vorgehend
Landgericht Passau, 1 O 793/02, 24.07.2003
Oberlandesgericht München, 25 U 4131/03, 30.03.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 255/04 Verkündet am:
28. September 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
AVB Vermögensschadenhaftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und von Angehörigen
der wirtschafts- und steuerberatenden Berufe
Wird der Versicherungsnehmer einer Haftpflichtversicherung (hier: Vermögensschadenhaftpflichtversicherung
für Rechtsanwälte) im Haftpflichtprozess zum Schadensersatz
wegen positiver Vertragsverletzung verurteilt, so ist das Gericht im Deckungsprozess
zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Haftpflichtversicherer daran
gebunden und kann seiner Entscheidung keinen anderen Haftungsgrund zugrunde
legen.
BGH, Urteil vom 28. September 2005 - IV ZR 255/04 - OLG München
LG Passau
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 28. September 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. März 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Passau vom 24. Juli 2003 im Urteilsausspruch zu I. (Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 38.594,54 € nebst Zinsen) aufgehoben und die Klage in diesem Umfang abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist Rechtsanwältin. Sie fordert von d er Beklagten Versicherungsleistungen aus einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung. Dem Versicherungsvertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Bedingungen für die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und von Angehörigen der wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerberatenden Berufe (AVB-WB, V 90) der Beklagten zugrunde.
2
1. Mitte 1995 erwarb die spätere Mandantin der Klä gerin, U. F. , ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück. Bereits die Voreigentümer hatten der Sparkasse S. -R. (im Folgenden: Sparkasse) zur Sicherung von Krediten an dem Grundstück vier Aufbauhypotheken (Grundbuch Abt. III, Ränge 1-4) bestellt. Neben der Sparkasse hielten auch noch eine Reihe weiterer Gläubiger Grundpfandrechte an dem Grundstück. In der Nacht zum 25. Dezember 1995 brannte das Wohnhaus infolge von Brandstiftung vollständig aus.
3
Gebäudeversicherer des Anwesens war ebenfalls die Beklagte, bei der die Sparkasse im September 1996 ihre Aufbauhypotheken anmeldete.
4
Im August 1998 wurde die Klägerin von der Grundstü ckeigentümerin F. mit der Schadensabwicklung beauftragt. Dabei sollten vorrangig alle Grundpfandgläubiger aus den erwarteten Versicherungsleistungen befriedigt werden; restliche Beträge sollte die Mandantin erhalten. Auf deren Vorschlag schloss die Klägerin im Oktober/November 1998 eine Treuhandvereinbarung mit der Sparkasse. Danach sollte die Klägerin die auf die Aufbauhypotheken entfallenden Versicherungsleistungen vom Versicherer ausgezahlt erhalten. Ferner wurde ihr von der Sparkasse eine Löschungsbewilligung für die vier Aufbauhypotheken zur Verfügung gestellt, die Klägerin verpflichtete sich, hiervon erst nach Wei- terleitung der im einzelnen aufgeschlüsselten, auf die vier Aufbauhypotheken entfallenden Beträge an die Sparkasse Gebrauch zu machen.
5
Fortan drängte die Mandantin bei der Beklagten als ihrem Gebäudeversicherer nachdrücklich darauf, die Neuwertentschädigung für das abgebrannte Haus zu leisten und nach Vorabbefriedigung der Grundpfandgläubiger den verbleibenden Restbetrag auf ihr privates Konto zu überweisen. Die Beklagte sah demgegenüber die besonderen Voraussetzungen für den Ersatz des Neuwertschadens nicht als erfüllt an, veranlasste am 7. Dezember 1998 jedoch die Überweisung von 55.031,94 DM auf das Kanzleikonto der Klägerin. Begleitend übersandte sie der Klägerin ein Fax, aus dem hervorging, dass neben Zahlungen an weitere sieben "Realrechtsgläubiger" die Überweisung des genannten Betrages an die Klägerin veranlasst worden sei und sich dieser aus Beträgen von 9.177,08 DM, 22.500,68 DM, 7.784,56 DM und 15.439,62 DM für die vier Aufbauhypotheken und einer Treuhandgebühr von 130 DM für die Klägerin zusammensetze. Das Schreiben schloss damit, dass weitere Zahlungen - insbesondere direkt an die Mandantin - bis zur Vorlage noch fehlender Nachweise über weitere Restforderungen, Abtretungen und Pfändungen noch nicht erbracht werden könnten.
6
Am 8. Dezember 1998 wurde der genannte Betrag wie angekündigt dem Konto der Klägerin gutgeschrieben, die Überweisung trug den begleitenden Vermerk "Eheleute F. ". Am selben Tag teilte die Mandantin der Klägerin per Fax mit, sie habe inzwischen dem Versicherer alle noch fehlenden Nachweise sofort übersandt. Die Klägerin solle nunmehr den Versicherer endlich unter Druck setzen, den Restbetrag "vom Neuwertschaden" zu zahlen. Sollte die Klägerin 55.000 DM vom Versi- cherer erhalten haben, so möge sie diese per Blitzgiro sofort auf das private Konto der Mandantin überweisen. Das Geld werde dringend benötigt. Mit gleichem Ziel wurde die Klägerin in der Folgezeit auch mehrfach telefonisch bedrängt. Dabei behauptete die Mandantin unter anderem, sie habe inzwischen vom Versicherer telefonisch erfahren, dass das an die Klägerin überwiesene Geld ihr zustehe.
7
Am 11. Dezember 1998 überwies die Klägerin 49.816, 16 DM per Blitzgiro auf das private Konto der Mandantin, wobei sie den Rest der 55.031,94 DM auf eigene Honorarforderungen (5.177,78 DM) und die Blitzgiro-Überweisungsgebühr (von 38 DM) verrechnet hatte. Noch am selben Tag wurde der gesamte Betrag dort abgehoben. Seither ist über den Verbleib des Geldes nichts bekannt.
8
2. Die Sparkasse erfuhr im Frühjahr 1999 von der F ehlleitung der für sie bestimmten 55.031,94 DM. Mit Schreiben vom 27. Mai 1999 forderte sie Aufklärung von der Klägerin und erklärte, dass sie sich Regressansprüche vorbehalte. Daraufhin erstattete die Klägerin am 1. Juni 1999 eine Schadensmeldung an die Beklagte als ihrem Haftpflichtversicherer.
9
Am 28. September 1999 erhob die Sparkasse Klage ge gen die jetzige Klägerin auf Zahlung von 55.031,94 DM. Zwei Tage später übersandte diese der (jetzigen) Beklagten die Klagschrift des Haftpflichtprozesses.
10
In erster Instanz wurde die Klage der Sparkasse am 26. Januar 2000 abgewiesen. In zweiter Instanz trat die Beklagte als Gebäudeversi- cherer im Mai 2000 dem Rechtsstreit auf Seiten der Sparkasse bei. Mit Berufungsurteil vom 26. Oktober 2000 wurde die Klägerin vom Oberlandesgericht zur Zahlung von 54.901,94 DM nebst Zinsen verurteilt, weil in der Fehlleitung des Geldes eine positive Verletzung des Treuhandvertrages liege und die Klägerin bei der gebotenen Sachprüfung habe erkennen können und müssen, dass die Überweisung der 55.031,84 DM gemäß der begleitenden Aufschlüsselung des Versicherers allein für die Sparkasse bestimmt gewesen sei.
11
3. Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin w egen der genannten Verurteilungssumme aus dem Haftpflichtprozess sowie Zinsen, Prozess- und Rechtsvertretungskosten Versicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 41.326,85 € (80.828,29 DM) von der Beklagten als ihrem Haftpflichtversicherer gefordert und daneben die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, weitere noch nicht bezifferbare Schäden zu ersetzen.
12
Die Beklagte hält sich für leistungsfrei. Es liege schon kein Versicherungsfall vor, weil die Klägerin der Sparkasse die Weiterleitung des Geldes nicht als Schadensersatz, sondern aufgrund des Erfüllungsanspruchs aus dem Treuhandvertrag geschuldet habe. Gehe man dennoch von einem Schadensersatzanspruch der Sparkasse aus, folge die Leistungsfreiheit aus dem Risikoausschluss des § 4 Nr. 5 AVB-WB. Die abredewidrige Weiterleitung des Geldes an die Mandantin sei in wissentlicher Verletzung der Pflichten der Klägerin aus dem Treuhandvertrag geschehen. Schließlich habe die Klägerin gegen ihre Informations- und Schadensminderungsobliegenheiten aus § 5 II Ziff. 3 und 4 und III Ziff. 1 AVB-WB verstoßen, weil sie nach Klagerhebung im Haftpflichtprozess im September 1999 mehr als ein Jahr lang keine Informationen über den Gang des Rechtsstreits an die Beklagte weitergeleitet habe.
13
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung d er Leistungsklage im Übrigen zur Zahlung von 38.594,54 € verurteilt und festgestellt, dass sie verpflichtet sei, der Klägerin weitere, noch nicht bezifferbare Schäden aus dem Haftpflichtprozess zu bezahlen. Das Oberlandesgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der beschränkt eingelegten Revision erstrebt die Klägerin lediglich die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit es dem Zahlungsantrag stattgegeben hatte.

Entscheidungsgründe:


14
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
15
I. Das Berufungsgericht hat - soweit im Revisionsv erfahren noch von Interesse - ausgeführt, es liege schon kein Versicherungsfall vor, weil die Zahlungspflicht der Klägerin gegenüber der Sparkasse nicht aus einem Schadensersatzanspruch, sondern aus einem originären Anspruch auf Erfüllung des Treuhandvertrages folge, der vom Versicherungsschutz nicht erfasst werde. Die Klägerin habe im Treuhandvertrag die Verpflichtung übernommen, vom Feuerversicherer wegen der Aufbauhypotheken an sie ausgezahlte Gelder an die Sparkasse weiterzuleiten. Diesen Anspruch habe sie nicht erfüllt. Erfüllungsansprüche fielen nur ausnahmsweise unter den Versicherungsschutz, wenn eine Fehlverfügung des Rechtsanwalts über ein Anderkonto zugrunde liege. Das sei hier aber nicht der Fall, die Klägerin habe das Geld von einem Geschäftskonto ihrer Kanzlei an die Mandantin überwiesen.
16
Darüber hinaus habe sie auch wissentlich gegen ihr e Verpflichtungen aus dem Treuhandvertrag verstoßen. Insoweit greife der Haftungsausschluss nach § 4 Ziff. 5 AVB Vermögen/WB selbst bei Annahme eines Schadensersatzanspruches der Sparkasse gegen die Klägerin. Als Rechtsanwältin habe der Klägerin klar sein müssen, dass Hypothekengläubiger bei Fehlen einer anders lautenden Weisung des leistenden Feuerversicherers vorrangig aus der Versicherungsleistung zu befriedigen seien. Aus dem die Überweisung begleitenden Fax des Versicherers sei eindeutig hervorgegangen, wofür der Geldbetrag von 55.031,94 DM bestimmt gewesen sei. Deshalb habe die Klägerin nicht annehmen können , das Geld sei für die Mandantin bestimmt gewesen. Auch die rechtliche Bedeutung der mit der Sparkasse getroffenen Vereinbarung habe ihr klar sein müssen.
17
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
18
1. Bereits die Annahme, ein Versicherungsfall lieg e nicht vor, weil die Klägerin der Sparkasse gegenüber nicht aufgrund eines Schadensersatzanspruchs , sondern eines Erfüllungsanspruchs zur Zahlung verpflichtet gewesen sei, erweist sich als rechtsfehlerhaft, weil das Berufungsgericht dabei die Bindungswirkung des Haftpflichturteils verkannt hat.

19
a) In der Haftpflichtversicherung gilt das Trennun gsprinzip. Das Haftpflichtverhältnis, das zwischen dem geschädigten Dritten und dem haftpflichtigen Versicherungsnehmer besteht, ist von dem Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherer zu trennen. Grundsätzlich ist im Haftpflichtprozess zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet. Ob der Versicherer dafür eintrittspflichtig ist, wird im Deckungsprozess geklärt (ständige Rechtsprechung: BGHZ 117, 345, 350; 119, 276, 278 m.w.N.; BGH, Urteile vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00 - VersR 2001, 1103 unter II 2; vom 17. Juli 2002 - IV ZR 268/01 - VersR 2002, 1141 unter II 1).
20
b) Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Die Bindungswirkung folgt nicht aus der Rechtskraft des Haftpflichturteils, da der Versicherer am Haftpflichtprozess nicht beteiligt ist. Vielmehr ist sie dem Leistungsversprechen, das der Haftpflichtversicherer dem Versicherungsnehmer im Versicherungsvertrag gegeben hat, zu entnehmen (BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 aaO; BGHZ 119, 276, 280 f.). Sie bedeutet, dass das Ergebnis des vorangegangenen Haftpflichtprozesses für die Deckungsfrage verbindlich ist. Damit wird verhindert , dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die ihr zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut überprüft werden können und müssen (BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 aaO; BGHZ 117, 345, 350; 119, 276, 278 f. m.w.N.). Das Haftpflichturteil entfaltet also im nachfolgenden Deckungsprozess Bindungswirkung jedenfalls insoweit, als es um den Haftungstatbestand geht (BGH aaO). Dieser umfasst die tatsächlichen Elemente, die der Tatrichter des Haftpflicht- prozesses der Haftung des Versicherungsnehmers zugrunde gelegt hat, ferner den dem Versicherungsnehmer anzulastenden Pflichtverstoß. Es ist deshalb im Deckungsprozess nicht mehr möglich, eine andere schadensverursachende Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zugrunde zu legen als dies im Haftpflichtprozess geschehen ist (BGH, Urteile vom 20. Juni 2001 aaO und vom 17. Juli 2002 aaO). Anders als die Revisionserwiderung meint, ergibt sich aus der Senatsrechtsprechung zur so genannten Voraussetzungsidentität (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - VersR 2004, 590 unter III 1 und 2) nichts anderes. Denn die Frage nach dem Haftungsgrund erweist sich im Haftpflichtprozess immer als entscheidungserheblich in dem Sinne, dass sie nach dem im Haftpflichtversicherungsvertrag gegebenen Leistungsversprechen für den nachfolgenden Deckungsprozess verbindlich geklärt werden soll.
21
c) Nachdem im Berufungsurteil des Haftpflichtproze sses eine positive Vertragsverletzung der Klägerin gegenüber der Sparkasse angenommen worden war, war das Gericht im Deckungsprozess daran gerade auch mit Blick auf den angenommenen Haftungsgrund gebunden. Dass auch Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung solche aus "gesetzlichen Haftungsbestimmungen privatrechtlichen Inhalts" im Sinne von § 1 I 1 AVB-WB sind, ist allgemein anerkannt (vgl. dazu Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 1 AVB Vermögen Rdn. 1 mit Hinweis auf § 1 AHB Rdn. 3 ff. und insbes. Rdn. 5 m.w.N.). Für die Annahme, es fehle an einem gesetzlichen Haftpflichtanspruch zur Begründung eines Versicherungsfalls blieb danach kein Raum.

22
2. Soweit das Berufungsgericht weiter meint, der A nspruch auf Versicherungsleistungen scheitere jedenfalls am Leistungsausschluss aus § 4 Ziff. 5 AVB-WB, da die Klägerin den Schaden durch eine wissentliche Pflichtverletzung verursacht habe, ist dies ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei begründet.
23
a) Allerdings steht die Bindungswirkung des Haftpf lichturteils dieser Annahme nicht entgegen.
24
Zwar ist der Klägerin dort nur angelastet worden, sie habe sich dem Drängen ihrer Mandantin entziehen und bei gebotener Sachprüfung die wahre Zweckbestimmung des an sie überwiesenen Geldes erkennen, notfalls Rückfrage beim Feuerversicherer und der Sparkasse halten müssen. Damit ist lediglich der Vorwurf einfacher, unbewusster Fahrlässigkeit erhoben. Das genügte aber auch für den Haftpflichtprozess, denn ein Verschulden im Sinne von § 276 BGB - als Voraussetzung für die Haftung aus positiver Vertragsverletzung - setzte nicht die Feststellung voraus, die Klägerin sei sich der Pflichtwidrigkeit ihres Handelns bewusst gewesen (dazu, dass Vorsatz und Fahrlässigkeit einerseits und wissentliche Pflichtverletzung andererseits sich nicht decken, vgl. auch Späth, VersR 2000, 825, 826). Die Bindungswirkung reicht aber nur so weit, wie eine für die Entscheidung im Deckungsprozess maßgebliche Frage zu einzelnen Anspruchsvoraussetzungen sich auch im Haftpflichtprozess als entscheidungserheblich erweist (BGH, Urteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - VersR 2004, 590 unter III 1 und 2; OLG Hamm NJW-RR 2002, 1185, 1186). Die Frage nach einer wissentlichen Pflichtverletzung war für den Haftpflichtprozess nicht entscheidungserheblich, weil dort Fahrlässigkeit zur Haftungsbegründung ausreichte.

25
b) Eine wissentliche Pflichtverletzung, wie sie de r Risikoausschluss des § 4 Ziff. 5 AVB-WB voraussetzt, hat das Berufungsgericht aber nicht rechtsfehlerfrei dargelegt.
26
Wissentlich handelt nur derjenige Versicherte, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz, bei dem er die in Rede stehende Verpflichtung nur für möglich hält, reicht dafür ebenso wenig aus wie eine fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherte die Pflichten zutreffend gesehen hat (BGH, Urteile vom 26. September 1990 - IV ZR 147/89 - VersR 1991, 176 unter 4 b, zu § 4 Nr. 6 S. 1 AVB-WB; vom 5. März 1986 - IVa ZR 179/84 - VersR 1986, 647 unter 2 b, zu § 4 Nr. 5 AVB Vermögen).
27
Eine solche Feststellung hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es erörtert nicht, inwieweit die Klägerin ihre vom Tatrichter des Haftpflichtprozesses erst durch eine umfangreiche Auslegung des Treuhandvertrages ermittelten mehrseitigen Verpflichtungen gegenüber der Mandantin , der Sparkasse und dem Versicherer wirklich überblickt hat. Es setzt sich weder mit der seinerzeit offensichtlichen beruflichen Unerfahrenheit der Klägerin noch mit der nahe liegenden Frage auseinander, welches Motiv sie gehabt haben sollte, wissentlich gegen die Verpflichtung zu verstoßen, das erhaltene Geld an die Sparkasse weiterzuleiten. Stattdessen wird der Klägerin lediglich angelastet, als Rechtsanwältin habe ihr die rechtliche Bedeutung der getroffenen Vereinbarungen klar sein müssen und sie habe angesichts des klaren Inhalts des die Überweisung erläuternden Faxes des Versicherers auch nicht annehmen können, das erhaltene Geld sei für die Mandantin bestimmt. Damit ist in- des nur der Vorwurf - möglicherweise auch grober - Fahrlässigkeit begründet , nicht aber positiv festgestellt, dass die Klägerin ihre Verpflichtungslage zutreffend erkannt und sich bewusst darüber hinweggesetzt hat.
28
Auch im übrigen ist die Beweiswürdigung des Berufu ngsgerichts lückenhaft, denn mit den Behauptungen der Klägerin, die Mandantin habe ihr gegenüber geäußert, der Versicherer sei inzwischen damit einverstanden , dass das Geld an sie weitergeleitet werde, sie sei davon irritiert gewesen, dass die Überweisung den Vermerk "Ehepaar F. " getragen habe und ein Mitarbeiter der Beklagten ihr gegenüber telefonisch geäußert habe, die Mandantin und ihr Ehemann hätten noch circa 50.000 DM zu bekommen, setzt sie sich nicht ausreichend auseinander.
29
3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderem Grunde als richtig. Denn anders als die Beklagte meint, ist sie auch nicht infolge einer Verletzung von Informationsobliegenheiten aus § 5 AVB-WB leistungsfrei.
30
a) Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Kläg erin ihre Obliegenheit zur Anzeige der Anspruchserhebung durch die geschädigte Sparkasse binnen einer Woche (§ 5 II Ziff. 3 AVB-WB) verletzt hat. Denn erstmals mit Schreiben vom 27. Mai 1999 hat die Sparkasse darauf hingewiesen , dass sie sich Regressansprüche gegen die Klägerin vorbehalte. Schon unter dem 1. Juni 1999 - und damit unverzüglich - schrieb die Klägerin eine Schadensmeldung an die Beklagte. Dass diese nicht binnen einer Woche bei der Beklagten vorgelegen hätte, ist nicht vorgetra- gen. Insoweit kann offen bleiben, ob das Schreiben der Sparkasse schon ein ernstliches Geltendmachen des Haftpflichtanspruchs enthielt.
31
b) Ebenso wenig ist dargelegt, dass die Klägerin i hre Obliegenheit, unverzüglich die Klageerhebung gegen sie dem Versicherer zu melden (§ 5 II Ziff. 4 AVB-WB), verletzt hätte. Am 28. September 1999 erhob die Sparkasse Klage gegen die damals beklagte jetzige Klägerin. Mit Schreiben vom 30. September 1999 übersandte die Klägerin diese Klagschrift der Beklagten.
32
c) Die Beklagte meint, die Klägerin habe gegen die Obliegenheit aus § 5 III Ziff. 1 AVB-WB verstoßen, den Versicherer umfassend über den Schadensfall zu informieren, weil sie nach der Klagerhebung im Haftpflichtprozess mehr als ein Jahr lang keine Informationen über den weiteren Gang des Rechtsstreits an die Beklagte weitergeleitet habe. Auch damit kann die Beklagte jedoch keinen Erfolg haben.
33
Eine Leistungsfreiheit der Beklagten wegen Verletz ung von Informationsobliegenheiten kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die bei der Beklagten für die Haftpflichtversicherung zuständigen Mitarbeiter allen Anlass hatten, das bei der Gebäudeversicherung angefallene Wissen über den Fortgang des Haftpflichtprozesses zu erfragen, so dass die von der Beklagten als Gebäudeversicherer erlangten Kenntnisse ihr auch im Rahmen des Haftpflichtversicherungsverhältnisses zuzurechnen sind und ein darüber hinausgehender Informationsbedarf hier nicht mehr gegeben war.

34
aa) Die Frage der wechselseitigen Wissenszurechnun g hat den Senat bisher nur für konzernverbundene Unternehmen (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1989 - IVa ZR 177/88 - VersR 1990, 258 unter 3) und für Unternehmen entschieden, die in einem Datenverbund eine gemeinsame Datensammlung unterhielten (BGHZ 123, 224 ff.). Er hat ausgesprochen, dass in diesen Fällen eine Wissenszurechnung der Unternehmen untereinander grundsätzlich nicht erfolgt, anderes aber dann gilt, wenn der Versicherer aufgrund von Angaben des Versicherungsnehmers einen konkreten Anlass hat, auf die ihm zugänglichen Daten des anderen Versicherers oder der gemeinsamen Datensammlung zuzugreifen (Urteil vom 13. Dezember 1989 aaO; BGHZ aaO S. 229).
35
bb) Diese Grundsätze lassen sich erst recht auf de n vorliegenden Fall übertragen, in dem die Beklagte als Gebäudeversicherer und als Haftpflichtversicherer tätig geworden ist. Für die Beklagte als Haftpflichtversicherer bestand schon seit der Schadensmeldung der Klägerin im Juni 1999 Anlass dazu, sich mit den für die Gebäudeversicherung zuständigen Mitarbeitern ins Benehmen zu setzen, um künftig die eingehenden Informationen auszutauschen. Denn schon der Schadensmeldung der Klägerin lag in Kopie das Schreiben der geschädigten Sparkasse vom 27. Mai 1999 bei, aus dem hervorging, dass es um eine Fehlleitung einer Zahlung aus der Gebäudeversicherung durch die Klägerin ging, die Beklagte von der möglichen Pflichtverletzung der Klägerin also jedenfalls mittelbar mit betroffen war. Ein aufmerksamer Sachbearbeiter der Haftpflichtversicherung hätte aufgrund dieses Hinweises schon zu einem frühen Zeitpunkt erkennen können und müssen, dass der Gang der Auseinandersetzung um die Fehlleitung der Versicherungsleistung in der Gebäudeversicherung für den Versicherungsfall in der Haftpflichtversicherung von Bedeutung war.
36
Erst recht bestand Anlass, auf das vorhandene Wiss en zuzugreifen , nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 30. September 1999 der Beklagten die Klagschrift des Haftpflichtprozesses übersandt hatte, aus der die Rolle der Beklagten als Gebäudeversicherer in allen Einzelheiten hervorging.

37
4. Die Sache bedarf zur Prüfung einer wissentliche n Pflichtverletzung im Sinne von § 4 Ziff. 5 AVB-WB neuer tatrichterlicher Verhandlung. Sie war deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Passau, Entscheidung vom 24.07.2003 - 1 O 793/02 -
OLG München, Entscheidung vom 30.03.2004 - 25 U 4131/03 -

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 101/00 Verkündet am:
20. Juni 2001
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Ist im Haftpflichturteil ein schadensverursachender Pflichtverstoß des Versicherungsnehmers
festgestellt, kann sich der Versicherer im Deckungsprozeß zur Begründung
des Ausschlußtatbestandes ("... Schadensverursachung durch ... wissentliche
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Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom
20. Juni 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 2. März 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt als Pfändungsgläubiger den beklagten Versicherer aus einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung des Streithelfers in Anspruch.
Der Kläger beauftragte den Streithelfer als Prozeßanwalt, nach dem Tod seines Vaters einen Pflichtteilsanspruch gegen seine Stiefmutter geltend zu machen. Der Streithelfer reichte eine von dem Ver-

kehrsanwalt des Klägers entworfene Stufenklage auf Auskunft, eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Zahlung ein. Im zweiten Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte er die Auskunftsklage einseitig in der Hauptsache für erledigt; weitere Anträge stellte er nicht. Durch Teilurteil wurde die Klage in der ersten Stufe abgewiesen. Der Streithelfer übermittelte das Teilurteil dem Kläger; darüber hinausgehende Maßnahmen wurden durch ihn nicht getroffen. Auf fünf anschließende Sachstandsanfragen des Klägers bzw. des Verkehrsanwalts reagierte er nicht. Daraufhin kündigte der Kläger dem Streithelfer das Mandat fristlos.
Die neu beauftragten Prozeßbevollmächtigten des Klägers beantragten die Fortsetzung des Pflichtteilsrechtsstreits in der zweiten und dritten Stufe. Die restliche Klage wurde durch Schlußurteil wegen Verjährung abgewiesen.
In dem folgenden Haftpflichtprozeß wurde der Streithelfer rechtskräftig verurteilt, wegen positiver Vertragsverletzung des Anwaltsvertrages dem Kläger Schadensersatz in Höhe von 131.207,32 DM zu leisten. Für diesen Rechtsstreit hatte die Beklagte dem Streithelfer unter Vorbehalt einer Prüfung der Leistungsfreiheit nach § 4 Ziff. 5 Satz 1 ihrer Allgemeinen Bedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und Patentanwälten (AVB-RA) vorläufig Dekkungsschutz erteilt. Die Klausel lautet:
"Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf Haftpflichtansprüche ... wegen Schadenverursachung durch wissentliches Abwei-

chen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung."
Nachdem der Kläger nur Teilbeträge auf seine titulierte Forderung von dem Streithelfer erhalten hatte, pfändete er dessen Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag mit der Beklagten und ließ sie sich zur Einziehung überweisen. Die Beklagte berief sich gegenüber dem Streithelfer auf Leistungsfreiheit, weil dieser Sachstandsanfragen des Mandanten nicht beantwortet und es unterlassen habe, Schritte zur Unterbrechung der Verjährung zu unternehmen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren in Höhe von 114.176,73 DM weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts greift der Risikoausschluß nach § 4 Ziff. 5 Satz 1 AVB-RA ein. Diese Klausel sei Inhalt des Versicherungsvertrages geworden, den der Streithelfer mit der Beklagten abgeschlossen habe. Sie stelle einen subjektiven Risikoausschluß dar und sei wirksam.

Es sei zwar zweifelhaft, wenn nicht auszuschließen, daß der Streithelfer den Pflichtteilsanspruch des Klägers vorsätzlich habe verjähren lassen. In jedem Fall habe der Streithelfer seine Anwaltspflichten aber wissentlich dadurch verletzt, daß er die Sachstandsanfragen des Klägers und des Verkehrsanwalts unbeantwortet gelassen habe. Die wissentliche Nichtbeantwortung der Sachstandsanfragen sei ursächlich für den Schaden des Klägers - die Abweisung des Pflichtteilsanspruchs wegen Verjährung - gewesen. Die Beklagte sei nicht gehindert, sich im Deckungsprozeß auf diese Pflichtverletzung zu berufen. Denn das Landgericht habe in dem Haftpflichtprozeß lediglich festgestellt, daß der Pflichtteilsanspruch des Klägers infolge einer dem Streithelfer anzulastenden Untätigkeit verjährt sei. Es habe die schuldhafte Vertragspflichtverletzung des Streithelfers darin gesehen, daß dieser keine die Verjährung unterbrechenden Maßnahmen ergriffen habe. Damit, wie die Nichtbeantwortung der Sachstandsanfragen zu bewerten sei, habe es sich nicht befaßt.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Die Bestimmung des § 4 Ziff. 5 Satz 1 AVB-RA ist nach der von der Revision nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts in den Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrag zwischen der Beklagten und dem Streithelfer einbezogen worden.

Sie enthält einen subjektiven Risikoausschluß, der in zweifacher Hinsicht von der dispositiven Vorschrift des § 152 VVG abweicht. Zum einen stellt § 4 Ziff. 5 Satz 1 AVB-RA zugunsten des Versicherungsnehmers nur auf näher beschriebene Verstöße gegen konkrete Berufspflichten ab und läßt insoweit nicht bedingten Vorsatz genügen, sondern fordert direkten Vorsatz. Zum anderen muß der Versicherungsnehmer nicht den schädigenden Erfolg als möglich vorhergesehen und billigend in Kauf genommen haben (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1986 - IVa ZR 166/85 - VersR 1987, 174 unter II 1).
Ein solcher Risikoausschluß in Allgemeinen Versicherungsbedingungen ist wirksam (vgl. Senatsurteil vom 26. September 1990 - IV ZR 147/89 - VersR 1991, 176 unter 6 c).
2. Aufgrund der Bindungswirkung des Haftpflichturteils ist es der Beklagten im Deckungsprozeß verwehrt, sich auf eine wissentliche Pflichtverletzung des Streithelfers durch Nichtbeantwortung der Sachstandsanfragen zu berufen.

a) In der Haftpflichtversicherung gilt das Trennungsprinzip. Das Haftpflichtverhältnis, das zwischen dem geschädigten Dritten und dem haftpflichtigen Versicherungsnehmer besteht, ist von dem Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherer zu trennen. Grundsätzlich ist im Haftpflichtprozeß zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet. Ob der Versicherer dafür eintrittspflichtig ist, wird im Deckungsprozeß

geklärt (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGHZ 117, 345, 350; BGHZ 119, 276, 278 m.w.N.).

b) Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Die Bindungswirkung folgt nicht aus der Rechtskraft des Haftpflichturteils, da der Versicherer am Haftpflichtprozeß nicht beteiligt ist. Vielmehr ist sie dem Leistungsversprechen, das der Haftpflichtversicherer dem Versicherungsnehmer im Versicherungsvertrag gegeben hat, zu entnehmen (BGHZ 119, 276, 280 f). Sie bedeutet , daß das Ergebnis des vorangegangenen Haftpflichtprozesses für die Deckungsfrage verbindlich ist. Damit wird verhindert, daß die im Haftpflichtprozeß getroffene Entscheidung und die zugrundeliegenden Feststellungen im Deckungsprozeß erneut überprüft werden können (BGHZ 117, 345, 350; BGHZ 119, 276, 278 f m.w.N.).
Trotz der Bindungswirkung bleiben dem Versicherer im Deckungsprozeß etwaige versicherungsrechtliche Einwendungen erhalten; so kann er sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung oder aufgrund eines Risikoausschlusses berufen (BGH, Urteile vom 28. April 1958 - II ZR 163/57 - VersR 1958, 361 unter 1 und vom 20. September 1978 - V ZR 57/77 - VersR 1978, 1105 unter I). Ist eine für den Dekkungsanspruch im Hinblick auf eine Risikobegrenzung oder einen Risikoausschluß wesentliche Tat- oder Rechtsfrage im Haftpflichtprozeß offen geblieben, so ist sie im Deckungsprozeß zu entscheiden (BGH, Urteil vom 26. April 1962 - II ZR 40/60 - VersR 1962, 557 unter II B c).

Das Haftpflichturteil entfaltet aber im nachfolgenden Deckungsprozeß Bindungswirkung jedenfalls insoweit, als es um den Haftungstatbestand geht (BGHZ 119, 276, 278). Dieser umfaßt die tatsächlichen Elemente, die der Tatrichter des Haftpflichtprozesses der Haftung des Versicherungsnehmers zugrunde gelegt hat. Wird dem Versicherungsnehmer vorgeworfen, pflichtwidrig eine Handlung unterlassen zu haben, so gehört zum Haftungstatbestand auch, was der Versicherungsnehmer hätte tun müssen, um pflichtgemäß zu handeln.

c) Diese Grundsätze gelten auch hier. Bindend festgestellt ist im Haftpflichtprozeß nicht nur, daß der Pflichtteilsanspruch des Klägers verjährt und die Klage daher zu Recht abgewiesen worden ist. Auch der dem Streithelfer anzulastende Pflichtverstoß wird von der Bindungswirkung erfaßt. Das Haftpflichturteil hat die Vertragspflichtverletzung des Streithelfers darin gesehen, daß dieser es unterlassen hat, den Eintritt der Verjährung zu verhindern. Welche Maßnahmen der Streithelfer hätte ergreifen müssen, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern, ist im Haftpflichturteil - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht offen geblieben. Vielmehr ist dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe , soweit sie sich mit der objektiven Pflichtwidrigkeit befassen, zu entnehmen, daß dem Streithelfer vorgeworfen worden ist, den Rechtsstreit nicht weiter betrieben zu haben. Als nächste Prozeßhandlung, die geeignet gewesen wäre, die durch den Stillstand des Verfahrens erneut in Lauf gesetzte Verjährungsfrist zu unterbrechen (§ 211 Abs. 2 Satz 2 BGB), hat der Tatrichter des Haftpflichtprozesses die Einreichung des Schriftsatzes genannt, mit dem die späteren Prozeßbevollmächtigten des Klägers beantragten, das Verfahren über die weiteren Stufen fortzuset-

zen. Außerdem ist im Haftpflichturteil festgehalten, daß dem Kläger ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 118.846,99 DM zuerkannt worden wäre, wenn der Streithelfer spätestens nach Erlaß des Teilurteils den Rechtsstreit um den Pflichtteil weitergeführt hätte. Damit hat der Tatrichter im Haftpflichtprozeß die Pflichtwidrigkeit des Streithelfers dahin konkretisiert , daß er es versäumt hat, rechtzeitig einen Fortsetzungsantrag zu stellen.

d) Nachdem das Haftpflichturteil den schadensverursachenden Pflichtverstoß des Streithelfers so festgestellt hat, kann ihm im Dekkungsprozeß nicht die Nichtbeantwortung der Sachstandsanfragen als - andere - schadensverursachende Pflichtwidrigkeit vorgeworfen werden. Denn der Tatbestand der Ausschlußklausel ("... Schadenverursachung durch ... wissentliche Pflichtverletzung") deckt sich mit dem Haftungstatbestand im Haftpflichtprozeß, jedenfalls was die den Schaden verursachende Pflichtverletzung angeht. In einem solchen Falle muß der Versicherungsnehmer es hinnehmen, wenn das Gericht im Haftpflichtprozeß einen Tatbestand feststellt, der zugleich versicherungsrechtlich einen Risikoausschluß ausfüllt. Umgekehrt kann der Versicherer, wenn - wie hier - im Haftpflichtprozeß festgestellt wurde, daß der Versicherungsnehmer den Schaden durch ein bestimmtes Verhalten verursacht hat, diese Feststellung im Deckungsprozeß nicht mehr nachprüfen lassen (Voit in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 149 Rdn. 30 m.w.N.).
3. Offen geblieben ist im Haftpflichtprozeß allerdings, ob der Streithelfer es wissentlich unterließ, den verjährungsunterbrechenden Fortsetzungsantrag zu stellen.

Der nach § 4 Ziff. 5 Satz 1 AVB-RA notwendige direkte Vorsatz erfordert das Wissen und Wollen der Pflichtverletzung. Der Versicherungsnehmer muß die von ihm verletzte Pflicht positiv gekannt und subjektiv das Bewußtsein gehabt haben, gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidrig zu handeln (BGH, Urteil vom 13. Juli 1959 - II ZR 37/58 - VersR 1959, 691 unter 2; Senatsurteil vom 17. Dezember 1986 aaO VersR 1987, 174 unter II 1). Demgemäß müßte der Streithelfer gewusst haben, daß er die Fortsetzung des Prozesses zu beantragen hatte, und willentlich gegen diese Pflicht verstoßen haben. Darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses ist der beklagte Versicherer (Senatsurteil vom 26. September 1990 aaO VersR 1991, 176 unter 5 c).
Die fehlenden Tatsachenfeststellungen zum Grad des Verschuldens des Streithelfers wird das Berufungsgericht nachzuholen haben. Dabei dürfte auch zu berücksichtigen sein, daß der Streithelfer durch die wiederholten Sachstandsanfragen Anlaß hatte, die materiellen und prozessualen Folgen des gegen den Kläger ergangenen Teilurteils zu prüfen. Zudem wird es den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen und Beweisantritt geben müssen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 268/01 Verkündet am:
17. Juli 2002
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Seiffert, die Richterin Ambrosius, den
Richter Wendt und die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juli 2002

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 31. Januar 2001 aufgehoben, soweit die Berufung gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 26. Juni 2000 hinsichtlich des Deckungsschutzes für den Schadensfall S. ./. D. Versicherung AG zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Deckungsschutz aus einer mit ihr abgeschlossenen Haftpflichtversicherung für Rechtsanwälte in Anspruch. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen

der Beklagten für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und Patentanwälten (AVB-A) zugrunde.
Am 8. September 1992 beauftragte eine Mandantin den Kläger mit der Durchsetzung ihrer Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 22. Januar 1990 gegen die D. Versicherung AG sowie aus einem weiteren Verkehrsunfall vom 9. August 1992 gegen die A. Versicherung AG. Wegen der Ansprüche gegen die D. Versicherung AG ließ der Kläger im Juni 1993 beim Landgericht F. durch einen dort zugelassenen Kollegen Klage einreichen. Sie wurde nicht zugestellt, weil der Gerichtskostenvorschuß nicht eingezahlt wurde. Am 3. August 1995 wurde die Klage auf Veranlassung des Klägers zurückgenommen. Eine erneute Klage wurde nicht eingereicht. Die D. Versicherung AG hat sich inzwischen auf Verjährung berufen. Auch die A. Versicherung AG hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Die Mandantin nimmt den Kläger wegen fehlerhafter Bearbeitung der beiden Verkehrsunfallsachen auf Schadensersatz in Anspruch. Sie hat im Mai 1999 Klage beim Landgericht F. erhoben. Wegen des materiellen Schadens verlangt sie Zahlung von 445.491,88 DM, ferner Ersatz für ein entgangenes Schmerzensgeld von mindestens 50.000 DM sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden. Das Landgericht hat durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom 30. März 2000 Ansprüche aus dem Mandat gegen die A. Versicherung AG abgewiesen, weil der Unfall vom 9. August 1992 nach dem eigenen Vortrag der (dortigen) Klägerin zu keinen weiteren nachteiligen Folgen geführt habe; hinsichtlich des Mandats gegen die D. Versicherung AG hat das Landgericht eine Haftung des Klägers angenommen und die

Zahlungsanträge dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt sowie die Ersatzpflicht des Klägers für künftige Schäden festgestellt.
Der Kläger hat von der Beklagten Deckungsschutz wegen der von der Mandantin gegen ihn erhobenen Ansprüche aus beiden Unfallangelegenheiten verlangt. Die Beklagte stützt ihre Ablehnung auf § 4 Nr. 5 AVB-A. Danach bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schadenverursachung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung.
Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich des zweiten Verkehrsunfalls schon deshalb abgewiesen, weil insoweit die Klage im Haftpflichtprozeû abgewiesen worden sei. Hinsichtlich der Bearbeitung des Mandats wegen der Ansprüche gegen die D. Versicherung AG hat es Leistungsfreiheit der Beklagten wegen wissentlicher Pflichtverletzung angenommen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der Revision erstrebt er Deckungsschutz nur noch wegen der Ansprüche, die gegen ihn aus der Bearbeitung der Unfallsache gegen die D. Versicherung AG erhoben werden.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt im beantragten Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht nimmt an, der Versicherungsschutz sei nach § 4 Nr. 5 AVB-A wegen einer wissentlichen Pflichtverletzung des Klägers ausgeschlossen. Aus seinem vorgerichtlichen Schreiben vom 22. Juni 1998 an die Beklagte ergebe sich, daû ihm das die Hemmung der Verjährung beendende Ablehnungsschreiben der D. Versicherung AG vom 5. April 1992 jedenfalls im Jahr 1995 vorgelegen habe. Daraus folge, daû er spätestens bis zum 5. April 1995 hätte tätig werden müssen , um die Verjährung des Schadensersatzanspruchs seiner Mandantin sicher zu verhindern. Nach dem von ihm nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Beklagten sei ihm bekannt gewesen, daû er im Hinblick auf das Ablehnungsschreiben vom April 1992 verjährungsunterbrechende Handlungen hätte vornehmen müssen; ihm sei bewuût gewesen, in dieser Richtung nichts unternommen zu haben.
II. 1. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung schon deshalb nicht stand, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, welche konkrete objektive Pflichtverletzung, die den Eintritt des Versicherungsfalls unmittelbar herbeigeführt hat, dem Kläger im rechtskräftigen Haftpflichturteil angelastet worden ist. Wegen der Bindungswirkung des Haftpflichturteils ist es der Beklagten verwehrt, sich im Deckungsprozeû auf eine andere schadensverursachende Pflichtverlet-

zung zu berufen (vgl. dazu das Senatsurteil vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00 - VersR 2001, 1103 unter II 2 m.w.N.).
2. Aus dem Parteivortrag in den Tatsacheninstanzen geht hervor, daû das Berufungsgericht seine Entscheidung jedenfalls auf eine andere Pflichtverletzung gestützt hat als die, die dem Kläger in der Haftpflichtklage vorgeworfen worden ist. Der von der Beklagten vorgelegten Abschrift der Klage ist zu entnehmen, daû dem Kläger als unmittelbar schadensverursachendes Fehlverhalten angelastet worden ist, im Hinblick auf ein Ablehnungsschreiben der D. Versicherung AG vom 21. September 1992 nicht spätestens im August 1995 erneut Klage eingereicht zu haben. Das im Haftpflichtprozeû ergangene Urteil befindet sich nicht bei den in den Tatsacheninstanzen angefallenen Akten. Die Akten des Haftpflichtprozesses hatte das Berufungsgericht zwar angefordert , aber nicht erhalten, weil sie sich im Verfahren über die Höhe des Anspruchs beim Sachverständigen befanden.
III. Das Berufungsgericht wird deshalb auf der Grundlage der Feststellungen im Haftpflichturteil erneut zu prüfen haben, ob dem Kläger eine wissentliche Pflichtverletzung anzulasten ist. Diese im Revisionsverfahren vorgelegte Entscheidung stützt die Verurteilung des Klägers darauf , daû er im Hinblick auf das Ablehnungsschreiben der D. Versicherung AG vom 21. September 1992 nicht bis spätestens 25. September 1995 die Unterbrechung der Verjährung durch eine erneute Klage herbeigeführt habe.

Hinsichtlich der vom Berufungsgericht angenommenen sekundären Darlegungslast des Klägers wird es in seine Erwägungen einzubeziehen haben, daû nach dem vom Kläger unter Beweis gestellten Vortrag die Handakten am 3. Juli 1998 an die Beklagte abgesandt wurden, ohne daû zuvor Kopien angefertigt wurden.
Terno Seiffert Ambrosius
Wendt Dr. Kessal-Wulf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 126/02 Verkündet am:
18. Februar 2004
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG §§ 149, 150, 152; AVB f. Haftpflichtvers. (AHB) § 4 II 1
Feststellungen im vorangegangenen Haftpflichtprozeß zwischen dem Geschädigten
und dem Versicherungsnehmer oder dem Versicherten haben im nachfolgenden
Deckungsprozeß zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Haftpflichtversicherer
nur insoweit Bindungswirkung, als Voraussetzungsidentität vorliegt.
BGH, Urteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - OLG Hamm
LG Münster
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Februar 2004

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Februar 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt für einen von seinem mitversicherten Stiefsohn durch Brandstiftung verursachten Schaden Deckungsschutz aus einer seit 1979 beim Beklagten bestehenden Privathaftpflichtversicherung, der die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) zugrunde liegen.
In den frühen Morgenstunden des 6. September 1997 zündete der Stiefsohn des Klägers die Ladung eines in der Remise eines Scheunengebäudes stehenden Heuwagens an. Das Feuer breitete sich aus und zerstörte das gesamte Gebäude nebst Inhalt. Der Beklagte verweigerte mit Schreiben vom 11. Juni 1999 Deckungsschutz mit der Begründung,

nach § 4 II 1 AHB seien Ansprüche der Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Der Geschädigte erhob im Oktober 1999 gegen den Stiefsohn des Klägers Klage auf Ersatz des Gebäudeschadens, die zu einem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Dortmund vom 17. Oktober 2000 auf Zahlung von 86.000 DM nebst Zinsen führte. Das Landgericht hat den auf § 823 Abs. 1 BGB gestützten Anspruch damit begründet, der Stiefsohn des Klägers habe das Heu auf dem in der Scheune abgestellten Wagen vorsätzlich entzündet und die vollständige Zerstörung der Scheune auch grob fahrlässig herbeigeführt.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte könne sich wegen der Bindungswirkung des Haftpflichturteils nicht darauf berufen, der Vorsatz seines Stiefsohnes habe auch den Gebäudeschaden umfaßt. Insoweit habe das Landgericht Dortmund festgestellt, daß nur grobe Fahrlässigkeit vorliege, Vorsatz demgemäß nicht festgestellt, sondern damit implizit ausgeschlossen sei. Daran sei das Gericht im Deckungsprozeß gebunden.
Mit seiner Revision verfolgt der Kläger den in den Vorinstanzen erfolglos gebliebenen Antrag auf Gewährung von Deckungsschutz weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg. Der Versicherungsschutz ist nach § 4 II 1 Satz 1 AHB ausgeschlossen, weil der Stiefsohn des Klägers den durch das Anzünden des Heus verursachten gesamten Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat.
I. Das Berufungsgericht (VersR 2002, 1369) hält es übereinstimmend mit dem Landgericht für erwiesen, daß sich der Vorsatz des Stiefsohnes des Klägers nicht darauf beschränkte, lediglich das auf dem Wagen gelagerte Heu zu entzünden, sondern daß er die Ausweitung des Feuers zumindest als möglich vorhergesehen und die Inbrandsetzung des gesamten Gebäudes nebst Inhalt zumindest billigend in Kauf genommen hat. Diese Feststellung greift die Revision nicht an.
II. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beklagte durch das Urteil des Landgerichts Dortmund im Haftpflichtprozeß nicht daran gehindert , sich gegenüber dem Kläger darauf zu berufen, sein Stiefsohn habe den Gebäudeschaden vorsätzlich herbeigeführt. Zwar entfalte das Urteil im Haftpflichtprozeß Bindungswirkung für den nachfolgenden Dekkungsprozeß. Dadurch werde verhindert, daß die Grundlagen der Entscheidung im Haftpflichtprozeß nochmals zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer in Frage gestellt würden. Das Landgericht Dortmund sei in seinem Urteil davon ausgegangen, der Stiefsohn des Klägers habe die vollständige Zerstörung der Scheune grob fahrlässig herbeigeführt. Vorsatz und Fahrlässigkeit seien zwei unterschiedliche

Begehungsformen, die bei ein- und derselben Handlung nicht zugleich vorliegen könnten. Mit der Feststellung grober Fahrlässigkeit sei folglich Vorsatz verneint worden, ohne daß es dazu besonderer Ausführungen bedurft hätte. An diesen Vorsatzausschluß hinsichtlich des Schadensumfangs sei der Senat im Deckungsprozeß aber nicht gebunden, weil es insoweit an der Voraussetzungsidentität fehle. Für die Entscheidung im Haftpflichtprozeß sei es unerheblich gewesen, ob der Gebäudeschaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht worden sei. Für die Verurteilung wäre ausreichend gewesen, daß das Heu vorsätzlich angezündet und das Übergreifen des Feuers auf die gesamte Scheune dadurch adäquat kausal herbeigeführt worden sei. Eine Bindungswirkung der Feststellungen im Haftpflichtprozeß entstehe in dem Umfang, wie die festgestellten Tatsachen für beide Verfahren gleichermaßen von Bedeutung seien, d.h. nur bei Voraussetzungsidentität. Es sei zwar Aufgabe des Haftpflichtprozesses, über alle tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Haftpflichtanspruchs zu befinden, nicht jedoch, darüber hinaus Feststellungen zum Innenverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer zu treffen, die für den Haftpflichtanspruch ohne Bedeutung seien.
III. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Der Senat folgt der Ansicht des Berufungsgerichts, daß Feststellungen im vorangegangenen Haftpflichtprozeß zwischen dem Geschädigten und dem Versicherungsnehmer (oder dem Versicherten) im nachfolgenden Deckungsprozeß zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer Bindungswirkung nur bei Voraussetzungsidentität

entfalten. Nach dem in der Haftpflichtversicherung geltenden Trennungs- prinzip ist grundsätzlich im Haftpflichtprozeß zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet (BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00 - VersR 2001, 1103 unter II 2 a m.w.N.). Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Damit wird verhindert, daß die im Haftpflichtprozeß getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozeß erneut überprüft werden können (BGH aaO unter II 2 b m.w.N.). Die Bindungswirkung geht aber nicht weiter, als sie danach geboten ist (BGH, Urteil vom 12. Februar 1969 - IV ZR 539/68 - VersR 1969, 413 unter III b). Geboten ist die Bindungswirkung nur insoweit , als eine für die Entscheidung im Deckungsprozeß maßgebliche Frage sich auch im Haftpflichtprozeß nach dem vom Haftpflichtgericht gewählten rechtlichen Begründungsansatz bei objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung als entscheidungserheblich erweist, also Voraussetzungsidentität vorliegt. Nur dann ist es gerechtfertigt anzunehmen, eine Feststellung sei Grundlage für die Entscheidung im Haftpflichtprozeß. Die Begrenzung der Bindungswirkung auf Fälle der Voraussetzungsidentität ist insbesondere deshalb geboten, weil der Versicherungsnehmer und der Versicherer keinen Einfluß darauf haben, daß der Haftpflichtrichter "überschießende", nicht entscheidungserhebliche Feststellungen trifft oder nicht entscheidungserhebliche Rechtsausführungen macht (vgl. zur fehlenden Interventionswirkung nach § 68 ZPO bei sogenannten überschießenden Feststellungen BGH, Beschluß vom 27. November 2003 - V ZB 43/03 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt ). Allein gegen solche "überschießenden" Begründungsinhalte könnten sie sich auch nicht mit einem Rechtsmittel wehren, weil ein

Rechtsmittel, mit dem bei gleichem Ergebnis nur eine andere Entschei- dungsbegründung erstrebt wird, mangels Beschwer unzulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 1994 - XII ZR 207/92 - NJW 1994, 2697 unter 2 a aa).
Der Senat hat zwar bisher nicht ausgesprochen, Bindungswirkung bestehe nur bei Voraussetzungsidentität. Das läßt sich aber, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, dem Senatsurteil vom 30. September 1992 entnehmen (BGHZ 119, 276, 279 f.). Dort hat der Senat Bindungswirkung des Haftpflichturteils angenommen, weil die Feststellung fehlenden Vorsatzes maßgeblich sei sowohl für die Haftungsfrage, nämlich die Höhe des Schmerzensgeldes, als auch insbesondere für den Deckungsausschluß gemäß § 4 II 1 AHB, für den vorsätzliches Handeln Voraussetzung sei. Weiter hat der Senat ausgeführt, daß von der dortigen Beklagten herangezogene Urteile in diesem Zusammenhang keine Bedeutung hätten, weil sie sich nicht mit Fällen der Voraussetzungsidentität befaßten.
2. Ob die Annahme des Berufungsgerichts rechtlich haltbar ist, das Landgericht Dortmund habe mit der Feststellung grob fahrlässig herbeigeführter vollständiger Zerstörung der Scheune zugleich Vorsatz ausgeschlossen , kann dahinstehen. Eine solche Feststellung wäre für den Deckungsprozeß nicht bindend, weil es an der erforderlichen Voraussetzungsidentität fehlen würde. Das gilt selbst dann, wenn das Landgericht die Verurteilung auf den Tatbestand der Verletzung des Eigentums an dem Scheunengebäude gestützt und insoweit grobe Fahrlässigkeit angenommen hat. Ob der Stiefsohn des Klägers das Eigentum an der Scheune nur grob fahrlässig und nicht vorsätzlich beschädigt hat, ist von die-

sem rechtlichen Ansatz her für die Entscheidung bei objektiv zutreffender Würdigung ohne jede Bedeutung, weil einfache Fahrlässigkeit genügt. Ausführungen zu einem höheren Verschuldensgrad sind "überschießende" , nicht entscheidungserhebliche Feststellungen, die für den Dekkungsprozeß nicht bindend sind.
Es kann deshalb offenbleiben, ob es dem Berufungsgericht, wie die Revision meint, verwehrt gewesen ist, vom rechtlichen Ansatz her auf die vorsätzliche Verletzung des Eigentums am Heu und bezüglich des Schadens am Gebäude nur noch objektiv auf den adäquaten Kausalzusammenhang abzustellen.

3. Soweit der Kläger Deckungsschutz auch für Schadensersatzansprüche begehrt, die nicht Gegenstand eines Haftpflichturteils sind (unter anderem Schäden am Gebäudeinhalt), hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, daß eine Bindungswirkung nicht in Betracht kommen kann. Dagegen wendet sich die Revision auch nicht.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 126/02 Verkündet am:
18. Februar 2004
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG §§ 149, 150, 152; AVB f. Haftpflichtvers. (AHB) § 4 II 1
Feststellungen im vorangegangenen Haftpflichtprozeß zwischen dem Geschädigten
und dem Versicherungsnehmer oder dem Versicherten haben im nachfolgenden
Deckungsprozeß zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Haftpflichtversicherer
nur insoweit Bindungswirkung, als Voraussetzungsidentität vorliegt.
BGH, Urteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - OLG Hamm
LG Münster
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Februar 2004

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Februar 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt für einen von seinem mitversicherten Stiefsohn durch Brandstiftung verursachten Schaden Deckungsschutz aus einer seit 1979 beim Beklagten bestehenden Privathaftpflichtversicherung, der die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) zugrunde liegen.
In den frühen Morgenstunden des 6. September 1997 zündete der Stiefsohn des Klägers die Ladung eines in der Remise eines Scheunengebäudes stehenden Heuwagens an. Das Feuer breitete sich aus und zerstörte das gesamte Gebäude nebst Inhalt. Der Beklagte verweigerte mit Schreiben vom 11. Juni 1999 Deckungsschutz mit der Begründung,

nach § 4 II 1 AHB seien Ansprüche der Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Der Geschädigte erhob im Oktober 1999 gegen den Stiefsohn des Klägers Klage auf Ersatz des Gebäudeschadens, die zu einem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Dortmund vom 17. Oktober 2000 auf Zahlung von 86.000 DM nebst Zinsen führte. Das Landgericht hat den auf § 823 Abs. 1 BGB gestützten Anspruch damit begründet, der Stiefsohn des Klägers habe das Heu auf dem in der Scheune abgestellten Wagen vorsätzlich entzündet und die vollständige Zerstörung der Scheune auch grob fahrlässig herbeigeführt.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte könne sich wegen der Bindungswirkung des Haftpflichturteils nicht darauf berufen, der Vorsatz seines Stiefsohnes habe auch den Gebäudeschaden umfaßt. Insoweit habe das Landgericht Dortmund festgestellt, daß nur grobe Fahrlässigkeit vorliege, Vorsatz demgemäß nicht festgestellt, sondern damit implizit ausgeschlossen sei. Daran sei das Gericht im Deckungsprozeß gebunden.
Mit seiner Revision verfolgt der Kläger den in den Vorinstanzen erfolglos gebliebenen Antrag auf Gewährung von Deckungsschutz weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg. Der Versicherungsschutz ist nach § 4 II 1 Satz 1 AHB ausgeschlossen, weil der Stiefsohn des Klägers den durch das Anzünden des Heus verursachten gesamten Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat.
I. Das Berufungsgericht (VersR 2002, 1369) hält es übereinstimmend mit dem Landgericht für erwiesen, daß sich der Vorsatz des Stiefsohnes des Klägers nicht darauf beschränkte, lediglich das auf dem Wagen gelagerte Heu zu entzünden, sondern daß er die Ausweitung des Feuers zumindest als möglich vorhergesehen und die Inbrandsetzung des gesamten Gebäudes nebst Inhalt zumindest billigend in Kauf genommen hat. Diese Feststellung greift die Revision nicht an.
II. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beklagte durch das Urteil des Landgerichts Dortmund im Haftpflichtprozeß nicht daran gehindert , sich gegenüber dem Kläger darauf zu berufen, sein Stiefsohn habe den Gebäudeschaden vorsätzlich herbeigeführt. Zwar entfalte das Urteil im Haftpflichtprozeß Bindungswirkung für den nachfolgenden Dekkungsprozeß. Dadurch werde verhindert, daß die Grundlagen der Entscheidung im Haftpflichtprozeß nochmals zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer in Frage gestellt würden. Das Landgericht Dortmund sei in seinem Urteil davon ausgegangen, der Stiefsohn des Klägers habe die vollständige Zerstörung der Scheune grob fahrlässig herbeigeführt. Vorsatz und Fahrlässigkeit seien zwei unterschiedliche

Begehungsformen, die bei ein- und derselben Handlung nicht zugleich vorliegen könnten. Mit der Feststellung grober Fahrlässigkeit sei folglich Vorsatz verneint worden, ohne daß es dazu besonderer Ausführungen bedurft hätte. An diesen Vorsatzausschluß hinsichtlich des Schadensumfangs sei der Senat im Deckungsprozeß aber nicht gebunden, weil es insoweit an der Voraussetzungsidentität fehle. Für die Entscheidung im Haftpflichtprozeß sei es unerheblich gewesen, ob der Gebäudeschaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht worden sei. Für die Verurteilung wäre ausreichend gewesen, daß das Heu vorsätzlich angezündet und das Übergreifen des Feuers auf die gesamte Scheune dadurch adäquat kausal herbeigeführt worden sei. Eine Bindungswirkung der Feststellungen im Haftpflichtprozeß entstehe in dem Umfang, wie die festgestellten Tatsachen für beide Verfahren gleichermaßen von Bedeutung seien, d.h. nur bei Voraussetzungsidentität. Es sei zwar Aufgabe des Haftpflichtprozesses, über alle tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Haftpflichtanspruchs zu befinden, nicht jedoch, darüber hinaus Feststellungen zum Innenverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer zu treffen, die für den Haftpflichtanspruch ohne Bedeutung seien.
III. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Der Senat folgt der Ansicht des Berufungsgerichts, daß Feststellungen im vorangegangenen Haftpflichtprozeß zwischen dem Geschädigten und dem Versicherungsnehmer (oder dem Versicherten) im nachfolgenden Deckungsprozeß zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer Bindungswirkung nur bei Voraussetzungsidentität

entfalten. Nach dem in der Haftpflichtversicherung geltenden Trennungs- prinzip ist grundsätzlich im Haftpflichtprozeß zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet (BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00 - VersR 2001, 1103 unter II 2 a m.w.N.). Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Damit wird verhindert, daß die im Haftpflichtprozeß getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozeß erneut überprüft werden können (BGH aaO unter II 2 b m.w.N.). Die Bindungswirkung geht aber nicht weiter, als sie danach geboten ist (BGH, Urteil vom 12. Februar 1969 - IV ZR 539/68 - VersR 1969, 413 unter III b). Geboten ist die Bindungswirkung nur insoweit , als eine für die Entscheidung im Deckungsprozeß maßgebliche Frage sich auch im Haftpflichtprozeß nach dem vom Haftpflichtgericht gewählten rechtlichen Begründungsansatz bei objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung als entscheidungserheblich erweist, also Voraussetzungsidentität vorliegt. Nur dann ist es gerechtfertigt anzunehmen, eine Feststellung sei Grundlage für die Entscheidung im Haftpflichtprozeß. Die Begrenzung der Bindungswirkung auf Fälle der Voraussetzungsidentität ist insbesondere deshalb geboten, weil der Versicherungsnehmer und der Versicherer keinen Einfluß darauf haben, daß der Haftpflichtrichter "überschießende", nicht entscheidungserhebliche Feststellungen trifft oder nicht entscheidungserhebliche Rechtsausführungen macht (vgl. zur fehlenden Interventionswirkung nach § 68 ZPO bei sogenannten überschießenden Feststellungen BGH, Beschluß vom 27. November 2003 - V ZB 43/03 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt ). Allein gegen solche "überschießenden" Begründungsinhalte könnten sie sich auch nicht mit einem Rechtsmittel wehren, weil ein

Rechtsmittel, mit dem bei gleichem Ergebnis nur eine andere Entschei- dungsbegründung erstrebt wird, mangels Beschwer unzulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 1994 - XII ZR 207/92 - NJW 1994, 2697 unter 2 a aa).
Der Senat hat zwar bisher nicht ausgesprochen, Bindungswirkung bestehe nur bei Voraussetzungsidentität. Das läßt sich aber, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, dem Senatsurteil vom 30. September 1992 entnehmen (BGHZ 119, 276, 279 f.). Dort hat der Senat Bindungswirkung des Haftpflichturteils angenommen, weil die Feststellung fehlenden Vorsatzes maßgeblich sei sowohl für die Haftungsfrage, nämlich die Höhe des Schmerzensgeldes, als auch insbesondere für den Deckungsausschluß gemäß § 4 II 1 AHB, für den vorsätzliches Handeln Voraussetzung sei. Weiter hat der Senat ausgeführt, daß von der dortigen Beklagten herangezogene Urteile in diesem Zusammenhang keine Bedeutung hätten, weil sie sich nicht mit Fällen der Voraussetzungsidentität befaßten.
2. Ob die Annahme des Berufungsgerichts rechtlich haltbar ist, das Landgericht Dortmund habe mit der Feststellung grob fahrlässig herbeigeführter vollständiger Zerstörung der Scheune zugleich Vorsatz ausgeschlossen , kann dahinstehen. Eine solche Feststellung wäre für den Deckungsprozeß nicht bindend, weil es an der erforderlichen Voraussetzungsidentität fehlen würde. Das gilt selbst dann, wenn das Landgericht die Verurteilung auf den Tatbestand der Verletzung des Eigentums an dem Scheunengebäude gestützt und insoweit grobe Fahrlässigkeit angenommen hat. Ob der Stiefsohn des Klägers das Eigentum an der Scheune nur grob fahrlässig und nicht vorsätzlich beschädigt hat, ist von die-

sem rechtlichen Ansatz her für die Entscheidung bei objektiv zutreffender Würdigung ohne jede Bedeutung, weil einfache Fahrlässigkeit genügt. Ausführungen zu einem höheren Verschuldensgrad sind "überschießende" , nicht entscheidungserhebliche Feststellungen, die für den Dekkungsprozeß nicht bindend sind.
Es kann deshalb offenbleiben, ob es dem Berufungsgericht, wie die Revision meint, verwehrt gewesen ist, vom rechtlichen Ansatz her auf die vorsätzliche Verletzung des Eigentums am Heu und bezüglich des Schadens am Gebäude nur noch objektiv auf den adäquaten Kausalzusammenhang abzustellen.

3. Soweit der Kläger Deckungsschutz auch für Schadensersatzansprüche begehrt, die nicht Gegenstand eines Haftpflichturteils sind (unter anderem Schäden am Gebäudeinhalt), hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, daß eine Bindungswirkung nicht in Betracht kommen kann. Dagegen wendet sich die Revision auch nicht.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch