Oberlandesgericht Koblenz Urteil, 15. Juli 2011 - 1 U 133/11


Gericht
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 13. Januar 2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
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Die Klägerin verfolgt gegenüber der beklagten - verbandsangehörigen - Stadt als Straßenreinigungspflichtige und zugleich als Eigentümerin der erschlossenen Grundstücke Schadensersatzansprüche wegen eines behaupteten Sturzes auf schneeglatter Straßenfläche.
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Es wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
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In der Satzung über die Reinigung öffentlicher Straßen der beklagten Stadt vom 5. Juli 1983 (Anlage K 3; Bl. 10 ff. GA) heißt es:
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§ 1Reinigungspflicht
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(1) Die Straßenreinigungspflicht, die gemäß § 17 Abs. 3 LStrG der Gemeinde obliegt, wird den Eigentümern oder Besitzern derjenigen bebauten oder unbebauten Grundstücke auferlegt, die durch eine öffentliche Straße erschlossen werden oder an sie angrenzen. (…) Die Reinigungspflicht der Gemeinde als Grundstückseigentümern oder dingliche Berechtigte ergibt sich unmittelbar aus § 17 Abs. 3 LStrG. (…)
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§ 3Gegenstand der Reinigungspflicht
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(1) Die Reinigungspflicht umfasst die innerhalb der geschlossenen Ortslage gelegenen öffentlichen Straßen.
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(2) Geschlossene Ortslage ist der Teil des Gemeindegebietes, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist. Einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung unterbrechen den Zusammenhang nicht. Zur geschlossenen Ortslage gehört auch eine an der Bebauungsgrenze verlaufende, einseitig bebaute Straße, von der aus die Baugrundstücke erschlossen sind.
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(…)
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§ 6Umfang der Straßenreinigung
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Die Reinigungspflicht umfasst insbesondere
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1. (…),
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2. die Schneeräumung auf den Straßen (§ 8),
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3. das Bestreuen der Gehwege, Fußgängerüberwege und der besonders gefährlichen Fahrbahnstellen bei Glätte (§ 9),
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4. (…)
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§ 8Schneeräumung
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(1) Wird durch Schneefälle die Benutzung von Fahrbahnen und Gehwegen erschwert, so ist der Schnee unverzüglich wegzuräumen. Gefrorener oder festgetretene Schnee ist durch Loshacken zu beseitigen. (…)
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(2) Die vom Schnee geräumten Flächen vor den Grundstücken müssen so aufeinander abgestimmt sein, dass eine durchgehende benutzbare Gehfläche gewährleistet ist. (…)
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§ 9Bestreuen der Straßen
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(1) Die Streupflicht erstreckt sich auf Gehwege, Fußgängerüberwege und die besonders gefährlichen Fahrbahnstellen bei Glätte. (…)
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(4) Die Straßen sind erforderlichenfalls mehrmals am Tage so zu streuen, dass während der allgemeinen Verkehrszeiten 7.00 bis 20.00 Uhr auf den Gehwegen, Fußgängerüberwegen und besonders gefährlichen Fahrbahnstellen keine Rutschgefahr besteht.
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(…)
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Das Landgericht hat nach Anhörung der Klägerin mit Urteil vom 13. Januar 2011 (Bl. 63 ff. GA) die Klage abgewiesen; hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.
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Die Klägerin rügt „nicht ganz vollständige bzw. einseitig dargestellte“ tatbestandliche Feststellungen sowie eine rechtsfehlerhaft unterlassene Anwendung des vorliegend heranzuziehenden „Ortsrechts“ der beklagten Stadt (Reinigungssatzung). Zum fraglichen Unfallzeitpunkt sei dem hier gegenständlichen (Fußgänger-)Weg entlang der Straße „...[X]“, wie sich zwingend aus der Anhörung der Klägerin habe ergeben müssen (Sitzungsprotokoll vom 16. Dezember 2010; Bl. 54 f. GA), im Blick auf die Sperrung der Innenstadt wegen Straßen(um-)bauarbeiten eine „extreme Verkehrsbedeutung“ beigekommen; es habe sich um eine „allgemein bekannte und beliebte Spazierstrecke“ (Rundweg) gehandelt. Dem angefochtenen Urteil sei zwar insofern zuzustimmen, als dort eine allgemeine Verkehrssicherungspflichtverletzung der öffentlichen Hand verneint werde; es ignoriere indessen vollkommen - entscheidungserheblich - das geltende Ortsrecht, namentlich die sich hieraus ergebenden Räum- und Streupflichten (§§ 8 und 9 der Reinigungssatzung). Die beklagte Stadt müsse sich gerade so wie jeder Anlieger, dem sie Reinigungspflichten überbürdet habe, behandeln lassen; bereits das Abstreuen der fraglichen Örtlichkeit hätte den Unfall der Klägerin verhindert. Ein Mitverschulden am Unfallgeschehen könne der Klägerin nicht vorgeworfen werden. Sie habe keine „Abkürzung aus Bequemlichkeit“, sondern für ihren üblichen Nachmittagsspaziergang den damals „sichersten Weg“ gewählt.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 13. Januar 2011 abzuändern und
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1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen infolge des von der Klägerin erlittenen Unfalls vom Sonntag, 20. Dezember 2009, ca. 16.30 Uhr, auf dem Bürgersteig in der Gemeinde ...[Y] gegenüber der Sonderschule (Gehweg am Gemeindeparkplatz) - Sturz durch Schnee/Eisglätte mit Unfallverletzung, insbesondere Bruch des rechten Oberarms -, soweit die Schadensersatzansprüche nicht auf den Träger der Sozialversicherung übergegangen sind beziehungsweise übergehen;
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2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt, welches für den Fall der Säumnis einen Betrag in Höhe von 12.000,00 € nicht unterschreiten sollte, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Juli 2010;
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3. die Beklagte weiter zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Auslagen/Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.023,16 € zu zahlen, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. September 2010.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht. Die Straßenbauarbeiten hätten sich ausschließlich auf den Fahrzeugverkehr bezogen; eine Umleitungs-/Einbahnregelung für den Fußgängerverkehr habe es gerade nicht gegeben (Verkehrskonzept Bl. 125 ff. GA). Eine gegenüber der öffentlich-rechtlichen Räumpflicht erweiterte Pflichtstellung könne durch das Ortsrecht nicht statuiert werden. Sei die Ortsgemeinde als Grundstückseigentümerin schon nicht Adressat der Reinigungssatzung, so könne der Ortsgesetzgeber keinen vom Regelungsgehalt des Landesstraßengesetzes abweichenden Umfang der Streupflicht normieren; eine Ausdehnung wäre nämlich nicht mehr von der Ermächtigungsnorm in § 17 Abs. 3 LStrG gedeckt. Im Ergebnis könne aber dem Landgericht jedenfalls darin beigetreten werden, dass eine Haftung der Beklagten wegen eines weit überwiegenden Mitverschuldens der Klägerin ausscheide.
Entscheidungsgründe
II.
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Die - zulässige - Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
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Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die beklagte Stadt wegen Verletzung der ihr obliegenden Straßenreinigungspflicht besteht bereits dem Grunde nach nicht.
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Es wird auf die ausführlichen Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen, die wie folgt zusammengefasst und ergänzt werden:
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1. Die Berufung wendet sich allein gegen die Verneinung der Haftung der beklagten Stadt als Anliegerin/Grundstückseigentümerin nach allgemeinen deliktsrechtlichen Grundsätzen (Räum- und Streupflicht nach der örtlichen Reinigungssatzung). Die Verneinung der Haftung nach amtshaftungsrechtlichen Grundsätzen (§§ 17, 48 Abs. 2 LStrG; vgl. hierzu Senatsurteil vom 27. Oktober 2010 - 1 U 170/10 - VRR 2011, 67; zur überkommenen „polizeilichen“ Reinigungspflicht der Ortsgemeinde vgl. BGH VersR 1997, 311) wird hingegen ausdrücklich hingenommen. Das Verhältnis der unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen bedarf daher im Streitfall ebenso wenig einer näheren Erörterung wie eine gegebenenfalls bei der beklagten Stadt verbliebene Überwachungspflicht (vgl. zur sog. elektiven Konkurrenz Unberath in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Auflage 2008, § 262 Rn. 5; zu alternativen Begründungselementen innerhalb eines prozessualen Anspruchs vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 572/10 -).
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2. Das Landgericht hat im Ergebnis mit Recht eine Schadensersatzverpflichtung der beklagten Stadt wegen Verletzung der diese als Anliegerin selbst treffenden Räum- und Streupflichten (§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 8 und 9 der Reinigungssatzung vom 5. Juli 1983) verneint.
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a) Die beklagte Stadt hat - gestützt auf die Ermächtigungsgrundlage in § 17 Abs. 3 Satz 5 und 6 LStrG i.V.m. § 24 Abs. 1 Satz 1 GemO (vgl. allg. zur sachlichen Rechtfertigung BVerwGE 22, 26 ff.; Lange/Schmidbauer in: jurisPK-BGB 5. Auflage § 823 Rn. 145) - die Straßenreinigungspflicht, namentlich auch die Schneeräumung auf den Fahrbahnen und Gehwegen sowie das Bestreuen der Gehwege, Fußgängerüberwege und der besonders gefährlichen Fahrbahnstellen bei Glätte (§ 17 Abs. 2 Nr. 2 und 3 LStrG), den Eigentümern oder Besitzern derjenigen bebauten oder unbebauten Grundstücke auferlegt, die durch eine öffentliche Straße erschlossen werden oder die an sie angrenzen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Reinigungssatzung vom 5. Juli 1983). Die beklagte Stadt ist - unstreitig - Eigentümerin der Anliegergrundstücke (Parkplatz) im Bereich der von der Klägerin behaupteten Unfallstelle (Gehweg der Straße „...[X]“ gegenüber der ...[A]schule [Luftbilder Bl. 8 und 43 GA; Beschilderungsplan/Flurkarte Bl. 134 GA]). In Ansehung der ihr insoweit auferlegten Verkehrssicherungspflicht wird die beklagte Stadt nicht als Hoheitsträgerin tätig; sie haftet - ebenso wie ein privater Anlieger - nach allgemeinen deliktsrechtlichen Grundsätzen (BGH MDR 1992, 750 Tz. 13; Lange/Schmid-bauer a.a.O.; Reinert in: Bamberger/Roth a.a.O. § 839 Rn. 49). Die Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 3 der Reinigungssatzung setzt sich hiermit nach dem Verständnis des Senats nicht in Widerspruch.
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b) Nach der ständigen ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung – auch derjenigen des Senats – richten sich Inhalt und Umfang der winterlichen Räum- und Streupflicht nach den Umständen des Einzelfalles. Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Räum- und Streupflicht steht unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es namentlich auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt. Grundsätzlich muss sich der Straßenverkehr auch im Winter den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen. Der Sicherungspflichtige hat aber durch Schneeräumen und Bestreuen mit abstumpfenden Mitteln die Gefahren, die infolge winterlicher Glätte für den Verkehrsteilnehmer bei zweckgerechter Wegebenutzung und trotz Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bestehen, im Rahmen und nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze zu beseitigen (vgl. BGHZ 112, 74, 75; BGH NJW 1993, 2802 ff.; 2003, 3622 f.; Senat VRR 2011, 67; Reinert in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Auflage 2008, § 839 Rn. 46 ff.).
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Die Straßenreinigungspflicht und damit als deren Teilbereich auch die winterliche Räum- und Streupflicht obliegt gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 LStrG unmittelbar der (Orts-)Gemeinde; es handelt sich nicht um eine der Verbandsgemeinde übertragene Aufgabenerfüllung im Zuständigkeitsbereich der Straßenbaubehörde (§ 68 Abs. 2 Satz 1 GemO i.V.m. § 49 Abs. 3 Nr. 2 LStrG; vgl. BGH VersR 1997, 311 ff.). Eben diesen („polizeilichen“ und in Rheinland-Pfalz zugleich auch „verkehrsmäßigen“; vgl. BGH VersR 1997, 750 ff.) Pflichtenkreis hat die beklagte Stadt als örtlicher Gesetzgeber nach der ausdrücklichen Bestimmung in § 1 Abs. 1 Satz 1 der Reinigungssatzung vom 5. Juli 1983 in seiner Gesamtheit namentlich den Eigentümern der Anliegergrundstücke als privatrechtliche Verkehrssicherungspflicht überbürdet. Diese haben mithin anstelle der Gemeinde, bei der eine Überwachungspflicht verbleibt (BGH NJW 1992, 2476; VersR 1997, 750 Tz. 6; Spindler in: Bamberger/Roth a.a.O. § 823 Rn. 333), deren - gesetzliche - Straßenreinigungspflichten zu erfüllen (Delegation). Eine darüber hinausgehende, weiter gezogene Pflichtenstellung des privaten Anliegers statuiert die gegenständliche Reinigungssatzung ersichtlich nicht. Es bedarf daher im Streitfall auch keiner Erörterung, ob eine derartige, die privatrechtlichen Verkehrssicherungspflichten „intensivierende“ Satzungsregelung überhaupt noch von der landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt sein könnte (vgl. zur verfassungsrechtlichen Schranke der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit OLG Thüringen NVwZ-RR 2006, 60 Tz. 20; OLG Zweibrücken OLGR 2001, 99). Die behauptete Sturzstelle betrifft den öffentlichen Straßenbereich (§§ 1 Abs. 3 Nr. 2, 3 Nr. 3 Buchst. a LStrG); eine Verkehrssicherungspflichtigkeit für eine auf dem Anliegergrundstück selbst liegende Zuwegung steht nicht in Rede.
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c) An dem so bestimmten Pflichtenkreis der Grundstückseigentümer respektive Anlieger hat sich auch die (einschränkende; „verfassungskonforme“) Auslegung der in §§ 8 und 9 der Reinigungssatzung konkretisierten - überwälzten - Räum- und Streupflichten auszurichten. Dies gilt im Besonderen hinsichtlich der gegenständlichen, zeitlichen sowie räumlichen Modalitäten (vgl. BGH VersR 1997, 750 Tz. 21 expressis verbis zur Inhaltsgleichheit der spezialgesetzlichen „polizeilichen“ Reinigungspflicht mit der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht privatrechtlicher Natur). Eine winterliche Reinigungspflicht zum Schutze der Fußgänger besteht danach im Ausgangspunkt - auch - für die Anlieger nur insoweit, als dies für den Verkehr tatsächlich notwendig ist; ein innerörtlicher Gehweg ist nur dann zu räumen und zu streuen, wenn und soweit hierzu ein berechtigtes Bedürfnis des Verkehrs besteht (vgl. BGHZ 112, 74, 76; NZV 1995, 144; Thüringer OLG a.a.O.). Es ist darauf abzustellen, ob der Fußgänger bei vernünftigen Sicherheitserwartungen mit der Räumung des Gehweges rechnen darf oder nicht; von der Streupflicht auszunehmen sind daher tatsächlich entbehrliche Wege, für die ein echtes, jederzeit zu befriedigendes Verkehrsbedürfnis nicht besteht (OLG Hamm OLGR 2004, 38, 39; Thüringer OLG a.a.O.; OLG Dresden OLGR 2003, 293 ff.; Lange/Schmidbauer a.a.O. Rn. 154).
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In Anwendung dieser Grundsätze bestand im vorliegenden Fall eine Verkehrssicherungspflicht der beklagten Stadt als Anliegerin von vornherein nicht. Das Landgericht hat tatbestandlich - insofern unbeanstandet und im Einklang mit der zur Akte gelangten Dokumentation (Luftbilder Bl. 8 und 43 GA; Beschilderungsplan/Flurkarte Bl. 134 GA) - für den Bereich der von der Klägerin behaupteten Unfallstelle festgestellt (LGU S. 3 und 7), dass die abseits des Zentrums gelegene Straße „...[X]“ dort keine Wohnbebauung, sondern nur „zwei sonntags geschlossene Schulen“ erschließt, sowie des Weiteren, dass die dort „eben verlaufende“ Straßenfläche keine „besondere Gefahrenstelle“ darstellte. Dies trägt in rechtlicher Hinsicht auch nach der Auffassung des Senats die Feststellung, dass dem besagten Straßenbereich jedenfalls am behaupteten Unfalltag, einem Sonntag, keine die Reinigungspflicht auslösende Bedeutung für den Fuß- respektive Spaziergängerverkehr zukam. Die Bekundung der Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Landgericht zeigt insofern - entgegen der Rüge der Berufung - keinen Widerspruch auf. Die dort angesprochene (baustellenbedingte) Verkehrs-umleitung hatte für Fußgänger, wie die Berufungserwiderung unwidersprochen dargelegt hat, keinerlei Auswirkung.
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d) Die auf die Anlieger überwälzte Reinigungspflicht umfasst im Übrigen nach der Maßgabe von § 3 Abs. 1 und 2 der Reinigungssatzung - im Einklang mit § 17 Abs. 1 Satz 1 LStrG - nur die „innerhalb der geschlossenen Ortslage gelegenen öffentlichen Straßen“. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung offengelegt, dass von dieser tatbestandlichen Voraussetzung - nach der konkreten Lage der behaupteten Unfallstelle (keine zusammenhängende Bauweise; auch keine an der Bebauungsgrenze verlaufende, einseitig bebaute Straße) - gerade nicht ausgegangen werden kann. Hieran wird festgehalten.
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e) Der Senat hat schließlich in der mündlichen Verhandlung - ergänzend - darauf hingewiesen, dass eine Haftung der beklagten Stadt nach der Lage der Dinge in jedem Fall aufgrund des deutlich überwiegenden Mitverschuldens der Klägerin am Hergang des behaupteten - bedauerlichen - Unfalls ausscheidet (§ 254 Abs. 1 BGB). Insofern wird auf die betreffenden Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, gegen die durchgreifende Bedenken nicht bestehen.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
IV.
- 46
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache betrifft die Entscheidung in einem Einzelfall (Auslegung einer örtlichen Reinigungssatzung) und hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch ist der Streitfall zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu eröffnen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
V.
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Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO festgesetzt auf17.000 Euro.

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Annotations
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.