Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 17. Jan. 2019 - 12 U 189/17

bei uns veröffentlicht am17.01.2019

Tenor

1) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 17.11.2017 - 6 O 4/17 - im Kostenpunkt aufgehoben sowie teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a) Es wird festgestellt, dass die Gewährträgerschaft der Beklagten vom 08.11.1974 bis zu ihrer Beendigung zum Ablauf des 31.12.2014 durch die Kündigungserklärung der Beklagten vom 18.05.2014 fortbestand.

b) Die Widerklage Ziffer 1 wird als unzulässig abgewiesen.

c) Auf die Hilfswiderklage Ziffer 2 wird festgestellt, dass die Gewährträgerschaft der Beklagten vom 08.11.1974 nicht für den Teil der Forderungen des Klägers gegenüber der R. KLINIKEN GmbH & Co. KG („R.-Kliniken“) gilt, welche auf Versorgungsleistungen des Klägers gegenüber Beschäftigten der R.-Kliniken auf Grund einer Tätigkeit für den Klinikbetrieb der R.-Kliniken in der „Waldklinik D.“, D., oder in der „Fachklinik F.“, Bad H. entfallen.

2) Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3) Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

4) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

5) Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Parteien streiten über das Fortbestehen einer von der Beklagten übernommenen Gewährträgerschaft.
Der Kläger bietet eine Zusatz-Altersversorgung für den öffentlichen Dienst an. Seine Mitglieder sind überwiegend öffentlich-rechtliche Körperschaften, die ihren Angestellten beim Kläger Zusatzrenten verschaffen. Unter bestimmten Voraussetzungen können aber auch juristische Personen des Privatrechts Mitglieder des Klägers werden.
Die Beklagte ist eine politische Gemeinde. Anfang der 1970er Jahre beteiligte sie sich (damals noch unter der Bezeichnung „Gemeinde R.“) als Mehrheitsgesellschafterin an der örtlichen Kurklinik (damals: „Kurklinik R. R. GmbH & Co. KG“ - nachfolgend als Kurklinik bezeichnet). Im Jahr 1974 sollte der Kurklinik trotz deren privatrechtlicher Organisationsform eine Mitgliedschaft beim Kläger ermöglicht und damit den Klinikangestellten der Zugang zu dessen Zusatzrenten eröffnet werden.
Die Satzung des Klägers in der damals geltenden Fassung vom 20.09.1973 lautete in § 10 - Voraussetzungen der Mitgliedschaft - auszugsweise:
(1) Mitglieder der Kasse können sein
...
e) andere juristische Personen des privaten Rechts, deren Aufgaben öffentlich-rechtlich bestimmt sind oder die öffentliche Aufgaben erfüllen oder auf die eine juristische Person des öffentlichen Rechts einen satzungsmäßig gesicherten maßgeblichen Einfluss ausübt.
...
(3) Erscheint bei einem Arbeitgeber, der unter Absatz 1 Buchstabe e fällt, der dauernde Bestand nicht gesichert, so können zur Regelung der sich aus einer Auflösung des Arbeitgebers ergebenden zusatzversicherungsrechtlichen Fragen von der Kasse weitere Bedingungen für den Erwerb der Mitgliedschaft gesetzt werden.
In einem Schreiben vom 17.07.1974 an die Kurklinik teilte der Kläger mit, dass aufgrund einer vorgesehenen Erweiterung der Kapitaleinlagen durch weitere Kommanditisten der maßgebende Einfluss der Gemeinde R. nicht gesichert sei; im Hinblick darauf, dass die im Gesellschaftsvertrag festgelegten Aufgaben der Kurklinik jedoch öffentliche Aufgaben darstellten, seien dennoch die Voraussetzungen für die Aufnahme der Kurklinik als Mitglied grundsätzlich gegeben. Allerdings müsse die Gemeinde R. gewährleisten, dass die aus der Mitgliedschaft entstehenden Verpflichtungen gegenüber dem Kläger erfüllt werden.
Die Beklagte übernahm mit Erklärung vom 08.11.1974 gegenüber dem Kläger eine Gewährträgerschaft für die Kurklinik. In der Erklärung heißt es u.a., die Beklagte übernehme
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„die Haftung für die sich aus der Mitgliedschaft gegenüber“ dem Kläger „ergebenden Verpflichtungen, insbesondere bei
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a) Zahlungsunfähigkeit des Mitglieds (Eintritt in dessen Zahlungsverpflichtungen),
b) Auflösung des Mitglieds ...
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Das zuständige Landratsamt hatte hierzu zuvor auf Antrag der Gemeinde vom 03.10.1974 die kommunalrechtlich erforderliche Genehmigung erteilt. Zum 01.01.1975 wurde die Kurklinik als Mitglied des Klägers aufgenommen.
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Zum Jahresende 1978 gab die Beklagte ihre Beteiligung an der Kurklinik auf. Diese wurde in „R. KLINIKEN ... GmbH & Co. KG“ umbenannt, im Übrigen aber ohne Rechtsformwechsel fortgeführt. Nachdem der Kläger von dem Beteiligungswechsel erfahren hatte, entwickelte sich zwischen den Parteien in den Jahren 1981 bis 1983 ein Schriftverkehr zur Frage der Gewährträgerschaft. Darin bat der Kläger mehrmals um Bestätigung, dass die Gewährträgerschaft fortbestehe. Insbesondere im Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 01.07.1982 heißt es:
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„... bitten wir deshalb um ausdrückliche Bestätigung bis spätestens 30. 9. 1982, dass die am 8.11.1974 übernommene Gewährträgerschaft auch unter den grundlegend veränderten Kapitalverhältnissen gilt. Sofern uns die Bestätigung bis 30.9.1982 nicht vorliegt, sind wir leider gezwungen, die Mitgliedschaft der Kurklinik zu kündigen.“
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Am 20.07.1982 fand eine Besprechung der Parteien und des Geschäftsführers der Kurklinik „wegen Übernahme einer Bürgschaft durch die Gemeinde W. zugunsten der Kurklinik W. bezüglich der Zusatzversorgungskasse“ statt (Protokoll Anl. B6); der genaue Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Ein in diesem Zusammenhang gefertigter Entwurf einer Vereinbarung zwischen der Gemeinde und der Kurklinik kam letztendlich nicht zur Unterzeichnung. Mit Schreiben vom 5.11.1982 bat die Beklagte den Kläger, „die Möglichkeit einer Mitgliedschaft der Kurklinik in der ZVK ohne die Übernahme einer Bürgschaft durch die Gemeinde W. nochmals zu prüfen“. Mit Schreiben vom 7.3.1983 teilte der Kläger der Kurklinik - nachrichtlich an die Beklagte - mit, dass nach Aufgabe der Kapitalbeteiligung durch die Beklagte die Voraussetzungen für eine Kündigung der Mitgliedschaft der Kurklinik durch den Kläger zweifelsfrei gegeben wären. Eine solche Kündigung wurde indessen in der Folgezeit nicht ausgesprochen.
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Unter dem 12.10.1983 wurde zu Händen des Bürgermeisters ein Vermerk der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg gefertigt, wonach die vom Kläger „verlangte erneute und erweiterte Bestätigung“ ... „m. E. durch die Genehmigung des LRA KA vom 4.11.1974 nicht gedeckt“ sei. Weiter heißt es dort: „Das hiernach erforderliche wäre zu veranlassen“.
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In den Jahren 1986/87 und 1997 erweiterte die Kurklinik ihren Geschäftsbetrieb, indem sie weitere Kliniken außerhalb des Gemeindegebiets der Beklagten - in D. und Bad H.- gründete.
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Ende 2011 änderten sich die Beteiligungsverhältnisse an der Kurklinik erneut; diese wurde durch die Gesellschafter der A.-Kliniken übernommen. Als der Kläger hiervon erfuhr, bat er die Beklagte um eine Bestätigung des Fortbestands der Gewährträgerschaft. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 26.04.2013, dass „der Gemeinderat ... beschlossen hat, die Gewährträgerschaft für die Mitgliedschaft ..., die ursprünglich für die Kurklinik R. galt, für die A. Kliniken nicht zu übernehmen.
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Mit Schreiben vom 16.5.2014 lehnte die Beklagte eine Haftung aus früherer Gewährträgerschaft ab und kündigte die Gewährträgerschaft vorsorglich „mit sofortiger Wirkung“.
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Daraufhin kündigte der Kläger die Mitgliedschaft der Kurklinik „mit sofortiger Wirkung“, hilfsweise zum 31.12.2014 (Schreiben vom 23.06.2014).
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Im Jahr 2016 wurde über das Vermögen der Kurklinik das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger meldete einen Ausgleichsbetrag in Höhe von knapp 34 Mio. EUR zur Insolvenztabelle an. Diesen Betrag macht der Kläger für das Ausscheiden der Kurklinik aus dem Umlagesystem geltend (§ 15 ZVKS); er ist Gegenstand eines Parallelverfahrens zwischen dem Kläger und dem Insolvenzverwalter der Kurklinik (LG Karlsruhe, 6 O 126/17).
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne in zulässiger Weise auf Feststellung des Fortbestands der Gewährträgerschaft bis 2014 klagen. Insbesondere bestehe ein Feststellungsinteresse. Eine Leistungsklage sei im Verhältnis zur Beklagten nicht möglich, weil noch offen sei, ob und in welcher Höhe die vorrangig in Anspruch genommene Kurklinik ausfalle.
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In der Sache habe die Gewährträgerschaft bis zum Ausscheiden der Kurklinik aus der Mitgliedschaft Ende 2014 fortbestanden. Eine Kündigung der Gewährträgerschaft sei zwar - wie bei der Bürgschaft - aus wichtigem Grund grundsätzlich zulässig; dies sei jedoch erst im Jahr 2014 erfolgt und nur mit einer angemessenen Kündigungsfrist zum Jahresende 2014 möglich gewesen. Insbesondere sei die Gewährträgerschaft nicht durch die Aufgabe der gemeindlichen Beteiligung an der Kurklinik beendet worden, auch nicht wegen Wegfalls der erforderlichen aufsichtsbehördlichen Genehmigung. Hilfsweise stehe dem Kläger ein Schadensersatzanspruch, gerichtet auf das positive Interesse wegen fehlenden Hinweises der Beklagten auf den Wegfall zu. Auch aus Treu und Glauben ergebe sich kein anderes Ergebnis. Die Gewährträgerschaft sei auch in örtlicher Hinsicht nicht beschränkt worden - ohne dass es darauf im vorliegenden Rechtsstreit ankomme.
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Der Kläger hat bestritten, dass in der Besprechung vom 20.07.1982 Einigkeit bestanden habe, dass die Gewährträgerschaft damals beendet gewesen sei. Er behauptet, er habe der Beklagten - ausdrücklich „als Gewährträger“ - in den folgenden Jahrzehnten regelmäßig Informationen über für die Gewährträgerschaft wesentliche Umstände der Mitgliedschaft zukommen lassen, z.B. über eine seitens der Kurklinik zwischenzeitlich erwogene (letztlich aber nicht umgesetzte) Kündigung der Mitgliedschaft beim Kläger in den Jahren 2004 und 2007.
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Der Höhe nach hat der Kläger gegenüber der Kurklinik einen Ausgleichsanspruch von insgesamt 33.824.584,50 EUR behauptet.
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Der Kläger hat beantragt
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festzustellen, dass die Gewährträgerschaft der Beklagten vom 08.11.1974 bis zu ihrer Beendigung zum Ablauf des 31.12.2014 durch die Kündigungserklärung der Beklagten vom 18.05.2014 fortbestand.
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Die Beklagte hat beantragt
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Klagabweisung.
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Widerklagend hat sie beantragt,
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1. festzustellen, dass die Beklagte nicht für angebliche Ansprüche des Klägers gegen die R. KLINIKEN GmbH & Co. KG in Höhe von 33.824.584,50 EUR haftet,
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und hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Klagantrag des Klägers für zulässig und begründet erachtet,
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2. festzustellen, dass die Gewährträgerschaft der Beklagten vom 08.11.1974 nicht für den Teil der Forderungen der Klägerin gegenüber der R. KLINIKEN GmbH & Co. KG („R.-Kliniken“) gilt, welche die Versorgungsleistungen des Klägers gegenüber den Beschäftigten der R.-Kliniken betreffen, die für den Klinikbetrieb der R.-Kliniken in der „Waldklinik D.“, D., oder in der „Fachklinik F.“, Bad H., tätig sind.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Widerklage in Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.
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Die Beklagte hat ausgeführt, die Feststellungsklage des Klägers sei unzulässig. Die zwischen den Parteien bestehende Unsicherheit werde durch einen Feststellungsausspruch nicht beseitigt, da die Beklagte die Eintrittspflicht nach Grund und Höhe bestreite; auch der Inhalt der Gewährtragung bleibe nach ihrem räumlichen und zeitlichen Umfang streitig. Auch sei der Klagantrag zu unbestimmt.
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Zur Sache hat die Beklagte geltend gemacht, die Gewährträgerschaft sei bereits seit Ende der 1970er, spätestens Anfang der 1980er Jahre beendet. Die zugrundeliegende Mitgliedschaft der Kurklinik beim Kläger habe 1978 ipso iure geendet, weil sie durch den Anteilsverkauf der Beklagten nicht mehr öffentlich-rechtlich beherrscht gewesen und damit im Sinne der satzungsrechtlichen Erfordernisse des Klägers in eine andere juristische Person überführt worden sei; etwaige Forderungen aus der Zeit bis 1978 seien verjährt. Jedenfalls aber habe die Gewährträgerschaft der Beklagten mit ihrem Ausscheiden als Mehrheitsgesellschafterin 1978 geendet. Der Gewährvertrag sei dahin auszulegen, dass die Gewährträgerschaft nur solange habe andauern sollen, wie die Beklagte an der Kurklinik bestimmend beteiligt blieb. Aber auch bei anderer Auslegung sei die Verpflichtungserklärung, soweit sie über diesen Zeitpunkt hinausreiche, jedenfalls mangels erneuter kommunalrechtlicher Genehmigung der Aufsichtsbehörde nichtig. Spätestens habe die Gewährträgerschaft 1982 geendet. Der damalige Schriftverkehr zeige, dass die Beteiligten übereinstimmend eine neue Haftungsübernahme für erforderlich gehalten hätten. Die Beklagte behauptet, bei dem Gespräch vom 20.07.1982 seien die Parteien davon ausgegangen, dass die frühere Gewährträgerschaft beendet sei. Jedenfalls liege in dieser Besprechung ebenso wie in dem daran anschließenden Schreiben der Beklagten eine stillschweigende Kündigung der Gewährträgerschaft. Dasselbe Ergebnis folge aus Treu und Glauben, einer vertraglichen Nebenpflichtverletzung sowie aus widersprüchlichem Verhalten des Klägers, der die Beklagte in dem Glauben gelassen habe, dass der Gewährvertrag beendet sei. Die späteren Schreiben habe die Beklagte nicht erhalten.
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Hilfsweise hat die Beklagte ausgeführt, eine etwaige Gewährträgerschaft beschränke sich auf den Klinikbetrieb im Gemeindegebiet und erstrecke sich nicht auf die Ausgründungen in D. und Bad H. Im Übrigen sei der vom Kläger gegen die Kurklinik wegen Ausscheidens verfolgte Ausgleichsanspruch dem Grunde nach unbillig, weil bereits laufende Umlagen gezahlt worden seien. Die zugrundeliegenden Satzungsbestimmungen des Klägers seien nach der Gegenwert-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs AGB-rechtlich unwirksam. Die Beklagte bestreitet die Höhe des Ausgleichsanspruchs.
39 
Das Landgericht hat mit Urteil vom 17.11.2017 der Feststellungsklage stattgegeben und die Widerklage und Hilfswiderklage als unzulässig abgewiesen. Der Senat nimmt auf die Feststellungen Bezug, soweit sie mit hier getroffenen nicht in Widerspruch stehen. Das Landgericht hat ausgeführt, die Feststellungsklage sei zulässig. Der Kläger habe ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Hier ergebe sich das Feststellungsinteresse bereits daraus, dass die Beklagte ihre Gewährträgerschaft in Abrede gestellt habe. Auch ein vergangenes Rechtsverhältnis könne Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Im Übrigen drohe Verjährung einzutreten. Hier sei dem Kläger die Erhebung einer Leistungsklage gegen die Beklagte nicht möglich. Anders als gegenüber der Kurklinik könne er gegenüber der Beklagten noch keinen konkreten Zahlungsbetrag beziffern. Dies hänge insbesondere von den noch ungeklärten Fragen ab, ob und in welcher Höhe die Kurklinik ausfalle. Die im Jahr 1974 wirksam übernommene Gewährträgerschaft habe bis 31.12.2014 fortbestanden. Die Aufgabe der Beteiligung an der Kurklinik habe die Gewährträgerschaft nicht beendet. Die Auslegung der Verpflichtungserklärung ergebe, dass die Gewährträgerschaft nicht von der gemeindlichen Beteiligung an der Kurklinik abhängig gewesen sei. Selbst wenn eine ursprüngliche Beteiligung an der Kurklinik als Voraussetzung für die Mitgliedschaft später entfallen wäre, hätte das nicht automatisch zum Ende der Mitgliedschaft der Kurklinik beim Kläger geführt, sondern lediglich ein Kündigungsrecht des Klägers eröffnet. Es liege keine konkludente Beendigung der Gewährträgerschaft im Rahmen des Schriftverkehrs und der Verhandlungen in den Jahren 1982 und 1983 vor. Eine Kündigung habe die Beklagte vor dem Jahr 2014 nicht erklärt. Es liege auch kein Wegfall der Geschäftsgrundlage vor. Der Verkauf ihrer Klinikbeteiligung habe einseitig in der Hand der Beklagten gelegen und damit auch in ihrer Risikosphäre. Es sei auch kein Wegfall der kommunalaufsichtsrechtlichen Genehmigung gegeben, da diese keinerlei Befristung, Bedingung, Begrenzung, Auflage oder sonstige Einschränkungen und Vorbehalte enthalte und auch nie widerrufen oder sonst aufgehoben wurde. Die Genehmigung sei auch nicht gegenstandslos geworden. Es liege keine Beendigung der Gewährträgerschaft nach Treu und Glauben vor. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die Beklagte bewusst in dem Glauben gelassen hätte, die Gewährträgerschaft sei beendet. Der Kläger habe keinen Vertrauenstatbestand geschaffen. Die fortbestehende Gewährträgerschaft sei erst durch anwaltliches Schreiben vom 16.05.2014 gekündigt worden. Eine solche sei erst mit Wirkung zum 31.12.2014 möglich gewesen. Der Umfang der Gewährhaftung und damit die Haftungshöhe müsse hier nicht bestimmt werden. Dies gelte auch für die Frage der räumlichen Beschränkung.
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Die Widerklage sei im Hauptantrag unzulässig. Soweit sie sich im negatorischen Gegenteil des deckungsgleichen positiven Feststellungsantrags erschöpfe, ergebe sich die Unzulässigkeit aus der entgegenstehenden Rechtshängigkeit. Darüber hinaus hänge die negative Feststellungsklage davon ab, dass sich der Kläger - wie nicht - einer konkreten Forderungshöhe berühme. Der Kläger gehe aber davon aus, dass sich die Höhe derzeit noch nicht bestimmen lasse. Die Hilfswiderklage sei unzulässig. Es fehle am Feststellungsinteresse. Die Hilfswiderklage sei hier in unzulässiger Weise auf die Klärung abstrakter Vorfragen gerichtet. Die Begrenzung auf den gemeindlichen Wirkungskreis i. S. v. § 2 GemO-BW sei kein gesondertes Berechnungselement nach §§ 15 ff. ZVKS, sondern betreffe eine Vorfrage im Rahmen der Berechnungsgrundlagen.
41 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
42 
Die Beklagte hat mit Antrag vom 20.10.2017 bei der Rechtsaufsichtsbehörde eine Genehmigung über den Fortbestand der Gewährträgerschaft nach dem Ausscheiden aus der Gesellschafterstellung beantragt. Die Genehmigung wurde vom Landratsamt Karlsruhe mit Bescheid vom 14.12.2017 abgelehnt; in der Begründung dieses Bescheids wird ausgeführt, dass mit der „neuen rechtlichen Situation ab Dezember 1978 (...) durch den Wegfall der gemeindlichen Aufgabenerfüllung die zentrale Genehmigungsgrundlage“ fehle, „so dass ein vom Bundesverwaltungsgericht beschriebener Ausnahmefall vorliegt und die Genehmigung gegenstandslos wird“. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27.03.2018 Widerspruch eingelegt, welcher mit Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.11.2018 als unzulässig zurückgewiesen wurde.
43 
Die Beklagte macht geltend, dass die Aufgabe der Beteiligung an der damaligen Kurklinik auch zu einer Beendigung der Gewährträgerschaft geführt habe. Das Landgericht habe die rechtlichen Regelungen gem. § 117 Abs. 2 GemO-BW verkannt. Nach dieser Vorschrift dürfe und könne die Gemeinde keine Sicherheiten zugunsten Dritter bestellen. Die damalige Genehmigung sei aufgrund Antrags der Gemeinde R. erfolgt, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass die Gemeinde R. mehrheitlich an der Kommanditgesellschaft der Kurklinik beteiligt sei. Das sei damals das alleinige Kriterium gewesen, auf dessen Grundlage die Genehmigung überhaupt nur erteilt worden sei. Mit Wegfall der Kapitalbeteiligung hätte die Genehmigung keinen Bestand mehr gehabt. Dies bedeute aber, dass die Genehmigung nur bis zum Ausscheiden der Beklagten aus der Gesellschafterstellung Bestand hätte haben können. Eine darüberhinausgehende Bestellung einer Sicherheit zugunsten eines Dritten sei somit gemäß § 117 Abs. 2 GemO-BW als nichtig anzusehen. Eine Genehmigung für den Fortbestand sei gerade nicht erteilt worden (Bescheid vom 14.12.2017). Im Übrigen folge das Ende der Gewährträgerschaft aus den bereits in erster Instanz hierzu im Einzelnen ausgeführten Gesichtspunkten. Insbesondere sei mit Schreiben vom 05.11.1982 konkludent gekündigt worden. Der Kläger müsse sich nach Treu und Glauben auch so behandeln lassen, als ob in 1982 die Kündigung erfolgt wäre.
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Die Widerklage sei zulässig. Insbesondere habe sich der Kläger gegenüber der Beklagten einer Forderung berühmt. Dies ergebe sich schon aus der Klageschrift. Auch gegen den Hilfsantrag der Widerklage bestünden keine rechtlichen Bedenken. Vorliegend gehe es um die Frage der Auslegung eines Vertrags.
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Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Karlsruhe aufzuheben und wie folgt abzuändern:
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1) Die Klage wird abgewiesen.
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2) Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht für angebliche Ansprüche des Klägers gegen die R. Kliniken GmbH & Co. KG in Höhe von 33.824.584,50 EUR haftet,
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3) hilfsweise zu Ziffer 2.:
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Es wird festgestellt, dass die Verpflichtungserklärung der Beklagten vom 08.11.1974 nicht für den Teil der Forderungen der Klägerin gegenüber der R. Kliniken GmbH & Co. KG („R.-Kliniken“) gilt, welche die Versorgungsleistungen des Klägers gegenüber den Beschäftigten der R.-Kliniken betreffen, die für den Klinikbetrieb der R.-Kliniken in der „Waldklinik D.“, D., oder in der „Fachklinik F.“, Bad H., tätig sind.
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Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil und beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Ergänzend zu seinen erstinstanzlichen Ausführungen macht der Kläger geltend, dass erstmals mit Schreiben vom 16.05.2014 die Beklagte die Auffassung vertreten habe, die übernommene Genehmigung habe bereits ipso jure im Jahr 1978 geendet. Vorsorglich sei (erstmals) - wie unstreitig - die Gewährträgerschaft „mit sofortiger Wirkung“ gekündigt worden (Schreiben vom 14.06.2014). Insbesondere sei die Gewährträgerschaft nicht 1978 beendet worden. Selbst wenn die Genehmigung der Gewährträgerschaft - wie nicht - mit der Aufgabe der Beteiligung geendet hätte, so bliebe davon die Verpflichtungserklärung der Beklagten unberührt. Eine nachträgliche Nichtigkeit aufgrund einer aufgegebenen Beteiligung des Gewährträgers an der juristischen Person des Privatrechts kenne das Öffentliche Recht nicht.
53 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
54 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Kläger kann Feststellung beanspruchen, dass die Gewährträgerschaft bis zum Ablauf 31.12.2014 fortbestanden hat. Die Widerklage ist unzulässig. Die Hilfswiderklage ist - wie aus Tenor Ziffer 1 c) ersichtlich - begründet.
A.
55 
Die Berufung der Beklagten ist, soweit sie sich gegen die vom Landgericht zuerkannte Feststellungsklage richtet, unbegründet.
56 
1. Die Feststellungsklage ist zulässig (§ 256 Abs. 1 ZPO).
57 
Der Fortbestand der Gewährträgerschaft - hier bis 2014 - ist ein zwischen den Parteien feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Der Kläger hat auch ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens. Hierfür reicht zwar ein allgemeines Klärungsinteresse nicht aus. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist nur gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 351/08, juris Rn. 12). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch erfüllt, da dem Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass die Beklagte den Bestand ihrer Gewährträgerschaft ernstlich bestreitet (vgl. BGH, Urteil vom 07. Februar 1986 - V ZR 201/84, juris Rn. 12).
58 
Es ist auch eine gegenwärtige Rechtsposition des Klägers betroffen. Hiergegen spricht nicht, dass nach dem Vortrag des Klägers die Gewährträgerschaft bis zum Jahresende 2014 geendet haben soll. Auch ein vergangenes Rechtsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Denn eine Klage auf Feststellung von Rechtsverhältnissen, die der Vergangenheit angehören, ist jedenfalls dann zulässig, wenn, wie es hier der Fall ist, das frühere Bestehen der Rechtsverhältnisse die Grundlage für einen von der Klägerin jetzt verfolgten Anspruch bildet (BGH, Urteil vom 29. April 1958 - VIII ZR 198/57, juris Rn. 16). Das ist hier der Fall. Die Kündigung schließt nur solche Forderungen aus, die danach erst entstehen. Eine etwaige Haftung der Beklagten für bis dahin bereits entstandene Forderungen - wie sie der Kläger geltend macht- besteht hingegen fort.
59 
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht nicht der grundsätzliche Vorrang einer Leistungsklage entgegen. „Zwar fehlt grundsätzlich das Feststellungsinteresse, wenn ein Kläger dasselbe Ziel mit einer Leistungsklage erreichen kann, jedoch besteht keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr bleibt die Feststellungsklage dann zulässig, wenn ihre Durchführung unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte erwarten lässt“ (BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04, juris Rn. 23; ebenso BGH, Urteil vom 15. März 2006 - IV ZR 4/05, juris Rn. 19, jew. m.w.N.). Es kann im Einzelfall für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage ausreichen, dass nach Klärung der streitgegenständlichen Frage mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer wesentlich erleichterten Lösung der Streitigkeit zu rechnen ist (BGH, Urteil vom 21. Februar 1996 - IV ZR 297/94, juris Rn. 12).
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Es spricht zwar einiges dafür, dass der Kläger vorliegend seine Forderung bereits beziffern könnte, weil nach der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit der Kurklinik - spätestens durch Insolvenzeröffnung, § 80 InsO - die in der Gewährträgerschaft ausdrücklich formulierte Voraussetzung für einen vollständigen Eintritt der Beklagten in die Zahlungsverpflichtungen der Kurklinik vorliegt. Der Senat hält dennoch in Anwendung der dargestellten Rechtsprechung ein Feststellungsinteresse hier für gegeben, weil nach einer Klärung des Fortbestandes der Gewährträgerschaft ein wesentlicher Streitpunkt zwischen den Parteien ausgeräumt und die womöglich einvernehmliche Lösung der Streitigkeit erheblich erleichtert sein wird. In Anbetracht des Umfangs der Streitpunkte spricht der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit dafür, die Feststellungsklage als sachgemäße Klärung eines wesentlichen Streitpunkts anzusehen. Es besteht zudem im vorliegenden Fall hinreichende Gewähr dafür, dass die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts ihren rechtlichen Verpflichtungen bereits auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin nachkommen wird (BGH, Urteil vom 04. Oktober 2000 - VIII ZR 289/99, juris Rn. 38 für eine Anstalt des öffentlichen Rechts).
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Eine Unzulässigkeit der Feststellungsklage folgt auch nicht daraus, dass die begehrte Feststellung nicht sämtliche zwischen den Parteien streitigen Fragen - insbesondere zum Umfang der Haftung - abschließend klären kann. Es genügt, dass die maßgebliche Unsicherheit - hier die Frage der Haftung dem Grunde nach - beseitigt wird (BGH, Urteil vom 28.09.1999 - VI ZR 195/98, juris Rn. 17, 18). Der vorliegende Fall gleicht - wie das Landgericht richtig ausgeführt hat - einer Klage auf Feststellung des Fortbestandes eines Mietverhältnisses (dazu BGH, Urteil vom 18.10.2000, XII ZR 179/98, juris Rn. 9).
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2. Die Feststellungsklage ist auch begründet.
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Die Gewährträgerschaft wurde in 1974 wirksam von der Beklagten übernommen. Einwände gegen die Wirksamkeit der Übernahme durch die Erklärung vom 08.11.1974 oder gegen die Wirksamkeit der zuvor erteilten kommunalrechtlichen Genehmigung vom 04.11.1974 bestehen nicht. Durch die erteilte Genehmigung konnte die Sicherheit trotz des grundsätzlichen Verbotes in § 88 Abs. 2 Satz 1 GemO (in der Fassung der Bekanntmachung vom 16.09.1974, GesBl. S. 373 ff.) wirksam übernommen werden, §§ 88 Abs. 2 Satz 2, 117 GemO a.F. Die Gewährträgerschaft bestand bis 31.12.2014 fort. Sie endete weder mit dem Ausscheiden der Kurverwaltungsgesellschaft mbH als Kommanditistin der Kurklinik R. R.-Bau GmbH Co. KG noch im Rahmen der späteren Verhandlungen der Parteien, sondern erst durch die im Jahr 2014 erklärte Kündigung.
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a. Gesellschafterwechsel in 1978
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Unstreitig hat die Beklagte Ende 1978 ihre Kapitalbeteiligung an der Kurklinik aufgegeben. Dieser Umstand hat jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten die Gewährträgerschaft nicht beendet.
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(1) Die Verpflichtungserklärung der Beklagten vom 08.11.1974 enthält ihrem Wortlaut nach keinerlei Befristung, Bedingung, Begrenzung oder sonstige Einschränkung. Die von der Mitgliedschaft der Kurklinik beim Kläger zu unterscheidende Gewährträgerschaft hing damit nach ihrem Wortlaut nicht von der gemeindlichen Beteiligung an der Kurklinik ab. Die gemeindliche Beteiligung ist in der Verpflichtungserklärung nicht aufgeführt.
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(2) Auch im Wege der Auslegung kann der Verpflichtungserklärung nicht entnommen werden, dass die gemeindliche Kapitalbeteiligung an der Kurklinik eine Bedingung für die Übernahme und den Fortbestand der Gewährträgerschaft sein sollte.
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Insoweit führt das Landgericht zunächst zutreffend aus, dass die Mitgliedschaft der Kurklinik beim Kläger, zu deren Absicherung die Gewährträgerschaft dienen sollte, nicht von einer gemeindlichen Kapitalbeteiligung abhängig war. Eine Mitgliedschaft der Kurklinik war auch ohne eine Beteiligung der Gemeinde und damit der öffentlichen Hand denkbar, wenn die juristische Person des privaten Rechts dem Tarifvertrag über zusätzliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes unterfällt oder wenn sie öffentliche Aufgaben erfüllt (§ 10 Abs. 1 d und e Alt 1 ZVKS aF). Dies haben die Parteien für die Kurklinik bei der Begründung der Mitgliedschaft ausdrücklich bejaht.
69 
Eine Auslegung der Verpflichtungserklärung dahingehend, dass diese stillschweigend eine Begrenzung auf die Dauer der Kapitalbeteiligung der Beklagten enthalten hätte, verbietet sich. Verträge und empfangsbedürftige Willenserklärungen sind nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB auszulegen. Maßgebend ist der erklärte Wille so, wie ihn der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben und nach der Verkehrsanschauung verstehen musste (BGH, Urteil vom 03. Februar 1967 - VI ZR 114/65, juris Rn. 14). In diesem Rahmen ist eine angemessene Berücksichtigung und Abwägung der beiderseitigen Parteiinteressen geboten (MüKoBGB/Busche, 8. Aufl., § 157 Rn. 7). Erkennbar war die von der Beklagten abgegebene Verpflichtungserklärung Grundlage für die Aufnahme der Kurklinik als Mitglied des Klägers. Da diese Mitgliedschaft und ihr Fortbestand durch einen Wegfall der Kapitalbeteiligung der Beklagten unmittelbar nicht berührt wurde, hätte eine entsprechende Begrenzung der Gewährträgerschaft die Haftungsübernahme durch die Beklagte nennenswert beeinträchtigt und entwertet. Auf eine solche Begrenzung hätte sich deshalb der Kläger nicht billigerweise einlassen müssen, zumal - wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausführt - die Aufgabe der Kapitalbeteiligung einseitig durch die Beklagte und ohne Kenntnisgabe an den Kläger erfolgen konnte und tatsächlich im Jahr 1978 auch erfolgt ist.
70 
Eine abweichende Auslegung folgt auch nicht aus dem Inhalt des Genehmigungsantrags der Beklagten vom 3.10.1974. Dies gilt selbst unter Hintanstellung von Bedenken dagegen, diesen verwaltungsinternen Vorgang, welcher nicht zwingend zur Kenntnis der Klägerin gelangt sein muss, zur Auslegung der Verpflichtungserklärung heranzuziehen. Es ist zwar richtig, dass im Genehmigungsantrag eine mehrheitliche Beteiligung der Beklagten an der Kurklinik ebenso wie die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch die Kurklinik erwähnt ist. Beides jedoch nur als Voraussetzung für die Mitgliedschaft der Kurklinik beim Kläger und nicht als Voraussetzung für die Übernahme der Gewährträgerschaft.
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(3) Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage - nur Kündigungsrecht (§ 314 BGB)
72 
Nichts anderes ergibt sich aus den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Das Landgericht hat die Voraussetzungen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Einzelnen aufgezeigt. Danach liegt hier schon kein Wegfall der Geschäftsgrundlage vor. Denn der Verkauf der Klinikbeteiligung erfolgte einseitig durch die Beklagte und lag damit alleine in ihrer Risikosphäre. Hinzu kommt, dass Rechtsfolge eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein Recht zur Anpassung oder ein Kündigungsrecht wären (heute §§ 313 Abs. 3 S. 2, 314 BGB). Insbesondere würde ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht ein ipso jure eintretendes Ende der Gewährträgerschaft bedeuten. Von einer Kündigung hat die Beklagte in 1978 keinen Gebrauch gemacht. Das hat das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt. Hiergegen erinnert die Beklagte auch weiter nichts.
73 
(4) Kein Wegfall der kommunalaufsichtsrechtlichen Genehmigung nach §§ 88, 117 GemO-BW
74 
Die Gewährträgerschaft ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gemäß § 117 Abs. 1 und 2 GemO-BW nichtig. Der Senat folgt nicht der von der Berufung vorgetragenen Ansicht, die Aufgabe der Kapitalbeteiligung habe zum Wegfall der gemäß § 88 Abs. 2 GemO a.F. erforderlichen Genehmigung der Gewährträgerschaft und damit zur Nichtigkeit letzterer geführt.
75 
In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass nach § 88 GemO a.F. die Übernahme der Gewährträgerschaft der Genehmigung bedurfte. Nach § 88 Abs. 2 GemO a.F. durfte die Beklagte eine Gewährträgerschaft zur Erfüllung ihrer Aufgaben mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde übernehmen. Nach § 117 Abs. 2 GemO a.F. sind Rechtsgeschäfte nichtig, die gegen das Verbot des § 88 Abs. 1 GemO a.F. verstoßen. Im vorliegenden Fall wurde die für die Gewährträgerschaft erforderliche Genehmigung hierzu erteilt. Eine zivilrechtliche Nichtigkeit kommt nach § 117 Abs. 1 GemO a.F. jedoch nur bei Fehlen einer Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde in Betracht.
76 
Die Voraussetzung für die Genehmigung war hier im Übrigen auch deshalb gegeben, weil die Förderung eines - auch privaten - Krankenhauses eine weisungsfreie kommunale Aufgabe sein kann (BVerfG, Beschluss vom 07.02.1991, BvL 24/84, BVerfGE 83, 363 ff.). Die Gemeinde R. strebte seit Anfang der 70 -er Jahre das Profil eines Kurortes an und beteiligte sich gerade auch zu diesem Zweck an der Kurklinik. Hierin ist die Erfüllung gemeindlicher Aufgaben zu sehen, die für die Umgebung Arbeitsplätze geschaffen und den Arbeitnehmern eine Zusatzversorgung ermöglicht hat, für die gemäß § 88 Abs. 2 GemO-BW auch so genannte Verpflichtungen aus Gewährverträgen übernommen werden können. Die Kapitalbeteiligung der Gemeinde war mithin insoweit Motiv, aber nicht alleiniger Grund für die Übernahme der Gewährträgerschaft.
77 
Es ist schon zweifelhaft, ob auch der Fortbestand der Gewährträgerschaft von einer fortbestehenden Genehmigung abhängig war. Letztendlich kann dies indessen dahinstehen. Die am 4.11.1974 erteilte Genehmigung ist durch den Wegfall der Kapitalbeteiligung der Beklagten an der Kurklinik nicht entfallen.
78 
Auch insoweit schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts dahingehend an, dass die Genehmigung mangels einer hierin enthaltenen Befristung, Bedingung, Begrenzung, Auflage oder sonstigen Einschränkung nicht infolge des Wegfalls der Kapitalbeteiligung entfallen ist. Auch im Wege der Auslegung kann der Genehmigung eine derartige Nebenbestimmung nicht entnommen werden. Die gemeindliche Kapitalbeteiligung an der Kurklinik ist in der Genehmigung nicht erwähnt. Allein die Bezugnahme auf die Mehrheitsbeteiligung der Beklagten an der Kurklinik im Genehmigungsantrag vom 3.10.1974 genügt nicht, um dem Genehmigungsbescheid eine entsprechende Einschränkung zu entnehmen; die obigen Ausführungen zur Auslegung der Verpflichtungserklärung gelten hier entsprechend.
79 
Mit dem Wegfall der Kapitalbeteiligung haben sich zwar die für die Genehmigung maßgeblichen Grundlagen erheblich verändert. Indessen gilt schon nach dem seinerzeit maßgeblichen § 43 Abs. 2 LVwVfG (i.d.F vom 21.6.1977), dass der Wirksamkeitsverlust eines Verwaltungsakts grundsätzlich an ein formalisiertes Handeln der Behörde oder an einen eindeutig bestimmbaren Tatbestand geknüpft ist (BVerwG, Urteil vom 09. Mai 2012 - 6 C 3/11, juris Rn. 19). Insbesondere der nach § 49 LVwVfG a.F. grundsätzlich in Betracht kommende Widerruf der Genehmigung wurde indessen nicht ausgesprochen. Auch die Voraussetzungen der von der Berufung hier herangezogenen Fallgruppe der Gegenstandslosigkeit aufgrund geänderter Sach- oder Rechtslage (BVerwG a.a.O. juris Rn. 24, 25) sind nicht erfüllt. Grundsätzlich lässt eine nachträgliche Änderung der für den Erlass des Verwaltungsakts maßgeblichen Sach- oder Rechtslage die Wirksamkeit des Verwaltungsakts unberührt (BVerwG a.a.O.). Solche Änderungen machen den Verwaltungsakt nur ausnahmsweise gegenstandslos, wenn er nach seinem Inhalt und Zweck von vornherein keine Geltung für den Fall der veränderten Umstände beansprucht. Die in der Kommentarliteratur hierfür genannten Beispiele (etwa Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, VwVfG, 9. Aufl., § 43 Rn. 212 a m.w.Nachw.) betreffen Fälle, in denen der Verwaltungsakt infolge der geänderten Lage seine Rechts- und Regelungswirkung nicht mehr entfalten kann und insoweit tatsächlich im Wortsinne gegenstandslos wird. Dies war im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Gegenstand der Genehmigung war schon nach dem Wortlaut ausschließlich die Gewährträgerschaft. Das genehmigte Vertragsverhältnis selbst - nämlich die Gewährträgerschaft - wurde inhaltlich nicht verändert. Hinzu kommt, dass sich auch das durch die Gewährträgerschaft mittelbar gesicherte Vertragsverhältnis, hier die Mitgliedschaft der Kurklinik beim Kläger, nicht geändert hat. Auch das abgesicherte Risiko - der Ausfall der Kurklinik - blieb dasselbe. Lediglich das Beteiligungsverhältnis an der Kurklinik hat eine Änderung erfahren. Der vorliegend durchgeführte Gesellschafterwechsel hat die Identität der Kurklinik als juristische Person nicht berührt. Damit fehlt es hier an Umständen, die den Verwaltungsakt gegenstandslos gemacht haben.
80 
(5) Da somit die am 8.11.1974 erteilte Genehmigung weiterhin Bestand hat, kommt es auf die später im Lauf dieses Rechtsstreits beantragte und von der Rechtsaufsicht verweigerte Genehmigung für den Fortbestand der Gewährträgerschaft von vornherein nicht an. Eine Beendigung der Gewährträgerschaft oder Aufhebung der ursprünglich erteilten Genehmigung wurde nicht ausgesprochen.
81 
(6) Schadensersatz
82 
Das Landgericht hat weiter darauf abgestellt, dass die Beklagte auch bei einem nachträglichen Wegfall der kommunalrechtlichen Genehmigung bei der vorliegenden Fallkonstellation dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet wäre. Dies trifft hier zu, weil die Beklagte den Kläger auf einen Wegfall der Genehmigung im Hinblick auf den Gesellschafterwechsel hätte ausdrücklich - wie nicht - hinweisen müssen (BGH, Urteil vom 10.06.1999 - IX ZR 409/97, juris Rn. 29; BGH, Urteil vom 06.06.2000, - XI ZR 235/99, juris Rn.12, 13). Ein solcher Anspruch würde sich mithin aus einer Nebenpflichtverletzung (heute §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) ergeben. Dabei kann die Haftung auf Ersatz des Vertrauensschadens im Ergebnis das Erfüllungsinteresse erreichen (vgl. - für Haftung aus culpa in contrahendo - BGH, Urteil vom 10.06.1999, IX ZR 409/97, juris Rn. 40; BGH, Urteil vom 06.06.2000 - XI ZR 235/99, juris Rn. 17).
83 
b. Keine ausdrückliche Beendigung der Gewährträgerschaft
84 
Eine solche liegt - wie vom Landgericht zutreffend angeführt - nicht vor. Es fehlt an ausdrücklichen Erklärungen der Parteien. Hiergegen erinnert die Beklagte auch weiter nichts.
85 
c. Keine konkludente Beendigung der Gewährträgerschaft - Nachverhandlungen 1982
86 
Die Parteien streiten in diesem Punkt darüber, ob die Gewährträgerschaft spätestens 1982 beendet worden ist. Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, die Gewährträgerschaft sei spätestens im Jahre 1982 beendet worden, da der Kläger durch sein eigenes Verhalten bei der Beklagten den Eindruck erweckt habe, dass die Gewährträgerschaft beendet sei und für die Zukunft neu begründet werden müsse, was allerdings unterblieben sei. Der Kläger sei noch in seinem Schreiben vom 17.07.1974 zutreffend davon ausgegangen, dass für die Aufnahme der Kurklinik zwei Bedingungen nach den Satzungsbedingungen notwendig waren, nämlich die Erfüllung öffentlicher Aufgaben (hier Klinik mit satzungsmäßigen Aufgaben) und eine Gewährträgerschaft. Hieraus schließt die Beklagte, dass sowohl die Kurklinik als auch die Beklagte davon ausgehen mussten, dass solange beide Voraussetzungen gegeben waren, die Kurklinik Mitglied bleiben konnte und dem Kläger kein Kündigungsrecht in Bezug auf die Mitgliedschaft zustand. In diesem Licht seien der Schriftverkehr und das Ergebnis der Besprechung zu sehen.
87 
Dem ist nicht zu folgen. Es ist - wie auszuführen sein wird - nicht zu einer auch nach dem Vortrag der Beklagten erforderlichen Kündigung der Mitgliedschaft der Kurklinik noch der daran anknüpfenden Gewährträgerschaft gekommen.
88 
(1) Zu Recht wird in diesem Zusammenhang eine Beendigung der Gewährträgerschaft durch einvernehmliche Vertragsaufhebung oder Verzicht seitens des Klägers nicht geltend gemacht.
89 
Ausdrückliche Erklärungen in diesem Sinne wurden nicht abgegeben. Eine konkludente Vertragsaufhebung oder ein konkludenter Verzicht würde voraussetzen, dass die Erklärungen oder Handlungen des Klägers gemäß §§ 133, 157 BGB in diesem Sinne auszulegen waren. Im Jahr 1982 sah der Kläger, wie sich aus seinen Schreiben vom 14.07.1981, 05.01.1982 und insbesondere 01.07.1982 ergibt, eine Rechtsunsicherheit bezüglich des Fortbestandes der Gewährträgerschaft. Er forderte deshalb die Beklagte auf, den Fortbestand der Gewährträgerschaft zu bestätigen bzw. sich darüber zu erklären, ob eine Entlastung aus dem Gewährträgervertrag beantragt werden solle. Später kam es, wie insbesondere das Protokoll vom 20.07.1982 ausweist, zu Gesprächen und Verhandlungen über eine Übernahme einer Bürgschaft durch die Beklagte. Trotz der entstandenen Rechtsunsicherheit und trotz der Verhandlungen über eine erneute Übernahme einer Bürgschaft durch die Beklagte hatte der Kläger jedoch klar erkennbar weder eine Veranlassung noch ein Interesse daran, die durch die ursprüngliche Gewährträgerschaft vom 08.11.1974 begründete Rechtsposition, sei sie auch noch so rechtsunsicher, freiwillig und ohne eine ersatzweise neue Absicherung aufzugeben. Da dies für alle Beteiligten offenkundig sein musste, konnte und durfte die Beklagte die Erklärungen und Handlungen des Klägers keinesfalls als rechtsgeschäftlichen Verzicht auf die Gewährträgerschaft oder als Zustimmung zu deren Aufhebung verstehen.
90 
(2) Auch eine Kündigung der Gewährträgerschaft durch die Beklagte erfolgte weder ausdrücklich noch konkludent.
91 
Eine ausdrückliche Kündigungserklärung durch die Beklagte wurde nicht abgegeben. Vielmehr blieb die Beklagte die seitens des Klägers mehrfach eingeforderte ausdrückliche Erklärung, ob die Gewährträgerschaft fortbestehe oder eine „Entlastung“ hieraus „beantragt“ werde (Schreiben vom 01.07.1982), schuldig.
92 
Zwar kann eine Kündigung auch formlos und damit - wie jede Willenserklärung - auch konkludent erfolgen (vgl. MüKoBGB /Lieder, 7. Aufl., § 1193 Rn. 5; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 23. März 2011 - 3 U 72/10, juris Rn. 28; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 14. April 2016 - 7 U 85/15, juris Rn. 38; Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 29. Mai 2012 - 4 U 549/11, juris Rn. 25). An eine solche Kündigung wären jedoch im vorliegenden Fall hohe Anforderungen hinsichtlich der Eindeutigkeit zu stellen. Dies folgt einmal aus der erkennbar hohen wirtschaftlichen Bedeutung der Frage des Fortbestandes oder Endes der Gewährträgerschaft für alle Beteiligten. Schon angesichts dieser wirtschaftlichen Bedeutung konnten alle Beteiligten berechtigt erwarten, dass Erklärungen über die Beendigung ebenso wie über die Fortführung der Gewährträgerschaft klar und eindeutig erfolgen. Zudem ist entscheidend darauf abzustellen, dass der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 01.07.1982 mit aller Klarheit zu einer ausdrücklichen Stellungnahme aufgefordert hatte. Hinzu kommt, dass es sich bei den Vertragsparteien auf beiden Seiten um geschäftserfahrene Beteiligte gehandelt hat, die letztendlich gewusst haben mussten, worum es bei den Verhandlungen ging.
93 
Der Senat folgt nach Überprüfung den Ausführungen des Landgerichts. Danach liegen auch die Voraussetzungen für eine konkludente Kündigung der Gewährträgerhaftung seitens der Beklagten nicht vor.
94 
Im Einzelnen:
95 
aa) Der Kläger erlangte erst Mitte 1981 davon Kenntnis, dass die Beklagte ihre Anteile an der Komplementär- GmbH der Klinik an die Familie R. verkauft und damit aufgegeben hatte.
96 
Der Schriftwechsel bis zur gemeinsamen Besprechung am 20.07.1982 enthält keine Erklärungen zum Ende bzw. der Aufgabe der Gewährträgerschaft. Im Schreiben vom 14.07.1981 brachte der Kläger vielmehr unmissverständlich zum Ausdruck, dass aus seiner Sicht die Gewährträgerschaft weiter fortbestand. Der Kläger wies in dem Schreiben die Beklagte darauf hin, dass - sofern die Gemeinde die Entlastung aus dem Gewährvertrag beantragen sollte - die Kündigung (der Mitgliedschaft der Kurklinik) gemäß § 12 Abs. 2 der Satzung ernsthaft in Erwägung gezogen werden müsste. Hierauf gab die Beklagte - wie unstreitig - keine Erklärung über eine Beendigung der Gewährträgerschaft ab. Vielmehr fasste der Kläger nochmals mit weiteren Schreiben vom 02.10.1981 und vom 24.11.1981 nach und erhielt keine Antwort hierzu. In der Folge ging der Kläger ausweislich des Schreibens vom 05.01.1982 davon aus, dass die Entlassung aus der Gewährträgerschaft nicht beantragt werde.
97 
bb) Mit Schreiben vom 01.07.1982 forderte der Kläger von der Beklagten die ausdrückliche Bestätigung, dass die Gewährträgerschaft auch unter den grundlegend veränderten Kapitalverhältnissen weiter gelte. Dem Schweigen der Beklagten hierauf kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht der Erklärungswert beigemessen werden, dass die Gewährträgerschaft nicht weiter gelten sollte, zumal die Beklagte seinerzeit lediglich mit Schreiben vom 30.07.1981 um Geduld bat (unstreitig). Damit brachte die Beklagte selbst zum Ausdruck, dass die Frage der Beendigung der Gewährträgerschaft noch nicht abschließend, insbesondere im Gemeinderat, beraten sei.
98 
Dem Schreiben vom 01.07.1982 kann auch nicht zumindest die - alleinige oder weitere - Bedeutung beigemessen werden, dass der Kläger darin auf einer Neubegründung der Gewährträgerschaft besteht, was beinhalten würde, dass er die Gewährträgerschaft von 1974 als gegenstandslos betrachtete. Vielmehr bat der Kläger in dem Schreiben wegen der weittragenden Bedeutung der Angelegenheit um klare Verhältnisse für die Zukunft und drohte hierbei eine Kündigung der Mitgliedschaft der Kurklinik an.
99 
Dass dies aus Sicht der Beklagten keinesfalls als freiwillige, einseitige und ohne Not erfolgende Aufgabe der - wenn auch rechtsunsicheren - Rechtsposition aus der Gewährträgerschaft vom 08.11.1974 verstanden werden konnte, wurde schon oben ausgeführt. Der Kläger brachte damit vielmehr zum Ausdruck, dass er ohne die geforderte Bestätigung zur Kündigung der Mitgliedschaft der Kurklinik berechtigt sei und dass bislang, ohne Kündigung jedenfalls die Mitgliedschaft fortbestehe. Der Kläger hat sich hier um Klarstellung bemüht.
100 
Auch daraus, dass der Kläger die angedrohte Kündigung der Mitgliedschaft der Kurklinik im weiteren Verlauf nicht aussprach, lässt sich nichts zu Gunsten der Beklagten herleiten. Vielmehr ist dies ein Indiz dafür, dass der Kläger am Ende den Fortbestand der ursprünglichen Gewährträgerschaft trotz der gegebenen Rechtsunsicherheit weiterhin als noch ausreichende Grundlage für den Fortbestand der Mitgliedschaft der Kurklinik ansah.
101 
cc) Besprechung vom 20.07.1982
102 
Die Beklagte meint, dass das Schreiben des Klägers vom 01.07.1982 mit Fristsetzung zum 30.09.1982, verbunden mit der Aufforderung zur Abgabe einer Bestätigung zu der übernommenen Gewährträgerschaft nur so zu verstehen gewesen sei, dass es um die Vergabe einer neuen Sicherheit gegangen sei. Deshalb sei es zu der Besprechung am 20.07.1982 gekommen. Die Besprechung hätte gar nicht stattfinden müssen, wenn es darum gegangen wäre, eine Entscheidungsgrundlage für eine Kündigung einer bestehenden Gewährträgerschaft zu haben. Denn im Falle des Fortbestehens der Gewährträgerschaft vom 08.11.1974 hätte schon gar kein Kündigungsrecht des Klägers gegenüber der Kurklinik bestanden, von dem die Parteien aber in der Besprechung offenkundig ausgegangen seien.
103 
Entgegen der Auffassung der Beklagten belegt der Inhalt des Protokolls vom 20.07.1982 nicht, dass die Gewährträgerschaft beendet und eine erneute Übernahme einer Gewährträgerschaft erforderlich sein würde. Zwar weist das Protokoll über die Besprechung vom 20.07.1982 die Begriffe „Übernahme“ einer Gewährträgerschaft bzw. „Bürgschaft“ auf. Diese Begriffe könnten auf eine Neubegründung einer Haftung hinweisen. Allerdings findet sich darin nichts zu der bisherigen Gewährträgerschaft. Eine Beendigung derselben wird nicht angesprochen.
104 
In Anbetracht der Vertragsbeziehungen ist es zudem nicht ausgeschlossen, dass die Beteiligten - bewusst oder unbewusst - die vom Kläger (nur) angedrohte Kündigung der Mitgliedschaft bereits als gegeben angesehen haben, die wiederum folgerichtig eine Neubegründung der Mitgliedschaft und damit auch der Gewährträgerschaft bedingt hätte. Hierauf hat das Landgericht bereits hingewiesen. Auch mag sich im Verständnis der Beklagten die Forderung des Klägers nach einer Bestätigung über den Fortbestand der Gewährträgerschaft zur Vermeidung einer Kündigung der Mitgliedschaft zum Erfordernis einer neuen Gewährträgerschaft hin verschoben haben.
105 
Dass somit auch über die Frage einer möglichen Neubegründung verhandelt wurde, lässt sich zwanglos mit dem verständlichen Wunsch nach Rechtssicherheit erklären. Mangels erfolgreichen Abschlusses der Verhandlungen, denen sich - wie ausgeführt - kein klares Nein oder klares Ja in die eine oder andere Richtung - gemeint Fortbestand der Gewährträgerschaft oder Neubegründung einer solchen - entnehmen lässt, blieb es aber sodann bei der vormaligen Rechtslage. Es hätte der Beklagten oblegen, durch eine Kündigung oder sonstige Beendigung für Klarheit zu sorgen. Eine solche wurde - wie ausgeführt - weder ausdrücklich noch konkludent ausgesprochen.
106 
Insbesondere lässt sich eine Einigung zur Beendigung der bisherigen Gewährträgerschaft auch nicht den Aussagen der in erster Instanz hierzu vernommenen Zeugen G. und N. entnehmen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2017).
107 
dd) Keine konkludente Kündigung mit Schreiben vom 05.11.1982
108 
Auch insoweit folgt der Senat nach Überprüfung den Ausführungen des Landgerichts. Eine Beendigung der alten Gewährträgerschaft und eine Ablehnung einer erneuten Übernahme geht aus dem Schreiben nicht hervor. Das Schreiben informiert lediglich darüber, dass sich der Gemeinderat mit der Problematik der Bürgschaftsübernahme eingehend befasst hat. Die Beklagte hat somit weder dem auch in vorausgegangenen Schreiben erwähnten Fortbestand der Gewährträgerschaft widersprochen noch ist dem Schreiben eine Ablehnung einer Fortsetzung der Gewährträgerschaft zu entnehmen. Die Beklagte teilte in der Folge weiter mit, dass sie sich mit der Kurklinik in Verbindung gesetzt habe, und der Direktor der Kurklinik sich mit dem Kläger in Verbindung setzten werde, um die Möglichkeit einer Mitgliedschaft der Kurklinik in der ZVK (Kläger) ohne eine Übernahme einer Bürgschaft durch die Beklagte zu prüfen. Nach Abschluss dieser Gespräche wollte die Beklagte - wie nicht - auf den Kläger zukommen.
109 
ee) Nichts Anderes folgt schließlich aus dem Schreiben vom 07.03.2013. Dort wird nochmals eine mögliche Kündigung der Mitgliedschaft angesprochen. Diese wurde jedoch - wie unstreitig - nicht ausgesprochen.
110 
d. § 242 BGB - Beendigung nach Treu und Glauben
111 
Die Beklagte vertritt auch im Berufungsrechtszug weiter die Auffassung, dass sich der Kläger nach Treu und Glauben so behandeln lassen müsse, als ob im Jahre 1982 die Kündigung erfolgt wäre.
112 
Grundsätzlich kann eine stattgefundene Vereitelung von Rechten der Gegenpartei zu einem Rechtsverlust wegen unzulässiger Rechtsausübung führen. Wer durch zu missbilligendes früheres Verhalten Rechte oder Rechtsausübung der Gegenpartei vereitelt hat, kann so behandelt werden, als ob das vereitelte Recht erworben worden wäre oder die vereitelte Rechtsausübung stattgefunden hätte (vgl. MüKoBGB/Schubert, 7. Aufl., § 242 Rn. 302).
113 
Es fehlt hier aber an einem dem Kläger einseitig anzulastenden treuwidrigen Verhalten. Der Kläger wies im Schriftwechsel der Jahre 1981 und 1982 zunächst ausdrücklich darauf hin, dass er vom Fortbestand der Gewährträgerschaft ausgeht. Zwar hat der Kläger insoweit - erfolglos - eine Bestätigung der Beklagten gefordert und später an Neuverhandlungen über eine Bürgschaftsübernahme mitgewirkt, soweit in der Besprechung vom 20.07.1982 hierauf eingegangen wurde. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 05.11.1982 nur noch die Übernahme einer (neuen) Bürgschaft thematisierte, wiederholte der Kläger auch nicht mehr seinen Rechtsstandpunkt zum Fortbestand der Gewährträgerschaft. Möglicherweise wurde hierdurch bei der Beklagten der Eindruck mitverursacht, dass die alte Gewährträgerschaft obsolet sein könnte, so dass die Frage einer Kündigung derselben bei der Beklagten aus dem Blick geriet. Dies kann indessen nicht einseitig dem Kläger als Folge eines zu missbilligenden Verhaltens angelastet werden. Vielmehr war es die Beklagte, die trotz der zunächst klaren und eindeutigen Äußerungen des Klägers eine eindeutige Positionierung schuldig blieb.
114 
Der Kläger brachte in den oben angeführten Schreiben zunächst verständlich zum Ausdruck, dass die Gewährträgerschaft nach seiner Ansicht fortbesteht. Die Beklagte vermied es sodann - wie ebenfalls oben bereits ausgeführt -, klar und deutlich zu kündigen oder auszusprechen, dass sie die Gewährträgerschaft für beendet hält. Bei einer solchen Situation hat es nicht der Kläger zu verantworten, dass die Beklagte keine ausdrückliche Kündigung ausgesprochen hat. Der Kläger hat - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, der bei der Beklagten die Annahme hätte rechtfertigen können, ihre Verpflichtung sei beendet. Dass er im weiteren Verlauf nicht nochmals seine Rechtsansicht einer fortbestehenden Gewährträgerschaft bekräftigte, genügt nicht. Dass er, obwohl der Schriftverkehr und die Verhandlungen letztlich ergebnislos blieben, von der zunächst angedrohten Kündigung der Mitgliedschaft der Kurklinik absah, rechtfertigte gerade nicht den Schluss, dass die Gewährträgerschaft auch aus Sicht des Klägers obsolet geworden sei. Vielmehr legte dies sogar eher nahe, dass dem Kläger trotz der gegebenen Rechtsunsicherheit die alte Gewährträgerschaft als Sicherheit ausreichte.
115 
Hinzu kommt, dass die Beklagte in 2013 noch selbst von einem Fortbestand der Gewährträgerschaft ausging. Der Kläger bat nach einem erneuten Gesellschafterwechsel in 2011 mit Schreiben vom 06.02.2013 um Bestätigung des Fortbestandes der Gewährträgerschaft. Hierauf hat die Beklagte mit Schreiben vom 26.04.2013 sich dahingehend positioniert, dass die ursprünglich für die Kurklinik übernommene Gewährträgerschaft für die A. Kliniken nicht übernommen werde.
116 
f) Fortbestand bis 31.12.2014 - Beendigung 26.04.2013
117 
Die Beklagte hat wirksam erst mit Schreiben vom 16.05.2014 die Kündigung ausgesprochen. Das Schreiben vom 26.04.2013 betrifft nur die Frage einer Gewährträgerschaft infolge eines erneuten Gesellschafterwechsels.
118 
Die Annahme des Landgerichts, dass eine Kündigung nur mit Wirkung zum Jahresende 31.12.2014 möglich war, ist rechtlich zutreffend. Hiergegen erinnert die Beklagte auch weiter nichts. Auf die Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen.
119 
3. Aus dem Mitgliedschaftsverhältnis des Klägers zur Kurklinik ergeben sich ebenfalls keine Umstände, die zum Wegfall der Gewährträgerschaft führen. Die Mitgliedschaft der Kurklinik blieb vom Gesellschafterwechsel in 1978 unberührt.
120 
Darauf, ob die Satzungsregelung in § 15 ZVKS unwirksam sein könnte, kommt es nicht an. Die Feststellungsklage bezieht sich alleine auf den Grund und nicht die Höhe der Forderung.
B.
121 
Die Berufung der Beklagten hat in Bezug auf die Widerklage nur hinsichtlich des Hilfsantrags Erfolg.
122 
1. Widerklage - negative Feststellungklage
123 
Die Widerklage ist unzulässig. Der Senat tritt den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im Ergebnis bei.
124 
Soweit die Beklagte mit der Widerklage geltend machen will, dem Kläger überhaupt nichts zu schulden, geht ihr Petitum letztlich auf das negatorische Gegenteil des positiven Feststellungsantrags des Klägers. Es handelt sich zwar - entgegen der Rechtsansicht des Landgerichts - nicht um denselben Streitgegenstand, da Gegenstand der Feststellungsklage nur der Bestand der Gewährträgerschaft und nicht auch ein hieraus resultierender Anspruch gegen die Beklagte ist. Es mangelt der Beklagten aber an einem eigenständigen Feststellungsinteresse, da im Fall des - schon im Rahmen der Klage zu klärenden - Fortbestandes der Gewährträgerschaft das Bestehen eines Anspruchs in irgendeiner Höhe zwingend ist. Selbst wenn - wie von Beklagtenseite geltend gemacht - die Satzungsbestimmungen des Klägers über die Ausgleichszahlung unwirksam sein sollten, was hier nicht zu prüfen ist, hätte nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung der Kläger die Möglichkeit einer Neuregelung im Satzungsänderungsverfahren mit Wirkung auch für die bereits beendete Beteiligung (BGH, Urteil vom 07. September 2016 - IV ZR 172/15, BGHZ 211, 350, Rn. 55 m.w.Nachw.).
125 
Soweit die Beklagte mit der Widerklage geltend machen wollte, dass sie lediglich einen unterhalb von 33.824.584,50 EUR liegenden Betrag schulde, wäre der Antrag nicht hinreichend bestimmt; in diesem Fall müsste sie nämlich mitteilen, bis zu welcher konkreten Höhe sie ihrer Ansicht nach verpflichtet sei (OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. April 2011 - I-2 U 12/10, juris Rn. 37). Einen solchen Betrag hat die Beklagte indessen nicht genannt. Vielmehr hat sie zum Ausdruck gebracht, dass nach ihrer Auffassung infolge Beendigung der Gewährträgerschaft gar nichts geschuldet sei. Für dieses Begehren mangelt es indessen, wie oben dargestellt, am eigenständigen Feststellungsinteresse.
126 
Darüber hinaus fehlte es im vorliegenden Fall für die Zulässigkeit der Feststellungsklage auch deshalb am Feststellungsinteresse, weil sich der Kläger nicht eines Anspruchs in der behaupteten Höhe gegenüber der Beklagten berühmt hat. Die Rechtsstellung der Beklagten ist schutzwürdig betroffen, wenn der Kläger geltend macht, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch gegen die Beklagte ergeben. § 256 ZPO ermöglicht sogar die Feststellung eines betagten oder bedingten Rechtsverhältnisses (BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 - XI ZR 586/15, juris Rn. 15). Der Senat folgt nach Überprüfung dem Landgericht, dass der Kläger, der hier die Feststellung des Fortbestandes der Gewährträgerschaft bis zu einem bestimmten Zeitpunkt beansprucht, sich noch nicht eines Anspruchs gegenüber der Beklagten in der erforderlichen Weise berühmt (hierzu vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., § 256 Rn. 14a) hat. Der Kläger geht vielmehr davon aus, dass sich die Höhe seiner Forderung derzeit nicht beziffern lässt.
127 
2. Hilfswiderklage - räumliche Reichweite der Gewährträgerschaft
128 
Somit war über die Hilfswiderklage der Beklagten zu entscheiden. Diese ist entgegen der Ansicht des Landgerichts zulässig. Die räumliche Reichweite der Gewährträgerschaft betrifft den Umfang des zwischen den Parteien streitigen Rechtsverhältnisses und ist deshalb feststellungsfähig. Das rechtliche Interesse an der Feststellung folgt, nicht anders als bei der Klage, daraus, dass durch die Feststellung ein weiterer wesentlicher Streitpunkt zwischen den Parteien ausgeräumt und die womöglich einvernehmliche Lösung der Streitigkeit erheblich erleichtert wird. Auf die obigen Ausführungen zur Zulässigkeit der Klage wird Bezug genommen.
129 
Die Hilfswiderklage ist auch begründet. Die Auslegung der Verpflichtungserklärung vom 08.11.1974 ergibt, dass die Gewährträgerschaft beschränkt war auf Zahlungsverpflichtungen, die auf der Altersversorgung für solche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kurklinik beruhen, welche ihre Arbeitsleistung zumindest überwiegend am Klinikstandort auf dem Gemeindegebiet der Beklagten erbringen.
130 
Willenserklärungen sind gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (allg. Ans., etwa BGH, Urteil vom 16. Oktober 2012 - X ZR 37/12, BGHZ 195, 126, Rn. 18). Maßgeblich ist somit der so genannte objektive Empfängerhorizont (vergl. etwa BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - IX ZR 146/15, juris Rn. 13).
131 
Dass die Beklagte durch Übernahme der Gewährträgerschaft nur den auf ihrem Gemeindegebiet stattfindenden Klinikbetrieb begünstigen und die dort tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Genuss einer zusätzlichen Altersversorgung bringen wollte, lag und liegt schon aufgrund der zweifelsfrei erkennbaren Interessenlage auf der Hand. Dies ergab sich schon aus der Begrenzung auf den gemeindlichen Wirkungskreis gemäß § 2 GemO a.F. Aber auch unabhängig von diesem Gesichtspunkt konnte schon seinerzeit kein Zweifel daran bestehen, dass die Beklagte durch die Haftungsübernahme gemeindeansässige Unternehmen und dessen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördern wollte. Offensichtlich bestand kein Anlass und wohl auch keine Befugnis, dies auf Unternehmungen außerhalb des Gemeindegebiets zu erstrecken.
132 
Allein zweifelhaft ist deshalb, ob dies bloßes Motiv der Verpflichtungserklärung blieb oder deren Inhalt wurde. Da seinerzeit überhaupt nur der Klinikstandort in R. vorhanden war, bestand kein Anlass und keine Notwendigkeit, eine entsprechende Beschränkung klar zu formulieren. Allerdings kam nach Ansicht des Senats die Beschränkung dadurch hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass die örtliche Belegenheit in R. nicht nur als Namensbestandteil und Sitz der Kurklinik im Text der Verpflichtungserklärung auftaucht, sondern zudem der Betreff lautet:
133 
„Übernahme der Gewährträgerschaft ... für die Kurklinik R., R.-Bau GmbH u. Co. KG in R.“.
134 
Damit wurde die örtliche Begrenzung mit hinreichender Deutlichkeit zum Inhalt der Verpflichtungserklärung.
135 
Da die örtliche Begrenzung als Vertragsinhalt für den Kläger erkennbar war, führt diese Auslegung nicht zu unzuträglicher Rechtsunsicherheit für die Träger der Altersversorgung des öffentlichen Dienstes. Vielmehr konnte der Kläger zu seiner eigenen Absicherung der Kurklinik schon bei Beginn der Mitgliedschaft auferlegen, etwaige Ausweitungen ihres Standorts mitzuteilen, oder die Situation selbst insoweit zu beobachten. Bei einer Ausweitung stand es ihm frei, hieraus gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen, insbesondere von der Kurklinik zusätzliche Sicherheiten zu fordern.
136 
Einer solchen Auslegung stehen auch die in der mündlichen Verhandlung erörterten Abgrenzungsschwierigkeiten, die sich bei einer konkreten Bestimmung der von der Gewährträgerschaft umfassten Teile der Forderungen der Beklagten gegen die Kurklinik ergeben werden, nicht entgegen. Insoweit gilt im Ausgangspunkt, dass etwaige spätere Abwicklungsschwierigkeiten kein durchgreifendes Argument gegen eine gebotene Vertragsauslegung sein können, vielmehr die Abwicklung ungeachtet etwaiger Schwierigkeiten entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen zu erfolgen hat. Zudem kann bei der Bestimmung des somit von der Gewährträgerschaft umfassten Forderungsteils § 287 Abs. 2 ZPO herangezogen werden; als mögliche Schätzungsgrundlage kann die jahresweise Mitarbeiterzahl an den unterschiedlichen Standorten oder notfalls auch der jahresweise Umsatz an den unterschiedlichen Standorten dienen. Sofern Mitarbeiter entweder ihre Tätigkeit für mehrere Standorte der Kurklinik erbracht haben oder wechselnd an den unterschiedlichen Standorten, ergibt die Vertragsauslegung nach Ansicht des Senats, dass es darauf ankommt, an welchem Standort die Arbeitsleistung überwiegend erbracht wurde, wobei es selbstverständlich nicht auf die derzeitige Situation, sondern auf die Verhältnisse der versicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Kurklinik im zeitlichen Verlauf ankommt.
137 
Letzteres konnte, da dem Begehren der Beklagten inhaltlich entsprechend, ohne Verstoß gegen § 308 ZPO durch geringfügige inhaltliche Modifikation des Feststellungsausspruchs gegenüber dem Antrag klargestellt werden.
III.
138 
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. In welchem Umfang die Gewährträgerschaft durch die Herausnahme der für die Klinikstandorte D. und Bad H. tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren vom Kläger reklamierten wirtschaftlichen Wert einbüßt, lässt sich ohne weitere Ermittlungen nicht eingrenzen. Für die Kostenentscheidung geht der Senat davon aus, dass durch die erfolgreiche Hilfswiderklage nur noch von einem etwa hälftigen Prozesserfolg des Klägers ausgegangen werden kann.
139 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Der Senat folgt bei seiner Entscheidung anerkannter höchstrichterlicher Rechtsprechung und wendet diese auf den Einzelfall an.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 313 Störung der Geschäftsgrundlage


(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Zivilprozessordnung - ZPO | § 308 Bindung an die Parteianträge


(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

Insolvenzordnung - InsO | § 80 Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts


(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. (2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsve

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 314 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund


(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung

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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

12
1. Die von den Klägern mit ihrem Antrag zu 1 ursprünglich begehrte Feststellung, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis aufgrund der Kündigung vom 27. April 2006 zum 31. Juli 2006 endet, ist zwar einer Feststellungsklage zugänglich, weil es sich hierbei um die Feststellung der zeitlichen Begrenzung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO handelt. Es fehlt jedoch an dem für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage darüber hinaus erforderlichen Feststellungsinteresse auf Seiten der Kläger. Hierfür reicht ein allgemeines Klärungsinteresse nicht aus (Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 256 Rdnr. 7). Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist nur gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (st.Rspr.; BGHZ 69, 144, 147; BGH, Urteile vom 7. Februar 1986 - V ZR 201/84, NJW 1986, 2507, unter II 1, und vom 16. September 2008 - VI ZR 244/07, NJW 2009, 751, Tz. 13). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 18/04 Verkündet am:
16. Februar 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
_____________________
Ob der Versicherer ausnahmsweise rechtsmißbräuchlich handelt, wenn er sich auf
den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG beruft, hat der Tatrichter aufgrund einer
umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Diese Entscheidung
kann das Revisionsgericht nur darauf hin überprüfen, ob sie auf einer
tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt
und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder
von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht.
BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 16. Februar 2005

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 18. Dezember 2003 wird auf Kosten des Beklagten zu 2), der auch die im Revisionsverfahren entstandenen Kosten des Streithelfers trägt, zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger erhebt gegen den Beklagten zu 2), einen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, Leistungsansprüche wegen des Diebstahls seiner Yacht "……….." (……………………………..).
Er hatte die 1998 zum Preise von 346.240 DM erworb ene Yacht unter Vermittlung der E. der ehemaligen , Beklagten z u 1), mit Vertrag vom 3. Mai 2000 beim Beklagten zu 2) mit einer Versicherungssumme von 295.000 DM bei einer Selbstbeteiligung von 2.000 DM kaskoversichert. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Kaskoversicherung von Wassersportfahrzeugen (AVB Wassersportfahrzeuge 1993)

zugrunde. Auf der ersten Seite des Versicherungsscheins sind oben rechts allein die frühere Beklagte zu 1) und darunter die Büroanschrift des betreuenden Versicherungsmaklers genannt. Im unteren Teil des Deckblatts befindet sich vor der Unterschrift des Versicherers der folgende Text:
"In Vollmacht des Versicherers

V.

E.

" Am 27. März 2001 wurde die Yacht durch Personal de s Sportboothafens (………) B. B. /Italien von einem Landliegeplatz im Hafengelände zu Wasser gelassen. Am darauf folgenden Tag sollte das Boot zu dem vom Kläger gemieteten Liegeplatz gebracht werden. Während die beiden Sicherheitsschlüssel für die Zugangstür zum Salon der Yacht außerhalb des Bootes verwahrt wurden, verblieben die Zündschlüssel (in jeweils zweifacher Ausfertigung) für die beiden Motoren in einer unverschlossenen, abgedeckten Ablage unterhalb des Fahrstandes an Bord. Ebenso blieben drei Bordnetzschlüssel für die drei Hauptschalter der elektrischen Anlage in den Schalterschlössern stecken.
In der Nacht vom 27. auf den 28. März 2001 wurde d ie Yacht von unbekannten Tätern entwendet. Der Kläger meldete den Schadensfall der Beklagten zu 1), die im Einverständnis und mit Vollmacht des Beklagten zu 2) zunächst auch die Verhandlungen über die Schadensregulierung führte. Der Kläger wurde dabei von dem Streithelfer anwaltlich vertreten. Auf dessen erste schriftliche Aufforderung zur Auszahlung der

Versicherungssumme erwiderte die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 23. Juli 2001, nach Rücksprache mit dem "führenden Versicherer", dem (namentlich genannten) Beklagten zu 2), müsse sie mitteilen, man könne der Zahlungsaufforderung derzeit nicht nachkommen. Auf die zweite, ebenfalls an die Beklagte zu 1) gerichtete Zahlungsaufforderung des Streithelfers vom 25. Oktober 2001 meldete sich Rechtsanwalt Dr. F. aus F. . Unter dem Betreff "V. /Fr. " teilte er dem Streithelfer mit S chreiben vom 8. November 2001 mit, daß er "die Interessen des Kasko-Versicherers" anwaltlich wahrnehme, und kündigte eine weitere Rücksprache an.
Mit einem an RechtsanwaltDr. F. gerichtet en Schreiben vom 20. November 2001 kündigte der Streithelfer die Erhebung einer Klage gegen die Beklagte zu 1) an, die er sodann - eingehend am 29. November 2001 - bei Gericht einreichte. Die auf Feststellung der Leistungspflicht aus der Kaskoversicherung gerichtete Klage wurde der Beklagten zu 1) am 17. Dezember 2001 zugestellt.
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2001 wandte sich Re chtsanwalt Dr. F. unter dem Betreff "V. /Fr. " an den Streithelfer und teilte ihm unter Bezugnahme auf seine beiden vorangegangenen Schreiben mit, nach Rücksprache mit "dem Kaskoversicherer" lehne dieser den erhobenen Anspruch ab und werde keine Leistung erbringen, weil der Versicherungsfall auf grobe Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers zurückzuführen sei. Das Schreiben schließt mit den Worten: "Wie Ihnen selbstverständlich bekannt ist, wird der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Anspruch auf Leistung nicht innerhalb von sechs Mo-

naten gerichtlich geltend gemacht wird (§ 12 Abs. 3 VVG)." In dem vom Kläger zunächst gegen die Beklagte zu 1 ) geführten Rechtsstreit rügte diese mit Schriftsatz vom 25. Juni 2002 ihre fehlende Passivlegitimation. Mit Schriftsatz vom 16. Juli 2002 stellte der Streithelfer für den Kläger daraufhin den Antrag, daß die Klage sich im weiteren gegen den Beklagten zu 2) richten solle. Dieser hält sich schon wegen Versäumung der Frist des § 12 Abs. 3 VVG für leistungsfrei und ist weiter der Auffassung, die erhobene Klage auf Feststellung der Leistungspflicht sei unzulässig, weil der Kläger Leistungsklage hätte erheben können. Im übrigen entfalle die Leistungspflicht auch deshalb, weil der Kläger sämtliche Motoren- und Netzschlüssel an Bord gelassen und damit den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe.
Der Kläger meint, der Beklagte zu 2) könne sich an gesichts der besonderen Umstände des Falles nicht auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen, sondern müsse sich die fristgemäße Erhebung der Klage gegen die Beklagte zu 1) zurechnen lassen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Beru fungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt der Beklagte zu 2) weiterhin die Klagabweisung.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht führt aus:
1. Der Antrag auf Feststellung, der Beklagte zu 2) sei verpflichtet, dem Kläger den um den vereinbarten Selbstbehalt verminderten Schaden aus dem Diebstahl der Motoryacht vom 27./28. März 2001 zu ersetzen , sei zulässig. Das Feststellungsinteresse entfalle nicht dadurch, daß der Kläger - wie mit einem im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Antrag geschehen - auch Leistungsklage habe erheben können. Denn von dem Beklagten zu 2), einem großen Versicherungsunternehmen, könne erwartet werden, daß er seiner Verpflichtung zum Schadensersatz aus einem rechtskräftigen Feststellungsurteil freiwillig nachkomme, ohne daß es zusätzlich eines auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedürfe.
2. Anders als das Landgericht ist das Berufungsger icht weiter der Auffassung, der Beklagte zu 2) könne sich nicht auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen, denn das stelle sich hier als rechtsmißbräuchlich dar.
Die Besonderheit des Falles liege - anders als in dem vom Oberlandesgericht Saarbrücken entschiedenen Fall (VersR 1997, 435) - darin, daß die Klage gegen die nicht passiv legitimierte Beklagte zu 1) im Zeitpunkt der vom Beklagten zu 2) unter Fristsetzung nach § 12 Abs. 3 VVG erklärten Leistungsablehnung bereits erhoben gewesen sei. Dabei müsse sich der Beklagte zu 2) das Wissen der mit der Schadensregulierung beauftragten Beklagten zu 1) um die Klagerhebung zurechnen lassen. Unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben, der das Versicherungs-

verhältnis in besonderem Maße präge, sei der Beklagte zu 2) wegen des Wissens um die fehlerhafte Klagerhebung und angesichts der gesamten Umstände des Falles gegenüber der Beklagten zu 1) verpflichtet gewesen , im Leistungsablehnungsschreiben ausdrücklich klarzustellen, daß nur er der zuständige Versicherer sei. Durch einen solchen Hinweis wäre der Kläger in die Lage versetzt worden, den erforderlichen Parteiwechsel im bereits laufenden Rechtsstreit noch innerhalb der Sechsmonatsfrist herbeizuführen. Demgegenüber verstoße es gegen Treu und Glauben, wenn der Beklagte zu 2), der sich zudem von demselben Prozeßbevollmächtigten habe vertreten lassen wie die Beklagte zu 1), zunächst den Ablauf der Sechsmonatsfrist abgewartet habe, um sich sodann erstmals nach dem Parteiwechsel im laufenden Rechtsstreit darauf zu berufen.
Der Zweck des § 12 Abs. 3 VVG, eine Verzögerung de r Klärung zweifelhafter Ansprüche im Interesse zeitnaher Sachaufklärung zu verhindern und dem Versicherer die Übersicht über den Stand seines Vermögens zu wahren, sei bereits erfüllt gewesen, als das Leistungsablehnungsschreiben vom 21. Dezember 2001 abgefaßt worden sei. Denn schon zu diesem Zeitpunkt sei für den Beklagten zu 2) ersichtlich gewesen , daß der Kläger seine Ansprüche gerichtlich durchsetzen und sich mit der außergerichtlichen Ablehnung nicht zufrieden geben wolle.
Der Kläger sei in den dem Rechtsstreit vorangegang enen Regulierungsverhandlungen auch nicht mit solcher Deutlichkeit auf die Person des zuständigen Versicherers hingewiesen worden, daß er nicht schutzwürdig erscheine. Im Versicherungsschein sei mehrfach von einem "führenden Versicherer" die Rede, obwohl keine Mehrzahl von Versicherern am Vertrag beteiligt gewesen sei. Daß insbesondere die Beklagte zu 1)

nicht Mitversicherer, sondern lediglich Versicherungsagentin oder -maklerin gewesen sei, komme im Versicherungsvertrag trotz des Hinweises, sie handle "in Vollmacht des Versicherers", nur schwer verständlich zum Ausdruck, zumal sie selbst mit dem Zusatz "Wassersport-Versicherungen" firmiere und in Ziffer 15 der Besonderen Bedingungen zur Wassersport-Kasko-Versicherung eine Halbierung der Selbstbeteiligung für den Fall in Aussicht gestellt werde, daß das Wasserfahrzeug fünf Jahre bei der Beklagten zu 1 schadensfrei versichert sei.
Schließlich habe auch der Rechtsanwalt des Beklagt en zu 2) in der vorgerichtlichen Korrespondenz abgesehen von der Verwendung des Kurzrubrums "V. /Fr. " nicht ausdrücklich klargestellt, daß allein der Beklagte zu 2) Versicherer sei.
3. Der Beklagte zu 2) sei auch nicht nach § 61 VVG von der Leistung frei. Zwar liege es nahe, den - nach Auffassung des Berufungsgerichts vom Kläger persönlich zu verantwortenden - Verbleib von Motorund Bordnetzschlüsseln an Bord der Yacht als grob fahrlässig anzusehen , doch habe der Beklagte zu 2) nicht nachgewiesen, daß die Yacht unter Zuhilfenahme der Schlüssel gestohlen worden sei. Es könne vielmehr nicht ausgeschlossen werden, daß die Yacht mit Hilfe eines anderen Bootes auf See geschleppt worden sei.
Der Verbleib der Schlüssel an Bord stelle schließl ich auch keine Gefahrerhöhung im Sinne der §§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG dar, weil es an der Dauerhaftigkeit des veränderten Zustandes fehle.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in allen Punk ten stand.
1. Der vom Kläger vorrangig verfolgte Feststellung santrag ist hier zulässig, obwohl der Kläger sein Klageziel auch mit einer bezifferten Leistungsklage hätte verfolgen können, wie der in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellte Antrag zeigt. Zwar fehlt grundsätzlich das Feststellungsinteresse , wenn ein Kläger dasselbe Ziel mit einer Leistungsklage erreichen kann, jedoch besteht keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr bleibt die Feststellungsklage dann zulässig, wenn ihre Durchführung unter dem Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte erwarten läßt (BGH, Urteile vom 4. Dezember 1986 - III ZR 205/85 - BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsinteresse 2; vom 5. Februar 1987 - III ZR 16/86 - BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsinteresse 4, jeweils m.w.N.; vom 21. Februar 1996 - IV ZR 297/94 - NJW-RR 1996, 641 unter I). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die beklagte Partei die Erwartung rechtfertigt, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne daß es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf (BGH, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98 - VersR 1999, 1555 unter II 1 b, cc; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 34/92 - NJW-RR 1994, 1272 unter II 2 b). Das hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach angenommen, wenn es sich bei der beklagten Partei um eine Bank (BGH, Urteile vom 30. April 1991 - XI ZR 223/90 - NJW 1991, 1889 unter 1; vom 30. Mai 1995 - XI ZR 78/94 - NJW 1995, 2219 unter A II 1 - insofern in BGHZ 130, 59, 63 nicht abgedruckt -; vom 5. Dezember 1995 - XI ZR 70/95 - NJW 1996, 918 unter II 1), eine Behörde (BGH, Urteil vom 9. Juni 1983

- III ZR 74/82 - NJW 1984, 1118 unter 3 c) oder - wie hier - um ein großes Versicherungsunternehmen (BGH, Urteil vom 28. September 1999 aaO unter II 1 b, cc) handelt. Umstände, die die genannte Erwartung vorliegend erschüttern könnten, zeigt die Revision nicht auf.
2. Die Annahme des Tatrichters, der Beklagte zu 2) dürfe sich im vorliegenden Fall nach Treu und Glauben nicht auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG berufen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu un d Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung (Palandt/Heinrichs, BGB 64. Aufl. § 242 Rdn. 38 m.w.N.). Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine erworbene Rechtsposition rechtsmißbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden. Diese Bewertung vorzunehmen ist Sache des Tatrichters und demgemäß in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (vgl. dazu BGHZ 122, 308, 314; 146, 217, 223; BGH, Urteile vom 6. Dezember 1988 - XI ZR 19/88 - NJW-RR 1989, 818 unter 3; vom 13. März 1996 - VIII ZR 99/94 - NJW-RR 1996, 949 unter II 3; vom 8. Mai 2003 - VII ZR 216/02 - NJW 2003, 2448 unter III 2).

b) Solche Rechtsfehler deckt die Revision nicht au f.

Daß eine Berufung auf die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG dem Versicherer im Einzelfall nach § 242 BGB versagt sein kann, ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1966 - II ZR 66/64 - VersR 1966, 723 unter V; weitere Rechtsprechungsnachweise bei Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 12 Rdn. 52 und 59, ferner bei Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 12 Rdn. 87).
Dem Zusammenhang der Urteilsgründe des Berufungsur teils kann sicher entnommen werden, daß das Berufungsgericht es dem Beklagten zu 2) nicht allein deshalb verwehrt hat, sich auf den Ablauf der Frist des § 12 Abs. 3 VVG zu berufen, weil die Leistungsablehnung hier zu einem Zeitpunkt erfolgte, in welchem die Beklagte zu 2) bereits zurechenbare Kenntnis davon hatte, daß der Kläger irrtümlich Klage gegen die Beklagte zu 1) eingereicht hatte, obwohl diese nicht Versicherer war. Vielmehr hat der Tatrichter auf der Grundlage einer zutreffenden Auslegung des § 12 Abs. 3 VVG erkennbar nicht nur auf den zeitlichen Ablauf, sondern auch auf die Gestaltung des Versicherungsscheins, den Inhalt der Versicherungsbedingungen , die Firmenbezeichnung der Beklagten zu 1), die im Rahmen der Schadensregulierung geführte Korrespondenz und das Prozeßverhalten der Beteiligten abgestellt. Daß daneben wesentliche Gesichtspunkte übersehen oder von einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ausgegangen worden wäre, wird von der Revision nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich.

c) Die Revision bemüht sich unter Hinweis auf mehr ere tatrichterliche Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte lediglich darum, eine ihr günstigere, abweichende Bewertung der vom Berufungsgericht umfassend gewürdigten Fallumstände herbeizuführen. Damit kann sie kei-

nen Erfolg haben. Das Berufungsurteil steht insbesondere nicht in Divergenz zur Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 10. Januar 1996 (VersR 1997, 435). Zwar hatte das Oberlandesgericht es dort abgelehnt, dem Versicherer die Geltendmachung der Leistungsfreiheit nach § 12 Abs. 3 VVG zu versagen und zur Begründung ausgeführt , es reiche zur Wahrung der Frist nicht aus, wenn der Versicherer irgendwie davon Kenntnis erhalte, daß der Versicherungsnehmer einen anderen Versicherer verklagt habe. Den Entscheidungsgründen ist jedoch zu entnehmen, daß es sich auch dort um eine von den besonderen Umständen des Falles getragene Einzelfallentscheidung handelt, die einer Verallgemeinerung nicht fähig ist.

d) So liegt der Fall auch hier. Soweit sich das Be rufungsgericht mit der Zulassung der Revision eine allgemeine Klärung der Frage erwartet hat, ob den Versicherer nach bereits erfolgter Klage des Versicherungsnehmers gegen einen falschen Versicherer im Rahmen des § 12 Abs. 3 VVG stets eine gesonderte Hinweispflicht treffe, verkennt diese Fragestellung die revisionsrechtlichen Grenzen der Überprüfung einer nach § 242 BGB getroffenen Einzelfallentscheidung. Ein Zulassungsgrund im Sinne des § 543 Abs. 2 ZPO war deshalb hier nicht gegeben.
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 2) habe den ihm im Rahmen des § 61 VVG obliegenden Nachweis dafür, daß die an Bord befindlichen Schlüssel für die Motoren und das elektrische Bordnetz mitursächlich für den Diebstahl geworden sind (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. Juli 1986 - IVa ZR 22/85 - VersR 1986, 962 unter II), nicht geführt. Die Gegenrüge, mit welcher der Kläger beanstandet, das Berufungsgericht habe zu Un-

recht angenommen, er selbst - und nicht das mit der Verlegung der Yacht beauftragte Hafenpersonal (das keine Repräsentantenstellung eingenommen habe) - sei dafür verantwortlich, daß Schlüssel an Bord geblieben seien, kann deshalb auf sich beruhen.
Soweit die Revision geltend macht, es sei hier sch on nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises davon auszugehen, daß das Belassen der genannten Schlüssel an Bord mitursächlich für den Diebstahl geworden sei, kann sie damit nicht durchdringen. Voraussetzung für jede Anwendung eines Anscheinsbeweises ist, daß ein typischer Geschehensablauf vorliegt, und keine Umstände gegeben sind, welche es als ernsthaft möglich erscheinen lassen, daß das Geschehen im konkreten Fall anders abgelaufen ist als von einer Anscheinsregel als typisch vorausgesetzt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 3. Juli 1990 - VI ZR 239/89 - NJW 1991, 230 unter II 2 und 3). An beidem fehlt es hier. Der Diebstahl einer großen Motoryacht zählt nicht zu denjenigen Lebensvorgängen, die nach einem durch Regelmäßigkeit, Üblichkeit und Häufigkeit geprägten Muster abzulaufen pflegen (vgl. dazu Greger in Zöller, ZPO 25. Aufl. vor § 284 Rdn. 29). Hinzu kommt, daß vorliegend gewichtige Umstände dafür sprechen , daß das Boot des Klägers zumindest nicht mit eigener Motorkraft das im Winter versandete Hafenbecken verlassen konnte und stattdessen aus dem Hafen geschleppt werden mußte, weil es im Motorbetrieb zu großen Tiefgang hatte. Soweit die Revision geltend macht, der Kläger habe diesen Vortrag in der Berufungsinstanz nicht aufrechterhalten, trifft das nicht zu. Dazu, ob die Yacht später auf See mit eigener Motorkraft Fahrt aufnahm oder weiterhin geschleppt wurde, ist nichts bekannt. Auch hierzu scheidet ein Anscheinsbeweis wegen der Besonderheiten des Einzelfalles aus.

4. Auch eine Leistungsfreiheit der Beklagten zu 2) wegen Gefahrerhöhung (§§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG) hat das Berufungsgericht mit rechtlich zutreffender Begründung abgelehnt. Soweit die Revision geltend macht, die vom Berufungsgericht vermißte Dauerhaftigkeit des Zustandes erhöhter Gefahrverwirklichung ergebe sich daraus, daß die Motor - und Netzschlüssel ständig, das heißt nicht nur am Tage vor dem Diebstahl, sondern auch während der Winterliegezeit der Yacht an Land und auch bereits davor an Bord verwahrt worden seien, findet dies in den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Stütze. Eine Verfahrensrüge ist insoweit nicht erhoben.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
19
Zwar fehlt grundsätzlich das Feststellungsinteresse, wenn ein Kläger dasselbe Ziel mit einer Leistungsklage erreichen könnte, jedoch besteht keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr bleibt die Feststellungsklage dann zulässig , wenn ihre Durchführung unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit eine sinnvolle und sachgemäße Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte erwarten lässt (BGH aaO und Urteile vom 4. Dezember 1986 - III ZR 205/85 - BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsinteresse 2; vom 5. Februar 1987 - III ZR 16/86 - BGHR ZPO § 256 Abs. 1 Feststellungsinteresse 4, jeweils m.w.N.; vom 21. Februar 1996 - IV ZR 297/94 - NJW-RR 1996, 641 unter I). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die beklagte Partei die Erwartung rechtfertigt, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen , ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf (BGH, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98 - VersR 1999, 1555 unter II 1 b, cc; vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 34/92 - NJW-RR 1994, 1272 unter II 2 b). Das hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach angenommen, wenn es sich bei der beklagten Partei um eine Bank (BGH, Urteile vom 30. April 1991 - XI ZR 223/90 - NJW 1991, 1889 unter 1; vom 30. Mai 1995 - XI ZR 78/94 - NJW 1995, 2219 unter A II 1 - insofern in BGHZ 130, 59, 63 nicht abgedruckt ; vom 5. Dezember 1995 - XI ZR 70/95 - NJW 1996, 918 unter II 1), eine Behörde (BGH, Urteil vom 9. Juni 1983 - III ZR 74/82 - NJW 1984, 1118 unter 3 c) oder - wie hier - um ein großes Versicherungsunternehmen (BGH, Urteile vom 16. Februar 2005 aaO und vom 28. September 1999 aaO unter II 1 b, cc) handelt. Umstände, die hier die genannte Erwartung erschüttern könnten, sind nicht ersichtlich.

(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 179/98 Verkündet am:
18. Oktober 2000
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zu den Anforderungen an die Wahrung der gesetzlichen Schriftform, wenn ein in
Form eines fertigen Vertragsentwurfs gemachtes Angebot zum Abschluß eines Mietvertrages
nur mit Ä nderungen angenommen wird und der Vertragspartner diesen
Ä nderungen zustimmt.
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 179/98 - OLG Naumburg
LG Halle
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Krohn, Dr. Hahne, Gerber und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 25. Mai 1998 aufgehoben und das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 11. Februar 1998 abgeändert. Es wird festgestellt, daß der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag über die Ladenfläche Nr. E- im Erdgeschoß des Einkaufszentrums "S. G. D. " in H. auf unbestimmte Zeit geschlossen ist. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin mietete im Jahre 1993 von der Beklagten ein Ladenlokal in dem Einkaufszentrum "S. " in H. an. Am 20. Juli 1993 übersandte die Klägerin der Beklagten ein aus mehreren Teilen und einigen Anlagen bestehendes Mietvertragsangebot. Der Geschäftsführer der Klägerin hatte jeden Teil der Urkunde unterschrieben. Die verschiedenen Teile und die Anlagen
waren durch Schnur und Siegel fest miteinander verbunden. Die Mietdauer sollte zehn Jahre betragen. In dem Begleitschreiben heißt es, die Klägerin fühle sich bis zum 30. November 1993 an ihr Vertragsangebot gebunden. Die Vertreter der Beklagten unterschrieben unter dem Datum des 20. September 1993 jeden Teil der Urkunde, brachten aber über ihren Unterschriften jeweils den Zusatz an: "gilt nur im Zusammenhang mit unserem Schreiben vom 20.9.93". In diesem Schreiben, mit dem die unterschriebene Vertragsurkunde der Klägerin zurückgeschickt wurde, heißt es, die Vermieterin werde für das Einkaufszentrum insgesamt eine Glasversicherung abschließen, auch für die Schaufensteranlagen der Mieter, und die Kosten umlegen; die in dem Vertrag vorgesehene Sicherheitsleistung solle durch eine bestimmte Bürgschaft geleistet werden; in Abweichung von dem schriftlichen Mietvertrag solle die Abrechnung der Heizkosten zum 31. Dezember eines jeden Jahres (nicht: zum Ende der Heizperiode) erfolgen. Am Ende des Schreibens wird ausgeführt: "Der als Anlage beigefügte Mietvertrag gilt nur auf der Grundlage der in diesem Schreiben genannten Bedingungen. Wir bitten Sie deshalb um umgehende Rücksendung der von Ihnen unterschriebenen beiliegenden Kopie dieses Schreibens, das Vertragsbestandteil ist."
Der Geschäftsführer der Klägerin unterzeichnete eine Fotokopie des Schreibens der Beklagten vom 20. September 1993 und sandte es an die Beklagte zurück.
Die Parteien streiten darüber, ob bei diesem Zustandekommen des Vertrages die Schriftform des § 566 BGB gewahrt ist. Die Klägerin möchte den Vertrag vor Ablauf der zehn Jahre ordentlich kündigen und begehrt zur Vorbereitung einer solchen Kündigung die Feststellung, daß der Vertrag mangels Einhaltung der Schriftform als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Feststellungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision hat auch in der Sache Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet. 1. Das erforderliche besondere Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) ist gegeben. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses liegt vor, wenn bezüglich des Rechtsverhältnisses eine Unsicherheit besteht und wenn das auf die Feststellungsklage hin ergehende Urteil geeignet ist, diese Unsicherheit zu beseitigen und dem Kläger eine Richtschnur für sein künftiges Verhalten zu bieten (BGHZ 69, 144, 147; Thomas/Putzo, ZPO 22. Aufl. § 256 Rdn. 16). Durch die beantragte Feststellung kann geklärt werden, ob die Klägerin den zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrag unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen kann oder ob sie zehn Jahre gebunden ist.
2. Nach § 566 BGB bedarf ein Mietvertrag über ein Grundstück, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, der schriftlichen Form. Wird die Form nicht eingehalten, ist der Vertrag nicht etwa unwirksam, er gilt vielmehr - unabhängig von etwa in dem Vertrag getroffenen anderen Regelungen - als für unbestimmte Zeit geschlossen. Nach Ablauf von einem Jahr kann er ordentlich gekündigt werden. Das Berufungsgericht führt aus, die Parteien hätten wirksam eine Laufzeit des Vertrages von zehn Jahren vereinbart. Der zwischen ihnen abgeschlossene Mietvertrag wahre nämlich die gesetzliche Schriftform. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne sich die Einheit einer aus mehreren Teilen bestehenden Urkunde nicht nur aus einer festen Verbindung ergeben, sondern auch aus fortlaufender Paginierung, Numerierung der einzelnen Bestimmungen, einheitlicher graphischer Gestaltung, inhaltlichem Zusammenhang des Textes oder vergleichbaren Merkmalen. Bei dem Schreiben der Beklagten vom 20. September 1993 handele es sich nicht um eine Nachtragsurkunde, es unterscheide sich vielmehr nicht von einer dem Vertrag beigefügten Anlage. Ein unmißverständlicher inhaltlicher Zusammenhang zwischen diesem Schreiben und dem schriftlichen Mietvertrag sei durch die wechselseitige Bezugnahme und den inhaltlichen Kontext eindeutig hergestellt. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 3. Es handelt sich im vorliegenden Fall nicht vorrangig um die Frage, wann eine Anlage zu einem Vertrag, die wesentlichen Vertragsinhalt enthält, als Teil der die Schriftform wahrenden Vertragsurkunde angesehen werden kann.
Die Klägerin hat der Beklagten einen von ihr - der Klägerin - bereits unterschriebenen Vertragsentwurf zur Gegenzeichnung übersandt. Damit hat sie der Beklagten ein Vertragsangebot gemacht. Die Beklagte hat dieses Vertragsangebot der Klägerin jedoch nicht so angenommen, wie es ihr gemacht worden ist, sondern nur mit Modifizierungen. Das bedeutet rechtlich, daß sie das Vertragsangebot der Klägerin abgelehnt und der Klägerin ein neues, geändertes Vertragsangebot unterbreitet hat. Das ursprünglich von der Klägerin gemachte Angebot war damit erledigt (§ 150 Abs. 2 BGB). Zwar betrafen die von der Beklagten gewünschten Modifizierungen unbedeutende Nebenpunkte, die die Vertragsparteien wohl außerhalb der Urkunde - ohne Einhaltung der Schriftform - hätten regeln können. Im Rahmen des § 150 Abs. 2 BGB ist es jedoch ohne Bedeutung, ob es sich um wesentliche oder unwesentliche Ä nderungen handelt (vgl. Staudinger/Bork, BGB Bearb. 1996 § 150 Rdn. 8; MünchKomm-BGB/Kramer, 3. Aufl. § 150 Rdn. 3; Soergel /Wolf, BGB 12. Aufl. § 150 Rdn. 9, jeweils m.N.). Auch geringfügige, unwesentliche Ä nderungsvorschläge gegenüber dem unterbreiteten Vertragsangebot führen dazu, daß es für das Zustandekommen des Vertrages einer neuen Erklärung des Vertragspartners bedarf. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt lediglich in wenigen, im Gesetz ausdrücklich geregelten Sonderfällen. Bei einem Versicherungsvertrag können Ä nderungen in der Annahmeerklärung des Versicherers Vertragsinhalt werden, wenn sie im Versicherungsschein enthalten sind und der Versicherungsnehmer trotz eines Hinweises nicht innerhalb eines Monats nach Empfang des Versicherungsscheins schriftlich widerspricht (§ 5 VVG). Nach dem UN-Kaufrecht (Art. 19 CISG: Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf; BGBl. 1989 II, 588) stellen Er-
gänzungen oder Abweichungen, welche das Angebot nicht wesentlich ändern, eine Annahme des Angebots dar, wenn der Anbietende nicht unverzüglich das Fehlen der Übereinstimmung beanstandet. Diese jeweils eine besondere Fallgestaltung regelnden Bestimmungen rechtfertigen es nicht, die dort getroffene Regelung im Wege eines Analogieschlusses auf das allgemeine Vertragsrecht zu übertragen und von dem gefestigten Verständnis des § 150 Abs. 2 BGB abzurücken. Eine solche Analogie ist zu Recht - soweit ersichtlich - in Literatur und Rechtsprechung bisher nicht in Erwägung gezogen worden. Allerdings liegt eine Annahme und keine modifizierende Annahme vor, wenn der Annehmende - für den Vertragspartner erkennbar - zwar Ergänzungen vorschlägt, aber klar zum Ausdruck bringt, daß er bei einem Beharren des Antragenden auf dem ursprünglichen Angebot dieses Angebot in der ursprünglichen Form auf jeden Fall annimmt und nicht auf seinen Ä nderungsvorschlägen beharrt. Es handelt sich dann um eine uneingeschränkte Annahme verbunden mit einem Ergänzungs- oder Ä nderungsangebot. Ob eine derartige Erklärung des Annehmenden so zu verstehen ist, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln (BGH, Urteile vom 13. Oktober 1982 - VIII ZR 155/81 - WM 1982, 1329, 1330 und vom 30. Januar 1997 - IX ZR 133/96 - NJW-RR 1997, 684, 685; Jauernig, BGB 9. Aufl. § 150 Rdn. 2; Staudinger/Bork aaO § 150 Rdn. 10). Eine Auslegung der modifizierenden Annahmeerklärung der Beklagten in diesem Sinne scheidet jedoch aus. Die Erklärung ist auszulegen aus der Sicht des Erklärungsempfängers, also aus der Sicht der Klägerin. Die Beklagte hat der Klägerin unmißverständlich mitgeteilt, der Vertrag solle nur zustande kommen, wenn die Klägerin die vorgeschlagenen Ä nderungen akzeptiere.
4. Der Mietvertrag ist mit den von der Beklagten vorgeschlagenen Ä nderungen zustande gekommen, als die Klägerin eine Fotokopie des Schreibens vom 20. September 1993 unterschrieben an die Beklagte zurückgesandt hat. Auf diese Weise konnte jedoch die Schriftform des § 566 BGB nicht gewahrt werden. Nach § 126 Abs. 2 BGB ist es bei einem Vertrag zur Einhaltung der gesetzlichen Schriftform grundsätzlich erforderlich, daß beide Vertragsparteien den Vertragstext auf derselben Urkunde unterschreiben. Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Die Beklagte hat lediglich ihr modifizierendes Angebot unterschrieben und die Klägerin auf einem anderen Schriftstück dessen Annahme. Zwar läßt § 126 Abs. 2 Satz 2 BGB es genügen, wenn über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden und jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet. Das setzt aber voraus, daß jede der beiden Urkunden auch die zum Vertragsschluß notwendige rechtsgeschäftliche Erklärung des Vertragspartners enthält. Es genügt nicht, wenn eine der unterschriebenen Urkunden nur die Willenserklärung einer Partei enthält und sich die Willensübereinstimmung erst aus der Zusammenfassung beider Urkunden ergibt (Soergel/Hafermehl, aaO § 126 Rdn. 20 m.N.). Jedenfalls die von der Beklagten unterschriebenen Urkunden enthalten nicht die zum Vertragsschluß führende Erklärung der Klägerin, sie sei mit den Ä nderungswünschen der Beklagten einverstanden. Es handelt sich somit um einen sogenannten Vertragsschluß durch Briefwechsel. Dieser würde einer gewillkürten Schriftform genügen (§ 127 Satz 2 BGB), nicht aber der gesetzlichen Schriftform (§ 126 BGB). 5. Da die Schriftform nicht eingehalten ist, kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Der Senat ist in der Lage, selbst abschließend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO). Der Sachverhalt ist unstreitig und weitere tatsächliche Feststellungen sind weder zu erwarten noch erforderlich. Da die
Schriftform nicht eingehalten ist, gilt der zwischen den Parteien abgeschlossene Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Anhaltspunkte dafür, das Berufen der Klägerin auf das Fehlen der Schriftform könne ausnahmsweise rechtsmißbräuchlich sein, sind nicht ersichtlich. Der Feststellungsklage war deshalb stattzugeben. Blumenröhr Krohn Hahne Gerber Wagenitz

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Tatbestand

1

Die Beigeladene ist Betreiberin eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes und der hierzu gehörenden technischen Einrichtungen. Unter der Produktbezeichnung Carrier-Festverbindungen (CFV) bietet sie Mietleitungen auf der Vorleistungsebene an.

2

Mit vorläufiger Regulierungsverfügung vom 30. November 2004 erlegte die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, heute: Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur), der Beigeladenen eine Zugangsverpflichtung u.a. bezüglich CFV auf und stellte fest, dass die Entgelte für diese Übertragungswege weiterhin der Genehmigungspflicht unterlägen. Diese Regulierungsverfügung ist in Bezug auf CFV mit Bandbreiten von 64 kbit/s, 2 Mbit/s, 34 Mbit/s, 155 Mbit/s und 622 Mbit/s bestandskräftig geworden. Durch Regulierungsverfügung vom 31. Oktober 2007 verpflichtete die Bundesnetzagentur die Beigeladene, anderen Unternehmen Zugang zu den Abschlusssegmenten ihrer Mietleitungen auf der Vorleistungsebene zu gewähren und unterwarf die Zugangsentgelte der Genehmigungspflicht. Diese Regulierungsverfügung wurde auf die von der Beigeladenen erhobene Klage durch Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. März 2009 - 1 K 5114/07 - aufgehoben, soweit sie andere Mietleitungen als klassische Mietleitungen mit Bandbreiten bis 2 Mbit/s betrifft. Der Senat hat die hiergegen gerichtete Revision der Bundesnetzagentur durch Urteil vom 1. September 2010 - BVerwG 6 C 13.09 - zurückgewiesen.

3

Mit Beschluss vom 31. Oktober 2008 genehmigte die Bundesnetzagentur der Beigeladenen ab dem 1. Januar 2009 und befristet bis zum 31. Oktober 2010 Entgelte für Carrier-Festverbindungen (Nr. 1 und 5 des Beschlusses) mit der Maßgabe, dass für CFV, deren beiden Enden sich in demselben Anschlussbereich befinden, die Entgeltposition "Verbindungslinie" nicht erhoben werden darf (Nr. 3 des Beschlusses). Die Beigeladene hat gegen diesen Beschluss Klage erhoben. Außerdem beantragte sie gegenüber der Bundesnetzagentur in Bezug auf denselben Zeitraum die Genehmigung höherer Entgelte für die Überlassung derjenigen Verbindungslinien, bei denen sich beide Kundenstandorte zwar im selben Ortsnetz, aber in unterschiedlichen Anschlussbereichen befinden. Sie begründete dies damit, dass die genehmigten Entgelte insoweit wegen der unter Nr. 3 des Beschlusses vom 31. Oktober 2008 getroffenen Regelung nicht kostendeckend seien.

4

Mit Beschluss vom 14. August 2009 genehmigte die Bundesnetzagentur der Beigeladenen befristet bis zum 31. Oktober 2010 Ortsnetzpauschalen, die im Wesentlichen über den im Vorgängerbeschluss vom 31. Oktober 2008 genehmigten Tarifen liegen.

5

Die Klägerin, die ebenfalls ein öffentliches Telekommunikationsnetz betreibt, welches aufgrund eines CFV-Überlassungsvertrages mit demjenigen der Beigeladenen zusammengeschaltet ist, hat gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 Anfechtungsklage erhoben. Mit Urteil vom 22. April 2010 hat das Verwaltungsgericht der Klage, soweit nach Teilrücknahme noch aufrecht erhalten, stattgegeben und den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 aufgehoben, soweit er sich auf andere Entgelte als diejenigen für 16 x T2MS/ 2 MU "Regio-ON" und 63 x T2MS/ 2 MU "Country-ON" bezieht. Der angegriffene Teil des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 sei rechtswidrig. Dies folge für CFV mit höheren Bandbreiten als 2 Mbit/s bereits daraus, dass die Genehmigungspflicht aus den im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. März 2009 dargelegten Gründen rechtswidrig sei. Unabhängig davon sei die Entgeltgenehmigung auch deshalb rechtswidrig, weil sie im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses inhaltlich dem Vorgängerbeschluss vom 31. Oktober 2008 widersprochen habe und dieser Widerspruch von der Beklagten nicht durch zumindest gleichzeitige Aufhebung des entgegenstehenden Teils des Vorgängerbeschlusses beseitigt worden sei. Der inhaltliche Widerspruch bestehe darin, dass sich die Beschlüsse vom 31. Oktober 2008 und vom 14. August 2009 in Bezug auf den Zeitraum vom 14. August 2009 bis 31. Oktober 2010 zeitlich überlappten und für dieselben Leistungen unterschiedlich hohe Entgelte genehmigten. Die erste Entgeltgenehmigung habe sich nicht auf andere Weise erledigt. Eine Entgeltgenehmigung verliere ihre regelnde Wirkung nicht allein dadurch, dass während ihres Gültigkeitszeitraums ein höheres Entgelt genehmigt werde.

6

Eine Rücknahme oder einen Widerruf der Vorgängergenehmigung habe die Bundesnetzagentur im Beschluss vom 14. August 2009 nicht ausgesprochen. Eine konkludente Aufhebung wäre auch nicht rechtmäßig. Gehe man davon aus, dass der aufzuhebende Teil des Vorgängerbeschlusses rechtswidrig sei, komme eine Rücknahme allenfalls nach § 48 Abs. 3 VwVfG in Betracht, denn es liege gegenüber der Klägerin ein begünstigender Verwaltungsakt vor, der nicht Voraussetzung für die Gewährung einer Geldleistung sei. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG stehe die Rücknahme im Ermessen der Behörde. Von einer Reduzierung auf Null zu Gunsten der Rücknahme könne nicht ausgegangen werden. Die unterstellte Rechtswidrigkeit kostenunterdeckender Entgelte träfe die Beigeladene nicht derart schwer, dass eine Aufrechterhaltung der Genehmigung für den Restzeitraum von etwa 15 Monaten untragbar wäre. Die Beigeladene habe es selbst in der Hand gehabt, die Kostenunterdeckung durch die Vorlage von Antragsunterlagen zu vermeiden, in denen die auf Ortsnetzverbindungen, die einen Anschlussbereich überschritten, entfallenden Kosten von vornherein eindeutig und vollständig zugeordnet werden. Zudem sei das gegenläufige Interesse der Klägerin am Fortbestand der Kalkulationssicherheit nicht von derart geringem Gewicht, dass es für die Abwägung von vornherein bedeutungslos wäre. Das nicht auf Null reduzierte Rücknahmeermessen habe die Bundesnetzagentur bei Erlass des Beschlusses vom 14. August 2009 nicht erkannt, geschweige denn ausgeübt. Für den Fall, dass der aufzuhebende Teil des Beschlusses vom 31. Oktober 2008 rechtmäßig und daher zu widerrufen sei, fehle es an der Voraussetzung des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG, dass ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde. Darüber hinaus sei der Beschlussbegründung nicht zu entnehmen, dass die Bundesnetzagentur ihr Widerrufsermessen erkannt habe.

7

Gegen dieses Urteil hat die Beigeladene die vom Senat mit Beschluss vom 19. Januar 2011 zugelassene Revision eingelegt, soweit es um andere Entgelte als diejenigen für CFV mit einer Bandbreite von 2,5 Gbit/s geht. Auf die Rechtswidrigkeit der Genehmigungspflicht könne nicht abgestellt werden. Denn mit der vorläufigen Regulierungsverfügung vom 30. November 2004 sei der hier Beigeladenen für Mietleitungen mit Bandbreiten über 2 Mbit/s bestandskräftig eine Entgeltgenehmigungspflicht auferlegt worden, die mit der Aufhebung der Regulierungsverfügung vom 31. Oktober 2007 wieder aufgelebt sei. Die Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 sei nicht wegen eines Widerspruchs zu der vorangegangenen Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 rechtswidrig; denn die frühere Entgeltgenehmigung habe sich mit dem Erlass der neuen Entgeltgenehmigung auf andere Weise im Sinne des § 43 Abs. 2 VwVfG erledigt. Dies ergebe sich aus den Regelungen des Telekommunikationsgesetzes unter Beachtung der verfassungs- und unionsrechtlichen Vorgaben für die Entgeltregulierung. Hilfsweise liege eine rechtmäßige Rücknahme oder ein rechtmäßiger Widerruf vor. Der Beschluss vom 31. Oktober 2008 sei als Dauerverwaltungsakt jedenfalls im Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses vom 14. August 2009 rechtswidrig geworden und habe nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG zurückgenommen werden können. Das Rücknahmeermessen sei auf Null reduziert gewesen, weil die Beigeladene einen Rechtsanspruch auf die Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 habe und die Beklagte deshalb zur Aufhebung der - unterstellt - entgegenstehenden Vorgängergenehmigung vom 31. Oktober 2008 verpflichtet gewesen sei. Jedenfalls habe die Beklagte ihr Ermessen rechtmäßig zugunsten der Rücknahme ausgeübt. Lägen die Rücknahmevoraussetzungen nicht vor, sei von einem rechtmäßigen Widerruf des Beschlusses vom 31. Oktober 2008 mit Wirkung für die Zukunft nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG auszugehen. Das Widerrufsermessen der Beklagten sei aus denselben Gründen auf Null reduziert wie das Rücknahmeermessen. Jedenfalls wäre von einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung auszugehen.

8

Die Beigeladene beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 22. April 2010 (VG Köln 1 K 6275/09) zu ändern, soweit dieses der Klage stattgegeben und soweit dieses den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 für andere Entgelte als diejenigen für CFV 2,5 Gbit/s aufgehoben hat, und die Klage abzuweisen, soweit sich diese auf andere Entgelte als diejenigen für CFV 2,5 Gbit/s bezieht.

9

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beigeladenen zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts, soweit sich dieses auf die Annahme eines Widerspruchs zwischen der angefochtenen Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 und der weder auf andere Weise erledigten noch rechtmäßig aufgehobenen Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 stützt.

11

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt. Sie hält die Revision der Beigeladenen aus der Erwägung für begründet, dass die Bescheide vom 31. Oktober 2008 und vom 14. August 2009 mangels Identität der Genehmigungsgegenstände nicht in Widerspruch zueinander stünden.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beigeladenen ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil verstößt zwar gegen Bundesrecht, soweit das Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Teils des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 für einen Teil der darin genehmigten Entgelte, nämlich diejenigen für die Überlassung von CFV mit höheren Bandbreiten als 2 Mbit/s, mit der Rechtswidrigkeit der Genehmigungspflicht begründet hat (1). Auf dieser Verletzung revisiblen Rechts beruht das angefochtene Urteil jedoch nicht (§ 137 Abs. 1 VwGO), weil das Verwaltungsgericht im Ergebnis ohne Verstoß gegen Bundesrecht die Rechtswidrigkeit der Entgeltgenehmigung weiter selbstständig damit begründet hat, dass sie im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses inhaltlich dem Vorgängerbeschluss vom 31. Oktober 2008 widersprochen habe und dieser Widerspruch von der Beklagten nicht durch zumindest gleichzeitige Aufhebung des entgegenstehenden Teils des Vorgängerbeschlusses beseitigt worden sei (2).

13

1. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, soweit Entgelte für CFV mit höheren Bandbreiten als 2 Mbit/s genehmigt werden, sei der angegriffene Teil des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 bereits deshalb rechtswidrig, weil die Genehmigungspflicht aus den im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. März 2009 dargelegten Gründen rechtswidrig sei, verstößt gegen Bundesrecht.

14

Zwar kann die Genehmigungspflicht, ohne deren Bestehen die Erteilung der Entgeltgenehmigung rechtswidrig wäre, bezüglich der Mietleitungen mit Bandbreiten von mehr als 2 Mbit/s nicht auf den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 31. Oktober 2007 gestützt werden, nachdem der Senat die Revision der Bundesnetzagentur gegen das genannte Urteil des Verwaltungsgerichts durch Urteil vom 1. September 2010 - BVerwG 6 C 13.09 - zurückgewiesen hat und die Aufhebungsentscheidung des Verwaltungsgerichts damit rechtskräftig geworden ist. Mit Ausnahme der Entgelte für CFV mit Bandbreiten von 2,5 Gbit/s, die aufgrund des beschränkten Antrags der Beigeladenen nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden sind, ergibt sich jedoch die Genehmigungspflicht für diesen Teil der in dem Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 geregelten Entgelte, d.h. in Bezug auf CFV mit Bandbreiten von 34, 155 und 622 Mbit/s, aus der insoweit bestandskräftig gewordenen vorläufigen Regulierungsverfügung vom 30. November 2004; denn nach der Rechtsprechung des Senats wird eine vorläufige Regulierungsverfügung nicht bereits mit dem Erlass einer endgültigen Regulierungsverfügung obsolet, sondern erst bei deren Bestandskraft; sie lebt wieder auf, falls die Anfechtungsklage gegen die endgültige Regulierungsverfügung zu deren rechtskräftiger Aufhebung führt (Beschluss vom 15. März 2007 - BVerwG 6 C 20.06 - juris Rn. 3; Urteil vom 25. März 2009 - BVerwG 6 C 3.08 - Buchholz 442.066 § 35 TKG Nr. 2 Rn. 16).

15

2. Soweit das Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entgeltgenehmigung - bezüglich der CFV mit höheren Bandbreiten als 2 Mbit/s kumulativ und im Übrigen allein tragend - damit begründet hat, dass sie im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses inhaltlich dem Vorgängerbeschluss vom 31. Oktober 2008 widersprochen habe und dieser Widerspruch von der Beklagten nicht durch zumindest gleichzeitige Aufhebung (Rücknahme oder Widerruf) des entgegenstehenden Teils des Vorgängerbeschlusses beseitigt worden sei, verletzt dies nicht revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die angefochtene Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 steht zu der früheren Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 in einem inhaltlichen Widerspruch, da sie in Bezug auf denselben Zeitraum für dieselben Leistungen andere Entgelte genehmigt (a) und sich die frühere Entgeltgenehmigung weder "auf andere Weise erledigt" hat (b) noch in rechtmäßiger Weise nach den für die Rücknahme bzw. den Widerruf belastender Verwaltungsakte geltenden Regeln aufgehoben worden ist (c).

16

a) Die angefochtene Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 steht zu der früheren Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 in einem inhaltlichen Widerspruch, soweit sie in Bezug auf denselben Zeitraum vom 14. August 2009 bis 31. Oktober 2010 für dieselben Leistungen andere Entgelte genehmigt. Ist die frühere Entgeltgenehmigung in dem genannten Zeitraum weiterhin wirksam geblieben, muss dieser Widerspruch zur Rechtswidrigkeit der späteren Entgeltgenehmigung führen; denn nach § 37 Abs. 2 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl I S. 1190), das in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 zuletzt durch Gesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2413) geändert worden war, bewirkt die Entgeltgenehmigung in bestehenden Verträgen die Ersetzung des vereinbarten durch das genehmigte Entgelt. Wegen dieser unmittelbaren Gestaltung privatrechtlicher Vertragsverhältnisse ist eine parallele Geltung von Genehmigungen unterschiedlicher Entgelte für die gleiche Leistung ausgeschlossen.

17

Die Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 betrifft, soweit ihr Regelungsgehalt reicht, dieselben Leistungen wie die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008. Leistungsgegenstand beider Entgeltgenehmigungen ist jeweils zumindest auch die hier interessierende Überlassung solcher CFV, deren beide Kundenstandorte sich in verschiedenen Anschlussbereichen eines Ortsnetzes befinden. In dem früheren Genehmigungsverfahren war der Antrag der Beigeladenen zwar auf ein pauschales Entgelt für alle innerörtlichen Verbindungslinien einschließlich derjenigen CFV, deren beiden Enden sich in demselben Anschlussbereich befinden, und damit auf eine Ausweitung der entgeltpflichtigen Leistungen gerichtet. Dies ändert jedoch nichts daran, dass bereits in dem ersten Antrag der Überlassung solcher CFV, deren beide Kundenstandorte sich in verschiedenen Anschlussbereichen eines Ortsnetzes befinden, als selbstständiger Leistung ein bestimmtes Entgelt zugeordnet war. Vor allem aber ist für die Bestimmung des Leistungsgegenstandes weder der Antrag noch die zu seiner Prüfung vorgelegte Kostenkalkulation maßgeblich, sondern der Inhalt der Genehmigung. Wie sich aus Nr. 3 des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 31. Oktober 2008, wonach für CFV, deren beiden Enden sich in demselben Anschlussbereich befinden, die Entgeltposition "Verbindungslinie" nicht erhoben werden darf, eindeutig ergibt, hat die Beklagte dem früheren Entgeltantrag der Beigeladenen in Bezug auf die Überlassung von Verbindungslinien im selben Ortsnetz jedoch nur insoweit stattgegeben, als sich beide Kundenstandorte in unterschiedlichen Anschlussbereichen befinden. An den derart durch die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 präzisierten Leistungsgegenstand knüpft die angefochtene Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 mit der Regelung einer neuen Gegenleistung an.

18

b) Der inhaltliche Widerspruch zwischen der angefochtenen Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 und der früheren Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 mit dem Beschluss vom 14. August 2009 "auf andere Weise erledigt" hätte.

19

Nach § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Da das Gesetz den Wirksamkeitsverlust des Verwaltungsakts bei den übrigen in § 43 Abs. 2 VwVfG genannten Varianten entweder - wie in den Fällen der Rücknahme, des Widerrufs oder der anderweitigen Aufhebung - an ein formalisiertes Handeln der Behörde oder - wie im Fall des Zeitablaufs - an einen eindeutig bestimmbaren Tatbestand knüpft, ist die Annahme einer Erledigung "auf andere Weise" im Sinne der letzten Variante der Vorschrift nur in eng begrenzten Ausnahmefällen gerechtfertigt. Insbesondere darf der Wirksamkeitsverlust des Verwaltungsakts grundsätzlich nicht von einer Entscheidung der Behörde abhängen, da anderenfalls die Aufhebungsvoraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG umgangen werden könnten. Eine zur Erledigung "auf andere Weise" führende Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 hat ihre Wirksamkeit weder durch Wegfall des Regelungsobjekts (aa) noch durch inhaltliche Überholung (bb), einseitigen Verzicht bzw. Antragsrücknahme verloren (cc) und ist insbesondere auch nicht aufgrund geänderter Sach- oder Rechtslage gegenstandslos geworden (dd).

20

aa) Die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 hat sich nicht durch den Wegfall des Regelungsobjekts auf andere Weise erledigt. Von einer derartigen Fallgestaltung ist etwa auszugehen bei betriebsbezogenen Geboten oder Erlaubnissen, wenn der Betrieb eingestellt wird, oder allgemein bei Genehmigungen bzw. Befreiungen, wenn die Genehmigungspflicht bzw. das gesetzliche Verbot, von dem freigestellt wird, wegfällt, ferner im Hinblick auf einen akzessorischen Verwaltungsakt, wenn der Hauptverwaltungsakt, auf den er sich bezieht, seine Wirksamkeit einbüßt (Urteil vom 17. August 2011 - BVerwG 6 C 9.10 - NVwZ 2012, 168 <173>, m.w.N.). Das Regelungsobjekt einer telekommunikationsrechtlichen Entgeltgenehmigung besteht aus einer bestimmten entgeltpflichtigen Leistung und dem hierfür als Gegenleistung erhobenen Entgelt. Dieser Regelungsgegenstand hat sich im Fall der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 weder durch den weiteren Entgeltantrag der Beigeladenen vom 23. Juni 2009 noch durch das Wirksamwerden der angefochtenen Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 geändert.

21

bb) Durch inhaltliche Überholung ist ebenfalls keine Erledigung der früheren Entgeltgenehmigung eingetreten. Ein Fall der inhaltlichen Überholung eines Verwaltungsakts liegt etwa vor, wenn nach einer vorläufigen später die endgültige Regelung ergeht (Urteil vom 25. März 2009 a.a.O.) oder wenn die Auslegung des Verwaltungsakts ergibt, dass es sich insgesamt um eine neue Sachentscheidung handelt (Urteil vom 22. Juni 2011 - BVerwG 6 C 3.10 - juris Rn. 13). Weder dem Tenor noch den Gründen des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 31. Oktober 2008 sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass dieser Entgeltgenehmigung nur eine begrenzte, unter dem Vorbehalt einer späteren endgültigen Entscheidung stehende Regelungswirkung zukommen sollte, wie sie für einen vorläufigen Verwaltungsakt kennzeichnend ist.

22

Gegenstand des angefochtenen Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 ist auch nicht eine insgesamt neue Sachentscheidung, durch die ein neuer Verfahrensgegenstand entstanden und die frühere Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 "überholt" worden ist. Insofern unterscheidet sich die vorliegende Fallkonstellation wesentlich von derjenigen, die der Entscheidung des Senats vom 22. Juni 2011 (BVerwG 6 C 3.10) zugrunde lag. In der dort angefochtenen Allgemeinverfügung über die Vergabe von Funkfrequenzen hatte die Bundesnetzagentur die Vergabe mittlerweile zusätzlich frei gewordener Frequenzen mit einem durch eine frühere Allgemeinverfügung angeordneten Vergabeverfahren verbunden. Durch diese Verbindung war in der Sache ein neues Regelungsobjekt entstanden. Eine vergleichbare Sachlage hätte im vorliegenden Fall allenfalls dann vorgelegen, wenn die neue Entgeltgenehmigung nicht nur punktuelle Änderungen der Entgelthöhe zum Gegenstand gehabt hätte, sondern z.B. die entgeltpflichtigen Leistungen im Bereich der Carrier-Festverbindungen völlig neu strukturiert hätte. Wie bereits ausgeführt, hat sich der Regelungsgegenstand der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 jedoch weder durch den weiteren Entgeltantrag der Beigeladenen vom 23. Juni 2009 noch durch das Wirksamwerden der angefochtenen Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 geändert.

23

cc) Die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 hat ihre Wirksamkeit ferner nicht durch einseitigen Verzicht oder Antragsrücknahme verloren. Unabhängig davon, in welchen Fällen und unter welchen weiteren Voraussetzungen der einseitige Verzicht des Begünstigten auf eine ihm erteilte Genehmigung oder die Rücknahme eines Antrags vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Genehmigung allgemein zu deren Erledigung auf andere Weise führen kann, ist dies offensichtlich dann ausgeschlossen, wenn der Verwaltungsakt privatrechtsgestaltende Wirkung hat oder dem Begünstigten aus anderen Gründen die Dispositionsbefugnis fehlt. So aber verhält es sich bei der telekommunikationsrechtlichen Entgeltgenehmigung, die in bestehenden Verträgen die Ersetzung des vereinbarten durch das genehmigte Entgelt bewirkt (§ 37 Abs. 2 TKG). Aus der Möglichkeit der Einleitung eines Verfahrens von Amts wegen, die § 31 Abs. 6 Satz 2 TKG in der hier noch anwendbaren, bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 3. Mai 2012 (BGBl I S. 958) geltenden Fassung (TKG a.F.; vgl. nunmehr § 31 Abs. 4 Satz 2 TKG n.F.) der Bundesnetzagentur unter bestimmten Voraussetzungen eröffnet, ergibt sich zudem, dass der Antrag des regulierten Unternehmens keine unabdingbare Voraussetzung für den Erlass der Entgeltgenehmigung ist.

24

dd) Die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 ist schließlich auch nicht aufgrund geänderter Sach- oder Rechtslage gegenstandslos geworden.

25

Dass eine nachträgliche Änderung der für den Erlass des Verwaltungsakts maßgeblichen Sach- oder Rechtslage die Wirksamkeit des Verwaltungsakts grundsätzlich unberührt lässt, folgt aus der der Vorschrift des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG zugrunde liegenden Wertung. Hat danach die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat, können geänderte Umstände nur dann unmittelbar zum Wirksamkeitsverlust des Verwaltungsakts führen, wenn sie ihn ausnahmsweise gegenstandslos machen. Ob von einer derartigen Gegenstandslosigkeit auszugehen ist, hängt davon ab, ob der Verwaltungsakt nach seinem Inhalt und Zweck und gegebenenfalls im Zusammenhang mit den Vorschriften, auf denen er beruht, Geltung auch gerade für den Fall der veränderten Umstände beansprucht oder nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 43 Rn. 42 f.). Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ergibt sich weder aus Systematik und Normzweck der besonderen Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes über die Entgeltregulierung noch aus verfassungs- oder unionsrechtlichen Gründen, dass es sich bei dem vom regulierten Unternehmen beantragten Erlass einer neuen Entgeltgenehmigung vor Ablauf der Geltungsdauer einer nach § 35 Abs. 4 TKG befristeten Entgeltgenehmigung um eine Änderung der maßgeblichen Umstände handelt, die zur Gegenstandslosigkeit der früheren Entgeltgenehmigung führt.

26

(1) Der Überlegung der Beigeladenen, Entgeltantrag und Entgeltgenehmigung seien verfahrensmäßig und inhaltlich so eng aufeinander bezogen, dass mit der Stellung eines neuen Entgeltantrags mit neuen Kostenunterlagen bzw. einer neuen Kostenallokation eine Änderung der maßgeblichen Umstände eintrete, so dass die neue Entgeltgenehmigung eine bloße Neuregelung darstelle, die ohne eine Aufhebung der vorherigen Entgeltgenehmigung ergehen könne, vermag der Senat nicht zu folgen. Die Antragsbezogenheit einer Genehmigung stellt keine Besonderheit der telekommunikationsrechtlichen Entgeltregulierung dar; vielmehr entspricht es der Regel, dass begünstigende Verwaltungsakte nur auf Antrag und innerhalb der Grenzen des jeweiligen Antrags erlassen werden. Hinzu kommt, dass gerade die Antragsbezogenheit der telekommunikationsrechtlichen Entgeltgenehmigung durch die gesetzliche Ausgestaltung im Vergleich zu anderen Genehmigungsverfahren sogar deutlich gelockert ist und Elemente eines Offizialverfahrens aufweist. Zwar ergibt sich insbesondere aus § 33 Abs. 1 TKG a.F. (vgl. nunmehr § 34 Abs. 1 TKG n.F.), wonach das beantragende Unternehmen mit einem Entgeltantrag nach § 31 Abs. 5 und 6 TKG a.F. (nunmehr § 31 Abs. 3 und 4 TKG n.F.) die zur Prüfung des Antrags erforderlichen Kostenunterlagen vorzulegen hat, dass das Entgeltgenehmigungsverfahren grundsätzlich auf Antrag des entgeltberechtigten Unternehmens eingeleitet wird (vgl. Urteile vom 25. November 2009 - BVerwG 6 C 34.08 - Buchholz 442.066 § 31 TKG Nr. 1, juris Rn. 17 und vom 24. Juni 2009 - BVerwG 6 C 19.08 - Buchholz 442.066 § 35 TKG Nr. 3, juris Rn. 14). Der Antrag des regulierten Unternehmens ist jedoch keine im Sinne des § 22 Satz 2 Nr. 2 VwVfG gesetzlich notwendige Verfahrensvoraussetzung der Entgeltgenehmigung. Dies folgt aus der bereits erwähnten Vorschrift des § 31 Abs. 6 TKG a.F. (§ 31 Abs. 4 TKG n.F.), wonach die Bundesnetzagentur zur Stellung von Entgeltgenehmigungsanträgen auffordern kann (Satz 1) und ein Verfahren von Amts wegen einleitet, wenn der Aufforderung nicht innerhalb eines Monats nach Zugang Folge geleistet wird (Satz 2).

27

Auch inhaltlich besteht die von der Beigeladenen postulierte unlösbar enge Verbindung zwischen Entgeltantrag und -genehmigung nicht. Zwar bildet nach der Rechtsprechung des Senats der Entgeltantrag, der sich auf eine konkrete Leistung bezieht, den Rahmen für die Genehmigung, die die Identität des dem Antrag zugrunde liegenden Leistungsbegriffes zu wahren hat; denn das Antragsprinzip soll dem regulierten Unternehmen soweit wie möglich Einfluss auf die Entscheidung über die Höhe der genehmigten Entgelte erhalten (vgl. Urteile vom 25. November 2009 a.a.O. und vom 24. Juni 2009 a.a.O. Rn. 14 f.). Diese "rahmensetzende" Funktion des Entgeltantrags wird jedoch dadurch relativiert, dass die Bundesnetzagentur neben den mit dem Entgeltantrag nach § 33 Abs. 1 TKG a.F. (jetzt § 34 Abs. 1 TKG n.F.) vorzulegenden Kostenunterlagen zur Prüfung der Entgelte am Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG u.a. auch eine von der Kostenberechnung des Unternehmens unabhängige Kostenrechnung anstellen und hierfür Kostenmodelle heranziehen kann. Ferner hat der Senat bereits früher klargestellt, dass das Antragsprinzip keine Aussage über die Frage der strukturellen Entgeltbildung trifft (vgl. Urteil vom 25. November 2009 a.a.O.).

28

(2) Der Regelung des § 35 Abs. 4 TKG, wonach die Bundesnetzagentur die Genehmigung mit einer Befristung versehen soll, sind ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Entgeltgenehmigung durch die Entscheidung über einen vor Ablauf der Frist gestellten neuen Entgeltantrag gegenstandslos wird.

29

Der Hinweis der Beigeladenen, dass die Befristung gemäß § 35 Abs. 4 TKG nur zu einerHöchstgeltungsdauer der Genehmigung führe, übergeht den rechtlichen Bedeutungsgehalt, der einer Befristung nach allgemeinem Verwaltungsrecht zukommt. Nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG handelt es sich dabei um eine Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt. Regelt die Befristung damit den zeitlichen Geltungsbereich eines Verwaltungsakts (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 36 Rn. 70 f.), kann nicht nur die Verlängerung, sondern grundsätzlich auch eine nachträgliche Verkürzung einer Frist nur zulässig sein, wenn sie durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist oder wenn die Voraussetzungen für eine Rücknahme oder einen Widerruf des Verwaltungsakts gegeben sind (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 36 Rn. 18; Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2010, § 36 Rn. 7). Vor dem Hintergrund des Bedeutungsgehalts einer Befristung nach allgemeinem Verwaltungsrecht bedurfte es im Telekommunikationsgesetz keiner ausdrücklichen Regelung, dass während des Laufs einer Frist eine neue Genehmigung auf der Grundlage eines neuen Antrags nur unter den Voraussetzungen der §§ 48 f. VwVfG rechtmäßig erteilt werden kann. Vielmehr wäre umgekehrt die Annahme, dass während des Laufs einer Frist die Erteilung einer neuen Genehmigung auf der Grundlage eines neuen Antrags uneingeschränkt zulässig ist, nur gerechtfertigt, wenn sich dies dem Gesetz hinreichend klar entnehmen ließe. Dies ist in Bezug auf die Regelung des § 35 Abs. 4 TKG nicht der Fall. Dass § 35 Abs. 4 TKG die Befristung als Soll-Regelung ausgestaltet, ohne Vorgaben zur Dauer der Genehmigungsfrist zu machen, steht nicht in einem normativen Widerspruch zu der Annahme, dass die Genehmigung höherer Entgelte während des Laufs der Befristung der Vorgängergenehmigung nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG zulässig ist. Der von der Beigeladenen in diesem Zusammenhang verwandte Begriff der "materiellen Präklusion" ist im Ansatz verfehlt, weil die Befristung nicht zum Verlust einer Rechtsposition des regulierten Unternehmens führt, sondern nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht nur zu einer zeitlich begrenzten Bindung an die Vorgängergenehmigung, die zudem nicht absolut ist, sondern unter den Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG gelöst werden kann.

30

Dass ein neuer Entgeltantrag während des Laufs der Genehmigungsfrist einer früheren Entgeltgenehmigung zu deren Gegenstandslosigkeit - mit der Folge der Erledigung auf andere Weise im Sinne des § 43 Abs. 2 VwVfG - führt, wird entgegen der Auffassung der Beigeladenen auch nicht durch Sinn und Zweck der Befristungsregelung des § 35 Abs. 4 TKG gefordert. Worin dieser Zweck besteht, ist den Gesetzesmaterialien nur ansatzweise zu entnehmen. In der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung wird das Befristungsgebot nicht einmal erwähnt, sondern zu der - damals noch als § 33 bezeichneten - Vorschrift lediglich allgemein ausgeführt, dass im Rahmen einer Genehmigung nach Absatz 4 der Vorschrift - zur Sicherstellung der Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 - auch Nebenbestimmungen im Rahmen der allgemeinen Gesetze, insbesondere des Verwaltungsverfahrensgesetzes beigefügt werden können (vgl. BTDrucks 15/2316 S. 69). Aufschlussreicher ist die Begründung des Entwurfs der später als § 28 Abs. 3 TKG 1996 in Kraft getretenen, mit § 35 Abs. 4 TKG weitgehend inhaltsgleichen Vorgängervorschrift ("Die Regulierungsbehörde soll die Genehmigung mit einer Befristung nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes versehen"). Danach trägt die Aufforderung an die Regulierungsbehörde, Preisgenehmigungen zu befristen, der Dynamik auf dem Telekommunikationsmarkt Rechnung. Es sei einerseits zu erwarten, dass - zumindest in der Anfangsphase nach Marktöffnung - genehmigte Preise relativ rasch von der Marktentwicklung überholt würden. Andererseits solle die Möglichkeit offen gehalten werden, Tarife marktbeherrschender Anbieter in Marktsegmenten periodisch zu überprüfen, in denen sie eine besondere Marktstellung innehaben und deshalb die Preise höher halten können, als es bei Wettbewerb möglich wäre (vgl. die Begründung zu § 27 Abs. 2 des Entwurfs eines Telekommunikationsgesetzes, BTDrucks 13/3609 S. 44). Hieran anknüpfend wird der Zweck der Befristung der Genehmigung nach § 35 Abs. 4 TKG nach allgemeiner Ansicht in dem Umstand gesehen, dass durch zunehmende Produktivität von Telekommunikationsunternehmen und allgemeinen Wettbewerbsdruck die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung im Zeitablauf tendenziell sinken können und das in der Vergangenheit genehmigte Entgelt daher nicht mehr den aktuellen Kosten entspricht (vgl. Mayen/Lünenburger, in: Scheuerle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2008, § 35 Rn. 76; Schuster/Ruhle, in: Beck'scher TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2006, § 35 Rn. 61; Groebel/Seifert, in: Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2009, § 35 Rn. 56). Soll durch die Befristung und die hierdurch ermöglichte periodische Prüfung demnach in erster Linie verhindert werden, dass das regulierte Unternehmen die sich aufgrund der technologischen und ökonomischen Entwicklung ergebenden Kostensenkungen abschöpft, anstatt sie zeitnah an die Kunden weiterzugeben, liegt die Annahme fern, dass gerade dieser Gesetzeszweck es erfordere, dem regulierten Unternehmen die voraussetzungslose Möglichkeit einzuräumen, sich vor Ablauf der Frist von der Entgeltgenehmigung zu lösen, um höhere Entgelte durchzusetzen.

31

(3) Die Annahme, eine telekommunikationsrechtliche Entgeltgenehmigung werde durch die Entscheidung über einen vor Ablauf der Frist gestellten neuen Entgeltantrag ohne Weiteres gegenstandslos und bedürfe deshalb keiner Aufhebung nach den §§ 48, 49 VwVfG, lässt sich auch nicht auf Sinn und Zweck der Entgeltregulierung stützen. Dabei kann dahinstehen, ob die Beigeladene zu Recht geltend macht, es liefe den Regulierungszielen eines chancengleichen Wettbewerbs (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG a.F.; vgl. jetzt § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 TKG n.F.) und der Förderung effizienter Infrastrukturinvestitionen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 TKG a.F.; vgl. nunmehr den entsprechenden "Regulierungsgrundsatz" in § 2 Abs. 3 Nr. 4 TKG n.F.) zuwider, wenn Bezieher einer Vorleistung - wie z.B. von CFV - diese bis zum Ende der in einer früheren Entgeltgenehmigung vorgesehenen Genehmigungsfrist zu einem materiell erheblich zu niedrigen Preis beziehen und damit Kostenvorteile zum Nachteil des regulierten Unternehmens erlangen könnten, obwohl dieses die materielle Berechtigung höherer Entgelte nachgewiesen habe. Denn nach allgemeinem Verwaltungsrecht führen weder der Wegfall der Erlassvoraussetzungen noch das Verfehlen des gesetzlichen Regelungszwecks unmittelbar zum Wirksamkeitsverlust eines Verwaltungsakts. Wie gerade die detaillierten Aufhebungsvorschriften der §§ 48 ff. VwVfG zeigen, hat sich der Gesetzgeber nicht für einen generellen Vorrang des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit vor dem Grundsatz der Rechtssicherheit entschieden, sondern beiden aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grundsätzen dadurch Rechnung getragen, dass er eine Entscheidung der Behörde im jeweiligen Einzelfall vorsieht. Weshalb Sinn und Zweck der telekommunikationsrechtlichen Entgeltregulierung abweichend von den verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen ausnahmsweise die Unbeachtlichkeit des Grundsatzes der Rechtssicherheit gebieten sollten mit der Folge, dass eine behördliche Aufhebungsentscheidung entbehrlich wäre, ist nicht ersichtlich.

32

(4) Dass die Genehmigung höherer Entgelte während des Laufs der Befristung der Vorgängergenehmigung grundsätzlich nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG zulässig ist, steht nicht in einem Wertungswiderspruch zu dem besonderen Fall einer Versagung der Genehmigung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG. Zwar ist nicht zweifelhaft, dass das betroffene Unternehmen jederzeit ohne Bindung an die Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG einen neuen Entgeltantrag stellen kann, wenn die Bundesnetzagentur die Genehmigung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG mangels vollständiger Vorlage der in § 33 TKG a.F. (bzw. § 34 TKG n.F.) genannten Unterlagen versagt hat. Dies folgt jedoch aus der Natur der Sache; denn wenn die Bundesnetzagentur gar keine inhaltliche Regelung getroffen hat, zu der eine neue Regelung in Widerspruch treten könnte, bedarf es offensichtlich auch nicht deren Aufhebung.

33

(5) Der Regelung des § 31 Abs. 5 Satz 2 TKG a.F. (nunmehr § 31 Abs. 3 Satz 2 TKG n.F.), wonach bei befristet erteilten Genehmigungen die Vorlage der erforderlichen Unterlagen mindestens zehn Wochen vor Fristablauf zu erfolgen hat, kann ebenfalls kein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, dass die frühere Entgeltgenehmigung in Folge der Entscheidung der Regulierungsbehörde über einen vor Ablauf der Frist gestellten neuen Entgeltantrag gegenstandslos wird. Wie sich aus dem Wort "mindestens" ergibt, schließt die Vorschrift zwar eine frühere Antragstellung offensichtlich nicht aus. Über die Folgen eines solchen Antrags für die Wirksamkeit der bestehenden Entgeltgenehmigung besagt die Regelung indes nichts. Auch aus dem Zusammenhang mit der Regelung des § 31 Abs. 6 Satz 3 TKG a.F. (vgl. jetzt § 31 Abs. 4 Satz 3 TKG n.F.), wonach die Bundesnetzagentur über Entgeltgenehmigungsanträge innerhalb von zehn Wochen zu entscheiden hat, ergeben sich keine zusätzlichen Erkenntnisse. Durch die Angleichung der Frist für die Vorlage von Antragsunterlagen und der Frist für eine Entscheidung der Regulierungsbehörde soll erkennbar sichergestellt werden, dass bis zum Ablauf der Geltungsdauer einer früher erteilten befristeten Entgeltgenehmigung die neue Überprüfung abgeschlossen ist (vgl. Gramlich, in: Heun, Handbuch Telekommunikationsrecht, 2. Aufl. 2007, Teil I Rn. 85) und die neue Genehmigung unmittelbar mit dem Tag der Erteilung an die zuvor erteilte befristete alte Genehmigung anschließt, ohne dass es einer Rückwirkung gemäß § 35 Abs. 5 Satz 1 TKG bedarf (vgl. Hölscher/Lünenburger, in: Scheuerle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2008, § 31 Rn. 76). Besteht der Zweck der Frist zur Vorlage der Entgeltunterlagen in § 31 Abs. 5 Satz 2 TKG a.F. in Verbindung mit der Genehmigungsfrist des § 31 Abs. 6 Satz 3 TKG a.F. demnach darin, dass keine Genehmigungslücke entsteht, können hieraus für die vorliegende Fragestellung keine Rückschlüsse gezogen werden.

34

(6) Verfassungsrechtliche Gründe stützen ebenfalls nicht die Auffassung der Beigeladenen, dass eine befristete Entgeltgenehmigung durch die Entscheidung über einen vor Ablauf der Frist gestellten neuen Entgeltantrag ohne Weiteres gegenstandslos wird. Zwar greift die sich aus einer entsprechenden Regulierungsentscheidung der Bundesnetzagentur auf der Grundlage des § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG ergebende Entgeltgenehmigungspflicht in Verbindung mit dem in § 37 Abs. 1 TKG geregelten Verbot, andere als die von der Bundesnetzagentur genehmigten Entgelte zu verlangen, in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Beigeladenen ein; denn das Grundrecht auf freie Berufsausübung schließt die Freiheit ein, das Entgelt für berufliche Leistungen mit dem Interessenten auszuhandeln (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2011 - 1 BvR 1932/08 - DVBl 2012, 230 <233>; BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2003 - BVerwG 6 C 17.02 - BVerwGE 118, 226 <238>). Dass die Genehmigung höherer Entgelte während des Laufs der Befristung der Vorgängergenehmigung grundsätzlich nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG zulässig ist, findet seine Rechtfertigung indes in dem öffentlichen Interesse an Rechtssicherheit, dem die verwaltungsverfahrensrechtlichen Aufhebungsvorschriften in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise Rechnung tragen. Die Berührung des Schutzbereichs eines Grundrechts kann zwar im Einzelfall zu einer höheren Gewichtung des Aufhebungsinteresses des betroffenen Grundrechtsträgers im Rahmen einer nach den §§ 48 ff. VwVfG zu treffenden Ermessensentscheidung führen, macht diese Entscheidung selbst jedoch nicht verzichtbar. Im Bereich der Regulierung der Telekommunikationsmärkte nach dem 2. Teil des Telekommunikationsgesetzes besteht insoweit keine Sondersituation im Vergleich zu anderen Gebieten des besonderen Verwaltungsrechts.

35

(7) Die von der Beigeladenen genannten unionsrechtlichen Vorschriften enthalten weder ausdrücklich noch sinngemäß ein an den nationalen Gesetzgeber gerichtetes Verbot, einer Entgeltgenehmigung innerhalb des Befristungszeitraums Bindungswirkung beizulegen und die Erteilung einer neuen Entgeltgenehmigung an die Voraussetzungen von Rücknahmegründen gemäß § 48 VwVfG oder von Widerrufsgründen gemäß § 49 VwVfG zu knüpfen.

36

Art. 13 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung - Zugangsrichtlinie - (ABl EG Nr. L 108 S. 7) in der zum hier maßgeblichen Zeitpunkt noch anwendbaren Fassung, wonach es einem Betreiber, der dazu verpflichtet wurde, seine Preise an den Kosten zu orientieren, obliege, gegebenenfalls nachzuweisen, dass die Preise sich aus den Kosten sowie einer angemessenen Investitionsrendite errechnen, regelt keine Rechte, sondern ausschließlich Pflichten des Betreibers im Interesse der Preiskontrolle. Art. 13 Abs. 1 Satz 2 der genannten Richtlinie, dem zufolge die nationalen Regulierungsbehörden den Investitionen des Betreibers Rechnung tragen und ihm eine angemessene Rendite für das entsprechend eingesetzte Kapital ermöglichen, wobei die damit verbundenen Risiken zu berücksichtigen sind, betrifft nicht den Ablauf des Genehmigungsverfahrens, sondern enthält lediglich inhaltliche Vorgaben zur Bestimmung der in Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie genannten kostenorientierten Preise. Nichts anderes ergibt sich auch aus Art. 8 der Richtlinie. Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die nationalen Regulierungsbehörden befugt sind, die in den Artikeln 9 bis 13 genannten Verpflichtungen aufzuerlegen (Abs. 1); bei Betreibern mit beträchtlicher Marktmacht sind die in den Artikeln 9 bis 13 genannten Verpflichtungen im erforderlichen Umfang (zwingend) aufzulegen (Abs. 2). Die Worte "im erforderlichen Umfang" enthalten zwar eine materielle Beschränkung der Eingriffsintensität der Regulierungsmaßnahmen, treffen jedoch keine Aussage über die anzuwendenden Verfahrensvorschriften. Insoweit bleibt es daher bei dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, Urteile vom 19. September 2006 - Rs. C-392/04, C-422/04, i-21 Germany und Arcor - Slg. 2006, I-8559 Rn. 57, vom 7. Januar 2004 - Rs. C-201/02, Wells - Slg. 2004, I-723 Rn. 67 = NVwZ 2004, 593 <597> und vom 30. Juni 2011 - Rs. C-262/09 - juris Rn. 55) entwickelten Grundsatz, dass mangels einer einschlägigen Unionsregelung die Verfahrensmodalitäten, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats sind; sie dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzprinzip), und die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsprinzip). Weder das Äquivalenz- noch das Effektivitätsprinzip sind im vorliegenden Fall berührt. Eine unterschiedliche Behandlung innerstaatlich und unionsrechtlich geregelter Sachverhalte wird von der Beigeladenen nicht geltend gemacht und ist auch nicht erkennbar. Anhaltspunkte dafür, dass die grundsätzliche Bindungswirkung einer Entgeltgenehmigung innerhalb des Befristungszeitraums die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren könnte, liegen ebenfalls nicht vor; denn erstens folgt der Entgeltgenehmigungsanspruch des regulierten Unternehmens nicht aus dem Unionsrecht, sondern aus dem nationalen Recht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 TKG bzw. Art. 12 Abs. 1 GG), und zweitens führt die Anwendung der §§ 48, 49 VwVfG nicht schon für sich genommen zu einer "übermäßigen Erschwerung" des Entgeltgenehmigungsanspruchs, da den Rechten des betroffenen Unternehmens im Rahmen der Anwendung dieser Vorschriften ausreichend Rechnung getragen werden kann.

37

c) Hat sich die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 demnach nicht mit dem Wirksamwerden des Beschlusses vom 14. August 2009 auf andere Weise erledigt, hätte die Beklagte den Widerspruch zwischen beiden Entgeltgenehmigungen nur durch eine rechtmäßige Rücknahme der früheren Entgeltgenehmigung gemäß § 48 VwVfG bzw. ihren rechtmäßigen Widerruf gemäß § 49 VwVfG verhindern können. Dass es hieran fehlt, hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis ohne Verstoß gegen revisibles Recht angenommen. Zwar ist davon auszugehen, dass die Beklagte den entgegenstehenden Teil der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 durch den Erlass der neuen Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 konkludent aufgehoben hat (aa). Bei Anwendung der Regeln über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte hat die Bundesnetzagentur jedoch weder ihr Rücknahmeermessen ausgeübt, noch liegt ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null vor (bb). Erst recht gilt dies, wenn die Vorschriften über den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts anzuwenden wären, in Bezug auf das Widerrufsermessen (cc).

38

aa) Zwar hat die Beklagte weder die Rücknahme noch den Widerruf der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 ausdrücklich erklärt. Sie hat diesen Verwaltungsakt jedoch mit dem Erlass der neuen Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 teilweise - soweit deren Regelungsgehalt reicht - konkludent aufgehoben.

39

Ob von einer konkludenten Aufhebung immer schon dann auszugehen ist, wenn der neue Verwaltungsakt in Widerspruch zu einem früheren rechtswidrigen Verwaltungsakt ergeht und insoweit hinsichtlich des Regelungsgegenstands jedenfalls eine andere Regelung trifft, ohne den früheren Verwaltungsakt ausdrücklich abzuändern (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 48 Rn. 29), bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung. Denn dass im vorliegenden Fall eine konkludente Teilrücknahme bzw. ein Teilwiderruf der Vorgängergenehmigung erfolgt ist, ergibt die Auslegung des angefochtenen Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009. Da das Verwaltungsgericht den Inhalt des Verwaltungsakts unter diesem Gesichtspunkt nicht ermittelt hat, kann der Senat diese Auslegung auf der Grundlage des aktenkundigen Wortlauts selbst vornehmen, ohne insoweit an tatsächliche Feststellungen gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden zu sein. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts entsprechend den zu den §§ 133, 157 BGB entwickelten Regeln zu ermitteln und dabei der objektiv erklärte Wille maßgebend ist, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 <160>). Es ist deshalb anerkannt, dass die Rücknahme auch konkludent erfolgen kann, wenn dies hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt (Urteil vom 26. Juli 2006 - BVerwG 6 C 20.05 - BVerwGE 126, 254 <276>). Für den Widerruf kann insoweit nichts anderes gelten.

40

Aus der maßgeblichen Sicht des Empfängerhorizontes kam in den in dem angefochtenen Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 getroffenen Regelungen unter den hier vorliegenden Umständen bei verständiger Würdigung zum Ausdruck, dass der Vorgängergenehmigung vom 31. Oktober 2008 nach dem Willen der Regulierungsbehörde keine Wirksamkeit mehr zukommen sollte, soweit deren Regelungen dem Beschluss vom 14. August 2009 widersprachen. Einer ausdrücklichen Aufhebungsentscheidung bedurfte es nach dem aus der Begründung des angefochtenen Verwaltungsakts ersichtlichen Ansatz der Behörde nur deshalb nicht, weil sie von der mangelnden Identität der Regelungsgegenstände beider Entgeltgenehmigungen ausging. Dass dies auf einer rechtlichen Fehleinschätzung beruhte, steht der Annahme einer konkludenten Aufhebung nicht entgegen. Vielmehr kommt gerade in der genannten Passage unzweideutig zum Ausdruck, dass der Regelungswille der Bundesnetzagentur darauf gerichtet war, dass mit Wirksamwerden der Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 in Bezug auf die darin erfassten Leistungen ausschließlich die neuen Entgelte als "genehmigte Entgelte" im Sinne des § 37 TKG gelten sollen.

41

bb) Die konkludente Aufhebung der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 erfüllte jedoch nicht die Voraussetzungen einer rechtmäßigen Rücknahme nach § 48 VwVfG.

42

(1) Ob die Aufhebung der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 nach den für die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts oder den für den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts geltenden Regeln (§ 48 bzw. § 49 VwVfG) zu erfolgen hätte, hat das Verwaltungsgericht offen gelassen. Dies ist aus revisionsgerichtlicher Sicht im Ergebnis nicht zu beanstanden, da die Frage letztlich nicht entscheidungserheblich ist.

43

Für das Merkmal der Rechtswidrigkeit im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Verwaltungsakt, um dessen Rücknahme es geht, zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war (Beschluss vom 7. Juli 2004 - BVerwG 6 C 24.03 - BVerwGE 121, 226 <229> m.w.N.). Im Fall der Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur vom 31. Oktober 2008 lässt sich dies nicht abschließend beurteilen, da es bislang an den für eine Sachentscheidung erforderlichen Tatsachenfeststellungen fehlt. Der Senat hat deshalb erwogen, ob sich die Aufhebung der Entgeltgenehmigung hier unabhängig von der im Zeitpunkt ihres Erlasses bestehenden Sach- und Rechtslage deshalb nach den Regeln über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte in § 48 VwVfG richtet, weil die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 als Dauerverwaltungsakt mit dem Erlass des Beschlusses vom 14. August 2009 möglicherweise nachträglich rechtswidrig geworden ist. Bei einer telekommunikationsrechtlichen Entgeltgenehmigung handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; denn ihre rechtliche Bedeutung liegt nicht nur darin, dass das genehmigte Entgelt mit privatrechtsgestaltender Wirkung an die Stelle des vereinbarten Entgelts tritt (§ 37 Abs. 2 TKG), sondern zugleich auch darin, dass das regulierte Unternehmen bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Entgeltgenehmigung nach § 37 Abs. 1 TKG daran gehindert ist, andere als die von der Bundesnetzagentur genehmigten Entgelte für die erfassten Zugangsleistungen zu verlangen. Damit enthält die Entgeltgenehmigung eine Regelung, die sich nicht in der einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern auf unbestimmte Dauer angelegt ist und sich ständig aktualisiert (vgl. Urteil vom 5. August 1965 - BVerwG 1 C 69.62 - BVerwGE 22, 16 <22 f.>).

44

Schwieriger zu beantworten ist hingegen die Frage, ob hier ein Fall nachträglichen Rechtswidrigwerdens eines Verwaltungsakts vorliegt. Ein ursprünglich rechtmäßiger Verwaltungsakt mit Dauerwirkung wird nachträglich rechtswidrig, wenn die Voraussetzungen für seinen Erlass im maßgeblichen Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung infolge einer Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht mehr vorliegen. Zwar dürfte der Erlass eines Verwaltungsakts mit dem Inhalt des Beschlusses vom 31. Oktober 2008 im Zeitpunkt des Erlasses der Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 nicht mehr rechtmäßig gewesen sein, nachdem die Bundesnetzagentur aufgrund der nach § 35 Abs. 2 Satz 1 TKG durchgeführten Prüfung festgestellt hatte, dass die nunmehr beantragten Entgelte den Anforderungen der §§ 28 und 31 TKG a.F. (jetzt: §§ 28 und 31 Abs. 1 Satz 2 TKG n.F.) entsprachen. Der nunmehr entstandene Anspruch der Beigeladenen gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 TKG auf Genehmigung der beantragten höheren Entgelte beruhte jedoch ausschließlich darauf, dass die Beigeladene unter dem 23. Juni 2009 einen neuen Entgeltantrag mit vollständigen Kostenunterlagen gestellt und damit die Änderung des für die Beurteilung erheblichen Sachverhalts selbst herbeigeführt hatte. Ob auch bei einer derartigen Fallgestaltung die zur Anwendbarkeit der Regeln über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte (§ 48 VwVfG) führende Annahme eines nachträglichen Rechtswidrigwerdens und damit einer gegenüber den Vorschriften über den Widerruf rechtmäßiger Verwaltungsakte (§ 49 VwVfG) geringeren Gewichtung des Bestandsinteresses gerechtfertigt ist, erscheint dem Senat fraglich.

45

(2) Wird trotz der dargelegten Bedenken unterstellt, dass auf die mit der Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 konkludent erklärte Teilaufhebung der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 die Regeln über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts anzuwenden sind, unterliegt diese nicht den für die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte geltenden Einschränkungen der § 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 bis 4 VwVfG, sondern steht nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Bundesnetzagentur.

46

Nach der Legaldefinition in § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG ist ein begünstigender Verwaltungsakt ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 um einen begünstigenden Verwaltungsakt im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG handele; denn sie begründe gegenüber der Klägerin auch einen von der belastenden Entgeltzahlungspflicht nicht zu trennenden, rechtlich erheblichen Vorteil, der darin zu sehen sei, dass die Anträge "im Übrigen abgelehnt" worden seien, was gemäß § 37 Abs. 1 TKG u.a. das Verlangen höherer Ortsnetzpauschalen ausschließe. Diese Begründung ist rechtsfehlerhaft, weil nicht die Klägerin, sondern die Beigeladene Adressatin der Entgeltgenehmigung ist. Zwar treten begünstigende und belastende Wirkungen einer telekommunikationsrechtlichen Entgeltgenehmigung jeweils bei einem anderen Beteiligten eines mehrpoligen Verwaltungsrechtsverhältnisses ein. Ob es sich bei derartigen Verwaltungsakten mit Dritt- bzw. Doppelwirkung um begünstigende oder belastende Verwaltungsakte handelt, ist jedoch nach zutreffender Ansicht allein nach der Wirkung beim Adressaten zu beurteilen (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 48 Rn. 122; Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 24 Rn. 12). Für den Fall eines begünstigenden Verwaltungsakts mit belastender Drittwirkung folgt dies daraus, dass die Regelung des § 50 VwVfG, der zufolge § 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4 VwVfG nicht gelten, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt infolge eines Drittwiderspruchs oder einer Drittanfechtungsklage aufgehoben wird, anderenfalls keinen Anwendungsbereich hätte. Beim belastenden Verwaltungsakt mit begünstigender Drittwirkung wäre die Anwendung der für begünstigende Verwaltungsakte geltenden § 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4 VwVfG offensichtlich nicht interessengerecht, da dadurch lediglich dem Bestandsinteresse des Dritten, nicht aber - wie bei der im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu treffenden Ermessensentscheidung - auch dem Aufhebungsinteresse des Adressaten angemessen Rechnung getragen werden könnte.

47

Ist danach nicht auf die Sicht der Klägerin als Drittbetroffener, sondern der Beigeladenen als Adressatin abzustellen, handelt es sich bei der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 - isoliert betrachtet - um einen Verwaltungsakt mit sowohl belastender als auch begünstigender Wirkung. Begünstigend wirkt sich die Genehmigung aus, weil sie Voraussetzung dafür ist, dass für die von ihr erfassten Leistungen überhaupt Entgelte erhoben werden dürfen. Belastende Wirkung kommt der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 für die Beigeladene als Adressatin jedenfalls insoweit zu, als die Anträge "im Übrigen abgelehnt" wurden und die von der Bundesnetzagentur genehmigten Entgelte hinter den beantragten Entgelten zurückbleiben. Zwar sind derartige Verwaltungsakte mit Mischwirkung nach allgemeiner Ansicht insgesamt als begünstigend zu behandeln und den strengeren Rücknahmevoraussetzungen der § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG zu unterstellen, sofern sich begünstigende und belastende Elemente nicht voneinander trennen lassen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 48 Rn. 72; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 48 Rn. 120; Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 24 Rn. 13; Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2010, § 48 Rn. 9). Dies ist jedoch nur bei einer ersatzlosen Aufhebung des Verwaltungsakts interessengerecht, nicht hingegen in dem als Teilaufhebung zu behandelnden Fall einer Änderung des Verwaltungsakts. In einem derartigen Fall kommt es vom Interessenstandpunkt des Betroffenen aus nicht darauf an, ob der zu ändernde Verwaltungsakt begünstigend oder belastend ist, sondern darauf, ob die Änderung begünstigend oder belastend wirkt. Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in einer für den Bürger vorteilhaften Weise geändert, ist die zugunsten des Bürgers wirkende Änderung daher nach den Regeln über die Rücknahme und den Widerruf belastender Verwaltungsakte zu beurteilen (vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 11 Rn. 15). Denn für die Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes, dem die in § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG geregelten Einschränkungen des in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG aufgestellten Grundsatzes der freien Rücknehmbarkeit von Verwaltungsakten in erster Linie Rechnung tragen sollen (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 48 Rn. 112), besteht in diesen Fällen aus der maßgeblichen Sicht des Adressaten des Verwaltungsakts von vornherein kein Raum.

48

Da die mit dem Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 genehmigten Entgelte im Wesentlichen über den im Vorgängerbeschluss vom 31. Oktober 2008 genehmigten Tarifen liegen und sich die Änderung demnach für die Beigeladene als Adressatin des Verwaltungsakts vorteilhaft auswirkt, unterliegt die Teilaufhebung der früheren Entgeltgenehmigung im hier unterstellten Fall ihrer nachträglichen Rechtswidrigkeit demnach nicht den für die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte geltenden Einschränkungen der § 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 bis 4 VwVfG, sondern steht wie bei der Rücknahme belastender Verwaltungsakte gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Bundesnetzagentur.

49

(3) Das ihr bei der Entscheidung über die Teilrücknahme der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 als einen - hier unterstellt - rechtswidrigen belastenden Verwaltungsakt nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zustehende Ermessen hat die Bundesnetzagentur bei Erlass des Beschlusses vom 14. August 2009 nicht ausgeübt. Zwar greift es zu kurz, wenn das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang lediglich darauf abstellt, die Bundesnetzagentur sei davon ausgegangen, dass die Entgeltgenehmigung insgesamt rechtmäßig gewesen sei. Denn die Annahme, dass die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 zum Erlasszeitpunkt rechtmäßig war, schließt - wie ausgeführt - nicht aus, dass sie als Dauerverwaltungsakt nachträglich rechtswidrig geworden ist. Dem Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 sind jedoch nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Behörde ihr Ermessen erkannt, die maßgeblichen Tatsachen und sonstigen Gesichtspunkte ermittelt und die einzelnen Belange gewichtet und abgewogen hat. Derartige Anhaltspunkte sind entgegen dem Vorbringen der Beigeladenen auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die in der Rechtsprechung anerkannte Rechtsfigur der konkludenten Rücknahme sonst keinen Anwendungsbereich hätte. Denn abgesehen von den in diesem Zusammenhang in erster Linie in den Blick zu nehmenden Fällen einer Ermessensreduzierung auf Null, ist es grundsätzlich auch im Fall einer lediglich konkludent erklärten Rücknahme denkbar, dass die Begründung des Verwaltungsakts Ausführungen enthält, die darauf schließen lassen, dass die Behörde die maßgeblichen Belange ermittelt und abgewogen hat.

50

(4) Das der Bundesnetzagentur von § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eingeräumte Ermessen hat sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalls auch nicht dahin verdichtet, dass im Fall der nachträglichen Rechtswidrigkeit der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 nur deren Teilrücknahme ermessensfehlerfrei war.

51

(a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung "schlechthin unerträglich" ist (vgl. Beschluss vom 7. Juli 2004 - BVerwG 6 C 24.03 - BVerwGE 121, 226 <230> m.w.N.; Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 6 C 32.06 - NVwZ 2007, 709 <710> und vom 23. Oktober 2007 - BVerwG 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367 <377>). Ob sich die Aufrechterhaltung des Verwaltungsakts als schlechthin unerträglich erweist, hängt nach der Rechtsprechung von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab. Allein die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts begründet keinen Anspruch auf Rücknahme, da der Rechtsverstoß lediglich die Voraussetzung einer Ermessensentscheidung der Behörde ist. Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann "schlechthin unerträglich", wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, dessen Rücknahme begehrt wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich. Ferner kann in dem einschlägigen Fachrecht eine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung in der Weise vorgegeben sein, dass das Ermessen im Regelfall nur durch die Entscheidung für die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtmäßig ausgeübt werden kann, so dass sich das Ermessen in diesem Sinne als intendiert erweist (vgl. Beschluss vom 7. Juli 2004 a.a.O. S. 230 f., m.w.N.; Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O.).

52

Nach diesen Grundsätzen ist die Annahme einer Reduzierung des Rücknahmeermessens auf Null hier nicht gerechtfertigt. Anhaltspunkte dafür, dass die Aufrechterhaltung der früheren Entgeltgenehmigung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstieße, liegen nicht vor. Dass sie wegen Verstoßes gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben schlechthin unerträglich wäre, ist ebenfalls nicht erkennbar. Zwar ist die Beigeladene ohne die Rücknahme bis zum Ablauf der Genehmigungsfrist an der Verwirklichung ihres auf § 35 Abs. 3 Satz 1 TKG bzw. Art. 12 Abs. 1 GG gestützten Entgeltgenehmigungsanspruchs gehindert. Die Feststellung, dass ein Absehen von der Rücknahme wegen Verstoßes gegen die guten Sitten schlechthin unerträglich wäre, würde jedoch darüber hinaus voraussetzen, dass die Aufrechterhaltung des Verwaltungsakts zu einer zusätzlichen, unzumutbaren Belastung führt. Hierzu ist weder den Feststellungen der Vorinstanz noch dem Vortrag der Beigeladenen etwas zu entnehmen. In dem Umstand, dass sie bis zum Ablauf der Geltungsdauer der früheren Entgeltgenehmigung am 31. Oktober 2010 und damit für einen Zeitraum von ca. 15 Monaten daran gehindert war, kostendeckende Entgelte für CFV zu erheben, deren Kundenstandorte sich zwar im selben Ortsnetz, aber in unterschiedlichen Anschlussbereichen befinden, kann für sich genommen noch keine derartig erhebliche Belastung der Beigeladenen gesehen werden, dass es schlechterdings unzumutbar und unerträglich wäre, sie hieran im Interesse der Rechtssicherheit festzuhalten.

53

Für ein treuwidriges Verhalten der Regulierungsbehörde bestehen ebenfalls keine Anhaltspunkte; vielmehr beruhte die Nichtgenehmigung der Entgelte für CFV, deren beide Enden sich in demselben Anschlussbereich befinden, ausweislich der Begründung der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 darauf, dass weder den Antragsunterlagen noch der Stellungnahme der Beigeladenen im Verwaltungsverfahren eine sachliche Rechtfertigung für die Erhebung dieser Entgelte zu entnehmen war. Die maßgebliche Ursache für die Nichtgenehmigung ist danach der Sphäre der Beigeladenen zuzuordnen. Nur in diesem Sinne ist auch die von der Beigeladenen als unzulässiger "Sanktionsgedanke" beanstandete Überlegung des Verwaltungsgerichts zu verstehen, dass die Beigeladene es selbst in der Hand gehabt hätte, die Kostenunterdeckung durch die Vorlage von Antragsunterlagen zu vermeiden, in denen die auf Ortsnetzverbindungen, die einen Anschlussbereich überschreiten, entfallenden Kosten von vornherein eindeutig und vollständig zugeordnet werden.

54

Das Rücknahmeermessen der Beklagten ist auch nicht deswegen im Sinne einer Entscheidung zugunsten der Klägerin eingeschränkt, weil der Beschluss vom 31. Oktober 2008 von vornherein offensichtlich rechtswidrig gewesen wäre. Wie bereits dargelegt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verwaltungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses, auf den in diesem Zusammenhang abzustellen ist (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2007 a.a.O.), überhaupt rechtswidrig war. Die Erlassvoraussetzungen sind allenfalls erst nachträglich infolge des neuen Entgeltantrags der Beigeladenen und der nach erneuter Prüfung erfolgten Feststellung der Bundesnetzagentur weggefallen, dass die Entgelte nunmehr den gesetzlichen Maßstäben entsprechen. Erst recht verbietet sich die Annahme der Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit des Bescheides.

55

Aus dem einschlägigen Fachrecht folgt ebenfalls nicht, dass im Fall einer neuen Entgeltgenehmigung auf der Grundlage eines neuen Antrags des regulierten Unternehmens vor Ablauf der Geltungsdauer der früheren Entgeltgenehmigung keine andere Entscheidung als diejenige der Rücknahme der Entgeltgenehmigung ermessensfehlerfrei wäre. Insoweit kann auf die Ausführungen unter b)dd) zur Systematik und dem Normzweck der besonderen Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes verwiesen werden. Ist danach davon auszugehen, dass eine nachfolgende telekommunikationsrechtliche Entgeltgenehmigung nicht dazu führt, dass eine vorangegangene befristete Entgeltgenehmigung durch Änderung der maßgeblichen Umstände ohne Weiteres gegenstandslos wird, wäre es widersprüchlich, bei der dadurch eröffneten Anwendung der Rücknahmeregelungen (§ 48 VwVfG) über die Annahme einer fachrechtlich gebotenen Reduzierung des Rücknahmeermessens auf Null letztlich zu einem der Wirkung nach identischen Ergebnis zu kommen.

56

(b) Auch unter Berücksichtigung der fehlenden Bestandskraft der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 und des dementsprechend geringen Gewichts des Gesichtspunkts der Rechtssicherheit ist nicht von einem Anspruch der Beigeladenen auf Teilrücknahme auszugehen; denn im Rahmen des hier vorliegenden mehrpoligen Rechtsverhältnisses ist der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes der betroffenen Wettbewerber zusätzlich in den Blick zu nehmen. Grundsätzlich ist der Vertrauensschutz Drittbetroffener, der bei einer Rücknahme nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG mangels Anwendbarkeit des § 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 VwVfG nicht bereits zu einem gesetzlichen Rücknahmeausschluss führt, im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen. Das Gewicht dieses Belangs ist entgegen der Auffassung der Beigeladenen trotz der mangelnden Bestandskraft der Entgeltgenehmigung nicht als so gering einzuschätzen, dass es ohne weitere Einzelfallprüfung von vornherein ermessensfehlerhaft wäre, von der Rücknahme abzusehen.

57

Dass die Klägerin ebenso wie andere Wettbewerber auf den Bestand des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 31. Oktober 2008 vertraut hat, kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Entgegen dem Revisionsvorbringen trifft es nicht zu, dass das Fehlen eines der Rücknahme entgegenstehenden Vertrauensschutzes bereits mit das Revisionsgericht bindender Wirkung feststehe. Denn das Verwaltungsgericht hat hierzu keine tatsächlichen Feststellungen im Sinne des § 137 Abs. 2 VwGO getroffen, sondern die Frage, ob Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes zu beachten wären, offen gelassen. Eine Bindung des Senats im Sinne des § 137 Abs. 2 VwGO folgt entgegen der Auffassung der Beigeladenen auch nicht daraus, dass sie bereits im erstinstanzlichen Verfahren im Einzelnen dargelegt habe, dass und weshalb der Klägerin kein schutzwürdiges Vertrauen zustehe, und das Verwaltungsgericht keine gegenteiligen Feststellungen getroffen habe. Eine Tatsache ist nicht bereits dann festgestellt, wenn das Gericht in seinem Urteil bestimmte Angaben referierend wiedergibt, sich aber einer Stellungnahme dazu enthält, ob die Angaben zutreffen oder nicht, weil es nach seiner Rechtsauffassung nicht darauf ankommt.

58

Ob das Vertrauen der Klägerin und der anderen Wettbewerber auf den Bestand der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 schutzwürdig ist und welches Gewicht diesem Schutz im Verhältnis zu dem Aufhebungsinteresse der Beigeladenen zukommt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und hätte von der Beklagten im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens geklärt werden müssen. Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin und der anderen betroffenen Wettbewerber lässt sich mit dem allgemeinen Hinweis auf die gesetzlichen Regulierungsziele nicht von vornherein in Abrede stellen. Das in § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG a.F. genannte Regulierungsziel der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und der Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte der Telekommunikation ist entgegen der Auffassung der Beigeladenen im Bereich der Entgeltregulierung nicht immer bereits dann erreicht, wenn die von dem marktbeherrschenden Unternehmen beantragten Entgelte den gesetzlichen Maßstäben entsprechen. Vielmehr beinhaltet dieses Regulierungsziel als ein weiteres Element, dass die Marktteilnehmer eine hinreichend verlässliche Kalkulations- und Planungsgrundlage für ihre Investitionsentscheidungen haben. Sind Wettbewerber eines marktmächtigen Unternehmens für ihre eigenen Endkundenprodukte auf entgeltgenehmigungspflichtige Vorleistungen dieses Unternehmens angewiesen, kann ein chancengleicher Wettbewerb nur sichergestellt werden, wenn in Bezug auf diese Vorleistungen für einen mittelfristig überschaubaren Zeitraum ökonomische Planungssicherheit besteht (vgl. Masing/Griebel, in: Wilms/Masing/Jochum, Telekommunikationsgesetz, Stand März 2007, § 35 Rn. 54; Schuster/Ruhle, in: Beck'scher TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2006, § 35 Rn. 66; Groebel/Seifert, in: Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2009, § 35 Rn. 60). Sinn und Zweck der Entgeltregulierung erfordern es, dass sowohl das regulierte Unternehmen als auch die Wettbewerber während der Geltungsdauer einer befristeten Entgeltgenehmigung auf deren Bestand vertrauen können. Dem Vertrauensschutz der Wettbewerber muss deshalb grundsätzlich auch im Rahmen einer nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu treffenden Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls Rechnung getragen werden.

59

Die Berücksichtigung der Planungssicherheit der Marktteilnehmer im Rahmen der Ausübung des Rücknahmeermessens widerspricht entgegen der Auffassung der Beigeladenen auch nicht den dem Urteil des Senats vom 21. Januar 2004 - BVerwG 6 C 1.03 - (BVerwGE 120, 54) zugrunde liegenden Wertungen. In dieser Entscheidung, die sich noch auf die Rechtslage nach dem Telekommunikationsgesetz vom 25. Juli 1996 (BGBl I S. 1120) bezog, ging es um die Frage, ob die Genehmigung der Entgelte für die vertraglich vereinbarte Gewährung eines besonderen Netzzugangs auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages zurückwirkt, in dem diese Entgelte vereinbart worden waren. Dies hat der Senat u.a. mit der Erwägung bejaht, gemessen an Sinn und Zweck der Genehmigungspflicht bestehe kein Anlass für die Annahme, die Genehmigung einzelvertraglich vereinbarter Entgelte wirke allein in die Zukunft. Habe das marktbeherrschende Unternehmen vor Erteilung der Genehmigung vertraglich vereinbarte Leistungen für den besonderen Netzzugang erbracht und werde in der Entgeltgenehmigung zum Ausdruck gebracht, dass die genehmigten Entgelte den gesetzlichen Maßstäben genügen, sei es mit Blick auf den Zweck der Sicherung und Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs nicht erforderlich, dem Marktbeherrscher das Entgelt für die von ihm vor Genehmigungserteilung bereits erbrachten Leistungen zu versagen. Der auf die Einhaltung der gesetzlichen Maßstäbe der Entgeltregulierung gerichteten Kontrollfunktion der Entgeltgenehmigung sei nicht nur hinsichtlich der Entgelte für nach Genehmigungserteilung erbrachte Leistungen Rechnung getragen, sondern auch mit Blick auf Entgelte für Leistungen, die in der Vergangenheit auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung erbracht worden seien (a.a.O. S. 62).

60

Für die vorliegend zu entscheidende Frage, ob eine befristete Entgeltgenehmigung durch die Entscheidung über einen vor Ablauf der Frist gestellten neuen Entgeltantrag ohne Weiteres gegenstandslos wird, ist dem genannten Urteil nichts zu entnehmen, weil dieses die völlig andersartige - inzwischen in § 35 Abs. 5 Satz 1 TKG gesetzlich geregelte - Frage der Rückwirkung einer Entgeltgenehmigung zum Gegenstand hat. Die Überlegung der Beigeladenen, wenn es nach der Rechtsprechung des Senats zur Sicherung und Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs und im Interesse der Planungssicherheit für die Wettbewerber schon nicht erforderlich sei, dem regulierten Unternehmen eine rückwirkend geltende Genehmigung zu versagen, damit es Entgelte in der Höhe erheben könne, auf die es einen Anspruch habe, müsse dies erst recht für den vorliegenden Fall einer neuen Genehmigung ex nunc gelten, ist schon wegen der erheblichen Unterschiede hinsichtlich der Eingriffsintensität verfehlt. Wäre nämlich die Frage, ob die Genehmigung der Entgelte für die vertraglich vereinbarte Gewährung eines besonderen Netzzugangs auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages zurückwirkt, in dem diese Entgelte vereinbart worden sind, in der genannten Entscheidung verneint worden, hätte dies zu dem Ergebnis geführt, dass ein vertraglich begründeter Entgeltanspruch des regulierten Unternehmens für sämtliche Leistungen, die zwischen dem Vertragsschluss und dem Wirksamwerden der Entgeltgenehmigung erbracht worden waren, vollständig entfallen wäre. Dass ein derartig weitreichender Eingriff in die bürgerlich-rechtlichen Grundsätze über Austauschverhältnisse dem Prinzip der Entgeltlichkeit des Netzzugangs widerspricht und zur Sicherung und Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs sowie zur Gewährleistung der Kontrollfunktion der Entgeltgenehmigung nicht erforderlich ist, drängt sich auf. Demgegenüber geht es im vorliegenden Fall nicht um den vollständigen Wegfall des Entgeltanspruchs, sondern lediglich um seine quantitative Beschränkung. Anders als in dem dem Urteil des Senats vom 21. Januar 2004 zugrunde liegenden Fall kann dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Freiheit der Berufsausübung gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG im Übrigen auch im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach den §§ 48, 49 VwVfG hinreichend Rechnung getragen werden.

61

Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin und der anderen Wettbewerber kann ferner nicht mit der Erwägung verneint werden, für ein solches Vertrauen habe wegen der von der Beigeladenen gegen die ihr erteilte Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 erhobene Klage keine tatsächliche Grundlage bestanden. Zwar hätte die Klägerin angesichts des ihr bekannten Umstands, dass die Bundesnetzagentur die von der Beigeladenen beantragten Entgelte nur teilweise genehmigt und unter Nr. 3 des Beschlusses vom 31. Oktober 2008 bestimmt hatte, dass für CFV, deren beide Enden sich in demselben Anschlussbereich befinden, die Entgeltposition "Verbindungslinie" nicht erhoben werden darf, Anlass gehabt, bei ihren Planungen die Möglichkeit einer Klage der Beigeladenen in Betracht zu ziehen. Dies schließt es jedoch nicht von vornherein aus, dass die Klägerin - wie andere Wettbewerber auch - die von der Bundesnetzagentur genehmigten Entgelte berechtigterweise zur Grundlage ihrer Kalkulationen gemacht hat. Eine andere Sichtweise folgt entgegen der Auffassung der Beigeladenen auch nicht aus dem erwähnten Urteil des Senats vom 21. Januar 2004 - BVerwG 6 C 1.03 - (BVerwGE 120, 54). Anders als in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall, in dem es um die - vom Senat bejahte - Frage ging, ob die Wettbewerber damit rechnen mussten, die mit dem marktbeherrschenden Unternehmen vor der erstmaligen Erteilung der Entgeltgenehmigung vereinbarten Entgelte in der genehmigten Höhe rückwirkend für die seit dem Vertragsschluss erlangten Leistungen zu entrichten (a.a.O. S. 65 f.), war im hier vorliegenden Fall eine tatsächliche Grundlage für ein schutzwürdiges Vertrauen der Wettbewerber jedenfalls ansatzweise vorhanden, weil eine Prüfung der von der Beigeladenen verlangten Entgelte durch die Bundesnetzagentur in dem dafür nach §§ 132 ff. TKG vorgesehenen, besonders formalisierten Verfahren stattgefunden hatte.

62

Gegen die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin und anderer Wettbewerber auf den Bestand der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 spricht schließlich nicht der Rechtsgedanke des § 50 VwVfG. Danach gelten § 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4 sowie § 49 Abs. 2 bis 4 und 6 VwVfG nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch oder der Klage abgeholfen wird. Im Fall der Anfechtung begünstigender Verwaltungsakte durch belastete Dritte kann sich der Begünstigte demnach grundsätzlich nicht auf den Vertrauensschutz berufen, weil er aufgrund der Anfechtung mit der Aufhebung des Verwaltungsakts rechnen muss. Der Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass der Begünstigte bei einem Verwaltungsakt mit Doppelwirkung mit der Einlegung von Rechtsbehelfen durch andere - durch den Verwaltungsakt belastete - Personen und im Falle einer Verletzung der Rechte dieser Personen mit der gerichtlichen Aufhebung des Verwaltungsakts von vornherein rechnen muss und deshalb keinen Vertrauensschutz verdient; unter diesen Umständen soll die Behörde nicht gezwungen sein, im Verwaltungsprozess untätig eine zu befürchtende gerichtliche Aufhebung des Verwaltungsakts abzuwarten, sondern soll sie gewissermaßen vorwegnehmen dürfen. Eine analoge Anwendung auf die Rücknahme von belastenden Bescheiden ist im Hinblick auf den dem Gesetz zugrunde liegenden Gedanken zu verneinen (Beschluss vom 28. Dezember 2010 - BVerwG 8 B 57.10 - juris Rn. 6; vgl. auch Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 50 Rn. 59).

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cc) Wird die vom Senat offen gelassene Frage, ob die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 infolge des Erlasses des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 nachträglich rechtswidrig geworden ist, verneint, hat die Beklagte den inhaltlichen Widerspruch zwischen beiden Entgeltgenehmigungen nicht durch den dann erforderlichen rechtmäßigen Teilwiderruf der früheren Entgeltgenehmigung verhindert.

64

Nach § 49 Abs. 1 VwVfG kann ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist. Wie bereits ausgeführt, ergibt die Auslegung des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009, dass dieser die konkludente Aufhebung der Vorgängergenehmigung vom 31. Oktober 2008 beinhaltet. Unter der Prämisse, dass die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 nicht infolge des Erlasses des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 nachträglich rechtswidrig geworden ist, wäre hier von dem Widerruf eines rechtmäßigen nicht begünstigenden Verwaltungsakts auszugehen. Dass es sich aus der maßgeblichen Sicht der Beigeladenen als Adressatin nicht um einen begünstigenden Verwaltungsakt handelt, der nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen der § 49 Abs. 2 und 3 VwVfG widerrufen werden kann, folgt nach den oben stehenden Ausführungen daraus, dass die mit dem Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 genehmigten Ortsnetzpauschalen im Wesentlichen über den im Vorgängerbeschluss vom 31. Oktober 2008 genehmigten Entgelten liegen und sich die Änderung für die Beigeladene als Adressatin des Verwaltungsakts damit vorteilhaft auswirkt. Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob die Widerrufsvoraussetzungen nach § 49 Abs. 2 VwVfG erfüllt wären, bedarf damit keiner Entscheidung.

65

Das ihr im Rahmen der Entscheidung über den Widerruf eines nicht begünstigenden Verwaltungsakts nach § 49 Abs. 1 VwVfG zustehende Ermessen hat die Bundesnetzagentur bei Erlass des Beschlusses vom 14. August 2009 nicht ausgeübt. Auf die oben stehenden Ausführungen zum Rücknahmeermessen kann insoweit verwiesen werden. Dass sich das der Bundesnetzagentur nach § 49 Abs. 1 VwVfG eingeräumte Ermessen nach den Umständen des konkreten Einzelfalls dahin verdichtet hat, dass nur der streitgegenständliche Teilwiderruf des Beschlusses vom 31. Oktober 2008 ermessensfehlerfrei war, ist ebenfalls nicht anzunehmen. Auch insoweit kann auf die Ausführungen zur Rücknahme Bezug genommen werden. Ist schon im Fall der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht von einer Reduzierung des Rücknahmeermessens auf Null auszugehen, muss dies bei angenommener Rechtmäßigkeit erst recht in Bezug auf das Widerrufsermessen gelten; denn das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines Verwaltungsakts hat regelmäßig ein höheres Gewicht, wenn dieser im Einklang mit der Rechtsordnung steht.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

55
b) Eine ergänzende Vertragsauslegung der Satzung der Beklagten schafft ebenfalls keinen Behaltensgrund mit Rücksicht auf von der Beklagten gezahlte Betriebsrenten. Sie ergibt vielmehr, dass die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben vereinbart hätten, dass auch eine nochmalige Neuregelung des Gegenwerts im Satzungsänderungsverfahren für die bereits beendete Beteiligung möglich sein soll (vgl. Senatsurteile vom 13. Februar 2013 - IV ZR 17/12 aaO Rn. 23; vom 10. Oktober 2012 - IV ZR 10/11 aaO Rn. 80; IV ZR 12/11 aaO Rn. 72; BGH, Urteil vom 6. November 2013 - KZR 58/11 aaO Rn. 79). Zu Unrecht wendet die Revisionserwiderung demgegenüber ein, dass eine Vielzahl alternativer Regelungsmöglichkeiten für eine Gegenwertforderung im Raum steht. Aus den Besonderheiten der betrieblichen Zusatzversorgung ergibt sich vielmehr weiterhin der hypothetische Parteiwille, der Beklagten eine Neuregelung des Gegenwerts durch eine Satzungsänderung zu ermöglichen, wenn diese den ausscheidenden Beteiligten nicht unangemessen benachteiligt (Senatsurteile vom 10. Oktober 2012 - IV ZR 10/11 aaO Rn. 81; IV ZR 12/11 aaO Rn. 73; BGH, Urteil vom 6. November 2013 - KZR 58/11 aaO Rn. 77).

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

15
Wie oben ausgeführt, ist ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses in der Regel gegeben , wenn der Beklagte sich eines Anspruchs gegen den Kläger berühmt. In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte behauptet, bereits jetzt eine durchsetzbare Forderung gegenüber dem Kläger zu besitzen. Die Rechtsstellung des Klägers ist schutzwürdig betroffen, wenn der Beklagte geltend macht, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch gegen den Kläger ergeben. § 256 ZPO ermöglicht sogar die Feststellung eines betagten oder bedingten Rechtsverhältnisses (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1991 - IX ZR 38/91, WM 1992, 276, 277 mwN). Da die Beklagte die Wirksamkeit des Widerrufs bestreitet, zielt ihre Bestandsbehauptung auf das Fortbestehen vertraglicher Erfüllungsansprüche gegen den Kläger aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

18
(1) Nach §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen (BGH, Urteil vom 19. Januar 2000 - VIII ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002 Rn. 20 mwN; MünchKomm.BGB/Busche, 6. Aufl. 2012, § 133 Rn. 56) und demgemäß in erster Linie dieser und der ihm zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen. Bei der Willenserforschung sind aber auch der mit der Erklärung verfolgte Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - V ZR 208/06, NJW-RR 2008, 683 Rn. 7 mwN). Dabei sind empfangsbedürftige Willenserklärungen, bei deren Verständnis regelmäßig auch der Verkehrsschutz und der Vertrauensschutz des Erklärungsempfängers maßgeblich ist, so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 145/87, BGHZ 103, 275, 280; Urteil vom 18. Dezember 2008 - I ZR 23/06, NJW 2009, 774 Rn. 25; Urteil vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 58/09, NJW 2010, 2422 Rn. 33 - insoweit nicht in BGHZ 184, 128, 137 abgedruckt; MünchKomm.BGB /Busche, aaO, § 133 Rn. 12 mwN).
13
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist in dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens grundsätzlich ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Versorgungsvertrages in Form einer sogenannten Realofferte zu sehen, die von demjenigen konkludent angenommen wird, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt. Dieser Rechtsgrundsatz zielt darauf ab, einen ersichtlich nicht gewollten vertragslosen Zustand bei den zugrunde liegenden Versorgungsleistungen zu vermeiden (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2008 - VIII ZR 293/07, NJW 2009, 913 Rn. 6; vom 2. Juli 2014 - VIII ZR 316/13, BGHZ 202, 17 Rn. 10; vom 22. Juli 2014 - VIII ZR 313/13, BGHZ 202, 158 Rn. 12). Kommen mehrere Adressaten des schlüssig erklärten Vertragsangebots des Versorgungsunternehmens in Betracht, ist durch Auslegung aus Sicht eines verständigen Dritten in der Position des möglichen Erklärungsempfängers zu ermitteln, an wen sich die Realofferte richtet. Weichen der vom Erklärenden beabsichtigte Inhalt der Erklärung und das Verständnis des objektiven Empfängers voneinander ab, hat die - dem Erklärenden zurechenbare - objektive Bedeutung des Verhaltens aus der Sicht des Erklärungsgegners Vorrang vor dem subjektiven Willen des Erklärenden. Mithin kommt es nicht auf die subjektive Sicht des Erklärenden an, sondern darauf, an wen sich nach dem objektiven Empfängerhorizont das in der Bereitstellung von Energie liegende Vertragsangebot richtet (BGH, Urteil vom 2. Juli 2014, aaO Rn. 11; vom 22. Juli 2014, aaO Rn. 13).

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.