schalpreis ausgewirkt habe. Sie habe für die Herstellung des Untergeschosses des Hörsaals mit einer Bauzeit von 46 Arbeitstagen und für die Herstellung des Erdgeschosses des Hörsaals mit 56 Arbeitstagen kalkuliert. In Anbetracht der vorstehend erläuterten Konstruktion und des von ihr kalkulierten Schalungssystems sei diese Bauzeitenplanung realistisch und angemessen. Die kalkulierte Bauzeit bewege sich auch innerhalb der Gesamtbauzeit für das Los 1, welche ausweislich der Vertragsunterlagen einen Ausführungszeitraum vom 04. März 2002 bis 20. Februar 2003 vorgesehen habe. Mit der Werkplanung der Schalung des Hörsaals habe sie als Nachunternehmerin die S. GmbH beauftragt. Für die Herstellung der Werkplanung sei ein Zeitraum von 27 Arbeitstagen von ihr kalkuliert worden. Auch dieser Zeitraum, der sich innerhalb des Gesamtausführungszeitraums für das Bauvorhaben halte, sei in Anbetracht der vorstehend erläuterten Konstruktion und des Schalungssystems realistisch und angemessen. Besonderes, zusätzliches Bauleitungspersonal für die Herstellung des Hörsaals habe sie nicht kalkuliert. Dies sei auch nicht erforderlich gewesen. Die Koordination und Aufsicht habe u. a. durch den ohnehin auf der Baustelle eingesetzten Polier erfolgen sollen.

26

Die von der Beklagten nach Vertragsschluss geforderte Bauausführung habe jedoch nicht dem vorstehend dargelegten, ursprünglichen Bausoll entsprochen. Das statische System sei gegenüber der Ausschreibung verändert worden. Grundlage hierfür seien die von der Beklagten freigegebenen Ausführungspläne Plan Nr. S-UG-06, Plan Nr. S-EG-06 und Plan Nr. S-EG-15 gewesen. Die Änderungen hätten Auswirkungen auf die Schalung und die Bauzeit, insbesondere die Vorhaltezeiten für die Schalung gehabt. Das geänderte Bausoll (= Bau-Ist) sei in den nach Vertragsschluss von der Beklagten übergebenen, freigegebenen Ausführungsplänen für die Tragwerksplanung des Ingenieurbüros K., Plan Nr. S-UG-05, Schalplan-Untergeschoss vom 05. September 2002, Plan Nr. SEG-06, Schalplan-Erdgeschoss, vom 15. Mai 2003 und Plan Nr. S-EG-15, Schalplan-Erdgeschoss (Hörsaal), vom 22. Januar 2003 dargestellt. Die Wände hätten nunmehr nicht durchgängig, d. h. vom Fußboden bis zur Decke, eine Neigung aufweisen sollen. Im unteren Bereich der Wände habe ein bis zur Höhe von 2 m unterschiedlich hoher senkrechter Wandsockel erstellt werden sollen. Erst oberhalb des Sockels habe sich die Wand um etwa fünf Grad nach innen zur Decke hin neigen sollen. Mit anderen Worten habe ein „Knick“ innerhalb der Wand erstellt werden müssen. Das ursprünglich von ihr kalkulierte Schalsystem mit DOKA-Systemschalung nach dem Baukastenprinzip sei nicht mehr anwendbar gewesen. Für den geneigten Wandbereich mit den nunmehr integrierten Wandvorlagen habe eine räumliche Sonderschalung hergestellt werden müssen. Die Schalungskörper hätten dabei die fünf Grad-Neigung der Wand und die Geometrie der Wandvorlagen abdecken müssen. Dies habe sich nur über ein wirklichkeitsgetreues CAD-Modell als Vorlage herstellen lassen. Die individuellen Schalungskörper hätten ingenieurtechnisch geplant und gefertigt werden müssen. Ursprünglich sei ausweislich des Leistungsverzeichnisses die Herstellung des Hörsaals durch Einsatz einer einhäuptigen Schalung vorgesehen gewesen. Dabei erfolge keine Verankerung der an der Innenseite und der Außenseite der herzustellenden Wand angebrachten Schalung miteinander durch den Baukörper hindurch, sondern die jeweilige Schalung sei durch A-Böcke mit dem Boden verankert. Aufgrund des geänderten Bausolls habe eine besonders angefertigte und geplante Unikat-Schalung eingesetzt werden müssen. Entsprechend diesen Änderungen habe sie die Bauleistungen zur Errichtung des Rohbaus des Hörsaalgebäudes ausgeführt. Aufgrund der Änderung der Konstruktion des Hörsaals und des nunmehr erforderlichen Einsatzes einer Unikatschalung habe sich die Bauzeit verlängert, und es seien der Einsatz zusätzlichen Personals und der Einsatz eines zusätzlichen Mobilkrans erforderlich gewesen. Für die aufwendige Planung der Unikat-Schalung sei nunmehr eine Bauzeit von 116 Arbeitstagen erforderlich gewesen.

27

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass ihr insoweit ein Mehrvergütungsanspruch zustehe. Die Beklagte habe eine Änderung des Bauentwurfs angeordnet, wodurch ihr Mehrkosten für die aufwendigere Schalung des Hörsaalgebäudes entstanden seien, für die sie eine Mehrvergütung beanspruchen könne.

28

Nachdem die Klage zunächst vor dem Landgericht Dessau-Roßlau erhoben wurde, hat dieses sich mit Beschluss vom 05. Dezember 2012 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Magdeburg verwiesen. Dort hatte die Klägerin zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 642.454,34 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19. Dezember 2005 zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 18. April 2012 hat sie die Klage teilweise zurückgenommen und auf eine Vergütung für den Nachtrag Nr. 36 (Hörsaal) beschränkt.

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Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an sie 572.738,61 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Dezember 2005 zu zahlen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

33

Sie hat sich darauf berufen, dass ihre Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt eine Änderung des Bauentwurfs angeordnet oder sonst Zusatzaufträge an die Klägerin erteilt hätten, so dass Mehrkosten für eine aufwendigere Schalung des hier in Streit stehenden Hörsaalgebäudes nicht entstanden seien. Die Klägerin habe weder dem Grunde noch der Höhe nach Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung aus dem von ihr geltend gemachten Nachtrag Nr. 36 (Hörsaal). Bei der Herstellung des Rohbaus „Hörsaal“ seien keine Mehrkosten entstanden, die ihren Ursprung in einer gegenüber dem ursprünglichen Bau-Soll von ihr angeordneten Änderung des Bauentwurfs gehabt hätten. Die Klägerin sei zudem auch jeden Nachweis schuldig geblieben, tatsächlich eine Systemschalung für die Errichtung der Außenwände des Hörsaals, wie von ihr behauptet, kalkuliert zu haben. Unabhängig davon, dass für ein Fachunternehmen aus den Sollvorgaben der Verdingungsunterlagen ersichtlich gewesen sei, dass der Einsatz einer Systemschalung für die Errichtung des Rohbaus „Hörsaal“ technologisch nicht umsetzbar war, liege eine Änderung des Bauentwurfs durch die Beklagte nicht vor. Aus der Leistungsbeschreibung (Seite 70) gehe unstreitig hervor und bedürfe daher auch keiner besonderen Erwähnung gegenüber einem Fachunternehmen, dass es sich bei den beschriebenen Stützen, um solche in Randlage handele, deren Geometrie durch die im Leistungsverzeichnis beschriebenen aus den Lotrechten herausgeneigten Wände bestimmt werde. Die Randlage der Stützen sei auch dem Leistungsverzeichnis als Anlage 6 beigefügten Grundrissplan Dienstgebäude-Grundriss EG (Anlage K 1) sowie den zur Einsichtnahme am 13. Dezember 2001 ausgelegten Plan-Nr. 4.01.C.100.00/11 zu entnehmen. Die beschriebene Auflagerung des Deckensystems auf Wände und Stützen weise zusätzlich darauf hin, dass die Lastabtragung aus der Decke über diese Bauteile und über die Gründung bis in den Baugrund habe erfolgen sollen. Es sei allgemeiner Stand der Technik, dass bei derartigen statischen Systemen in Ortbetonbauweise der Wandquerschnitt der die Randstützen tangierenden Wandflächen bei der Ermittlung des statisch notwendigen Querschnittes der Stützen berücksichtigt werde. Dabei sei der Verbund zwischen Stütze und Wand über die Bewehrung notwendig. Dieser Verbund erfordere das Betonieren beider Bauteile (Wand und Stütze) in einem Arbeitsgang. Der Verbund zwischen Wand und Stütze sei im Plan-Nr. 4.01.C.100.00/11 ersichtlich. Die zeichnerische Darstellung des Verbundes beider Bauteile ergebe sich aus der nicht vorhandenen durchgängigen Linienführung zwischen diesen Bauteilen. Aufgrund der in dem Leistungsverzeichnis Pos. 1.3.2.740 und 1.3.2.760 vorgegebenen Wandhöhen von bis zu 5,50 m und der aus der Lotrechten um fünf Grad herausbeschriebenen Schrägstellung sowie dem vorgegebenen Wandquerschnitt sei sogar zwingend das Betonieren der Bauteile Wand und Stützen zur Erhöhung der Steifheit und Knicksicherheit in einem Arbeitsgang erforderlich.

34

Die Beklagte hat weiterhin behauptet, dass gerade aus dem der Seite 70 des Leistungsverzeichnisses vorangestellten Hinweistext zu den Leistungsbeschreibungen der Decke erkennbar gewesen sei, dass das stützenfreie Deckensystem im Randbereich der Stahlbetonwände und Stützen aufgelagert sein sollte. Damit sei klar erkennbar gewesen, dass die Lasten aus der Decke über diese beiden Bauglieder abgetragen werden sollten und diese im Verbund hätten stehen müssen. Bereits aufgrund dieser Vorgabe sei der Einsatz von kostengünstigen Systemschalungen nicht oder nur in modifizierter Form mit zusätzlichen kostenaufwendigen Schalungskonstruktionen in Betracht gekommen. Der Einsatz der DOKA-Stützenschalung sei bei Randstützen, die im Verbund mit Wänden errichtet werden sollen, nicht praktikabel. Soweit die Klägerin behaupte, dass das ursprünglich von ihr kalkulierte Schalungssystem mit DOKA-Systemschalung nach dem Baukastenprinzip nicht mehr anwendbar gewesen sei, könne dies keine Zusatzvergütung rechtfertigen. Da zwischen dem Bau-Soll und dem Bau-Ist keine Änderungen vorlägen, hätte die Klägerin bereits in ihrem Angebot vom 14. Januar 2002 eine Sonderschalung für die Innenseite aus Schalungskörpern, die die Neigung der Wand und die Geometrie der Wandvorlagen abbildeten, als Unikatschalung kalkulieren müssen. Dieser Kalkulationsirrtum der Klägerin könne ihr nicht angelastet werden. Dies gelte hier auch deshalb, weil ein weiterer Bieter des Vergabeverfahrens in seinem Angebot den Einsatz von Schalungskästen (Schalungskörpern), wie sie von der Klägerin in letzter Konsequenz auch verwendet worden seien, vorgesehen habe, obwohl dieser die bei ihr ausgelegten Pläne nicht eingesehen habe. Bei dieser angebotenen Schalung handele es sich um eine modifizierte Rundschalung aus dem Programm PERI mit Schalungskästen.

35

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. R. H. vom 24. März 2010 und Ergänzungsgutachten vom 12. August 2010 und 16. Januar 2012. Ferner hat der Sachverständige sein Gutachten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22. März 2011 vor dem Landgericht erläutert. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2011 Bezug genommen.

36

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin einen Anspruch auf zusätzliche Vergütung nach § 2 Nr. 5 VOB/B in Höhe von 29.014,42 Euro brutto habe. Dieser Betrag entspreche den Mehrkosten der Klägerin im Nachtrag 36, weil erst aus den nach Vertragsschluss freigegebenen Ausführungsplänen ersichtlich gewesen sei, dass die Wände im unteren Bereich senkrecht und erst darüber mit einer Neigung von fünf Grad zu erstellen gewesen seien und dies nicht zuvor bereits Leistungsinhalt geworden sei. Weitere Ansprüche stünden der Klägerin nicht zu. Sie habe insbesondere keinen Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B auf Vergütung der zusätzlichen Kosten, die dadurch entstanden seien, dass statt der ursprünglich kalkulierten System - eine Unikatschalung habe verwendet werden müssen. Im Ergebnis des eingeholten Gutachtens sei der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag nach §§ 133, 157 BGB so auszulegen, dass der monolithische Verbund zwischen Wänden und Stützen im Hörsaal Vertragsinhalt und damit Leistungsverpflichtung der Klägerin geworden sei. Wie der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt habe, sei insbesondere unter Berücksichtigung der Deckenkonstruktion davon auszugehen, dass die Entscheidung für einen monolithischen Verbund bereits vor der Ausschreibung der Leistung erfolgt sei. Der Sachverständige habe bereits in seinem Gutachten vom 24. März 2010 ausgeführt, dass die Entscheidung der Auftraggeberin für eine monolithische Konstruktion bereits während der Entwurfsphase der Tragwerksplanung, mithin vor Ausarbeitung der Vergabeunterlagen, erfolgt sein müsse, da damit das maßgebende statische System festgelegt worden sei. Demnach handele es sich nicht um eine Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Bauherrn i. S. d. § 2 Nr. 5 VOB/B. Die Vergabeunterlagen ließen die gewählte Konstruktion zwar nicht eindeutig erkennen. Allerdings könne auch keine andere Art der Ausführung dem Leistungsverzeichnis entnommen werden. Statisch-konstruktive Merkmale würden zum Hörsaal gar nicht genannt. Konkret ergebe sich die monolithische Ausführung nach Darstellung des Sachverständigen aber eindeutig aus dem Grundrissplan 4.01-C.100.00/11. Dieser Plan sei Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen gewesen und habe von der Klägerin vor Erstellung des Angebotes eingesehen werden können. Sie habe von der Möglichkeit der Einsichtnahme auch Gebrauch gemacht. Die Kammer gehe daher davon aus, dass die monolithische Ausführung der Wand/Pfeiler-Konstruktion des Hörsaales bereits vor der Erstellung der Vergabeunterlagen geplant gewesen sei und insoweit jedenfalls keine Planänderung i. S. d. § 2 Nr. 5 VOB/B vorliege. Die von der Klägerin geltend gemachten Mehrkosten seien vielmehr darauf zurückzuführen, dass sie einfach davon ausgegangen sei, dass die Bauteile nicht miteinander hätten verbunden werden sollen, ohne sich jedenfalls den Grundrissplan 4.01-C.100.00/11, der als einziger eine konkrete Aussage über die Konstruktionsart getroffen habe, genau anzuschauen. Dabei sei zu beachten, dass grundsätzlich alle im Rahmen der Ausschreibung übergebenen Unterlagen bei der Erstellung des Angebotes und der Kalkulation zu berücksichtigen seien. In der Konsequenz scheide daher auch ein Anspruch aus § 2 Nr. 6 VOB/B aus. Gleiches gelte für einen Anspruch aus § 2 Nr. 8 VOB/B.

37

Die Klägerin könne auch keinen Schadensersatzanspruch wegen unklarer Ausschreibung in Höhe der Mehrkosten für die monolithische Ausführung der Wand/Stützen-Kombination geltend machen, weil sie verpflichtet gewesen sei, die monolithische Ausführung mit einer Unikat-Schalung zu erbringen. Ihr sei zwar zuzugeben, dass ein Verstoß der Beklagten gegen Vorschriften der VOB/A, insbesondere § 9 Nr. 1 - 4 VOB/A möglicherweise angenommen werden könne, weil die monolithische Ausführung der Wand-Stützen-Kombination nicht bereits aus dem Textteil der Leistungsbeschreibung erkennbar gewesen sei. Eine abschließende Beurteilung der Frage, ob die Beklagte tatsächlich schuldhaft gegen Regelungen der VOB/A verstoßen habe, sei hier nicht nötig. Denn nicht jeder Verstoß gegen eine drittschützende Vorschrift der VOB/A sei haftungsbegründend. Ferner müsse der Auftragnehmer/Bieter in seinem schutzwürdigen Vertrauen auf die Einhaltung der VOB/A enttäuscht worden sein. Ein Vertrauen in diesem Sinne sei nur gegeben, wenn der Auftragnehmer/Bieter den maßgeblichen Verstoß gegen die VOB/A nicht erkannt habe. Darüber hinaus müsse sein Vertrauen schutzwürdig sein, was in der Regel nicht der Fall sei, wenn er den Verstoß bei der ihm im jeweiligen Fall zumutbaren Prüfung hätte erkennen können. Die Enttäuschung eines schutzwürdigen Vertrauens der Klägerin könne die Kammer jedoch nicht erkennen.

38

Die Klägerin könne jedoch die Mehrkosten für den senkrechten Sockel über 29.014,24 Euro brutto verlangen. Der Sachverständige habe in seinem Gutachten ausgeführt, dass die Tatsache, dass die Pfeilervorlagen im Fußbereich einen Rücksprung und im Sockelbereich einen Knick hätten aufweisen sollen, sich erst aus der Ausführungsplanung ergeben habe. Dabei habe es sich um eine Änderung gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B gehandelt. Sollte der Rücksprung im Fußbereich und der Knick im Sockelbereich bereits Vertragsinhalt geworden sein, hätte die Klägerin jedenfalls einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss, da dieses Detail nach Auskunft des Sachverständigen tatsächlich erst aus den nach Vertragsschluss freigegebenen Ausführungsplänen erkennbar gewesen sei.

39

Gegen dieses Urteil haben die Klägerin Berufung und die Beklagte Anschlussberufung eingelegt.

40

Die Klägerin stellt das Urteil insoweit zur Überprüfung, als der Klage in Höhe eines Betrages von 494.232,48 Euro zzgl. Zinsen nicht entsprochen worden ist. Zur Begründung führt sie aus, dass das Landgericht bei der Auslegung des Vertrages die von der Rechtsprechung aufgestellten Auslegungskriterien nicht berücksichtigt habe. Bei zutreffender Prüfung der Rechtslage hätte ihr auf der Grundlage des § 2 Nr. 5 bzw. Nr. 6 VOB/B eine weitere Vergütung in der beanspruchten Höhe zugesprochen werden müssen.

41

Der Sachverständige habe bestätigt, dass auch ein Verbund von Wand und Stütze unter Verwendung einer Systemschalung möglich sei. Erst durch die Vorgabe der Beklagten, Wand und Stütze in einem Arbeitszug herzustellen, habe auf die Systemschalung nicht mehr zurückgegriffen werden können. Folglich könne die Beklagte allenfalls behaupten, dass der Grundriss maßgebend sei und die fehlende Einzeichnung einer Arbeitsfuge auf dem Pfeiler in dem Grundriss auf eine monolithische Ausführung schließen lasse. Eine solche monolithische Ausführung hätte nur mittels einer Unikat-Schalung ausgeführt werden können. Der Sachverständige habe im Rahmen seiner Anhörung zudem ausgeführt, dass er im Grundriss keine Arbeitsfuge gefunden habe. Seine Antwort sei ohne nähere Prüfung aus dem Stegreif erfolgt. Bei näherer Prüfung hätte er unter Heranziehung der Fachliteratur erkennen können, dass Grundrisse im Maßstab von 1 : 100 generell keine Arbeitsfugen enthielten. Ein solches Detail werde in der Regel erst in Ausführungspläne im Maßstab 1 : 50 aufgenommen.

42

Hilfsweise hat die Klägerin ihren Zahlungsanspruch auf einen Schadensersatzanspruch wegen eines Verstoßes gegen die Leistungsbeschreibungsvorgaben des § 9 VOB/A (a.F.) gestützt, weil die Beklagte eine unvollständige und unklare Ausschreibung zugrunde gelegt habe. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf ihre Berufungsbegründung und ihren Schriftsatz vom 28. November 2012 verwiesen.

43

Die Klägerin beantragt,

44

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts vom 06. Juli 2012 die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 494.232,84 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Dezember 2005 zu zahlen und die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

45

Die Beklagte beantragt,

46

die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Magdeburg vom 06. Juli 2012 die Klage abzuweisen.

47

Sie ist der Auffassung, dass das Landgericht den von der Klägerin geltend gemachten Werklohnanspruch für den Nachtrag 36 zu Recht abgewiesen habe. Außer der pauschalen Behauptung, eine Systemschalung einkalkuliert zu haben, habe die Klägerin der Höhe nach nicht nachgewiesen, dass die von ihr geltend gemachten Mehrkosten tatsächlich allein auf den angeblichen Änderungen gegenüber der Ausschreibung nach ihrem Verständnis entstanden seien. Ihre Angaben in der Urkalkulation belegten vielmehr das Gegenteil. Bei den Schalungspositionen für den Hörsaal habe die Klägerin abweichend von ihren übrigen Eintragungen in der Urkalkulation „Frami oder Framax“, also der Systemschalung des Herstellers DOKA, in den Positionen, die den Hörsaal betreffen, als den Positionen 1.3.4.1150, 1.3.4.1170 bis 1.3.4.1210 und Position 1.3.4.1310 jeweils den Begriff „Sonstige“ gewählt.

48

Mit ihrer Anschlussberufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung. Sie ist der Auffassung, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme das Landgericht der Klägerin keinen Zahlungsanspruch hätte zusprechen dürfen. Den zuerkannten Betrag habe der Sachverständige in seinem Gutachten vom 24. März 2012 dadurch ausgewiesen, dass er von den Gesamtkosten des Nachtrags 36 zunächst einen pauschalen Abzug von 10 % vorgenommen und die restlichen 90 % der Kosten wiederum in einem prozentualen Verhältnis 90 % wegen des monolithischen Verbunds und 10 % wegen des angeblich nicht erkennbaren Mix im Sockelbereich aufgeteilt habe. Die ermittelten 10 % beruhten damit nicht auf echten festgestellten Mehrkosten für den Knick, sondern seien eine reine prozentuale Schätzung. Unabhängig davon, dass mit dieser Angabe, die tatsächlichen Mehrkosten für den angeblich nicht erkennbaren Knick i. S. d. § 2 Nr. 5 VOB/B festgestellt worden seien, habe das Landgericht verkannt, dass die Beklagte nach dem unstreitigen Vortrag im Zuge des Verfahrens nach § 18 VOB/B den Nachtrag 36 in Höhe eines Teilbetrages von 57.416,10 Euro vergütet habe. Da die auf den Nachtrag bereits gezahlte Vergütung die im Beweisergebnis festgestellte, angeblich berechtigte Forderung bereits überstiegen habe, sei kein Raum für die teilweise zugesprochene Forderung gewesen. Hierzu hätte der Sachverständige eine berechtigte Nachtragsvergütung in einer 47.416,10 Euro netto übersteigenden Höhe feststellen müssen.

49

Darüber hinaus beanstandet die Beklagte auch das Beweisergebnis, wonach der Knick in den Betonwänden des Hörsaals auf Höhe der Sohle aus den Verdingungsunterlagen angeblich nicht erkennbar gewesen sei. Sie verweist insoweit auf die mit Anlage B 15 sowie als Anlage K 28 in den Prozess eingeführten Ausführungspläne 6.11.ce.10.01, 10.02 und 10.03. Auf den dort ausgewiesenen Details für den Fußpunkt im Bereich der Sohle sei auf den drei Ausführungsplänen der Knick in der Außenwand erkennbar. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf ihre Berufungserwiderung verwiesen.

50

Der Senat hat Beweis erhoben durch ergänzende Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. H. . Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. Januar 2013 verwiesen.

II.

51

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet, während die Anschlussberufung der Beklagten Erfolg hat. Denn das angefochtene Urteil beruht auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1 1. Fall, 546 ZPO). Die Parteien haben bei Abschluss des Bauvertrages die VOB/B (2000) wirksam in den Vertrag einbezogen.

52

Der Klägerin steht der geltend gemachte Nachtragsvergütung für die monolithische Ausführung der Wand-Stützen-Konstruktion nicht zu. Denn bei der geforderten Vergütung für den Nachtrag Nr. 36 (Hörsaal) handelt es sich weder um eine nach § 2 Nr. 5 VOB/B a. F. zu vergütende Leistungsänderung (§ 1 Nr. 3 VOB/B a. F.) noch um eine zusätzliche Leistung im Sinne von § 2 Nr. 6 VOB/B. Die monolithische Verbindung der Wände und Stützen ist bereits von dem ursprünglich erteilten Auftrag im Sinne von § 2 Nr. 1 VOB/B a. F. umfasst gewesen. Soweit die Klägerin bei Vertragsschluss davon ausgegangen sein sollte, problemlos industriell hergestellte Systemschalungen verwenden zu können, handelt es um eine Fehlvorstellung, die auf den Umfang der vertraglich geschuldeten Leistungen keinen Einfluss hat.

53

Die geschuldete Leistung wird bestimmt durch sämtliche Vertragsunterlagen, den einschlägigen technischen Regelwerken und der Vereinbarung der Parteien über die Funktion und die Zweckbestimmung des Werkes. Der Inhalt der geschuldeten Leistung ergibt sich durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) des gesamten Vertragswerks und der Begleitumstände. Dazu gehören auch die bei Vertragsschluss vorliegenden Grundrisspläne. Dabei gibt es grundsätzlich keinen Vorrang bestimmter Vertragsbestandteile. Der Leistungsbeschreibung kommt gegenüber den Plänen nur dann die größere Bedeutung zu, wenn in ihr die Leistung im Einzelnen genauer beschrieben wird. Grundsätzlich geht die speziellere Regelung vor. Nach der Rechtsprechung geht ein detailreich aufgestelltes Leistungsverzeichnis als Leistungsbeschreibung allen anderen Vertragsbestandteilen vor (z. B. OLG Jena, IBR 2004, 410). Dies gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Das Verhältnis zwischen dem Leistungsverzeichnis und anderen Vertragsbestandteilen und -grundlagen ist vielmehr durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. Dabei sind auch die Umstände des Einzelfalles, unter anderem auch die konkreten Verhältnisse des Bauwerks zu berücksichtigen (z. B. BGH, BauR 2002, 935, 936).

54

Im vorliegenden Fall liegt allerdings eine unklare Leistungsbeschreibung vor, weil diese zwar den Werkerfolg formell vollständig, aber nicht kalkulierbar wiedergibt (z. B. Dähne, BauR 1999, 289, 293). Die von der Klägerin zu erbringenden Schalungsarbeiten als solche werden im Leistungsverzeichnis nur pauschal beschrieben. Der Sachverständige Prof. Dr. H. hat in seinem Gutachten vom 24. März 2010 dazu nachvollziehbar ausgeführt, dass aus der Textfassung des Leistungsverzeichnisses nicht zu entnehmen sei, dass Wände und Stützen der Konstruktion des Hörsaales monolithisch zu verbinden waren. Diese Tatsache könne nur aus einem detaillierten Studium der das Leistungsverzeichnis begleitenden Planunterlagen entnommen werden. So werde in den die Ortbetonarbeiten betreffenden Positionen, von Wänden und Stützen als getrennte Einheiten gesprochen. Es sei nicht zu erkennen, dass diese eine monolithische Verbindung im Sinne einer Pfeilervorlage aufweisen sollen. Auch aus den die Schalung betreffenden Positionen sei die monolithische Verbindung von Wand und Stütze nicht ablesbar gewesen, da hier konsequent von getrennten Bauteilen gesprochen werde. Da es sich bei diesen Positionen um die Beschreibung der Schalung für Wand und Stütze handele, wäre es notwendig gewesen, hier einen Hinweis auf die monolithische Ausführung zu geben.

55

Das unklare Leistungsverzeichnis hätte die Klägerin aber nicht ohne weiteres hinnehmen dürfen. Sie hatte vielmehr die Obliegenheit, sich daraus ergebende Zweifelsfragen vor Abgabe ihres Angebotes zu klären. Denn der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 24. März 2010 weiter ausgeführt, dass aus dem Plan Nr. 4.01.C.100.00/11 (Anlage B 15) jedenfalls deutlich zu erkennen sei, dass Stützen und Wände im Hörsaal monolithisch zu verbinden waren. Im Rahmen seiner mündlichen Anhörung vor dem Senat am 31. Januar 2013 hat er dies nachvollziehbar dahin erläutert, dass dies deshalb der Fall sei, weil in dem Plan keine freistehenden Stützen eingezeichnet waren. Auch wenn der Plan lediglich einen Maßstab 1 : 100 aufweise, hätten darin die freistehenden Stützen eingezeichnet werden müssen. Genau dies sei aber nicht der Fall. Der Ausschreibungstext und der Plan passten erkennbar nicht zusammen. Da es sich um ein sehr komplexes Bauvorhaben handele, sei für den Bieter ohnehin eine sorgfältige Prüfung auch dieses wesentlichen Punktes angezeigt gewesen. Aus seiner Sicht hätte die Klägerin nachfragen müssen, ob eine monolithische Ausführung geschuldet sei. Wie letztlich die ausgeschriebenen Leistung im Ergebnis ausgeführt werde, könne aus dem Plan allerdings nicht abgeleitet werden. Insbesondere könne daraus nicht abgeleitet werden, dass zwingend eine monolithische Ausführung erforderlich sei. Denkbar sei auch, dass eine Ausführung in mehreren Schritten erfolge, wobei dann die statischen Vorgaben beachtet werden müssten. Grundsätzlich hätte man hier zwar mit industriell vorgefertigten Schalungselementen arbeiten können - wenn man keine monolithische Ausführung hätte herstellen wollen allerdings hätte dann im Bereich der Pfeiler die Vorsatzschalung gesondert angefertigt bzw. angepasst werden müssen, weil sich die Winkel durch die Vorgabe des Bauwerks ständig änderten. Dies wäre im Ergebnis genauso teuer gewesen wie eine monolithische Ausführung. Schon in seinem Ergänzungsgutachten vom 16. Januar 2012 hatte der Sachverständige dazu nachvollziehbar ausgeführt, dass diese Kosten bei 450.444,35 Euro netto gelegen hätten.

56

Die Klägerin musste bei ihrer Kalkulation auch den Plan Nr. 4.01.C.100.00/11 mitberücksichtigen. Denn den Ausschreibungsunterlagen war ein Zeichnungsverzeichnis beigefügt, in dem auf diesen Plan Bezug genommen wird. Die Klägerin hat diesen Plan auch unstreitig vor Abgabe ihres Angebotes bei der Beklagten eingesehen und damit Kenntnis von dessen Inhalt.

57

Zwar gibt es nach der Rechtsprechung keine Auslegungsregel dahin, dass ein Vertrag mit einer unklaren Leistungsbeschreibung allein deshalb zu Lasten des Auftragnehmers auszulegen ist, weil dieser die Unklarheiten vor der Abgabe seines Angebotes nicht aufgeklärt hat (z. B. BGHZ 176, 23). Soweit nach Vertragsschluss eine vom Auftraggeber angeordnete Änderung der Bauwerksplanung Änderungen der technischen Leistungen zur Folge hat, kann dies daher durchaus als Änderung des Bauentwurfs anzusehen sein (§ 1 Nr. 3 VOB/B a. F.) und zu einem geänderten Vergütungsanspruch des Auftragnehmers führen (§ 2 Nr. 5 VOB/B a. F.). Denn ein Auftraggeber könne grundsätzlich nicht erwarten, dass ein Auftragnehmer bereit ist, einen Vertrag zu schließen, der es dem Auftraggeber erlaube, die Vertragsgrundlagen beliebig zu ändern, ohne dass damit ein Preisanpassungsanspruch verbunden wäre. Es verbiete sich insoweit nach Treu und Glauben (§ 242 BGB), aus einer mehrdeutigen, die technischen Anforderungen betreffenden Passage der Leistungsbeschreibung derart weitgehende vergütungsrechtliche Folgen für den Auftragnehmer abzuleiten (z. B. BGH, a. a. O.).

58

Im vorliegenden Fall ist das Risiko einer Fehlkalkulation allerdings nicht dadurch begründet gewesen, dass der Beklagten erlaubt worden wäre, die dem Vertrag zugrunde liegende Planung zu ändern. Vielmehr war die geschuldete Ausführung abhängig von teilweise nicht ausreichend koordinierten Vertragsgrundlagen, wie sie bereits bei Vertragsschluss feststanden. Ein Auftragnehmer muss, wenn sich aus dem Leistungsverzeichnis und aus weiteren verfügbaren Unterlagen die Bauausführung in bestimmter Weise nicht mit hinreichender Klarheit ergibt, er aber bei der Kalkulation maßgeblich darauf abstellen will, versuchen, insoweit aufkommende Zweifel vor Abgabe des Angebotes auszuräumen, wenn sich das mit zumutbaren Aufwand machen lässt (z. B. BGH, BauR 1987, 683).

59

Die Klägerin hätte sich im vorliegenden Fall jedoch ohne größeren Aufwand weitere Erkenntnisse über die vorgesehene Bauweise verschaffen können und müssen. Die Beklagte wäre als öffentliche Auftraggeberin dann ggf. sogar verpflichtet gewesen, diese Informationen auch den anderen Bewerbern zugänglich zu machen (§ 17 Nr. 7 VOB/A a. F.). Eine Nachfrage wäre für die Klägerin auch zumutbar gewesen. Denn dies hätte nicht zwingend zur Nichtberücksichtigung ihres dann modifizierten Angebotes und zur Erteilung des Zuschlags für das kostengünstigere Angebot eines anderen Bieters geführt. Die Beklagte hätte dann unter Umständen die Ausschreibung sogar aufheben müssen (§ 26 VOB/A a. F.).

60

Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Klägerin gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Zahlung von 29.014,42 Euro nach § 2 Nr. 5 VOB/B a. F. deswegen zu, weil die geometrischen Vorgaben im Fußbereich der Außenwand und der Pfeilervorlagen - Knick und Rücksprung - den Ausschreibungsunterlagen nicht entnommen werden konnten. Zwar hat der Sachverständige dies in seinem schriftlichen Gutachten vom 24. März 2010 so ausgeführt und die für die Realisierung der Schalungsarbeiten beim Bau des Hörsaales notwendigen Kosten auf insgesamt 450.444,35 Euro netto beziffert, wovon 24.381,87 Euro netto auf die nachträglich bekanntgebenden geometrischen Vorgaben im Fußbereich der Außenwand und der Pfeilervorlagen entfielen. In seiner Anhörung vor dem Senat hat er dies aber dahin eingeschränkt, dass er sich nicht mehr sicher sei, ob der Knick in allen Zeichnungen auf der gleichen Höhe eingezeichnet war. Hierzu bedarf es aber keiner näheren Aufklärung. Denn die Forderung der Klägerin ist - worauf sich die Beklagte zu Recht beruft - insoweit jedenfalls erloschen (§§ 362 Abs. 1, 366 Abs. 1 BGB). Denn diese hatte auf den Nachtrag Nr. 36 unstreitig bereits 57.416,10 Euro an die Klägerin gezahlt, was das Landgericht bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat.

61

Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Denn ein solcher Anspruch besteht nur dann, wenn der Auftraggeber die nach § 9 Nr. 1 bis 3 VOB/A a. F. erforderlichen Angaben schuldhaft unterlassen hat. Bei einem auf dem Vergabeverfahren nach der VOB/A beruhenden Vertragsschluss ist die Ausschreibung so zugrundezulegen, wie sie der maßgebliche Empfängerkreis, also der potentielle Bieter, verstehen muss. Grundlage der Auslegung ist der objektive Empfängerhorizont dieser potentiellen Bieter (z. B. BGH, NJW 2002, 1954). Neben dem Wortlaut der Ausschreibung sind die Umstände des Einzelfalles unter anderem die konkreten Verhältnisse des Bauwerks zu berücksichtigen (z. B. BGH, a. a. O.). Die Leistung ist nach § 9 Nr. 1 VOB/A a. F. eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher berechnen können. Sofern Mängel der Leistungsbeschreibung jedoch ohne Schwierigkeiten erkannt worden sind oder hätten erkannt werden können, scheidet ein Schadensersatzanspruch aus (z. B. BGH, BauR 1988, 338). Der von dem öffentlichen Auftraggeber begangene Verstoß gegen die Leistungsbeschreibungspflichten nach § 9 VOB/A a. F. wird in diesem Fall durch das spätere Verhalten des Bieters kompensiert, gleichgültig ob man dies als Mitverursachung oder als Mitverschulden nach § 254 BGB qualifiziert (z. B. Dähne, BauR 1999, 289, 302). Ein solcher Fall liegt - wie bereits ausgeführt wurde - auch hier vor. Denn die Leistungsbeschreibung war zumindest für einen Fachmann ersichtlich unklar. Diese Unklarheit durfte die Klägerin nicht durch eigene, für sie günstige Kalkulationsannahmen ausfüllen.

III.

62

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

63

Die Revision wird nicht zugelassen. Denn die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichtes (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Denn der Senat hat eine Einzelfallentscheidung getroffen, ohne dabei von den Grundsätzen der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen.

64

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1, 45 Abs. 2, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.

65

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 31. Januar 2013 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, da die Voraussetzungen der §§ 525, 296a Satz 2, 156 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen.


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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 296a Vorbringen nach Schluss der mündlichen Verhandlung


Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 525 Allgemeine Verfahrensgrundsätze


Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedar

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(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
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Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.