Oberlandesgericht München Endurteil, 10. Feb. 2016 - 3 U 4388/13

bei uns veröffentlicht am10.02.2016

Gericht

Oberlandesgericht München

Gründe

Oberlandesgericht München

Az.: 3 U 4388/13

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 10.02.2016

32 O 16452/13 LG München I

… Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

- Klägerin und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

gegen

1) …

- Beklagte und Berufungsklägerin -

2) …

- Beklagte und Berufungsklägerin -

3) …

- Beklagte und Berufungsklägerin -

4) …

- Beklagte und Berufungsklägerin -

5) …

- Beklagte und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigte zu 1 - 5: Rechtsanwälte …

wegen Forderung

erlässt das Oberlandesgericht München - 3. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und den Richter am Oberlandesgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.01.2016 folgendes

Endurteil

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 01.10.2013, Az. 32 O 16452/13, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.964,87 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Von der Abfassung eines Tatbestands wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen, weil gegen dieses Urteil gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO unzweifelhaft ein Rechtsmittel nicht zur Verfügung steht. Die Entscheidungsgründe werden gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO in abgekürzter Form abgefasst.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

I. Gegenstand der Klage sind Deckungsansprüche gegen die Beklagten als Versicherer für einen Schadensersatzanspruch gegen deren Versicherungsnehmer, den Wirtschaftsprüfer H. F. Die F. Capital AG legte im März 2003 den F. Zinsfonds auf. Grundlage des Vertriebs war der Verkaufsprospekt vom 11.03.2003. Der Versicherungsnehmer führte die Prospektprüfung durch und übernahm die Mittelverwendungskontrolle. Im Prospekt war auch der Mittelverwendungskontrollvertrag abgedruckt. Die Klägerin erstritt gegen den Versicherungsnehmer ein Urteil (OLG München 5 U 5246/08, Erstinstanz LG München I 35 0 1860/08), mit dem dieser verurteilt wurde, an die Klägerin 2.719,59 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen die Abtretung des weiteren, noch nicht erfüllten Auszahlungsanspruchs auf den Liquidationserlös aus der Beteiligung am ... Zinsfonds vom 19.08.2003 in Höhe von 5.000 € zu zahlen. Der mit hiesigem Urteil des Senats ausgeurteilte Betrag entspricht dem von der Klägerin im Insolvenzverfahren AG Rosenheim Akt.z. 601 IN 277/10 (Schuldner: H. F.) - unter Einschluss von Kosten (2.678,80 €) und Zinsen (14,93 €) geltend gemachten Betrag (2.964,87 €). Nach den im Verfahren OLG München 5 U 5246/08 letztinstanzlich getroffenen Feststellungen war haftungsbegründend, dass der Versicherungsnehmer entgegen seiner Verpflichtung nicht überprüft hatte, ob die Konditionen des Fondssonderkontos mit den in § 1 Abs. 1 Satz 1 des Mittelverwendungskontrollvertrages genannten Kriterien übereinstimmten. Dieser habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Fondsgesellschaft das Fondssonderkonto ordnungsgemäß einrichtete. Bei ordnungsgemäßer Überprüfung hätte er durch Nachfrage bei der Bank feststellen können, dass die geschäftsführenden Gesellschafter zu dritt für dieses Konto zeichnungsbefugt waren, sie mithin nicht nur gemeinsam mit dem Versicherungsnehmer über dieses Konto verfügen durften. Der Versicherungsnehmer sei daher verpflichtet gewesen, den sich neu am Fonds beteiligenden Anlegern mitzuteilen, dass die prospektwerbend herausgestellte Mittelverwendungskontrolle bislang nicht stattgefunden hatte. Er hätte daher entweder auf eine Änderung des Prospekts drängen oder die potentiellen Anleger in geeigneter Weise, ggf. durch eine Nachricht an die Fachpresse unterrichten müssen. Auch wenn der Versicherungsnehmer nur fahrlässig gehandelt haben sollte, hafte er. Die Kausalität der unterlassenen Offenlegung für die hier schadensursächliche Anlageentscheidung wurde bejaht. Mit Urteil der 4. Strafkammer des LG München I vom 18.10.2010 (4 KLs 314 Js 34413/07, Anlage K 14) wurde der Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit der nicht ordnungsgemäß durchgeführten Mittelverwendungskontrolle wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten mit Bewährung verurteilt.

II. Zwischen den Parteien ist allein streitig, ob sich die Beklagten gemäß § 4 Nr. 5 AVB - RSW, wónach der Deckungsanspruch ausgeschlossen ist, wenn der Schadensersatzanspruch gegen den Versicherungsnehmer auf dessen wissentlicher Pflichtverletzung beruht, auf Leistungsfreiheit berufen können.

1) Soweit die Klagepartei geltend macht, § 4 Nr. 5 AVB - RSW sei nicht wirksam in den Versicherungsvertrag einbezogen worden sei, stellt der Senat fest, dass sich aus dem Schreiben der Beklagten zu 1) vom 28.01.2004 an den Versicherungsnehmer ergibt, dass diesem die Allgemeinen und Besonderen Versicherungsbedingungen (AVB-RSW) übersandt und der Versicherungsnehmer in Fettdruck darauf hingewiesen wurde, dass Abweichungen vom Antrag oder von bisher getroffenen Vereinbarungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats widerspricht. Der Senat geht vom Zugang dieses Schreibens und dem Unterbleiben eines Widerspruchs des Versicherungsnehmers aus.

2) Entgegen der Auffassung der Klagepartei ist der in § 4 Nr. 5 AVB - RSW vorgesehene Haftungsausschluss auch wirksam, obwohl er weiter geht als § 152 VVG a. F. (vgl. Voith/Knappmann in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl. § 152 Rz. 7; BGH, Urteil vom 17.12.1986, IV a ZR 166/85, hier zitiert nach Juris Tz. 15 und BGH, Urteil vom 17.12.2014, IV ZR 90/13, hier zitiert nach Juris Tz. 8 ff).

3) Ob eine wissentliche Pflichtverletzung für den Schadensersatzanspruch gegen den Versicherungsnehmer haftungsbegründend war oder nicht, ist auch nicht durch das Berufungsurteil im Prozess der Klagepartei gegen den Versicherungsnehmer bindend entschieden worden. Dort war diese Frage zum einen schon nicht entscheidungserheblich, da Fahrlässigkeit als Haftungsvoraussetzung ausreichte und der Vorsatz des Versicherungsnehmers daher im dortigen Rechtsstreit nicht abschließend beurteilt werden musste, insbesondere über diese Frage dort auch nicht im Rahmen einer Zwischenfeststellungsklage entschieden worden ist.

4) Gleichwohl greift der Haftungsausschluss im vorliegenden Fall nicht.

a) Von einer wissentlichen Pflichtverletzung im Sinne des § 4 Nr. 5 AVB - RSW ist nur dann auszugehen, wenn der Versicherungsnehmer die Pflicht positiv kennt und sich wissentlich und willentlich darüber hinwegsetzt. Bedingter Vorsatz genügt für einen Haftungsausschluss nicht. Es muss vielmehr festzustellen sein, dass der Versicherte die Pflicht zutreffend gesehen hat und das Bewusstsein hatte, pflichtwidrig zu handeln. Voraussetzung für den Haftungsausschluss ist also die Feststellung, dass sich der Versicherungsnehmer „bewusst“ über die ihm bekannten Pflichten hinweggesetzt hat (so dezidiert BGH, Urteil vom 28.09.2005; IV ZR 255/04, NJW 2006, 289, 291 Rz. 27 am Ende).

b) Die Beweislast dafür, dass eine wissentliche Pflichtverletzung in diesem Sinne vorliegt, tragen hier die Beklagten, die sich auf den dadurch bedingten Haftungsausschluss berufen. Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass aus den Feststellungen des Strafurteils gegen den Versicherungsnehmer folgt, dass dieser spätestens seit März 2004 im Sinne von § 266 StGB vorsätzlich handelte, weil er die Sicherstellung, dass nur mit seiner Gegenzeichnung über die Anlegergelder auf dem Fondssonderkonto verfügt werden konnte, nicht gewährleistete, obwohl er wusste, dass er dazu verpflichtet war. Auch wenn es nicht entscheidungserheblich ist, weist der Senat darauf hin, dass er die Angaben des vom Senat persönlich als Zeugen einvernommenen Versicherungsnehmers, er habe erst im Herbst 2004 positiv Kenntnis davon gehabt, dass ohne seine Gegenzeichnung über die Anlegergelder auf dem Fondssonderkonto verfügt werden konnte, für unzutreffend erachtet. Mit dem Strafurteil ist festzuhalten, dass der Zeuge ab der Erstellung des Mittelverwendungskontrollberichts am 4.3.2004 durch ihn damit gerechnet haben muss, dass große Teile des Zinsfondsgeldes ohne seine vorherige Kontrolle ausgereicht werden würden. Aus diesem Bericht war ersichtlich, dass von den vom Fondssonderkonto ausgereichten ca. 45 Millionen € ca. 14 Millionen € ausgereicht worden waren, ohne dass der Zeuge entsprechende Überweisungen gegengezeichnet hatte.

c) Aus diesen Feststellungen folgt aber auch, dass bis zu diesem Zeitpunkt dem Zeugen für ca. 31 Millionen € Überweisungen zur Gegenzeichnung vorgelegt worden waren. Dass der Zeuge nicht erkannt haben will, dass über das Konto auch ohne seine Gegenzeichnung verfügt werden konnte, gewinnt durch diesen Umstand eine gewisse Plausibilität. Erst recht gilt dies, wenn man die Behauptung des Zeugen zugrunde legt, dass ihm von der Fondsgesellschaft Ende 2003 ein Formular für die Durchführung des elektronischen Zahlungsverkehrs über das Fondssonderkonto vorgelegt wurde, wonach ohne seine Zustimmung im elektronischen Zahlungsverkehr nicht über das Konto verfügt werden konnte.

d) Der Umstand, dass dem Zeugen bei der Prospektüberprüfung und dem Abschluss des Mittelverwendungskontrollvertrages durch ihn seine Pflicht, zu überprüfen, dass über das Fondssonderkonto nur mit seiner Unterschrift verfügt werden konnte, bekannt gewesen sein muss, bedeutet nicht, dass er in der Folgezeit mit direktem Vorsatz handelte, indem er eine eingehende Prüfung insoweit unterließ. Dadurch, dass ihm in hoher Zahl und mit namhaften Beträgen Überweisungen zur Gegenzeichnung vorgelegt wurden, konnte bei ihm der Eindruck entstanden sein, dass das Konto vertragskonform errichtet worden war.

Die Behauptung des Zeugen, für die Erstellung des Mittelverwendungskontrollberichts habe er drei bis vier Tage benötigt, ist angesichts des Umstands, dass dieser Bericht allein auf der Grundlage der beim Zeugen vorliegenden Datev-Konten erstellt wurde, nicht völlig unplausibel.

e) Vor diesem Hintergrund sieht der Senat keine so zwingenden Anknüpfungstatsachen für eine vorsätzliche Pflichtverletzung durch den Zeugen, dass der Klagepartei im Rahmen einer sekundären Darlegungslast aufzuerlegen wäre, diese Anknüpfungstatsachen zu erschüttern.

Die streitgegenständliche Zeichnung erfolgte am 19.08.2003 und mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem von einem vorsätzlichen Pflichtenverstoß, also vom Bewusstsein des Zeugen, durch die Nichtüberprüfung der Zeichnungsberechtigung auf dem Fondssonderkonto gegen die Pflichten aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag zu verstoßen, nicht ausgegangen werden kann. Vielmehr liegt - namentlich auch aufgrund des persönlichen Gesamteindrucks, den der Zeuge auf den Senat machte - eine grob fahrlässige Verhaltensweise des Zeugen zu diesem Zeitpunkt noch nahe. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass der Zeuge durch die Verletzung seiner Pflicht keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangte und aufgrund der vorangegangenen Zusammenarbeit mit der F.-Gruppe dieser einen gewissen Vertrauensvorschuss eingeräumt haben mag.

Die Darstellung des Zeugen, dass ihm die Kontoauszüge für das Fondssonderkonto in der entscheidungserheblichen Zeit nicht vorgelegen hätten und er diese sich erst im Herbst 2004 verschafft haben will, wird auch durch die sonstigen Angaben des Zeugen, namentlich die im Aktenvermerk der Rechtsanwaltskanzlei der Beklagten vom 4.05.2010 (Anlage B3) niedergelegten bestätigt. Zu den dort getroffenen Angaben stehen die Angaben des Zeugen nicht in relevantem Widerspruch, sieht man einmal davon ab, dass er dort die Vorlage des Formulars für den elektronischen Zahlungsverkehr auf den Dezember 2003 datierte. Eine solche geringfügige zeitliche Differenz erklärt sich durch den zwischenzeitlich verstrichenen Zeitraum und bekräftigt nur den Eindruck, dass der Zeuge insoweit aus seiner Erinnerung schöpfte und nicht ergebnisorientierte Angaben machen wollte. Sein unbeholfener Versuch, den Zeitpunkt seiner Kenntnis zeitlich nach hinten zu verlagern, bestätigt indirekt diesen Eindruck nur. Es liegt in der menschlichen Natur, eigenes Fehlverhalten in der Erinnerung zu bagatellisieren. Zweifel an den Angaben des Zeugen zu den hier entscheidungsrelevanten Fragen lassen sich daraus nicht gewinnen.

f) Abgesehen davon würde auch dann, wenn man unterstellen wollte, der Zeuge hätte den Senat gezielt mit der Unwahrheit bedient, was eine enorme schauspielerische Leistung im Hinblick auf die Darlegung geschäftlicher Unbedarftheit voraussetzen würde, sich die Beweissituation der Beklagten dadurch nicht verbessern. Aus dem Umstand, dass man die Angaben eines Zeugen für unglaubwürdig erachtet, kann nicht auf den Beweis des Gegenteils geschlossen werden. Andere Beweismittel als die hier angesprochenen stehen aber zur Erschütterung der strafgerichtlichen Feststellung, wonach von Vorsatz erst mit der Erstellung des Mittelverwendungskontrollberichts ausgegangen werden kann, nicht zur Verfügung.

5) Auf die von den Parteien und auch anderen Senaten des OLG München kontrovers diskutierte Frage, ob man zwischen einer vorsätzlichen Pflichtverletzung durch Nichtkontrolle der Zeichnungsberechtigung für das Fondssonderkonto einerseits und den unterbliebenen Bemühungen, potentielle Anleger darauf hinzuweisen, dass die Prospektvorgaben zur Mittelverwendungskontrolle nicht korrekt praktiziert wurden, andererseits differenzieren kann, kommt es daher im vorliegenden Rechtsstreit nicht an.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

IV. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 543 ZPO die Revision zuzulassen ist, liegen nicht vor. Dem Senat ist bewusst, dass vergleichbare Fragestellungen wie im vorliegenden Rechtsstreit auch vor anderen Senaten im Haus und an anderen Oberlandesgerichten zu prüfen waren. Der Senat hat auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28.09.2005 (IV ZR 255/04, NJW 2006, 289, 291 Rz. 27 am Ende) zu den Voraussetzungen der wissentlichen Pflichtverletzung im Sinne von § 4 Nr. 5 AVB - RSW aufgrund der bei ihm vorliegenden und durch Zeugeneinvernahme erhobenen Beweismittel geurteilt. Dass es sich dabei um eine auf den tatsächlichen Umständen beruhende Einzelfallentscheidung handelt, ergibt sich auch daraus, dass der BGH in der genannten Entscheidung die wissentliche Pflichtverletzung einer Rechtsanwältin auch unter Hinweis auf deren berufliche Unerfahrenheit problematisierte. Dass andere Gerichte mit den dort vorliegenden möglicherweise anders gelagerten Beweismitteln zu anderen Ergebnissen gelangen, rechtfertigt die Revisionszulassung gerade nicht.

V.

Streitwert: § 3 ZPO

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 152 Widerruf des Versicherungsnehmers


(1) Abweichend von § 8 Abs. 1 Satz 1 beträgt die Widerrufsfrist 30 Tage. (2) Der Versicherer hat abweichend von § 9 Satz 1 auch den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. Im Fall des § 9 Satz 2 hat der Versicherer d

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Abweichend von § 8 Abs. 1 Satz 1 beträgt die Widerrufsfrist 30 Tage.

(2) Der Versicherer hat abweichend von § 9 Satz 1 auch den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. Im Fall des § 9 Satz 2 hat der Versicherer den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile oder, wenn dies für den Versicherungsnehmer günstiger ist, die für das erste Jahr gezahlten Prämien zu erstatten.

(3) Abweichend von § 33 Abs. 1 ist die einmalige oder die erste Prämie unverzüglich nach Ablauf von 30 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR90/13 Verkündet am:
17. Dezember 2014
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB Berufshaftpflichtversicherung (hier: § 4 Nr. 5 Allgemeine Versicherungsbedingungen
für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Insolvenzverfahren
(AVB-I))
1. Für den Ausschlussgrund der Wissentlichkeit der Pflichtverletzung ist der Versicherer
darlegungs- und beweispflichtig.
2. Hierfür hat er - wenn es sich nicht um die Verletzung elementarer beruflicher
Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen
vorausgesetzt werden kann - Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die
als schlüssige Indizien für eine wissentliche Pflichtverletzung betrachtet werden
können. Erst wenn dieses geschehen ist, obliegt es dem Versicherungsnehmer im
Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Umstände aufzuzeigen, warum die
vorgetragenen Indizien den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nicht
zulassen.
BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 90/13 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2014

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 31. Januar 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger war Insolvenzverwalter der Fa. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Seine gesetzliche Haftpflicht aus dieser Tätigkeit hatte er durch einen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrag bei der Beklagten versichert. Nach § 4 Nr. 5 der diesem Vertrag zugrunde liegenden "Allgemeine(n) Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Insolvenzverfahren (AVBI )" sind Haftpflichtansprüche wegen Schadenverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
2
Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Juli 2000 führte der Kläger den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin zunächst fort. Unter anderem hielt er die Geschäftsbeziehung zur F. (im Folgenden: F. ) aufrecht, die die Schuldnerin weiter belieferte. Nach Eintritt eines Liquiditätsengpasses Anfang 2001 sagte er der F. mit Schreiben vom 1. März 2001 nochmals ausdrücklich den Ausgleich ihrer Neuforderungen zu. Infolge weiterer Lieferungen der F. wurden Forderungen gegen die Schuldnerin von mehr als 1 Mio. € begründet.
3
Nachdem die Gläubigerversammlung den vom Kläger erarbeiteten Insolvenzplan nicht angenommen hatte und auch eine von ihm angestrebte sanierende Übertragung des Unternehmens an einen Erwerber gescheitert war, zeigte er am 18. September 2001 dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an. Die Forderungen der F. wurden nicht mehr befriedigt.
4
Der Insolvenzverwalter der inzwischen ebenfalls insolventen F. nahm daraufhin den Kläger auf Schadensersatz gemäß §§ 60, 61 InsO in Anspruch. In diesem Haftpflichtprozess wurde der hiesige Kläger rechtskräftig zur Zahlung von 830.451,86 € nebst Zinsen verurteilt.
5
Er begehrt nunmehr im Wege der Deckungsklage die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm Versicherungsschutz für die im Klageantrag näher bezeichneten Haftpflichtforderungen des Insolvenzverwalters der F. zu gewähren.
6
In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist begründet; sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte gemäß § 4 Nr. 5 AVB-I leistungsfrei sei, weil der Kläger die aus § 61 InsO folgende Pflicht wissentlich verletzt habe, indem er Verbindlichkeiten zu Lasten der Masse begründet habe, zu deren Erfüllung diese nicht ausreichte.
9
Zwar sei eine wissentliche Pflichtverletzung nicht bereits mit Bindungswirkung im Haftpflichtprozess festgestellt und der Versicherer sei darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Merkmale des Risikoausschlusses. Zuvor habe aber der Versicherungsnehmer im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vorzutragen und plausibel zu machen, aus welchen Gründen es zum Verstoß gekommen sei. Dazu genüge der Vortrag des Klägers (dieF. sei über die wirtschaftlichen Risiken ihres Engagements hinreichend informiert gewesen und der Kläger habe aufgrund des Wertes des Warenbestandes und im Hinblick auf einen "asset deal" davon ausgehen dürfen , dass dieser zur Befriedigung der Verbindlichkeiten ausreiche) nicht.
10
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

11
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , dass hinsichtlich der zum Schadensersatzanspruch führenden Pflichtverletzung Bindungswirkung an das Haftpflichturteil und die dort getroffenen Feststellungen besteht. Damit wird verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut in Frage gestellt werden können (Senatsurteile vom 8. Dezember 2010 - IV ZR 211/07, VersR 2011, 203 unter II 1 b; vom 24. Januar 2007 - IV ZR 208/03, VersR 2007, 641 unter II 1).
12
Danach besteht die vom Kläger verletzte Pflicht in der Begründung von Masseverbindlichkeiten, die schon im Zeitpunkt ihrer Begründung aus der Masse voraussichtlich nicht vollständig erfüllt werden konnten (§ 61 InsO). Allein hierauf ist die Verurteilung im Haftpflichtprozess gestützt. Im Deckungsprozess ist es nicht mehr möglich, eine andere schadenverursachende Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zugrunde zu legen als dies im Haftpflichtprozess geschehen ist (Senatsurteil vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 2 b). Dabei ist allein auf die im Haftpflichtprozess festgestellten tatsächlichen Elemente der Pflichtwidrigkeit abzustellen (Senatsurteil vom 8. Dezember 2010 - IV ZR 211/07, VersR 2011, 203 Rn. 13).
13
2. Weiter zutreffend erkennt das Berufungsgericht, dass hinsichtlich der Wissentlichkeit der somit maßgeblichen Pflichtverletzung keine Bindungswirkung besteht. Dieser Ausschlussgrund ist vielmehr im Deckungsprozess selbständig zu prüfen (Senatsurteile vom 24. Januar 2007 - IV ZR 208/03, VersR 2007, 641 unter II 2 und 3; vom 28. Septem- ber 2005 - IV ZR 255/04, VersR 2006, 106 unter II 2 a; vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 2 b).
14
3. Die vom Berufungsgericht auf dieser Grundlage getroffene Feststellung einer wissentlichen Pflichtverletzung des Klägers beruht jedoch auf einer Verkennung der Darlegungs- und Beweislast.
15
a) Wissentlich handelt nur derjenige Versicherte, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz, bei dem er die in Rede stehende Verpflichtung nur für möglich hält, reicht dafür ebenso wenig aus wie eine fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherte die Pflichten zutreffend gesehen hat (Senatsurteil vom 28. September 2005 - IV ZR 255/04, VersR 2006, 106 unter II 2 b).
16
Darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses ist der Versicherer (Senatsurteile vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 3; vom 5. März 1986 - IVa ZR 179/84, VersR 1986, 647 unter 2 d). In diesem Rahmen muss vom Versicherer dargelegt werden, der Versicherungsnehmer habe gewusst, wie er sich hätte verhalten müssen.
17
b) Von dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist das Berufungsgericht zwar im Grundsatz ausgegangen. Es schränkt die den Versicherer treffende Darlegungslast jedoch unzulässig ein, indem es ausführt, der Versicherungsnehmer habe im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vorzutragen und plausibel zu machen, aus welchen Gründen es zum Verstoß gekommen sei, "bevor" der Versicherer die Wissentlichkeit darzulegen und zu beweisen habe.
18
aa) Soweit sich das Berufungsgericht für diese Ansicht auf Urteile anderer Oberlandesgerichte berufen hat (OLG Köln VersR 2012, 560; VersR 1990, 193; OLG Saarbrücken ZfSch 2008, 219; ZfSch 2007, 522; OLG Frankfurt NVersZ 2000, 439; OLG Hamm VersR 2000, 482), ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass sich eine entsprechende Rechtsauffassung einem Teil der zitierten Urteile nicht entnehmen lässt.
19
Lediglich das Oberlandesgericht Saarbrücken hat ausgeführt, dass ein Versicherungsnehmer schon aufgrund der bloßen Behauptung des Versicherers, es sei Wissentlichkeit der Pflichtverletzung gegeben, plausibel machen müsse, aus welchen Gründen es zu seinem Fehlverhalten gekommen ist; anderenfalls sei vom Vorliegen dieses Umstands auszugehen (OLG Saarbrücken ZfSch 2008, 219 unter II 1 a (2); ZfSch 2007, 522 unter II 2 c).
20
bb) Diese Rechtsauffassung trifft jedoch nicht zu. Aus der grundsätzlichen Darlegungs- und Beweislast des Versicherers folgt vielmehr, dass dieser zunächst einen Sachverhalt vorzutragen hat, der auf eine Wissentlichkeit der Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zumindest hindeutet. Dabei wird der Vortrag weiterer zusätzlicher Indizien dann entbehrlich sein, wenn es sich um die Verletzung elementarer beruflicher Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen vorausgesetzt werden kann, so wie dies etwa in einem vom Oberlandesgericht Köln entschiedenen Fall gewesen ist (Pflicht des Rechtsanwalts zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen und den Mandanten über den Verfahrensstand zu unterrichten; OLG Köln VersR 2012, 560).

21
Jenseits der Fälle der Verletzung von beruflichen Kardinalpflichten, in denen vom äußeren Geschehensablauf und dem Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge geschlossen werden kann, ist es aber Aufgabe des beweispflichtigen Versicherers, Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die als schlüssige Indizien für eine wissentliche Pflichtverletzung betrachtet werden können. Erst wenn dieses geschehen ist, obliegt es dem Versicherungsnehmer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Umstände aufzuzeigen, warum die vorgetragenen Indizien den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nicht zulassen.
22
c) Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts vermögen nach diesen Maßstäben die Annahme einer wissentlichen Pflichtverletzung nicht zu tragen.
23
aa) Eine Feststellung dahingehend, dass Art und Umfang der vom Kläger verletzten Pflicht aus sich heraus auf eine wissentliche Begehung hindeuten, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es hat im Gegenteil selbst angenommen, dass allein das Fehlen eines Liquiditätsplans für eine solche Annahme nicht genügt (eingangs unter II 2 c bb der Gründe). Dies ist jedenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
24
bb) Auch im Übrigen hat das Berufungsgericht nicht die Feststellung getroffen, der Kläger habe positiv gewusst, dass die Eingehungder Verbindlichkeiten auf unzureichender Prüfung ihrer Erfüllbarkeit beruhte. Dem Berufungsurteil lässt sich lediglich entnehmen, dass der Kläger nicht ausreichend vorgetragen habe, weshalb er von einer genügenden Sicherung der neu begründeten Verbindlichkeiten ausgegangen sein will.
Daraus folgt aber noch nicht, dass er positiv wusste, den Wert des Warenbestandes unzureichend ermittelt zu haben. Die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, was der Kläger alles nicht hätte tun dürfen, tragen außer dem Befund einer objektiven Pflichtverletzung allenfalls noch einen Fahrlässigkeitsvorwurf. Für das Wissen des Klägers ist dagegen nicht entscheidend, ob er so hätte handeln dürfenwie geschehen.
25
Ferner hat der Kläger vorgetragen, er habe nicht gewusst, einen Liquiditätsplan aufstellen zu müssen, weil eine entsprechende Konkretisierung der Pflicht aus § 61 InsO erst durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Mai 2004 (IX ZR 48/03, BGHZ 159, 104) erfolgt sei, und er habe auf eine ausreichende Abdeckung der Verbindlichkeiten durch eine spätere Verwertung des Warenlagers vertraut. Ungeachtet der Frage, ob ein solches Vertrauen gerechtfertigt war oder dem Kläger insoweit ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen ist, hat er damit Gründe, warum er sich für berechtigt erachtete, die Masseverbindlichkeiten einzugehen , dargelegt. Selbst wenn der vom Kläger erwartete "asset deal" nur eine unbestimmte Hoffnung gewesen sein sollte, würde dies deshalb möglicherweise nur dazu führen, dass ihm hinsichtlich der Frage, ob die Masse zur Erfüllung in der Lage sein wird, eine fahrlässige Fehleinschätzung vorzuwerfen wäre.
26
d) Das Berufungsgericht wird deshalb die Frage der Wissentlichkeit der Pflichtverletzung auf zutreffender rechtlicher Grundlage erneut zu beurteilen haben. Dabei wird es zu beachten haben, dass sich Erklärungen , die dem Versicherungsnehmer gegebenenfalls im Rahmen sekundärer Darlegungslast obliegen, nur auf den fehlenden Vorsatz der Pflichtverletzung beziehen müssen. In keinem Fall obliegt es ihm darzu- legen, dass das tatsächliche Handeln auch objektiv gerechtfertigt gewesen ist.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 27.06.2012- 6 O 94/11 -
OLG Celle, Entscheidung vom 31.01.2013- 8 U 203/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 255/04 Verkündet am:
28. September 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
AVB Vermögensschadenhaftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und von Angehörigen
der wirtschafts- und steuerberatenden Berufe
Wird der Versicherungsnehmer einer Haftpflichtversicherung (hier: Vermögensschadenhaftpflichtversicherung
für Rechtsanwälte) im Haftpflichtprozess zum Schadensersatz
wegen positiver Vertragsverletzung verurteilt, so ist das Gericht im Deckungsprozess
zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Haftpflichtversicherer daran
gebunden und kann seiner Entscheidung keinen anderen Haftungsgrund zugrunde
legen.
BGH, Urteil vom 28. September 2005 - IV ZR 255/04 - OLG München
LG Passau
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 28. September 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. März 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Passau vom 24. Juli 2003 im Urteilsausspruch zu I. (Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 38.594,54 € nebst Zinsen) aufgehoben und die Klage in diesem Umfang abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist Rechtsanwältin. Sie fordert von d er Beklagten Versicherungsleistungen aus einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung. Dem Versicherungsvertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Bedingungen für die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und von Angehörigen der wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerberatenden Berufe (AVB-WB, V 90) der Beklagten zugrunde.
2
1. Mitte 1995 erwarb die spätere Mandantin der Klä gerin, U. F. , ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück. Bereits die Voreigentümer hatten der Sparkasse S. -R. (im Folgenden: Sparkasse) zur Sicherung von Krediten an dem Grundstück vier Aufbauhypotheken (Grundbuch Abt. III, Ränge 1-4) bestellt. Neben der Sparkasse hielten auch noch eine Reihe weiterer Gläubiger Grundpfandrechte an dem Grundstück. In der Nacht zum 25. Dezember 1995 brannte das Wohnhaus infolge von Brandstiftung vollständig aus.
3
Gebäudeversicherer des Anwesens war ebenfalls die Beklagte, bei der die Sparkasse im September 1996 ihre Aufbauhypotheken anmeldete.
4
Im August 1998 wurde die Klägerin von der Grundstü ckeigentümerin F. mit der Schadensabwicklung beauftragt. Dabei sollten vorrangig alle Grundpfandgläubiger aus den erwarteten Versicherungsleistungen befriedigt werden; restliche Beträge sollte die Mandantin erhalten. Auf deren Vorschlag schloss die Klägerin im Oktober/November 1998 eine Treuhandvereinbarung mit der Sparkasse. Danach sollte die Klägerin die auf die Aufbauhypotheken entfallenden Versicherungsleistungen vom Versicherer ausgezahlt erhalten. Ferner wurde ihr von der Sparkasse eine Löschungsbewilligung für die vier Aufbauhypotheken zur Verfügung gestellt, die Klägerin verpflichtete sich, hiervon erst nach Wei- terleitung der im einzelnen aufgeschlüsselten, auf die vier Aufbauhypotheken entfallenden Beträge an die Sparkasse Gebrauch zu machen.
5
Fortan drängte die Mandantin bei der Beklagten als ihrem Gebäudeversicherer nachdrücklich darauf, die Neuwertentschädigung für das abgebrannte Haus zu leisten und nach Vorabbefriedigung der Grundpfandgläubiger den verbleibenden Restbetrag auf ihr privates Konto zu überweisen. Die Beklagte sah demgegenüber die besonderen Voraussetzungen für den Ersatz des Neuwertschadens nicht als erfüllt an, veranlasste am 7. Dezember 1998 jedoch die Überweisung von 55.031,94 DM auf das Kanzleikonto der Klägerin. Begleitend übersandte sie der Klägerin ein Fax, aus dem hervorging, dass neben Zahlungen an weitere sieben "Realrechtsgläubiger" die Überweisung des genannten Betrages an die Klägerin veranlasst worden sei und sich dieser aus Beträgen von 9.177,08 DM, 22.500,68 DM, 7.784,56 DM und 15.439,62 DM für die vier Aufbauhypotheken und einer Treuhandgebühr von 130 DM für die Klägerin zusammensetze. Das Schreiben schloss damit, dass weitere Zahlungen - insbesondere direkt an die Mandantin - bis zur Vorlage noch fehlender Nachweise über weitere Restforderungen, Abtretungen und Pfändungen noch nicht erbracht werden könnten.
6
Am 8. Dezember 1998 wurde der genannte Betrag wie angekündigt dem Konto der Klägerin gutgeschrieben, die Überweisung trug den begleitenden Vermerk "Eheleute F. ". Am selben Tag teilte die Mandantin der Klägerin per Fax mit, sie habe inzwischen dem Versicherer alle noch fehlenden Nachweise sofort übersandt. Die Klägerin solle nunmehr den Versicherer endlich unter Druck setzen, den Restbetrag "vom Neuwertschaden" zu zahlen. Sollte die Klägerin 55.000 DM vom Versi- cherer erhalten haben, so möge sie diese per Blitzgiro sofort auf das private Konto der Mandantin überweisen. Das Geld werde dringend benötigt. Mit gleichem Ziel wurde die Klägerin in der Folgezeit auch mehrfach telefonisch bedrängt. Dabei behauptete die Mandantin unter anderem, sie habe inzwischen vom Versicherer telefonisch erfahren, dass das an die Klägerin überwiesene Geld ihr zustehe.
7
Am 11. Dezember 1998 überwies die Klägerin 49.816, 16 DM per Blitzgiro auf das private Konto der Mandantin, wobei sie den Rest der 55.031,94 DM auf eigene Honorarforderungen (5.177,78 DM) und die Blitzgiro-Überweisungsgebühr (von 38 DM) verrechnet hatte. Noch am selben Tag wurde der gesamte Betrag dort abgehoben. Seither ist über den Verbleib des Geldes nichts bekannt.
8
2. Die Sparkasse erfuhr im Frühjahr 1999 von der F ehlleitung der für sie bestimmten 55.031,94 DM. Mit Schreiben vom 27. Mai 1999 forderte sie Aufklärung von der Klägerin und erklärte, dass sie sich Regressansprüche vorbehalte. Daraufhin erstattete die Klägerin am 1. Juni 1999 eine Schadensmeldung an die Beklagte als ihrem Haftpflichtversicherer.
9
Am 28. September 1999 erhob die Sparkasse Klage ge gen die jetzige Klägerin auf Zahlung von 55.031,94 DM. Zwei Tage später übersandte diese der (jetzigen) Beklagten die Klagschrift des Haftpflichtprozesses.
10
In erster Instanz wurde die Klage der Sparkasse am 26. Januar 2000 abgewiesen. In zweiter Instanz trat die Beklagte als Gebäudeversi- cherer im Mai 2000 dem Rechtsstreit auf Seiten der Sparkasse bei. Mit Berufungsurteil vom 26. Oktober 2000 wurde die Klägerin vom Oberlandesgericht zur Zahlung von 54.901,94 DM nebst Zinsen verurteilt, weil in der Fehlleitung des Geldes eine positive Verletzung des Treuhandvertrages liege und die Klägerin bei der gebotenen Sachprüfung habe erkennen können und müssen, dass die Überweisung der 55.031,84 DM gemäß der begleitenden Aufschlüsselung des Versicherers allein für die Sparkasse bestimmt gewesen sei.
11
3. Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin w egen der genannten Verurteilungssumme aus dem Haftpflichtprozess sowie Zinsen, Prozess- und Rechtsvertretungskosten Versicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 41.326,85 € (80.828,29 DM) von der Beklagten als ihrem Haftpflichtversicherer gefordert und daneben die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, weitere noch nicht bezifferbare Schäden zu ersetzen.
12
Die Beklagte hält sich für leistungsfrei. Es liege schon kein Versicherungsfall vor, weil die Klägerin der Sparkasse die Weiterleitung des Geldes nicht als Schadensersatz, sondern aufgrund des Erfüllungsanspruchs aus dem Treuhandvertrag geschuldet habe. Gehe man dennoch von einem Schadensersatzanspruch der Sparkasse aus, folge die Leistungsfreiheit aus dem Risikoausschluss des § 4 Nr. 5 AVB-WB. Die abredewidrige Weiterleitung des Geldes an die Mandantin sei in wissentlicher Verletzung der Pflichten der Klägerin aus dem Treuhandvertrag geschehen. Schließlich habe die Klägerin gegen ihre Informations- und Schadensminderungsobliegenheiten aus § 5 II Ziff. 3 und 4 und III Ziff. 1 AVB-WB verstoßen, weil sie nach Klagerhebung im Haftpflichtprozess im September 1999 mehr als ein Jahr lang keine Informationen über den Gang des Rechtsstreits an die Beklagte weitergeleitet habe.
13
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung d er Leistungsklage im Übrigen zur Zahlung von 38.594,54 € verurteilt und festgestellt, dass sie verpflichtet sei, der Klägerin weitere, noch nicht bezifferbare Schäden aus dem Haftpflichtprozess zu bezahlen. Das Oberlandesgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der beschränkt eingelegten Revision erstrebt die Klägerin lediglich die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit es dem Zahlungsantrag stattgegeben hatte.

Entscheidungsgründe:


14
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
15
I. Das Berufungsgericht hat - soweit im Revisionsv erfahren noch von Interesse - ausgeführt, es liege schon kein Versicherungsfall vor, weil die Zahlungspflicht der Klägerin gegenüber der Sparkasse nicht aus einem Schadensersatzanspruch, sondern aus einem originären Anspruch auf Erfüllung des Treuhandvertrages folge, der vom Versicherungsschutz nicht erfasst werde. Die Klägerin habe im Treuhandvertrag die Verpflichtung übernommen, vom Feuerversicherer wegen der Aufbauhypotheken an sie ausgezahlte Gelder an die Sparkasse weiterzuleiten. Diesen Anspruch habe sie nicht erfüllt. Erfüllungsansprüche fielen nur ausnahmsweise unter den Versicherungsschutz, wenn eine Fehlverfügung des Rechtsanwalts über ein Anderkonto zugrunde liege. Das sei hier aber nicht der Fall, die Klägerin habe das Geld von einem Geschäftskonto ihrer Kanzlei an die Mandantin überwiesen.
16
Darüber hinaus habe sie auch wissentlich gegen ihr e Verpflichtungen aus dem Treuhandvertrag verstoßen. Insoweit greife der Haftungsausschluss nach § 4 Ziff. 5 AVB Vermögen/WB selbst bei Annahme eines Schadensersatzanspruches der Sparkasse gegen die Klägerin. Als Rechtsanwältin habe der Klägerin klar sein müssen, dass Hypothekengläubiger bei Fehlen einer anders lautenden Weisung des leistenden Feuerversicherers vorrangig aus der Versicherungsleistung zu befriedigen seien. Aus dem die Überweisung begleitenden Fax des Versicherers sei eindeutig hervorgegangen, wofür der Geldbetrag von 55.031,94 DM bestimmt gewesen sei. Deshalb habe die Klägerin nicht annehmen können , das Geld sei für die Mandantin bestimmt gewesen. Auch die rechtliche Bedeutung der mit der Sparkasse getroffenen Vereinbarung habe ihr klar sein müssen.
17
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
18
1. Bereits die Annahme, ein Versicherungsfall lieg e nicht vor, weil die Klägerin der Sparkasse gegenüber nicht aufgrund eines Schadensersatzanspruchs , sondern eines Erfüllungsanspruchs zur Zahlung verpflichtet gewesen sei, erweist sich als rechtsfehlerhaft, weil das Berufungsgericht dabei die Bindungswirkung des Haftpflichturteils verkannt hat.

19
a) In der Haftpflichtversicherung gilt das Trennun gsprinzip. Das Haftpflichtverhältnis, das zwischen dem geschädigten Dritten und dem haftpflichtigen Versicherungsnehmer besteht, ist von dem Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherer zu trennen. Grundsätzlich ist im Haftpflichtprozess zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet. Ob der Versicherer dafür eintrittspflichtig ist, wird im Deckungsprozess geklärt (ständige Rechtsprechung: BGHZ 117, 345, 350; 119, 276, 278 m.w.N.; BGH, Urteile vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00 - VersR 2001, 1103 unter II 2; vom 17. Juli 2002 - IV ZR 268/01 - VersR 2002, 1141 unter II 1).
20
b) Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Die Bindungswirkung folgt nicht aus der Rechtskraft des Haftpflichturteils, da der Versicherer am Haftpflichtprozess nicht beteiligt ist. Vielmehr ist sie dem Leistungsversprechen, das der Haftpflichtversicherer dem Versicherungsnehmer im Versicherungsvertrag gegeben hat, zu entnehmen (BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 aaO; BGHZ 119, 276, 280 f.). Sie bedeutet, dass das Ergebnis des vorangegangenen Haftpflichtprozesses für die Deckungsfrage verbindlich ist. Damit wird verhindert , dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die ihr zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut überprüft werden können und müssen (BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 aaO; BGHZ 117, 345, 350; 119, 276, 278 f. m.w.N.). Das Haftpflichturteil entfaltet also im nachfolgenden Deckungsprozess Bindungswirkung jedenfalls insoweit, als es um den Haftungstatbestand geht (BGH aaO). Dieser umfasst die tatsächlichen Elemente, die der Tatrichter des Haftpflicht- prozesses der Haftung des Versicherungsnehmers zugrunde gelegt hat, ferner den dem Versicherungsnehmer anzulastenden Pflichtverstoß. Es ist deshalb im Deckungsprozess nicht mehr möglich, eine andere schadensverursachende Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zugrunde zu legen als dies im Haftpflichtprozess geschehen ist (BGH, Urteile vom 20. Juni 2001 aaO und vom 17. Juli 2002 aaO). Anders als die Revisionserwiderung meint, ergibt sich aus der Senatsrechtsprechung zur so genannten Voraussetzungsidentität (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - VersR 2004, 590 unter III 1 und 2) nichts anderes. Denn die Frage nach dem Haftungsgrund erweist sich im Haftpflichtprozess immer als entscheidungserheblich in dem Sinne, dass sie nach dem im Haftpflichtversicherungsvertrag gegebenen Leistungsversprechen für den nachfolgenden Deckungsprozess verbindlich geklärt werden soll.
21
c) Nachdem im Berufungsurteil des Haftpflichtproze sses eine positive Vertragsverletzung der Klägerin gegenüber der Sparkasse angenommen worden war, war das Gericht im Deckungsprozess daran gerade auch mit Blick auf den angenommenen Haftungsgrund gebunden. Dass auch Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung solche aus "gesetzlichen Haftungsbestimmungen privatrechtlichen Inhalts" im Sinne von § 1 I 1 AVB-WB sind, ist allgemein anerkannt (vgl. dazu Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 1 AVB Vermögen Rdn. 1 mit Hinweis auf § 1 AHB Rdn. 3 ff. und insbes. Rdn. 5 m.w.N.). Für die Annahme, es fehle an einem gesetzlichen Haftpflichtanspruch zur Begründung eines Versicherungsfalls blieb danach kein Raum.

22
2. Soweit das Berufungsgericht weiter meint, der A nspruch auf Versicherungsleistungen scheitere jedenfalls am Leistungsausschluss aus § 4 Ziff. 5 AVB-WB, da die Klägerin den Schaden durch eine wissentliche Pflichtverletzung verursacht habe, ist dies ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei begründet.
23
a) Allerdings steht die Bindungswirkung des Haftpf lichturteils dieser Annahme nicht entgegen.
24
Zwar ist der Klägerin dort nur angelastet worden, sie habe sich dem Drängen ihrer Mandantin entziehen und bei gebotener Sachprüfung die wahre Zweckbestimmung des an sie überwiesenen Geldes erkennen, notfalls Rückfrage beim Feuerversicherer und der Sparkasse halten müssen. Damit ist lediglich der Vorwurf einfacher, unbewusster Fahrlässigkeit erhoben. Das genügte aber auch für den Haftpflichtprozess, denn ein Verschulden im Sinne von § 276 BGB - als Voraussetzung für die Haftung aus positiver Vertragsverletzung - setzte nicht die Feststellung voraus, die Klägerin sei sich der Pflichtwidrigkeit ihres Handelns bewusst gewesen (dazu, dass Vorsatz und Fahrlässigkeit einerseits und wissentliche Pflichtverletzung andererseits sich nicht decken, vgl. auch Späth, VersR 2000, 825, 826). Die Bindungswirkung reicht aber nur so weit, wie eine für die Entscheidung im Deckungsprozess maßgebliche Frage zu einzelnen Anspruchsvoraussetzungen sich auch im Haftpflichtprozess als entscheidungserheblich erweist (BGH, Urteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - VersR 2004, 590 unter III 1 und 2; OLG Hamm NJW-RR 2002, 1185, 1186). Die Frage nach einer wissentlichen Pflichtverletzung war für den Haftpflichtprozess nicht entscheidungserheblich, weil dort Fahrlässigkeit zur Haftungsbegründung ausreichte.

25
b) Eine wissentliche Pflichtverletzung, wie sie de r Risikoausschluss des § 4 Ziff. 5 AVB-WB voraussetzt, hat das Berufungsgericht aber nicht rechtsfehlerfrei dargelegt.
26
Wissentlich handelt nur derjenige Versicherte, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz, bei dem er die in Rede stehende Verpflichtung nur für möglich hält, reicht dafür ebenso wenig aus wie eine fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherte die Pflichten zutreffend gesehen hat (BGH, Urteile vom 26. September 1990 - IV ZR 147/89 - VersR 1991, 176 unter 4 b, zu § 4 Nr. 6 S. 1 AVB-WB; vom 5. März 1986 - IVa ZR 179/84 - VersR 1986, 647 unter 2 b, zu § 4 Nr. 5 AVB Vermögen).
27
Eine solche Feststellung hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es erörtert nicht, inwieweit die Klägerin ihre vom Tatrichter des Haftpflichtprozesses erst durch eine umfangreiche Auslegung des Treuhandvertrages ermittelten mehrseitigen Verpflichtungen gegenüber der Mandantin , der Sparkasse und dem Versicherer wirklich überblickt hat. Es setzt sich weder mit der seinerzeit offensichtlichen beruflichen Unerfahrenheit der Klägerin noch mit der nahe liegenden Frage auseinander, welches Motiv sie gehabt haben sollte, wissentlich gegen die Verpflichtung zu verstoßen, das erhaltene Geld an die Sparkasse weiterzuleiten. Stattdessen wird der Klägerin lediglich angelastet, als Rechtsanwältin habe ihr die rechtliche Bedeutung der getroffenen Vereinbarungen klar sein müssen und sie habe angesichts des klaren Inhalts des die Überweisung erläuternden Faxes des Versicherers auch nicht annehmen können, das erhaltene Geld sei für die Mandantin bestimmt. Damit ist in- des nur der Vorwurf - möglicherweise auch grober - Fahrlässigkeit begründet , nicht aber positiv festgestellt, dass die Klägerin ihre Verpflichtungslage zutreffend erkannt und sich bewusst darüber hinweggesetzt hat.
28
Auch im übrigen ist die Beweiswürdigung des Berufu ngsgerichts lückenhaft, denn mit den Behauptungen der Klägerin, die Mandantin habe ihr gegenüber geäußert, der Versicherer sei inzwischen damit einverstanden , dass das Geld an sie weitergeleitet werde, sie sei davon irritiert gewesen, dass die Überweisung den Vermerk "Ehepaar F. " getragen habe und ein Mitarbeiter der Beklagten ihr gegenüber telefonisch geäußert habe, die Mandantin und ihr Ehemann hätten noch circa 50.000 DM zu bekommen, setzt sie sich nicht ausreichend auseinander.
29
3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderem Grunde als richtig. Denn anders als die Beklagte meint, ist sie auch nicht infolge einer Verletzung von Informationsobliegenheiten aus § 5 AVB-WB leistungsfrei.
30
a) Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Kläg erin ihre Obliegenheit zur Anzeige der Anspruchserhebung durch die geschädigte Sparkasse binnen einer Woche (§ 5 II Ziff. 3 AVB-WB) verletzt hat. Denn erstmals mit Schreiben vom 27. Mai 1999 hat die Sparkasse darauf hingewiesen , dass sie sich Regressansprüche gegen die Klägerin vorbehalte. Schon unter dem 1. Juni 1999 - und damit unverzüglich - schrieb die Klägerin eine Schadensmeldung an die Beklagte. Dass diese nicht binnen einer Woche bei der Beklagten vorgelegen hätte, ist nicht vorgetra- gen. Insoweit kann offen bleiben, ob das Schreiben der Sparkasse schon ein ernstliches Geltendmachen des Haftpflichtanspruchs enthielt.
31
b) Ebenso wenig ist dargelegt, dass die Klägerin i hre Obliegenheit, unverzüglich die Klageerhebung gegen sie dem Versicherer zu melden (§ 5 II Ziff. 4 AVB-WB), verletzt hätte. Am 28. September 1999 erhob die Sparkasse Klage gegen die damals beklagte jetzige Klägerin. Mit Schreiben vom 30. September 1999 übersandte die Klägerin diese Klagschrift der Beklagten.
32
c) Die Beklagte meint, die Klägerin habe gegen die Obliegenheit aus § 5 III Ziff. 1 AVB-WB verstoßen, den Versicherer umfassend über den Schadensfall zu informieren, weil sie nach der Klagerhebung im Haftpflichtprozess mehr als ein Jahr lang keine Informationen über den weiteren Gang des Rechtsstreits an die Beklagte weitergeleitet habe. Auch damit kann die Beklagte jedoch keinen Erfolg haben.
33
Eine Leistungsfreiheit der Beklagten wegen Verletz ung von Informationsobliegenheiten kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die bei der Beklagten für die Haftpflichtversicherung zuständigen Mitarbeiter allen Anlass hatten, das bei der Gebäudeversicherung angefallene Wissen über den Fortgang des Haftpflichtprozesses zu erfragen, so dass die von der Beklagten als Gebäudeversicherer erlangten Kenntnisse ihr auch im Rahmen des Haftpflichtversicherungsverhältnisses zuzurechnen sind und ein darüber hinausgehender Informationsbedarf hier nicht mehr gegeben war.

34
aa) Die Frage der wechselseitigen Wissenszurechnun g hat den Senat bisher nur für konzernverbundene Unternehmen (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1989 - IVa ZR 177/88 - VersR 1990, 258 unter 3) und für Unternehmen entschieden, die in einem Datenverbund eine gemeinsame Datensammlung unterhielten (BGHZ 123, 224 ff.). Er hat ausgesprochen, dass in diesen Fällen eine Wissenszurechnung der Unternehmen untereinander grundsätzlich nicht erfolgt, anderes aber dann gilt, wenn der Versicherer aufgrund von Angaben des Versicherungsnehmers einen konkreten Anlass hat, auf die ihm zugänglichen Daten des anderen Versicherers oder der gemeinsamen Datensammlung zuzugreifen (Urteil vom 13. Dezember 1989 aaO; BGHZ aaO S. 229).
35
bb) Diese Grundsätze lassen sich erst recht auf de n vorliegenden Fall übertragen, in dem die Beklagte als Gebäudeversicherer und als Haftpflichtversicherer tätig geworden ist. Für die Beklagte als Haftpflichtversicherer bestand schon seit der Schadensmeldung der Klägerin im Juni 1999 Anlass dazu, sich mit den für die Gebäudeversicherung zuständigen Mitarbeitern ins Benehmen zu setzen, um künftig die eingehenden Informationen auszutauschen. Denn schon der Schadensmeldung der Klägerin lag in Kopie das Schreiben der geschädigten Sparkasse vom 27. Mai 1999 bei, aus dem hervorging, dass es um eine Fehlleitung einer Zahlung aus der Gebäudeversicherung durch die Klägerin ging, die Beklagte von der möglichen Pflichtverletzung der Klägerin also jedenfalls mittelbar mit betroffen war. Ein aufmerksamer Sachbearbeiter der Haftpflichtversicherung hätte aufgrund dieses Hinweises schon zu einem frühen Zeitpunkt erkennen können und müssen, dass der Gang der Auseinandersetzung um die Fehlleitung der Versicherungsleistung in der Gebäudeversicherung für den Versicherungsfall in der Haftpflichtversicherung von Bedeutung war.
36
Erst recht bestand Anlass, auf das vorhandene Wiss en zuzugreifen , nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 30. September 1999 der Beklagten die Klagschrift des Haftpflichtprozesses übersandt hatte, aus der die Rolle der Beklagten als Gebäudeversicherer in allen Einzelheiten hervorging.

37
4. Die Sache bedarf zur Prüfung einer wissentliche n Pflichtverletzung im Sinne von § 4 Ziff. 5 AVB-WB neuer tatrichterlicher Verhandlung. Sie war deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Passau, Entscheidung vom 24.07.2003 - 1 O 793/02 -
OLG München, Entscheidung vom 30.03.2004 - 25 U 4131/03 -

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.