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| Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. |
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| Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer Maschinenversicherung (für die in seiner Motoryacht CHAMP installierten Mercruiser-Motoren (Versicherungssumme je Motor 20.000 EUR). Der Versicherungsschein vom 16.07.2002 bestimmt: |
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| „Grundlage sind die beigefügten Bedingungen/Klauseln für die Maschinenversicherung. Die Yacht Kasko Bedingungen gelten soweit anwendbar" und "Grundlage sind die Yacht-Kasko-Bedingungen Stand 2002. § 12 der Kasko-Bedingungen gilt als gestrichen... Grundlage sind die Yacht-Kasko-Bedingungen Stand 2002. Gemäß § 11 beträgt die Selbstbeteiligung für jeden Schaden EUR 2.500,00.“ |
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| Unter B 1 und 2 der Klauseln für die Maschinenversicherung heißt es: |
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| 1. Der Versicherer ersetzt bei total zerstörten oder abhanden gekommenen Sachen ihren Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles oder |
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| 2. bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten bis zur Höhe des Versicherungswertes unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles. |
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| § 4 der Yacht-Kasko-Bedingungen enthält unter der Überschrift "Versicherungswert/Leistungsumfang" folgende Regelungen: |
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| 1. Die Versicherungssumme gilt als feste Taxe und entspricht im Falle des Totalverlustes der Versicherungsleistung, abzüglich vorhandener und durch Verkauf erzielbarer Restwerte. |
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| 2. Eine Unterversicherung kann vom Versicherer nicht geltend gemacht werden. |
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| 3. Ein wirtschaftlicher Totalverlust liegt vor, wenn die Kosten der Wiederbeschaffung der Yacht die Versicherungssumme übersteigen. Ein wirtschaftlicher Totalverlust liegt auch vor, wenn die Differenz zwischen Restwert und Versicherungssumme geringer ist, als die Reparaturkosten. |
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| 4. Im Falle einer Reparatur werden Abzüge neu für alt nicht vorgenommen. Bei Diebstahl, Verlust oder Beschädigung von Teilen wird der Wiederbeschaffungswert für gleichwertige neue Teile ersetzt. |
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| Am 08.05.2004 erlitt einer der Motoren der Motoryacht CHAMP einen Schaden, für den die Beklagte unstreitig einstandspflichtig ist. Die Parteien streiten über die Höhe der Entschädigung. Die Beklagte sieht nach der Reparatur des Motors ihre Leistungspflicht auf die Höhe eines Zeitwerts von 7.000 EUR begrenzt und hat abzüglich des Selbstbehalts von 2.500 EUR und einem Restwert von 1.000 eine Entschädigung von EUR 3.500 EUR geleistet. Der Kläger meint, der als Entschädigungsgrenze anzusetzende Versicherungswert entspreche der Versicherungssumme von 20.000 EUR, weshalb ihm weitere 11.859,44 EUR zustünden. |
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| Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 11.567,28 EUR stattgegeben. Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochten Urteils wird Bezug genommen. |
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| Mit ihrer Berufung strebt die Beklagte eine vollständige Klagabweisung an. Sie führt an, das Landgericht habe zu Unrecht § 4 der Yacht-Kasko-Bedingungen für anwendbar gehalten. Der Versicherungswert ergebe sich zwingend aus § 50 VVG und entspreche dem Zeitwert. Zudem habe das Landgericht auch § 4 der Yacht-Kasko-Bedingungen falsch verstanden. Eine Neuwertversicherung sei nicht vereinbart. § 52 VVG sei nicht beachtet worden. |
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| Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen. |
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| Das Landgericht hat zutreffend entschieden. |
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| Der Versicherungswert im Zeitpunkt des Schadensfalls entspricht der Versicherungssumme von 20.000 EUR und somit dem taxierten Neuwert. Dies ergibt die Auslegung des Versicherungsvertrags und der in Bezug genommenen Versicherungsbedingungen; jedenfalls aber stellt dieses Verständnis eine mögliche Auslegung von Klausel B. 1 und 2 für die Maschinenversicherung und des einbezogenen § 4 Yacht-Kasko-Bedingungen dar und ist schon deshalb gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zugunsten des Klägers als Versicherungsnehmer maßgebend. |
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| Eine einzelvertraglich vereinbarte Entschädigungsgrenze ist ebenso wenig ersichtlich wie eine Festlegung der Maschinenversicherung auf eine Zeitwertversicherung. Der im Versicherungsschein dokumentierte Vertragswortlaut gibt zu beiden Punkten nichts her. Außervertragliche Umstände, die eine derartige Auslegung stützen könnten, sind seitens der Beklagten nicht dargetan. Dass es nach Auffassung der Beklagten Neuwertversicherungen „erst seit jüngster Zeit überhaupt gibt“, vermag angesichts des Vertragsschlusses im Jahr 2002 für die Auslegung des Vertrages keine Bedeutung erlangen. Bestandteil des Vertrages sind auch die Yacht-Kasko-Bedingungen „soweit anwendbar“. Dass diese - wie die Beklagte meint - in Bezug auf den Versicherungswert unanwendbar sind, ist nicht ersichtlich und wird von der Beklagten auch nicht hinreichend begründet. Im Versicherungsschein wird nicht bestimmt, was unter dem in den Klauseln für die Maschinenversicherung als Entschädigungswert bzw. Entschädigungsgrenze genannten Versicherungswert zu verstehen ist. Demnach müssen zur Bestimmung die einbezogenen Bedingungen herangezogen werden, denn deren Maßgabe geht § 52 VVG vor. |
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| Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an. Es ist nicht maßgeblich, was sich der Verwender der Bedingungen bei ihrer Abfassung vorgestellt hat. Die Entstehungsgeschichte der Bedingungen, die der Versicherungsnehmer typischerweise nicht kennt, hat bei der Auslegung außer Betracht zu bleiben (Senat NJW-RR 2005, 1273; VersR 2005, 547; BGHZ 123, 83 und ständig). |
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| Der Versicherungsnehmer, dem der Versicherungsschein keinen Aufschluss über den Versicherungswert gibt, der diesen Wert aber in den Klauseln B 1 und 2 für die Maschinenversicherung als Entschädigungsbetrag bzw. Entschädigungsgrenze statuiert sieht, wird dort keine nähere Bestimmung finden. Dies gilt auch hinsichtlich der Maßgabe „unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles“. Dies deutet nicht zwangsläufig auf eine Zeitwertversicherung hin; denn auch die Neuwertversicherung stellt auf den Zeitpunkt unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalls und gerade nicht auf den des Vertragsschlusses oder der späteren Entschädigungsleistung ab. Der Versicherungsnehmer wird sich daher den einbezogenen Yacht-Kasko-Bedingungen zuwenden. Dort findet er in § 4 unter der Überschrift „Versicherungswert/Leistungsumfang“ eine Bestimmung, von der er annehmen muss, sie regle maßgeblich, was unter Versicherungswert im Sinne seines Versicherungsvertrages zu verstehen ist. Dem um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer erschließt sich hieraus, dass seine Entschädigung sich nach dem Neuwert richtet. |
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| Bei einer Neuwertversicherung ist der Versicherungswert gleich dem Wiederbeschaffungspreis einer neuen Sache gleicher Art und Funktion im neuwertigen Zustand ohne Abzug neu für alt (Prölss/Martin/Kollhosser, VVG 27. Aufl. § 52 Anm. 7). Bestimmen daher die Versicherungsbedingungen die Höhe der Entschädigung für den Verlust oder die Beschädigung einer Sache nach dem Wiederbeschaffungswert einer neuen Sache ohne Abzug neu für alt, so liegt grundsätzlich eine Neuwertversicherung vor, auch wenn diese, wie hier, in den Bedingungen nicht ausdrücklich als solche bezeichnet ist oder der Versicherungswert bereits auf einen festen Betrag (Taxe) festgelegt wird. Im vorliegenden Fall bestimmt § 4 Nr. 2 Yacht-Kasko-Bedingungen ausdrücklich "Abzüge neu für alt werden nicht vorgenommen". Das weist den Versicherungsnehmer deutlich auf eine Neuwertversicherung auch für den Fall eines Totalverlustes hin. Damit wird klargestellt, wovon in den Fällen einer Beschädigung der Yacht oder des Verlustes einzelner Ausrüstungsgegenstände bei der Berechnung der Entschädigung auszugehen ist. Das erscheint im Hinblick auf den durch die Versicherungssumme als festen Wert bestimmten Versicherungswert bei einem Totalverlust durchaus als sinnvolle Verdeutlichung. Dagegen wäre es kaum verständlich, dass § 4, der sich als einzige Bestimmung der Yacht-Kasko-Bedingungen mit dem Versicherungswert befasst, lediglich die Beschädigung der Yacht oder den Verlust einzelner ihrer Teile betreffen soll, hingegen nicht den Fall des Totalverlustes. Auch ergäbe es keinen Sinn, dass die Motoren bei einem schweren Schaden noch zum Neuwert, dagegen bei einem Totalverlust praktisch nur zum Zeitwert versichert gewesen sein sollen (vgl. auch BGHZ 103, 228). |
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| Versicherungsbedingungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen und unterliegen daher den §§ 305 ff. BGB mitsamt der Unklarheitenregel (BGH VersR 2003, 1163). Letztere würde ebenfalls zur Anwendung der dem Kläger günstigen Auslegung des Landgerichts führen. |
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| Dem Ergebnis stehen auch zwingende gesetzliche Bestimmungen nicht entgegen. Insbesondere liegt hierin kein Verstoß gegen das versicherungsrechtliche Bereicherungsverbot. Dass die vereinbarte Versicherungssumme den Neuwert wesentlich übersteigt, behauptet die Beklagte selbst nicht. § 57 Satz 3 VVG ist schon aus diesem Grund nicht einschlägig. Im Versicherungsvertragsrecht gibt es im Übrigen kein allgemeines und zwingendes Bereicherungsverbot. Was der Versicherer vertraglich versprochen hat, muss er halten, es sei denn, aus dem Gesetz ergäben sich Leistungsbeschränkungen (BGHZ 147, 212). |
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