Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Urteil, 04. Sept. 2008 - 4 U 135/07

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2008:0904.4U135.07.0A
bei uns veröffentlicht am04.09.2008

I. Das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 4. September 2007 wird geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % der für die Beklagte insgesamt aus dem Urteil zu vollstreckenden Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Kläger ist durch den Beschluss des Amtsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 28. April 2006 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Landwirtes W. D. bestellt.

2

Der Insolvenzschuldner war bzw. ist – hierüber sind die Parteien uneins - Mitglied der beklagten landwirtschaftlichen Genossenschaft. Die Satzung der Genossenschaft in der Fassung vom 22. Oktober 2002 enthält unter anderem folgende Regelungen:

3

"§ 4 – Beendigung der Mitgliedschaft

4

Die Mitgliedschaft endet durch

5

a) Kündigung (§ 5)

b) Übertragung des Geschäftsguthabens (§ 6)

c) Tod (§ 7)

d) Auflösung einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft (§ 8)

e) Ausschluss (§ 9).

6

§ 5 – Kündigung

7

(1) Jedes Mitglied hat das Recht, seine Mitgliedschaft zum Schluss eines Geschäftsjahres zu kündigen.

(2) ...

(3) Die Kündigung muss schriftlich erklärt werden und der Genossenschaft mindestens 24 Monate vor Schluss des Geschäftsjahres zugehen.

...

8

§ 9 – Ausschluss

9

(1) Ein Mitglied kann zum Schluss eines Geschäftsjahres aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden aus den im Gesetz (§ 68 GenG) genannten Gründen oder wenn

...      

c) es zahlungsunfähig geworden und überschuldet ist oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist;

...

10

§ 10 – Auseinandersetzungen

11

(1) Für die Auseinandersetzung zwischen dem ausgeschiedenen Mitglied und der Genossenschaft ist der festgestellte Jahresabschluss maßgebend; Verlustvorträge sind nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile zu berücksichtigen. Im Falle der Übertragung des Geschäftsguthabens (§ 6) findet eine Auseinandersetzung nicht statt.

(2) Das ausgeschiedene Mitglied hat Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens. Darüber hinaus hat das Mitglied keine Ansprüche auf das Vermögen der Genossenschaft. Die Genossenschaft ist berechtigt, bei der Auseinandersetzung die ihr gegen das ausgeschiedene Mitglied zustehenden fälligen Forderungen gegen das Auseinandersetzungsguthaben aufzurechnen. Der Genossenschaft haftet das Auseinandersetzungsguthaben des Mitgliedes als Pfand für einen etwaigen Ausfall, insbesondere im Insolvenzverfahren des Mitgliedes.

..."    

12

Mit Schreiben vom 9. Februar 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Höhe des Genossenschaftsguthabens (Geschäftsguthabens) des Insolvenzschuldners „zum Stichtag 31. Dezember 2005“ 30.217,39 € betrage.

13

Mit Schreiben vom 8. Mai 2006 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten die Kündigung der Mitgliedschaft des Insolvenzschuldners in der Genossenschaft und bat um Überweisung des Geschäftsguthabens auf sein Verwalterkonto.

14

Die Beklagte verweigerte die Auszahlung des Geschäftsguthabens unter Berufung darauf, dass ihr aufrechenbare Gegenforderungen gegen den Insolvenzschuldner zustünden. Der Kläger akzeptiert einen geringen Teil der zur Aufrechnung gestellten Forderungen und hat im Übrigen Klage auf Zahlung eines Betrages von 25.858,12 € nebst Zinsen und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten erhoben. Die Parteien haben in erster Instanz allein über die insolvenzrechtliche Zulässigkeit der erklärten Aufrechnung gestritten.

15

Der Einzelrichter der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) hat die Beklagte durch das angefochtene Urteil vom 4. September 2007 verurteilt, an den Kläger 25.858,12 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die von der Beklagten erklärte Aufrechnung unwirksam sei, da ihr die Aufrechnungsverbote nach § 95 und § 96 InsO entgegenstünden.

16

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, Sie macht unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags geltend, dass eine Aufrechnung auf Grund der Regelungen in ihren Satzungen unbeschadet der gesetzlichen Bestimmungen der Insolvenzordnung zulässig sei. Unabhängig davon hält sie die Klageforderung für jedenfalls derzeit nicht fällig, da die Kündigung des Klägers vom 8. Mai 2006 die Mitgliedschaft des Schuldners bei der Beklagten nach Maßgabe der Satzung frühestens zum Ablauf des Geschäftsjahres 2008 beenden könne.

17

Die Beklagte beantragt,

18

das Urteil des Amtsgerichts (offensichtlich gemeint: Landgericht) Frankenthal (Pfalz) vom 4. September 2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

19

Der Kläger beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe der Urteilsgründe und seines erstinstanzlichen Vorbringens. Die Rüge der fehlenden Fälligkeit sei verspätet und auch nicht entschuldigt. Im Übrigen habe die Beklagte selbst dem Kläger mitgeteilt, dass ein Auszahlungsanspruch bestehe.

II.

22

Die zulässige Berufung führt auch in der Sache zum Erfolg. Das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) ist entsprechend dem Antrag der Beklagten abzuändern, da der Erstrichter den Sachverhalt rechtlich nicht zutreffend bewertet hat.

23

Die Klage ist schon deswegen unbegründet, weil dem Kläger aus Rechtsgründen derzeit kein Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens des Insolvenzschuldners zusteht.

24

Die Kündigung der Mitgliedschaft des Insolvenzschuldners bei der Beklagten hat der Kläger als Insolvenzverwalter erklärt. Dass der Insolvenzverwalter grundsätzlich berechtigt ist, während der Insolvenz das Kündigungsrecht des Mitglieds einer Genossenschaft auszuüben, ist allgemein anerkannt, wobei dahinstehen kann, ob diese Befugnis unmittelbar aus seiner Stellung als Insolvenzverwalter (§ 80 Abs. 1 InsO) oder aus einer entsprechenden Anwendung des § 66 GenG folgt (vgl. Lang/Weidmüller/Schulte, GenG, 35. Aufl., § 65 Rn. 8; Beuthien GenG, 14. Aufl., § 65 Rn. 7, jew. m.w.N.).

25

Spricht der Insolvenzverwalter für das Mitglied die Kündigung aus, so muss er allerdings die gesetzlichen bzw. satzungsmäßigen Kündigungsfristen einhalten (vgl. Lang/Weidmüller/Schulte, aaO, Rn. 9; vgl. auch Beuthien aaO, § 66 Rnrn. 1 und 2 ). Ein Sonderkündigungsrecht des Insolvenzverwalters ist weder in der Insolvenzordnung noch im Genossenschaftsgesetz vorgesehen.

26

Der Kläger hat die Kündigung mit Schreiben vom 8. Mai 2006 erklärt. Gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 3 der Satzung der Beklagten wird diese Kündigung damit erst zum Schluss des Geschäftsjahres 2008 wirksam (vgl. auch Lang/Weidmüller/Schulte, aaO, § 65 Rdnr. 9).

27

Diese Satzungsbestimmungen der Beklagten sind auch wirksam. Insbesondere halten sie sich in dem von § 65 Abs. 2 GenG vorgesehenen gesetzlichen Rahmen.

28

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte sich auf seine Kündigung eingelassen und dieser nicht widersprochen habe. Denn gemäß § 65 Abs. 5 GenG sind Vereinbarungen, die gegen die vorstehenden Absätze des § 65 GenG verstoßen, unwirksam. Dies betrifft sowohl Bestimmungen in der Satzung als auch im Einzelfall getroffene Vereinbarungen. Auch ein Verzicht der Genossenschaft im Einzelfall oder im Allgemeinen auf die Einhaltung der satzungsmäßigen Kündigungsfrist ist unzulässig (vgl. Lang/Weidmüller/Schulte, aaO, § 65 Rn. 12; Beuthien, aaO, § 65 Rn. 6; RGZ 71, 388, 391).

29

Das in § 65 Abs. 3 GenG vorgesehene Recht zu einer Kündigung mit einer verkürzten Frist, kommt im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, da die Satzung der Beklagten keine Kündigungsfrist von "mehr als zwei Jahren" bestimmt. Insoweit kann hier auch dahinstehen, ob der Kläger als Insolvenzverwalter überhaupt geltend machen könnte, dass ihm ein Zuwarten bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Da der Insolvenzschuldner somit zurzeit noch nicht aus der Beklagten ausgeschieden ist sondern seine Mitgliedschaft bis zum Ende des Geschäftsjahres 2008 andauert, ist die Klage auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens derzeit unbegründet. Denn gemäß § 10 Abs. 3 der Satzung der Beklagten hat nur das ausgeschiedene Mitglied einen Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens. Dies entspricht auch § 73 Abs. 1 GenG, der ausdrücklich bestimmt, dass die Auseinandersetzung der Genossenschaft mit dem ausgeschiedenen Mitglied nach Beendigung der Mitgliedschaft erfolgt. Da die Auseinandersetzung im Übrigen auch auf der Grundlage der von der Genossenschaft zu erstellenden Jahresabschlussbilanz zum Ende des Geschäftsjahrs, in dem die Mitgliedschaft endet (Beuthien, aaO, § 73 Rn. 5),zu erfolgen hat (vgl. § 10 Abs. 1 der Satzung der Beklagten; § 73 Abs. 2 GenG), kann das ausgeschiedene Mitglied nicht auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens klagen, bevor die Jahresabschlussbilanz nicht durch die Generalversammlung der Genossenschaft festgestellt ist (vgl. Lang/Weidmüller/Schulte, aaO, § 73 Rn. 4).

30

Nachdem die Klage schon aus diesem Grunde abweisungsreif ist, kommt es im weiteren nicht mehr darauf an, ob die von der Beklagten erklärten Aufrechnungen zulässig sind bzw. ob ein wirksames Pfandrecht der Beklagten am Auseinandersetzungsguthaben durch die Satzung begründet worden ist oder ob der Wirksamkeit der Aufrechnung bzw. des Pfandrechts die Bestimmungen der Insolvenzordnung entgegenstehen.

31

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

32

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

33

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 ZPO).

34

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf

25.858,12 €

festgesetzt.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Insolvenzordnung - InsO | § 80 Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts


(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. (2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsve

Insolvenzordnung - InsO | § 96 Unzulässigkeit der Aufrechnung


(1) Die Aufrechnung ist unzulässig, 1. wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,2. wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens vo

Insolvenzordnung - InsO | § 95 Eintritt der Aufrechnungslage im Verfahren


(1) Sind zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch aufschiebend bedingt oder nicht fällig oder die Forderungen noch nicht auf gleichartige Leistungen gerichtet, so kann die Aufrechnung ers

Genossenschaftsgesetz - GenG | § 73 Auseinandersetzung mit ausgeschiedenem Mitglied


(1) Nach Beendigung der Mitgliedschaft erfolgt eine Auseinandersetzung der Genossenschaft mit dem ausgeschiedenen Mitglied. Sie bestimmt sich nach der Vermögenslage der Genossenschaft und der Zahl ihrer Mitglieder zum Zeitpunkt der Beendigung der Mit

Genossenschaftsgesetz - GenG | § 65 Kündigung des Mitglieds


(1) Jedes Mitglied hat das Recht, seine Mitgliedschaft durch Kündigung zu beenden. (2) Die Kündigung kann nur zum Schluss eines Geschäftsjahres und mindestens drei Monate vor dessen Ablauf in schriftlicher Form erklärt werden. In der Satzung kann

Genossenschaftsgesetz - GenG | § 68 Ausschluss eines Mitglieds


(1) Die Gründe, aus denen ein Mitglied aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden kann, müssen in der Satzung bestimmt sein. Ein Ausschluss ist nur zum Schluss eines Geschäftsjahres zulässig. (2) Der Beschluss, durch den das Mitglied ausgeschlo

Genossenschaftsgesetz - GenG | § 66 Kündigung durch Gläubiger


(1) Der Gläubiger eines Mitglieds, der die Pfändung und Überweisung eines dem Mitglied bei der Auseinandersetzung mit der Genossenschaft zustehenden Guthabens erwirkt hat, nachdem innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung in das Ver

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Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 25. Okt. 2012 - 1 U 65/12

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das am 17.4.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Halle (4 O 1953/11) wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann d

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(1) Die Gründe, aus denen ein Mitglied aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden kann, müssen in der Satzung bestimmt sein. Ein Ausschluss ist nur zum Schluss eines Geschäftsjahres zulässig.

(2) Der Beschluss, durch den das Mitglied ausgeschlossen wird, ist dem Mitglied vom Vorstand unverzüglich durch eingeschriebenen Brief mitzuteilen. Das Mitglied verliert ab dem Zeitpunkt der Absendung der Mitteilung das Recht auf Teilnahme an der Generalversammlung oder der Vertreterversammlung sowie seine Mitgliedschaft im Vorstand oder Aufsichtsrat.

(1) Sind zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch aufschiebend bedingt oder nicht fällig oder die Forderungen noch nicht auf gleichartige Leistungen gerichtet, so kann die Aufrechnung erst erfolgen, wenn ihre Voraussetzungen eingetreten sind. Die §§ 41, 45 sind nicht anzuwenden. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn die Forderung, gegen die aufgerechnet werden soll, unbedingt und fällig wird, bevor die Aufrechnung erfolgen kann.

(2) Die Aufrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Forderungen auf unterschiedliche Währungen oder Rechnungseinheiten lauten, wenn diese Währungen oder Rechnungseinheiten am Zahlungsort der Forderung, gegen die aufgerechnet wird, frei getauscht werden können. Die Umrechnung erfolgt nach dem Kurswert, der für diesen Ort zur Zeit des Zugangs der Aufrechnungserklärung maßgeblich ist.

(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,

1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist,
2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat,
3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat,
4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.

(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.

(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.

(1) Der Gläubiger eines Mitglieds, der die Pfändung und Überweisung eines dem Mitglied bei der Auseinandersetzung mit der Genossenschaft zustehenden Guthabens erwirkt hat, nachdem innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Mitglieds fruchtlos verlaufen ist, kann das Kündigungsrecht des Mitglieds an dessen Stelle ausüben. Die Ausübung des Kündigungsrechts ist ausgeschlossen, solange der Schuldtitel nur vorläufig vollstreckbar ist.

(2) Der Kündigung muss eine beglaubigte Abschrift der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels und der Bescheinigungen über den fruchtlosen Verlauf der Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners beigefügt werden.

(1) Jedes Mitglied hat das Recht, seine Mitgliedschaft durch Kündigung zu beenden.

(2) Die Kündigung kann nur zum Schluss eines Geschäftsjahres und mindestens drei Monate vor dessen Ablauf in schriftlicher Form erklärt werden. In der Satzung kann eine längere, höchstens fünfjährige Kündigungsfrist bestimmt werden. Bei Genossenschaften, bei denen mehr als drei Viertel der Mitglieder als Unternehmer im Sinne des § 14 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Mitglied sind, kann die Satzung zum Zweck der Sicherung der Finanzierung des Anlagevermögens für die Unternehmer eine Kündigungsfrist bis zu zehn Jahre bestimmen.

(3) Entgegen einer in der Satzung bestimmten Kündigungsfrist von mehr als zwei Jahren kann jedes Mitglied, das der Genossenschaft mindestens ein volles Geschäftsjahr angehört hat, seine Mitgliedschaft durch Kündigung vorzeitig beenden, wenn ihm nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen ein Verbleib in der Genossenschaft bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Kündigung ist in diesem Fall mit einer Frist von drei Monaten zum Schluss eines Geschäftsjahres zu erklären, zu dem das Mitglied nach der Satzung noch nicht kündigen kann.

(4) Die Mitgliedschaft endet nicht, wenn die Genossenschaft vor dem Zeitpunkt, zu dem die Kündigung wirksam geworden wäre, aufgelöst wird. Die Auflösung der Genossenschaft steht der Beendigung der Mitgliedschaft nicht entgegen, wenn die Fortsetzung der Genossenschaft beschlossen wird. In diesem Fall wird der Zeitraum, während dessen die Genossenschaft aufgelöst war, bei der Berechnung der Kündigungsfrist mitgerechnet; die Mitgliedschaft endet jedoch frühestens zum Schluss des Geschäftsjahres, in dem der Beschluss über die Fortsetzung der Genossenschaft in das Genossenschaftsregister eingetragen wird.

(5) Vereinbarungen, die gegen die vorstehenden Absätze verstoßen, sind unwirksam.

(1) Nach Beendigung der Mitgliedschaft erfolgt eine Auseinandersetzung der Genossenschaft mit dem ausgeschiedenen Mitglied. Sie bestimmt sich nach der Vermögenslage der Genossenschaft und der Zahl ihrer Mitglieder zum Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft.

(2) Die Auseinandersetzung erfolgt unter Zugrundelegung der Bilanz. Das Geschäftsguthaben des Mitglieds ist vorbehaltlich des Absatzes 4 und des § 8a Abs. 2 binnen sechs Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft auszuzahlen. Auf die Rücklagen und das sonstige Vermögen der Genossenschaft hat das Mitglied vorbehaltlich des Absatzes 3 keinen Anspruch. Reicht das Vermögen einschließlich der Rücklagen und aller Geschäftsguthaben zur Deckung der Schulden der Genossenschaft nicht aus, hat das ehemalige Mitglied von dem Fehlbetrag den ihn betreffenden Anteil an die Genossenschaft zu zahlen, soweit es im Falle des Insolvenzverfahrens Nachschüsse an die Genossenschaft zu leisten gehabt hätte; der Anteil wird nach der Kopfzahl der Mitglieder berechnet, soweit nicht die Satzung eine abweichende Berechnung bestimmt.

(3) Die Satzung kann Mitgliedern, die ihren Geschäftsanteil voll eingezahlt haben, für den Fall der Beendigung der Mitgliedschaft einen Anspruch auf Auszahlung eines Anteils an einer zu diesem Zweck aus dem Jahresüberschuss zu bildenden Ergebnisrücklage einräumen. Die Satzung kann den Anspruch von einer Mindestdauer der Mitgliedschaft abhängig machen sowie weitere Erfordernisse aufstellen und Beschränkungen des Anspruchs vorsehen. Absatz 2 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(4) Die Satzung kann die Voraussetzungen, die Modalitäten und die Frist für die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens abweichend von Absatz 2 Satz 2 regeln; eine Bestimmung, nach der über Voraussetzungen oder Zeitpunkt der Auszahlung ausschließlich der Vorstand zu entscheiden hat, ist unwirksam.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.