Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 25. Okt. 2012 - 1 U 65/12

bei uns veröffentlicht am25.10.2012

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 17.4.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Halle (4 O 1953/11) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 22.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages. Der Kläger kaufte bei der Beklagten einen neuen PKW … zum Preis von 19.794,98 Euro. Im Verkaufsprospekt heißt es u.a. unter der Rubrik Kraftstoffverbrauch und CO² - Ausstoß

2

Modell

 innerorts

 außerorts

     kombiniert

           

                          

       

     6,6l/100 km

        4,7l/100 km

        5,3l/100 km

3

In der jeweils in Bezug genommenen Fußnote 3 heißt es:

4

Gemäß EG-Verordnung 715/2007 in der gegenwärtig geltenden Fassung. Je nach Fahrweise, Straßen- und Verkehrsverhältnissen, Umwelteinflüssen, Zubehör, Fahrzeugzustand und Ausstattung ergeben sich in der Praxis Werte für den Kraftstoffverbrauch, die von den nach dieser Norm ermittelten Werten abweichen.

5

In der Klageschrift hat der Kläger vorgetragen:

6

Nach Übergabe des PKW führte der Kläger durch notieren der Fahrstrecke und der Tankmengen eigene Verbrauchsmessungen durch und kam zu dem Ergebnis, dass sein Fahrzeug deutlich mehr Kraftstoff verbrauchte. Tatsächlich musste er einen Verbrauch zwischen 9 und 10 Liter auf 100 km feststellen.

7

Beweis: Sachverständigengutachten

8

Die Beklagte bestreitet einen um mehr als 10 % höheren als angegebenen Verbrauch.

9

Das Landgericht (Bl. 20) hat den Kläger darauf hingewiesen, dass sein Vortrag unsubstanziiert sein dürfte. Vereinzelnden Vortrag hat der Kläger nicht gehalten. Er ist unter Hinweis auf ein Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (vom 14.12.2004 - 9 U 120/03 -; keine Fundstelle, auch bei juris nicht vermerkt; auszugsweise zitiert bei Reinking/Eggert Der Autokauf, 11. Aufl., Rn. 610; dem Senat liegt der Wortlaut der Entscheidung vor; Vorinstanz LG Flensburg Urteil vom 1.9.2003 - 8 O 112/03 - [hier: zitiert nach juris]) der Ansicht, mit der Beschreibung des behaupteten Mangels seiner Darlegungslast genügt zu haben.

10

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vortrages der Parteien und der in erster Instanz gestellten Anträge wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.

11

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger – trotz Hinweises – seiner Darlegungslast nicht nachgekommen sei.

12

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er keinen ergänzenden Sachvortrag hält, sondern unter erneutem Hinweis auf das genannte Urteil des Schleswig-Holsteinischen OLG vorträgt, dass er mehr zur Mängelbeschreibung nicht darlegen müsse. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 21.6.2012 (Bl. 60 ff.)

13

Wegen der in der Berufungsinstanz gestellten Anträge wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungsschrift vom 23.5.2012 (Bl. 51/52).

14

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus erster Instanz. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungserwiderung vom 2.7.2012 (Bl. 63 ff.)

II.

15

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

16

Das Urteil des Landgerichts ist in vollem Umfang zutreffend. Der Vortrag des Klägers bleibt auch in der Berufungsinstanz unsubstanziiert, weil nicht erläutert wird, ob der behauptete Verbrauch zwischen 9 und 10 Litern auf 100 Kilometer bei einer Fahrweise ermittelt worden ist, die zur Vergleichbarkeit mit den Herstellerangaben führt. Deshalb genügt es zur Annahme einer Beweisbedürftigkeit auch nicht, dass der vom Kläger behauptete Verbrauch oberhalb der höchsten Herstellerangabe liegt. Tatsachen zu den von ihm durchgeführten Fahrten, die einen Vergleich mit den standardisierten Verbrauchsangaben ermöglichen würden, hat der Kläger nicht vorgetragen (dazu: Brandenburgisches OLG Urteil vom 19.3.2008 - 4 U 135/07 - [NJW-RR 2008, 1282]; hier: zitiert nach juris.) Dieser Ansicht schließt sich der Senat an. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Beschreibung von Mangelerscheinungen steht dem nicht entgegen. Diese Rechtsprechung soll verhindern, dass vom Kläger (bei ihm i.d.R. nicht vorhandenes oder erwartbares) technisches Wissen für einen erheblichen Vortrag verlangt wird. Darum geht es aber vorliegend nicht. Es setzt keinerlei technisches Wissen voraus, rein tatsächliche Feststellungen dazu zu treffen, unter welchen äußeren Bedingungen (Straßenverhältnisse/Beladung des Fahrzeuges/Gefahrene Geschwindigkeit) die Vergleichsstrecke zurückgelegt wurde und welcher Verbrauch dabei ermittelt wurde. Vom Kläger wird letztlich nichts weiter erwartet, als dass er über einen bestimmten Zeitraum quasi ein Fahrtenbuch führt. Das Treffen solcher Feststellungen muss als zumutbar für einen substanziierten Sachvortrag angesehen werden. Dazu hat der Kläger trotz Hinweises durch das Landgericht indes kein Wort vorgetragen, sodass seine Behauptung als „ins Blaue aufgestellt“ anzusehen ist, und sich weder in erster Instanz noch für den Senat die Erforderlichkeit einer Beweisaufnahme ergab. Entgegen der Ansicht der Berufung steht dieser Ansicht auch das Urteil des Schleswig-HolsteinischenOLG (a.a.O.) nicht entgegen. Der unter I. genannte Satz aus der Klageschrift ergibt sich zwar wörtlich aus der Entscheidung (dort offenbar zitiert nach Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rn. 610). Es heißt dort an anderer Stelle (unter II. 2.) auch:

17

Seiner Darlegungslast hat der Kläger dadurch Genüge geleistet, dass er aufgrund der von ihm durchgeführten Vergleichberechnungen Verbrauchswerte des streitgegenständlichen PKW … bis max. 5,91935 l behauptet hat.

18

Die Relevanz dieser Feststellung erschließt sich aber erst im Zusammenhang mit den tatsächlichen Feststellungen des LG Flensburg (a.a.O.) im Ausgangsurteil. Daraus ergibt sich nämlich (Rn. 3 in der Zitierung nach juris), dass im dortigen Verfahren die Verbrauchsmessungen, die Grundlage für die Behauptung der durchschnittlichen Verbrauchsmenge waren, ausdrücklich vorgetragen wurden. Dabei handelt es sich also genau um den Vortrag, den der Senat im vorliegenden Verfahren (mit dem Landgericht) vermisst. Der Senat weicht mithin nicht von der von der Berufung als alleinigen Beleg für ihren Rechtsstandpunkt benannten Entscheidung des Schleswig-HolsteinischenOLG (a.a.O.) ab.

19

Da der Vortrag des Klägers nach wie vor unsubstanziiert ist, kann die Berufung keinen Erfolg haben.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

21

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

22

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen von § 543 ZPO nicht vorliegen (auf die Ausführungen zum Verhältnis dieser Entscheidung zur Entscheidung des Schleswig-HolsteinischenOLG [a.a.O.] wird Bezug genommen).


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil, 04. Sept. 2008 - 4 U 135/07

bei uns veröffentlicht am 04.09.2008

I. Das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 4. September 2007 wird geändert: Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. III. Das Urteil i

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I. Das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 4. September 2007 wird geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % der für die Beklagte insgesamt aus dem Urteil zu vollstreckenden Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger ist durch den Beschluss des Amtsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 28. April 2006 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Landwirtes W. D. bestellt.

2

Der Insolvenzschuldner war bzw. ist – hierüber sind die Parteien uneins - Mitglied der beklagten landwirtschaftlichen Genossenschaft. Die Satzung der Genossenschaft in der Fassung vom 22. Oktober 2002 enthält unter anderem folgende Regelungen:

3

"§ 4 – Beendigung der Mitgliedschaft

4

Die Mitgliedschaft endet durch

5

a) Kündigung (§ 5)

b) Übertragung des Geschäftsguthabens (§ 6)

c) Tod (§ 7)

d) Auflösung einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft (§ 8)

e) Ausschluss (§ 9).

6

§ 5 – Kündigung

7

(1) Jedes Mitglied hat das Recht, seine Mitgliedschaft zum Schluss eines Geschäftsjahres zu kündigen.

(2) ...

(3) Die Kündigung muss schriftlich erklärt werden und der Genossenschaft mindestens 24 Monate vor Schluss des Geschäftsjahres zugehen.

...

8

§ 9 – Ausschluss

9

(1) Ein Mitglied kann zum Schluss eines Geschäftsjahres aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden aus den im Gesetz (§ 68 GenG) genannten Gründen oder wenn

...      

c) es zahlungsunfähig geworden und überschuldet ist oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist;

...

10

§ 10 – Auseinandersetzungen

11

(1) Für die Auseinandersetzung zwischen dem ausgeschiedenen Mitglied und der Genossenschaft ist der festgestellte Jahresabschluss maßgebend; Verlustvorträge sind nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile zu berücksichtigen. Im Falle der Übertragung des Geschäftsguthabens (§ 6) findet eine Auseinandersetzung nicht statt.

(2) Das ausgeschiedene Mitglied hat Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens. Darüber hinaus hat das Mitglied keine Ansprüche auf das Vermögen der Genossenschaft. Die Genossenschaft ist berechtigt, bei der Auseinandersetzung die ihr gegen das ausgeschiedene Mitglied zustehenden fälligen Forderungen gegen das Auseinandersetzungsguthaben aufzurechnen. Der Genossenschaft haftet das Auseinandersetzungsguthaben des Mitgliedes als Pfand für einen etwaigen Ausfall, insbesondere im Insolvenzverfahren des Mitgliedes.

..."    

12

Mit Schreiben vom 9. Februar 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Höhe des Genossenschaftsguthabens (Geschäftsguthabens) des Insolvenzschuldners „zum Stichtag 31. Dezember 2005“ 30.217,39 € betrage.

13

Mit Schreiben vom 8. Mai 2006 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten die Kündigung der Mitgliedschaft des Insolvenzschuldners in der Genossenschaft und bat um Überweisung des Geschäftsguthabens auf sein Verwalterkonto.

14

Die Beklagte verweigerte die Auszahlung des Geschäftsguthabens unter Berufung darauf, dass ihr aufrechenbare Gegenforderungen gegen den Insolvenzschuldner zustünden. Der Kläger akzeptiert einen geringen Teil der zur Aufrechnung gestellten Forderungen und hat im Übrigen Klage auf Zahlung eines Betrages von 25.858,12 € nebst Zinsen und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten erhoben. Die Parteien haben in erster Instanz allein über die insolvenzrechtliche Zulässigkeit der erklärten Aufrechnung gestritten.

15

Der Einzelrichter der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat die Beklagte durch das angefochtene Urteil vom 4. September 2007 verurteilt, an den Kläger 25.858,12 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die von der Beklagten erklärte Aufrechnung unwirksam sei, da ihr die Aufrechnungsverbote nach § 95 und § 96 InsO entgegenstünden.

16

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, Sie macht unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags geltend, dass eine Aufrechnung auf Grund der Regelungen in ihren Satzungen unbeschadet der gesetzlichen Bestimmungen der Insolvenzordnung zulässig sei. Unabhängig davon hält sie die Klageforderung für jedenfalls derzeit nicht fällig, da die Kündigung des Klägers vom 8. Mai 2006 die Mitgliedschaft des Schuldners bei der Beklagten nach Maßgabe der Satzung frühestens zum Ablauf des Geschäftsjahres 2008 beenden könne.

17

Die Beklagte beantragt,

18

das Urteil des Amtsgerichts (offensichtlich gemeint: Landgericht) Frankenthal (Pfalz) vom 4. September 2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

19

Der Kläger beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe der Urteilsgründe und seines erstinstanzlichen Vorbringens. Die Rüge der fehlenden Fälligkeit sei verspätet und auch nicht entschuldigt. Im Übrigen habe die Beklagte selbst dem Kläger mitgeteilt, dass ein Auszahlungsanspruch bestehe.

II.

22

Die zulässige Berufung führt auch in der Sache zum Erfolg. Das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) ist entsprechend dem Antrag der Beklagten abzuändern, da der Erstrichter den Sachverhalt rechtlich nicht zutreffend bewertet hat.

23

Die Klage ist schon deswegen unbegründet, weil dem Kläger aus Rechtsgründen derzeit kein Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens des Insolvenzschuldners zusteht.

24

Die Kündigung der Mitgliedschaft des Insolvenzschuldners bei der Beklagten hat der Kläger als Insolvenzverwalter erklärt. Dass der Insolvenzverwalter grundsätzlich berechtigt ist, während der Insolvenz das Kündigungsrecht des Mitglieds einer Genossenschaft auszuüben, ist allgemein anerkannt, wobei dahinstehen kann, ob diese Befugnis unmittelbar aus seiner Stellung als Insolvenzverwalter (§ 80 Abs. 1 InsO) oder aus einer entsprechenden Anwendung des § 66 GenG folgt (vgl. Lang/Weidmüller/Schulte, GenG, 35. Aufl., § 65 Rn. 8; Beuthien GenG, 14. Aufl., § 65 Rn. 7, jew. m.w.N.).

25

Spricht der Insolvenzverwalter für das Mitglied die Kündigung aus, so muss er allerdings die gesetzlichen bzw. satzungsmäßigen Kündigungsfristen einhalten (vgl. Lang/Weidmüller/Schulte, aaO, Rn. 9; vgl. auch Beuthien aaO, § 66 Rnrn. 1 und 2 ). Ein Sonderkündigungsrecht des Insolvenzverwalters ist weder in der Insolvenzordnung noch im Genossenschaftsgesetz vorgesehen.

26

Der Kläger hat die Kündigung mit Schreiben vom 8. Mai 2006 erklärt. Gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 3 der Satzung der Beklagten wird diese Kündigung damit erst zum Schluss des Geschäftsjahres 2008 wirksam (vgl. auch Lang/Weidmüller/Schulte, aaO, § 65 Rdnr. 9).

27

Diese Satzungsbestimmungen der Beklagten sind auch wirksam. Insbesondere halten sie sich in dem von § 65 Abs. 2 GenG vorgesehenen gesetzlichen Rahmen.

28

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte sich auf seine Kündigung eingelassen und dieser nicht widersprochen habe. Denn gemäß § 65 Abs. 5 GenG sind Vereinbarungen, die gegen die vorstehenden Absätze des § 65 GenG verstoßen, unwirksam. Dies betrifft sowohl Bestimmungen in der Satzung als auch im Einzelfall getroffene Vereinbarungen. Auch ein Verzicht der Genossenschaft im Einzelfall oder im Allgemeinen auf die Einhaltung der satzungsmäßigen Kündigungsfrist ist unzulässig (vgl. Lang/Weidmüller/Schulte, aaO, § 65 Rn. 12; Beuthien, aaO, § 65 Rn. 6; RGZ 71, 388, 391).

29

Das in § 65 Abs. 3 GenG vorgesehene Recht zu einer Kündigung mit einer verkürzten Frist, kommt im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, da die Satzung der Beklagten keine Kündigungsfrist von "mehr als zwei Jahren" bestimmt. Insoweit kann hier auch dahinstehen, ob der Kläger als Insolvenzverwalter überhaupt geltend machen könnte, dass ihm ein Zuwarten bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Da der Insolvenzschuldner somit zurzeit noch nicht aus der Beklagten ausgeschieden ist sondern seine Mitgliedschaft bis zum Ende des Geschäftsjahres 2008 andauert, ist die Klage auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens derzeit unbegründet. Denn gemäß § 10 Abs. 3 der Satzung der Beklagten hat nur das ausgeschiedene Mitglied einen Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens. Dies entspricht auch § 73 Abs. 1 GenG, der ausdrücklich bestimmt, dass die Auseinandersetzung der Genossenschaft mit dem ausgeschiedenen Mitglied nach Beendigung der Mitgliedschaft erfolgt. Da die Auseinandersetzung im Übrigen auch auf der Grundlage der von der Genossenschaft zu erstellenden Jahresabschlussbilanz zum Ende des Geschäftsjahrs, in dem die Mitgliedschaft endet (Beuthien, aaO, § 73 Rn. 5),zu erfolgen hat (vgl. § 10 Abs. 1 der Satzung der Beklagten; § 73 Abs. 2 GenG), kann das ausgeschiedene Mitglied nicht auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens klagen, bevor die Jahresabschlussbilanz nicht durch die Generalversammlung der Genossenschaft festgestellt ist (vgl. Lang/Weidmüller/Schulte, aaO, § 73 Rn. 4).

30

Nachdem die Klage schon aus diesem Grunde abweisungsreif ist, kommt es im weiteren nicht mehr darauf an, ob die von der Beklagten erklärten Aufrechnungen zulässig sind bzw. ob ein wirksames Pfandrecht der Beklagten am Auseinandersetzungsguthaben durch die Satzung begründet worden ist oder ob der Wirksamkeit der Aufrechnung bzw. des Pfandrechts die Bestimmungen der Insolvenzordnung entgegenstehen.

31

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

32

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

33

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 ZPO).

34

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf

25.858,12 €

festgesetzt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.